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Beschreibung

Karten, Atlanten oder Geodaten, sei es noch in analoger Form oder mehr und mehr digital auf dem Bildschirm, begleiten uns heute tagtäglich. Als zentrale Informationsquellen finden sie sich selbstverständlich auch in vielen Bibliotheken, Archiven und Forschungsinstitutionen. Gerade im Zeitalter der digitalen Transformation ermöglichen Geoinformationen mehr denn je neue Ansätze für Forschung und Lehre. Seit Jahrzehnten sammelt auch die ETH-Bibliothek Karten und gestaltet auf Basis dieser reichhaltigen Tradition den Übergang in die digitale Bereitstellung und Nutzung von Kartenwerken und Geodaten für Wissenschaft und Öffentlichkeit aktiv mit. Im Jahr 2022 blicken wir zurück auf das 50-jährige Bestehen der größten Kartensammlung der Schweiz und nutzen die Gelegenheit, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Die vorliegende Festschrift bietet eine Momentaufnahme der aktuellen Entwicklungen sowohl aus bibliothekarischer Perspektive als auch aus Sicht von Forschung und Lehre. Die insgesamt 16 Beiträge geben Einblicke in die Geschichte und Bedeutung der Kartensammlung der ETH-Bibliothek, zeigen das enorme Potential digitaler Angebote und Zugänge auf und illustrieren die vielfältige Verwendung von Karten als Bestandsteil von Forschungsaktivitäten unterschiedlichster Disziplinen. Als eigentliche „Landschaften des Wissens“ laden Karten und Geoinformationen immer wieder neu zu Entdeckungen ein.

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Seitenzahl: 389

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Michael Gasser und Meda Diana Hotea (Hgg.)

LANDSCHAFTENDES WISSENS

50 Jahre Kartensammlung an der ETH-Bibliothek

MICHAEL IMHOF VERLAG

Umschlag:Verbreitungskarte der Nachtfalterart Celama cicatricalis, Abb. 1, S. 235.

Landschaften des Wissens. 50 Jahre Kartensammlung an der ETH-Bibliothek

Michael Gasser und Meda Diana Hotea (Hg.), Michael Imhof Verlag, Petersberg 2022

© 2022

ETH-Bibliothek und Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG

Stettiner Straße 25

D-36100 Petersberg

Tel.: 0661/2919166-0; Fax: 0661/2919166-9

www.imhof-verlag.de, [email protected]

Reproduktion und Gestaltung

Carolin Zentgraf, Michael Imhof Verlag

Lektorat und Korrektorat

Dorothée Baganz, Michael Imhof Verlag

E-Book-Herstellung

Zeilenwert GmbH, Rudolstadt

ISBN 978-3-7319-1341-2

INHALT

Cover

Titel

Impressum

GRUSSWORT des Direktors der ETH-Bibliothek Rafael Ball

VORWORT Michael Gasser und Meda Diana Hotea

Rückblicke, Einblicke, Rundblicke

KARTEN, ATLANTEN, GEODATEN – Die Entstehung der größten Kartensammlung der Schweiz Meda Diana Hotea und Roman Walt

FORSCHUNG UND LEHRE IN KARTOGRAFIE am Institut für Kartografie und Geoinformation an der ETH Zürich Lorenz Hurni, Christian Häberling und René Sieber

ZUR GESCHICHTE DER KARTENSAMMLUNGEN IN ZÜRICH unter besonderer Berücksichtigung der Zusammenarbeit ETH-/ZB-Kartensammlungen Jost Schmid-Lanter

Digitale Zugänge

DIE KARTENSAMMLUNG DER ZUKUNFT – Aufbau eines Angebots elektronischer Karten an der ETH-Bibliothek Oliver Ammann

MAPSERIES – Effizientes Erfassungswerkzeug für Kartenwerke Sidney Manhart

GEOREFERENZIERUNG MITTELS CROWDSOURCING – Erfahrungen aus dem Staatsarchiv des Kantons Zürich Rainer Hugener

VERSTECKT – ENTDECKT – Von der Erschließung unselbständiger Karten zum Geoportal GeoPortOst Hans Bauer und Tillmann Tegeler

GeoVITe Magnus Heitzler und Roman Walt

ALLES AUF EINER KARTE – ETHorama – Ein geografischer Zugang zu digitalisierten Bibliotheksbeständen Germano Giuliani und Melanie Lerch

Karten im Kontext

WO DIE DRACHEN WOHNEN – Gedanken zur Kartografie der Zukunft Philipp Blom

STERNKARTEN – Die Geschichte einer Rationalisierung Alfred Gautschy

FROM FORMA URBIS ROMAE TO ROMA INTEROTTA – The Vicissitudes of the Architectural Map Tom Avermaete and Laurent Stalder

HISTORISIERTE TOPOGRAFIE IM KARTENBILD – Morgarten in amtlichen Kartenwerken und im Atlas der Schweiz Philippe Frei

SMARTE KARTEN IM GEOGRAFIEUNTERRICHT – Interaktiver und multimedialer Unterricht dank Einsatz von GIS am Beispiel des schulischen Raumentwicklungsprojekts „Das digitale Dorf“ Christian Sailer

HERBARIEN ALS KARTOGRAFISCHE QUELLEN – Reise des Schweizer Botanikers Hans Ernst Hess ins Vorkriegsangola Alessia Guggisberg und Guilhem Mansion

ENTOMOFAUNISTISCHE KARTEN – Werkzeuge für den Schweizer Naturschutz Michael Greeff

Anhang

Register

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Abbildungsnachweis

GRUSSWORTdes Direktors der ETH-Bibliothek

Rafael Ball

Im Vergleich zu anderen europäischen Hochschulen ist die ETH Zürich mit ihrer Gründung als Eidgenössisches Polytechnikum im Jahr 1855 eine relativ junge Einrichtung. Von Beginn an gehörte jedoch der systematische Aufbau und die kontinuierliche Weiterentwicklung von Bibliotheks- und Sammlungsbeständen als zentrale Ressourcen für Forschung und Lehre mit zur Entwicklung der Hochschule. Heute verfügt die ETH-Bibliothek neben ihrem umfassenden Bestand an analoger und digitaler Fachliteratur auch über wissenschaftlich wie kulturhistorisch wertvolle Sammlungen Alter Drucke, Grafiken, Archivalien, Fotografien und Objekte. Die Breite an Beständen spiegelt auf beeindruckende Weise das Wirken und das über viele Jahrzehnte aufgebaute Wissen der ETH Zürich wider.

Wichtiger Teil dieser kontinuierlichen Weiterentwicklung des vielfältigen Angebots an Informationsressourcen ist die 1972 gegründete Kartensammlung. Ihre Rolle für die ETH Zürich ist – neben anderen Medien – deshalb so wichtig, da Karten eine zentrale Grundlage und gleichermaßen „Rohstoff“ für Forschung, Lehre und die Wissenschaft bieten.

Im Zeitalter analoger Kartenwerke eingerichtet, befindet sie die Kartensammlung heute – wie die ETH-Bibliothek und die Informations- und Wissensgesellschaft insgesamt – mitten im Prozess der digitalen Transformation. Dabei geschieht die digitale Transformation physischer Bibliotheks-, Sammlungs- und Archivbestände weder von selbst noch aus Selbstzweck. Sie fußt auf der strategischen Überlegung, dass nur auf diese Art das wertvolle Kartenmaterial unter Einsatz moderner Ansätze für Forschung und Erkenntnisprozesse auf neue und den technologischen Möglichkeiten entsprechende Weise genutzt werden kann. Hierzu eruiert die ETH-Bibliothek kontinuierlich die Bedarfe an der ETH Zürich und baut sowohl die Sammlung als auch deren Nutzungsmöglichkeiten entsprechend aus.

Dies geschieht u. a. durch den Aufbau konkreter elektronischer Dienstleistungen für Karten und Geoinformationen, durch digitale Anreicherung und Verlinkung sowie eine ganze Reihe von Projekten. Dazu gehören die mittelfristige Bereitstellung des gesamten analogen Bestandes des 19. Jahrhunderts in digitaler Form, die Weiterentwicklung der Plattform GeoVITe oder die Erwerbung elektronischer Karten. Die bereits intensiv verfolgte digitale Transformation der Bestände und deren unkomplizierte Bereitstellung im Sinne von Open Data schaffen neue digitale und weltweit zugängliche Wissensräume. Die ETH-Bibliothek verfolgt dabei stets das primäre Ziel, die Bestände für die wissenschaftliche Community, aber auch für die interessierte Öffentlichkeit möglichst einfach und direkt zugänglich zu machen.

Zum Zwecke eines langfristigen und strategischen Bestandsaufbaus der Kartensammlung betreibt die ETH-Bibliothek neben dem gezielten Erwerb von Kartenmaterial entsprechend aktueller Schwerpunkte in den Departementen ein unabhängiges Collection Management sowohl hinsichtlich physischen als auch digitalen Kartenmaterials. Parallel dazu gilt es, die vorhandenen physischen Kartenbestände – einen nicht unwesentlichen Teil des wissenschaftlichen und kulturellen Gedächtnisses der ETH Zürich – dauerhaft zu sichern.

Das hierfür und auch für die Beschaffung, Erschließung und die moderne Aufbereitung erforderliche Spezial-Knowhow ist an der ETH-Bibliothek im Laufe der Zeit systematisch aufgebaut worden und wird täglich in den Dienst der ETH Zürich gestellt.

Die Kartensammlung der ETH-Bibliothek steht nach fünfzig Jahren Betrieb somit in jederlei Hinsicht auf äußerst solider Basis und ist mit Sicherheit bereit für künftige Entwicklungen. Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum und vielen Dank an alle Mitarbeiter*innen des Teams Karten und Geoinformation der ETH-Bibliothek!

VORWORT

Michael Gasser und Meda Diana Hotea

Karten, Atlanten oder Geodaten, sei es in analoger Form in Kartenschränken oder digital auf dem Bildschirm, begleiten uns heute tagtäglich. Und so ist es auch nicht überraschend, dass sie sich als zentrale Informationsquellen in vielen Bibliotheken, Archiven und Forschungsinstitutionen wiederfinden. Im Zeitalter der digitalen Transformation ermöglichen sie als eigentliche „Landschaften des Wissens“ mehr denn je neue Ansätze für Forschung und Lehre. Seit Jahrzehnten sammelt auch die ETH-Bibliothek Karten und gestaltet auf Basis dieser reichhaltigen Tradition den Übergang in die digitale Bereitstellung und Nutzung von Kartenwerken und Geodaten für Wissenschaft und breite Öffentlichkeit aktiv mit.

Die Geschichte der Kartensammlung der ETH-Bibliothek reicht zurück bis zur Gründung des Eidgenössischen Technischen Polytechnikums, der heutigen ETH Zürich, und dessen Bibliothek im Jahre 1855 und ist eng verwoben mit der Entwicklung von Forschung und Lehre an der Hochschule. Von der Gründung der Hochschule bis zur offiziellen Eröffnung der Kartensammlung im Jahr 1972 spielten eine Reihe von Professoren eine wesentliche und aktive Rolle beim Bestandsaufbau. Bei näherem Hinsehen wird schnell klar, dass die Kartensammlung der ETH-Bibliothek ohne den unermüdlichen Einsatz von bedeutenden Forschern wie Rudolf Wolf (1816–1893), Eduard Imhof (1895–1986) oder Augusto Gansser (1910–2012) entweder überhaupt nicht entstanden wäre oder sich langsamer entwickelt hätte. Von Beginn an stand für alle Beteiligten fest, dass die ETH-Bibliothek der richtige fachliche Partner für den professionellen Betrieb der Kartensammlung ist. Konzipiert wurde die Kartensammlung der ETH Zürich mit einem klaren Schwerpunkt auf thematische Karten. Dadurch wurden bestehende Kartensammlungen der Schweiz mit Fokus auf topografische und historische Karten hervorragend ergänzt. Dabei zeichnet die enge Verschränkung zwischen Informationsangebot und einschlägiger Forschung die Kartensammlung der ETH-Bibliothek bis heute aus.

Im Jahr 2022 blicken wir zurück auf das 50-jährige Bestehen der größten Kartensammlung der Schweiz und nutzen die Gelegenheit, eine Zwischenbilanz zu ziehen.

Die vorliegende Festschrift bietet eine Momentaufnahme der aktuellen Entwicklungen sowohl aus bibliothekarischer Perspektive als auch aus Sicht von Forschung und Lehre.

Als Einstieg in das Thema erhalten Leserinnen und Leser im Abschnitt Rückblicke, Einblicke, Rundblicke ein umfassendes Bild zur Entstehung der Kartensammlung an der ETH-Bibliothek, zur Bedeutung der Sammlung für Forschung und Lehre an der ETH Zürich und zu ihrem Platz in der Landschaft der Zürcher Kartensammlungen.

Die oft gehörte Aussage, dass Kartensammlungen weltweit stark von den rasanten technologischen Entwicklungen geprägt sind, ist mittlerweile unbestreitbare Realität. Einen Einblick in aktuelle Trends dieses digitalen Wandels bietet das Kapitel Digitale Zugänge. Zusammengeführt sind hier sechs Beiträge, die über Erfahrungen und Ergebnisse aus verschiedenen einschlägigen Projekten in Bibliotheken, Archiven und Forschungsinstituten berichten.

Nicht zuletzt wird die Anwendung von Karten als Bestandsteil interdisziplinärer Forschungsaktivitäten verschiedener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter die Lupe genommen. Die wissenschaftlichen Beiträge zu Sternkarten, zu entomofaunistischen Karten sowie zu Herbarien als kartografische Quellen bieten uns neue Einblicke und eröffnen uns spannende Welten des Wissens. Philipp Bloms Plädoyer für eine Kartografie der Zukunft und zur Rolle der Bibliotheken, „solche Karten zu zeichnen“, zeigt uns mögliche Perspektiven für die künftige Weiterentwicklung der Welt der Karten auf.

Für die Herausgeber ist es eine große Freude, dass sich die Autorinnen und Autoren bereit erklärt haben, an dieser Festschrift zum 50-jährigen Bestehen der Kartensammlung der ETH-Bibliothek mitzuwirken. Hierfür möchten wir uns sehr herzlich bedanken. Ohne ihren engagierten Einsatz wäre die Publikation des vorliegenden Werkes nicht möglich gewesen.

KARTEN, ATLANTEN, GEODATENDie Entstehung der größten Kartensammlung der Schweiz

Meda Diana Hotea und Roman Walt

Die Kartensammlung der ETH-Bibliothek wurde offiziell im Jahre 1972 eröffnet. Allerdings gab es Karten und Atlanten als Teil der Medienbestände der Bibliothek bereits seit ihrer Gründung im Jahr 1855.

Mit der eigentlichen Gründung einer Kartensammlung auf Anregung mehrerer Professoren der ETH Zürich konnten nun Kräfte gebündelt werden und die Kartensammlung entwickelte sich rasch zur größten Sammlung der Schweiz.

Die Geschichte der Sammlung über die letzten 50 Jahre wurde ganz wesentlich geprägt durch die rasanten technologischen Entwicklungen im Bereich digitaler Karten und diese sind auch heute verantwortlich für den Wandel vom ursprünglich angedachten Archiv für Karten hin zu einem Zentrum für Karten und Geoinformation.

Die ersten Karten an der ETH-Bibliothek

Blättert man durch das Gabenbuch der ETH-Bibliothek für das Jahr 1854, findet man unter der Nummer 47/1854 einen von Rudolf Wolf (1816–1893), Professor für Astronomie und erster Bibliothekar der Bibliothek, verfassten Eintrag: „Zeller, Grundriss des Kantons St. Gallen“1. Wolf vermerkte darüber hinaus, dass die Bibliothek des Polytechnikums diese Karte von der Buchhandlung Meyer & Zeller als Geschenk bekommen habe.

Das angesprochene Geschenk ist somit die erste nachgewiesene Karte, die in den Bestand der Bibliothek des damaligen Polytechnikums aufgenommen wurde.

Knapp ein Jahr später, gerade am Weihnachtstag des Jahres 1855, verfasste R. Wolf den Bericht für die Bibliothek, adressiert an den damaligen Direktor des Polytechnikums Joseph Wolfgang von Deschwanden (1819–1866). Neben der Auflistung der üblichen Erwerbungs- und Schenkungsangaben erstellte Wolf auch eine sogenannte „Desiderienliste“. Unter Punkt 8 äußerte Wolf den Wunsch, weitere Karten für die Bibliothek erwerben zu dürfen:

„Auf der Bibliothek haben wir die Karten der Schweiz, des Cantons St. Gallen u. des Cantons Aargau von Seite der Behörden erhalten.3 Sollte es nicht auch möglichsein auf gleichem Wege die Kartenwerke der Cantone Zürich, Freiburg, Genf u. Basel zu bekommen?“4

1 Grundriss der Stadt und des Bezirkes St. Gallen2

Diese Ausführungen sind nicht nur die erste Erwähnung der Karten im Bestand der Bibliothek in einem offiziellen Bericht, sondern markieren auch die Anfänge der Geschichte der Karten an der ETH-Bibliothek.

150 Jahre später feierten die ETH Zürich und auch die ETH-Bibliothek im Jahr 2005 das runde Jubiläum mit einer großen Ausstellung zur Geschichte der Bibliothek. In der entsprechenden Begleitpublikation zu „Blättern & Browsen – 150 Jahre ETH-Bibliothek“ ist unter anderem auch die Kartensammlung als die „umfangreichste Kartensammlung der Schweiz“5 erwähnt. Von den bescheidenen Anfängen bis zum Stand heute war es nun ein langer und steiniger Weg, der die Geschichte einer außergewöhnlichen Kartensammlung markiert.

Die entscheidenden Jahre: 1948–1963

Heute ist unbestritten, dass Entstehung und Entwicklung der Kartensammlung an der ETH-Bibliothek mit Forschung und Lehre in den Gebieten Geografie und Kartografie an der ETH Zürich eng verbunden sind.

Mit der Gründung des weltweit ältesten Instituts für Kartografie an einer Universität im Jahr 1925 wurden an der ETH Zürich Karten für Forschungszwecke verwendet und archiviert. Knapp 40 Jahre später (1961) wurde das Institut für Orts-, Regional- und Landesplanung (ORL) mit dem definierten Auftrag gegründet, die Studierenden der ETH Zürich im Bereich der Raumplanung zu unterrichten.6 Auch hier wurden Karten wesentlicher Bestandsteil des alltäglichen Lehrbetriebes.

Auch in anderen Wissenschaftsbereichen stellen Karten als Lehr- und Feldforschungsunterstützung bis heute wichtige Elemente im Forschungsbetrieb dar. Dies gilt etwa für die Erdwissenschaften, die im Jahr 1855 als eines der ersten Departemente der ETH Zürich gegründet wurden.

Die vielfältigen kartenbasierten Forschungs- und Lehraktivitäten an der ETH Zürich haben somit im Laufe der Jahre dazu geführt, dass an unterschiedlichen Orten innerhalb der Hochschule große Kartenbestände aufgebaut wurden. Hieraus ergab sich dann bald die Erkenntnis, dass eine systematische Erschließung und professionelle Bestandssicherung in enstprechenden Magazinräumen unumgänglich werden würde. Hierbei handelt es sich um zeitintensive und kostenträchtige Aufgaben, die weder die Forschungsinstitute noch die Departemente übernehmen wollten. Schnell wurde deutlich, dass nur die ETH-Bibliothek diese Aufgaben übernehmen konnte.

Bereits im Jahr 1948 hatte sich Eduard Imhof (Direktor des Instituts für Kartografie seit 1925) über die ungenügenden Platzverhältnisse für die stark angewachsenen Karten- und Reliefbestände beschwert. In einem Schreiben an den damaligen Präsidenten des Schweizerischen Schulrates, Arthur Rohn, beschrieb Imhof die desolate Raumsituation. Im Jahr 1925 waren dem neuen Institut zwei großzügige Räume im Hauptgebäude der ETH Zürich zugeteilt worden und waren naturgemäß nach 20 Jahren Entwicklung vor allem dann überfüllt, wenn der Professor und der Assistent im gleichen Zimmer arbeiten mussten.7 Als Teil einer möglichen Lösung für die unzureichende Raumsituation kam nun auch die ETH-Bibliothek in die Diskussion:

„Der Oberbibliothekar der E.T.H., Herr Dr. Scherrer, beabsichtigt im Rahmen des gegenwärtigen Ausbaues der Hauptbibliothek im obersten Stock des Hauptgebäudes ein Karten- und Reliefarchiv einzurichten. Diesen Plan möchte ich auf wärmste unterstützen. Im Sinne des Bibliothekregulativs der E.T.H. beabsichtige ich grössere Bestände an Karten, Büchern, Reliefs u.s.w. zu gegebener Zeit an dieses Archiv abzutreten. […]. Herr Scherrer und ich empfehlen den Einbau dieses Archivesim Dachstock des Hauptgebäudes, Stadtseite-Süd, […]. Durch diese Anordnung würde das erforderliche enge Zusammenarbeiten erleichtert, da die Entfernung von meinem Institut sehr gering wäre.“ 8

2 Paul Scherrer (1900–1992)9, Oberbibliothekar und Direktor der ETH-Bibliothek

Kurz danach, am 14. Dezember 1948, reagierte der damalige Oberbibliothekar Paul Scherrer10 mit einer Stellungnahme zum Antrag von Imhof. Bereits im Jahr zuvor war wegen des kontinuierlichen Anwachsens der Bibliotheksbestände11 ein Um- und Erweiterungsbau für die ETH-Bibliothek geplant worden,12 in dem bereits eine provisorische Lösung für eine Zusammenführung der Bestände vorgesehen war. Scherrer erkannte die neue Gelegenheit und ergänzte den Antrag von Imhof durch eigene Überlegungen. In einem ausführlichen Schreiben an Arthur Rohn schlägt er vor, eine Zusammenfassung der Kartenmaterialien in einer zentralen Sammlung an der ETH Zürich13 zu realisieren; und dies trotz der Tatsache, dass die Zentralbibliothek Zürich „die führende Kartensammlung in schweizerischen Hochschulbibliotheken besitzt“. Darüber hinaus kommt es für Scherrer nicht in Frage, zur Sammlung der Zentralbibliothek in Konkurrenz zu treten. Allerdings wollte er es ebenso vermeiden, die Kartenbestände des Kartografischen Instituts in die Kartensammlung der Zentralbibliothek zu überführen:

„Da unsere Hochschule das Kartographische Institut besitzt, kommt nicht in Betracht, Bestände, deren unmittelbarer Gebrauchswert in ihm der Zeit etwas in den Hintergrund tritt, an die Zentralbibliothek abzustossen.“14

Paul Scherrer plante nicht nur die Zusammenführung der Kartenbestände der Bibliothek und des Instituts für Kartografie, sondern auch die der Räumlichkeiten und der Bestände der Abteilung für die Militärwissenschaften.

Zielstrebig, in einem Nachtrag zu seinem Brief vom 14. Dezember 1948, schreibt er an den neuen Präsidenten des Schulrates, Hans Pallmann, über die Notwendigkeit, die Dachräume, die diese Abteilung nur noch als Magazin verwende, für das Projekt einer zentralen Kartensammlung zu benutzen.15 Nicht nur für die damalige Zeit war dies eine mutige Unternehmung, die allerdings für die zukünftige zentrale Kartensammlung der ETH Zürich sehr erfolgreich war. H. Pallmann gab nicht nur seine Zustimmung zur Übernahme der genannten Räume durch die Bibliothek, sondern verkündete weitere positive Nachrichten:

„Eine zentrale Kartensammlung […], wird auch von der Abteilung für Militärwissenschaften durchaus begrüsst. Diese Abteilung ist gerne bereit, Ihnen für diesezentrale Sammlung alle Karten zu überlassen, die nicht für den Unterricht an der Abteilung für Militärwissenschaften ständig zur Hand sein müssen“16

Knapp sechs Monate später, am 13. Juli 1949, informierte P. Scherrer sowohl E. Imhof17 als auch den Oberst B. Cuénoud18, dass der Raum für die Kartensammlung bezugsbereit sei und die Kartensammlung von Grund auf neu organisiert werden könne. Die Arbeiten für die Einrichtung bzw. Ordnung der Sammlung wurden über die Sommerferien geplant, um diese zu Beginn des Herbstsemesters der Öffentlichkeit zugänglich machen zu können. Als Vorbild für den Aufbau der neuen Kartensammlung diente die Kartenabteilung der Königlichen Bibliothek in Stockholm. Die Auswahl hierfür erfolgte nicht durch Zufall, sondern aufgrund der Einsicht, dass die Kartensammlung der Schwedischen Nationalbibliothek den damaligen modernsten Standard widerspiegelte.19 Wesentliche Fragen waren in diesem Kontext etwa das Thema Bestanderhaltung, insbesondere das Mobiliar für die Aufbewahrung der Karten, aber auch inhaltliche Fragen wie die Katalogisierung der einzelnen Karten.

Trotz der ersten wichtigen Schritte hin zum Aufbau einer zentralen Kartensammlung an der ETH-Bibliothek sollten noch viele Jahre vergehen, bis das eigentliche Ziel, die Öffnung für das Publikum, erreicht werden konnte. Paul Scherrer selbst konnte hier keinen Beitrag mehr leisten, da er im Jahre 1963 die ETH-Bibliothek verließ, um die Zentralbibliothek Zürich als Direktor zu übernehmen.

Eine Sammlung des Willens

Die Initiative, an der ETH-Bibliothek auf Basis der vorhandenen Kartenbestände eine moderne Kartensammlung zu gründen, geht zurück auf Augusto Gansser. Im Jahr 1964 wandte er sich an den mit dem Thema bereits vertrauten Präsidenten des Schulrates mit dem abermaligen Vorschlag, eine zentrale Kartensammlung innerhalb der ETH Zürich zu schaffen.20 Parallel dazu führten Eduard Imhof und Jean-Pierre Sydler, der damalige Direktor der Bibliothek, Gespräche zum gleichen Thema. In einem unterstützenden Schreiben an H. Pallmann fasste Sydler die wichtigsten Punkte nochmals zusammen. Somit erhielt die Initiative von A. Gansser sowohl die Unterstützung der ETH-Bibliothek als auch des Instituts für Kartografie.21

Für den 12. Mai 1964 wurde eine Besprechung in der ETH-Bibliothek einberufen, in der sich die Hauptakteure für die Einrichtung und Weiterentwicklung einer modernen Kartensammlung an der ETH Zürich versammelten. Dies waren auf fachlicher Seite die Professoren A. Gansser, H. Gutersohn, E. Imhof und E. Winkler, auf Seiten der ETH-Bibliothek J.-P. Sydler, A. Sacchi und W. Winkler und als Vertreter der Bibliothekskommission B. Eckmann.

Das angekündigte Diskussionsthema war sowohl „die Einrichtung einer zentralen Kartensammlung der ETH an der Hauptbibliothek“ als auch „die Abgrenzung der Sammelaufgaben und Verwaltung der Kartensammlungen der Institute“26. Die Ergebnisse dieser Besprechung definieren die Grundlagen der Entstehung und zukünftigen Entwicklung der Kartensammlung an der ETH-Bibliothek. Von Beginn an herrschte Einigkeit dahingehend, dass „die zentrale Kartensammlung [soll] als Archiv für die in den Instituten nicht mehr benötigten Kartenmaterialien dienen [soll]“27.

3 Eduard Imhof (1895–1986)22, Professor für Kartografie und Gründer des Instituts für Kartografie (1925) der ETH Zürich

4 Augusto Gansser (1910–2012)23, Professor für Geologie an der ETH und der Universität Zürich

Trotz dieses ursprünglich eher museal angelegten Charakters der neu gegründeten Sammlung wurde in der weiteren Diskussion auch ein Beschaffungsprogramm vorgeschlagen, um auf diese Weise den Kartenbestand laufend zu ergänzen und zu vervollständigen. Ab dem Jahr 1965 beschaffte die ETH-Bibliothek dann auch alle neuesten topografischen und thematischen Karten der Schweiz und angrenzender Länder. Ergänzend zu diesen Bereichen wurden auch die wichtigsten thematischen Karten für das übrige Ausland und alle Nationalatlanten erworben. Hierzu gehörte selbstverständlich auch die Erschließung der Karten bzw. Kartenwerke und Atlanten und darüber hinaus deren sachgerechte Aufbewahrung. Für die Arbeit der ETH-Bibliothek sind diese Grundlinien für die Erwerbung von Kartenmaterialien bis heute aktuell und spiegeln sich im aktuellen Erwerbungsprofil28 der Bibliothek wider.

5 Heinrich Gutersohn (1899–1996)24, Professor für Geografie und Vorsteher des ORL-Instituts der ETH Zürich

6 Ernst Winkler (1907–1987)25, Professor für Landesplanung und Kulturgeografie, von 1961 bis 1968 stellvertretender Direktor des ORL-Instituts der ETH Zürich

Im Kontext der damaligen Landschaft der Kartensammlungen in den Schweizer Bibliotheken wurde eine Sammlungslücke geschlossen. Darüber hinaus wurde eine deutliche Abgrenzung gegenüber den anderen drei bedeutenden Kartensammlungen der Schweiz und deren Sammlungsprofil (Bernoullianum in Basel29, Landesbibliothek Bern30 und Zentralbibliothek Zürich) gezogen. Hinsichtlich des Erwerbungsprofils der neuen Sammlung wurde bereits Anfang 1964 eine Vereinbarung zwischen ETH-Bibliothek und Zentralbibliothek Zürich getroffen, um auf diese Weise Überschneidungen möglichst zu vermeiden. Während die Zentralbibliothek weiterhin topografische Karten erwerben wird, fokussiert sich die ETH-Bibliothek auf die Erwerbung von thematischen Karten.31 Das komplementäre Erwerbungsprofil gilt noch heute und war der erste Schritt in Richtung einer langjährigen Kooperation der beiden Einrichtungen. Diese konstruktive Kooperation wurde dann Jahre später durch die Gründung eines gemeinsamen Kartenzentrums (im Jahr 2013) auf eine solide Basis gestellt.32

Weniger klar definiert war und ist allerdings die Erwerbungspolitik innerhalb der ETH Zürich selbst. Auch wenn die Errichtung einer modernen Kartensammlung an der ETH-Bibliothek gewünscht und von allen Beteiligten unterstützt wurde, war keine zentral organisierte Anschaffungspolitik vorgesehen. Gerade das Gegenteil war der Fall. Die Institute sicherten sich das Recht, für ihre wissenschaftliche Arbeit weiterhin dezentral Karten zu erwerben, was naturgemäß zu einem nicht unerheblichen Maß zu Doppelspurigkeiten geführt hat. Eine Ausnahme bildete hier lediglich die Kartensammlung des Geologischen Institutes, die von der ETH-Bibliothek betreut wurde und wo auch die Katalogisierung und die Beschaffung der neuen Karten zentralisiert organisiert war.33 Zum ersten Mal waren nun auch personelle Ressourcen vorgesehen: Eine Akademikerstelle und eine Schreibkraft für die Katalogisierung sollten die Kartensammlung professionell betreuen.34

Gestützt auf ein gemeinsames Interesse und getrieben durch eine hervorragende Zusammenarbeit innerhalb der ETH Zürich waren jetzt die Voraussetzungen für eine moderne Kartensammlung an der ETH-Bibliothek geschaffen. Allerdings sollten unglücklicherweise nochmals nahezu acht Jahre vergehen, bis die neue Kartensammlung für eine öffentliche Nutzung bereitstand.

Die offizielle Eröffnung

Trotz aller Widrigkeiten blieb Eduard Imhof ein unermüdlicher Unterstützer und Antreiber für die neu gegründete Kartensammlung. Lediglich einen Monat nach der oben erwähnten Besprechung skizzierte er in einem Dokument die Rahmenbedingungen für die Gestaltung der Sammlung.35 Im Jahr 1964 umfasste die Kartensammlung etwa 20 000 Einzelblätter und Imhof prognostizierte in seinem Bericht für die kommenden 30 Jahre einen Zuwachs von etwa 40 000 Blättern und 600 Atlanten.36 Für die Aufbewahrung des Kartenbestandes ging er von 48 Kartenschränken für die Kartenwerke, von einem großen Raum für die Atlanten sowie von 3–4 Schränken für gefaltete Karten und Handliteratur aus. Darüber hinaus plante er auch die Anfertigung von Spezialschränken für Wandkarten ein. Benutzerinnen und Benutzern sollte ein Lesesaal mit sechs Plätzen für die Konsultation der Karten zur Verfügung stehen.37

Sichtet man die Jahresberichte der ETH-Bibliothek für die Jahre 1965–1970, wird rasch deutlich, dass die konkrete Organisation der neuen Kartensammlung keinesfalls reibungslos erfolgte. Der im Jahr 1965 mit der Institutionalisierung der neuen Sammlung beauftragte Hans Oskar Kaufmann (1928–2014) beklagte sich bereits ein Jahr später im Jahresbericht:

„Die katastrophalen Platzverhältnisse und der Personalmangel erlaubten auch in diesem Jahre noch nicht mit den Katalogisierungsarbeiten zu beginnen.“38

Ein weiteres Jahr später konnten die neu erworbenen Karten provisorisch katalogisiert werden und es vergingen noch weitere vier Jahre, bis es Benutzerinnen und Benutzern möglich war, sich selbst „aus den gestapelten Beständen“39 zu bedienen. Erst im Jahr 1971 wurde beim Aufbau der Kartensammlung ein weiterer wichtiger Meilenstein erreicht: Die Atlanten und die Handbibliothek konnten bereits benutzt werden und die Räume für die Karten waren bezugsbereit. Allerdings war der neue Leiter der Kartensammlung, Jürg Bühler, mit weiteren Herausforderungen konfrontiert: Die Einführung einer neuen Signierungssystematik war noch nicht realisiert und auch die Katalogisierung bereitete Schwierigkeiten. Darüber hinaus warteten mehr als 80 000 von den Instituten übernommene Karten aus dem Altbestand auf ihre inhaltliche Erschließung;40 eine Sisyphusarbeit, die allerdings die offizielle Eröffnung der Kartensammlung nicht mehr verhindern konnte.

Anfang Mai 1972, in einem Rundschreiben, kündigte der Direktor der ETH-Bibliothek die Eröffnung der Kartensammlung für den 15. Mai an und erwähnte bereits bei dieser Gelegenheit, dass die neugeschaffene Kartensammlung die größte Spezialsammlung für thematische Karten in der Schweiz sei.41 Obwohl das Personal zu diesem Zeitpunkt nur aus dem Leiter bestand und darüber hinaus die Öffnungszeiten begrenzt waren, wurde die jüngste Kartensammlung der Schweiz im Eröffnungsjahr von 161 Besuchern genutzt.

Im Jahr 1973 dann, parallel zu den täglichen Routinearbeiten, erfolgte die Konzeption eines ersten Projektes, das die maschinenlesbare Katalogisierung der Karten zum Ziel hatte. Dies war sozusagen der erste Schritt in Richtung „Automatisierung“ der Kartensammlung. Der Wunsch, die Kartensammlung der ETH-Bibliothek zu einem Zentrum für Rauminformation weiterzuentwickeln,42 sollte allerdings erst 50 Jahre später erreicht werden.

Erste Schritte der jungen Sammlung

Bevor sich die neu gegründete Kartensammlung hinsichtlich ihrer Zukunft orientieren konnte, galt es aber erst einmal für die von den Instituten übernommenen Karten eine Systematik für die Organisation und Erschließung zu entwickeln und den eigentlichen Betrieb aufzunehmen.

Die Kartensammlung der ETH-Bibliothek war dabei die erste Kartensammlung der Schweiz, die eine systematische und maschinenlesbare Katalogisierung (sowohl Formal- als auch Sacherschließung) ihrer Kartenbestände anstrebte. Bei der Sacherschließung bediente man sich der international etablierten universellen Dezimalklassifikation (in Anlehnung an die angloamerikanische Dewey Decimal Classification (DDC)), bei der Formalkatalogisierung mussten teilweise neue Katalogisierungsregeln und -prozesse entwickelt und dokumentiert werden. Ursache für letztere Situation waren die äußerst dynamischen Entwicklungen im Feld der computergestützten Bibliothekssysteme in den 70er Jahren. Die ETH-Bibliothek setzte hierbei bereits seit den 60er Jahren auf moderne EDV-Lösungen und nutzte unter anderem ein selbst entwickeltes Mikrofichen-Katalog-System (MIKAS)43, das bis zum Jahr 1986 in Betrieb war. In den ersten vier Jahren der jungen Sammlung wurden also hauptsächlich die bestehenden Titelaufnahmen in den Zettelkatalogen maschinenlesbar retrokatalogisiert sowie laufend Neuerwerbungen und Übernahmen ebenfalls in MIKAS erfasst. Der große Vorteil dieses Vorgehens lag darin, dass mit jeder Einführung eines neuen Bibliothekssystems (wie dem onlinebasierten System ETHICS44 im Jahre 1988, den Systemen Aleph 500 und Folgeversionen ab 1999 sowie Alma seit Dezember 2020) und der Planung sowie dem Aufsetzen neuer Portale die Katalogdaten der Karten direkt nachgenutzt werden konnten und der Bestand der Kartensammlung einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich war.

7 Lesesaal der Kartensammlung im Jahr 1991 im Raum HG H 2948

8 Gemeinsam genutzter Lesesaal Sammlungen und Archive im Jahr 2014 (Raum HG H 26)49

Nach der eigentlichen Eröffnung wurde nebst der Aufarbeitung der Übernahmen auch der Bestand laufend ausgebaut. Der Fokus lag hierbei – ganz dem Gründungsgedanken entsprechend – auf modernen thematischen Karten und Atlanten, jedoch wurden auch wichtige topografische Kartenwerke und ein Bestand an kartografischen Sachbüchern und Literatur erworben. So konnten jährlich bis zu 10 000 Neuanschaffungen verzeichnet werden. Im Jahr 1985 zählte die Kartensammlung 175 000 Karten und 3 000 Atlanten und Bücher und war damit zur größten schweizerischen Kartensammlung angewachsen.45 Die Nutzungszahlen beliefen sich auf jährlich etwa 2 000 Personen.46

Der schnelle Zuwachs beim Bestand und auch der Erfolg bei der Nutzung waren natürlich arbeitsintensiv und so entwickelte sich die Sammlung auch personell weiter. Kurz nach der Eröffnung wurden nebst der Leitung drei Teilzeitstellen besetzt, Ende der 70er Jahre waren dann sechs Mitarbeitende in der Kartensammlung beschäftigt.

Die gewachsene Sammlung hatte allerdings zusehends Mühe, ausreichend Platz für sich und die Nutzerinnen und Nutzer zu finden. 1982 erfolgte deshalb der erste Umzug der Kartensammlung in größere Räumlichkeiten und näher an den Publikumsbereich der ETH-Bibliothek im H-Stock des Hauptgebäudes der ETH Zürich. Große Kartentische und genug Raum für die Benutzenden und Mitarbeitenden der Kartensammlung deckten nun den Bedarf, die die großformatigen Karten mit sich brachten. Ein A2-Kopierer für den Publikumsbetrieb stellte offenbar ETH-weit eine Neuheit dar.47 Der Kopierer entsprach auch einem Bedürfnis der Nutzenden, die nur im Lesesaal zu konsultierenden Karten nun auch vor Ort kopieren und „mitnehmen“ zu können.

Weitere Umzüge folgten: Im Sommer 1990 mussten die Räumlichkeiten aufgrund einer Asbestsanierung mehrere Monate geräumt und danach neu eingerichtet werden, bevor ab 2002/03 der heutige Standort mit dem gemeinsam genutzten Lesesaal Sammlungen und Archive gefunden werden konnte. Die großen Kartentische prägen den Lesesaal bis heute.

Digitale Karten in der Kartensammlung: Chance und Herausforderung

Parallel zum Aufkommen computergestützter Arbeits- und Katalogisierungsmethoden an den wissenschaftlichen Bibliotheken, die auch die Kartensammlung seit ihrer Gründung aktiv nutzte, ging auch die Entwicklung elektronischer Karten voran. Geoinformationssysteme (GIS), prädestiniert für die Herstellung, Verarbeitung und Analyse von digitalen Karten, wurden zunehmend von Behörden und anderen Kartenproduzenten eingesetzt. Digitale Kartenprodukte wurden in immer größerer Zahl verfügbar und damit auch interessant für den wissenschaftlichen Hochschulbetrieb. Die Kartensammlung der ETH-Bibliothek setzte sich ab den 90er Jahren intensiv mit dem Thema elektronische Karten und ihre Anwendungen auseinander und war im Jahr 1994 die Veranstalterin der 9. Konferenz der Groupe des cartothécaires de LIBER50 zum Thema „Digitale Karten in Bibliotheken – Das Kartenbibliothekswesen im Wandel“51. Gemeinsam mit der Zentralbibliothek Zürich und der Universitätsbibliothek Bern wurden ein umfangreiches Programm zusammengestellt und drei einschlägige Ausstellungen realisiert. Digitale Karten waren 1994 für die meisten Bibliotheken und Kartensammlungen noch Neuland und die Tagung setzte wichtige Impulse. Es stellten sich Fragen nach der Erwerbung, Katalogisierung, Bereitstellung und Archivierung der neuen Medien wie Internetkarten, Geodatenbanken und CD-ROMS. Aber auch die Digitalisierung des eigenen (Alt-)Bestands sowie Veränderungen der Ansprüche der Benutzenden, die sich aus dem zunehmenden Einsatz der neuen Medien ergeben, mussten berücksichtigt werden. Denn die digitalen Karten „erzwingen […] eine umfassende Neubestimmung“52 der Kartensammlung, bieten aber auch Potentiale zur Weiterentwicklung.

Das umfangreiche Fachwissen, das sich die Mitarbeitenden der Kartensammlung der ETH-Bibliothek durch die nahezu zweijährigen Vorbereitungsarbeiten für die Tagung angeeignet hatten, sowie die Erkenntnisse aus der Tagung selbst, bildeten den Grundstein für die prägenden Entwicklungen, die von der Kartensammlung in den 90er und 2000er Jahren lanciert wurden. Jürg Bühler verfasste als Leiter der Kartensammlung verschiedene Leitpapiere: „Die Zukunft einer modernen Kartensammlung“ (1996), das Konzept „Von der Kartensammlung zum Zentrum für Rauminformation“ (2001) und die Überarbeitung des Konzepts „Von der Kartensammlung zum Zentrum für Geoinformation“ (2006). Es entstanden Produkte und Portale, welche eine Pionierfunktion einnahmen und die den Umgang mit digitalen Karten und Geodaten in Bibliotheken auch heute noch mitbestimmen:

•Da war einerseits die Weiternutzung der erfassten Katalogdaten des Kartenbestandes. Auch wenn mit Einführung des Online-Katalogsystems ETHICS Anfang der 90er Jahre nun Abfragen des Bibliotheksbestandes von überall her über das Internet möglich waren: Eine raumbezogene Suche, die auf den im Katalog erfassten Randkoordinaten der Kartenblätter basiert, konnte lange Zeit nicht umgesetzt werden. Daher nutzte die Kartensammlung ab dem Jahr 1997 für den Nachweis ihrer vorhandenen Kartenwerke das GIS-basierte System Toporama. Die bisher von Hand ergänzten Papierübersichtsnetze wurden nach Toporama übertragen, von den Mitarbeitenden der Katalogisierung nachgeführt und ab dem Jahr 1999 für die Nutzung im Lesesaal zur Verfügung gestellt.53Nachdem eine Weiterentwicklung von Toporama aus technischen Gründen nicht mehr möglich war, ist seit 2015 das Nachfolgetool „MapSeries“54 in Betrieb, dass die Nachführung der Kartenwerke direkt im Bibliothekskatalog sicherstellt.

•Trotz erster Rückschläge blieb die räumliche Suche im Bibliothekskatalog für J. Bühler ein Anliegen. Basierend auf seinen Überlegungen55 konnte dann im Jahr 2008 das national geförderte Projekt „Kartenportal.CH“56 gestartet werden, das den räumlichen Zugang zu den Karten in den Kartensammlungen der Schweiz ermöglichte; basierend auf den Katalogaufnahmen der Bibliotheken und Sammlungen.Dieses Portal war bei seiner Lancierung einzigartig und bildet noch heute den zentralen Einstieg in die Kartenbestände der Schweizer Bibliotheken. Als Fachportal löste Kartenportal.CH zudem die Linksammlung der von der Kartensammlung betriebenen Webseite World of Maps ab, die bis dahin mit mehr als 8 000 Verweisen57 eine zentrale Übersicht über die Welt der digitalen Karten ermöglicht hatte.

•Hinsichtlich der Versorgung der Hochschule mit digitalen Karten und Geodaten wurden von der Kartensammlung ab 1996 systematisch Produkte auf CD-ROM erworben.Im Jahr 2007 konnte eine Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Kartografie und Geoinformation (IKG) der ETH Zürich und der ETH-Bibliothek gestartet werden, um ein Webportal für den einfachen Zugang zu Geodaten des Bundes und der Kantone aufzubauen und zu betreiben. Entstanden ist das nationale Portal „GeoVITe“58, das seit 2010 von den ETH-Einrichtungen und seit 2017 auch von weiteren Schweizer Hochschulen genutzt wird.

9 Ein Einblick in die virtuelle Ausstellung zu Eduard Imhof (hier: Schulkarten)

•Zudem wurde bzw. wird der eigene Bestand an gedruckten Kartenmaterialien kontinuierlich digitalisiert. Zunächst handelte es sich um Einzelprojekte, um auf diese Weise erste Erfahrungen zu sammeln. So ging es etwa um Karten aus dem Legat von Eduard Imhof, die für die virtuelle Ausstellung „Eduard Imhof – Künstler und Kartograph“59 (1999, Abb. 9) verwendet wurden, oder um die Digitalisierung der alten Schweizer Landeskarten (Siegfriedkarten) für den Verkauf auf CD-ROMs (2002–2004)60.Seit dem Jahr 2013 wird nun der Kartenbestand im Kontext der Digitalisierungsplattform „e-rara.ch“61 systematisch digitalisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die digitalisierten Karten wiederum werden für neue und innovative Zugänge zu den Inhalten weiterverwendet (wie beispielsweise seit 2014 „ETHorama“62) und seit 2016 auch mit kooperativen Techniken und unter Einbezug der Öffentlichkeit (Crowdsourcing) zusätzlich georeferenziert.63 Auf diese Weise bleiben die digitalisierten Karten nicht bloß „Bilder“, sondern können gleich in Geoinformationssystemen und Raumwissenschaften genutzt werden.

Die digitale Welt bietet für die Kartensammlung also einerseits Chancen und Möglichkeiten, andererseits konfrontiert das Thema digitale Karten und Geodaten die Kartensammlung auch mit bemerkenswerten Herausforderungen:

•Mit dem Aufkommen und dem Erfolg von interaktiven Webkarten und entsprechend wachsendem Angebot haben die Besuchs- und Nutzungszahlen des physischen Bestands massiv abgenommen. Die Erwartungshaltung der Nutzenden – ob nun Hochschulangehörige oder Privatpersonen – geht seit Ende des letzten Jahrhunderts immer mehr in Richtung einer hohen Online-Verfügbarkeit der Karten und der Bereitstellung entsprechender Services.

•Digitale Karten, Geodaten und deren Speicherung und Webanbindungen bedürfen einer geeigneten Infrastruktur sowie gegebenenfalls der Beschaffung entsprechender Nutzungslizenzen. Diese Voraussetzungen verursachen Kosten, welche einzelne Institutionen nicht selbst tragen konnten oder wollten. Andererseits führten auch Konsortiallösungen nicht immer zum gewünschten Erfolg, wozu das Scheitern der Verhandlungen um die Umsetzung von Toporama IMS64 Anfang der 2000er Jahre lediglich ein gutes Beispiel ist. Mit zunehmender Datenmenge steigt der Speicherbedarf, wobei die sinkenden Speicherkosten den Mehrbedarf an Speicherplatz nur bedingt aufwiegen können.

•Anders als im klassischeren Bibliotheksumfeld – wie etwa bei der Erwerbung von elektronischen Monografien und Zeitschriften durch Bibliotheken – fehlen bei digitalen Karten und Geodaten noch verbindliche Standards, was den Vertrieb und die Bereitstellung digitaler Karten und beschreibender Metadaten durch staatliche und private Anbieter betrifft.Hieraus ergibt sich für die Kartensammlung ein beträchtlicher Aufwand bei der Qualitätssicherung der Aufnahmen sowie bei der Langzeitarchivierung der digitalen Daten, der nur teilweise durch technische Unterstützung reduziert werden kann.Wiederum betritt die Kartensammlung der ETH-Bibliothek hier Neuland und konnte im Jahr 2021 an dieser Stelle erste Erfahrungen sammeln, wobei die entsprechenden Prozesse durch das Pilotprojekt e-maps65 dokumentiert wurden.

Die Kartensammlung als Zentrum für Geoinformation

Bei einem umfangreichen gedruckten Kartenbestand von heute etwa 400 000 Kartenblättern, 1 250 Atlanten und einem breiten Angebot an digitalen Karten und Geodaten erfüllt die größte Kartensammlung der Schweiz zu weiten Teilen also bereits seit bald 20 Jahren viele Aspekte eines Zentrums für Raum- oder Geoinformation. Dies gilt sowohl für gedruckte als auch für digitale und digitalisierte Karten.

Mit der Weiter- und Neuentwicklung diverser Produkte und Zugänge in den letzten 10 Jahren hat die Kartensammlung konsequent dem wachsenden Nutzeranspruch nach online verfügbaren und weiter nutzbaren Inhalten entsprochen und die Entwicklung in das „Feld des raumbezogenen Wissensmanagements“66 weitergeführt. Der Bezug zu klassischen Aufgaben einer Kartensammlung mit physischen Beständen – wie Erwerbung, Erschließung, Vermittlung und Bewahrung – bleibt auch im Digitalen weiter bestehen: Mit der laufenden Anpassung der Erwerbungsstrukturen von gedruckten hin zu digitalen Karten, mit einer fortschreitenden Digitalisierung der gedruckten Bestände, der vertieften Klärung von Fragen hinsichtlich nutzerfreundlicher Zugänge sowie einer nachhaltigen Konservierung und Archivierung digitaler wie auch analoger Bestände sind solche klassischen Aufgaben weiterhin Teil der täglichen Arbeit. Und wie bereits vor 50 Jahren sind die fortschreitenden technischen Entwicklungen der maßgebende Treiber: Der Wandel im Bereich digitaler Karten ist noch lange nicht abgeschlossen.

Mit der Neubenennung der organisatorischen Einheit der Kartensammlung innerhalb der ETH-Bibliothek in „Karten und Geoinformation“ wird diesem Aspekt seit dem 1. Januar 2022 zusätzlich Rechnung getragen. So gelingt 50 Jahre nach der Eröffnung der Kartensammlung der schon zur Entstehungszeit geplante Schritt hin zu einem „Zentrum für Karten und Geoinformation“, sodass damit der weitere Weg für die kommenden 50 Jahre vorgezeichnet ist.

Anmerkungen

1Verzeichniss der für die Bibliothek des Schweizerischen Polytechnikums eingegangenen Geschenke. Zürich 1854–1897. ETH-Bibliothek, Hochschularchiv der ETH Zürich, EZ-ZWD-Bib01: 64.2.

2J. Zuber, J. L. Gsell: Grundriss der Stadt und des Bezirkes St. Gallen. [St. Gallen] 1835. ETH-Bibliothek, Karten und Geoinformation, Rar K 266 (https://doi.org/10.3931/e-rara-20767).

3Guillaume Henri Dufour: Topographische Karte der Schweiz. [Genf, Bern] 1845–1965. ETH-Bibliothek, Karten und Geoinformation, K P 610040.

4Rudolf Wolf: Bericht pro 1855. Zürich 25.12.1855. Abschrift. ETH-Bibliothek Zürich, Hochschularchiv der ETH Zürich, P 915868: 1855.

5Rudolf Mumenthaler, Yvonne Voegeli: Ohne Bibliothek keine Wissenschaft. Zur Geschichte der ETH-Bibliothek Zürich. In: Blättern & Browsen – 150 Jahre ETH-Bibliothek. Flawil 2005, S. 25–26.

6Stefan Sandmeier: ORL – Institut für Orts-, Regional und Landesplanung, ETH Zürich (1961–2002). In: Website des gta Archivs/ETH Zürich, Februar 2015 (https://archiv.gta.arch.ethz.ch/sammlungen/orl, 15.06.2021).

7Antrag an den Präsidenten des Schweizerischen Schulrates A. Rohn von E. Imhof. Zürich, 10. Dezember 1948, S. 1. ETH-Bibliothek, Hochschularchiv der ETH Zürich, EZ-ZWD-Bib01: 80.1.

8Antrag an A. Rohn von E. Imhof, S. 2 (vgl. Anm. 7).

9Paul Scherrer (1900–1992), Porträt. [Zürich] 1956. ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv, Portr 996.

10Paul Scherrer war zwischen 1947 und 1953 Oberbibliothekar und von 1953 bis 1963 Direktor der ETH-Bibliothek. Vgl. Oswald Stranzinger: Zweckmässigkeit und Benützernähe. Ein Blick über die Grenze auf das Schweizer Bibliothekswesen. In: Librarium, 3 (1960), Heft 2, S. 113–116.

11Ende 1948 belief sich der Gesamtbestand der ETH-Bibliothek auf 216 567 Bände und Broschüren sowie 1 234 056 Patentschriften. Vgl. Bericht und Rechnung über das Jahr 1948. ETH-Bibliothek Zürich, Hochschularchiv der ETH Zürich, P 9158968: 1948.

12Vgl. Paul Scherrer: Der Umbau der ETH-Bibliothek in den Jahren 1948 bis 1951. In: Schweizerische Bauzeitung, 70 (1952), Heft 14, S. 199–203.

13Antrag an den Präsidenten des Schweizerischen Schulrates A. Rohn von P. Scherrer. Durchschlag, nicht unterzeichnet. Zürich, 14. Dezember 1948, S. 1–4. ETH-Bibliothek, Hochschularchiv der ETH Zürich, EZ-ZWD-Bib01: 80.1.

14Antrag an A. Rohn von P. Scherrer, S. 2 (vgl. Anm. 13).

15Antrag an den Präsidenten des Schweizerischen Schulrates H. Pallmann von P. Scherrer. Zürich, 6. Januar 1949, S. 1. ETH-Bibliothek, Hochschularchiv der ETH Zürich, EZ-ZWD-Bib01: 80.1.

16Brief an Oberbibliothekar P. Scherrer vom Präsidenten des Schweizerischen Schulrates H. Pallmann. Zürich, 26. Januar 1949, S. 1. ETH-Bibliothek, Hochschularchiv der ETH Zürich, EZZWD-Bib01: 80.1.

17Brief an E. Imhof von P. Scherrer, [Zürich] 13. Juli 1949. ETH-Bibliothek, Hochschularchiv der ETH Zürich, EZ-ZWD-Bib01: 80.1

18Brief an B. Cuénoud von P. Scherrer, [Zürich] 13. Juli 1949. ETH-Bibliothek, Hochschularchiv der ETH Zürich, EZ-ZWD-Bib01: 80.1

19Brief an die Direktion der Nationalibliothek (Kungliga biblioteket) in Stockholm von P. Scherrer. [Zürich] 26. Juli 1949, S. 1. ETH-Bibliothek, Hochschularchiv der ETH Zürich, EZ-ZWD-Bib01: 80.1.

20Brief an den Präsidenten des Schweizerischen Schulrates H. Pallmann von A. Gansser. Zürich, 19. März 1964. ETH-Bibliothek, Hochschularchiv der ETH Zürich, EZ-ZWD-Bib01: 80.1.

21Concerne Collection de cartès à l’EPF. Brief an H. Pallmann von J.-P. Sydler. Zürich, 24. März 1964. ETH-Bibliothek, Hochschularchiv der ETH Zürich, EZ-ZWD-Bib01: 80.1.

22Eduard Imhof (1895–1986), Porträt. [Zürich] 1985. ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv, Portr 15631.

23Augusto Gansser (1910–2012), Porträt. [Zürich] um 1970. ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv, Portr 4827.

24Wilhelm Pleyer: Heinrich Gutersohn (1899–1996), Porträt. [Zürich] 1958. ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv, Portr 7146.

25Photographisches Institut der ETH Zürich: Ernst Winkler (1907–1987), Porträt. [Zürich] um 1960. ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv, Portr 4824.

26Besprechung vom Dienstag, 12. Mai 1964. ETH-Bibliothek, Hochschularchiv der ETH Zürich, EZ-ZWD-Bib01: 80.1.

27Ebenda.

28Wolfram Neubauer: Erwerbungsprofil der ETH-Bibliothek Zürich. Zürich 2012, S. 70–71 (https://doi.org/10.3929/ethz-a-007181217).

29Heute Teil der Universität Basel.

30Heute die Schweizerische Nationalbibliothek.

31Brief an P. Scherrer von J.-P. Sydler. [Zürich] 31. Januar 1964. Hochschularchiv der ETH Zürich, EZ-ZWD-Bib01: 80.1.

32Vgl. Jost Schmid-Lanter in diesem Band: Zur Geschichte der Kartensammlungen in Zürich.

33Besprechung vom Dienstag, 12. Mai 1964, S. 2 (vgl. Anm. 26).

34Ebenda.

35Eduard Imhof: Bericht über die Einrichtung einer Kartenbibliothek innerhalb der Hauptbibliothek der ETH. Zürich, 17. Juni 1964. Hochschularchiv der ETH Zürich, EZ-ZWD-Bib01: 80.1.

36Nach 30 Jahren, im Jahr 1994, umfasste die Kartensammlung 278 000 Einheiten. Vgl. ETH-Bibliothek: Jahresbericht 1994. Zürich 1995, S. 20 (https://doi.org/10.3929/ethz-b-000296432).

37Imhof, Bericht über die Einrichtung einer Kartenbibliothek, S. 1–2 (vgl. Anm. 35).

38ETH-Bibliothek: Jahresbericht 1965. Zürich 1966, S. 6. ETH-Bibliothek Zürich, Hochschularchiv der ETH Zürich, P 915868: 1966.

39ETH-Bibliothek: Jahresbericht 1970. Zürich 1971, S. 7. ETH-Bibliothek Zürich, Hochschularchiv der ETH Zürich, P 915868: 1970.

40ETH-Bibliothek: Jahresbericht 1971. Zürich 1972, S. 7. ETH-Bibliothek Zürich, Hochschularchiv der ETH Zürich, P 915868: 1971.

41J.-P. Sydler: [Rundbrief betreffend die Eröffnung der Kartensammlung an der ETH-Bibliothek]. Zürich, 2. Mai 1972. Hochschularchiv der ETH Zürich, EZ-ZWD-Bib01: 80.1.

42Jürg Bühler: Die Kartensammlung der ETH Zürich. [Zürich 2004]. Unveröffentlicht.

43Ruedi Nöthiger: Computereinsatz an der ETH-Bibliothek in Zürich. In: Ferrum. Nachrichten aus der Eisenbibliothek, 58 (1987), S. 72.

44ETH Library Information Control System (vgl. dazu Nöthiger, Computereinsatz, S. 73 ff. (vgl. Anm. 43)).

45Jürg Bühler: Die Kartensammlung der ETH-Bibliothek. Zürich 1985, S. 1

46Ebenda, S. 10.

47Bühler, Die Kartensammlung der ETH-Bibliothek. Zürich [2004], S. 159.

48ETH-Bibliothek, Lesesaal Kartenabteilung. [Zürich] 1991. ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv, Dia_328-52.

49Lesesaal Sammlungen und Archive. [Zürich] 2014. ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv, KOM_000086.

50Heute: Map & Geoinformation Curators Group (MAGIC). http://cartography.web.auth.gr/ICA-Heritage/MAGIC/index.html (24.11.2021).

51Vgl. Thomas Klöti: 9. Konferenz der Groupe des Cartothécaires de LIBER, 26.–30.09.1994 an der ETH-Zürich (ohne Jahr, unveröffentlicht). Vgl. ebenso ETH-Bibliothek, Jahresbericht 1994, S. 20 (vgl. Anm. 36).

52Hartmut Asche: Digitale Karten – eine Herausforderung für die Kartensammlung? In: Jürg Bühler und Lothar Zögner (Hrsg.): Die digitale Kartenbibliothek: eine Momentaufnahme. München 2004, S. 24.

53ETH-Bibliothek: Jahresbericht 1999. Zürich 2000, S. 8.

54Vgl. Sidney Manhart in diesem Band: MapSeries. Effizientes Erfassungswerkzeug für Kartenwerke.

55Vgl. Jürg Bühler: Kartenkataloge der Zukunft. Die graphische räumliche Suche. In: Jürg Bühler (Hrsg.): Die digitale Kartenbibliothek – eine Momentaufnahme. München 2004 (Kartensammlung und Kartendokumentation, Beiheft 1), S. 215–222.

56Vgl. Jost Schmid-Lanter in diesem Band: Zur Geschichte der Kartensammlungen in Zürich.

57Vgl. Jost Schmid-Lanter: Arbeitsgruppe Kartenbibliothekarinnen/Kartenbibliothekare Tätigkeitsbericht 2007. [Zürich] 2008.

58Vgl. Magnus Heitzler und Roman Walt in diesem Band: GeoVITe.

59Die archivierte Version der Webseite ist zu finden unter https://data-archive.ethz.ch/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=IE8028543 (24.11.2021).

60ETH-Bibliothek: Jahresbericht 2004. Zürich 2005, S. 27 (https://doi.org/10.3929/ethz-b-000296600).

61Vgl. Oliver Ammann in diesem Band: Die Kartensammlung der Zukunft.

62Vgl. Germano Giuliani und Melanie Lerch in diesem Band: Alles auf einer Karte. ETHorama – Ein geografischer Zugang zu digitalisierten Bibliotheksbeständen.

63Vgl. dazu auch Rainer Hugener in diesem Band: Georeferenzierung mittels Crowdsourcing. Erfahrungen aus dem Staatsarchiv des Kantons Zürich.

64Vgl. dazu auch Manhart, MapSeries (vgl. Anm. 54).

65Vgl. Ammann, Die Kartensammlung der Zukunft (vgl. Anm. 61).

66Asche, Digitale Karten. München 2004, S. 23 (vgl. Anm. 52).

FORSCHUNG UND LEHRE IN KARTOGRAFIEam Institut für Kartografie und Geoinformation an der ETH Zürich

Lorenz Hurni, Christian Häberling und René Sieber

Karten und kartenverwandte Darstellungen vermitteln dank generalisierter und symbolisierter Visualisierung von raumbezogenen Phänomenen und Prozessen Zusammenhänge in der realen oder gedachten Umwelt. Auch an der ETH Zürich werden diese Techniken in Lehrveranstaltungen für angehende Geomatikingenieurinnen und -ingenieure sowie Planerinnen und Planer vermittelt. Seit der Gründung des Instituts für Kartografie und Geoinformation im Jahre 1925 werden kartografische Aspekte in dieser Kommunikationswissenschaft erforscht. Neben Aufgaben in Forschung und Lehre ist das Institut auch zuständig für zwei Redaktionsmandate: den „Schweizer Weltatlas“ und den „Atlas der Schweiz“. Die Arbeiten an diesen Werken ermöglichen innovative kartografische Entwicklungen und tragen so zum international anerkannten Ruf der Professur für Kartografie bei.

Karten und Kartografie

Die Umwelt, in der wir uns bewegen, können wir als „Realwelt“ oder „Realraum“ bezeichnen. Karten sind demzufolge grafische Darstellungen oder Umsetzungen dieses Realraumes in Form von zweidimensionalen oder dreidimensionalen Repräsentationen auf einem Trägermedium wie Papier oder einem virtuellen Medium. Eine Karte ist also keine identische Kopie des Realraumes, sondern eine von unendlich vielen möglichen, modellartigen Repräsentationen der Welt oder von raumbezogenen Gegebenheiten, Phänomenen oder Prozessen, die in dieser Welt stattfinden.

Der Begründer des Instituts für Kartografie an der ETH Zürich, Prof. Eduard Imhof, meinte dazu in einem Radiointerview:

„Die Karte ist nicht automatisch eine Wiedergabe der Natur, sondern sie ist eine Neuerfindung, die nur mit der Natur eine möglichste Ähnlichkeit hat und einen bestimmten Zweck erfüllen muss. Nach diesem Zweck […] wird ein Bild neu gestaltet.“1

Die Karte ist also ein Modell oder eine Modellvorstellung, die anstrebt, möglichst nahe an die Realwelt heranzukommen und diese in ihren relevanten Aspekten (und meist verkleinert) darzustellen. Hierbei erfolgt ein Abstraktionsschritt, der in der Kartografie als Generalisierung bezeichnet wird. Dazu müssen zunächst die Objekte der Realwelt als solche erkannt, d. h. interpretiert und definiert werden. Beispielsweise wird eine komplexe Konstruktion zusammengefasst und damit semantisch vereinfacht zu einem Haus. Die Vereinfachung wird aber auch auf die Geometrie angewendet. So werden kleine Vorsprünge des Hauses weggelassen. Damit wird die Form derart verändert, dass sie auch im kleineren Maßstab, in dem weniger Platz auf einem Abbildungsmedium (wie auf Papier) zur Verfügung steht, unter Beibehaltung der Formcharakteristik verkleinert dargestellt werden kann. Schließlich erfolgt mit der Symbolisierung eine Umsetzung in ein grafisches Objekt mit spezifischen Eigenschaften wie Farbe, Textur, Strichstärke etc.

Das Institut resp. die Professur für Kartografie der ETH Zürich befasst sich seit Anbeginn in Forschung und Lehre mit dieser Prozesskette von Datenerfassung, Modellierung, Visualisierung und Nutzung von Karten und kartenverwandten Produkten. Dabei werden einerseits Methoden und Studien zur Verbesserung oder Neuentwicklung kartografischer Darstellungsformen, andererseits technische Verfahren zur Kartenproduktion auf verschiedensten Medien entwickelt.

Entwicklung der Professur für Kartografie

Als wichtiger Baustein des modernen Bundesstaates wurde 1848 in der Bundesverfassung die Schaffung einer Technischen Hochschule verankert. Damit sollte der Nachholbedarf des Landes hinsichtlich industrieller und technischer Infrastrukturen, Projekte und Prozesse unterstützt werden. Bereits 1855 konnte das Eidgenössische Polytechnikum (heute Eidgenössische Technische Hochschule, ETH) seinen Lehr- und Forschungsbetrieb aufnehmen. Zu den ersten Professoren gehörte auch Johannes Wild aus Richterswil (1814–1894), welcher die Professur für Geodäsie und Topografie bis 1889 innehatte.2 Als „Allrounder“ deckte er den ganzen Bereich der Vermessung und der Kartografie im Alleingang ab. Wild hatte sich bereits mit bedeutenden Kartenwerken wie der ersten topografischen Karte des Unteraargletschers (1843) und der für ihre Zeit punkto Qualität unerreichten topografischen Karte des Kantons Zürich („Wild-Karte“, 1842–1865) einen Namen gemacht und war damit prädestiniert für das Professorenamt an der ETH.

Steigende Studierendenzahlen erforderten die Aufstockung des Lehrkörpers und so konnte 1884 eine Assistentenstelle mit Wilds Schüler Fridolin Becker (1854–1922) besetzt werden.3 1890 wurde er zum Titularprofessor, 1901 zum ordentlichen Professor ernannt. Auch Becker verfügte über eine langjährige Erfahrung als Topograf und Kartograf. So wirkte er bei der Erstellung des Siegfriedatlas mit und schuf viele Kartenentwürfe, in denen er vor allem die Geländedarstellung in Form von mehrfarbigen Reliefkarten und Felsdarstellungen entscheidend weiterentwickelte und prägte.

Bereits 1886 erfolgte an der ETH die Einrichtung einer Unterabteilung für Kulturtechnik an der Land- und Forstwirtschaftlichen Schule. Nach einigen Reorganisationen, welche insbesondere die Vermessung stärkten, wurde 1920 die Abteilung für Kulturtechnik und Vermessung gegründet. Im Jahre 1933 wurde die Vermessung vollständig in die Abteilung integriert.4 Auch die Lehrveranstaltungen der Kartografie wurden damit den Studiengängen in Kulturtechnik und Vermessungsingenieurwesen zugeteilt.

In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg erkrankte Fridolin Becker schwer und so übernahm sein Schüler Eduard Imhof (1895–1986) 1919 kurz nach Studienabschluss einen Lehrauftrag für Plan- und Kartenzeichnen sowie Topografie. 1925 wurde er zum Professor ernannt und gründete „per Pinselstrich“ über der Institutstür im ETH-Hauptgebäude das „Kartographische Institut“ (später: Institut für Kartografie)5.

Damit hatte er wohl unbewusst das erste universitäre Institut für Kartografie gegründet. In den vierzig Jahren seiner Lehr- und Forschungstätigkeit an der ETH Zürich entwickelte er die Kartografie zu einem eigenständigen akademischen Fachgebiet, was sich in seinen Lehrbüchern „Gelände und Karte“ (1950/68), „Kartographische Geländedarstellung“ (1965) und „Thematische Kartographie“ (1972) niederschlug.

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