Landeanflug ins Glück - Katherine Dolann - E-Book

Landeanflug ins Glück E-Book

Katherine Dolann

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Beschreibung

Können gebrochene Herzen einander heilen? Nach einem Schicksalsschlag wagt Ariane einen Neuanfang. Neues Land, neuer Job. Wird es auch eine neue Liebe geben? Charles braucht keine Aufpasserin. Er will sich mit seinem Rollstuhl auf sein Zimmer verkriechen und leiden. Was hat sie nur an sich, dass er ihr näher kommen will? Und was will Charles charmanter Bruder Trevor von Ariane? Lovely Hearts - die neue Reihe zum Verlieben! Jeder Band ist in sich abgeschlossen und unabhängig lesbar.

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Seitenzahl: 130

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Landeanflug ins Glück

Lovely Hearts 1

Katherine Dolann

© 2019

likeletters Verlag

Inh. Martina Meister

Legesweg 10

63762 Großostheim

www.likeletters.de

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten.

Autorin: Katherine Dolann

Cover: © Bigstockphotos.com / Zeferli

created with Canva

www.canva.com

ISBN: 9783946585206

Dies ist eine frei erfundene Geschichte. Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Inhaltsverzeichnis

Absagen

Betrogen

Die Stellenausschreibung

England

Probezeit

Charles

Der Ausflug

Trevor

Falsche Schlüsse

Geborgenheit

Überraschung

Epilog

Absagen

Schon wieder eine Absage. Enttäuscht starrte Ariane auf das Schreiben. Mit dem Brief noch in der Hand, hängte sie Jacke und Handtasche an die Garderobe im Flur, zog wie in Trance ihre Schuhe aus und legte sich, so wie sie war, mit ihrer Kleidung aufs Bett und schloss die Augen. Sie wollte von dem allem nichts mehr wissen. Doch kaum verdrängte sie die erneute Niederlage, erschien in ihrem Inneren das Bild von jenem Tag vor einem Jahr, als alles begonnen hatte.

An einem Donnerstag, September 2016

«Frau Sommerfeldt, Sie sollen sich bitte bei Herrn Dr. Lauinger melden», sagte Frau Schöffel, die Chefsekretärin, als Ariane aus der Mittagspause zurückkam.

«Was will er denn?», fragte Ariane, doch die Chefsekretärin zog nur vieldeutig ihre Augenbrauen hoch und kniff die Lippen zusammen.

Was sollte das denn bedeuten?

Doch die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.

«Nehmen Sie bitte Platz», sagte Herr Dr. Efraim Lauinger, als Ariane das Büro ihres Chefs betrat.

Er nickte ihr freundlich zu, griff sich jedoch dann in den engen Hemdkragen, als bekäme er nicht genug Luft.

Ariane versuchte, das ungute Vorgefühl zu verdrängen, das bei dieser Geste in ihr aufstieg.

«Wie Sie wissen, haben wir immer mit offenen Karten gespielt», begann er.

Sie nickte. Er meinte ihre zahlreichen befristeten Verträge. Vor vielen Jahren war sie nach einer Reihe von Computerkursen vom Arbeitsamt in ein Praktikum bei der Lauinger GmbH & Co. KG vermittelt worden. Das mittelständische Unternehmen produzierte und vertrieb Bauteile für industrielle Hochöfen. Nicht gerade eine hochinteressante Arbeit, aber eine Arbeit. Nachdem Ariane sich bewährt hatte, bot man ihr die Krankheitsvertretung für eine ältere Kollegin im Vorzimmer des Chefs an, die sie dankbar annahm. Als Assistentin der Chefsekretärin erledigte sie einfache Büroarbeiten. Danach war sie von einer Befristung zur nächsten übergegangen; die ältere Kollegin war nicht wiedergekommen, hatte jedoch auch nie gekündigt. Wie das gehen konnte, war Ariane schleierhaft, doch sie fragte nicht weiter nach. Sie war froh über ihren Arbeitsplatz und machte sich keine Sorgen über ihre Zukunft.

Herr Lauinger räusperte sich.

«Wir waren mit Ihrer Arbeit immer sehr zufrieden.»

Ariane sah ihn erwartungsvoll an.

Bekam sie etwa doch noch einen unbefristeten Vertrag?

Warum dann aber das Herumgedruckse?

«Sie wissen ja, dass wir Sie als Krankheitsvertretung für Frau Eberlein eingestellt hatten.»

Ariane nickte erneut.

«Wir haben uns immer bemüht, Ihre Stelle aufrechtzuerhalten. Doch die Zeiten sehen in unserer Branche nicht gut aus. Sie wissen sicher, dass viele Hochöfen stillgelegt werden oder gar abgerissen.»

Arianes Mund wurde trocken und ihr Herz begann, schneller zu schlagen.

«Nun, lange Rede, kurzer Sinn – Frau Eberlein ist vergangene Woche in den Ruhestand getreten. Das bedeutet, es besteht rechtlich keine Notwendigkeit mehr, diese Stelle aufrecht zu halten.»

Ariane fragte sich, wo bei all dem die Logik war, doch offenbar glaubte er an das, was er sagte.

«Was ich damit sagen will, ist», er räusperte sich, «dass wir Ihren jetzigen Vertrag nicht mehr verlängern werden.»

«Aber …»

«Ich weiß, was Sie sagen wollen, und ich kann nur sagen, es tut uns sehr leid. Aber so sieht es aus.»

Herr Lauinger zog bedauernd die Schultern hoch.

«Aber es gibt doch Arbeit», sagte Ariane aufgebracht. «Wir haben doch Arbeit für zwei im Vorzimmer.»

«Bisher noch, ja. Ab Januar werden zwei unserer besten Kunden aus Belgien und Frankreich ihre Arbeit einstellen. Damit fehlen uns wichtige Einnahmen.»

Er schüttelte bedauernd den Kopf.

«Es tut mir sehr leid. Wir haben Sie immer gern hier gehabt. Aber da ist nichts zu machen.»

Er öffnete bereits eine Aktenmappe, als wollte er andeuten, dass das Gespräch zu Ende sei.

«Bis wann kann ich denn noch bleiben?»

«Ihr Vertrag läuft Ende September aus.»

«Aber – das hätten Sie mir doch früher sagen müssen!»

«Ja, das ist nicht so glücklich gelaufen, noch einmal, es tut mir wirklich leid. Aber die Stilllegung der beiden Werke sowie Frau Eberleins plötzlichen Übergang in den Ruhestand konnten wir nicht vorhersehen.»

«Bekomme ich dann eine Abfindung?»

Überrascht sah Herr Lauinger Ariane an. Sie war selbst erstaunt, wo dieser Gedanke plötzlich herkam. Doch erneut schüttelte ihr Chef den Kopf.

«Dafür fehlen uns die Mittel. Und Ihr Vertrag war befristet; Sie haben daher keinerlei Anspruch auf eine Abfindung.»

«Aber ich kann mich ja nicht mal mehr rechtzeitig arbeitslos melden.»

«Dafür finden wir schon eine Lösung. Notfalls schreiben wir Ihnen etwas, damit Sie Ihre Ansprüche auf Arbeitslosengeld nicht verlieren.»

Ab diesem Moment konnte Ariane gar nichts mehr sagen. Sie war zutiefst getroffen. Von einer Sekunde auf die andere brach ihr ganzes Leben zusammen.

Wie schon einmal.

«Es steht Ihnen natürlich frei, in den nächsten drei Wochen Ihren Resturlaub zu nehmen, wenn Sie möchten. Wie Frau Schöffel mir sagte, haben Sie noch fünfzehn Tage von Ihrem Jahresurlaub übrig. Der Urlaub steht Ihnen selbstverständlich zu.»

Das bedeutete, dass sie am folgenden Tag praktisch zum letzten Mal überhaupt im Büro wäre. Das konnte doch alles nicht wahr sein.

Warum passierte ihr schon zum zweiten Mal so etwas?

Herr Lauinger erhob sich.

«Selbstverständlich bekommen Sie von uns auch ein einwandfreies Zeugnis. Damit werden Sie leicht eine andere Arbeit finden.»

Wie betäubt stand Ariane auf und verließ das Büro. Den bedauernden Blick in ihrem Rücken sah sie nicht mehr.

Seit jenem Tag hatte Ariane Bewerbung um Bewerbung geschrieben, ohne den geringsten Erfolg. Wenn sie überhaupt eine Antwort bekam, regnete es Absagen. So wie heute. Dabei hatte sie gerade bei dieser Stelle so große Hoffnung gehabt. Wenn sie diesen Posten in einer renommierten Institution bekommen hätte, hätte sie ausgesorgt gehabt. Deshalb hatte sie sich dort beworben, obwohl die Unterlagen sogar per Post eingereicht werden sollten. Ariane fand das altmodisch und umständlich. Sonst bewarb sie sich nicht auf solche Stellen. Doch dieses Angebot hatte so gut geklungen, dass sie sich ausnahmsweise die Mühe mit einer echten Bewerbungsmappe gemacht hatte. Wie sich jetzt herausstellte, jedoch völlig umsonst.

Ohne Angabe von Gründen war sie wieder einmal nicht diejenige, die den Posten bekam. Was hatten die anderen bloß, das sie nicht hatte? Wie so oft fragte sich Ariane, ob es daran lag, dass sie keine Ausbildung hatte. Die ganze schöne Berufserfahrung, die sie inzwischen besaß, war offensichtlich nicht genug. Oder war sie zu alt? Das glaubte sie nicht. Sie war erst fünfunddreißig. Das war ja kein Alter.

Benommen erwachte Ariane aus ihrem Mittagsschlaf. Sie war tatsächlich eingeschlafen; der Brief mit der Absage lag zerknittert halb unter ihr. Erneut überfiel sie der Stich der Absage und sie fühlte sich so deprimiert wie seit langem nicht. Sie versuchte noch eine kurze Weile, allein damit klar zu kommen, doch dann rief sie ihre Freundin Gess an.

Eigentlich hieß sie Gesine, doch niemand nannte sie so. Seit der Schulzeit trug sie den Spitznamen Gess, eine Mischung aus der Kurzform ihres Namens und des englischen guess weil sie, seit sie das Wort im Unterricht gelernt hatte, jeden zweiten Satz begann mit Guess what? Seit der Schule waren sie eng befreundet, und wenn Gess nicht gerade mit ihrem turbulenten Liebesleben beschäftigt war, war sie tatsächlich die beste Freundin, die Ariane sich vorstellen konnte. Gess sagte auch sofort zu, und so fuhr Ariane zu ihr. In der geöffneten Wohnungstür fielen sie sich in die Arme.

«Hallo!»

«Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?», fragte Gess. «Aber komm erst mal rein.»

«Ich habe wieder eine Absage bekommen», sagte Ariane frustriert, während sie ins Wohnzimmer gingen. «Ich weiß nicht, was ich noch machen soll. Diesmal hatte ich ein echt gutes Gefühl. Ich habe total die Nase voll von der ständigen Bewerberei. Bis jetzt hatte ich gerade mal drei Vorstellungsgespräche. Aber auch da hat ja nichts geklappt.»

Gess sah sie nachdenklich an.

«Ich weiß nicht mehr, wie viele Bewerbungen ich in den letzten Monaten geschrieben habe. Das Arbeitsamt schickt mir auch dauernd irgendwelche möglichen und unmöglichen Vorschläge, aber ich bin bald mit meinem Latein am Ende. Was stimmt denn bloß nicht mit mir?», fragte Ariane den Tränen nahe.

Gess setzte sich neben sie und legte den Arm um sie. «Alles stimmt mit dir. Sei nicht traurig. Das richtige Angebot kommt bestimmt noch.»

«Es war doch alles in Ordnung, so, wie es war. Warum konnte es denn nicht so bleiben?», haderte Ariane mit ihrem Schicksal. «Ich hatte wirklich geglaubt, dass ich es geschafft habe. Nach allem was war.»

«Denk nicht mehr daran», sagte Gess. «Es wird bestimmt alles gut. Ich glaube ganz fest daran, nein, ich weiß es.» Sie strich ihrer Freundin übers Haar. «Du hattest es ja auch geschafft. Mach es jetzt nicht schlecht, nur weil irgendwelche Arbeitgeber nicht sehen können, was sie an dir haben.»

Sie stand auf, holte aus der Küche einen Beutel Saft und zwei Gläser und schenkte ein.

«Ich konnte zwar keine großen Sprünge machen», fuhr Ariane fort, «aber es hat zum Leben gereicht. Mehr erwarte ich gar nicht. Warum kann ich denn nicht dieses kleine, einfache Glück behalten?»

Sie hatte jetzt wirklich Tränen in den Augen.

«Es war schwer genug, mir das nach der Scheidung aufzubauen. Aber jetzt …»

Sie begann zu weinen.

Gess rutschte ganz nah zu ihrer Freundin und nahm sie in die Arme. Eine Zeitlang ließ sie sie einfach weinen. Als Ariane sich langsam beruhigte, kam Beppo, der derzeitige Partner von Gess, ein Italiener. Als er Arianes Verfassung sah und Gess ihm nur einen vieldeutigen Blick zuwarf, verzog er sich in die Küche und kreierte für alle eine wunderbare Pasta, die sogar Arianes Stimmung ein wenig anhob.

«Du bleibst heute Nacht hier», sagte Gess und legte ihre Hand auf die von Ariane. Dann sah sie zu Beppo hinüber, der es gut verbarg, falls er enttäuscht war.

«Ist schon gut, ich bin gleich weg», sagte er. «Sagt Bescheid, wenn ihr mich braucht.»

«Nein, nein, du brauchst nicht gehen», wehrte Ariane ab. Sie wollte den beiden nicht im Weg sein. «Ich lasse euch allein. Es wird schon wieder.» Sie versuchte zu lächeln. «Vielen lieben Dank für das wunderbare Essen. So etwas hilft tatsächlich manchmal.»

Sie stand auf, doch Gess zog sie wieder auf den Stuhl zurück.

«Nichts da, du bleibst heute Nacht hier. Es macht Beppo nichts aus, uns allein zu lassen. Nicht wahr, Bep?», fragte sie, wobei die Anweisung in ihrer Stimme und ihrem Gesichtsausdruck unmissverständlich war.

«Nein, natürlich nicht», sagte er und es klang nur dezent beleidigt. «Ich hab‘ ja schon gesagt, ich bin gleich weg.»

Damit stand er auf, gab Gess einen Kuss und ging.

«Es tut mir leid», sagte Ariane mit ehrlichem Bedauern. «Ich falle überall nur zur Last.»

«Das ist ja Quatsch», sagte Gess. «Du fällst niemandem zur Last und mir schon gar nicht. Bep und ich haben uns die ganze letzte Woche dauernd gesehen. Wenn er wollte, würde er hier einziehen. Da tut uns eine kleine Pause mal ganz gut. Vielleicht wollte ich ja, dass du hierbleibst, aus rein egoistischen Gründen.»

Gess grinste.

Diesmal musste Ariane wirklich lächeln. «Du bist lieb. Dankeschön.» Sie trank einen Schluck Wasser. «Was ist denn mit Beppo? Was hast du dagegen, dass er einzieht, falls er das wirklich will? Ein Mann, der so kochen kann, kann so falsch nicht sein.»

«Das stimmt zwar, aber das allein ist nicht das entscheidende Kriterium.»

«Und was ist das entscheidende Kriterium?», fragte Ariane neugierig.

Gess zögerte.

«Naja. Ich weiß auch nicht. Dass man eben irgendwie das Gefühl hat, dass es der Richtige ist. Oder etwa nicht?»

Ariane zuckte mit den Schultern. «Ich weiß nicht. Wie du weißt, lag ich damit ja bereits einmal vollkommen daneben.»

Gess nahm den Hinweis wahr und reagierte sofort. «Ich habe mir vorhin schon gedacht, dass du gerade wieder mit den alten Gespenstern kämpfst. Deshalb wollte ich auch, dass du heute hierbleibst.»

Dankbar sah Ariane ihre Freundin an. «Was würde ich ohne dich machen?»

Gess lächelte. «Willst du darüber sprechen?»

Ariane schüttelte den Kopf. «Was soll das bringen? Wir haben doch schon so oft darüber geredet. Vielleicht werde ich meine Vergangenheit ewig mit mir herumschleppen.»

«Das wirst du nicht!», sagte Gess energisch, stand auf und zog Ariane mit sich hoch. «Hast du Lust, tanzen zu gehen?»

Ariane sah sie überrascht an.

«Wenn du schon nicht reden willst, dann können wir die Gespenster vielleicht tanzend vertreiben», sagte Gess.

«Wenn du meinst …», sagte Ariane langsam. Eigentlich hatte sie in ihrer jetzigen Verfassung überhaupt keine Lust wegzugehen.

Doch Gess‘ Entschlossenheit war wenig entgegenzusetzen. «Ja, das meine ich.»

Zwei Stunden lang wurde Ariane in der Disco, die sie besuchten, tatsächlich besser abgelenkt und auf andere Gedanken gebracht, als sie es erwartet hatte. Auch das Tanzen half auf besondere Weise. Ihren Körper wieder zu spüren, den sie beinahe vergessen hatte, zusammen mit der rhythmischen Musik im Ohr, tat einfach gut. Mal weg von der ständigen quälenden Grübelei, zurück zur Lebensfreude, einfach so, aus dem Moment heraus. Tatsächlich brauchte es dafür nicht viel. Man musste sich nur mal kurz überwinden. Während Ariane tanzte, war sie ihrer Freundin sehr dankbar.

Nachdem sie wieder in Gess‘ Wohnung waren, wo Ariane ein Schlaflager auf dem Sofa bekam, ging Gess bald ins Bett. Doch Ariane lag noch lange wach. Seit Monaten hatte sie dagegen angekämpft und versucht, jeden aufsteigenden Impuls zu unterdrücken, doch jetzt kam alles wieder hoch. Warum nur? War sie nicht seit langem darüber weg? Was war nur los, dass sie sich jetzt fast so schlecht fühlte wie damals?

Schließlich gab sie auf und ließ zu, dass ihr Geist in eine Zeit zurückkehrte, die sie am liebsten aus ihrem Leben gelöscht hätte.

Betrogen

Im Alter von sechzehn Jahren hatte Ariane Sommerfeldt die Schule mit einem mittleren Bildungsabschluss beendet und danach als Bedienung in einem Straßencafé angefangen. Eigentlich sollte es nur ein Nebenjob für die Sommermonate sein, doch sie war heimlich in den Barkeeper verliebt und blieb. Und obwohl der coole Barmann hinter dem Tresen sie nie wahrnahm und ihr der Mut fehlte, ihn anzusprechen, verpasste sie den Moment, in dem sie sich für einen Ausbildungsplatz hätte entscheiden müssen.

Aus dem Nebenjob wurde ein Hauptjob und irgendwann konnte Ariane sich keine andere Arbeit mehr vorstellen. Ihrer Mutter war das gar nicht recht. Wie oft hatte sie ihr gesagt, dass sie nur mit einer anständigen Ausbildung später abgesichert wäre. Ariane wunderte sich manchmal selbst über sich.

Eigentlich passte dieses ‚Hallodri-Leben‘, wie sie es nannte, gar nicht zu ihr. Sie war eher ein bodenständiger Typ. Aber aus irgendwelchen Gründen, die sie nicht verstand, hatte ihr Leben eine andere Wendung genommen, als sie es immer erwartet hatte.

Im Sommer bediente sie die Gäste draußen, im Winter im angeschlossenen Bistro. Sie genoss die Freiheit, keine Schule mehr besuchen zu müssen und machen zu können, was sie wollte. Sie machte sich keine Gedanken darüber, was irgendwann einmal aus ihr werden sollte.

Mit achtzehn lernte sie Eberhard kennen, einen attraktiven Arzt, der zehn Jahre älter war als sie. Er machte sie zur Frau, im wahrsten Sinne des Wortes. Körperlich, emotional, sogar ihren Kleidungsstil und ihre Frisur veränderte er. Zwei Jahre lang ging sie in seinem 150qm - Loft ein- und aus, dann gab sie ihre Wohnung auf und zog ganz zu ihm. Ein weiteres Jahr später heirateten sie. Ariane war einundzwanzig.