Kurzgeschichten aus meinem Leben - Heinz Schmid - E-Book

Kurzgeschichten aus meinem Leben E-Book

Heinz Schmid

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Beschreibung

Die fünf Kurzgeschichten in diesem Band sind Geschichten aus meinem Leben zwischen 12 - 30 Jahren.

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Seitenzahl: 70

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Inhaltsverzeichnis

Meine Concours-Show

Der alte Herr

Die unglaubliche Zündkerze

Die Hochzeitsfeier

Wilhelm Tell auf dem Wettinger Stausee

Meine Concours-Show

Als Sohn eines Pferdehändlers ist es nur recht und billig, selber auch Pferde zu haben. So war ich zwischen den achtziger und neunziger Jahren selber Pferdebesitzer. Ich hatte ein paar Pferde zum Ausreiten, aber auch um bei den regionalen Concours (Springkonkurrenzen) teilzunehmen. Ein Ass wurde ich nie, aber ich war dabei. Nun möchte ich euch eine Geschichte erzählen, die mir an einem Hallenspringen passiert ist.

***

Also, es war irgendwann Mitte oder Ende der achtziger Jahre. Der Reitstall Häfeli, wo ich mein Pferd eingestellt hatte, führte im Winter ein Hallenspringen durch. Man konnte sich anmelden, wenn man concourstauglich war. Ich meldete mich in der Kategorie A** ohne Lizenz: Sprung Höhe 100–110, Weite 95–125. In der Halle sind es sechs Sprünge, im Freien sieben.

Nach dem Einschreiben hatten wir noch zwischen sechs und sieben Wochen Zeit, um zu trainieren.

Mein Pferd von damals hiess Bombay, war ein Wallach (kastrierter Hengst) und hatte ein höheres Stockmass als ein Durchschnittspferd. Ein solches hat ein Stockmass so um die 160 Zentimeter. Bombay hatte eines von 178 Zentimetern, war also ein richtiges Schlachtross. Vorteil: Bei Sprüngen von 50 bis 70 Zentimetern Höhe machte er nur einen Hupfer und Sprünge bis 130 Zentimeter waren kein Problem für ihn. Nachteil: Bombay deckte bei einem Galoppsprung circa 7 Meter ab, ein durchschnittliches Pferd 6 bis 6.20 Meter. Bei den Kombinations-Sprüngen, bei drei Hindernissen nacheinander mit einem Abstand von circa 6.50 Metern bekamen wir immer ein bisschen ein Gehampel, da die Länge ja nicht so passte. Bombay kam vom Gestüt Hannoveraner und hatte mal als mittleres Concours-Pferd gegolten, als er noch jung war. Als ich ihn kaufte war er zehn Jahre alt, topfit, trittsicher, kein Angsthase – was es viel gibt unter den Pferden – und gutmütig, so dass auch meine damals achtjährige Tochter in der Halle alleine auf ihm reiten konnte. Er war ein Familienpferd, aber wenn man Druck machte, konnte er schon richtig Vollgas geben.

Viele Pferdebesitzer, die auch eingestellt hatten bei Häfelis, nahmen am Concours teil, also auch solche, die richtig gut waren und sich in den Kategorien L+M eingeschrieben hatten. So mussten die Trainingsabende geplant werden, nach Kategorien, damit wir uns nicht behinderten.

Die Söhne des Stallbesitzers waren gute Springreiter und Trainer. Wir von meiner Kategorie teilten uns die Kosten, sodass wir ein gutes Training machen konnten. Oh, was musste ich da immer wieder hören vom Trainer, er hiess Martin Heinz. „Lass ihn nid so go, du weisch, er brucht weniger Schritt bis zum Hindernis.“

Das hiess: aufnehmen – kurz an die Zügel nehmen – und erst beim Galoppsprung vor dem Hindernis gehen lassen.

„Dann kommt es gut“, sagt er.

Ich meinte immer grinsend: „Ja Chef, ich weiss.“ Woche für Woche gingen wir ins Training.

Danach trafen wir uns in der Reiterstube, um bei einem Glas Wein zu diskutieren. Und wir wussten alle, warum es mit jenem Pferd besser ging als mit dem Eigenen, wir waren ja alle Spezialisten, beim Glas Wein. Sobald wir auf unseren Pferden sassen und der Trainer Martin in der Mitte der Halle stand, wurden wir ruhiger, und jeder konzentrierte sich, damit er die Übungen und Sprünge mit seinem Pferd gut hin brachte, aber in der Reiterstube ging's dann wieder los.

Trainer Martin nahm mich nach einem Training nochmals ins Gebet. „Heinz, du lässt ihn einfach zu schnell auf das Hindernis los fräsen, du musst ihn früher aufnehmen. Wir sind in der Halle und nicht im Freien. Du hast nicht so viel Platz zum Wenden wie du dich im Freien gewohnt bist. Du gehst ja jeden Tag ausreiten. Bitte übe mit ihm gründlich: An-galoppieren und sofort wieder bremsen, immer wieder. Als ehemaliges Concours-Pferd konnte er das schon, aber du musst ihn wieder daran erinnern. Er ist sich das nicht mehr gewohnt, da du ihn ja als Langstreckentouren-Pferd benutzt, und er sich wohl fühlt dabei, deshalb möchte er gar nicht mehr so richtig mitmachen im Concours. Du weisst, ein Kompromiss ist einer zu viel, besonders bei Bombay. Der hat auch seinen Grind, und ist ein schlauer Cheib, also: üben, üben, üben, gäll.“

Also, ich übte und übte. Bombay war ein Braver, er machte immer alles richtig. Ich war zufrieden und im Training hiess es: „Aha! Du hast geübt, es geht schon besser. Aber du lässt ihn immer noch zu weit ausgreifen von einem Sprung zum anderen. Nimm ihn besser auf, sonst fräset ihr durch das Hindernis und nicht darüber.“

Trainer Martin schickte mich immer wieder auf dieselben zwei Sprünge zu, die er 6.50 Meter auseinanderstellte, sodass wir einen Galoppsprung machen konnten.

Er rief immer: „Jetzt aufnehmen!“, was ich auch machte, aber Bombay wollte nicht immer. So passierte es, dass wir tatsächlich zur Freude all meiner Freunde und Mitstreiter, die zusahen, durch das Hindernis frästen. Die drei Rundholze flogen dann immer in alle Richtungen und ich grinste mit; was sollte ich sonst machen?

Trainer Martin drehte sich ab, lachte und meinte:

„Heinz! Heinz! Heinz! Du muesch uf d Bräms.“

Das war leichter gesagt als getan. In der Reiterstube meinte Marlies, eine Mitstreiterin, sie glaube, Bombay grinse auch jedes Mal. Wir lachten alle und Martin meinte, das sei gut möglich, „der will dir das Sackgumpen schon noch zum Verleiden bringen.“

Der Tag des Hallenspringens kam immer näher.

Wir witzelten immer, wenn wir uns beim Pferde putzen in den Boxen sahen. „Du holsch dänk de Pokal“ oder „machsch mer dänn en guete Pris fürs Cheminéeholz“ (wenn du alle Hindernisse abgeräumt hast). So frotzelten wir hin und her.

Die Halle war so konzipiert, dass man nur von einer Galerie, die rund um die Halle ging, aus etwa fünf Metern Höhe zuschauen konnte.

Am Tag des Concours waren alle schon früh im Stall, denn das erste Springen war um 10 Uhr.

Wir kamen um 13 Uhr 30 dran. Gott, waren wir alle nervös. Natürlich pützelten wir das Pferd richtig raus. Sattel und Zaumzeug hatten wir gestern schon gereinigt und auf Hochglanz gebracht, die Pferde hatten alle Gamaschen in verschiedenen Farben an.

Unser Parcours war wie folgt gestellt: Start – 1.Steilsprung – 2.Oxer (Hoch- und Weitsprung) – 3.Wassergraben – 4. Dreierkombination mit drei Steilsprüngen hintereinander: Einsprung, dann ein Galoppsprung, nächster Steilsprung, wieder ein Galoppsprung, dann über das letzte Hindernis, Aussprung. Den ganzen Parcours im Detail weiss ich nicht mehr, aber so ungefähr wie oben beschrieben war er. Der Parcours wurde eine halbe Stunde vor dem Start freigegeben, damit die Springreiter ihn anschauen und abgehen konnten. Bei der Dreierkombination mass man mit Schritten den Abstand von einem Hindernis zum anderen. Je nach Grösse der Schritte kam man auf 6.50 Meter plusminus. Als ich den Dreierkombinations-Sprung nachmass mit meinen Schritten, dachte ich, oha, wenn das nur gut geht!

Es war so weit, wir mussten an den Start. Vor mir waren drei Reiter. Ich stand also beim Start und wartete auf die Glocke, die das Zeichen zum Losreiten war. Bombay war nervös wie ich. Er stand nicht so richtig still, er tänzelte ein wenig.

Als die Glocke kam, ritten wir an: Erst mal Trab, circa anderthalb Pferdelängen vor dem ersten Sprung galoppierten wir an, und wir sprangen super über den ersten Sprung.

Bravo, mein Junge, super!

Jetzt kam der Oxer. Für Bombay eigentlich kein Problem. Der Oxer war circa 80 Zentimeter hoch und ein Meter weit. Für diesen Sprung brauchten wir mehr Geschwindigkeit, also liess ich Bombay früh genug los, so dass er genug Dampf hatte, um das Hindernis zu überwinden. Wir sprangen souverän. Ich hatte Freude. Jetzt kam der Wassergraben. Eigentlich auch kein Problem. Da Bombay ja gross genug war, sprang er den Wassergraben mit Leichtigkeit. Jetzt kam die Dreierkombination.

Ich sagte zu Bombay: „Junge, die machen wir mit Links, beim mittleren Hindernis müssen wir einfach aufpassen, gäll! Mach mir keine Schande.“

Wir galoppierten auf das Hindernis zu, Bombay hob ab über das erste Hindernis, wir landeten, dann gab es einen Vollbremser und ich flog aus dem Sattel. Ich weiss nicht mehr, wie alles so kam. Fakt ist, dass ich auf die Füsse knallte und ich mich wohl geistesgegenwärtig an Bombay festhielt, sodass ich am Ende der Showeinlage neben meinem Pferd stand, den rechten Arm über seinen Hals gelegt. Und nachdem ich innert Sekunden wieder klar war, hob ich den Arm, winkte und rief: „Das mache ich aber nur einmal pro Anlass!“