Lass mich dein Herz erobern - Daphne Clair - E-Book

Lass mich dein Herz erobern E-Book

Daphne Clair

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Der Unternehmer Gabriel Hudson ist entschlossen, die kühle Rhiannon Lewis zu erobern. Doch obwohl er alle Register zieht und der schönen Künstlerin sogar einen Auftrag anbietet, um sie zu beeindrucken, kommt er nicht weiter. Mal ein Essen, mal ein Spaziergang - aber hinter ihre Fassade schauen lässt die scheue Rhiannon ihn nicht. Sein Instinkt sagt ihm, dass er Geduld haben muss. Und weil er in Rhiannons grüne Augen inzwischen heftig verliebt ist, gelingt ihm das sogar. Mit überraschendem Ergebnis allerdings: Denn nach einer heißen Umarmung gibt Rhiannon zwar ihre Abwehr auf - offenbart Gabriel aber auch ein dramatisches Geheimnis …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 192

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



IMPRESSUM

Lass mich dein Herz erobern erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2003 by Daphne Clair Originaltitel: „The Determined Virgin“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 1626 - 2004 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Tina Beckmann

Umschlagsmotive: chainatp/GettyImages, Chinnapong/GettyImages, yotrak/GettyImages.

Veröffentlicht im ePub Format in 02/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733729721

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook.

1. KAPITEL

Rhiannon hasste Fahrstühle. Doch da an diesem Morgen die unteren Ebenen des Parkhauses bereits besetzt gewesen waren, stand sie nun vor der Wahl: Entweder sie schleppte den schweren Karton voller Keramikfliesen, den sie in den Armen hielt, vier Stockwerke hoch, oder sie nahm den Aufzug, wie jeder normale Mensch es an ihrer Stelle getan hätte.

Und war es nicht genau das, was sie seit nunmehr fünf Jahren zu tun versuchte? Sich zu verhalten wie ein ganz normaler Mensch?

Einen Moment lang stand sie zögernd vor den einladend geöffneten Türen. Dann atmete sie tief durch und stieg ein. Sie drückte den Knopf für die vierte Etage und war froh, der einzige Fahrgast zu sein.

Die Türen schlossen sich bereits, als sich im letzten Moment eine kräftige Hand dazwischenschob und ein großer, schlanker Mann durch die Lücke schlüpfte. Instinktiv wich Rhiannon zurück, bis sie die Kabinenwand im Rücken spürte.

Der Mann nickte ihr kurz zu und warf einen flüchtigen Blick auf die Fahrstuhlknöpfe. Dann schlossen sich die Türen endgültig.

Es ist okay, sagte Rhiannon sich. Er ist nur ein ganz normaler Mann. Sie blickte unauffällig in seine Richtung und bemerkte erschrocken, dass er sie träge unter halb geschlossenen Augenlidern musterte. Lässig gegen die Seitenwand gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt, ließ er den Blick über ihr kinnlanges dunkelbraunes Haar, den cremefarbenen Pulli und den moosgrünen Rock gleiten.

Rhiannon spürte ein leichtes Prickeln im Nacken, und ihr Herzschlag beschleunigte sich. Sie zwang sich, gleichmäßig zu atmen und die Ruhe zu bewahren. Unwillkürlich drückte sie den Karton fester an sich und hielt den Blick starr auf die Fahrstuhlknöpfe gerichtet. Obwohl sie den Unbekannten höchstens zwei Sekunden lang angesehen hatte, war ihr dennoch nicht entgangen, dass er ausnehmend gut aussah.

In dem eleganten grauen Geschäftsanzug bewegte er sich so selbstverständlich, als wäre er darin auf die Welt gekommen. Seine klassischen Gesichtszüge hingegen schienen eher einer griechischen Götterstatue zu entstammen und wirkten in diesem staubigen Parkhaus mitten in Auckland merkwürdig fehl am Platz. Verstärkt wurde dieser Eindruck noch durch sein honigblondes, leicht gewelltes Haar, das von sonnengebleichten Strähnen durchzogen war.

Als der Aufzug anhielt und die Türen sich öffneten, ließ der Mann Rhiannon höflich den Vortritt. Sie hob den Karton ein wenig an und strebte entschlossen auf die kurze Treppe zu, die zum Parkdeck führte.

Kaum hatte sie die erste Stufe betreten, als sie eine leichte Berührung auf ihrem Arm spürte.

„Dieses Ding scheint ziemlich schwer zu sein. Lassen Sie mich Ihnen helfen.“

Erschrocken fuhr Rhiannon herum. Dabei kam ihr Fuß auf der glatten Treppe ins Rutschen, sie verlor das Gleichgewicht und stürzte so unglücklich, dass sie mit dem Ellbogen an der Kante einer Steinstufe aufschlug und der Karton ihren Händen entglitt.

Laut scheppernd fielen die Fliesen heraus und schlitterten über den Boden. Der Mann stieß einen Fluch aus, doch Rhiannon nahm es kaum wahr. Wie betäubt ließ sie sich auf die Treppe sinken und biss die Zähne zusammen, um nicht vor Schmerz laut aufzuschreien.

„Meine Güte, das tut mir schrecklich leid!“ Die tiefe männliche Stimme war plötzlich ganz nah.

Zu nah.

Mit angstgeweiteten Augen blickte Rhiannon direkt in das Gesicht des griechischen Gottes, das nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt war.

Seine Augen waren eisblau. Sie wirkten jedoch nicht kalt, sondern drückten Schuldgefühle und ehrliche Besorgnis aus. „Sind Sie verletzt?“, erkundigte er sich und kniete sich vor sie hin, ohne auf den schmutzigen Boden zu achten. „Lassen Sie mich mal sehen.“ Er beugte sich noch tiefer über sie, so dass sie direkt auf seinen welligen Scheitel blickte. Ein angenehm würziger Citrusduft stieg ihr in die Nase.

Noch bevor er sie erneut berühren konnte, zuckte Rhiannon zurück und schüttelte abwehrend den Kopf. „Schon gut. Ich bin gleich wieder okay.“

„Sie sind weiß wie die Wand“, stellte der Mann nüchtern fest.

Kein Wunder, dachte Rhiannon. Genauso fühlte sie sich auch. Zum Glück ließ wenigstens das Schwindelgefühl allmählich nach. „Ich bin völlig in Ordnung“, beharrte sie, doch als sie Anstalten machte aufzustehen, drückte der Mann sie sanft, aber bestimmt auf die kalten Stufen zurück.

„Nicht bewegen!“, ordnete er an. „Besser, Sie bleiben noch einen Augenblick sitzen.“ Als Rhiannon versuchte, seine Hand abzuschütteln, fügte er beschwichtigend hinzu: „Immer mit der Ruhe. Ich werde Ihnen nichts tun.“

Sein bestimmter und zugleich beruhigender Tonfall bewirkte, dass ihre Panik sich allmählich legte. Er wird dir nichts tun, redete sie sich im Stillen zu und bemerkte zu ihrer eigenen Überraschung, dass von der warmen, kräftigen Hand auf ihrer Schulter etwas beinah Tröstliches ausging.

Einen Augenblick später ließ er sie wieder los und begann, die Fliesen aufzusammeln und in den Karton zurückzulegen.

„Einige sind zerbrochen“, stellte er fest. „Selbstverständlich werde ich für den Schaden aufkommen.“

„Nicht nötig“, erklärte Rhiannon hastig. „Ich hätte sie ohnehin zerschlagen.“

Der Mann hielt in der Bewegung inne und blickte überrascht auf. „Stressabbau?“, erkundigte er sich lächelnd.

„Die Fliesen sind für ein Mosaik bestimmt“, antwortete sie widerstrebend.

„Ein Mosaik … Hm. Machen Sie das beruflich?“

Rhiannon zögerte. Komm schon, ermahnte sie sich. Es ist nur eine höfliche Frage. „Nicht ganz“, erwiderte sie ausweichend.

Als keine weiteren Erklärungen folgten, verzog der Fremde leicht spöttisch die Lippen und klappte den Deckel des Kartons zu. „Wie geht es Ihnen jetzt?“, erkundigte er sich.

„Bestens“, versicherte Rhiannon und schob sich entschlossen den Träger ihrer Umhängetasche über die Schulter. Beim Aufstehen zuckte sie allerdings vor Schmerz zusammen.

Der Mann runzelte die Stirn. „Sind Sie sicher, dass Sie sich nichts gebrochen haben?“

Rhiannon bewegte probeweise ihren Unterarm. Es fühlte sich unangenehm an, aber sie ließ sich nichts anmerken und sagte nur: „Es ist eine Prellung, weiter nichts.“

„Trotzdem“, erklärte er bestimmt und griff nach dem Karton. „Ich werde das hier auf jeden Fall für Sie tragen.“

Da Widerspruch offenbar zwecklos war, gab Rhiannon nach und begann, die Treppe hinaufzusteigen. Dabei war sie sich seiner Schritte dicht hinter ihr überdeutlich bewusst.

„Kann ich noch etwas für Sie tun?“, erkundigte sich der Mann, nachdem er den Karton im Gepäckraum von Rhiannons Kombi verstaut hatte.

„Nein, danke. Sie haben bereits genug getan.“

„Oje, ich verstehe“, sagte er und machte ein zerknirschtes Gesicht.

„Ich meinte nicht …“, begann Rhiannon verlegen, doch er lachte nur und winkte ab.

„Tja, also dann nochmals vielen Dank.“

„Wofür? Dass Sie sich meinetwegen verletzt haben?“

„Es war nicht Ihre Schuld.“

Das war nur zu wahr.

Jede andere Frau hätte das Hilfsangebot eines so attraktiven Mannes vermutlich liebend gern akzeptiert. Sie jedoch hatte es so eilig gehabt, ihm zu entfliehen, dass sie dabei über ihre eigenen Füße gestolpert war.

„Gibt es jemanden, der Ihnen später beim Ausladen hilft?“

„Ja“, erwiderte Rhiannon kurz angebunden. Dann öffnete sie die Fahrertür und stieg ein.

Mit bedauernder Miene schloss der Fremde die Tür für sie, hob grüßend die Hand und trat zurück.

Als Rhiannon beim Hinausfahren durch den Rückspiegel blickte, sah sie, dass er immer noch an derselben Stelle stand und ihr nachblickte.

Gabriel Hudson schob die Hände in die Hosentaschen und wippte einige Male auf den Absätzen hin und her.

Tja, Hudson, dachte er selbstironisch. Nicht ganz dein üblicher Stil.

Nicht, dass es zu seinen Gewohnheiten gehörte, fremde Frauen in Parkhäusern anzusprechen, aber er konnte sich nicht daran erinnern, dass ihn jemals ein weibliches Wesen so unmissverständlich hatte abblitzen lassen.

Schon bevor er sich für einen Spottpreis in die angeschlagene Firma eingekauft, ihren Namen geändert und sie zu einem der erfolgreichsten Privatunternehmen Neuseelands gemacht hatte, war er in puncto Frauen ausgesprochen erfolgsverwöhnt gewesen. Er wusste um die Wirkung, die sein Aussehen auf das schöne Geschlecht ausübte, und manchmal gab es sogar Momente, da es ihm lästig war. Jedenfalls pflegte es Frauen normalerweise nicht abzuschrecken.

Die schöne Unbekannte jedoch war sofort in die hinterste Ecke der Kabine zurückgewichen, sobald er den Aufzug betreten hatte, und hatte jeden Blickkontakt vermieden. Das hatte ihm die Gelegenheit verschafft, sie kurz in Augenschein zu nehmen, bevor sie aufgeschaut und ihn bei seiner Musterung ertappt hatte.

Ungeschminkte, sinnlich volle Lippen. Glänzendes rotbraunes Haar. Feiner, makelloser Teint. Von ihrer Figur hatte er wegen des großen Kartons leider nicht viel sehen können. Allerdings war ihr Rock gerade kurz genug gewesen, um ihre wohlgeformten Beine zu enthüllen.

Sie hatte beinah sofort wieder weggeschaut und dabei die weichen Lippen zusammengepresst.

Zu seiner Überraschung hatte er einen heftigen Anflug von Begehren verspürt, wobei er sich wie ein unreifer Teenager vorgekommen war. Sein spontanes Angebot, ihr den Karton zu tragen, war nicht ganz uneigennützig gewesen. Natürlich hatte er dabei keine Verführungsszene im Treppenhaus im Auge gehabt, aber es hatte ihm widerstrebt, sie einfach so gehen zu lassen. Dieser eine Blick im Fahrstuhl hatte genügt, um seine Neugierde zu wecken.

Er hätte sie nicht berühren dürfen. Denn das war schließlich der Grund gewesen, warum sie wie ein verschrecktes Reh zurückgesprungen und auf den Stufen ausgerutscht war.

Gabriel sah wieder ihr weißes Gesicht vor sich, die grünen Augen, in denen nackte Panik stand, die vor Schmerz zusammengepressten Lippen. „Verflixt!“, murmelte er leise vor sich hin.

Danach hatte er nichts weiter tun können, als sie zu ihrem Wagen zu begleiten und zu hoffen, dass er diese unerfreuliche Episode möglichst schnell wieder vergaß.

Um ihren zunehmend steifer werdenden Arm zu schonen, fuhr Rhiannon so langsam und vorsichtig, wie sie konnte, ohne den Verkehr zu behindern.

Als sie an einer roten Ampel halten musste, zwang sie sich, ihren verkrampften Griff ums Lenkrad zu lösen und ihre Finger zu strecken. Noch immer glaubte sie, die Hand des Fremden auf ihrer Schulter zu spüren. Sie hatte sich stark, aber nicht bedrohlich angefühlt. Am meisten hatten sie jedoch seine Augen beeindruckt. Sie waren von einem klaren Eisblau, das sie an einen sonnigen Wintermorgen erinnerte, und konnten unvermittelt zu Silbergrau wechseln. Als sie ihn im Aufzug dabei ertappt hatte, wie er sie ansah, hatte sie ein flüchtiges Aufflackern von Bewunderung darin entdeckt. Nach ihrem Sturz auf der Treppe hatten Reue und Besorgnis darin gelegen und später eine beunruhigende Neugier.

Bei der Erinnerung durchströmte sie jähe Hitze. Sie spürte ein seltsames Flattern im Magen und musste sich eingestehen, dass die kurze Episode sie stärker aus der Bahn geworfen hatte, als ihr lieb war.

Nachdem sie ihren Wagen vor der alten Villa in Mount Albert geparkt hatte, die sie sich mit ihrer Freundin Janette teilte, nahm sie einen Stapel Fliesen aus dem Karton im Kofferraum und trug sie in eins der ehemaligen Schlafzimmer, das sie zur Werkstatt umfunktioniert hatte.

Ihre neue Galerie in der Innenstadt verfügte zwar ebenfalls über einen Raum, in dem sie arbeiten konnte, aber ihr derzeitiger Auftrag, ein Altaraufsatz für eine Kirche, war zu groß dazu.

Sobald Janette nach Hause kam, die zum Glück Krankenschwester war, tastete sie sorgfältig Rhiannons Arm ab und bewegte ihn vorsichtig hin und her. „Wahrscheinlich ist nichts gebrochen“, stellte sie schließlich fest. „Aber sicherheitshalber solltest du trotzdem zu einem Arzt gehen.“

Nach dem Abendessen packte Rhiannon einige Fliesen in Zeitungspapier und schlug mit einem Hammer darauf. Dann begann sie, die einzelnen Stücke in das Mosaik einzusetzen. Kurz darauf war sie so tief in ihre Arbeit versunken, dass sie an nichts anderes mehr dachte.

Als Rhiannon am darauf folgenden Freitag erneut das Parkhaus betrat, hörte sie plötzlich eine dunkle, ruhige Männerstimme hinter sich. Ein Schauer, der mit Angst nichts zu tun hatte, lief ihr über den Rücken.

Der griechische Gott.

Sie drehte sich um und sah ihn lächelnd auf sie zukommen.

„Hallo! Wie geht es Ihrem Arm?“

„Danke, gut.“ Zögernd erwiderte sie sein Lächeln.

Er warf einen kurzen Blick auf den tiefroten Bluterguss an ihrem Ellbogen und stellte sachlich fest: „Sieht aber noch ziemlich gefährlich aus.“ Als er behutsam mit dem Finger darüber strich, zuckte Rhiannon merklich zusammen. Sofort zog er seine Hand zurück. „Tut mir leid!“, sagte er und blickte überrascht auf. „Ist die Stelle noch so empfindlich?“

„Nein“, erwiderte Rhiannon, trat aber demonstrativ ein Stück zur Seite.

In seinen Augen blitzte es kurz auf. „Schon verstanden. Dann … entschuldige ich mich für meine Aufdringlichkeit.“

„Keine Ursache“, entgegnete sie kühl und wandte sich Richtung Treppe. Insgeheim ärgerte sie sich, dass sie ihn wie einen Sittenstrolch behandelte, obwohl er ihr keinerlei Anlass dazu gegeben hatte. Seine Berührung war so leicht gewesen, dass sie sie kaum gespürt hatte.

„Sie nehmen nicht den Aufzug?“

Rhiannon schüttelte den Kopf und gab ihre in solchen Fällen übliche Erklärung ab. „Treppensteigen gehört zu meinem Fitnessprogramm.“

„Offensichtlich funktioniert es“, bemerkte er und ließ anerkennend den Blick über ihre schlanke Figur gleiten.

Sofort wurde Rhiannon wieder beklommen zu Mute, und sie wandte hastig den Blick ab.

„Sieht so aus, als müsste ich mich schon wieder entschuldigen“, meinte Gabriel trocken, während er Seite an Seite mit ihr die Treppen erklomm.

Unfähig, ein Wort herauszubringen, schüttelte sie den Kopf. Ihr Verstand sagte ihr, dass sie sich irrational, ja geradezu lächerlich verhielt. Nichts war geschehen, außer dass ein attraktiver Mann ihr zu verstehen gegeben hatte, dass er sie anziehend fand. Die meisten Frauen hätten sich geschmeichelt gefühlt und wären charmant lächelnd auf den kleinen Flirt eingegangen.

Wieder einmal wurde ihr schmerzlich bewusst, dass sie nicht wie die meisten Frauen war.

Nach einer Weile brach Gabriel das Schweigen. „Ich habe das Gefühl, Ihnen eine kleine Wiedergutmachung schuldig zu sein. Darf ich Sie zu einem Kaffee einladen? Oder vielleicht zum Abendessen?“

„Sie schulden mir gar nichts“, entgegnete Rhiannon schroff.

Er neigte leicht den Kopf und sah sie aufmerksam an. „Warum sind Sie so abweisend? Sind Sie verheiratet? Oder haben Sie einen festen Freund?“

„Nein!“, stieß sie heftig hervor. Die unverblümte Frage hatte ihr einen Moment lang völlig die Fassung geraubt.

„Dann verabscheuen Sie mich also. Na ja, nach diesem unseligen Unfall kann ich es Ihnen nicht einmal übel nehmen.“

„Ich verabscheue Sie nicht. Ich … ich kenne Sie ja gar nicht.“

Sogleich hellte sich seine Miene auf. „Das lässt sich leicht ändern.“ Unvermittelt blieb er stehen und zog eine Geschäftskarte aus seiner Tasche. „Gabriel Hudson“, stellte er sich vor und reichte Rhiannon die Karte.

Als sie das vertraute Logo mit dem geflügelten Engel erblickte, traute sie ihren Augen nicht.

Der griechische Gott war Gabriel Hudson, der Besitzer von Angelair!

Die bekannte Luftfrachtgesellschaft flog nicht nur in Neuseeland, sondern in der ganzen Welt. Neulich hatte Rhiannon in einem Zeitungsartikel gelesen, dass Hudson, obwohl erst knapp über dreißig, bereits zu den zehn erfolgreichsten Unternehmern des Landes gehörte. In den Berichten der Regenbogenpresse über die wilden Partys der Schönen und Reichen jedoch tauchten niemals Fotos von ihm auf. Sein Privatleben hielt er streng unter Verschluss.

„Ich bin auch eine Kundin von Ihnen“, platzte Rhiannon heraus. Sogleich ärgerte sie sich über ihre naive Bemerkung. Welcher Händler in Neuseeland hatte die Dienste von Angelair wohl noch nicht in Anspruch genommen?

Gabriel lächelte. „Wir haben Ihre Mosaike transportiert?“

„Ja, aber auch andere Kunstgegenstände, Bücher …“

„Bücher?“

„Ich habe eine Galerie, in der ich auch Bücher verkaufe.“

„Klingt interessant. Wo denn?“

Sie hatte schon zu viel verraten. „In der high Street“, antwortete sie zögernd. „Ich habe erst vor einigen Wochen eröffnet.“

Obwohl die Miete in Anbetracht der zentralen Lage günstig war, betrug sie doch das Doppelte von dem, was Rhiannon für ihren kleinen Laden in der Vorstadt bezahlt hatte. Sie hoffte jedoch, die Mehrkosten durch zusätzliche Laufkundschaft und die Umstellung auf ein exklusiveres Angebot wieder hereinzubekommen.

„Und wie heißt Ihre Galerie?“

Es gab keinen Grund, nicht auf die Frage zu antworten.

„Mosaika.“

In dem Moment kam hinter ihnen ein junger Mann die Treppen herauf, der es offenbar sehr eilig hatte. Ohne große Umstände umfasste Gabriel Rhiannons Taille und zog sie aus dem Weg.

Sekundenlang berührten sich ihre Schultern und Hüften, und wieder nahm Rhiannon den herben Citrusduft wahr, der ihr schon bei ihrer ersten Begegnung aufgefallen war. Sie erschauerte, und plötzlich fiel ihr das Atmen schwer.

Sobald der junge Mann mit einem flüchtig gemurmelten „Danke!“ an ihnen vorbeigehastet war, ließ Gabriel sie wieder los.

„Ich weiß übrigens noch gar nicht, wie Sie heißen“, stellte er unvermittelt fest.

„Rhiannon.“ Gegen ihre sonstige Gewohnheit fügte sie hinzu: „Rhiannon Lewis.“

„Rhiannon“, wiederholte er und ließ dabei genüsslich die Silben über die Zunge rollen. „Ein walisischer Name, stimmt’s?“

„Ursprünglich ja.“

„Ich würde gerne einmal in Ihre Galerie kommen“, verkündete er plötzlich und fügte wie beiläufig hinzu: „Vielleicht gelingt es mir ja dann, Sie auf einen Kaffee zu entführen?“

Gabriel Hudson war eine bekannte, allgemein respektierte Persönlichkeit. Er verfügte über ausgesucht höfliche Manieren, war nicht nur reich und erfolgreich, sondern sah außerdem noch umwerfend gut aus. Vermutlich gab es nur wenige Frauen, die sich eine solche Gelegenheit entgehen lassen würden. Wenn sie ihm jetzt einen Korb gab, würde er vermutlich mit einem Schulterzucken zur Tagesordnung übergehen und keinen weiteren Gedanken mehr an sie verschwenden. Zu ihrer Überraschung versetzte diese Vorstellung Rhiannon einen Stich. Dennoch behielten ihre Ängste die Oberhand. „Ich lasse meinen Mitarbeiter nur ungern während der Geschäftszeit allein“, wandte sie ein.

„Und danach?“

„Muss ich die Abrechnung machen.“

Sie sah Gabriels skeptischen Gesichtsausdruck, das spöttische Lächeln, das um seine Lippen spielte. Wolltest du nicht lernen, dich wie eine ganz normale Frau zu benehmen? höhnte eine innere Stimme, und ehe sie es sich anders überlegen konnte, hörte sie sich sagen: „Das dauert ungefähr eine halbe Stunde. Wir schließen um sechs. Außer samstags, da machen wir schon um zwei zu.“

Sie hatte es tatsächlich getan, hatte diesem wildfremden Mann unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie seine Einladung akzeptierte.

Gabriel hatte die Botschaft verstanden und nickte. Er begleitete sie noch zu ihrem Auto, und als sie davonfuhr, winkte er ihr zum Abschied nach.

Tief in Gedanken versunken, machte Gabriel sich auf den Weg zu seinem eigenen Wagen. Nach ihrer ersten Begegnung hatte er versucht, sich einzureden, die junge Frau aus dem Parkhaus ginge ihm nur deshalb nicht aus dem Kopf, weil er ihr gegenüber Schuldgefühle hatte. Doch spätestens seit dem heftigen Adrenalinstoß, den ihr unerwarteter Anblick heute in ihm ausgelöst hatte, wusste er es besser. Vor Aufregung hatte er sogar feuchte Hände bekommen. So etwas war ihm nicht mehr passiert, seit er als Teenager zum ersten Mal ein Mädchen um ein Rendezvous gebeten hatte.

Am liebsten hätte er sie so lange festgehalten, bis er alles über sie in Erfahrung gebracht hatte. Doch das wäre sicher keine gute Idee gewesen, denn wie schon bei ihrer ersten Begegnung war sie auch heute fast panisch vor seiner Berührung zurückgeschreckt.

Nachdem sie seinen Namen auf seiner Geschäftskarte gelesen hatte, war sie ein wenig aufgetaut. Allerdings hatte sie sich selbst dann noch so distanziert verhalten, dass er überrascht war, als sie seine Einladung plötzlich doch noch annahm.

Nachdenklich stieg er in sein Auto und ließ den Motor an.

Rhiannon.

Er mochte den melodischen Klang ihres Namens. Genauso, wie seine Besitzerin es ihm vom ersten Augenblick an angetan hatte. Er warf einen Blick in den Rückspiegel und fuhr aus der Parklücke heraus. Ob sie sich allen Männern gegenüber so zugeknöpft verhält? überlegte er. Was konnte wohl ein solches Misstrauen in einer Frau auslösen?

Sogleich liefen die verschiedensten Horrorszenarien vor seinem inneren Auge ab, und nach einer Weile stellte er fest, dass er das Lenkrad umklammerte, als wollte er jemanden erdrosseln.

Jetzt mach mal halblang, Hudson! rief er sich zur Ordnung. Nur, weil diese Frau nicht gleich vor dir in die Knie gegangen ist, muss noch lange kein traumatisches Erlebnis dahinter stecken.

Sicher war sie einfach nur ein spröder Typ, und vermutlich war es gerade das, was ihn an ihr reizte. Das und die ungewohnte Erfahrung, dass er es offenbar mit einer Frau zu tun hatte, die gegen seinen Charme immun war.

2. KAPITEL

Nachdem Gabriel beschlossen hatte, die Dinge langsam angehen zu lassen, ließ er sich bewusst zwei Wochen Zeit, bevor er zum ersten Mal bei Mosaika auftauchte.

Kurz vor Ladenschluss betrat er die Galerie. Rhiannon stand hinter dem Verkaufstresen und war in ein Gespräch mit einem Kunden vertieft, so dass sie sein Eintreten nicht bemerkte.

Gelassen schlenderte Gabriel durch den Raum und betrachtete interessiert die ausgestellten Bilder, Skulpturen und anderen Kunstgegenstände, wobei er den Mosaikarbeiten besonders viel Aufmerksamkeit schenkte. Dann ließ er den Blick über die Bücherregale gleiten, während er mit halbem Ohr dem Gespräch am Tresen lauschte.

Rhiannons Stimme klang warm und selbstsicher, während sie ihrem Kunden fachkundig erklärte, mit welchen Techniken das Keramikgefäß, für das er sich entschieden hatte, gebrannt und glasiert worden war. Sie bot ihm an, das Stück als Geschenk zu verpacken, und als sie damit fertig war, bedankte sie sich und verabschiedete ihn mit einem charmanten Lächeln.

Kurz darauf verließen die letzten beiden Kunden, ein junges Mädchen mit seiner Mutter, ebenfalls die Galerie. Gabriel nahm einen Bildband über pazifische Schnitzkunst aus einem der Bücherregale und ging damit zum Tresen.

Bei seinem Anblick trat ein nervöser Ausdruck in Rhiannons Augen, und ihre eben noch so gelösten Züge verspannten sich fast unmerklich. Das war nicht ganz die Reaktion, die Gabriel sich erhofft hatte, aber wenigstens schien sein Erscheinen sie nicht völlig kalt zu lassen.

Er setzte ein möglichst harmloses Lächeln auf, legte das Buch auf den Tresen und holte seine Kreditkarte heraus.

Schweigend zog Rhiannon die Karte durchs Lesegerät, schlug das Buch geschickt in einen Bogen Papier ein und überreichte es ihm. Als Gabriel es entgegennahm, widerstand er der Versuchung, mit den Fingerspitzen über ihre Hand zu streichen.

„Vielen Dank … Rhiannon“, sagte er und bemerkte das kurze Aufflackern in ihren Augen, als er sie beim Vornamen nannte. „Sagen Sie, ist das von Ihnen?“, erkundigte er sich und deutete auf ein Mosaik, das an der Wand hing. Es zeigte einen Pukekovogel mit leuchtend blauem Gefieder, der auf seinen langen Beinen durch einen schilfbewachsenen Wasserlauf stakste.

Rhiannon folgte seinem Blick und schüttelte den Kopf. „Nein, dieses nicht.“

„Und die Dekoration um die Eingangstür?“ Er hatte sofort gewusst, dass er die Galerie gefunden hatte, als er die farbenfrohen Wirbel und Spiralen entdeckt hatte, die förmlich zum Eintreten einluden.

„Die ist von mir“, bestätigte sie.

„Ich muss sagen, ich bin beeindruckt.“ Anerkennend ließ Gabriel den Blick durch den Raum gleiten. „Die Galerie ist wirklich erstklassig.“

„Danke.“