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In der vorliegenden Arbeit wurde der Einfluss einer Kurzzeitaustenitisierung mit anschließendem Presshärten und kathodischer Tauchlackierung auf die mikrostrukturellen Umwandlungen und die mechanischen Eigenschaften eines Mangan-Bor-Stahls untersucht. Die Effekte der mikrostrukturellen Umwandlungen auf die resultierenden mechanischen Eigenschaften wurden mit denen einer konventionellen Austenitisierung im Ofen verglichen. Außerdem wurde analysiert, inwiefern die Mikrostruktur des Ausgangsmaterials das Ergebnis der Kurzzeitaustenitisierung beeinflusst. In Abhängigkeit von der Dicke und der Mikrostruktur des Ausgangsmaterials, wurden zudem jene Prozessparameter der Kurzzeitaustenitisierung experimentell bestimmt, welche zum einen die geforderte Qualität von pressgehärteten Bauteilen gewährleisten, und zum anderen ein zeiteffizientes Presshärten im Vergleich zur konventionellen Austenitisierung im Ofen ermöglichen, wie beispielsweise die Erwärmungstemperatur und -dauer. Mit den so festgelegten Parametern wurden schließlich Demonstrator-Bauteile einer Kurzzeitaustenitisierung unterzogen, pressgehärtet, kathodisch tauchlackiert und abschließend charakterisiert.
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Seitenzahl: 215
Veröffentlichungsjahr: 2020
Kurzzeitaustenitisierung höchstfester Stähle – eine zeiteffiziente Methode zur Fertigung sicherheitsrelevanter Bauteile mit verbesserten Eigenschaften
zur Erlangung des akademischen Grades DOKTOR DER INGENIEURWISSENSCHAFT (Dr.-Ing.) der Fakultät für Maschinenbau der Universität Paderborn
genehmigte
DISSERTATION
von
M.Sc., Anatolii Andreiev
aus Charkiw
Tag des Kolloquiums:
20. Februar 2020
Referent:
Prof. Dr.-Ing. habil. Mirko Schaper
Korreferent:
Prof. Dr. rer. nat. Thomas Tröster
In der vorliegenden Arbeit wurde der Einfluss einer Kurzzeitaustenitisierung mit anschließendem Presshärten und kathodischer Tauchlackierung auf die mikrostrukturellen Umwandlungen und die mechanischen Eigenschaften eines Mangan-Bor-Stahls untersucht. Die Effekte der mikrostrukturellen Umwandlungen auf die resultierenden mechanischen Eigenschaften wurden mit denen einer konventionellen Austenitisierung im Ofen verglichen. Außerdem wurde analysiert, inwiefern die Mikrostruktur des Ausgangsmaterials das Ergebnis der Kurzzeitaustenitisierung beeinflusst.
In Abhängigkeit von der Dicke und der Mikrostruktur des Ausgangsmaterials, wurden zudem jene Prozessparameter der Kurzzeitaustenitisierung experimentell bestimmt, welche zum einen die geforderte Qualität von pressgehärteten Bauteilen gewährleisten, und zum anderen ein zeiteffizientes Presshärten im Vergleich zur konventionellen Austenitisierung im Ofen ermöglichen, wie beispielsweise die Erwärmungstemperatur und -dauer. Mit den so festgelegten Parametern wurden schließlich Demonstrator-Bauteile einer Kurzzeitaustenitisierung unterzogen, pressgehärtet, kathodisch tauchlackiert und abschließend charakterisiert.
In this work, the effects of a short austenitization treatment with subsequent press hardening and cathodic dip painting on the microstructural transformations and the mechanical properties of a manganese-boron steel were studied. Furthermore, influences of the microstructural transformations on the resulting mechanical properties were analyzed and compared to the corresponding effect of a conventional austenitisation in the furnace. Additionally, the effect of the initial microstructure of the material on the result of short austenitization treatment was evaluated.
Based on this, the process parameters of the short austenitization treatment, such as heating temperature and dwell time, were determined experimentally as a function of the thickness as well as the initial microstructure of the material. On the one hand, these parameters ensure the quality required of the press-hardened components, and, on the other hand, enable a time-efficient design of the press-hardening process compared to conventional austenitization in the furnace. Using short austenitization with the predefined parameters, demonstrator components were press-hardened, cathodically dip-coated and characterized.
Die vorliegende Dissertation entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Werkstoffkunde (LWK) der Universität Paderborn.
Besonders möchte ich mich beim Herrn Prof. Dr.-Ing. habil. Mirko Schaper bedanken, der mir die Möglichkeit gegeben hat, am Lehrstuhl zu arbeiten und mich auf dem Weg zur Promotion stets unterstützt und motiviert hat. Seine Offenheit und Freundlichkeit im Umgang mit Personal resultieren in einem angenehmen und spannenden Arbeitsklima am Lehrstuhl. Vielen lieben Dank dafür, Mirko.
Mein weiterer Dank gilt Herrn Prof. Dr. rer. nat. Thomas Tröster für die kompetente Unterstützung bei der Durchführung des Projekts, aus welchem die vorliegende Dissertation entstanden ist, sowie für die Übernahme des Zweitgutachtens. Frau Prof. Dr. Ilona Horwath und Herr Prof. Dr.-Ing. Werner Homberg möchte ich sowohl für die Übernahme des Vorsitzes der Prüfungskommission und der Aufgabe des Beisitzers als auch für die fachliche Unterstützung im Fortschrittskolleg „Leicht-Effizient-Mobil" bedanken.
Weiterhin gilt mein besonderer Dank Herrn Dr. Olexandr Grydin, der mich während meiner Arbeit am LWK stets fachlich unterstützt hat. Vor allem danke ich ihm sowie Herrn Prof. Yaroslav Frolov und Herrn Prof. Oleksandr Golovko dafür, dass Sie mein Potential während des Studiums in der Ukraine erkannt und einen großen Beitrag zu meinem erfolgreichen Aufenthalt in Deutschland geleistet haben.
Meinen Betreuern von Benteler Automobiltechnik, Herrn Dr.-Ing. Martin Joachim Holzweißig und Herrn Dr.-Ing. Christian Rüsing, danke ich für die Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung der Experimente sowie für die zahlreichen intensiven und fachlichen Diskussionen.
Bei allen Arbeitskollegen/-innen am Lehrstuhl für Werkstoffkunde bedanke ich mich sehr für die angenehme Zusammenarbeit. Insbesondere bedanke ich mich bei Herrn Mykhailo Stolbchenko für ständige gegenseitige fachliche Unterstützung, die in einer angenehmen, freundschaftlichen und produktiven Zusammenarbeit resultierte. Weiterhin bedanke ich mich an dieser Stelle bei Herrn Dr.-Ing. Kay Peter Hoyer für seine ständige Bereitschaft und sein freundliches Entgegenkommen bei Bedarf an fachlichem Korrekturlesen wissenschaftlicher Dokumente oder der Lösung anderer Fragenstellungen. Herrn Florian Hengsbach sowie Frau Dr. Carolin Zinn gilt ebenfalls ein Dank für das zahlreiche Korrekturlesen meiner Texte. Weiterhin bedanke ich mich bei Frau Anja Puda für die Unterstützung bei den vielen metallographischen Untersuchungen sowie bei Kristina Dushik für die Untersuchungen im Transmissionenelektronenmikroskop und die fachliche Unterstützung bei der Ergebnisauswertung.
Den Koordinatoren/-innen sowie Kollegiaten/-innen des Fortschrittskollegs „Leicht-Effizient-Mobil" gilt mein Dank für die anspruchsvolle inter- und transdisziplinäre Zusammenarbeit. Hier bedanke ich mich herzlich bei Frau Dr. Silvia Dohmeier-Fischer und Herrn Dr. Christian Lauter für die ständige organisatorische Unterstützung des Projektes. Weiterhin bedanke ich mich beim Land NRW für die Förderung des Fortschrittskollegs „Leicht-Effizient-Mobil", in dessen Rahmen die Basis dieser Arbeit entstanden ist.
Darüber hinaus danke ich herzlich dem Institut für Metallformung der Nationalen Metallurgischen Akademie der Ukraine für die fachlichen Kenntnisse und die praktischen Erfahrungen, die ich während meines Promotionsstudiums in der Ukraine gesammelt habe und die mir während meiner späterer Arbeit am Lehrstuhl für Werkstoffkunde viel geholfen haben.
Bei meinen Freunden/-innen möchte ich mich für die tolle Gesellschaft während meiner Erholungszeiten in der Ukraine sowie für die Unterstützung am Promotionstag bedanken. Artem, Denis, Valentyn, Anton, Roman, Maria, Svitlana, Anna, Yanina, Hanna, Khrystyna und viele andere, die mich unterstützt haben, vielen lieben Dank Euch.
Schließlich danke ich meiner Familie und Verwandten, insbesondere meiner Mutter (Iryna Makarenko), meinem Vater (Kostiantyn Andreiev), meiner Stiefmutter (Tetiana Drozhzha) und meinem Onkel (Oleksandr Andrieiev), für das ständige Vertrauen in mich und die stetige Unterstützung in meinem Werdegang.
Paderborn, 10. März 2020 Anatolii Andreiev
Grydin, O.; Andreiev, A.; Holzweißig, M.J.; Rüsing, C.J.; Duschik, K., Frolov, Ya.; Schaper, M.: Short austenitization treatment with subsequent press hardening: correlation between process parameters, microstructure and mechanical properties, Materials Science and Engineering: A (2019), S. 176-195.
Andreiev, A.; Schaper, M.; Grydin, O.; Rüsing, C.J.; Holzweißig, M.J.: Umweltfreundlicher Leichtbau mit Stahl: Eine innovative und energieeffiziente Verarbeitungsmethode für sicherheitsrelevante Bauteile im Auto. In (Riegraf, B; Berscheid, A.-L. Hrsg.): Wissenschaft im Angesicht "großer gesellschaftlicher Herausforderungen." Das Beispiel der Forschung an hybriden Leichtbaumaterialien. Transcript Verlag (2018), S. 181-199.
Andreiev, A.; Schaper, M.; Grydin, O.; Rüsing, C.J.; Holzweißig, M.J.: Implementierung einer Kurzzeitaustenitisierung in Presshärteprozesse. In (Universität Paderborn Hrsg.): ILH insight: Forschung im Institut für Leichtbau mit Hybridsystemen. Ausgabe 2016/2017. Universität Paderborn (2018), S. 24-27.
Grydin, O.; Andreiev, A.; Briukhanov, A.; Briukhanova, Z.; Schaper, M.: Evolution of Microstructure, Properties and Texture of a Two-Phase Low-Carbon Steel at Cold Asymmetric Rolling. Steel Research International 88 (2017), S. 1-9.
Andreiev, A.; Grydin, O.; Schaper, M.: A Rapid Heating Method for Press Hardening Processing. In: Proceedings of the 3rd Pan American Materials Congress, The Minerals, Metals & Materials Series, San Diego, February 26 March 2 (2017), S. 723–736.
Andreiev, A.; Grydin, O.; Schaper, M.: Evolution of microstructure and properties of steel 22MnB5 due to short austenitization with subsequent quenching. Steel Research International 87 (2016), S. 1733-1741.
Grydin, O.; Andreiev, A.; Schaper, M.: Influence of cold asymmetric rolling on the microstructure and properties of press-hardening steel 22MnB5. In: Proceedings of Pacific Rim International Conference on Advanced Materials and Processing, Kyoto, August 1 – 5 (2016), S. 470-475.
Holzweissig, M.J.; Andreiev, A.; Schaper, M.; Lackmann, J.; Konrad, S.; Rüsing, C.J.; Niendorf, T.: Influence of Short Austenitization Treatments on the Mechanical Properties of Low–Alloy Boron Steels. In: Proceedings of conference "Hot Sheet Metal Forming of High Performance Steel", Toronto May 31 – June 3 (2015), S. 481 -488.
Einleitung
Stand der Technik
2.1 Presshärten und Nachbehandlung der sicherheitsrelevanten Bauteile
2.2 Erwärmungskonzepte beim Presshärten
2.3 Stähle für das Presshärten
2.3.1 Werkstoffe und Oberflächenbeschichtungen für das Presshärten
2.3.2 Phasenumwandlungen während des Presshärtens
2.3.3 Kurzzeitaustenitisierung
Zielsetzung
Experimentelle Vorgehensweise
4.1 Vorversuche
4.2 Stahl 22MnB5
4.3 Versuchsprogramm
4.4 Probengeometrien
4.5 Prüf- und Messsysteme
Ergebnisse und Diskussion
5.1 Rechnergestützte Ermittlung der Temperaturverläufe bei Kurzzeitaustenitisierung mit anschließendem Presshärten
5.2 Variation der Kurzzeitaustenitisierungs- und Abkühlparameter sowie der Nachbehandlung von Platinen unterschiedlicher Dicken
5.2.1 Einfluss der KZA-Temperatur und -Zeit auf die mechanischen Eigenschaften und die MikroStruktur
5.2.1.1 Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften
5.2.1.2 Einfluss auf die MikroStruktur
5.2.2 Einfluss der anschließenden kathodischen Tauchlackierung
5.2.3 Einfluss der Abkühlgeschwindigkeit
5.3 Einfluss des Ausgangsgefüges auf die mechanischen Eigenschaften und die Mikrostruktur des Stahls nach der Kurzzeitaustenitisierung
5.4 Herstellung der Demonstratorbauteile mittels Kurzzeitaustenitisierung und Presshärten sowie ihre Charakterisierung
5.5 Probleme bei der Kontakterwärmung
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Formelzeichen und Abkürzungen
Lebenslauf
Laut einer entsprechenden EU-Verordnung soll der CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2050 um 80 % bis 95% gegenüber dem Niveau von 1990 verringert werden. Die Reduktion der CO2-Emissionen im Pkw-Verkehr, der aktuell für ca. 14% der gesamten CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich ist, besitzt eine große Bedeutung zur Erreichung dieses Ziels [Bun16].
Während des gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs, einschließlich Fertigung und Recycling bzw. Entsorgung, stammt der größte Anteil der CO2-Emissionen (rund 85 %) aus der Nutzungsphase, wobei allein 36 % dieser Emissionen direkt von der Masse des Autos abhängen. Daher ist die Reduktion des Gesamtgewichts der Fahrzeuge ein vielversprechender Ansatz zur Verringerung des gesamten Energieverbrauchs und somit der CO2-Emissionen beim Fahren [VDI14].
Die Karosserie und das Fahrwerk eines durchschnittlichen Pkw machen bis zu 60 % seines Gesamtgewichts aus und weisen somit das größte Potential zur Gewichtsreduktion auf [Kel01]. Ein möglicher Weg zur leichteren Gestaltung dieser Baugruppen ist die Substitution von schwerem, konventionellen Stahl durch leichte und moderne Werkstoffe, wie Leichtmetalle, faserverstärkte Kunststoffe, Metallschäume sowie Kombinationen dieser Materialien. Diese Werkstoffe weisen verglichen mit dem konventionellen Stahl mehrere Vorteile auf, wie geringere Dichte und höhere Festigkeit. Jedoch ist die Herstellung dieser Materialien üblicherweise mit einem hohen Energieverbrauch bzw. hohen CO2-Emissionen verbunden. Bei der Betrachtung des gesamten Lebenszyklus resultiert der Einsatz dieser Materialien erst nach einer Fahrleistung von 100.000 km in einer negativen Bilanz der CO2-Emissionen, verglichen mit einem Pkw mit Baugruppen aus konventionellem Stahl [Ost13]. Weiterhin sind diese Materialien oft teurer als Stahl und ihr Einsatz, insbesondere in Autos des unteren und mittleren Marktsegments, ist aufgrund der Kosten- bzw. Preisdifferenz begrenzt.
Die oben genannten Nachteile moderner Werkstoffe sowie die Entwicklung von neuen Stählen und deren Verarbeitungstechnologien führen dazu, dass Stahl nach wie vor der wichtigste Werkstoff im Automobilbau ist. Die sogenannten höchstfesten Stähle bieten die meisten Vorteile im Sinne des Leichtbaus. Ihr Anteil am Gesamtgewicht des Fahrzeuges soll bis zum Jahr 2020 auf 15 % bis 20 % ansteigen [Ost13]. Der Einsatz solcher Stähle ermöglicht eine deutliche Reduzierung der Blechdicke der Karosseriebauteile und somit eine Verringerung des Karosseriegewichts bei gleichzeitig hervorragender Crashsicherheit.
Ein weit verbreitetes Beispiel für höchstfeste Stähle in krafttragenden und crashrelevanten Karosserieelementen sind niedriglegierte Mangan-Bor-Stähle, welche im kalten Ausgangszustand hervorragende Umformeigenschaften aufweisen und daher in relativ komplexe Bauteile kaltumgeformt werden können. Diese Stähle werden jedoch bevorzugt warmumgeformt und gehärtet. Nach der gekoppelten Umformungs- und Abkühlungsstufe entsteht das fertige Bauteil und erhält gleichzeitig sehr hohe Festigkeiten von bis zu 1500 MPa [Kar10b]. Nach dem Presshärten werden die Bauteile üblicherweise kathodisch tauchlackiert, um ihre Korrosionsbeständigkeit zu verbessern. Dieser Nachbearbeitungsschritt hat aufgrund der unabdingbaren Ofenerwärmung des Bauteils auf eine Temperatur von 180 °C einen Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften des pressgehärteten Bauteils, nämlich eine Erhöhung der Dehngrenze und eine geringfügige Abnahme der Zugfestigkeit [Ger16].
In der Regel findet die Erwärmung des Materials in bis zu 40 m langen Rollenherdöfen statt. Die Anschaffungskosten dieser Öfen betragen bis zu 44 % der Gesamtraumkosten der Presshärtelinie [Göt13]. Darüber hinaus dauert die Erwärmung einer Platine in dieser Erwärmungsanlage ca. 360 s, sodass zusätzliche Maßnahmen zum Schutz der Platinenoberfläche vor Oxidation benötigt werden. Folglich sind der hohe Platzbedarf sowie hohe Anschaffungskosten und eine geringe Flexibilität die wesentlichen Nachteile der Erwärmungsstufe beim Presshärten [Ras14]. Schließlich weisen diese Anlagen eine geringe Energieeffizienz auf [Kol11]. Da die meisten dieser Öfen mit Erdgas betrieben werden, resultiert aus der geringen Effizienz der Öfen nicht nur ein hoher Energieverbrauch, sondern auch eine unnötige zusätzliche CO2-Emission.
Die Nachteile des erwähnten Erwärmungsverfahrens beschränken das Verbreitungspotenzial des Presshärtens, als einer führenden Leichtbautechnologie im Automobilbau, insbesondere für KMUS, für welche Flexibilität und Kosten der Produktionsanlagen eine entscheidende Rolle spielen. Von diesem Hintergrund ist eine Entwicklung und praktische Implementierung von neuen Erwärmungskonzepten, welche die genannten Nachteile der konventionellen Erwärmung minimieren oder vollständig beseitigen können, von entscheidender Bedeutung für das Vorantreiben der kostengünstigen Leichtbaumaßnahmen in Automobilbranche.
Konventionelles Presshärten
Der konventionelle Herstellungsprozess sicherheitsrelevanter Karosserieelemente, wie z. B. Frontstoßfänger oder B-Säulen, aus höchstfesten Stählen ist unter der Bezeichnung „Presshärten" bekannt [Gei07]. Dieser Prozess besteht aus drei wesentlichen Schritten: Erwärmung der Ausgangsplatine, Warmumformung und Abschrecken der umgeformten Platine. Durch die Umformung der Platine im warmen und somit spannungsfreien Zustand lassen sich Bauteile mit einer hohen Genauigkeit in einem einzigen Umformschritt herstellen [Egg13]. Nach dem Presshärten weisen die Bauteile abhängig vom verwendeten Werkstoff sehr hohe Festigkeiten von 1000 MPa bis hin zu 1900 MPa auf. Die Duktilität ist relativ gering: Die Bruchdehnung beträgt nur 5 % bis 10 % [Ger16, Arc17].
Grundsätzlich kann das Presshärten in zwei Prozessrouten unterteilt werden: direktes und indirektes Presshärten [Kar10b]. Die beiden Prozessrouten sind in Abbildung 2-1 schematisch dargestellt.
Abbildung 2-1: Prozessroute des direkten a) bzw. indirekten b) Presshärtens [Eng06]
Die konventionelle Prozesskette des direkten Presshärtens (Abbildung 2-1 a), erläutert am Beispiel eines Bauteiles aus Stahl 22MnB5, besteht aus folgenden Schritten:
Zuschnitt der Platine aus einem warmgewalzten (bei
d ≥
1,8 mm) oder kaltgewalzten und nachfolgend geglühten (bei 0,7 mm <
d
< 1,8 mm) Blech-Coil [
Egg13
,
thy17
,
Arc17
].
Erwärmung dieser Platine auf die Austenitisierungstemperatur, also auf über ca. 850 °C [
Len08
], üblicherweise in einem gasbeheizten Rollenherdofen [
Leh08
]. Während der Erwärmungsphase findet in der Mikrostruktur die austenitische Umwandlung statt, sodass die Platine einerseits eine gute Umformbarkeit aufweist und anderseits bei einer schnellen Abkühlung gehärtet werden kann [
Mer08
,
Kar10b
]. Die Dauer dieses Schrittes hängt vom verwendeten Material ab und kann zwischen 3 min und 15 min variieren [
Kar10a
,
Wil06
].
Transfer der erwärmten Platine in die Presse. Die Transferzeiten sollten möglichst gering sein, um die Abkühlung des Werkstoffes vor dem Presshärten zu minimieren. Die empfohlene Mindesttemperatur der Platine vor dem Presshärten liegt bei ca. 800 °C. Die maximale Transferzeit hängt direkt von der Dicke der erwärmten Platine ab und liegt z. B. für 0,5-mm-Bleche bei ca. 3 s, für 2,5-mm-Bleche bei 11 s [
Kar10a
].
Warmumformung und nachfolgendes Härten der erwärmten Platine im wassergekühlten Presswerkzeug. Die Umformzeit beträgt bis zu 1,5 s und die empfohlene Mindesttemperatur soll nach der Umformung höher als 650 °C sein [
Kar10a
,
Wil06
]. Während des Härtens muss die Abkühlgeschwindigkeit hoch genug sein, um die martensitische Umwandlung zu gewährleisten. Für die weitverbreitete Stahlsorte 22MnB5 liegt die kritische Abkühlgeschwindigkeit nach Angaben verschiedener Autoren zwischen 25 K/s und 30 K/s [
Kar10b
,
Gei05
,
Fad06
]. Die Temperatur des Bauteils nach dem Härten sollte kleiner als 200 °C sein [
Kar10a
,
Wil06
], um einen etwaigen Verzug des Bauteils, bedingt durch eine unvollständige martensitische Umwandlung, zu minimieren [
Wil06
]. Ausgehend von den genannten Rahmenbedingungen des Presshärtevorgangs beträgt die gesamte Pressenschließzeit mit Umformungs- und Härtephase ca. 8-10 s [
Kar09
,
Hip14
]. Weiterhin können die Bauteile noch einige Sekunden länger im Werkzeug bleiben, um Eigenspannungen abzubauen, und werden dann erst bei einer Temperatur von 150 °C aus der Presse entnommen. Die gesamte Schließzeit steigt jedoch auf 15-25 s [
Ger15
].
Nachbearbeitung der pressgehärteten Bauteile. Dieser Schritt umfasst den Zuschnitt, die Phosphatierung und die kathodische Tauchlackierung.
Wie in Abbildung 2-1 b ersichtlich, wird das indirekte Presshärten in zwei Stufen durchgeführt. Zuerst wird die Ausgangsplatine in zwei bis fünf Operationen, abhängig von der Bauteilkomplexität, kaltumgeformt und auf Endkontur geschnitten [Kne07]. Dann wird die vorgeformte Platine wie beim direkten Presshärten austenitisiert und anschließend im wassergekühltem Presswerkzeug kalibriert und gehärtet [Nag12].
Mit Hilfe einer zusätzlichen Umformoperation im kalten Zustand können Bauteile mit einer extrem hohen Komplexität hergestellt werden, die bei einer Warmumformung nicht realisierbar ist [Nag12, Ste07]. Bessere Kontaktbedingungen zwischen dem vorverformten erwärmten Profil und dem Presshärtewerkzeug gewährleisten einen homogeneren Abkühlvorgang während des Härtens, verglichen mit dem direkten Presshärten [Zim14]. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit, mit diesem Verfahren Zink-beschichtete Bauteile herzustellen, bei denen zusätzlich zum Schutz gegen Randentkohlung und Zunderbildung während der Erwärmung auch ein kathodischer Korrosionsschutz des Bauteils beim späteren Einsatz im Automobilbau gefordert ist [Sto07]. Zudem ist ein nachträgliches kosten- und zeitintensives Laserschneiden der Bauteile im Gegensatz zum direkten Presshärten nicht erforderlich, da die vorgesehenen Öffnungen im Bauteil durch kostengünstiges Stanzen der Platine im weichen Ausgangszustand realisiert werden [Lau07, Dic08].
Trotz der genannten Vorteile des indirekten Presshärtens ist das Verfahren insgesamt deutlich kostenintensiver als das direkte Verfahren. Die signifikante Steigerung der Produktionskosten im Fall der indirekten Prozessroute ist mit den hohen Anschaffungskosten der zusätzlichen Presse zu erklären. Zudem steigen die Produktionszeiten durch die zusätzliche Umformstufe [Clo14]. Daher wird das direkte Presshärten in der Automobilindustrie bevorzugt eingesetzt [Kol09].
Eine weitere optimierte Prozessroute des direkten Presshärtens wurde von der Firma Voelstalpine für verzinkte Stahlbleche ausgelegt, um das Problem des sogenannten „Liquid Metal Embrittlement", das in Kapitel 2.3 erläutert wird, zu beseitigen [Kei16, Kur15]. Diese Prozesskette unterscheidet sich vom konventionellen direkten Presshärten durch eine zusätzliche Vorkühlung des erwärmten Blechs auf Temperaturen unterhalb von 700 °C mit Hilfe einer beidseitigen Luftkühlung vor der Umformstufe. Jedoch soll die Abkühlgeschwindigkeit bei dieser Vorkühlung mehr als 50 K/s betragen, um eine vorzeitige Phasenumwandlung von Austenit in Ferrit, Perlit oder Bainit zu verhindern. Danach erfolgt die konventionelle Warmumformung mit einer gleichzeitigen Umwandlung des Austenits in Martensit. Gemäß der Literatur ist jedoch eine großserientechnische Realisierung des Prozesses für konventionelle Legierungen wie z. B. 22MnB5 schwierig, da die gleichzeitige Gewährleistung von hoher Abkühlgeschwindigkeit sowie hoher Genauigkeit und Homogenität bei der Abkühlung extrem aufwendig ist [Kei16].
Von Forschern des Instituts für Werkstoffkunde der Leibniz Universität Hannover wurde im Rahmen des Projekts EFB/AiF 16839N „Prozessoptimierung beim Presshärten" noch eine weitere Prozessroute des direkten Presshärtens erarbeitet. Hierbei wurde auch die Möglichkeit zur Reduktion der Prozesszeit untersucht. Am Anfang des Prozesses wird das Blech konventionell in einem Ofen erwärmt und danach in die Presse transportiert. Nach der Umformung und einer reduzierten Haltezeit in der Presse wird das nicht vollständig abgekühlte Bauteil in eine Spraykühlanlage weitertransportiert und rasch bis auf Raumtemperatur abgekühlt. Mit der Spraykühlung konnte eine Verringerung der Haltezeiten im Werkzeug bis auf 2,5 s erreicht werden, ohne die mechanischen Eigenschaften oder die Maßhaltigkeit des Bauteils im Vergleich zum konventionell pressgehärteten Bauteil zu beeinträchtigen. Durch diese Prozesszeitverkürzung kann der Presshärteprozess wirtschaftlicher gestaltet werden [Mai15].
Presshärten von Bauteilen mit maßgeschneiderten Eigenschaften
Wie bereits erwähnt weisen Bauteile im pressgehärteten Zustand sehr hohe Festigkeiten bei niedriger Duktilität und Verformbarkeit auf. Die Verformbarkeit ist jedoch von wesentlicher Bedeutung bei einem Crashfall, da die Crashenergie im Idealfall in Verformungsenergie umgewandelt und damit absorbiert wird [Mer16]. Aus diesem Grund wurden in den letzten Jahren neben konventionell pressgehärteten Bauteilen auch Bauteile mit lokal angepassten Eigenschaften eingesetzt. Derartige Bauteile zeigen neben einer verbesserten Crashperformance auch lokal entfestigte Bereiche, die relativ einfach mit einem Hartbeschnitt nachbearbeitet sowie mit anderen Karosserieteilen durch mechanisches Fügen verbunden werden können [Wei16, Mes14b, Feu15, Mes14a].
Aktuell gibt es zwei Möglichkeiten, die belastungsangepassten Eigenschaften im pressgehärteten Bauteil zu variieren: zum einen durch Anpassung der Dicke oder der Eigenschaften des Ausgangsmaterials, wie in Kapitel 2.3 beschrieben, zum anderen durch Anpassung der Prozessparameter beim Presshärten [Wei16].
Mögliche Prozessvarianten des Presshärtens für die Herstellung von Bauteilen mit angepassten Eigenschaften sind in Abbildung 2-2 schematisch dargestellt.
In Abbildung 2-2 a ist eine B-Säule mit lokal angepassten mechanischen Eigenschaften dargestellt. Durch die hohe Festigkeit des oberen Bereichs soll ein Knicken in Schulterhöhe der Insassen bei einem Crashfall verhindert werden. Der duktile Fußbereich ermöglicht die Umwandlung der Crashenergie in Umformungsenergie der B-Säule [Kol08a].
Abbildung 2-2: Prozessvarianten beim Presshärten für die Herstellung von Bauteilen mit maßgeschneiderten Eigenschaften: a) Bauteil mit maßgeschneiderten Eigenschaften (1: fester Bereich, 2: Übergangsbereich, 3: duktiler Bereich) [Kar10b]; b) partielles Erwärmen vor dem Presshärten [Sik15]; c) partielle Zwischenkühlung in einem „Thermischen Printer" [Leh16] oder einer „Multizonen-Zwischenstation" [Hie16]; d) partielles Kühlen im Werkzeug [Mer16]; e) partielles Anlassen [Mer14]
Die Herstellung einer derartigen B-Säule ist durch folgende Prozessvariationen möglich:
Partielles Erwärmen vor dem Presshärten (
Abbildung 2-2 b
): Bei diesem Verfahren wird das Blech vor dem Presshärten über die A
C3
-
Temperatur hinaus erwärmt. Danach wird der Blechbereich, der im Bauteil duktil sein soll, in einer separaten Ofenzone bei einer geringeren Temperatur von 500 °C bis 700 °C gehalten [
Gri11
,
Kro04
]. Die Verwendung einer ,,Absorbermasse" ist eine andere Option zur Realisierung einer partiellen Erwärmung. Durch einen geringeren Abstand zwischen der ,,Absorber- oder Kühlmasse" und dem Bauteilbereich, der nicht gehärtet werden soll, kann in einem Ofen mit homogener Temperatur eine gradierte Erwärmung des Blechs erfolgen. In diesem Fall erwärmt sich der Blechbereich neben der Absorbermasse nur bis auf max. 750 °C, wohingegen die anderen Bereiche die A
C3
-
Temperatur überschreiten [
Zim11
]. Eine weitere Möglichkeit ist die homogene Erwärmung der Platine in einem Ofen unterhalb der A
C3
-
Temperatur mit einer weiteren Nacherwärmung des Blechbereiches, der später gehärtet werden soll, z. B. unter Zuhilfenahme eines Induktors [
Mai08
]. Unabhängig von der gewählten Prozessvariante können im vorgewärmten Blech unvollständig austenitisierte Bereiche erzeugt werden, welche sich beim nachfolgenden Presshärten in ein Mischgefüge aus Ferrit, Bainit und Martensit umwandeln und damit eine höhere Duktilität bei reduzierter Festigkeit aufweisen. Im Gegensatz dazu wandeln sich vollständig austenitisierte Bereiche beim Härten in Martensit um und weisen daher eine höhere Festigkeit auf [
Mar15
].
Partielles Zwischenkühlen in einem „Thermischen Printer" [
Leh16
] oder einer „Multizonen-Zwischenstation" (
Abbildung 2-2 c
) [
Hie16
]: Diese Ansätze sind relativ neu und unterscheiden sich voneinander nur dadurch, dass sie von zwei verschiedenen Firmen entwickelt wurden. In beiden Fällen wird die Platine zuerst in einem konventionellen Ofen vollständig austenitisiert und danach in eine Zwischenstation oder einen „Thermischen Printer" transportiert. Dort werden nur bestimmte Bereiche auf Austenitisierungstemperatur gehalten, während die restlichen Bereiche gezielt auf eine definierte Temperatur abgekühlt werden. Analog zum partiellen Erwärmen sind die nicht vollständig austenitisierten Bereiche nach dem Presshärten duktil.
Partielles Kühlen im Werkzeug (
Abbildung 2-2 d
): Durch die Verwendung von temperierten Werkzeugen mit beheizten Bereichen kann die martensitische Umwandlung in diesen Bereichen bei der Abkühlung der homogen erwärmten Platine unterdrückt werden. Eine lokale Erhöhung der Temperatur in einzelnen Bereichen des Umformwerkzeuges auf Temperaturen von 300 °C bis 500 °C, z. B. durch die Verwendung von Heizelementen, erlaubt die Erzeugung von nicht gehärteten Bereichen im umgeformten Bauteil [
Len07b
,
Mer16
]. Eine weitere Möglichkeit stellen Werkzeuge dar, die in verschiedenen Bereichen unterschiedliche Wärmeleitfähigkeit aufweisen. In den Bereichen mit einer geringeren Wärmeleitfähigkeit kühlt das umgeformte Bauteil langsamer ab, sodass die für die Martensitbildung notwendige kritische Abkühlgeschwindigkeit unterschritten wird und eine bainitische und/oder ferritische Umwandlung stattfindet, die in einer Erhöhung der Duktilität im fertigen Bauteil resultiert. Die Konditionierung der lokalen Wärmeübergangskoeffizienten des Werkzeuges kann durch isolierende Keramikeinsätze [
Lun97
], durch Verwendung von Werkzeugstählen mit geringeren Wärmeübergangskoeffizienten [
Esc15
] oder durch die Erzeugung von Luftspalten zwischen dem Werkzeug und dem Bauteil erreicht werden [
Lun97
,
Mor10a
,
Mer16
].
Partielles Anlassen: Bei diesem Verfahren wird das pressgehärtete Bauteil mit rein martensitischer Mikrostruktur lokal mit Hilfe einer Flamme, induktiv oder mittels Laser erwärmt. Bei der Erwärmung treten in der martensitischen Mikrostruktur Anlasseffekte auf, sodass eine Entfestigung der Mikrostruktur stattfindet, wobei höhere Temperaturen zu einer Erhöhung der Duktilität in den erwärmten Bereichen führen [
Mer16
].
Obwohl die partielle Erwärmung im Ofen verglichen mit anderen Verfahren keinen zusätzlichen Prozessschritt und keine Erhöhung der Durchlaufzeit vorsieht, hat sie den wesentlichen Nachteil einer geringen Flexibilität bei der Erzeugung von lokal duktilen Stellen im Bauteil. Zudem sind spezielle Öfen notwendig und die Übergangsbereiche können relativ breit sein, nämlich zwischen 20 mm und 100 mm [Sch11, Zim11, Hie16]. Im Gegensatz dazu sind die Übergangsbereiche beim partiellen Abkühlen deutlich geringer (12 mm bis 50 mm); diese hängen von der Blechdicke sowie der Abkühlungs- bzw. Erwärmungsart des Werkzeuges ab. Für das partielle Abkühlen sind spezielle Umformwerkzeuge erforderlich, die infolge ihrer Segmentierung und der Berücksichtigung der thermischen Ausdehnung relativ komplex sein können [Hie16, Mer16]. Beim partiellen Anlassen können auch relativ schmale Anlasszonen von bis zu 30 mm realisiert werden [Hie16]. Der Verzug des Bauteils bei der Erwärmung muss auch bei dieser Variante berücksichtigt werden, und eine Erhöhung der Taktzeit wegen des zusätzlichen Prozessschrittes ist unvermeidbar [Mer16, Hie16]. Die partielle Zwischenkühlung der Platine vor dem Presshärten hat dagegen den allgemeinen Nachteil, dass eben ein zusätzlicher Prozessschritt notwendig ist, der einen höheren Platzbedarf und längere Taktzeit hervorruft. Allerdings entstehen nur Kosten für die Zwischenstation sowie den dazugehörigen Transfer. Der wichtigste Vorteil bei diesen Anlagen besteht in ihrer hohen Flexibilität, sodass duktile Bereiche unterschiedlicher Größen an Bauteilen mit komplexen Geometrien relativ einfach erzeugt werden können [Hie16].
Nachbearbeitung der pressgehärteten Bauteile
Nach dem Presshärten erfolgt der Beschnitt der umgeformten Bauteile. Dieser findet aktuell entweder mit Hilfe von Lasertechnik oder durch Hartbeschnitt der pressgehärteten Bauteile statt. Obwohl ein Beschnitt mittels Laser deutlich zeit- und kostenintensiver als der Hartbeschnitt ist, wird diese Technologie in der Großserienfertigung bevorzugt. Der Grund dafür liegt im hohen Verschleiß der Schneidwerkzeuge beim mechanischen Schneiden der gehärteten Bauteile mit einer Härte von bis zu 500 HV5 [Dic08, So08, Kol11].
Die unbeschichteten Bleche weisen nach dem Presshärten trotz Schutzatmosphäre im Erwärmungsofen eine randentkohlte und oxidierte Schicht auf, die die weiteren Verarbeitungsprozesse wie Fügen und Lackieren beeinträchtigt. Daher wird diese Schicht in einem Zwischenschritt durch Schleuderrad- oder Trockeneisstrahlen entfernt [Sik15].
Danach wird das Bauteil phosphatiert, um die Haftung der nachfolgenden Lackierung zu verbessern, und anschließend mittels kathodischer Tauchlackierung lackiert (Abbildung 2-1) [Clo14, Fan12]. Während des Lackierens wird das Bauteil in ein elektrophoretisches Bad mit Kolloidteilchen in entionisiertem Wasser getaucht, sodass die Kolloidteilchen durch Stromfluss im Bad eine feste Schicht an der Oberfläche des Bauteils bilden. Schließlich wird das lackierte Bauteil in einem Ofen bei ca. 180 °C für 20 min „gebrannt" [Str08]. Wegen ihrer Stabilität gegenüber korrosiven Medien ist diese Lackierungsart aktuell die effektivste Maßnahme zum Schutz der Bauteile gegen Korrosion [Clo14].