Leben des Galilei von Bertolt Brecht: Reclam Lektüreschlüssel XL - Bertolt Brecht - E-Book

Leben des Galilei von Bertolt Brecht: Reclam Lektüreschlüssel XL E-Book

Bertolt Brecht

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Beschreibung

Reclam Lektüreschlüssel XL – hier findest du alle Informationen, um dich zielsicher und schnell vorzubereiten: auf Klausur, Referat, Abitur oder Matura! Differenziert, umfassend, übersichtlich! - Präzise Inhaltsangaben zum Einstieg in den Text - Klare Analysen von Figuren, Aufbau, Sprache und Stil - Zuverlässige Interpretationen mit prägnanten Textbelegen - Informationen zu Autor:innen und historischem Kontext - Hilfreiche Infografiken, Abbildungen und Tabellen - Aktuelle Literatur- und Medientipps - Prüfungsaufgaben mit Lösungshinweisen - Zentrale Begriffe und Definitionen als Lernglossar Brechts Theaterstück erzählt in der dritten und letzten Berliner Fassung von 1955 15 Szenen aus dem Leben des italienischen Physikers Galileo Galilei, der durch seine astronomischen Beobachtungen das alte ptolemäische Weltbild in Frage stellt. Er gerät in einen Konflikt mit der offiziellen Lehre der Kirche und soll schließlich vor der Inquisition widerrufen. Wie entscheidet sich der Wissenschaftler, der Intellektuelle unter dem Druck der politisch-gesellschaftlichen Verhältnisse? Diese Frage spielt Brecht an der historischen Figur des Galilei durch.

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Seitenzahl: 145

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Bertolt Brecht

Leben des Galilei

SchauspielLektüreschlüssel XL für Schülerinnen und Schüler

Von Maximilian Nutz

Reclam

Dieser Lektüreschlüssel bezieht sich auf folgende Textausgabe:

Bertolt Brecht: Leben des Galilei. Schauspiel. Berlin: Suhrkamp, 772016. (edition suhrkamp. 1.)

 

E-Book-Ausgaben finden Sie auf unserer Website

unter www.reclam.de/e-book

 

 

Lektüreschlüssel XL | Nr. 15517

2020 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2020

RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN 978-3-15-961677-3

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-015517-2

www.reclam.de

Inhalt

1. Schnelleinstieg2. Inhaltsangabe1. Szene2. Szene3. Szene4. Szene5. Szene6. Szene7. Szene8. Szene9. Szene10. Szene11. Szene12. Szene13. Szene14. Szene15. Szene3. FigurenFigurenkonzeptionFigurenkonstellationCharakterisierung der Figuren4. Form und literarische Technik5. Quellen und Kontexte6. InterpretationsansätzeHeld oder VerbrecherWissenschaft und GesellschaftWissenschaft und Weltbild7. Autor und Zeit8. Rezeption9. Wort- und Sacherläuterungen10. Prüfungsaufgaben mit LösungshinweisenAufgabe 1: Produktive Auseinandersetzung mit einer Figur: Schreiben eines inneren MonologsAufgabe 2: Analyse und Interpretation einer Dramenszene mit weiterführendem SchreibauftragAufgabe 3: Analyse und Interpretation einer Textstelle mit einem ErörterungsauftragAufgabe 4: Literarische Erörterung der Form und Gestaltungsweise von Bertolt Brechts Leben des Galilei11. Literaturhinweise/MedienempfehlungenTextausgabenZu Autor und WerkZur Interpretation von Leben des GalileiVerfilmung und Hörbuch12. Zentrale Begriffe und Definitionen

1. Schnelleinstieg

Autor

Bertolt Brecht (1898–1956), bedeutender deutscher Schriftsteller des 20. Jh.s, schuf ein umfangreiches lyrisches und dramatisches Werk, das teilweise in der Zeit im Exil zwischen 1933 und 1947 entstand.

Gattung

Schauspiel

Entstehung, Veröffentlichung, Uraufführung

Drei Fassungen: 1. dänische Fassung: entstanden 1938/39; Uraufführung 1943 in Zürich; Erstdruck als Bühnenmanuskript 19482. amerikanische Fassung: entstanden 1944–47; Uraufführung 1947 in Beverly Hills; hektographiertes Bühnenmanuskript 19483. Berliner Fassung: entstanden 1947–56; Uraufführung 1955 in Köln; Erstdruck 1955 in Versuche 19, Heft 14; diese Fassung ist die Grundlage von Einzel- und Werkausgaben

Ort und Zeit der Handlung

Dargestellt werden in der 3. Fassung 14 Szenen aus dem Leben des italienischen Physikers Galileo Galilei (1564–1642), die teilweise den historischen Fakten entsprechen, teilweise frei erfunden sind. Durch astronomische Beobachtungen kann Galilei die Richtigkeit des kopernikanischen Systems beweisen, gerät dadurch in einen Konflikt mit der Kirche, der zum Widerruf vor der Inquisition führt und mit einem Hausarrest bis zu seinem Tod endet. Die Szenen spielen in der Zeit von 1609 bis 1642 an verschiedenen Orten: in Padua, Venedig, Florenz, Rom und in Galileis Landhaus in Arcetri.

Leben des Galilei gehört neben Mutter Courage und ihre Kinder und Der gute Mensch von Sezuan zu den bekanntesten und am meisten gespielten Dramen Brechts und wurde vor allem wegen der Thematik seit den 1960er Jahren zu einem Klassiker in der Schullektüre. Brecht hat sich mit dem Stoff und der Gestaltung der Hauptfigur von der Mitte der 1930er Jahre bis zu den Theaterproben in Berlin kurz vor seinem Tod 1956 auseinandergesetzt: Es entstanden drei Drei Fassungen Fassungen, in denen er vor allem seine Sichtweise der Figur entscheidend geändert hat. Die 1. Fassung schrieb Brecht im dänischen Exil 1938/39 in der Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten von Intellektuellen und Schriftstellern, Widerstand gegen den Nationalsozialismus zu leisten; die 2. Fassung entstand zwischen 1944 und 1947 im amerikanischen Exil unter dem Eindruck des Abwurfs der Atombomben in Japan 1945 und der Frage nach der Verantwortung der Wissenschaft; in der 3. Fassung, die nach seiner Rückkehr aus dem Exil in der Zeit des Kalten Krieges in Ost-Berlin entstand, verschärfte er die Verurteilung Galileis, den er bereits in der amerikanischen Fassung als einen »Verräter« an der Aufgabe der Wissenschaft dargestellt hatte.

Brecht greift in seinem Drama den historischen Fall des italienischen Physikers Galileo Galilei (1564–1642) auf, der durch astronomische Beobachtungen die Auffassung des Kopernikus bestätigen konnte, dass sich die Erde um die Sonne dreht und nicht umgekehrt, aber seine Erkenntnisse vor einem Gericht der Inquisition widerrief. Brecht schrieb aber kein Kein Geschichtsdrama Geschichtsdrama, in dem es um die historische Wahrheit dieses Falls geht, sondern er nahm den Konflikt des Physikers mit der Kirche als Modell, um aktuelle Fragen nach dem Verhalten von Intellektuellen und Wissenschaftlern unter dem Druck politisch-gesellschaftlicher Machtverhältnisse darzustellen.

In der Bühnenrezeption und bei der Behandlung im Unterricht spielte nur die 3. Fassung eine Rolle, die in Werkausgaben gedruckt vorlag und die Brecht als für ihn gültige Sichtweise des Themas und der Figur ansah. Mit der Selbstverurteilung Galileis Galileis Selbstverurteilung legte Brecht der Figur selbst in den Mund, wie der Leser oder Zuschauer den Widerruf beurteilen sollte: als Verrat an der sozialen Verantwortung des Wissenschaftlers, dessen Erkenntnisinteresse sich einzig darauf richten muss, »die Mühseligkeit der menschlichen Existenz zu erleichtern« (S. 125).1 Galilei wirft sich in der 14. Szene vor, dass er das revolutionäre Potential seiner Forschungen nicht genutzt habe, das den Unterdrückten die Augen über die ungerechte gesellschaftliche Ordnung hätte öffnen können, sondern aus Angst vor der Folter die Wahrheit preisgegeben habe. Sein Widerruf ist keine Taktik, um heimlich an seinen Forschungen weiterarbeiten zu können, er betreibt diese nur noch als ein »Laster«, von dem er so abhängig ist wie von seiner Esslust.

Brecht hat in »Anmerkungen« zu seinem Stück und zu einzelnen Szenen die Verstehens- und Deutungsweise wesentlich mitgeprägt und dabei vor allem auch den Unterschied zwischen der 1. und 2. Fassung betont: In der 1. Fassung habe sein Widerruf Galilei »die Möglichkeit verschafft, ein entscheidendes Werk zu schaffen. Er war weise gewesen«.2 In der amerikanischen Fassung beweise Galilei seinem ehemaligen Schüler, »daß der Widerruf ein Verbrechen war und durch das Werk, so wichtig es sein mochte, nicht aufgewogen« werden könne.3 Brecht hat in seinen Selbstäußerungen als entscheidende Ursache der Veränderung seiner Sichtweise die traumatische Erfahrung des US-amerikanischen Abwurfs von Abwurf der Atombombe Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki im August 1945 betont, die zu einer neuen Sichtweise der Entwicklung der Naturwissenschaften von der frühen Neuzeit bis zur Situation am Ende des Zweiten Weltkriegs geführt habe. Statt sich für die Aufklärung und damit den politisch-gesellschaftlichen Fortschritt einzusetzen, seien die Wissenschaftler zu einem »Geschlecht erfinderischer Zwerge« geworden, »die für alles gemietet werden können« (S. 126).

Unter dem Eindruck der Bedrohung der Menschheit durch die Atombombe in der Zeit des Kalten Krieges in den 1950er und 1960er Jahren hat man das Stück vor allem als Beitrag zur Diskussion über die Verantwortung der Wissenschaft Verantwortung der Wissenschaft gesehen. Bei der Behandlung im Unterricht wurde es deshalb häufig im Kontext anderer Stücke gelesen, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzen: Friedrich Literarische Kontexte Dürrenmatts »Komödie« Die Physiker (1962) und Heinar Kipphardts dokumentarisches Drama In der Sache J. Robert Oppenheimer (1964). Angesichts der aktuellen Probleme, von der Genforschung über Künstliche Intelligenz bis zur Umweltzerstörung, bleiben dieser Konflikt und damit auch Brechts Stück nach wie vor aktuell, auch wenn sich das Problem der Verantwortung in den komplexen Zusammenhängen zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik von dem einzelnen Wissenschaftler auf Institutionen und Entscheidungsgremien verschoben hat.

Brecht war sich bewusst, dass das Stück in der Komposition und den Gestaltungsmitteln nicht mehr seiner Theorie eines »epischen Episches Theater Theaters« entsprach, die er seit Ende der 1920er Jahre in der Auseinandersetzung mit der Entwicklung des »bürgerlichen« Theaters vom 18. Jahrhundert bis zur Zeit der Weimarer Republik entwickelt hatte. Statt einer »Einfühlung« des Zuschauers in die Figuren, die diese einlulle und kritiklos gegenüber den dargestellten Verhaltensweisen mache, zielte sein Theater auf eine distanzierte und reflektierte Haltung, die durch »eingreifendes Denken« die Bereitschaft fördert, ungerechte politische und gesellschaftliche Verhältnisse zu verändern. Diese Haltung wollte er durch Techniken der Verfremdung wie Songs, Spruchbänder, Kommentare u. a. sowie durch eine Spielweise der Figuren erreichen, wodurch das Dargestellte als veränderbar wahrgenommen werden sollte. Jetzt aber sah Brecht bereits in der zentralen Rolle der Hauptfigur im Stück die Gefahr einer Identifikation des Lesers und Zuschauers mit dem zunächst positiv gezeichneten Erkenntnisdrang Galileis. Eine Kritische Distanz statt »Einfühlung«kritische Auseinandersetzung mit dessen Entwicklung zum »sozialen Verbrecher« wurde dadurch möglicherweise verhindert. Umso wichtiger war es Brecht, dass durch die Spielweise gerade die negativen Seiten der Figur, ihre egozentrische Forschungslust und der Mangel an sozialer Verantwortung, betont wurden.

Brechts Sichtweise von Galileis Verrat und dessen Bedeutung für die Entwicklung der neuzeitlichen Wissenschaft hängt mit seiner Auffassung von Geschichte und Gesellschaft zusammen, die er seit Ende der 1920er Jahre durch das Studium des Marxismus entwickelt hatte. Er übernahm von der marxistischen Theorie die Vorstellung, dass die Strukturen der Marxistische Sicht Gesellschaft durch Widersprüche zwischen gesellschaftlichen Klassen bestimmt sind und »Klassenkämpfe« den Fortschritt der Geschichte bestimmen (Dialektik bzw. dialektischer Materialismus). Der »soziale« Verrat Galileis besteht für ihn darin, dass er weder die zu seiner Zeit fortschrittliche Klasse des handel- und gewerbetreibenden Bürgertums unterstützt noch die Bereitschaft des Volkes zur Veränderung der Unterdrückung als Chance wahrnimmt, sondern auf den Schutz durch einen Fürsten und die Toleranz eines neuen Papstes hofft.

In der Dialektik sah Brecht jedoch nicht nur das Bewegungsgesetz von Geschichte und Gesellschaft, sondern auch ein ästhetisches Prinzip: die Weiterentwicklung vom epischen zu einem Dialektisches Theater dialektischen Theater. Das Prinzip der Dialektik zeigt sich im Galilei in allen drei Fassungen, von der Komposition der Szenenverknüpfung bis zur Figurencharakterisierung. Indem der Zuschauer Gegensätze und Widersprüche erkennt, wird er in einen Reflexionsprozess verwickelt, in dessen Verlauf er vor allem die Verhaltensweisen des Protagonisten hinterfragt und Handlungsalternativen durchspielt. Mit Brechts Dialektische Methode Methode können sich Leser und Zuschauer mit der Selbstverurteilung Galileis und mit Brechts Forderung nach einem »hippokratischen Eid« (S. 126) kritisch auseinandersetzen.

Trotz seiner zunehmend skeptisch-resignierten Haltung gegenüber der Entwicklung des DDR-Systems unter der Führung einer autoritären Partei, die auch die künstlerische Entwicklung der Doktrin eines Sozialistischen Realismus unterwarf, hielt Brecht bis zuletzt an der Überzeugung fest, dass der Sozialismus als einzige Alternative zum Kapitalismus der richtige Weg sei, um Ausbeutung, Unterdrückung und soziale Ungerechtigkeit zu überwinden. In der Zeit des Kalten Krieges hat diese Haltung die Veränderung der Rezeptionsweisen Rezeption des Schriftstellers in der Bundesrepublik beeinflusst. Einer strikten Ablehnung seines Werks wich man oft dadurch aus, dass man zwischen dem künstlerischen Werk und dem ›kommunistischen‹ Autor unterschied und z. B. den Galilei auf die Thematik der Verantwortung der Wissenschaft reduzierte, ohne sich mit der zugrundeliegenden marxistischen Geschichtsauffassung auseinanderzusetzen. Die Bühnenrezeption seit den 1990er Jahren kümmert sich kaum um den marxistischen Hintergrund des Stücks, sondern versucht das Interesse an der Figur durch publikumswirksame Gestaltungsweisen am Leben zu halten.

2. Inhaltsangabe

1. Szene4

In seinem »ärmliche[n] Studierzimmer« (S. 7) wird Galileo Galilei, der in Padua Mathematik lehrt, von Andrea Sarti, dem Sohn seiner Haushälterin, daran erinnert, dass die Milchrechnung nicht bezahlt ist. Wie ein roter Faden zieht sich die ökonomische Situation des Wissenschaftlers durch die erste Szene, der von der Republik Venedig, zu der die Universität Padua gehört, schlecht bezahlt wird und eine Verdopplung seines Gehalts von 500 auf 1000 Skudi erreichen möchte. Dem gegenüber steht das leidenschaftliche Forschungsinteresse Galileis, der einem wissbegierigen elfjährigen Jungen aus dem einfachen Volk den Unterschied zwischen dem alten ptolemäischen und dem neuen kopernikanischen Neues Weltbild neue Zeit Weltbild erläutert. Er lässt diesen an seiner Begeisterung teilnehmen, dass eine neue Zeit angebrochen ist, in der nicht nur das Denken, sondern auch die gesellschaftlichen Verhältnisse in Bewegung geraten. Als Andrea am kopernikanischen System zweifelt, weil es seiner Neues Sehen Wahrnehmung widerspricht, erläutert ihm Galilei anschaulich die Bewegung der Erde um die Sonne und um die eigene Achse.

Unterbrochen wird die Demonstration durch Frau Sarti, die Galilei vorwirft, ihrem Sohn »unheiliges Zeug« (S. 12) in den Kopf zu setzen, und ihm den Besuch eines jungen Herrn, Ludovico Marsili, aus sehr gutem Hause ankündigt, der bei ihm Privatunterricht haben möchte. Von diesem erfährt Galilei von einem Fernrohr als neues Instrument Fernrohr, das in Amsterdam gerade verkauft werde, er lässt sich die Art der Vergrößerungslinsen genau beschreiben und schickt Andrea zu einem Brillenmacher, der zwei Linsen nach seinen Berechnungen anfertigen soll. Galilei nimmt den jungen Mann als Schüler an, hofft aber, dass er durch eine Gehaltserhöhung bald keinen Privatunterricht mehr geben muss.

Diese Hoffnung wird durch den Besuch des Kurators der Universität zerschlagen. Mathematik sei eine »brotlose Kunst« (S. 16), deswegen werde Galileis Bitte um Gehaltserhöhung abgelehnt, außer er erfinde wieder etwas, wovon die Kaufleute profitieren. Einstweilen könne er sein Gehalt ja durch Privatunterricht aufbessern, die Republik Venedig zahle zwar wenig, garantiere aber die » Freie Forschung, schlechte Bezahlung Freiheit der Forschung« (S. 17) im Gegensatz zur Einschränkung der Gedankenfreiheit durch Kirche und Inquisition. Galilei zeigt dem Kurator eine Skizze von der Konstruktion des Fernrohrs. Als Andrea mit den Linsen zurückkommt, weist er ihn darauf hin, nichts von den neuen »Ideen« (S. 20) zu erzählen, die er noch nicht beweisen könne.

2. Szene

Galilei präsentiert im Arsenal von Venedig vor den Ratsherren ein von ihm verbessertes Fernrohr als seine eigene Erfindung nach einer langjährigen Forschungsarbeit. Widerwillig spielt er seine Rolle als ein Gelehrter, der bestrebt ist, der Republik von Venedig durch »nützliche Fernrohr als »nützliche Erfindung«Erfindungen« (S. 23) Vorteile zu verschaffen, während der Kurator die Möglichkeiten der Vermarktung und die kriegstechnischen Vorteile hervorhebt. Galilei hat aber bereits in der vorausgehenden Nacht die Möglichkeiten entdeckt, das Fernrohr für seine astronomische Forschung zu verwenden. Leise teilt er seinem überraschten Freund Sagredo während der Präsentation mit, dass er mit Hilfe des Instrument astronomischer Entdeckungen Fernrohrs erkannt habe, dass der Mond nicht selbst leuchtet, woraus die Milchstraße bestehe und er damit ein Instrument habe, um das kopernikanische System zu beweisen. Der wissenschaftlichen Bedeutung des Fernrohrs steht das Interesse an seinem praktischen Nutzen gegenüber: Die Ratsherren sind überrascht, was man durch das Rohr alles vergrößert sehen kann, und denken bereits an die Vermarktung, der Kurator teilt Galilei mit, dass er nun seine Verdoppelung des Gehalts bekomme, und Ludovico glaubt erkannt zu haben, wie man in der Wissenschaft auch durch geschickte Verwertung der Erfindungen anderer Erfolg haben kann.

3. Szene

In der Nacht des 10. Januar 1610 beobachten Galileo und sein Freund Sagredo leuchtende Punkte am Sichelrand des Mondes, die Galileo für Spitzen der Berge hält, die von der aufgehenden Sonne erhellt werden, und sie beobachten auf dem verdunkelten Teil ein Licht, das von der Erde kommt, die ebenfalls von der Sonne angeleuchtet wird. Das ist für ihn ein Beweis dafür, dass Erde und Mond sich bewegende Erde als bewegter Himmelskörper Himmelskörper sind. Als Sagredo Galilei daran erinnert, dass der Dominikanermönch und Philosoph Giordano Bruno vor knapp zehn Jahren als Ketzer verbrannt wurde, weil er den Himmel durch die Unendlichkeit des Weltalls ersetzt habe, wird das Gespräch durch den Auftritt des Kurators unterbrochen, der Galilei empört vorwirft, dass er das Fernrohr, das man für wenige Skudi überall erwerben könne, als eigene Fernrohr keine Erfindung Galileis Erfindung ausgegeben habe. Als Galilei gelassen reagiert und den Wert des Instruments für die Entwicklung neuer Sternkarten andeutet, die für die Schifffahrt wichtig sind, bricht der Kurator das Gespräch gekränkt ab, weil er durch Galileis Täuschung zum Gespött geworden sei.

Sagredo gegenüber rechtfertigt Galilei sein Verhalten durch die schlechte Bezahlung, setzt aber sofort das Gespräch über seine neuen Beobachtungen fort. Giordano Brunos Auffassung von der Unendlichkeit des Weltalls sieht er durch die Beobachtung bestätigt, dass die Milchstraße aus unendlich vielen Sternen besteht. Als er Sagredo die vier Monde des Entdeckung der Jupitermonde Jupiter zeigen will, stellen beide fest, dass jetzt nur drei davon zu sehen sind, einer also hinter dem Jupiter verschwunden sein muss. Damit scheint bewiesen, dass sich die Monde um den Jupiter drehen, dieser also auf keiner Kristallschale befestigt sein kann, wie man bisher nach dem ptolemäischen System annahm. Während Galileo außer sich ist, denkt Sagredo besorgt an die Folgen dieser Theologische Brisanz der Entdeckung Entdeckung, durch die das bisherige Weltbild zum Einsturz gebracht wird: Die Erde ist nicht der Mittelpunkt des Universums, sondern nur ein kleiner »Stern«. Mit der Frage, wo Gott in diesem Universum sei, möchte er Galilei auch die theologischen Konsequenzen des neuen Weltbilds bewusst machen, und er erinnert ihn warnend noch einmal an die Verbrennung Brunos als Ketzer. Galilei aber sieht den Unterschied darin, dass dieser sein Weltbild nicht beweisen konnte; er glaubt im Gegensatz zu Sagredi an die »Gewalt der Streit über die Macht der Vernunft Vernunft über die Menschen« (S. 34).

Um mehr Zeit für die Arbeit an seinen Beweisen zu haben, möchte er sein Lehramt in Padua aufgeben und eine Stelle als Hofmathematiker beim Großherzog von Florenz aus dem Geschlecht der Medici annehmen. In seinem devot formulierten Bewerbung am Hof von Florenz Bewerbungsgesuch hat er bereits den neu entdeckten Jupitertrabanten den Namen der Medici gegeben. Sagredi warnt ihn vergeblich vor den Gefahren, denen er sich damit gegenüber der Kirche aussetzt, die nicht durch Beweise von einer Wahrheit zu überzeugen sein werde, die das bisherige Weltbild und theologische Auffassungen als Irrtum hinstellt.

4. Szene