Leiche über Bord - Jürgen Alberts - E-Book

Leiche über Bord E-Book

Jürgen Alberts

3,0
6,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
  • Herausgeber: Heyne
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2009
Beschreibung

Vor der afrikanischen Küste: Mord an Bord

„Dann warfen sie den Offizier den Haien vor.“ So lautete die Schlagzeile einer Zeitung nach dem spektakulären Mord vor der Elfenbeinküste an einem Offizier des Bremer Frachtschiffes „Karl Binnen.“ Weil das Schiff zu deutschem Hoheitsgebiet gehört, wird der Bremer Kommissar Eckard Mordhorst zusammen mit einem Assistenten nach Afrika geschickt, um die mysteriöse Bluttat aufzuklären.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 153

Bewertungen
3,0 (16 Bewertungen)
5
0
6
0
5
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis
 
Die Autoren
Lieferbare Titel
Lob
 
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
 
Copyright
Das Buch
Mitte der 70er Jahre werden zwei Bremer Kriminalhauptkommissare an die Elfenbeinküste geschickt, um einen Mordfall auf einem deutschen Holzfrachter zu klären. Dem Gesetz zufolge dürfen sie erst ermitteln, wenn sich das Schiff in internationalen Gewässern befindet. Das sind nicht die einzigen Schwierigkeiten, mit denen sie zu kämpfen haben. Der Kapitän möchte schnelle Erfolge, um noch vor der Abreise den Täter von Bord zu bekommen, und die Besatzung steht den beiden Polizisten äußerst misstrauisch gegenüber. Von Tag zu Tag wächst die Anspannung.
Als die Tat aufgeklärt ist, beginnen die Schwierigkeiten aber erst richtig …
Die Autoren
Eckard Mordhorst war einer der beiden Kriminalhauptkommissare, die den Mordfall in Abidjan zu klären hatten. Er ist gegenwärtig Polizeipräsident in Bremen.
Jürgen Alberts lebt mit seiner Frau Marita in Bremen. Er hat zahlreiche Kriminal- und historische Romane geschrieben.
Lieferbare Titel
Familienfoto - Familiengeheimnis - Familiengift - eine hanseatische Juristentrilogie, die zwischen 1968 und 1993 spielt.
Reib niemals deinen Arsch an einem Stachelschwein.
(Akan, Elfenbeinküste)
 
Breit mag der Fluss sein, man kann ihn dennoch durchqueren.
(Krou, Elfenbeinküste)
 
Wenn ein Blinder sagt, lass uns Steine werfen, kannst du sicher sein, dass er auf einen getreten ist.
(Haussa, Nigeria)
1
Es gibt Gesichter, die du nicht vergisst. Sie verfolgen dich. Lassen dich nicht los. Brennen sich ein. In dein Hirn. Kein Mittel, sie auszulöschen. So sehr du dich auch darum bemühst.
Ich war Mitte der 80er in einer Arbeitsgruppe zur Bekämpfung von Drogenkriminalität. Direkt vor Ort. Steintor, Ostertor. Die Szene fing an auszuufern. Brennpunkt: Am Dobben, Sielwall. Dort, wo sich das Milieu getroffen hat, wurde offen gedealt. Da sind die Leute in hellen Scharen hingegangen, um Drogen zu kaufen. Die Dealer traten massiert auf. Ein Brennpunkt, wie gesagt. Manche kamen aus dem Umland, nur aus Neugierde, um Drogen kennenzulernen. Andere versorgten sich hier regelmäßig und ungehindert. Mittendrin in dieser Szene wollten wir anfangen, den Sumpf trockenzulegen.
Dafür haben wir im Präsidium eine Arbeitsgruppe gegründet, ausgestattet mit Kollegen aus verschiedenen Fakultäten, ausgelagert und gesondert untergebracht. Wir waren etwa zehn Mann stark. Erst mal gezielte Fahndungsmaßnahmen durchführen, um später Leute festnehmen zu können. Keine große Razzia, sondern einzelne Maßnahmen. Fahndungseinsätze, aufgrund von ausreichendem Beweismaterial, um daraus eine Haftsache zu machen. Die Dealer dem Gericht überstellen, damit sie für ihre Taten, die hatten wir alle als Akten vorliegen, zur Verantwortung gezogen werden konnten.
Wir wollten uns an diese Szene heranarbeiten, in die Szene hineinarbeiten. Es ging eigentlich nicht nur darum, den offenen Drogendeal zu bekämpfen, sondern tatsächlich an die Hintermänner heranzukommen, an die Strukturen, und um die Stränge und Verbreitungskanäle aufzuklären.
Und bei diesen Ermittlungen, die natürlich immer wieder tief ins Milieu hineingeführt haben, weil man sich nach dem Prinzip des Ameisenhandels vom Verbraucher zum Kleindealer über den Zwischendealer letztendlich zum Großdealer heranarbeiten musste, ist bei einer Kontrollaktion etwas passiert, was ich niemals erwartet hatte.
Wagenbesatzung eins und zwei, ihr macht euch jetzt mal auf den Weg und versucht, die Festnahme durchzuführen, der Gesuchte hält sich auf im Bereich Sielwallkreuzung und umliegenden Gaststätten.
So, dann kommst du in eine Gaststätte rein und der bemerkt dich und macht Fluchtbewegungen. Und der schafft es auch. Bei einer Razzia würde er nicht weit kommen, weil alles abgesperrt ist. Aber so.
Bleibt dir nix anderes übrig, als hinterherzulaufen und über Funk zu koordinieren: Die Zielperson hat gerade durch den Hinterraum die Gaststätte verlassen und dürfte sich im Bereich der Straßen Berliner und Grund aufhalten. Also: wir kommen da hin und ihr geht dorthin.
Wir wussten, wen wir schnappen wollten. Ich hatte eine genaue Vorstellung von dem. Der kam aus dem Libanon. Der Mann war in der Hierarchie ziemlich weit oben. Durch das Beobachten von diversen Geschäften, durch das Weitergeben von Geld beziehungsweise das Runtergeben von Betäubungsmitteln hatten wir schon eine Vorstellung, wer auf den höheren Schichten dahinter war. Ganz oben waren wir aber noch nicht angekommen. Wir hatten schon genug zusammengetragen, um zu entsprechenden Festnahmehandlungen zu kommen. Es war nachts. Weit nach Mitternacht. Daran kann ich mich genau erinnern.
Mein Kumpel war gerade in die eine Richtung gelaufen. Ich wollte in die andere.
Da klopft mir jemand von hinten auf die Schulter und sagt: Schönen guten Abend, Herr Eggert.
Und als ich mich umdrehte, und von daher stimmt das tatsächlich, das ein oder andere Gesicht vergisst man nicht, wusste ich sofort: Mit diesem Mann warst du drei Wochen auf einem Schiff. Er ist ein Mörder.
2
»Bitte umgehend melden. Persönlich. HH« Ein Montagmorgen im April 1976, ein sauberer Schreibtisch, alle Vorgänge und Hefter verräumt und mittenmang so ein Zettel. Feuerwehrrot, mit gestochen klaren Buchstaben. Tief ins Papier gerammt.
HH, erst vor ein paar Tagen aus dem Urlaub zurück. HH, der Leiter der Kripo, nie den Überblick verlieren. Alte Fälle im Auge behalten. Abgebrochene Ermittlungen wieder aufnehmen. Präventive Konzepte entwickeln und vorantreiben. Auf keinen Fall durfte Leerlauf entstehen. Was ist ihm wohl diesmal im Urlaub eingefallen?, dachte Eggert. Er nahm den Zettel und legte ihn in die Schreibtischschublade. Am liebsten hätte er ihn zusammengeknüllt und in den Papierkorb geworfen. Ein treffsicherer Wurf. Und ab dafür.
Nicht ein Wort hatte HH bisher über Eggerts größten Erfolg verlauten lassen. Vielleicht ist das der Grund, mich heute Morgen einzubestellen. Eine Belobigung wäre mal ein guter Start in die neue Woche, dachte er.
Auch wenn HH in Urlaub war, seit Jahren fuhr er nach Südtirol ins Hotel Kiendl oberhalb von Schenna, ließ er sich von seiner Sekretärin auf dem Laufenden halten. Er hatte gewiss noch am gleichen Tag erfahren, dass Eggert und sein Team vor zehn Tagen die einbetonierte Frau ausgebuddelt hatten. Der Ehemann, ein durchaus renommierter Bauunternehmer, gestand die Tat umgehend. Ohne jede Rührung. »Nun haben Sie mich doch«, war seine erste Reaktion gewesen, als Eggert ihn mit dem Leichenfund konfrontiert hatte.
Er machte sich auf den Weg. Eine Etage höher. HH wartete nicht gerne. Warum sich nicht ein paar lobende Worte abholen? Obwohl sie sicherlich dürftig ausfallen würden. HH war kein Meister in lobenden Worten. Nicht seine Sache, eher schon ein Meister der kontrollierten Wachsamkeit.
Wochenlang hatten sie alle Spuren der vermissten Frau überprüft. Welche Beziehungen hatte sie zu wem? Zu Kindern, Verwandten, Freunden? Wer schickte diese Postkarten aus dem Ausland? Eggert hatte nie daran geglaubt, dass die Ansichtskarten mit den sonnigen Motiven von der Vermissten stammten. »Sie hat das Haus nach einem Streit verlassen«, hatte der Ehemann gesagt. Immer wieder die gleichen Sätze: »Und von da an war sie weg!« Ende der Aussage.
Eggert ging über den Flur, der wie jeden Montag nach Bohnerwachs roch. Hochpoliertes Linoleum in den Farben schmutziggrün und rostbraun, mit grauer Einfassung. An den mit grüner Lackfarbe bis zur halben Höhe gestrichenen Wänden gab es gelegentlich Kratzer. Keine Bilder an den gekalkten Wänden darüber. Neben den jugendstilverzierten Holzrahmen der Türen die in Aluminium eingefassten Schilder der Dienststellen. Streng geordnet.
Wo arbeitete der Bauunternehmer, der seine Frau so gar nicht zu vermissen schien? Eine seiner Baustellen war eine Schulerweiterung in der Neustadt. Ein Fundament sollte gegossen werden. Wann genau war er dort? Tag? Uhrzeit? Eggert hatte einen minutiösen Plan ausgearbeitet, einen Terminkalender voller Ungereimtheiten. Der Streit soll an einem Sonntag stattgefunden haben. Was hatte der Bauunternehmer am Sonntag dort zu schaffen? Eggert veranlasste erste Probebohrungen. Mit einem ausgetüftelten Raster wurde der Betonboden angebohrt. Dann: Der Leichenhund spielte verrückt. Die Stelle wurde eingegrenzt. Der Rest war Routine. »Der Streit hat auf der Baustelle stattgefunden. Es war ein Unfall«, sagte der Ehemann bei der letzten Vernehmung, »aber das hätte mir ja keiner geglaubt.« Mehrere Monate beharrlicher Recherche. Präzises Vorgehen. Alle Möglichkeiten durchspielen, um dann einen entscheidenden Durchbruch zu erzielen.
Eggert klopfte an die Tür. Ohne eine Antwort abzuwarten, öffnete er sie behutsam.
Die Sekretärin lächelte ihn an. »Schön, dass du gleich raufgekommen bist, Hinni. Musst dich aber noch ein paar Minuten gedulden.« Sie trug einen grauen Faltenrock und eine gestärkte, weiße Bluse. Die Haare hochgesteckt. Ihr prüfender Blick war amtsbekannt, diesmal folgte ein anerkennendes Nicken.
Hinrich Eggert gab ihr die Hand. Stimmung scheint ja gut zu sein, dachte der dreißigjährige Kriminalhauptmeister. Er sah auf die Wallanlagen. Ein Grüngürtel, der sich durch die Innenstadt zog, mit einem stehenden Gewässer in der Mitte, das von beiden Seiten von altem Baumbestand umgeben war.
»Hast du eine Ahnung, was er will?«, fragte Eggert, ohne sich umzudrehen.
»Große Sache«, antwortete die Sekretärin, »aber das soll er euch selber sagen.«
Wieso uns? Eggert ließ sich nichts anmerken. Er war zwar nicht allein für die Aufklärung der Vermisstensache Berta Schierholz verantwortlich gewesen, aber alle waren sich darin einig, dass seine Beharrlichkeit zum Erfolg geführt hatte. Er musste die Staatsanwaltschaft eingehend beknien, damit sie der Aufbohrung des Betonfundamentes zustimmte.
Der Wind zauste die Bäume. Die frischen Blätter widerstanden aber dem heftigen Sturm. Auf dem Ostertorsteinweg hatte der Verkehr um diese Zeit schon wieder nachgelassen. In der Hansestadt saß man längst in den Kontoren und Ämtern. Bei der Arbeit.
»Was machst du hier, Hinrich?«, fragte Walter Lange. Eggert drehte sich um. Der drei Jahre jüngere Kollege, mit dem er bisher noch nie im ersten Kommissariat zusammengearbeitet hatte, betrat das Büro. Er hatte sich übers Wochenende die Haare kurz schneiden lassen. Ein Igelkopf, wie er gerade in Mode gekommen war. Pechschwarz.
Eggert wies auf die verschlossene Tür, sagte aber nichts.
»Dann sind wir ja schon zu zweit«, rief Lange aus. Seinem Namen zum Spott kämpfte er um jeden Zentimeter in seinem Pass. Er maß nicht mehr als einsdreiundsechzig.
Er umarmte die Sekretärin, die sich ein wenig erstaunt gab. »Kommen denn noch mehr?«, fragte Lange.
»Nein, wir sind komplett«, antwortete sie, »ich kann euch jetzt bei ihm anmelden.«
Sie drückte auf die Gegensprechanlage und sagte, dass die beiden Kollegen eingetroffen seien.
Fast im gleichen Augenblick wurde die gepolsterte Tür geöffnet und Henning Hackmack erschien. Ein Hüne von fast zwei Metern, weißblondes Haar mit einem akkurat geschnittenen Schnauzbart. Alter bremischer Adel, wenn es so was überhaupt gab. Sein Anzug in hanseatischem Blau gehalten, die gestreifte Krawatte in den Farben des Fußballvereins. Grün-weiß. Er trug wie immer schwarze Lackschuhe. Größe 52.
»Rein mit euch!«, kommandierte er. Eggert gab er einen Klaps auf die Schulter.
Die beiden Kriminalhauptmeister betraten das Büro.
Neben dem Schreibtisch glänzte die Gummipalme, als hätte sie heute Geburtstag. Die geilen, roten Spitzen, aus denen die neuen Blätter entstanden, in alle Richtungen gereckt.
»Setzt euch!« Hinrich Eggert hätte es vorgezogen zu stehen, damit der Größenunterschied nicht noch deutlicher wurde, aber er nahm auf einem der beiden Holzstühle Platz. Walter Lange machte es ihm nach.
Hackmack stand hinter seinem Schreibtisch und rieb die Handflächen gegeneinander.
»Um es kurz zu machen: Ihr fliegt morgen an die Elfenbeinküste. Auf einem Schiff ist jemand abgängig und ihr untersucht die Sache.«
»Morgen. Elfenbeinküste. Mord?« Walter Lange stammelte die drei Worte. Wie ein fremdes Gebet.
Von wegen Belobigung. Hab ich mich getäuscht, dachte Eggert. War ja nicht anders zu erwarten. Obwohl, wenn er es länger bedachte, so ein Einsatz mehr wert war als ein paar lobende Worte.
Hackmack berichtete in knappen Sätzen: Auf dem bremischen Holzfrachter »Karl Binnen«, unterwegs von Kamerun zur Elfenbeinküste, habe es wahrscheinlich eine Bluttat gegeben. »Aber noch ist nichts geklärt.« Jetzt liege das Schiff auf Reede in Abidjan. »Die Reederei hat die diplomatische Vertretung eingeschaltet.« Der dritte Ingenieur sei abgängig. »Die diplomatische Vertretung hat die Staatsanwaltschaft informiert.« Es sei Eile geboten, deswegen müsse man sofort in die Klotten kommen. »Die Staatsanwaltschaft hat uns in Marsch gesetzt.« Also morgen …
»Und die Kollegen vor Ort?«, wollte Eggert wissen, »warum wird nicht die Polizei in Abidjan eingeschaltet?«
Die haben doch gewiss eigene Leute, die das aufklären können, dachte er. Eggert spürte, dass Lange über seine Nachfrage nicht erfreut war.
»Ich hab mich schon juristisch schlau gemacht«, antwortete Hackmack, »Paragraf sieben des StGB klärt die Allzuständigkeit der deutschen Behörden, wenn es sich um ein deutsches Opfer oder einen deutschen Täter in internationalen Gewässern handelt. Und wenn das Opfer ein bremischer Bürger ist, was in diesem Fall so zu sein scheint, dann ist die Polizei des Landes, zu dem das Opfer gehört, zuständig.«
Hackmack machte eine Pause.
Juristisch musste immer alles wasserklar sein, sonst konnte Hackmack einen Terz veranstalten, den man lange nicht vergaß.
Erwartet HH jetzt ein Dankeschön?, dachte Eggert und schaute Lange an. »Da hab ich mir ja schon den richtigen Haarschnitt verpassen lassen.« Walter Lange strich über seine pechschwarze Igelbürste. Einmal nach hinten und einmal nach vorn.
»Und? Was meinste, Hinrich?«, fragte Hackmack, der sein Händereiben für einen Augenblick unterbrach, »ist das was für dich?«
Eggert erhob sich: »Was soll die Frage? Ich hab in einer halben Stunde gepackt und bin marschbereit.«
»So lange?«, erwiderte sein Kollege.
»Ich hab Edith angewiesen, euch über Hapag-Lloyd die Tickets zu besorgen. Der Flug geht ab Bremen 7 Uhr 20. Ihr seid entlassen.«
Hackmack griente bei dieser Bemerkung, als sei ihm ein guter Witz gelungen. Dann fügte er hinzu: »Für heute, meine ich. Dienstfrei bis zum Abflug. Alles klar?«
Die beiden Polizisten gingen zur Tür. Gute Stimmung, hab ich gleich gespürt, dachte Eggert. Nach Afrika! Ein Jugendtraum. Sein zweiter Auslandseinsatz in der Mordkommission. Für Walter Lange war es bestimmt der erste.
»Ach, Hinrich, bevor ich es vergesse, ausgezeichnete Arbeit in der Leichensache Schierholz. Wirklich, geht auf deine Karte. Meine vorzüglichste Gratulation.«
Eggert drehte sich um. Er wollte Hackmacks Gesicht dabei sehen, aber der hatte schon den Telefonhörer in der Hand und drehte eine Nummer auf der schwarzen Wählscheibe.
Na denn eben nicht, dachte Eggert. Was hätte ich darauf auch erwidern sollen …
Vor dem Büro sagte Lange: »Da kann ich mich ja glücklich schätzen, dass ich mit so einem erfolgreichen Kollegen nach Afrika darf. Hinrich, was wäre ich ohne dich?«
»Nur ein einfacher Kriminalhauptmeister, der auf der Ochsentour in Tenever alte Damen befragen muss, was sie uns im Mordfall Grotheer bisher verschwiegen haben.« Eggert knuffte seinen Kollegen in die Seite. »Und pack die Badehose ein, vielleicht können wir ja mal schwimmen gehen.«
In seinem Büro angekommen nahm er den Zettel aus dem Schreibtisch. Bitte umgehend melden. Persönlich. HH
Nun sah das Rot schon freundlicher aus.
Böhlmann riss die Tür auf. »Ich hab gehört, ihr dürft zu den nackten Negerknaben. Na, dann wünsch ich aber viel Spaß.«
»Böhle, reiß dich zusammen. Das sind Menschen wie du und ich. Nur weil die eine andere Hautfarbe haben, hast du nicht das Recht …«
Böhlmann hob die Hände, als würde er von einer Waffe bedroht: »Was hab ich denn gesagt, Hinni?«
»Das Wort ›Neger‹ will ich nie wieder hier hören. Ist das klar?«
Böhlmann machte einen Schritt zurück: »Oh,’tschuldigung. War nicht so gemeint.«
»Ich hab schon verstanden, was du gemeint hast. Zieh die Tür zu. Von außen, aber ein bisschen subito.«
3
»Sie müssen die Herren aus Bremen sein«, sagte der Mann, der in kurzen Hosen und offenem Hemd am Flughafen in Abidjan auf sie wartete. Eggert hatte sich den Wintermantel über den Arm gelegt, er schwitzte. Schon auf der Gangway spürte er die drückende Hitze. Wie einen Faustschlag. Der Schweiß kroch ihm von den Hosenbeinen nach oben. Dreißig Grad und das um sechs Uhr. Beim Abflug in Bremen hatte die Hansestadt mal wieder gezeigt, was sie aus einem gewöhnlichen Frühlingstag machen konnte: saukalt und Regen ohne Ende.
Die Männer stellten sich vor. Der Kapitän der »Karl Binnen« hatte seinen Ersten Offizier geschickt. Fritz Scheuerlein. Ein knapp vierzigjähriger Mann, dessen schwere Hände von breiten Adern durchzogen waren. »Das Taxi wartet gleich vor der Tür. Ich hab den Auftrag, Sie beide zum Schiff zu bringen.« Er wollte sich Eggerts Koffer schnappen, aber der ließ es nicht zu.
In Frankfurt hatten sie rennen müssen. Fünf Minuten Verspätung in Bremen bedeuteten meist zwanzig Minuten Verspätung bei der Ankunft in Frankfurt. Den Weiterflug nach Genf erreichten sie
Verlagsgruppe Random House
 
 
 
Vollständige Taschenbuchausgabe 10/2008 Copyright © 2008 by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Umschlagfoto: Andre Gallant / Getty Images
 
eISBN : 978-3-641-02428-4
 
www.heyne.de
 
Leseprobe
 

www.randomhouse.de