Lebenslang beweglich und kraftvoll mit Tigerfeeling - Benita Cantieni - E-Book

Lebenslang beweglich und kraftvoll mit Tigerfeeling E-Book

Benita Cantieni

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Beschreibung

Lebenslang beweglich

Benita Cantieni zeigt in ihrem neuen Buch, wie man auch im fortgeschrittenen Alter etwas Gutes für die Haltung, Gelenkigkeit, Schmerzfreiheit und Bewegungsfreude tun kann. Ihr weiterentwickeltes Programm „CANTIENICA® Körper in Evolution“ ist die „Grundversorgung“ für einen leistungs- und lebensfähigen Körper, ein Wartungsprogramm, mit dem sich Schwachstellen gezielt verbessern lassen. Man kann in jedem Alter mit dem Training anfangen, denn der Körper ist in der gesamten Lebenszeit lernfähig. Knochen und Knorpel sind lebenslang formbar und regenerierbar und Bänder, Sehnen, Muskeln, Faszien verändern sich bereitwillig, wenn man sie gezielt fordert. Benita Cantieni richtet sich mit ihrem Programm besonders an alle Menschen, die sich nicht alt fühlen wollen und ihren Körper geschmeidig und widerstandsfähig halten möchten. Sämtliche ihrer vielfach erprobten Übungen stellt sie im Buch auch als Model selbst vor, so dass die Übungen auch sicher gelingen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 188

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Benita Cantieni

Lebenslang    beweglichund kraftvoll   mit Tigerfeeling

IMPRESSUM

© 2024 by Südwest Verlag, einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81637 München

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

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Hinweis: Die Ratschläge/Informationen in diesem Buch sind von Autorin und Verlag sorgfältig erwogen und geprüft, dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung der Autorin beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.

Projektleitung: Dr. Harald Kämmerer

Textredaktion: Susanne Schneider

Alle Fotos sind von Christian Martin Weiß, außer:

Thomas Rabsch (1) und Claudia Larsen (2 Mitte, 3, 4)

Alle Illustrationen sind von Sandra Cantieni

Umschlaggestaltung, Innenlayout: Christian Martin Weiß

Satz und Gestaltung: kreativsatz, Nadine Thiel

Herstellung: Timo Wenda

Reproduktion: Mohn Media Mohndruck GmbH, Gütersloh

ISBN 978-3-641-30628-1V001

Vor-Vorwort

Vorwort von Nina Poelchau

1    Ich trete den Beweis an

2    Schrumpfen im Alter? Wozu soll das gut sein?

3    Geiz gegenüber dem eigenen Körper? Lohnt sich nicht

4    In Freundschaft mit der Schwerkraft

5    Knochen lieben Länge, Länge, Länge. Sie antworten mit Dichte, Dichte, Dichte

6    Beweglichkeit kommt an erster Stelle

7    Kraft kommt mit Beweglichkeit

8    An den langen Knochen gelingt alles

9    Übungsteil

10    Abspann: »Ich will, ich will, ich will«

Danksagung

Impressum

Für alle,die für sich selbstSorge tragen

Vor-Vorwort

Liebe Leser*innen

ich führe Sie durch dieses Buch und die Übungsanleitungen nicht nur in Worten, sondern auch in Bildern. Selbst Modell sein für meine Methode – das ist etwas, das ich nie, niemals und auf absolut keinen Fall machen wollte. Zu klein, zu rund, Beine zu dick – und so weiter. Nun habe ich es doch gemacht. Für Sie! Viele meiner 45-jährigen oder 60-jährigen Kolleginnen hätten den Job gerne gemacht. Wie hätten Sie reagiert? So ganz ehrlich, mit Hand auf dem Herzen?

»Mit 45 oder 60 hätte ich das auch gekonnt« – das hätten Sie vielleicht gesagt. Oder gedacht. »Mit so einem jungen Modell lässt sich alles behaupten« – vielleicht. »Sie soll doch mal zeigen, ob sie das wirklich alles kann« – vielleicht.

CANTIENICA®-Instruktorinnen Ü70 sind an einer halben Hand abzuzählen. (Was haben die Leute auch mit dieser blöden Pensionierung, die macht doch nur alt!) So wurde in den Gesprächen mit meinem engen Team bald klar: Ich muss selbst vor die Kamera.

Hier ist das Resultat. Weil ich bekennend eitel bin, gestehe ich: Ich habe vier Wochen vor dem Fototermin die Waage konsultiert und das Essen angepasst, damit ich auf den Fotos nicht voluminöser erscheine, als ich bin. Die Kamera kennt da keine Gnade. Es hat geklappt, auch dank dem Team auf der anderen Seite der Linse: Christian Martin Weiss und Sylwia Makris, beide Fotokünstler, die mich nicht auf jung trimmen wollten, die meine Makel nicht verstecken wollten. Sie fingen mich auf und ein und zeigen mich so, wie ich eben bin. Lassen Sie sich anstecken: Was ich kann, können Sie auch!

Vorwort

Es gibt so viele Versprechen, wie Schiefes gerade zu bekommen wäre und Schmerzendes kuriert werden könnte. Fitnessübungen mit und ohne Geräte stehen im Angebot, Superfood, Operationen, Bandagen, Schmerzmittel auch. Ich habe alles ausprobiert. Mein Weg ist geprägt von freudigen Überraschungen – und dann doch immer wiederkehrendem Frust, weil im Großen und Ganzen meine Probleme blieben oder sich an anderer Stelle zurückmeldeten.

Dann zauberte sich Benita Cantieni in mein Leben. Sie hätte gerne etwas früher auftauchen dürfen – zu spät war es nicht. Ich hatte mehr als fünf Jahrzehnte auf dem oft geröntgten Rücken.

Es war Ende 2020, ich recherchierte für den stern. Ein Mann um die 60 hatte sich bereit erklärt, mir von seinem schrecklichen Vater zu berichten, der ihn kleingemacht, geprügelt, gedemütigt hatte. Einen Knieschaden, einen Hüftschaden und eine krumme Körperhaltung trug der Mann davon. Auch berichtete er von einer Unterwürfigkeit in seiner Ehe, bei seinen Vorgesetzten, die eigentlich nie zu ihm gepasst hätte.

Als ich ihn kennenlernte, war dieser Mann aber so groß und aufrecht, dass man nur staunen konnte. Er liebte es, Tango zu tanzen. Er war ein selbstbewusster, schöner Tangomann. Seine Frau hatte er verlassen, seinem Vorgesetzten bot er die Stirn. Wie das kam? Er antwortete geradezu ehrfürchtig, fast ein bisschen verschwörerisch: »Benita Cantieni.« Er sagte: »Wir Tangoleute lieben sie. Sie richtet alle auf!«

Es gibt ja manchmal im Leben diese Momente, in denen es klick macht. Oder sogar peng. Meistens hat man sich dann verliebt. Ich hatte diesen Peng-Moment, als ich, wieder zurück von meinen Recherchen, online ein 12-Minuten-Training ausprobierte, das Benita Cantieni anleitete. Es war, als wäre ein Vorhang aufgegangen: Aha! Darum geht es also! Alles erschien mir so wahnsinnig schlüssig. Aufrichtung und Aufspannung als Kernthema. Dann: Werden die Knochen in ihre ideale Form gedehnt, nehmen auch Gelenke, Sehnen, Faszien, Muskeln und Bänder den Platz ein, an den sie naturgemäß hingehören. Beckenboden und Zwerchfell sind Zwischenebenen, Kraftstationen, sie müssen perfekt übereinander angeordnet sein.

Ich hatte schon vorher im Trainingsbereich vieles theoretisch begriffen, mich angestrengt, Übungen richtig und regelmäßig zu machen. Planks und Herabschauender Hund, Sit-ups, Kniebeugen, wackelige Faszienmassagen mit der Blackroll. Ich mochte – sofern Füße und Rücken mitspielten – Yoga, Joggen, Schwimmen, Bergsteigen, Radfahren, das machte mir Spaß. CANTIENICA® macht mir nicht nur Freude – es zeigt mir täglich neu, dass ein grundgesundes Lebensgefühl möglich ist.

Mir leuchteten die vielen, lustigen sprachlichen Bilder ein – von Wölkchen unter den Füßen über Schmetterlinge unter der Wirbelsäule. Die präzisen Übungen, die ich nun mindestens zweimal die Woche machte, hatten stets etwas Spielerisches und spürbare Wirkung. Eine Übungseinheit – und mein Körper fühlte sich durchflutet, durchatmet und so dynamisch an, als gäbe es nichts Schöneres, als gleich anschließend auch noch auf einen Berg zu steigen.

Als ich Benita Cantieni in Zürich persönlich traf, war ich nicht überrascht, wen ich da kennenlernte. Ich empfand sie als strahlend zugewandt, würdevoll und vor allem sehr jung geblieben (oder geworden?) in ihrer Anmut, mit ihrem scharfen Witz und ihrer Offenheit gegenüber allen Themen, die aufkamen. Sie erzählt ja, sie sei vier Zentimeter größer geworden, seit sie ihr eigenes Training absolviert. Sie sei jetzt nicht mehr 1,61, sondern 1,65 Meter groß. Sie wirkte auf mich noch viel größer. Ich selbst habe immerhin einen Zentimeter dazugewonnen – und ich bin wieder so lang gestreckt, wie es in meinem Pass steht. Vor allem aber laufe ich aufrechter und fröhlicher durch die Welt.

Es gibt eigentlich nur eine echte Gefahr bei CANTIENICA®, vor der hier gewarnt sei: zu glauben, man könnte wieder damit aufhören und sich gemütlich im Sofa statt in Richtung Himmel ausstrecken, weil sich doch alles gut anfühlt. Ich habe es ausprobiert. Lange dauerte es nicht, und ein Teil der Schmerzen war wieder da. Dranbleiben muss sein. Wie beim Zähneputzen, Gemüse essen, freundlich zu den Mitmenschen sein. Dieses Buch motiviert dazu. Als ich das Manuskript las, versprach ich mir selbst feierlich, den Benita-Cantieni-Spirit in meinem Leben stets zu hegen und zu pflegen. Weil er immer wieder einfach glücklich macht.

Nina Poelchau

Autorin, Journalistin,

Paar- und Gesprächstherapeutin(auch online)

www.therapie-poelchau.de

1

Ich trete den Beweis an

Warten Sie mal, bis Sie selbst 70 sind!« – »Sie haben gut reden, Sie sind noch so jung.« – »Wenn Sie in meinem Alter sind, werden Sie das auch anders sehen.« Wie oft habe ich solche Sätze in den letzten 25 Jahren gehört! Und jetzt? Jetzt bin ich gut über 70 und es geht mir körperlich besser als mit 60 und besser als mit 50 und besser als mit 40. Ich fühle mich fit und leistungsfähig. Ich bin beweglich und reaktionsschnell. Und wenn ich mal stürze, stehe ich wieder auf. Weil ich weiß, wie der Körper biomechanisch funktioniert und was er an Unterhaltsarbeit braucht, um funktionsfähig zu bleiben. Weil ich weiß, wie ich mich im Sturz schützen kann. Damit bin ich schon bei dem, was viele alternde Menschen als einen Nachteil, manchmal sogar als eine Beleidigung empfinden: Der Körper braucht regelmäßige Wartung. Je mehr Zeit in den Knochen steckt, umso mehr Zeit verdienen die Knochen.

Auch das muss klar sein: Ich altere auch. Ich bin grauhaarig, dünnhäutig. beschenkt mit vielen roten Äderchen, eine Art Natur-Tattoo der ungeliebten Art. Diese Tattoos wachsen an mir, seit ich 17 bin, egal, was ich dagegen unternehme. So genetisches Zeug halt, das ich nicht beeinflussen kann. Oder Vernachlässigungen, die sich nicht mehr umkehren lassen. Meinem Fleisch ist anzusehen, dass es in der Jugend nicht gebührend gefordert wurde (dazu später mehr). Doch auch das will gesagt sein: Die Form meines Körpers ist harmonischer als mit 20, und die ödemischen Beine sind auch deutlich besser als vor 20 Jahren.

Nina:Kann das wahr sein?

Oder ist es dieses: Wunder sind möglich, aber leider nur auf dem Papier? Ich kann nicht anders, ich bin skeptisch, ob das bei mir funktionieren kann. Dass es bei dir funktioniert, das ist zu sehen. Das muss ich zugeben …

Benita:Wie wär’s mit Nachmachen? Ausprobieren? Trainieren? Erleben?

Alles, was ich beeinflussen kann, beeinflusse ich. Mit dem Effekt, dass ich nicht abbaue, sondern immer noch zulege an Beweglichkeit, Kraft, Reaktionsgeschwindigkeit. Ich stehe heute länger auf einem Bein als mit 20. Ich fühle mich so wohl, dass mir die äußeren Zeichen der fortschreitenden Zeit wenig ausmachen. Manche stören mich nicht, andere ein bisschen. Einfach nicht so genau hinsehen. Da hilft die eingeschränkte Sehkraft. Anders gesagt: Dieses Buch will eine Herausforderung für Sie sein. Ich will Sie herausfordern, das Maximum aus Ihrem Körper herauszuholen. Damit die verbleibenden Jahre voll von Leben bleiben. Dieses Buch will Sie nicht schonen. Weil das nur alt macht.

»Schreiben Sie doch mal ein Buch für uns Ältere, mit weniger und nicht so anspruchsvollen Übungen.« – » Machen Sie doch mal ein Video für uns Ältere. Mit einfachen Übungen. Und vor allem langsamer.« – »In meinem Alter brauche ich doch weniger Training als ein junger Mensch.« – »Ich möchte ein sanftes Training, das mich nicht zu sehr fordert.« – »Wie viel muss ich in meinem Alter für Training noch aufbringen?« – »Ich wünsche mir etwas ganz Einfaches, so fünf Minuten, am liebsten morgens im Bett.« Ist das wirklich so, muss es so einfach sein? Ich sehe das anders, und ich trete dafür den Beweis an. Sie brauchen die anspruchsvollsten Übungen, die Sie kriegen können.

Ich zeige Ihnen Übungen,

die Sie beweglich halten – oder machen. Der Körper reagiert in jedem Alter auf perfektes Training.

die stark halten – oder machen. Damit Sie mühelos aufstehen können, auch in der Badewanne. (Falls wir je wieder mit gutem Gewissen baden.)

mit denen Sie das Gleichgewicht halten – oder wiederfinden. Damit Sie sicher und aufrecht durch die Welt gehen und nie eine Gehhilfe brauchen.

die Sie vor Stürzen schützen.

die Sie vor Knochenbrüchen schützen, wenn Sie doch mal fallen. Das kann uns allen mal passieren. Doch brechen die Knochen viel leichter, wenn die Gelenke nicht mehr geschmeidig sind und wenn das fantastische Netzwerk aus Bändern, Faszien, Sehnen und Muskeln die Gelenke und die Knochen nicht mehr schützt.

Ewig so weiter?

Manchmal erwische ich mich auch mit Gedanken wie: »Das kann doch nicht ewig so weitergehen.« Was, wenn doch? Ich feierte dummerweise meinen 70. Geburtstag. So richtig groß, mit einem tagelangen Fest und 250 Gästen zwischen 4 und 88. Es war der schönste Geburtstag meines Lebens. Meine Eitelkeit wurde auch reich beschenkt. »Ich schätzte dich auf höchstens 60.« »Ohne die grauen Haare könntest du glatt als Mittvierzigerin durchgehen.« »70 ist das neue 50 …« Und so weiter. Eine Woche später war die Pandemie da. Nun kannten ganz viele Menschen mein Alter, und dahin war es mit meinem Jüngerscheinen. Ich wurde quasi über Nacht und auf Anordnung der Behörden alt. Richtig alt. Ich wurde angefleht, doch bitte zu Hause zu bleiben. Essen sollte ich nur noch liefern lassen, keine Kontakte zur Außenwelt – »in deinem Alter … in Ihrem Alter … Sie sind doch besonders gefährdet … schützen Sie sich … wir wollen doch nur dein Bestes«.

Nina:Wenn einem alle einreden, man sei dumm, dann fühlt man sich dumm. Kann das beim Alt-Gefühl auch so sein? Aber ich merke doch, wie ich mich aus der Hocke hochwuchten muss. Das war früher anders, herrlich geschmeidig.

Benita:Was hast du getan, um »herrlich geschmeidig« zu bleiben? Die meisten Menschen halten den eigenen Körper für einen Selbstläufer und merken erst, dass er ›herrlich geschmeidig‹ war, wenn er es nicht mehr ist. Mein Versprechen ist just das: Trag deinem Körper Sorge. Pflege ihn, und er bleibt herrlich geschmeidig.

Ich lernte im Schnellverfahren: Alt ist alt. Da wird nur mit einem Maß gemessen. 70 ist 70 und 70 ist alt, hat gefälligst alt zu sein. Ja, 70 kann alt sein, 70 und 75 und 80 können auch jung sein. So schloss ich halt die Türe – und erfand hinter geschlossener Türe meine CANTIENICA®-Welt neu. Ich baute mit meinem Team aus dem Homeoffice und aus dem Stand Tutorials für Onlinetraining für die CANTIENICA® Körper in Evolution-Kund*innen. Wir liefen zu großer Form auf und motivierten die Menschen in Shutdown und Lockdown, das Gute in der Krise zu sehen und zu nutzen. Mehr oder weniger erfolgreich: Just die plus-minus gleichaltrigen Kund*innen versanken mehrheitlich in Resignation. Verständlich. Es war eine furchtbare Zeit. Wer vorher schon wenige Kontakte hatte, musste in ein Loch fallen. Umso wichtiger war für mich das regelmäßige Training. Es ist immer auch Training für Seele und Geist. Also: Resignation macht mindestens so alt wie Schonung. Trainingsecke einrichten, Anleitung lesen, Matte ausrollen, Smartphone oder iPad einrichten, Zoom öffnen und mitmachen.

Trainieren zu Hause? »Geht nicht, da schaut der Mann zu.« Soll er doch mitmachen! »Niemals. Er hatte nie etwas übrig für Sport.« – »Verkriechen Sie sich mit der Trainingsmatte ins Schlafzimmer. Oder ins Büro. Oder in den Dachstock.« – »Ich traue mir das nicht zu mit dem Smartphone« – oder dem Computer oder dem Laptop. »Ich hab’s nicht so mit dem elektronischen Zeug.« Auch das finde ich sehr schade, dass sich viele Ü70 aus falsch verstandener Scham sich digital nichts zutrauen.

Nina:»Ich hab’s nicht so mit dem elektronischen Zeug« – das könnte von mir stammen. Ausreden! Verständlich, aber Ausreden!

Rebellisch sein!

Wir haben auch die Körperwelt für die CANTIENICA® Körper in Evolution Lizenznehmer*innen runderneuert. Es entstanden neue Unterrichtsformen, es entstanden Anleitungen, um sich selbst zu coachen, da die berührenden Hilfestellungen im Direktunterricht entfielen. Mich trieb die Frage um: Wie kann ich den trainierenden Menschen eine Sicherheit geben, dass sie die Übungen richtig machen? Die Antworten finden Sie nun auch in diesem Buch: Anleitungen zum Selbstcoaching, damit Sie eindeutig spüren, sehen und wissen: So stimmt’s. So muss es sich anfühlen. Das wird auch Ihr Selbstvertrauen stärken. Und hoffentlich Ihre Selbstliebe … Selbstliebe … Selbstliebe …

Ich schweife ab. Nein, das ist keine Alterserscheinung, ich konnte schon immer vom Hundertsten ins Tausendste denken, und ich finde immer zurück: jung sein, wenn die Gesellschaft vorschreibt, man habe gefälligst alt zu sein. Im Homeoffice, in den Teamsitzungen, in Livestream-Lektionen, in der Kreativität fühlte ich mich gefordert und jung. Sobald ich mit der physischen Pandemie-Welt zusammenkam, hielt mir diese einen Spiegel vor, in dem ich mich nicht erkannte. Da beschloss ich, eine Charaktereigenschaft, die ich nach außen immer gern verbarg, endlich anzunehmen und fortan auszuleben: das Rebellisch-Sein.

Altersrebellin. Alte Rebellin. Rebellische Alte. Machen Sie mit! Begleiten Sie mich auf diesem Weg der Rebellion. Es ist ein Weg voller Wunder. Ich wählte den Slogan »Körper in Evolution« mit Bedacht: Die Art, wie ich altere, ist meine Entscheidung. Ich entscheide, ob ich meine Physis fit halte oder in den Tag hineinschlurfe und an Leib und Seele resigniere. Die Lebenserwartung hat sich in den letzten 100 Jahren drastisch erhöht, wir dürfen oder müssen damit rechnen, 100 zu werden. Die Vorstellung, dass ich die 30 Jahre zwischen 73 und 103 an einem Rollator oder in einem Rollstuhl verdöse – unvor-stell-bar. Also, Evolution in die eigene Hand nehmen, Evolution beschleunigen, Evolution bewusst »machen«. Das verlangt die Welt zurzeit auf allen Gebieten von uns, Klimaveränderung, Friedensverständnis, Zusammenleben in der globalisierten Welt, Pandemien, Katastrophen – da kommen wir mit Schulterzucken und »kann man nichts machen« höchstens schneller an unser aller Ende.

»Sie sagen es ja selbst, wozu soll ich fit sein, wenn doch alles den Bach runtergeht?«, das höre ich zuweilen auch als Antwort. Fit sein, um aktiv Welt zu gestalten, das ist mein Entwurf. Machen Sie mit. Gestalten Sie Ihre Evolution. Sie werden es nicht bereuen. Das Zu-Hause-Sein in meinem Körper, das Wohlfühlen ohne Schmerzen, die Fähigkeit, zu joggen, zu laufen, zu schwimmen und zu tanzen, die Fähigkeit, Arien zu schmettern, das stärkt auch meine Seele, und natürlich meinen Geist. Ich bin in meinem Gehirn genauso zu Hause wie in meinem Körper. Die Freundschaft mit Knochen, Gelenken, Faszien und Muskeln macht mich »grundfroh«, ich habe Kraft für das Leben und seine Herausforderungen.

Wenn Sie sich schon täglich und lustvoll und so selbstverständlich bewegen, wie Sie essen, trinken, schlafen, wenn Sie nie Schmerzen haben, wenn Sie nicht kleiner werden, wenn Sie das, was Sie machen, mit Lust machen: Machen Sie um Himmels willen weiter und verschenken Sie dieses Buch!

Haben Sie hin und wieder nach dem Tennisspielen Schmerzen in Fuß, Knie, Hüfte, so lohnt sich die Lektüre und das Umsetzen der Übungen. Sie werden herausfinden, wie Sie diese Schmerzen verursachen und eben auch verhindern können. Bestimmt können Sie mit Tipps in diesem Buch Ihr Spiel verbessern oder die Erholungszeit verkürzen oder die Atmung optimieren.

Freundin Gretchen aus Kalifornien liebt Tai-Chi und Schwimmen. »Ich brauche es zum Leben«, präzisiert sie. Sie reist mit 78 viel und gern und sucht sich in einer Stadt zuerst die Schwimmbäder heraus. Sie hat sich mit meiner Methode ernsthaft beschäftigt und ihre Grundhaltung beim Tai-Chi und im Schwimmen mit meinen biomechanischen Grundsätzen so optimiert, dass sie beides noch lieber, noch leichter, noch nachhaltiger und vor allem schmerzfrei macht.

CANTIENICA® Körper in Evolution ist kein Vergnügungssport, auch wenn das Training vergnüglich ist. Es ist die »Grundversorgung« für einen leistungs- und lebensfähigen Körper, das Wartungsprogramm. Sie können in jedem Alter damit anfangen. Der Körper ist lernfähig, solange wir leben. Knochen sind formbar, solange wir leben. Knochen und Knorpel sind regenerierbar, solange wir leben. Bänder, Sehnen, Muskeln, Faszien verändern sich bereitwillig mit den Knochen, solange wir leben.

2

Schrumpfen im Alter? Wozu soll das gut sein?

In meiner ersten Lebenshälfte schrumpfte ich, wie es sich gehört. Ich war eine der Klassenbesten unter den Schrumpfern. Anständig gab ich zwischen 25 und 47 ein paar Zentimeter ab, mehr, als die Gesellschaft erwartete. Ich hatte für mein Schrumpfen auch eine fabelhafte Begründung, die mir zuverlässig Mitgefühl einbrachte, wenn ich sagte: »Ich leide an Skoliose. Da kann man nichts machen.«

Nina:Das habe ich auch so gelernt. Skoliose ist Skoliose, denn Knochen sind hart und starr und unbeeinflussbar.

Benita:Welch eine Beleidigung für die Knochen! Bei jedem Bruch, der wieder zusammenwächst, beweist der Knochen: Ich bin lebendig. Solange die Skoliose von außen betrachtet wird, ist sie nicht zu beeinflussen. Die Veränderung kommt von innen. Ich zeige den Menschen, wie sie die Knochen aus dem Körperinneren neu ausformen, unterstützt von Bändern, Faszien und Muskeln. Zentral sind die horizontalen Muskelschalen, die ich als die wichtigsten Zwischenstockwerke im Hochhaus Mensch bezeichne: der Beckenboden und das Zwerchfell. Sie sind die wichtigen Stützstrukturen.

Die Skoliose versaute mir die Jugend – und schenkt mir ein glückliches Alter. Sie wurde diagnostiziert, als ich sechs war. Die sei unheilbar, sagte der Dorfarzt. »Unheilbar, hörst du!«, wiederholte die Mutter. Sie widersprach Ärzten nie. Unheilbar ist auch die immer noch vorherrschende Meinung. Erst vor Kurzem sagte ein Spezialist eindringlich und mit seinem Zeigefinger sehr nahe an meinem Brustkorb: »Skoliose ist angeboren. Man kann sie nur durch Korsetts und Operationen begradigen, und diese Begradigungen sind auch nicht von Dauer.«

Im Familienalltag gab es keine Rücksicht auf meine Verkrümmung, ich musste anpacken im Haushalt. Das war in der Mitte des letzten Jahrhunderts Sitte, vielleicht erinnern Sie sich. Doch wenn ich etwas unternehmen wollte, von dem ich mir Spaß erhoffte, etwa Fußballspielen mit den Jungs, Gummitwist mit den Mädchen, so ging das nicht: »Das kannst du nicht«, »Lass das«, »Das ist nichts für dich«. So blieben die Muskeln, Sehnen, Faszien unterfordert. Eine Hypothek fürs Leben, was der Körper in Kindheit und Jugend verpasst, kann nur schwer nachgeholt werden. Ich muss für meine Muskeln hart arbeiten, und sie werden nie aussehen wie bei Menschen, die ihre Muskeln in der Kindheit und Jugend natürlich herausforderten.

Die Rebellin gab klein bei, wurde zur Tagträumerin, schrieb heimlich Gedichte, zeichnete nachts mit Taschenlampe unter der Decke, dachte sich große Karrieren aus. Ich machte dann ordentlich Karriere, die 80er-, 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts und die Nullerjahre waren für wagemutige Frauen ein Selbstbedienungsladen, ich zeigte, was ich konnte, dass ich konnte, dass ich wollte, und es öffneten sich Türen, von denen ich als Kind und Jugendliche unter der Decke nicht zu träumen gewagt hätte. Mode, Journalismus, Chefredaktionen in der Schweiz und in Deutschland, ich volontierte in Welten des schönen Scheins auf den höchsten Hochhackigen – und war jahrelang auf Schmerzmitteln.

Als ich meine Sammlung von »Me-Toos« der traumatisierenden Art vervollständigt hatte, stieg ich um auf flache Schuhe und sehr kurze graue Haare und durchlief meine Menopause innerhalb von ein paar Tagen. Ohne Symptome, jedoch mit vielen Ahas: Ich verändere mein Aussehen, und es verändert sich meine Welt.

Die Schmerzen blieben. Die Wirbelsäule wurde krummer und krummer. Ein Hüftgelenk war hinüber. »Ersetzen«, sagte der Arzt, »ich besorge Ihnen einen Termin. Das rechte Kiefergelenk machen wir auch gleich.« Und früher oder später »helfe« der Wirbelsäule nur eine Versteifung. Ich erzähle das, damit Sie nicht denken müssen: »Die hatte einfach Glück und gute Gene. Mir bringt das doch nichts mehr.« Ich erzähle das, um Ihnen zu sagen: Was ich kann, können Sie auch. Sie müssen es nur wollen. Die Rebellin antwortete dem Arzt oder vielmehr sich selbst: »Was soll ich mit künstlichen Knochen und Gelenken, wenn ich meine eigenen nicht artgerecht gebrauchen kann?« Dieser Grundgedanke bezeichnet die Seele meiner Methode: Gehe in Dialog mit deinem Körper, erkunde ihn, erforsche ihn, und er wird zu deinem besten Lehrer.

Nina: