Krieg ohne Raum - Rüdiger Voigt - E-Book

Krieg ohne Raum E-Book

Rüdiger Voigt

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Beschreibung

In diesem Buch geht es um den Zusammenhang von Krieg, Staat und Raum. Mit der Installierung eines Raketenabwehrsystems im Orbit hat der Krieg eine neue räumliche Dimension erhalten. Die Asymmetrie zwischen den Atommächten und den Habenichtsen verstärkt sich. Gleichzeitig gibt es an der Peripherie immer mehr "molekulare Bürgerkriege" (Enzensberger). Nicht nur in gescheiterten Staaten geraten die Konflikte außer Kontrolle und entfalten globale Wirkungen. Warlords vermischen Krieg, Kriminalität und Korruption zu einem undurchdringlichen Netz. Der virtuelle Raum des Internets wird zu einem neuen Kriegsschauplatz. Und der transnationale Terrorismus scheint allgegenwärtig, andauernd und kaum zu schlagen zu sein. So verselbständigt sich der Krieg und wird zum permanenten Kriegszustand. Zugleich lässt die Echtzeit-Berichterstattung den Zeitraum zwischen Ereignis und Berichterstattung auf Null schrumpfen.
In sieben Teilen, die wiederum in Abschnitte und Kapitel untergliedert sind, wird der Problematik von asymmetrischen Konflikten in einer entgrenzten Welt nachgegangen.

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Veröffentlichungsjahr: 2012

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Rüdiger Voigt

Krieg ohne Raum Asymmetrische Konflikte in einer entgrenzten Welt

Ein Markenzeichen kann warenrechtlich geschützt sein, auch wenn ein Hinweis auf etwa bestehende Schutzrechte fehlt.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN: 978-3-515-09620-1

Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Übersetzungen, Nachdruck, Mikroverfilmung oder vergleichbare Verfahren sowie für die Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen.

© 2009 S. Franz Steiner Verlag, Stuttgart

eBook-Produktion: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Den Gefallenen des Zweiten Weltkriegs

In memoriam

Kurt Voigt

(4.11.1899 – 4.4.1945)

Kapitän zur See

Editorial

Der Staat des 21. Jahrhunderts steht in einem Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Freiheit, zwischen Ordnung und Veränderung, zwischen Herrschaft und Demokratie. Er befindet sich zudem in einem Dilemma. Internationale Transaktionen reduzieren seine Souveränität nach außen, gesellschaftliche Partikularinteressen schränken seine Handlungsfähigkeit im Innern ein. Anliegen der Reihe Staatsdiskurse ist es, die Entwicklung des Staates zu beobachten und sein Verhältnis zu Recht, Macht und Politik zu analysieren.

Hat der Staat angesichts der mit „Globalisierung“ bezeichneten Phänomene, im Hinblick auf die angestrebte europäische Integration und vor dem Hintergrund einer Parteipolitisierung des Staatsapparates ausgedient? Der Staat ist einerseits „arbeitender Staat“ (Lorenz von Stein), andererseits verkörpert er als „Idee“ (Hegel) die Gemeinschaft eines Staatsvolkes. Ohne ein Mindestmaß an kollektiver Identität lassen sich die Herausforderungen einer entgrenzten Welt nicht bewältigen.

Hierzu bedarf es eines Staates, der als „organisierte Entscheidungs- und Wirkeinheit“ (Heller) Freiheit, Solidarität und Demokratie durch seine Rechtsordnung gewährleistet. Gefragt ist darüber hinaus die Republik, bestehend aus selbstbewussten Republikanern, die den Staat zu ihrer eigenen Angelegenheit machen. Der Staat seinerseits ist aufgefordert, seinen Bürgerinnen und Bürgern eine politische Partizipation zu ermöglichen, die den Namen verdient. Dies kann – idealtypisch – in der Form der „deliberativen Politik“ (Habermas), als Einbeziehung der Zivilgesellschaft in den Staat (Gramsci) oder als Gründung der Gemeinschaft auf die Gleichheit zwischen ihren Mitgliedern (Rancière) geschehen.

Leitidee der Reihe Staatsdiskurse ist eine integrative Staatswissenschaft, die einem interdisziplinären Selbstverständnis folgt; sie verbindet politikwissenschaftliche, rechtswissenschaftliche, soziologische und philosophische Perspektiven. Dabei geht es um eine Analyse des Staates in allen seinen Facetten und Emanationen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des In- und Auslands sind zu einem offenen Diskurs aufgefordert und zur Veröffentlichung ihrer Ergebnisse in dieser Reihe eingeladen.

Rüdiger Voigt

Vorwort

Aus dem Orbit erscheinen dem Astronauten Länder, Kontinente, ja die ganze Erde als unendlich klein. Als winzig kleiner Mensch schwebt er in einem Schutzanzug an einem Greifarm im Weltall, um ein defektes Sonnensegel zu reparieren. Kaum ein anderes Ereignis macht die Veränderung der räumlichen Perspektive deutlicher sichtbar als die Bilder von den Außenarbeiten an der Internationalen Raumstation ISS. Damit hat eine technische Maßstabvergrößerung stattgefunden, die noch kaum in das Bewusstsein der Menschen vorgedrungen ist. Raketenabwehrsysteme sind eine erste militärische Antwort auf diese neue Situation. Auf der anderen Seite ziehen sich viele Menschen immer mehr in ihre lokale Welt zurück und nehmen damit für sich selbst eine Maßstabverkleinerung vor. Quasi unter dieser Oberfläche schwelt ein Flächenbrand, der globale Kriegszustand im Zeichen des transnationalen Terrorismus. Es geht also auch und vor allem um die Raumdimension von Krieg.

Kann und sollte man über den Krieg schreiben? Wäre es nicht besser, diese Geißel der Menschheit mit Nichtachtung zu strafen? Oder könnte man die Kriegsproblematik lösen, indem man die Definition möglichst eng fasst und sich letztlich nur auf den Staatenkrieg bezieht? Leider wird es wenig helfen, den Kopf – wie der legendäre Vogel Strauß – in den Sand zu stecken. Krieg ist eine Realität, mit der wir uns wohl oder übel abfinden müssen. Um Krieg handelt es sich keineswegs nur dann, wenn er von Staaten geführt wird oder zumindest auf der einen Seite eine staatliche Armee beteiligt ist. Vielmehr verwischen sich die Grenzen zwischen Krieg, Korruption und Kriminalität in manchen Gegenden der Welt so sehr, dass sie kaum noch zu unterscheiden sind. In gescheiterten oder vom Scheitern bedrohten Staaten militärische Aufbauhilfe zu leisten, das Land zu befrieden und dauerhaft zu stabilisieren, wird heute als eine der wichtigsten Aufgaben des Militärs in westlichen Staaten angesehen. „Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt“, hatte der damalige Bundesverteidigungsminister Struck verkündet und damit auf die von den Taliban ausgehende Gefahr terroristischer Anschläge in deutschen Städten angespielt. Aber kann man gleichzeitig in einem Teil des Landes Aufbauhilfe leisten (wobei man die „Drogenbarone“ tunlichst ungeschoren lässt) und im anderen Teil Krieg führen? Wird man dabei nicht allzu leicht zum verhassten Besatzer, den die Einheimischen bald zum Teufel wünschen?

In Deutschland ist die Kriegsforschung nach dem Zweiten Weltkrieg aus nachvollziehbaren Gründen lange vernachlässigt worden. Trotz des großen Engagements ihrer Vertreter hatte die deutsche Friedensforschung nur eine relativ kurze Blütezeit. Konfliktforschung und Kriegsursachenforschung behandeln wichtige Teilaspekte des Themas, ergeben aber noch kein vollständiges Bild des Krieges. Arbeiten der Strategic Studies und der Sicherheitspolitik kommen hinzu. Bislang musste die Wissenschaft vom Krieg vor allem auf die Arbeiten von John Keegan und Martin van Creveld zurückgreifen. In letzter Zeit sind jedoch auch von deutschen Autoren zahlreiche Bücher zum Krieg erschienen, die bereits ein weites Spektrum der Kriegsthematik abdecken. Eine systematische Auseinandersetzung mit dem Zusammenhang von Staat, Krieg und Raum fehlt jedoch bislang. Diese Lücke zu schließen, wird mit dem vorliegenden Buch versucht. Seiner Unzulänglichkeiten bin ich mir wohl bewusst. Um den Rahmen eines solchen Buches nicht zu sprengen, konnte aus dem reichhaltigen Material nur das ausgewählt werden, was als unverzichtbar erschien. Bereits in diesem subjektiven Auswahlvorgang liegt eine gewisse Willkür.

Einen Versuch war es wert, und ich hoffe, damit die Diskussion zumindest angestoßen, wenn nicht sogar ein wenig vorangebracht zu haben.

München, im Dezember 2007

Rüdiger Voigt

Schaubilder

Schaubild 1

Kriege in der preußisch-deutschen und amerikanischen Geschichte

27

Schaubild 2

Formen nichtstaatlicher Gewalt

40

Schaubild 3

Sicherheitsbedingungen

42

Schaubild 4

Kriegsarten (nach Akteuren und Territorium)

46

Schaubild 5

Gescheiterte Staaten

63

Schaubild 6

Klassische Geopolitik

68

Schaubild 7

Raumkategorien des Krieges

70

Schaubild 8

Auflösung des politischen Raumbegriffs

75

Schaubild 9

Territorium als Kriegsursache

80

Schaubild 10

Akteursebenen im Krieg

90

Schaubild 11

Geburten je 1.000 der Bevölkerung

94

Schaubild 12

Großräume als Rivalen des 21. Jahrhunderts

98

Schaubild 13

Exporte nach Iran

104

Schaubild 14

Entwicklung der Weltbevölkerung von 1750 bis 2050

112

Schaubild 15

Charakteristika verschiedener Kriegsarten

114

Schaubild 16

Drei Formen des Staatenkrieges

119

Schaubild 17

Systematik des Kabinettskrieges

120

Schaubild 18

Systematik des Volkskrieges

123

Schaubild 19

Systematik des Totalen Krieges

127

Schaubild 20

Krieg und Feindbild

128

Schaubild 21

Gewaltorientierung nichtstaatlicher Akteure

132

Schaubild 22

Verschiedene Formen innerstaatlicher Kriege

134

Schaubild 23

Partisanenbewegungen

141

Schaubild 24

Terrorismus im Vergleich

152

Schaubild 25

Religion, Konflikt und Gewalt

155

Schaubild 26

Ethik des gerechten Krieges

164

Schaubild 27

Nicht-internationale Kriege und die dazu gehörenden Rechtsnormen

174

Schaubild 28

Theoretische Einstellungen zur humanitären Intervention

181

Schaubild 29

Aufgaben der Propaganda

188

Schaubild 30

Vermittlungsinstanzen für Propagandabotschaften

192

Schaubild 31

Information Warfare

194

Schaubild 32

Merkmale der Kriegsberichterstattung in historischer Perspektive

203

Schaubild 33

Freund-Feind-Bilder in der Presse während des 2. Golfkrieges

212

Schaubild 34

Drei relevante Typen von Realität

220

Schaubild 35

Typologie militärischer Protagonisten

233

Schaubild 36

Flugzeugproduktion im Ersten Weltkrieg (in Stück)

252

Schaubild 37

Atomwaffen der Atommächte

258

Schaubild 38

Rüstung und Gewaltökonomie

263

Schaubild 39

Staaten mit den höchsten Militärausgaben

264

Schaubild 40

Die größten Waffenexporteure der Welt

265

Schaubild 41

Die wichtigsten Empfängerländer von Waffen

266

Schaubild 42

Die Stadien der großen Kriege

270

Abkürzungsverzeichnis

ABM

Vertrag zur Begrenzung von Raketenabwehrsystemen (Anti-Ballistic Missiles)

APuZ

Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“.

ARPA

Agentur für fortgeschrittene Forschungsprojekte (Advanced Research Projects Agency)

AWACS

Luftgestütztes Überwachungsystem (Airborne Warning and Control System)

BMV

Badisches Militärvereinsblatt

BWC

B-Waffenkonvention (Biological Weapons Convention)

CCTV

Closed-Circuit Televison Cameras

CENTCOM

Oberkommando der US-Streitkräfte im Mittleren Osten (Central Command)

CIA

US-Geheimdienst (Central Intelligence Agency)

CNN

Cable News Network

CNS

Cybercast News Service

CPA

Provisorische US-Verwaltung im Irak (Coalition Provisional Authority)

CWC

Chemiewaffenkonvention (Chemical Weapons Convention)

CyberW

Elektronischer Krieg mit Hilfe des Internets (Cyberwarfare)

C

2

W

Elektronischer Angriff zum Ausschalten der gegnerischen Führung (Command- and Control Warfare)

C

4

I

Command, Control, Communication, Computer and Intellegence

DSEi

Internationale Rüstungsmesse in London (Defense Systems & Equipment International)

EG

Europäische Gemeinschaft(en)

EIW

Economic Information Warfare

ENMOD

Übereinkommen über das Verbot der militärischen oder einer sonstigen feindlichen Nutzung umweltverändernder Technologien

EO

Executive Outcomes

EU

Europäische Union

EuGH

Europäischer Gerichtshof

EW

Electronic Warfare

EWG

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

FIS

Islamische Heilsfront (Front Islamique du Salut)

ggf.

gegebenenfalls

GPS

Globales Ortsbestimmungssystem (Global Positioning System)

HARM

High-speed Anti-Radiation Missiles

Hellfire

Helicopter launched fire-and-forget

HPM

High Power Microwave

HW

Hacker Warfare

IAEO

Internationale Atomenergie-Organisation

IBW

Information based Warfare

ICC

Internationaler Strafgerichtshof (International Criminal Court)

i. d. R.

in der Regel

INF

Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme (Intermediate Range Nuclear Forces)

ISS

Internationale Raumstation (International Space Station)

IW

Informationskrieg (Information Warfare)

JIB

Gemeinsames Informationsamt in Dharan (Joint Information Bureau)

MGFA

Militärgeschichtliches Forschungsamt der Bundeswehr

MPRI

Military Professional Resources Incorporated

MSNBC

Kombination von Microsoft Network und NBC

NATO

Nordatlantische Verteidigungsorganisation (North Atlantic Treaty Organisation)

NBC

Nationale Rundfunkgesellschaft (National Broadcasting Company)

NEMP

Nuklearer Elektromagnetischer Impuls (Nuclear Electronical Magnetic Puls)

NZZ

Neue Zürcher Zeitung

OASD

Staatssekretär für Öffentlichkeitsarbeit im US-Verteidigungs-ministerium (Assistant Secretary of Defense for Public Affairs)

PC

Persönlicher Rechner (Personal Computer)

PK

Propaganda-Kompanie

PKK

Kurdische Arbeiterpartei (Partiya Karkerên Kurdistan)

PMC

Private Militärunternehmen (Private Military Companies)

PNAC

Projekt für das neue amerikanische Jahrhundert (Project for the New American Century)

PR

Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations)

PsyW

Psychologischer Krieg (Psychological Warfare)

PVS

Politische Vierteljahresschrift

RADAR

Radio Detection and Ranging

RAF

Rote Armee Fraktion

RENAMO

Nationaler Widerstand Mosambiks (Resistência Nacional Moçambicana)

SALT I u. II

Verträge zur nuklearen Rüstungsbegrenzung (Strategic Arms Limitation Talks)

SEC

US-Börsenaufsicht (Security and Exchange Commission)

SIPRI

Stockholm International Peace Research Institute

SOG

Special Operations Group

SONAR

Sound Navigation and Ranging

START I u. II

Vertrag zur Verringerung der Strategischen Nuklearwaffen (Strategic Arms Reduction Treaty)

SZ

Süddeutsche Zeitung

taz

Die Tageszeitung

TNT

TriNitro-Toluol, ein besonders wirkungsvoller Sprengstoff

UCK

Befreiungsarmee des Kosovo (Ushtria Çlirimtare e Kosoves)

UdSSR

Union der sozialistischen Sowjetrepubliken (Sowjetunion)

UFA

Universum Film AG

UNITA

Nationalunion für die vollständige Befreiung Angolas (União Nacional para a Independência Total de Angola)

UNPROFOR

United Nations Protection Force

ZfP

Zeitschrift für Politik

Einleitung

„Von nun an verlor der Ort an Bedeutung, zogen sich entsprechend der wachsenden Geschwindigkeit die geografischen Räume zusammen, büßte die strategische Lokalisierung zunehmend an Bedeutung ein – stattdessen vollzog sich eine Entlokalisierung durch die Vektoren und ihre Leistungen, eine tellurische und technische Erscheinung, mit der eine topologische Scheinwelt sich konstituierte, in der alle Oberflächen des Globus einander unmittelbar konfrontiert sind“.1

„Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“ hatte Thomas Hobbesim Leviathan festgestellt und daraus die Notwendigkeit eines starken Staates zur Friedenserhaltung abgeleitet. Hobbes ging es dabei um die Sicherheit nach Innen; dass die Staaten gegeneinander Krieg führten, war für ihn selbstverständlich. Die Habgier des Menschen treibt ihn dazu, die Früchte, Felder und Frauen des Nachbarn zu begehren und sich diese – wenn nötig mit Gewalt – zu nehmen und anschließend als seinen Besitz zu verteidigen. Weitere Objekte des Begehrens kamen hinzu: Wasser, Holz, Gold, Diamanten, Erdöl, Uran, seltene Metalle oder ganz einfach das fremde Territorium, der Zugang zu Absatzmärkten oder das technische Wissen. Im Laufe der Zeit wurden die Waffen verfeinert und die Taktik des Angriffs und der Verteidigung verbessert. Statt Pfeil und Bogen wurden Arkebusen und Musketen verwendet, in der Verteidigung traten Festungen an die Stelle von Burgen, bis die Artillerie so durchschlagkräftig wurde, dass keine Mauer ihr standhielt. Das alles hatte bereits Auswirkungen auf die räumliche Dimension des Krieges.

Weit gravierender jedoch veränderten Panzer (tanks) und Flugzeuge gegen Ende des Ersten Weltkriegs das Bild des Krieges. Die damals entwickelten Tauchboote wurden im Zweiten Weltkrieg zur gefürchteten U-Bootwaffe; damit erhielt der traditionelle Seekrieg eine neue Dimension. Aus vereinzelten Luftkämpfen wurde der aus der Luft geführte (Brand-) Bombenkrieg gegen die Städte des Gegners. Die V-Waffe der Deutschen wiederum bildete die Grundlage für die (ballistische) Raketentechnik der Supermächte USA und UdSSR. Der Luftkrieg weitete sich zum Krieg im Orbit aus. Zwar wiederholten sich im Zweiten Weltkrieg die Giftgasangriffe des Ersten Weltkrieges nicht, chemische und biologische Massenvernichtungswaffen gehören heute aber ebenso selbstverständlich zum Kriegsarsenal der großen Mächte wie die atomare Bewaffnung. Mithilfe von Langstreckenbombern und Interkontinentalraketen können diese Massenvernichtungswaffen an jeden Ort der Welt gebracht werden. Mit dem Raketenabwehrschild der USA – und bald auch Russlands – ist eine weitere Eskalationsstufe erreicht.

Ein halbes Jahrhundert lang wirkte die Menschheit wie gelähmt angesichts der (keineswegs unrealistischen) Vorstellung, die beiden Supermächte könnten im atomaren Schlagabtausch die gesamte Erde für Menschen unbewohnbar machen. Eine neue Bedrohung ist durch die Militarisierung des Weltraums hinzugekommen. Im Orbit stationierte Killersatelliten könnten nicht nur angreifende Raketen ausschalten, sondern auch selber jeden Ort der Erde vernichten. Die Kommunikationstechnologie verändert auch das Erscheinungsbild konventioneller Kriege.

1. Staat, Krieg und Raum

Staat, Krieg und Raum stehen in einem engen wechselseitigen Verhältnis zueinander. Solange der Territorialstaat über das Gewaltmonopol verfügte, lag es in seiner Hand, mit den anderen Staaten strikte Regeln für das Austragen von bewaffneten Konflikten zu vereinbaren. Die Souveränität des Staates und damit sein Bestand wurden durch gegenseitige Anerkennung gesichert. Bürgerkriege galten als innerstaatliche Angelegenheiten. Zwischen den Staaten wurden völkerrechtliche Vereinbarungen getroffen und damit der Krieg „eingehegt“ (Carl Schmitt). Die Grenzen der Staaten konnten lediglich durch freiwillige Anerkennung (Vertrag) oder durch Zwang (Krieg) verändert werden. Im Friedensvertrag wurde dann beides miteinander versöhnt.

Dieser Verstaatlichung steht heute eine Entstaatlichung bis hin zur Privatisierung des Krieges gegenüber. Zugleich hat der Raum im Zuge der Globalisierung seine Bedeutung teils gewandelt, teils verloren. Die enge Verbindung von Ökonomie und Informationstechnologie hat Raum und Zeit relativiert. Nationalstaatliche Grenzen können nicht mehr zuverlässig geschützt werden. Raumübergreifende Akteure, wie Weltkonzerne, globale Fonds oder transnationale Terrornetzwerke und Verbrechersyndikate, überwinden staatliche Regeln und Schutzmaßnahmen mühelos. Der Schutz der Bürger, die eigentliche Legitimationsgrundlage des Staates, ist nicht mehr gewährleistet. Diese Entwicklung hat gravierende Folgen für das Kriegsgeschehen.

Dieses Buch beschäftigt sich mit dem Zusammenhang von Krieg und Raum aus der Perspektive der Staatlichkeit. Eine wichtige Anregung geht dabei von der Denkfigur aus, die Deleuxe und Guattari in ihrem Buch Tausend Plateaus ins Spiel gebracht haben. Staat und Krieg haben danach verschiedene Wurzeln, Krieg kann es auch ohne Staat geben, wenn auch unter anderen Bedingungen. Das führt zu der Frage, welche Auswirkungen staatlicher Souveränitätsverlust und – schlimmer noch – das Scheitern von Staaten auf den Krieg haben. Zudem steht den kriegführenden Kräften – Staaten, terroristischen Organisationen, Warlords, kriminellen Banden – heute eine Technik zur Verfügung, die mit der Überwindung des Raumes Kriege auch an entfernten Orten möglich macht. Gleichzeitig wandelt sich das Bewusstsein der Menschen für den Raum, in dem sie leben.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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