Leben in einer anderen Zeit - Friedrich Rentschler - E-Book

Leben in einer anderen Zeit E-Book

Friedrich Rentschler

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Beschreibung

Meine Großeltern erzählten mir wenig von ihren Tätigkeiten und ihren Lebensumständen. Manchmal nur ein paar Sätze in besonderen Situationen. Ich bedauere, davon nur wenig im Gedächtnis behalten zu haben. Dieses, und dass sich in den letzten fünfzig Jahren so vieles verändert hat in unseren Lebensgewohnheiten, bewegten mich, über meine Kindheit zu schreiben. Zu erzählen, wie wir in unserem Dorf lebten, mit was und wo wir Kinder spielten, bei welchen Tätigkeiten wir Kinder mitgeholfen haben und welche Erlebnisse mir selbst aus dieser Zeit in Erinnerung geblieben sind.

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Friedrich Rentschler

Leben in einer anderen Zeit

Kindertage zwischen 1951 und 1966

In der Frühe des Lebens ist alles unbestimmt. Hoffnung ist da, dass sich das kleine Wesen gut entwickelt, dass die Eltern wenig Sorgen mit ihm haben, dass sein Kopf klar und sein Körper gesund ist. In der Frühe des Lebens weiß man nicht, was aus dem Neugeborenen wird.

Vorwort

Meine Erinnerungen an meine Kindertage sind vielfältig. Ich schildere nur solche Momente, die mir als Kind wichtig wurden und in meinem Gedächtnis geblieben sind.

Wobei das Geschehene und die Erinnerung an das Geschehene durch die Zeit dazwischen nicht objektiv gleich sein können, aber subjektiv gleich sind.

Wichtig scheinen mir deshalb alle technischen Vorgänge, da diese sachlich nachvollziehbar sind und dadurch objektiv bleiben.

Und ich nenne nur die Verwandten, mit denen ich als Kind ein persönliches Erlebnis hatte und von denen ich eine eigene Vorstellung besaß.

Namen nenne ich keine außerhalb der Familie und Verwandtschaft. Deshalb rede ich von dem Nachbar, dem Bauer, dem Bäcker, dem Bürgermeister usw., also von der Funktion der Erwachsenen in dieser Zeit.

Geburtstag

Der 14. Juli 1951 war ein Samstag. Im Register des Standesamtes von Emberg Kreis Calw werde ich unter der »2« geführt. Ein Mädchen wurde in diesem Jahr vor mir und eines nach mir geboren. Wir waren zu dritt in derselben Schulklasse. Der Bürgermeister war auch der Standesbeamte.

Mein Vater heißt Hans Gottlieb Rentschler und war

INHALT

Vorwort

Geburtstag

Mein Zuhause

Meine Familie

Feiertage

Als Christ leben

Einiges über mich

Blödsinn machen hat Folgen

Spiel und Sport

Meine Verwandtschaft

Bei Tante Ella in Ferien

Schule

Nachbarschaft

Dorfleben

Haus- und Gartenarbeit

Feldarbeit

Waldarbeit

Fahrzeuge fahren

Erklärungen

Nachwort

Skizze von Emberg

Bildteil

Maschinenschlosser. Meine Mutter heißt Maria Rentschler geborene Lörcher. Sie hatte die Hauswirtschaftsschule besucht.

Im Dorf wurde als Hausname die vorherige Generation für die kommenden Erdenbürger genannt. Also war ich Lörchers Fritz, denn aus Friedrich wurde Fritz als Rufname. Einen zweiten Namen habe ich nicht, gefragt danach wurde ich regelmäßig.

Ich bin eine Hausgeburt. Das heißt, ich wurde in dem Haus geboren, in dem ich aufgewachsen bin. Ob mein Vater dabei war, bezweifle ich, denn zu der Zeit wurde auch samstags gearbeitet. In Frankreich hätte er dabei sein können, denn die feiern ja am 14. Juli ihren Nationalfeiertag. Darauf verwiesen mich auch viele Personen mit der Aussage: »Wenn du in Frankreich geboren worden wärest, hättest du immer am Feiertag Geburtstag gehabt.«

Dazu kann gleich angemerkt werden: Kindergeburtstage mit Einladungen an andere Kinder gab es bei mir nicht. Ich durfte mein Lieblingsessen nennen und einen Kuchen oder eine kleine Torte gab es auch zur Feier des Tages. An Geschenke aus der Verwandtschaft kann ich mich nicht erinnern. Von der Familie gab es ein neues Kleidungsstück oder sonst etwas Notwendiges.

Mein Zuhause

Haus

Mein Elternhaus ist ein Doppelhaus mit einfacher Mauer zwischen den zwei Haushälften. Wir konnten gegenseitig hören, wenn auf der anderen Seite laut gesprochen oder geschimpft wurde. Nach Schätzungen, von denen mir erzählt wurde, sind die Grundmauern über zweihundert Jahre alt. Diese sind ungefähr achtzig Zentimeter dick, außen und innen gemauert und in der Mitte aufgefüllt. Darüber wurde im Balkengerüst hochgemauert. Die Dachbalken hatten keinen tragenden Firstbalken, sondern wurden nur gegenseitig verbunden und festgenagelt. Die Außenwände sind außer der Grundmauer mit Holz verkleidet.

Scheune

Die Scheune wurde von meinem Großvater gebaut. Er hatte das Angebot von einem großen Bauern im Dorf, dass er Geld von ihm dafür haben könne, dann müsse er nicht zur Bank gehen und einen Kredit aufnehmen. Das lehnte mein Großvater ab und begründete es in der Familie mit: »Wenn ich von dem Geld genommen hätte, wäre ich verpflichtet gewesen, ihm auch zu helfen. Das wollte ich nicht. Denn ich wollte ihm nicht helfen müssen, wenn ich dringend meine eigene Arbeit machen muss.«

Ein Tor mit zwei Flügeln und eingelassener Tür bildeten den Eingang. Der Scheunenboden war betoniert. Rechts davon war eine ungefähr zweieinhalb Meter hohe Holzwand, hinter der das Heu und Öhmd gelagert werden konnte. Ein ebenerdiger Zugang zu diesem Heuschober war rechts beim Eingang.

Auf dem Holzboden darüber wurden Stroh und Korn gelagert. Auf der dritten Ebene war ein Taubenschlag untergebracht und es wurden Vorräte gelagert. Die Tauben wurden von meinem Großvater versorgt.

Ins Kräch hoch, so wurde die oberste Ebene genannt, kam man über eine Leiter, die unten an der Holzwand und dann jeweils an den Balken für die Böden festgenagelt war. In die Böden der zweiten und dritten Ebene waren Aussparungen von rund zwei Metern im Quadrat eingelassen. Im Dachgebälk direkt darüber war ein Seilaufzug angebracht, mit dem die Strohgarben und Kornsäcke hochgezogen werden konnten.

Geräteschuppen

Im Geräteschuppen im Hof waren Fahrräder und die verschiedensten Gerätschaften für den Haus- und Hofgebrauch untergebracht und viel Holz. Außerdem ein riesiger Holzzuber, den wir beim Schlachten brauchten, und eine Badewanne aus Blech. In diesem Schuppen wurde auch der gemeinsame Hausschlüssel versteckt. Das war praktisch für uns drei Kinder und die vier Erwachsenen, unsere Eltern und Großeltern.

Vor diesem Geräteschuppen stand ein Nussbaum, der jedes Jahr reichlich Früchte trug. Wir hatten damit zu Weihnachten neben allen Süßigkeiten immer auch Nüsse zum Genießen. Diese zu öffnen war für mich als Kleinkind schwierig. Wenn ich im Hof war, nahm ich dazu einen Stein und klopfte so lange auf die Schale, bis diese zerbrach.

Im Geräteschuppen bei der Scheune war zur Straße hin ein Stellplatz für das Auto. Zum Garten hin waren hier die Hasenställe untergebracht.

Jeder von uns Kindern hatte seine eigenen Hasen, die er auch selbst versorgen musste. Mein Bruder war unser Hasenspezialist. Er hatte mehr als doppelt so viele Hasen wie ich.

Später, als wir kein Interesse mehr an Hasen hatten, wurde dieser Teil des Schuppens als Werkstatt von Vater genutzt. An dieser Werkstatt hatte mein Vater große Freude.

Backhaus und Räucherhäusle

In unserem steinernen Backofen im Hof konnten zwei bis drei Blechkuchen gleichzeitig gebacken werden. Auch selbst gemachtes Brot und Hefezöpfe wurden darin gebacken. Besonders im Herbst zum Erntedankfest und zu Festzeiten herrschte hier Hochbetrieb.

Nach der Ernte von Pflaumen und Birnen wurde ein Teil davon im Backofen gedörrt. Dazu wurden die Birnen geviertelt und die Kerne entfernt. Ich mochte am liebsten die gedörrten Pflaumen.

Das Backhaus war aus Stein gemauert und mit einem Blechdach abgedeckt. Direkt hinter ihm stand unser Räucherhäusle aus Holz. Neben dem wuchs ein großer Pflaumenbaum in die Höhe.

Hühnerstall

Als wir klein waren, liefen unsere Hühner im Hof, auf der Miste und im gesamten Garten herum. Manche Eier wurden im Freien abgelegt und mussten dort auch gesucht werden. Die meisten Hühner legten ihre Eier aber im Hühnerstall ab. Später wurde ein Teil des Gartens als Hühnergehege eingezäunt.

Eines Tages kamen kleine Hühnchen. Sie wurden im Wohnzimmer aus der mit Stroh ausgelegten Kiste, die Luftlöcher hatte, herausgenommen. Ich werde nie vergessen, wie diese handgroßen flauschigen Wesen wie wild hin und her liefen, unsicher, was da jetzt mit ihnen geschieht. Für sie musste ein extra kleiner Stall gebaut werden, denn die alten Hühner gingen nicht freundlich mit den kleinen neuen um.

Wohnen

Wir lebten beengt. Im Erdgeschoss waren drei Kühe mit Futterküche, zwei Schweine und ein kleiner Vorratsraum untergebracht. Das Gras für die Kühe wurde durch ein kleines Fenster in der Grundmauer zur Futterküche reingeworfen.

Im ersten Obergeschoss war das große Wohnzimmer mit Kachelofen, der von der Küche aus beheizt wurde. Das Schlafzimmer der Großeltern konnte nur über das Wohnzimmer erreicht werden. Im kleinen Flur davor war die Treppe nach oben zum zweiten Obergeschoss und der Zugang zu Wohnzimmer und Küche. Die Toilette war im Treppenhaus vor dem Eingang zum Flur. Toilettenpapier gab es damals nicht. Es wurden alte Zeitungen genutzt.

Einmal saß ich im Wohnzimmer und plötzlich klirrte das Glasgeschirr im Schrank. Erschrocken rannte ich zu Mutter in die Küche und rief: »Mama, die Gläser im Schrank klirren. Was ist denn das?«

Mutter sagte: »Das ist ein leichtes Erdbeben. Erdbeben entstehen, wenn Erdschichten gegeneinanderstoßen.« (Siehe Erklärungen.)

Und sie beruhigte mich: »Schwere Erdbeben hat es bei uns schon lange nicht mehr gegeben.«

Ich konnte das unangenehme Gefühl, das mich bei den klirrenden Gläsern überkam, trotzdem nicht so schnell vergessen.

Ein Badezimmer hatten wir nicht. Hände und Gesicht wurden in der Küche gewaschen. Zum Baden wurde samstags eine Wanne in die Küche gestellt, auf dem Herd das Wasser für die Wanne gekocht und mit kaltem Wasser vermischt, bis die gewünschte Temperatur erreicht war. Darin wurden wir Kinder hintereinander gebadet.

Im zweiten Obergeschoss, schon unter dem Dach, war das Schlafzimmer meiner Eltern und ein Wohnzimmer. Daneben war, in einer Kammer mit Dachfenster, mein Bruder Gottfried untergebracht. Maria und ich schliefen im Wohnzimmer.

Über uns war nur noch der offene Dachstuhl, direkt unter dem Ziegeldach. In ihm stand eine große Mehltruhe in der Nähe des Fensters zum Garten hin. Die Luke über der Treppe wurde mit einem Holzverschlag abgedeckt. Im Winter wehte der Wind Schnee durch das Ziegeldach.

Auf dem Dach, direkt über Gottfrieds Zimmer, war ein Dachständer für die Stromzuführung. Bei einem heftigen Gewitter schlug dort einmal der Blitz ein. Ich saß auf einem Stuhl und las ein Buch. Dieses ist mir aus der Hand geflogen, weil ich voller Schreck zusammengezuckt bin. Weiter passiert ist glücklicherweise nichts, denn der Blitz wurde über den Blitzableiter in den Boden geführt.

Zu meiner Kinderzeit bauten die Wespen immer wieder im Dachstuhl ihre Nester. Wir Jungs holten diese mit Tüten herunter oder zerstörten sie direkt am Gebälk. Dabei wurden wir des Öfteren gestochen. Auch im Gesicht. Und manchmal hatten wir geschwollene Augen.

Als meine Schwester und ich größer waren, wurde für mich im Vorraum vor dem Zimmer meines Bruders eine Minikammer geschaffen. Für ein Bett an der Wand, einen Tisch unter der Treppe zum Dachstuhl und eine kleine Ablagefläche reichte es. Eine Holzwand davor und zur Treppe hin, eine Tür dazu – und ich hatte mein eigenes Reich, war hochzufrieden und freute mich sehr.

Eines Tages war einer von uns Brüdern so krank, dass der Arzt kommen musste. Als der unsere zwei hintereinanderliegenden Kammern sah, zeigte er sich ziemlich schockiert und meinte: »Das ist doch kein Raum zum Leben!«

»Oh doch«, sagte ich, »ich freue mich, dass ich endlich eine kleine Ecke für mich selbst habe.«

Heizen

Das Holz aus dem Wald wurde mit der Kreissäge auf Ofengröße zersägt. Dicke Holzscheite und Äste wurden zum Hacken gelagert. Dünne Äste wurden gleich beim Brennholz aufgestapelt. Ich hackte gerne Holz, und es freute mich, wenn Opa aus dem Fenster dabei zusah.

Das gehackte Holz wurde zum Trocknen im Schuppen und an der überdachten Außenwand aufgestapelt. Von dort wurde es zum Verbrennen korbweise in die Küche transportiert und dort in den Herd oder den Kachelofen eingeworfen.

Baumaßnahmen

Die Jauchegrube mit Misthaufen war rechts neben dem Haus zur Straße hin, unter dem Schlafzimmer der Großeltern. Die Grube für WC und Küche war links des Hauses, unterhalb der Küche.

Für das Leeren der Gruben stand links und rechts des Hauses je eine Pumpe, mit der die Jauche in den Jauchewagen gefüllt werden konnte. Durch den Misthaufen an der Straße unter dem Schlafzimmer roch es im Schlafzimmer meiner Großeltern, besonders bei ungünstigem Wetter, erheblich nach Jauche und Mist. Deshalb wurde auf dem Hof eine neue Jauchegrube mit Misthaufen gebaut. Zur Grube unter der Küche wurde ein Graben für eine Rohrleitung ausgebaggert. Ebenso zum Abfluss beim Kuhstall. In der neuen Jauchegrube wurde eine wasserdichte Betonplatte verlegt. Das Anbringen der Bretterverschalungen für die Seitenwände, in die dann der Beton eingegossen werden konnte, fand ich sehr interessant. Für den Misthaufen über der Grube wurden Stangen aus dünnen Tannenbäumen verlegt, so dass die Feuchtigkeit aus dem Mist in die Grube tropfen konnte.

Im Zuge dieser Maßnahme wurde über der Grube unter der Küche ein Aufbau erstellt. Dieser erweiterte den Treppenaufgang, in den im ersten Obergeschoss das WC verlegt wurde.

In der Küche wurde die Wand durchbrochen, um in den Anbau zu kommen. Dort wurde ein kleiner Ess- und Waschbereich eingerichtet und neben dem Waschbecken eine Schrankwanne aufgestellt. Diese konnte zum Baden heruntergeklappt werden.

Nach diesen Baumaßnahmen wurde der Hof zwischen Haus und Miste bis zur Straße hin geteert.

Die Scheune wurde für eine Garage und einen Schweinestall erweitert. Dadurch konnte der bisherige Schweinestall im Erdgeschoss des Hauses als Vorratsraum genutzt werden. Und der nicht unerhebliche Geruch, der bei einem Schweinestall unvermeidlich ist, war endlich aus dem Treppenhaus weg.

Die Wand über der Garage wurde von Zimmerleuten aufgestellt. Ich konnte beobachten, wie das Holz ineinander verfugt wurde. Dazu war es notwendig, dass am Ende des einen Balkens ein Zapfen war, der dann in die vorgesehene Vertiefung des anderen Balkens eingepasst werden konnte. Für die Decke der Garage wurden Balken quergelegt. Die Zimmerleute gingen ganz selbstverständlich von Balken zu Balken darüber hinweg. Irgendwann traute ich mich, es ihnen nachzumachen, und es klappte auch. Das tat ich aber nur, wenn Mutter nicht in der Nähe war, denn sie hätte bestimmt Angst gehabt, dass ich abstürze.

Für die Baumaßnahmen wurde das notwendige Holz bei einer Sägemühle im Teinachtal zugeschnitten und mit dem Traktor von dort geholt.

Später, als ich sechzehn oder siebzehn Jahre alt war, wurde das Gebälk an der Vorderseite des Hauses neu eingefügt. In diesem Zusammenhang wurde auch der Holzboden im Wohnzimmer neu verlegt. Auch die Querbalken darunter mussten erneuert werden. Insgesamt ergab sich daraus, dass der Boden höher lag als vorher, so dass die Gesamthöhe des Wohnzimmers niedriger wurde.

Anschaffungen

Vater fuhr mit seiner roten Hofmann zur Arbeit. Einmal stürzte er mit diesem Motorrad im Winter auf Glatteis. Ich glaube, das war in dem Jahr, bevor wir unser erstes eigenes Auto, einen grünen VW-Käfer bekamen. Das Auto war für uns Kinder eine Sensation, denn es gab in Emberg damals nur wenige Autos. Und Mutter war froh, weil sie immer Sorge hatte, dass Vater mit dem Motorrad wieder etwas passieren könnte.

Eine ganz besondere Geschichte war das Abladen unseres Traktors Kramer. Er wurde auf einem Lastwagen angeliefert, der keine ausziehbaren Schienen zum Abladen hatte. Was tun? Beim geteerten Weg an der Schule war eine Böschung, die ungefähr so hoch war wie die Kante der Ladefläche des Lastwagens. Also wurden dicke Holzbohlen vom Laster aus auf die Wiese neben dem Weg gelegt. Darüber rollte dann der Traktor auf die Wiese und wurde von dort zu unserer Scheune gefahren.

Als wir Kinder etwas größer waren, wurde beschlossen, ein Telefon anzuschaffen. Bedingung dabei: Jedes von uns Kindern zahlt seine Gespräche selbst. Diese Bedingung entfiel später. Besonders interessant aber war, dass wir anfangs mit einem Nachbarn zusammen denselben Anschluss hatten. Das bedeutete, wenn von dort telefoniert wurde, konnten wir nicht telefonieren und umgekehrt. Und manchmal hörte ich auch beim Telefonieren noch eine andere Stimme sprechen. Das Telefon hing im Flur an der Wand und es machte mir großen Spaß, den Hörer von der Gabel zu nehmen und auf der Wählscheibe die Nummer des Empfängers zu wählen.

Kleinere Gegenstände wurden bei den »Hausierern« gekauft, die in unregelmäßigen Abständen durch das Dorf gingen. Bei einem mussten wir Kinder immer aus der Küche raus, wenn der kam. Er hatte Frauenbinden, und die sollten wir wohl nicht sehen. Ich habe diese auch nie bewusst wahrgenommen. Es hieß nur immer: »Das ist was für Frauen, geht mal raus.«

Ein Hausierer handelte mit Besen und Bürsten. Ich glaube, der hatte auch Gummis für unsere Weckgläser und Dosen zum Einmachen von Früchten und Obst.

Einmal, kann ich mich entsinnen, war ein Korbmacher beim Nachbar, der aus Weiden Körbe anfertigte. Das war eine sehr interessante Sache. Ich staunte über die Geduld und die Kraft, die der Mann aufbrachte.

Erst gestaltete er das Bodengerüst. Je nach Größe des Korbes machte er das Gerüst aus dicken, starken Weiden, das dann einem Rad aus Strahlen glich. Dann zog er weniger starke Weiden durch dieses Gerüst, bis die Bodenfläche fertig war. Der Bodenrand wurde durch weitere Weiden verstärkt.

Danach wurden die radförmigen Weiden eingebogen, so dass daraus die Korbwandung Schicht um Schicht mit durchgeflochtenen Weiden nach oben wachsen konnte. War die gewollte Höhe des Korbes erreicht, wurden die Reste der radförmigen Weiden mit den umlaufenden Weiden verflochten. Dadurch entstand ein verstärkter Korbabschluss. Zum Schluss wurden die Handgriffe aus Weiden mit dem Korbabschluss verbunden.

Ein Scherenschleifer kam mit seinem Gerät ziemlich regelmäßig ins Dorf. Zu ihm wurden Scheren und Messer gebracht, die er an seinem Schleifrad wieder scharf machte.

Manchmal kamen auch Hausierer, die Lappen, Reinigungsmittel und Handschuhe verkauften. Kleidung wurde nach meiner Erinnerung keine angeboten.

Meine Familie

Eltern

Der schönste Kuschelmoment war für mich, wenn ich sonntags ins »Gräble« durfte. Das Gräble war die Ritze zwischen den beiden Matratzen im Doppelbett meiner Eltern. Da fühlte ich mich sicher. Es war warm, und beide redeten lieb mit mir.

Als Liebkosung wurde am häufigsten sanft die Wange gestreichelt und lächelnd ins Gesicht geschaut. Manchmal gab es auch eine Umarmung mit Wange an Wange.

Wenn ich etwas angestellt hatte, gab es eine wütende Zurechtweisung, eine Ohrfeige, manchmal ein paar Klapse auf den Hintern. Vater entschied, wie kräftig die Klapse ausfielen. Dabei ging er nach der »Schwere« unserer Untaten vor.