Krimi Dreierband 3214 - Chris Heller - E-Book

Krimi Dreierband 3214 E-Book

Chris Heller

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Krimis: Peter Haberl und Chris Heller: Kommissar Jörgensen und die Endabrechnung Norbert Davis: Wer hat gesagt, ich sei tot? Krimi Norbert Davis: Du setzt dein Leben aufs Spiel! Krimi Es war ein sehr schöner Sarg - ganz in glänzendem Schwarz mit bronzenen Griffen - und er stand auf einer Bahre am Ende der Kapelle unter dem langen, düsteren Schwung dunkelblauer Vorhänge, die von der gewölbten Decke hingen. Um den Sarg herum waren liebevoll gestaltete Blumen gepflanzt, die kunstvoll gemischt waren, um Schatten zu spenden, und ihr Duft lag schwer in der stillen, schweren Luft. Dodd fühlte sich sehr schlecht bei der Sache. Er saß im hinteren Teil der Kapelle und blinzelte düster in das sanft schattierte Licht, das durch eine der farbigen Glasfensterscheiben fiel. Er war ein großer Mann mit einem langen, unscheinbaren Gesicht, das normalerweise einen Ausdruck von zynischer und vorsichtiger Streitlust trug. Normalerweise sah er so aus, als ob er das Schlimmste erwartete. Jetzt sah er so aus, als sei es passiert. Er trug eine Hornbrille, die mit einem Stück Klebeband über die Brücke geklebt worden war.

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Seitenzahl: 287

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Chris Heller, Peter Haberl, Norbert Davis

Krimi Dreierband 3214

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Inhaltsverzeichnis

Krimi Dreierband 3214

Copyright

Kommissar Jörgensen und die Endabrechnung

Wer hat gesagt, ich sei tot? Krimi

Du setzt dein Leben aufs Spiel! Krimi

landmarks

Titelseite

Cover

Inhaltsverzeichnis

Buchanfang

Krimi Dreierband 3214

Chris Heller, Peter Haberl, Norbert Davis

Dieser Band enthält folgende Krimis:

Peter Haberl und Chris Heller: Kommissar Jörgensen und die Endabrechnung

Norbert Davis: Wer hat gesagt, ich sei tot? Krimi

Norbert Davis: Du setzt dein Leben aufs Spiel! Krimi

Es war ein sehr schöner Sarg - ganz in glänzendem Schwarz mit bronzenen Griffen - und er stand auf einer Bahre am Ende der Kapelle unter dem langen, düsteren Schwung dunkelblauer Vorhänge, die von der gewölbten Decke hingen. Um den Sarg herum waren liebevoll gestaltete Blumen gepflanzt, die kunstvoll gemischt waren, um Schatten zu spenden, und ihr Duft lag schwer in der stillen, schweren Luft.

Dodd fühlte sich sehr schlecht bei der Sache. Er saß im hinteren Teil der Kapelle und blinzelte düster in das sanft schattierte Licht, das durch eine der farbigen Glasfensterscheiben fiel. Er war ein großer Mann mit einem langen, unscheinbaren Gesicht, das normalerweise einen Ausdruck von zynischer und vorsichtiger Streitlust trug. Normalerweise sah er so aus, als ob er das Schlimmste erwartete. Jetzt sah er so aus, als sei es passiert. Er trug eine Hornbrille, die mit einem Stück Klebeband über die Brücke geklebt worden war.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Bathranor Books, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Kommissar Jörgensen und die Endabrechnung

Peter Haberl & Chris Heller

Kommissar Jörgensen und die Endabrechnung: Mordermittlung Hamburg Kriminalroman

Krimi von Peter Haberl und Chris Heller
Als der Senator seine Geliebte aufsucht, wird er vor ihrem Haus ermordet.
Trotz Warnung lässt es sich der Bundespräsident nicht nehmen, an der Beisetzung des Senators teilzunehmen. Obwohl sämtliche Vorsichtsmaßnahmen, die der Polizei zur Verfügung stehen, für den Bundespräsidenten getroffen sind, wird auf ihn geschossen.
Auch Kommissar Stefan Czerwinski wird angeschossen.
Wer sollte eigentlich das Ziel des Killers sein? Czerwinski oder der Bundespräsident?
Die Hamburger Kommissare Uwe Jörgensen und Roy Müller machen sich auf die Suche nach dem Killer und seinem Auftraggeber.
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Alfred Bekker
© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2024 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Prolog 1: Schatten über St. Pauli
Hamburg, das war mehr als Hafen, mehr als Fischmarkt, mehr als Elbe und Alster. Hamburg, das war ein Versprechen – und eine Drohung. Wer nachts durch St. Pauli lief, der wusste, dass die Stadt zwei Gesichter hatte: Eines, das im Licht der Reklamen lachte, und eines, das im Schatten lauerte, wo die Geschichten begannen, die keiner erzählen wollte. Hier, wo das Pflaster klebrig war vom Bier der letzten Nacht und dem Blut der vorletzten, wo die Luft nach Hoffnung und Verzweiflung roch, nach billigem Parfum, kaltem Rauch und dem Salz der nahen See.
Es war ein Mittwochabend, der Regen hatte vor einer Stunde aufgehört, und die Straßen glänzten noch nass. Ein paar Touristen, die sich verlaufen hatten, drückten sich aneinander vorbei, die Blicke nervös, als könnten sie hinter jeder Ecke das nächste Abenteuer erwarten – oder das nächste Unglück. Doch die, die hier lebten, kannten die Regeln. Und sie kannten die Gesichter.
Da war zum Beispiel „Kalle Kippe“, der mit seinem klapprigen Fahrrad durch die Seitenstraßen fuhr, die Taschen voller Zigarettenschachteln, die nie jemand in einem Laden gesehen hatte. Kalle war ein kleiner Fisch, aber einer, der wusste, wo das Wasser tief war. Er hielt an der Ecke zur Davidstraße, wo die Neonlichter der „Roten Laterne“ ein schmutziges Rosa auf das Pflaster warfen. Er zwinkerte der blonden Frau im Schaufenster zu – sie lächelte müde zurück, ein Lächeln, das mehr über die Nacht wusste als jedes Polizeiprotokoll.
Im „Blauen Peter“, einer Bar, die schon bessere Tage gesehen hatte, polierte Mehmet die Gläser. Mehmet war einer, der alles hörte und nichts vergaß. Seine Bar war Treffpunkt für die, die lieber nicht gesehen werden wollten. Heute Abend saß am Tresen ein Mann mit zu teurem Anzug und zu billigen Schuhen. Er hieß Herrmann, aber alle nannten ihn „den Makler“. Herrmann vermittelte Wohnungen, aber nicht an Familien. Seine Klientel waren die, die ein diskretes Zimmer suchten – für ein paar Stunden oder ein paar Tage. Er trank seinen Whisky in kleinen Schlucken und beobachtete die Tür, als würde er auf jemanden warten. Vielleicht wartete er auf einen neuen Deal. Vielleicht auf das nächste Problem.
Am Fenster der Bar stand Tanja, eine Stripperin aus dem „Pink Flamingo“. Sie rauchte, obwohl sie es sich abgewöhnen wollte. Ihre langen Beine steckten in Netzstrümpfen, die schon bessere Nächte gesehen hatten. Tanja kannte die Männer, die hierher kamen, und sie wusste, wie sie sie lesen musste. Sie sah, wie ein junger Typ vorbeiging, die Hände tief in den Taschen, den Blick auf den Boden gerichtet. Sie kannte ihn – das war „Fips“, ein Taschendieb, der so aussah, als könnte er keiner Fliege etwas zuleide tun. Fips war schnell, und er hatte ein Talent dafür, ausgerechnet die zu bestehlen, die es am wenigsten merkten.
In einer dunklen Ecke der Bar saßen zwei Männer, die sich leise unterhielten. Der eine war groß und breit, mit einem tätowierten Schädel, der andere schmal, mit einer Narbe über der Lippe. Sie gehörten zu den „Nordmännern“, einer Rockergruppe, die seit Jahren versuchte, ihr Revier gegen die „Südstern“-Gang zu verteidigen. Es ging um Schutzgeld, um Drogen, um Respekt. Die beiden tranken Bier und warfen ab und zu Blicke zur Tür, als könnten jederzeit Feinde hereinkommen.
Draußen, auf dem Kiez, stand „Big Mike“, der Türsteher vom „Paradiso“. Mike war ein Hüne, aber seine Augen waren freundlich. Er kannte die meisten, die hier arbeiteten, und er wusste, wann er eingreifen musste – und wann nicht. Heute Abend hatte er einen Streit zwischen zwei Prostituierten geschlichtet, die sich um einen Stammkunden gestritten hatten. Jetzt stand er da, die Arme verschränkt, und beobachtete die Straße. Er sah, wie ein schwarzer Mercedes langsam vorbeifuhr, die Scheiben getönt. Mike wusste, wem der Wagen gehörte: Ali, ein Clan-Chef, der seine Finger in jedem Geschäft hatte, das auf dem Kiez lief. Ali war selten selbst zu sehen, aber seine Männer waren überall.
In einer Seitengasse, hinter dem „Schattenreich“, saß „Lissy“, die Obdachlose. Sie hatte einen alten Hund bei sich, der auf den Namen „Fiete“ hörte. Lissy war früher mal Kellnerin gewesen, dann war sie gefallen, tief und schnell. Jetzt lebte sie von dem, was andere wegwarfen, und von dem, was sie sich erbettelte. Aber sie sah mehr als die meisten. Sie wusste, wer wann wo war, wer mit wem redete, wer verschwand. Und manchmal, wenn sie Glück hatte, gab ihr einer der Dealer ein paar Euro, damit sie die Augen zudrückte.
Ein paar Meter weiter, vor dem „Club Royal“, stand „Sascha der Schwabe“. Sascha war kein echter Schwabe, aber er hatte den Akzent perfektioniert, weil die Touristen ihn mochten. Er verkaufte Kokain, Ecstasy, manchmal auch härteres Zeug. Seine Kunden waren Banker, Studenten, manchmal auch Kollegen aus der Szene. Sascha war vorsichtig, aber nicht ängstlich. Er wusste, dass es gefährlich war, aber er liebte das Spiel – und das Geld.
Im „Goldenen Reiter“, einem Nachtclub für die, die das Geld hatten und die Diskretion schätzten, saß „Madame Elise“ in ihrem Büro. Sie war eine Legende auf dem Kiez, eine Frau mit Vergangenheit und Verbindungen. Ihr Geschäft waren Edel-Prostituierte, die sie mit der Eleganz einer alten Schule führte. Elise war höflich, aber bestimmt. Sie kannte die Wünsche ihrer Kunden, und sie wusste, wie sie sie erfüllen konnte – gegen den richtigen Preis. Heute Abend hatte sie ein Treffen mit einem Geschäftsmann aus dem Süden, der neue Ideen hatte. Elise war interessiert, aber vorsichtig. Zu viele neue Ideen hatten in Hamburg schon für Ärger gesorgt.
In der Nähe der Reeperbahn, vor dem „Lucky Star“, stand „Ringo“, ein kleiner Ganove, der alles besorgen konnte, was man brauchte – oder nicht brauchte. Ringo hatte ein loses Mundwerk und ein schnelles Messer. Er war beliebt bei den Mädchen, weil er sie beschützte, und gefürchtet bei den Jungs, weil er nie vergaß, wenn ihm jemand Geld schuldete. Heute Abend hatte er einen Streit mit einem Zuhälter, der meinte, er könne sich an Ringos Mädchen vergreifen. Ringo hatte ihm gezeigt, dass das keine gute Idee war.
In einem Hinterzimmer des „Blue Velvet“ saß „Carlo“, der smarte Geschäftsmann mit den teuren Uhren und den noch teureren Schuhen. Carlo war neu auf dem Kiez, aber er hatte schnell gelernt. Sein Geschäft war das Vergnügen – exklusiv, diskret, teuer. Er vermittelte Models, organisierte Partys, kümmerte sich um alles, was reiche Männer und Frauen wollten. Carlo war charmant, aber eiskalt. Er wusste, dass das Geld hier schneller floss als das Bier, aber auch, dass man schnell untergehen konnte, wenn man nicht aufpasste.
Am Ende der Großen Freiheit, wo die Musik aus den Clubs bis auf die Straße dröhnte, stand „Jule“, die Prostituierte mit dem Herz aus Gold. Jule war schon lange dabei, und sie hatte mehr gesehen, als sie erzählen wollte. Sie kümmerte sich um die Neuen, zeigte ihnen, wie man mit den Freiern umging, wie man sich schützte, wie man überlebte. Jule war eine Institution, und wenn jemand Ärger hatte, ging er zu ihr. Sie kannte die Tricks, die Gefahren, die Männer. Und sie wusste, dass es immer einen gab, der noch gefährlicher war.
In einer dunklen Ecke, zwischen zwei Mülltonnen, stand „Momo“, der Taschendieb mit dem schnellen Grinsen. Momo war jung, aber schon ein Profi. Er arbeitete meistens allein, aber manchmal half ihm „Nina“, die so unschuldig aussah, dass keiner ihr etwas zutraute. Zusammen waren sie unschlagbar. Heute Abend hatten sie einen reichen Touristen ausgenommen, der jetzt verzweifelt nach seiner Brieftasche suchte. Momo lachte leise, als er das Bündel Scheine zählte.
In der Nähe des Hafens, wo die Container wie Riesen im Nebel standen, trafen sich die „Brüder vom Kai“. Sie waren keine richtige Gang, aber sie hielten zusammen. Sie arbeiteten als Hafenarbeiter, aber nachts verdienten sie ihr Geld mit Schmuggel. Zigaretten, Alkohol, manchmal auch mehr. Sie kannten die Wege, die keiner kannte, die Löcher im Zaun, die dunklen Ecken. Heute Nacht warteten sie auf eine Lieferung, die mehr wert war als alles, was sie bisher gesehen hatten.
Und dann war da noch „Lars der Lude“, der Zuhälter mit dem goldenen Zahn. Lars war ein Relikt aus einer anderen Zeit, aber er wusste sich zu behaupten. Seine Mädchen arbeiteten für ihn, weil er sie gut behandelte – jedenfalls besser als die anderen. Lars hatte Kontakte zur Polizei, zu den Rockern, zu den Clans. Er wusste, wie man Geschäfte machte, und er wusste, wann man besser die Klappe hielt.
All diese Menschen lebten in Hamburg, in St. Pauli, auf dem Kiez. Ihre Wege kreuzten sich, ihre Geschichten verwebten sich, ihre Schicksale waren miteinander verbunden – oft ohne dass sie es wussten. Sie waren Teil eines großen Spiels, das immer weiterging, Nacht für Nacht, Tag für Tag. Manche von ihnen würden bald im Mittelpunkt eines Dramas stehen, das größer war als alles, was sie bisher erlebt hatten. Aber das wussten sie noch nicht.
Die Stadt schlief nie. Sie atmete, sie pulsierte, sie lachte und weinte. Und irgendwo, in einem dunklen Hinterzimmer, wurde gerade eine Entscheidung getroffen, die alles verändern würde.
Doch das war eine andere Geschichte.
Jetzt, in dieser Nacht, gehörte Hamburg denen, die wussten, wie man im Schatten lebt.
In einer schmalen, feuchten Gasse hinter dem „Blauen Peter“ trafen sich zwei Gestalten im Schein einer flackernden Straßenlaterne. Der Regen hatte Pfützen hinterlassen, die das Licht in schmutzigen Farben spiegelten. Es war kurz nach Mitternacht, und die Stadt war laut, doch hier drang nur das entfernte Dröhnen der Musik herüber.
Ringo, der kleine Ganove mit der Lederjacke, stand an der Wand und rauchte. Er war nervös, aber das ließ er sich nicht anmerken. Gegenüber lehnte Fips, der Taschendieb, der heute ausnahmsweise mal kein Opfer suchte – sondern einen Handel. In seiner Jackentasche steckte ein kleines, schwarzes Päckchen, das er immer wieder mit der Hand abtastete.
„Hast du’s?“ fragte Ringo leise, ohne die Zigarette aus dem Mund zu nehmen.
Fips nickte und zog das Päckchen hervor, ließ es aber nicht los. „Erst das Geld.“
Ringo schnaubte, zog einen zerknitterten Umschlag aus seiner Innentasche und hielt ihn Fips hin. „Dreitausend, wie abgemacht. Zähl nach, wenn du willst.“
Fips riss den Umschlag auf, zählte die Scheine mit flinken Fingern. Er nickte zufrieden, steckte das Geld ein und reichte Ringo das Päckchen. Ihre Hände berührten sich kurz, kalt und feucht.
„Was ist das überhaupt?“ fragte Fips, als Ringo das Päckchen in seine Jacke schob.
Ringo grinste schief. „Je weniger du weißt, desto besser für dich.“
Fips zuckte die Schultern. „Wie du meinst. Aber wenn’s Ärger gibt, kennst du mich nicht.“
Ringo lachte leise, warf die Kippe auf den Boden und trat sie aus. „Keine Sorge,
Fips wollte schon abdrehen, als plötzlich Schritte in der Gasse widerhallten. Beide Männer erstarrten, warfen einen schnellen Blick über die Schulter. Aus dem Schatten löste sich eine dritte Gestalt – groß, breitschultrig, Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Ringo spannte sich an, griff instinktiv an sein Messer, das in der Jackentasche steckte.
Der Neue blieb ein paar Meter entfernt stehen, die Hände offen, aber die Haltung eindeutig: Vorsicht, aber keine Angst.
„Alles klar, Jungs?“ Die Stimme war rau, aber ruhig. Es war Mehmet, der Barkeeper, der manchmal als Vermittler für heikle Geschäfte diente. Er musterte Fips und Ringo mit prüfendem Blick.
Ringo entspannte sich ein wenig. „Nur ein kleiner Handel, Mehmet. Alles sauber.“
Mehmet nickte, trat näher, bis er fast zwischen den beiden stand. „Ich hab gehört, ihr treibt euch hier rum. Ihr wisst, dass das eigentlich Alis Revier ist, oder?“
Fips wich einen Schritt zurück. „Wir sind gleich weg. Nur kurz was geregelt.“
Mehmet schnalzte mit der Zunge. „Gut. Aber ich sag euch eins: Wenn ihr hier Deals macht, will Ali seinen Anteil. Sonst gibt’s Ärger. Ihr kennt die Regeln.“
Ringo nickte, zog ein paar Scheine aus dem Umschlag und reichte sie Mehmet. „Für Ali. Sag ihm, er kann sich auf mich verlassen.“
Mehmet nahm das Geld, zählte es kurz nach und steckte es ein. „So ist’s besser. Und jetzt verschwindet. Ich will euch hier heute Nacht nicht mehr sehen.“
Fips und Ringo warfen sich einen schnellen Blick zu. Fips steckte die Hände in die Taschen, drehte sich um und verschwand in der Dunkelheit, sein Schritt hastig, als würde er verfolgt. Ringo blieb noch einen Moment, blickte Mehmet an.
„Danke, Alter. War knapp.“
Mehmet zuckte mit den Schultern. „Pass besser auf dich auf, Ringo. Die Zeiten werden härter.“
Dann ging auch Ringo, das Päckchen fest an sich gedrückt, hinaus aus der Gasse, hinein ins Licht der Reeperbahn, wo die Musik lauter und die Schatten länger wurden.
Mehmet blieb zurück, sah ihnen nach, dann verschwand auch er, lautlos wie ein Geist. Die Gasse war wieder leer, nur der Geruch von kaltem Rauch und nassem Asphalt hing noch in der Luft – und das Gefühl, dass hier gerade mehr passiert war als ein einfacher Deal.
Prolog 2: Schattenjagd an der Elbe
Ich weiß nicht, ob es die feuchte Kälte war, die in Hamburg nachts alles durchdrang, oder das flaue Gefühl im Magen, das ich immer habe, wenn ich mit Roy durch St. Pauli fahre. Vielleicht ist es auch nur die Ahnung, dass in dieser Stadt alles möglich ist – und meistens das, was man am wenigsten erwartet. Es war kurz nach zwei, als wir den Funkspruch bekamen: Verdächtige Aktivitäten hinter dem „Blauen Peter“, einer dieser Läden, in denen die Zeit stehen geblieben ist und die Leute alles sehen, aber nichts sagen.
Roy saß am Steuer, die Hände fest um das Lenkrad unseres silbernen Passats gekrallt. „Immer wieder St. Pauli, was?“, brummte er. „Als ob die Verbrecher sich hier besonders wohlfühlen.“
Ich sah aus dem Fenster. Die Straßen glänzten noch vom Regen, und irgendwo in der Ferne hörte man das Nebelhorn eines Schiffes auf der Elbe. „Hier ist wenigstens was los“, sagte ich. „Besser als Akten wälzen im Präsidium.“
Roy grinste schief. „Du meinst, besser als Bocks Kaffeeflecken auf den Berichten.“
Kriminaldirektor Jonathan Bock ist ein Mann, der alles sieht, aber wenig sagt. Er hat das Talent, immer dann aufzutauchen, wenn man am wenigsten damit rechnet – und immer dann, wenn man gerade einen Fehler gemacht hat. Aber heute Nacht war er weit weg, irgendwo in seinem Büro im Präsidium am Bruno-Georges-Platz, vielleicht mit einer Tasse viel zu starkem Kaffee in der Hand.
Wir parkten in einer Seitenstraße, direkt neben einem alten Backsteinhaus, das mehr Graffiti als Fenster hatte. Ich zog meinen Mantel enger um mich. „Los, Roy. Lass uns mal sehen, was unsere Freunde heute Nacht so treiben.“
Wir gingen die schmale Gasse entlang, die zum Hintereingang des „Blauen Peter“ führte. Die Luft roch nach nassem Asphalt, Bier und einer Ahnung von Ärger. Als wir um die Ecke bogen, sahen wir sie: Zwei Gestalten, die sich nervös umblickten, ein dritter Mann, der gerade Geld zählte. Ich kannte den Typen mit der Lederjacke – Ringo, ein kleiner Ganove, der immer zur falschen Zeit am falschen Ort war. Der andere, schmal und mit nervösen Händen, war Fips. Der dritte war Mehmet, der Barkeeper. Ich hatte ihn schon öfter gesehen, immer mittendrin, nie direkt beteiligt.
Roy zog seine Dienstmarke und rief: „Polizei! Stehen bleiben!“
Fips zuckte zusammen, wollte losrennen, aber ich war schneller. Ich packte ihn am Arm, drückte ihn gegen die Wand. „Ganz ruhig, mein Freund. Sie bleiben schön hier.“
Ringo hob die Hände, ein schiefes Grinsen auf den Lippen. „Immer mit der Ruhe, Herr Kommissar. Wir machen doch nur ein bisschen Geschäfte.“
Roy durchsuchte ihn routiniert, fand das Päckchen in seiner Jacke. „Und was ist das hier?“
Ringo zuckte die Schultern. „Nur ein bisschen Koks. Für den Eigenbedarf.“
Ich lachte trocken. „Für den Eigenbedarf? Und das Geld in Ihrer Tasche? Auch für den Eigenbedarf?“
Mehmet stand noch immer an der Wand, die Hände offen. „Ich hab damit nichts zu tun, Herr Kommissar. Ich hab nur nach dem Rechten gesehen.“
„Das werden wir ja sehen“, sagte ich und bedeutete Roy, die drei festzunehmen. Wir legten ihnen Handschellen an, lasen ihnen ihre Rechte vor und führten sie zum Wagen. Fips zitterte, Ringo blieb cool, Mehmet schimpfte leise auf Türkisch.
Im Präsidium am Bruno-Georges-Platz war es um diese Zeit still. Die Neonlichter im Flur flackerten, der Geruch von kaltem Kaffee und Desinfektionsmittel hing in der Luft. Wir brachten unsere drei Verdächtigen in den Vernehmungsraum, setzten sie auf die Stühle. Roy blieb draußen, um die Beweismittel zu sichern. Ich setzte mich Ringo gegenüber.
„Also, Herr Ringo. Erzählen Sie mir doch mal, was Sie heute Nacht hinter dem ‚Blauen Peter‘ gemacht haben.“
Er lehnte sich zurück, verschränkte die Arme. „Ich hab doch schon gesagt, Herr Kommissar. Ich hab nur einen Freund getroffen. Das Päckchen ist nicht meins.“
Ich seufzte. „Sie wissen, dass wir das nicht glauben, oder? Sie sind doch nicht zum ersten Mal hier.“
Er grinste. „Sie auch nicht, Herr Kommissar.“
Roy kam herein, legte das Päckchen auf den Tisch. „Das Labor schaut sich das gleich an. Und das Geld auch.“
Ich nickte. „Wir machen es einfach, Ringo. Sie sagen uns, für wen das Zeug ist, und wir reden mit dem Staatsanwalt. Vielleicht springt was für Sie raus.“
Ringo schwieg. Ich wusste, dass er nicht reden würde. Noch nicht.
Wir ließen die drei erstmal in den Zellen, gingen rüber ins Büro. Die Fenster zeigten auf die dunkle Stadt, irgendwo da draußen schlief Hamburg. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch, der voller Akten war. Roy goss uns zwei Becher Kaffee ein.
„Meinst du, die reden?“, fragte er.
Ich schüttelte den Kopf. „Nicht freiwillig. Aber vielleicht hilft Förnheim uns weiter.“
Dr. Dr. Friedrich G. Förnheim war unser Forensiker – ein Genie, aber ein unerträglicher Besserwisser. Er hatte das Talent, jeden im Raum wie einen Idioten aussehen zu lassen, und genoss das auch noch. Ich mochte ihn nicht, aber ich respektierte ihn.
Wir gingen runter ins Labor. Förnheim stand an seinem Arbeitsplatz, das Päckchen schon in der Hand, die Brille tief auf der Nase.
„Ah, die Herren Kommissare. Endlich. Ich hatte schon befürchtet, Sie hätten sich wieder in der Kantine verlaufen.“
Roy verdrehte die Augen. Ich blieb sachlich. „Was haben Sie?“
Förnheim seufzte, als müsste er einem Kind das Einmaleins erklären. „Kokain, etwa 50 Gramm, gestreckt mit Levamisol. Sehr rein, für Hamburger Verhältnisse. Das Geld – alles kleine Scheine, typisch für Straßenhandel. Sie sollten sich mal mit den Grundlagen des Drogenmarkts beschäftigen, bevor Sie mich wieder mit so banalen Fragen belästigen.“
Ich ignorierte seine Arroganz. „Irgendwelche Fingerabdrücke?“
Er lächelte dünn. „Natürlich. Ihre, die von Herrn Müller, und die von mindestens drei anderen Personen, die ich noch abgleichen werde. Aber das dauert. Sie wissen ja, die Technik ist nicht so schnell wie mein Verstand.“
Roy schnaubte. „Danke, Herr Dr. Förnheim. Wir melden uns, wenn wir noch was brauchen.“
Wir gingen zurück ins Büro. Ich setzte mich, blätterte in den Akten. „Ringo ist ein kleiner Fisch. Aber wenn das Koks so rein ist, wie Förnheim sagt, steckt mehr dahinter.“
Roy nickte. „Vielleicht Clan-Geschäfte? Oder die Rocker?“
Ich dachte nach. „Mehmet ist Barkeeper, aber er hat Verbindungen zu Ali, dem Clan-Chef. Vielleicht läuft das Zeug über den ‚Blauen Peter‘.“
In diesem Moment klopfte es an der Tür. Kriminaldirektor Bock steckte den Kopf herein. „Jörgensen. Müller. Wie sieht’s aus?“
Ich stand auf. „Wir haben drei Verdächtige, ein halbes Kilo Koks, viel Bargeld. Förnheim ist dran. Aber ich glaube, da steckt mehr dahinter.“
Bock sah mich an, sein Blick ruhig, aber wachsam. „Bleiben Sie dran. Und halten Sie mich auf dem Laufenden. Ich will keine Überraschungen.“
„Verstanden, Chef.“
Er nickte und verschwand wieder. Ich setzte mich, nahm einen Schluck Kaffee. „Roy, wir sollten Mehmet zuerst vernehmen. Vielleicht ist er der Schwachpunkt.“
Wir holten Mehmet aus der Zelle, setzten ihn in den Vernehmungsraum. Er wirkte nervös, schwitzte, obwohl es kühl war.
Ich begann ruhig. „Herr Mehmet, Sie wissen, warum Sie hier sind. Wir haben Sie mit einer größeren Menge Kokain erwischt. Das ist kein Kavaliersdelikt.“
Er wich meinem Blick aus. „Ich hab nichts gemacht, Herr Kommissar. Ich hab nur aufgepasst, dass es keinen Ärger gibt.“
Roy beugte sich vor. „Wissen Sie, was uns wundert? Sie sind immer da, wenn was passiert. Und Sie kennen die richtigen Leute. Vielleicht können Sie uns helfen.“
Mehmet schwieg, dann sah er mich an. „Wenn ich rede, hab ich ein Problem.“
Ich nickte. „Wenn Sie nicht reden, haben Sie ein größeres.“
Er überlegte, dann flüsterte: „Ali will, dass wir das Zeug verteilen. Über die Bars, die Clubs. Ich bin nur der Mittelsmann. Wenn ich nicht mitmache, bin ich tot.“
Ich machte mir Notizen. „Wie läuft das ab?“
„Die Lieferungen kommen nachts. Immer andere Leute. Ich geb das Geld ab, krieg meinen Anteil. Mehr nicht.“
Roy fragte: „Wer bringt die Ware?“
Mehmet schüttelte den Kopf. „Unterschiedlich. Heute war’s Ringo. Morgen vielleicht jemand anders.“
Ich lehnte mich zurück. „Gut, Mehmet. Sie bleiben erstmal hier. Aber wenn Sie uns helfen, reden wir mit dem Staatsanwalt.“
Wir brachten ihn zurück in die Zelle. Roy sah mich an. „Das ist größer, als wir dachten.“
Ich nickte. „Wir brauchen Beweise. Und wir müssen Ali kriegen.“
Am nächsten Morgen war Hamburg grau und nass, wie so oft. Ich fuhr mit Roy zum Hafen, wo die Container wie Riesen im Nebel standen. Wir hatten einen Hinweis bekommen, dass die nächste Lieferung dort ankommen sollte. Die Docks waren leer, nur ein paar Hafenarbeiter schoben Kisten durch den Regen.
Wir stellten uns in den Schatten eines Krans, beobachteten das Treiben. Nach einer halben Stunde kam ein schwarzer Mercedes angefahren, hielt neben einem Container. Zwei Männer stiegen aus, einer davon war Ali. Ich kannte sein Gesicht aus den Akten – schmal, mit kalten Augen. Der andere war ein großer Typ mit Glatze, wahrscheinlich sein Bodyguard.
Sie öffneten den Kofferraum, holten eine Sporttasche heraus. Ein dritter Mann kam aus dem Schatten, nahm die Tasche entgegen, verschwand zwischen den Containern. Ich machte Fotos, Roy notierte das Kennzeichen.
„Das reicht noch nicht für einen Zugriff“, sagte ich leise. „Aber wir kommen näher.“
Wir warteten, bis der Mercedes wieder weg war, dann gingen wir zurück zum Wagen. Ich rief Förnheim an. „Dr. Förnheim, können Sie das Kokain aus dem Päckchen mit anderen Funden vergleichen? Vielleicht gibt es eine Verbindung.“
Er klang genervt. „Natürlich kann ich das. Wenn Sie mich in Ruhe arbeiten lassen.“
Ich legte auf, fuhr mit Roy zurück ins Präsidium. Im Büro wartete schon Dr. Gerold Wildenbacher, unser Pathologe. Er war ein großer, kräftiger Mann, immer mit hochgekrempelten Ärmeln, das Hemd voller Flecken.
„Moin, Jungs“, sagte er. „Hab gehört, ihr habt wieder was aufgerissen.“
Ich nickte. „Könnte sein, dass es Tote gibt, wenn wir nicht schnell sind.“
Er grinste. „Dann sagt Bescheid, wenn’s so weit ist. Ich steh bereit.“
Roy lachte. „Immer der Optimist, der Gerold.“
Wildenbacher zuckte die Schultern. „Jeder hat sein Talent.“
Wir setzten uns, sichteten die Beweise, schrieben Berichte. Ich blickte aus dem Fenster auf die Stadt. Hamburg war groß, voller Schatten und Geheimnisse. Aber ich wusste, dass wir diesmal näher dran waren als sonst.
Roy lehnte sich zurück, rieb sich die Augen. „Was meinst du, Uwe? Kriegen wir Ali?“
Ich nickte langsam. „Wenn wir dranbleiben. Und wenn wir ein bisschen Glück haben.“
Draußen wurde es hell, der Regen hörte auf. Die Stadt erwachte, und irgendwo, in einer Bar auf St. Pauli, warteten schon die nächsten Geschichten.
Aber das war eine andere Nacht.
Prolog 3: Abrechnung auf dem Kiez
Manchmal, wenn ich morgens mit dem ersten Licht auf die Reeperbahn blicke, frage ich mich, wie viele Geheimnisse in diesen Straßen liegen. Hamburg ist eine Stadt, die nie schläft, aber in den frühen Stunden, wenn die letzten Betrunkenen heimwärts torkeln und die Straßenreinigung die Spuren der Nacht beseitigt, scheint alles möglich. Es ist die Stunde der Wahrheit – und heute sollte sie kommen.
Roy und ich hatten eine lange Nacht hinter uns. Wir hatten Mehmet zum Reden gebracht, Fotos von Ali am Hafen gemacht, und Dr. Dr. Förnheim hatte uns tatsächlich eine Verbindung geliefert: Das Kokain aus Ringos Päckchen stammte aus derselben Charge wie eine Lieferung, die vor drei Wochen in einem Club in der Großen Freiheit gefunden worden war – ein Club, der Ali gehörte. Die Beweiskette wurde dichter.
Im Präsidium war es um acht Uhr morgens noch ruhig. Ich saß an meinem Schreibtisch, trank den dritten Kaffee und starrte auf die Notizen. Roy kam herein, zwei belegte Brötchen in der Hand. „Frühstück, Uwe. Du siehst aus, als hättest du seit Tagen nicht geschlafen.“
Ich nahm das Brötchen, biss ab. „Danke, Roy. Wir müssen heute liefern. Wenn wir Ali nicht heute kriegen, war alles umsonst.“
Roy setzte sich, schob mir einen Zettel zu. „Mehmet hat noch was gesagt. Heute Mittag gibt’s eine Geldübergabe im ‚Goldenen Reiter‘. Ali will persönlich kommen.“
Ich sah ihn an. „Das ist unsere Chance. Aber wir müssen wasserdicht sein – keine Fehler.“
Roy nickte. „Ich hab schon SEK und Zivilkräfte informiert. Wir sind nicht allein.“
Ich atmete tief durch. „Gut. Dann los.“
Wir verbrachten die nächsten Stunden mit Vorbereitungen. Der „Goldene Reiter“ war ein exklusiver Nachtclub an der Nobelseite der Reeperbahn, ein Ort, an dem sich die Reichen und Mächtigen trafen – und die, die es werden wollten. Madame Elise, die Betreiberin, war offiziell nur Gastgeberin, aber inoffiziell wusste jeder, dass sie für Ali arbeitete. Wir wollten sie heute auf frischer Tat ertappen.
Kriminaldirektor Bock kam kurz vor zehn ins Büro. Er wirkte wie immer ruhig, aber die Anspannung war ihm anzumerken. „Jörgensen, Müller – ich will, dass Sie heute alles sauber durchziehen. Keine Alleingänge. Wir stehen unter Beobachtung.“
Ich nickte. „Verstanden, Chef. Wir sind bereit.“
Er sah uns an, dann lächelte er kurz. „Viel Glück.“
Roy und ich fuhren mit zwei Zivilwagen Richtung Kiez. Das SEK postierte sich unauffällig in den Nebenstraßen, Zivilkräfte mischten sich unter die Passanten. Ich spürte das Adrenalin in meinen Adern, wie immer vor einem Zugriff. Aber diesmal war es anders – es ging um mehr. Um Gerechtigkeit. Und um die Stadt, die ich liebte.
Um kurz vor zwölf standen wir in der Nähe des „Goldenen Reiters“. Die Sonne kämpfte sich durch die Wolken, warf fahle Lichtflecken auf das Kopfsteinpflaster. Die Türsteher vor dem Club musterten jeden, der vorbeiging. Ich hatte ein Headset im Ohr, Roy stand auf der anderen Straßenseite, bereit zum Zugriff.
Um zwölf Uhr fuhr ein schwarzer Mercedes vor. Ali stieg aus, begleitet von zwei Männern. Er trug einen teuren Anzug, Sonnenbrille, das Gesicht ausdruckslos. Die Türsteher ließen ihn sofort durch. Kurz darauf kam Madame Elise, elegant wie immer, begrüßte ihn mit einer Umarmung.
Ich gab das Zeichen. „Alle Einheiten – Positionen beziehen. Zugriff auf mein Kommando.“
Ali betrat mit seinen Männern den Club. Wir warteten, bis sie im Hinterzimmer verschwanden. Dann stürmten wir los – Roy von rechts, ich von links, das SEK durch den Haupteingang. Drinnen war es dunkel, Musik wummerte durch die Wände, aber wir kannten den Weg.
Im Hinterzimmer saßen Ali, Elise und zwei weitere Männer an einem Tisch. Auf dem Tisch lag eine schwarze Sporttasche – voll mit Geld. Ali zählte die Scheine, Elise lachte, als wäre es das Normalste der Welt.
Ich trat ein, die Waffe im Anschlag. „Polizei! Hände hoch!“
Für einen Moment war alles still. Dann griff einer von Alis Männern nach der Tasche, aber Roy war schneller, riss ihn zu Boden. Das SEK stürmte herein, überwältigte die anderen. Ali blieb ruhig, hob die Hände, ein kaltes Lächeln auf den Lippen.
„Sie machen einen Fehler, Herr Kommissar“, sagte er leise.
Ich trat näher, legte ihm die Handschellen an. „Das werden wir ja sehen.“
Elise protestierte, schimpfte, aber die Handschellen klickten auch bei ihr. Die Sporttasche wurde sichergestellt, das Geld gezählt. Über 200.000 Euro – genug für viele Jahre hinter Gittern.
Draußen vor dem Club versammelten sich Schaulustige, Handys wurden gezückt, die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Hamburg hatte einen seiner größten Kriminellen verloren – zumindest für heute.
Zurück im Präsidium begann die eigentliche Arbeit. Wir verhörten Ali, Elise und die beiden Handlanger. Ali schwieg, sein Blick kalt und abweisend. Elise versuchte es mit Charme, dann mit Tränen, aber wir blieben hart.
Roy und ich saßen Ali gegenüber. Ich begann: „Herr Ali, Sie wissen, was Ihnen vorgeworfen wird. Drogenhandel, Geldwäsche, Bildung einer kriminellen Vereinigung. Die Beweislage ist erdrückend.“
Er lächelte dünn. „Beweise sind in Hamburg oft nichts wert, Herr Kommissar. Sie wissen, wie das läuft.“
Ich legte die Fotos vom Hafen auf den Tisch, das Gutachten von Förnheim, die Aussagen von Mehmet. „Diesmal nicht, Herr Ali. Diesmal reicht es.“
Er schwieg, sah mich lange an. Dann sagte er leise: „Sie wissen nicht, mit wem Sie sich anlegen.“
Ich beugte mich vor. „Oh doch. Und ich weiß, dass Sie heute verlieren.“
Er schwieg, aber ich sah, dass er wusste: Es war vorbei.
Elise redete mehr. Sie versuchte, sich herauszureden, schob alles auf Ali. „Ich bin nur die Gastgeberin, Herr Kommissar! Ich wusste von nichts!“
Roy lachte trocken. „Frau Elise, wir haben Ihre Fingerabdrücke auf den Geldbündeln. Und Zeugen, die Sie belasten. Sie sollten reden – vielleicht hilft es Ihnen.“
Sie schwieg, dann brach sie in Tränen aus. „Ich hatte keine Wahl. Ali hat mich gezwungen.“
Ich machte mir Notizen. „Das können Sie dem Staatsanwalt erzählen. Vielleicht hilft es Ihnen.“
Dr. Dr. Förnheim kam ins Büro, ein triumphierendes Grinsen auf den Lippen. „Wie immer muss ich Ihnen die Arbeit retten, meine Herren. Die Fingerabdrücke auf dem Kokain, dem Geld und der Tasche stimmen überein – Ali und Elise. Und, wie ich vorausgesagt habe, ist das Kokain identisch mit den Funden der letzten Monate. Ich hoffe, Sie wissen das zu würdigen.“
Ich nickte. „Danke, Herr Dr. Förnheim. Ohne Sie wären wir verloren.“
Er schnaubte. „Das weiß ich.“
Dr. Gerold Wildenbacher kam vorbei, klopfte mir auf die Schulter. „Gut gemacht, Jungs. Wenn ihr mal wieder eine Leiche habt, ruft mich an.“
Roy grinste. „Hoffentlich dauert das noch ein bisschen.“
Am Nachmittag saßen Roy und ich in unserem Büro, die Sonne brach endlich durch die Wolken. Kriminaldirektor Bock kam vorbei, setzte sich auf die Schreibtischkante.
„Gute Arbeit, Männer. Ali und Elise sind in U-Haft, die Beweise sind wasserdicht. Die Presse will ein Statement.“
Ich nickte. „Machen Sie das, Chef. Wir sind müde.“
Er lachte. „Das haben Sie sich verdient.“
Roy lehnte sich zurück, schloss die Augen. „Meinst du, das war’s?“
Ich sah aus dem Fenster, auf die Stadt, die langsam wieder zur Ruhe kam. „Für heute vielleicht. Aber Hamburg schläft nie. Es gibt immer einen neuen Ali, eine neue Elise.“
Roy nickte. „Dann trinken wir jetzt einen Kaffee. Auf uns.“
Ich lächelte. „Auf uns. Und auf Hamburg.“
Ein paar Tage später war der Kiez wieder so, wie er immer war: Laut, wild, voller Leben. Die Schlagzeilen in der „Mopo“ und im „Abendblatt“ feierten den großen Schlag gegen das organisierte Verbrechen. Die Leute auf der Straße nickten mir zu, manche dankbar, manche misstrauisch. Ich wusste, dass wir nicht alle Probleme gelöst hatten. Aber wir hatten einen Unterschied gemacht.
Mehmet kam frei, er bekam Zeugenschutz und eine neue Identität. Ringo und Fips bekamen milde Strafen, weil sie kooperiert hatten. Madame Elise und Ali warteten auf ihren Prozess – diesmal würde es reichen.
Dr. Dr. Förnheim und Dr. Wildenbacher stritten sich weiter über Fachfragen, Roy und ich lösten den nächsten Fall. Und Hamburg blieb, wie es immer war: Schön und hässlich, ehrlich und verlogen, gefährlich und voller Hoffnung.
Manchmal, wenn ich nachts durch St. Pauli gehe, denke ich an all die Menschen, deren Wege sich hier kreuzen. An die Ganoven, die Dealer, die Verlierer und die Gewinner. An die Schatten, die nie ganz verschwinden.
Aber ich weiß auch: Solange wir da sind, gibt es Hoffnung. Für die Stadt. Für die Menschen. Für uns alle.
Und so geht die Jagd weiter – Nacht für Nacht, Tag für Tag. In Hamburg, meiner Stadt.
1
Der Senator sagte zu seinem Chauffeur: »Sie können mich in zwei Stunden wieder abholen. Trinken Sie irgendwo einen Kaffee! Und kein Wort – zu niemandem.«
»Das ist doch Ehrensache«, murmelte der Fahrer. Er warf einen Blick auf die Uhr im Armaturenbrett. Es war kurz vor 22 Uhr. Der Mann war nervös. Er schluckte öfter als normal. Nachdem der Senator ausgestiegen war, fuhr er davon.
Der Senator reckte die Schultern. Er freute sich schon auf Christin. Sie gab ihm, was er von seiner Frau schon lange nicht mehr erhielt. Liebe! Sie hatte ein offenes Ohr für seine Sorgen und Nöte, und sie war eine vorzügliche Liebhaberin. Warm stieg es in dem Mann beim Gedanken an sie auf.
Er trat an die Gartentür heran, um zu läuten. Plötzlich spürte er einen furchtbaren Schlag zwischen den Schulterblättern. Sterbend brach er zusammen.
2
Herr Bock schaute ausgesprochen ernst drein.
»Bitte, setzen Sie sich«, forderte er Roy und mich auf, Platz zu nehmen. Wir ließen uns an dem kleinen Besprechungstisch nieder. Der Chef der Kriminalpolizeilichen Ermittlungsgruppe des Bundes kam zu uns und setzte sich ebenfalls. »Gestern Abend wurde Senator Jonas Sehlent ermordet.« Die Worte fielen wie Hammerschläge.
Ich prallte regelrecht zurück. »Er – wurde – ermordet?«, entrang es sich mir.
Der Chef nickte. »Erschossen. Vor dem Haus einer Frau Christin Rückert in Meiendorf.«
»Warum sind die Nachrichten nicht voll davon?«, fragte Roy etwas befremdet.
»Es wurde eine Nachrichtensperre verhängt. Die Medien sollen im Rahmen einer Pressekonferenz unterrichtet werden.«
»Gibt es irgendwelche näheren Erkenntnisse?«, wollte Roy wissen.
Der Chef schüttelte den Kopf.
»Sein Chauffeur lud den Senator gegen zweiundzwanzig Uhr vor dem Haus ab und sollte ihn um Mitternacht wieder abholen. Der Mörder muss einen Schalldämpfer benutzt haben, denn in der Nachbarschaft hörte niemand einen Schuss.«
»Ein politischer Hintergrund?«, sagte ich fragend.
»Möglich. Es gab nach ersten Erkenntnissen keine Hinweise, dass ein Anschlag auf ihn geplant war. Es gibt auch noch kein Bekennerschreiben. Der Fall wurde der Kriminalpolizei übertragen. Ich betraue Sie beide damit. Bei Ihnen weiß ich ihn in guten Händen. Noch etwas, meine Herren: Es ist zu erwarten, dass der Bundespräsident zur Beerdigung des Senators kommt. Sie werden – zusammen mit ein paar anderen Kollegen – auch die Aufgabe zugeteilt bekommen, ihn zu beschützen. Also bereiten Sie sich darauf vor.«
Wir kehrten in unser gemeinsames Büro zurück, ich rief beim Polizeikommissariat an und hatte gleich darauf Harry Ehlert, den Leiter der Mordkommission, an der Strippe. Wir nannten ihn nur Cleary, weil er sich immer damit brüstete, dass seine Leute jeden Mord in Hamburg zu klären im Stande waren. Der Leiter der Mordkommission war manchmal ein ziemlich mürrischer Zeitgenosse. Das lag aber nicht daran, dass er etwas gegen uns oder die Kriminalpolizei gehabt hätte. Es lag mehr am Frust, der entsteht, wenn man Tag für Tag nur mit Mord und Totschlag zu tun hat.
»Guten Morgen, Harry«, sagte ich. »Der Chef der Kriminalpolizeilichen Ermittlungsgruppe des Bundes hat Roy und mir den Fall Sehlent übertragen. Was kannst du uns zu der Sache sagen?«
Cleary machte »hm«, dann erwiderte er: »Es gibt kaum Spuren – und wenn ich kaum sage, dann ist das noch übertrieben. Jemand schoss dem Senator aus nächster Nähe eine Kugel zwischen die Schulterblätter, als er auf dem Weg zu Christin Rückerts Haus war.«
»Das heißt also, dass ihn jemand dort erwartet hat.«
»Sieht so aus.«
»Was wollte er bei Frau Rückert?«