Liebe in jedem Sinn - Rayna Vause - E-Book

Liebe in jedem Sinn E-Book

Rayna Vause

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Beschreibung

Christopher Vincent ist verzweifelt genug, um einen Job als Wahrsager im Nachtclub seiner besten Freundin Angie anzunehmen. Jackson Whitman, der Miteigentümer des Clubs, ist darüber ganz und gar nicht erfreut, da er Wahrsagerei für Betrug hält. Was er nicht weiß: Christophers Gabe ist echt – genauso wie die Anziehung, die von Anfang an zwischen den beiden Männern Funken schlägt. Als ein Stalker den Nachtclub ins Visier nimmt und auch vor Attentaten nicht zurückschreckt, müssen die beiden zusammenarbeiten, um ihn zu stoppen. Und wenn man sich so nahe kommt, kochen Gefühle hoch, die man eigentlich lieber ignoriert hätte… Band 25 der BELOVED Romantik-Reihe. Buch ist in sich abgeschlossen.

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Seitenzahl: 274

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Deutsche Erstausgabe (ePub) März 2019

Für die Originalausgabe:

© 2017 by Rayna Vause

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»Extrasensual Perception«

Originalverlag:

Published by Arrangement with Dreamspinner Press LLC, 5032 Capital Circle SW, Ste 2, PMB# 279, Tallahassee, FL 32305-7886 USA

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2019 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

beloved ist ein Imprint des Cursed Verlags

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

ISBN-13: 978-3-95823-742-1

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

Aus dem Englischen von Tasha N. Brooks

Liebe Leserin, lieber Leser,

vielen Dank, dass Sie dieses eBook gekauft haben! Damit unterstützen Sie vor allem die Autorin des Buches und zeigen Ihre Wertschätzung gegenüber ihrer Arbeit. Außerdem schaffen Sie dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der Autorin und aus unserem Verlag, mit denen wir Sie auch in Zukunft erfreuen möchten.

Vielen Dank!

Ihr Cursed-Team

Klappentext:

Christopher Vincent ist verzweifelt genug, um einen Job als Wahrsager im Nachtclub seiner besten Freundin Angie anzunehmen. Jackson Whitman, der Miteigentümer des Clubs, ist darüber ganz und gar nicht erfreut, da er Wahrsagerei für Betrug hält. Was er nicht weiß: Christophers Gabe ist echt – genauso wie die Anziehung, die von Anfang an zwischen den beiden Männern Funken schlägt. Als ein Stalker den Nachtclub ins Visier nimmt und auch vor Attentaten nicht zurückschreckt, müssen die beiden zusammenarbeiten, um ihn zu stoppen. Und wenn man sich so nahe kommt, kochen Gefühle hoch, die man eigentlich lieber ignoriert hätte…

Widmung

Für Elle Brownlee, die mir geholfen hat, dieses Buch in Form zu bringen. Für meine großartigen Freunde, die mich bei jedem Buch unterstützen. Und, wie immer, für meine Mom.

Kapitel 1

Schmerz überwältigte ihn, während der Aufprall der Kugel ihn zurückwarf. Er flog rückwärts und blieb kaum lange genug in der Luft, um seine Lunge vollständig mit Luft zu füllen, geschweige denn zu schreien, bevor er in eiskaltem Wasser landete.

Quälender Schmerz strahlte in seinen ganzen Körper aus, während das verdrängte Wasser ihn in seine trüben Tiefen einschloss. Er kämpfte sich, so gut er es mit einem Arm konnte, zurück an die Oberfläche. Der andere Arm hing nutzlos an seiner Seite, während sich eine Wolke aus Blut um ihn bildete.

Seine nassen Klamotten zogen ihn hinab, seine Jacke verhedderte sich und seine Lunge forderte brennend Sauerstoff. Er versuchte, sich in Richtung der Oberfläche zu treten, aber etwas hielt ihn zurück. Sein Herz pochte heftig. Das Rauschen seines Blutes, das durch seinen Körper schoss, dröhnte in seinen Ohren. Er erhaschte einen Blick auf ein Netz, das an seinem Bein hing und ihn in dem kalten und trüben Hafengewässer gefangen hielt. Er schlug nach dem Netz und versuchte, sich zu befreien, während er gegen den Drang einzuatmen ankämpfte, aber er konnte nicht mehr viel länger durchhalten. Schwarze Flecken tauchten vor seinen Augen auf und vernebelten seine Sicht.

Die Kraft floss aus den Muskeln, die noch immer gegen das verhedderte Netz ankämpften. Er entdeckte einen letzten Funken des Lichts, das auf der Wasseroberfläche tanzte, bevor die Welt dunkel wurde.

»Morgen, Mama.« Chris schlüpfte in den Raum und brachte seiner Mutter ihr tägliches Frühstück mit Tee, Toast und Obst. Er stellte alles auf ihren Nachttisch und ging dann zum Fenster, um die Vorhänge zu öffnen und ein wenig Tageslicht in das kleine Schlafzimmer zu lassen. Es überraschte ihn nicht, dass sie damit kämpfte, sich in ihrem Bett aufzusetzen, als er sich zu ihr drehte.

»Mama.« Er atmete frustriert aus. »Lass mich dir helfen.« Er hob ihren leichten Körper an, sodass sie sich aufrecht hinsetzen konnte und ihr Rücken von dem Kissenberg gestützt wurde, auf dem sie geschlafen hatte.

Sie runzelte die Stirn, während sie fluchte und sich auf ihren schwachen Arm schlug.

»Nutzloses Ding«, grummelte sie und zog ihre Brauen zusammen, während sie ihr übergroßes, marineblaues T-Shirt zurechtzupfte, das sie ihr liebstes Nachthemd nannte. Dann glättete sie ihr schulterlanges, grau meliertes Haar mit ihrer kräftigen Hand.

Chris zog den großen Holzstuhl aus der Ecke des Raumes heran, glättete ihre Decke und setzte sich. Er legte eine Hand auf das Knie seiner Mutter.

»Lass dir Zeit. Die Ärzte und Therapeuten sagen, dass es dir besser geht. Du wirst jeden Tag etwas stärker.«

»Pah. Scharlatane, allesamt.«

Chris nahm ihre geliebte Lily-Dale-Tasse mit dem Tee, den er gekocht hatte, und gab sie ihr. »Trink, nimm deine Medikamente. Es wird gleich jemand kommen, um dir beim Waschen und Anziehen zu helfen und dich zur Therapie zu bringen. Ich werde zum Laden rübergehen und anfangen, Sachen zu packen. Wir haben nur dreißig Tage Zeit, um alles auszuräumen, bevor der Mietvertrag ausläuft.«

Seine Mutter senkte den Kopf und ihre Schultern sackten herab. Sie sah traurig, blass und zerbrechlich aus. Eine ganze Reihe von Wörtern, die er niemals mit seiner starken Mutter in Verbindung gebracht hatte. Sie war immer voller Selbstbewusstsein und Frechheit gewesen. Nachdem sie ihren Ehemann bei einem tragischen Autounfall verloren hatte, hatte sie sich wieder aufgerappelt, war aufrecht durchs Leben gegangen und hatte ihren Sohn allein großgezogen, während sie gleichzeitig ein unkonventionelles Unternehmen erfolgreich gemacht hatte. Seit sie ihren Schlaganfall gehabt hatte, war ein Teil dieses Feuers erloschen. Der anstrengende Kampf, um wieder zu ihrem früheren gesunden Selbst zurückzukehren, forderte seinen Tribut. Neue Falten überzogen ihr Gesicht und das Grau in ihren Haaren nahm langsam überhand in ihrem ehemals pechschwarzen Haar.

»Ich weiß, wie viel der Laden dir bedeutet, Ma, aber wir können uns die Miete einfach nicht mehr leisten. Wenn es dir wieder gut geht, werden wir dir einen anderen Ort suchen, an dem du deine Tarotkarten lesen kannst. Ich wette, dass deine ganzen alten Kunden zu dir kommen werden, egal, wo du deinen Laden einrichtest.« In Wirklichkeit sollte sie in den Ruhestand gehen, aber dieses Wort würde nie wieder über seine Lippen kommen. Er unterdrückte ein Schaudern, als er sich den Todesblick seiner Mutter ins Gedächtnis rief, den er geerntet hatte, als er zum ersten und letzten Mal den Ruhestand erwähnt hatte.

Sie richtete ihren Blick auf ihn, ihre Augenbrauen waren noch immer zusammengezogen, und hob ihre Tasse, um etwas zu trinken. »So sind die Dinge jetzt eben. Du wirst dich daran gewöhnen müssen.« Er nahm eine der unzähligen Tablettendosen, schüttelte eine Tablette heraus und gab sie ihr.

Sie sah ihn noch einen Moment länger genervt an, bevor sie seufzte, die Tablette annahm und sie schluckte. Sie stellte den Tee ab und hielt ihm ihre Hand hin. Er nahm sie und sie drückte seine liebevoll. »Du siehst müde aus, Baby. Hast du nicht gut geschlafen?«

Chris schüttelte seinen Kopf. »Träume. Verstörende Träume.«

»Träume haben eine Menge Bedeutungen, besonders deine. Möchtest du darüber sprechen?«

»Gerade nicht, und bitte versuch nicht, meine Zukunft zu deuten. Lass mich das allein auf die Reihe bekommen.« Er ließ ihre Hand los und stand auf.

»Ich würde das nicht ohne deine Erlaubnis tun. Das weißt du.« Als er eine Augenbraue hob, gab sie zu: »Okay, vielleicht doch, aber ich werde deine Privatsphäre respektieren. Ich vermute, letzte Nacht war keine gute Nacht, um zu träumen. Es waren nicht besonders viele angenehme unterwegs.«

»Mit anderen Worten, ich sollte mich darauf einstellen, heute einer Menge schlecht gelaunter Leute zu begegnen. Großartig. Etwas, worauf ich mich freuen kann. Iss dein Frühstück. Ich werde dir mehr bringen, wenn du noch hungrig bist.«

Seine Mutter nahm die Schüssel mit dem Obst und stellte sie in ihren Schoß. Sie hob die Gabel, auf der bereits ein Stück Honigmelone aufgespießt war, und musterte das grüne Obststück, bevor sie es mit einem Geräusch von Metall auf Keramik zurück in die Schüssel legte.

»Christo, ich muss dich um einen Gefallen bitten.«

Er verschränkte die Arme und sah sie mit gerunzelter Stirn an. Diese vier Worte führten nie zu etwas Gutem.

»Was?«

»Du musst für mich zum Whitman-Hotel gehen und mit Angelica sprechen.«

»Wieso?« Er blickte sie weiterhin finster an. Die Richtung dieser Unterhaltung gefiel ihm überhaupt nicht.

»Du musst sie warnen, nach ihr sehen. Etwas Schlimmes nähert sich und sie muss achtsam und aufmerksam bleiben.«

»Ma, komm schon. Wenn du möchtest, dass ich Angie mitten in ihren Vorbereitungen für die große Eröffnung ihres Clubs belästige, musst du mir einen etwas konkreteren Grund geben.«

»Ich kenne keine Einzelheiten, Christo.«

Er fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. Er hasste es, wenn seine Mutter diese kryptischen Visionen hatte. Er hasste die seltsamen Blicke der Leute, wenn sie ihre vagen Ratschläge oder Warnungen weitergab. Wenn er dabei war, erntete er mitleidige Blicke. Es tut mir so leid, dass du eine verrückte Mutter am Hals hast.

»Was hältst du davon, wenn ich dir später helfe, ihr eine E-Mail zu schreiben oder ihr eine Sprachnachricht zu hinterlassen? Ich muss jetzt wirklich los. Wir melden uns später zusammen bei ihr, okay?« Er tätschelte ihr Knie. »Ich werde mich zu Ende anziehen. Ruf mich, wenn du mich brauchst.« Er erhob sich, stellte seinen Stuhl zurück in die Ecke des Raumes und machte sich auf den Weg zur Tür, wobei er ihren genervten Blick ignorierte, der sich in seinen Nacken brannte.

Angie Whitman kam seit einigen Jahren zu seiner Mutter, um sich die Zukunft deuten zu lassen, und mit der Zeit hatte er sich mit ihr angefreundet, aber er fühlte sich nicht wohl dabei, mit kryptischen Nachrichten seiner Mutter vor ihrer Tür zu stehen.

»Nein.« Ihre heftigen Worte sorgten dafür, dass er stehen blieb. »Hör mir zu, Christo. Das ist wichtig. Du bist nicht der Einzige, der aufschlussreiche Träume hat. Du musst zu ihr gehen und sie überzeugen. Ein Anruf oder eine E-Mail kann zu leicht ignoriert werden.«

Er stemmte eine Hand in seine Hüfte und ließ seinen Kopf nach vorne fallen. »Wovor warnen, Ma?«

»Ich habe es dir gerade gesagt, Christo, du bist absichtlich begriffsstutzig.«

Er schnaubte. »Ja, das bin ich. Das gebe ich zu. Dieses Hellseherding ist deine Sache, nicht meine. Ich spreche mit keinem meiner Freunde darüber.«

Seine Mutter deutete mit einem Finger auf ihn und warf ihm den Blick zu. Denselben Blick, mit dem sie ihn als kleinen Jungen immer angesehen hatte. Mit einem leidgeprüften Seufzen gab er nach.

»Also gut. Was soll ich ihr sagen?«

»Sie muss wissen, dass Gefahr im Verzug ist. Sie ist näher, als sie denkt und sie muss vorsichtig sein.«

»Also möchtest du, dass ich meine Freundin paranoid mache?«

»Nein, nicht paranoid. Ich möchte, dass sie sich hütet.«

»Ja, aber wovor?«

»Ich weiß es nicht, Christo. Ich habe es nur im Gefühl.«

»Dein Gefühl ist nicht wirklich ein Anlass zur Vorsicht, Mama. Es ist wahrscheinlicher, dass sie mir den Kopf tätschelt und mich für eine psychologische Beurteilung anmeldet. Als meine Freundin wird sie sich nämlich Sorgen um meine geistige Gesundheit machen.«

Sie warf ihm die Gabel mit einem Stück Obst entgegen. Er wich ihr aus und funkelte seine Mutter an.

»Fühlst du dich jetzt besser?«

»Christo.« Sie ließ ihren Kopf gegen das Kopfende des Bettes sinken und hielt ihm eine Hand hin.

Er ging zu ihr hinüber und verschränkte seine Finger mit ihren. »Ma, ich liebe dich. Wirklich. Und ich hasse es, dich aufgewühlt zu sehen. Bitte versteh, dass du diese Dinge regelmäßig machst, weil das ein Teil von dir und deiner Arbeit ist. Aber ich fühle mich damit nicht so ganz wohl. Das weißt du.«

Dieses Mal seufzte sie. »Ich weiß, Baby, aber bitte. Tu das einfach für mich. Richte ihr aus, was ich gesagt habe, und ich werde dich nicht mehr um so etwas bitten.«

Er hob eine Augenbraue.

»Okay. Ich werde dich für den Rest der Woche nicht mehr darum bitten. Zu wissen, dass meine Nachricht weitergegeben wurde, wird mir helfen, nachts besser zu schlafen.« Sie lächelte zu ihm hoch.

Chris schüttelte den Kopf. »Also gut. Ich werde meine Freundin für dich nervös machen.«

»Du bist mein guter Junge.«

Chris verdrehte die Augen und ging auf die Tür zu.

»Eine letzte Sache. Sie muss noch wissen, dass Wasser nicht ihr Freund ist.«

Kälte breitete sich in Chris aus und alles erstarrte. Erinnerungen an das eisige Wasser und seine brennenden Lungen drängten zurück an die Oberfläche und drohten, ihn zu ersticken. Er unterdrückte ein Schaudern, während er sich umdrehte, um seine Mutter anzusehen.

»Meinst du, sie sollte sich vor einem Glas Wasser in Acht nehmen oder geht es um etwas Größeres?«

»Die Gefahr liegt im Wasser. Das ist alles, was ich im Moment weiß.«

Er ging ein paar Schritte zurück zum Bett. »Komm schon, Ma. Gib mir etwas mehr. Wenn meiner Freundin die Gefahr droht, zu ertrinken, muss ich ihr etwas geben, das helfen kann, sie zu schützen.« Er hob seine Hand in einer stummen Bitte.

»Es tut mir leid, Chris. Ich habe Wasser gesehen. Ich habe Schmerz und Angst gespürt. Meine Gabe erholt sich noch immer von dem verdammten Schlaganfall, so wie mein Körper.« Sie schlug mit der Faust auf die Matratze.

Als er die Frustration über ihren Zustand sah, zog sich Chris' Brust zusammen. Es brach ihm das Herz, sie so blass und zerbrechlich zu sehen, nachdem sie immer lebensfroh und beschwingt gewesen war.

Er warf einen Blick auf das Werbeplakat ihres Ladens, das an der Wand ihres Schlafzimmers hing. Gelegentlich schimmerten Spuren der exotischen Wahrsagerin durch und das gab ihm Hoffnung. Jeden Tag ging sie einen Schritt weiter auf ihrem Weg der Genesung. Er setzte sich an den Rand des Bettes, griff nach ihrer schwachen Hand und legte seine darüber.

»Ich weiß, dass du kämpfst, um gesund zu werden, Mama. Du wirst jeden Tag kräftiger. Gib dir Zeit.«

Sie runzelte die Stirn und kniff die Lippen zusammen, bis sie schmal und blutleer waren. Sie schloss die Augen und senkte den Kopf. Als sie wieder aufblickte, hatte sie alle Spuren des emotionalen Tumults aus ihrem Gesicht vertrieben. Er beugte sich vor und lehnte seine Stirn an ihre. Sie hob eine Hand, legte sie an seine Wange und lächelte. Nach einem langen Moment zog sie sich ein Stück zurück und küsste seine Wange. Dann lehnte sie sich zurück.

»Hoffentlich werden die Ereignisse mit der Zeit klarer werden, aber ich muss wissen, dass sie sich der Gefahr bewusst ist. Ich kann nicht warten, bis meine Träume mehr Informationen bieten. Ich werde es nicht riskieren, dass sie verletzt wird, wenn ich sie hätte warnen können. Geh zu ihr. Finde einen Weg, um sie zu überzeugen.«

Er stand auf und nickte. Zufriedenheit zupfte an ihren Mundwinkeln und glänzte in ihren Augen. Egal, wie verrückt die Bitte oder wie vage die Vorhersage war, er würde die Information weitergeben. Verdammt, er würde fast alles für diese verrückte, dickköpfige, wundervolle Frau tun. Außerdem konnte er die Ähnlichkeiten zwischen der Vision seiner Mutter und seinem Albtraum nicht ignorieren. Er konnte nicht riskieren, dass eine Freundin verletzt wurde, weil er es vorzog, alles zu ignorieren, was mit Wahrsagerei zu tun hatte.

»Okay. Für dich werde ich zu Angie gehen. Lass uns hoffen, dass sie mir glaubt.« Und bitte mach, dass ich Jack nicht über den Weg laufe.

Chris stand auf dem Gehweg und starrte zu dem großen, mehrfarbigen Neonleuchtschild hinauf, das an dem dreistöckigen Gebäude angebracht war, das Carnival W beherbergte. Der Garten vor dem Gebäude war mit Hecken in verschiedenen Tierformen geschmückt und Karussellpferde säumten den Hauptweg. Ein voll funktionsfähiges Riesenrad, das nahm er jedenfalls an, erhob sich über allem. Wenn nachts alle Lichter eingeschaltet sind, muss das ein verdammt großartiger Anblick sein. Im Moment sah es jedoch leer und leblos aus, wie es hinter den Stäben eines verzierten, goldenen Tors verschlossen war.

»Wie zur Hölle soll ich da reinkommen?« Er hatte mehrmals versucht, Angelica auf ihrem Handy anzurufen, und jedes Mal war er bei einer selbstbewussten Assistentin gelandet, die anbot, Ms. Whitman etwas auszurichten und versicherte, dass sie sich so früh es ihr möglich war melden würde. Da es bereits für inakzeptabel befunden worden war, eine Nachricht zu hinterlassen, hatte er sein Bestes gegeben, die junge Dame zu überreden, ihm zu verraten, wo Angie sich aufhielt. Wenn er Angie das nächste Mal sah, würde er ihr sagen, dass sie ihrer Angestellten eine Gehaltserhöhung geben musste. Aus einem Hochsicherheitsgefängnis auszubrechen wäre einfacher, als ihr irgendwelche Informationen zu entlocken.

Da die Eröffnung ihres Clubs kurz bevorstand, hatte Chris es gewagt und war dorthin gegangen. Er war informiert worden, dass sie nicht gestört werden durfte. Wenn er sie allerdings nicht störte, würde seine Mutter nie Ruhe geben, daher musste er verdammt noch mal in dieses Gebäude kommen. Du bist neunundzwanzig und tanzt immer noch nach der Pfeife deiner Mutter. Das ist so erbärmlich.

Geh und klopf einfach an die verdammte Tür. Vielleicht lassen sie dich rein oder sie ignorieren dich ganz. Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden.Er stieß die Luft aus und lockerte seine Schultern. Er trat auf die Straße, um sie zu überqueren, und im selben Moment bog ein weißer Lieferwagen gefolgt von einem sportlichen, schwarzen Mercedes in eine Gasse an der Längsseite des Clubs. Er joggte hinüber und hoffte, dass er vielleicht Glück hätte. Eine gut gekleidete Frau stieg aus dem Auto und begann den Arbeitern in Overalls, die aus dem Van kletterten, sofort Anweisungen zu geben. Sobald sie fertig war, marschierte sie in den Club.

Die Arbeiter luden alle möglichen Gegenstände aus, die in einer Bar benötigt wurden, von Kisten mit Gläsern bis hin zu Alkohol, und trugen sie hinein. Chris ließ die Arbeiter ihre erste Ladung hineintragen, wartete einen Moment und eilte dann die Gasse hinab. Er griff nach einer braunen Kiste, hob sie auf seine Schultern und schlüpfte in den Club. Er stellte seine Kiste direkt neben dem Eingang ab und ging tiefer in das Gebäude hinein.

Ein Spielplatz für Erwachsene breitete sich vor ihm aus, inklusive einer Bar an einer Wand und einer riesigen Tanzfläche mit einem DJ-Pult. In einer weiteren Ecke des Raumes befanden sich Spielautomaten und über die ganze Fläche waren Ess- und Stehtische verteilt. Es gab Verkaufsstände mit Zuckerwatte, Martinis und Popcorn.

Nur die Reichen und Schönen würden aus einem Rummel einen hochkarätigen Nachtclub machen. Dieser Laden ist so unglaublich großartig.

Er schüttelte den Kopf und ging tiefer in das Gebäude hinein, wo er sich einem Arbeiter in einem blauen Overall näherte. »Hey, wo kann ich Ms. Whitman finden?«

»Ich glaube, ich habe gesehen, wie sie nach oben in ihr Büro gegangen ist.« Der schlaksige Mann mit den Geheimratsecken deutete auf ein Treppenhaus im hinteren Teil des Raumes.

»Danke.« Chris machte sich auf den Weg zu den Treppen hinüber. Am Fuß hielt er einen Moment inne. Okay, bringen wir's hinter uns.

Mit jedem Schritt, dem er der roten Tür näher kam, bildeten sich neue Knoten in seinem Magen und seine Handflächen begannen zu schwitzen. Jeder Schritt führte ihn dichter ans Herz des Whitman-Territoriums, was bedeutete, dass er jeden Moment Jack Whitman begegnen könnte – der Ursache vieler peinlicher Momente, in denen Chris von einem Fettnäpfchen ins nächste getreten war.

Er erreichte die Tür, drehte den Knauf und blinzelte überrascht, als die Tür aufschwang. Er hatte erwartet, dass sie abgeschlossen sein würde. Da er niemand war, der sein Glück auf die Probe stellte, betrat er eines der vornehmsten Büros, die er je gesehen hatte. Von den verdunkelten Fenstern aus konnte man den ganzen Club überblicken und ein großer Sitzbereich war mit roten Ledersofas in Blickrichtung der Fenster und Tischen aus Metall und Glas ausgestattet. Am anderen Ende des großen Raumes befanden sich ein auffälliger, mehrfarbiger Schreibtisch aus Holz und asymmetrische Bücherregale. Hinter dem Tisch saß eine winzige, blonde Frau, die so sehr in ihre Arbeit vertieft war, dass sie nicht hörte, wie er näher kam.

»Angelica, deine Security ist schrecklich. Darum musst du dich vor der Eröffnung wirklich kümmern.«

Ihr Kopf schoss hoch, ihre violetten Augen waren weit aufgerissen und ihre Hand verschwand unter dem Tisch.

Als sie ihn erkannte, änderte sich ihre gesamte Haltung. Ein breites Lächeln huschte über ihr Gesicht und Wärme füllte ihre Augen.

»Chris!«

Durch die Arbeit seiner Mutter hatte Chris nicht wenige reiche und mächtige Personen getroffen, aber Angelica Whitman unterschied sich von den anderen. Sie hatte eine Ehrlichkeit und Wärme an sich, die die Menschen anzog. Sie hatten eine Menge Spaß zusammen, egal, was sie taten, aber wie sollte es auch anders sein? Angie war auf eine gute Art verrückt.

Er lächelte und hob seine Hände, als wollte er sich ergeben. »Es tut mir leid, dass ich dich erschreckt habe, aber wenn du Privatsphäre möchtest, solltest du vielleicht darüber nachdenken, die Tür abzuschließen.«

»Halt die Klappe, Christopher. Niemand hat dich um deine Meinung gefragt. Und schleich dich nicht, wirklich niemals, so an mich an.«

Angelica kam hinter ihrem Schreibtisch hervor, ging zu ihm hinüber und hielt ihm zur Begrüßung ihre Hände hin. Er nahm sie und zog sie in eine Umarmung. »Wie geht es dir? Wir haben uns ewig nicht gesehen.« Sie führte ihn zu einem der großen Sofas hinüber, setzte sich hin und klopfte auf den Platz neben sich.

»Ich komme klar, wie immer.«

»Was ist mit deiner Mom? Wie geht es ihr?« Sie legte ihren Kopf schief und ihre Stimme wurde weich.

»Sie erholt sich. Sie hat immer noch einen langen Weg vor sich, aber es wird langsam. Sie ist auch der Grund, aus dem ich heute hier bin. Sie hat mich gebeten, eine Nachricht weiterzugeben.«

Angelicas Augen weiteten sich und sie biss sich auf die Lippe. Sie drehte sich und zog ein Bein unter sich, damit sie ihn richtig ansehen konnte. »Bitte sag es mir.« Aufregung und Nervosität lagen in ihrer Stimme.

»Hör mal, es ist ein bisschen kryptisch. Okay, es ist sehr kryptisch, aber sie hat darauf bestanden, dass ich es dir heute sage.«

Angie nickte.

»Es kommt bald eine Gefahr. Also halte im Prinzip die Augen offen und mach nichts Dummes.«

Er stupste sie mit einem Finger an.

Im Gegenzug streckte sie ihm die Zunge heraus.

»Mom will außerdem, dass du in der Nähe von Wasser vorsichtig bist. Anscheinend ist es nicht dein Freund.«

Sie runzelte die Stirn. »Was soll das heißen, Chris? Was für eine Gefahr? Was für Wasser? Sollte ich Wasserflaschen meiden, die Dusche, oder was? Details wären nett.«

»Ich weiß. Ich habe ihr dasselbe gesagt, aber das ist das Beste, was sie für dich hat. Bitte lass nicht zu, dass es dich verrückt macht. Ihre Gabe ist seit dem Schlaganfall nicht ganz in Ordnung.«

»Das muss für euch beide schwer sein.« Sie rieb tröstend über seinen Arm.

»Ja, aber sie ist robust. Wenn irgendjemand sich davon erholen kann, dann ist es Melina Vincent.«

»Du hast es ernst gemeint, als du kryptisch gesagt hast.«

»Du weißt, wie Ma ist. Mit etwas Glück wird sie dir bald Details sagen können.«

»Nun, ich bin mir sicher, bis dahin wird meine sehr aktive Fantasie ihren Spaß haben.«

Chris lachte. Zum ersten Mal seit Stunden wurde die Enge in seiner Brust etwas lockerer. Er hätte wissen müssen, dass Angie mit der Verrücktheit seiner Mutter gut klarkommen würde. Wenn Situationen aufkamen, in denen er sich möglicherweise zum Affen machen konnte, bekam er immer schreckliches Sodbrennen.

»Und jetzt, da diese Mission erledigt ist, muss ich los.« Er stand auf.

»Das war's? Du kommst einfach vorbei, lässt eine Bombe platzen und rennst weg? Du kannst nicht mal bleiben und dich ein bisschen mit mir unterhalten? Trink etwas mit mir. Lass dir von mir den Club zeigen.«

»Ich wünschte, das könnte ich, aber ich muss zu Moms Laden fahren und anfangen, die Sachen zu packen.«

»Kein Madam Melinas mehr? Sie wird eine Menge enttäuschter Kunden haben.«

Chris starrte zu Boden. »Wir können uns den Laden einfach nicht mehr leisten. Sie kann im Moment wirklich nicht arbeiten. Solange bezahlen wir Miete und haben kein Einkommen. Hoffentlich können wir ihr einen neuen Laden suchen, falls und wenn sie sich erholt. Wir werden eine Lösung finden.«

»Oh, Chris. Es tut mir so leid. Ich wünschte, ich könnte irgendwie helfen.«

»Hast du irgendwelche freien Stellen bei CW?«

Sie runzelte die Stirn. »Freie Stellen? Chris, was ist mit deinem Job passiert?«

Er zuckte zusammen und blickte in den Club hinaus. »Erinnerst du dich, wie ich dir von diesem Idioten erzählt habe, der es irgendwie geschafft hat, zum Abteilungsleiter befördert zu werden?«

»Ja.«

»Und erinnerst du dich, wie du mir gesagt hast, dass ich an dem Filter zwischen meinem Gehirn und meinem Mund arbeiten müsste?«

»Oh, Chris. Das hast du nicht getan.«

»Doch. Er hat mich genervt, ich habe meinen Mund aufgemacht und im nächsten Moment war ich arbeitslos. Ich meine, ich habe den Laden sowieso gehasst. Nachdem ich so viel ausgefallen bin, weil ich auf Ma aufgepasst habe, nehme ich an, dass das die letzte Entschuldigung war, die sie gebraucht haben, um mir zu kündigen.«

»Verdammt, Chris.«

»Ich weiß. Ich weiß. Ich arbeite daran.«

»Wann ist das alles passiert?«

»Etwa vor einem Monat.«

»Chris!« Sie warf die Hände in die Luft und ließ sie dann wieder sinken. »Wieso bist du nicht früher zu mir gekommen? Ich hätte eine Stelle für dich gefunden.«

»Das weiß ich zu schätzen, aber ich habe die freie Zeit gebraucht. Jetzt brauche ich den Job.«

»Ich bin mir sicher, dass wir etwas finden können, das zu deinen Terminen passt.« Sie strahlte und zeigte ihre makellosen, professionell gebleichten Zähne. »Komm, ich zeige dir den Club. Es wird großartig.«

Sie gab ihm eine ausführliche Tour, führte ihn durch die riesige Fläche und schließlich in einen kleinen, abgetrennten Bereich des Clubs, wo man dem schlimmsten Lärm aus dem Weg gehen konnte.

»Ich möchte etwas kleines Besonderes für den Club. Ich hatte geplant, deiner Mutter ein Angebot zu machen, von dem ich gehofft hatte, dass sie es nicht ablehnen könnte. Ein netter, leichter Job hier bei Carnival W. Ich möchte immer noch einen Wahrsager mit einem guten Ruf finden, aber das ist nicht wirklich eine einfache Aufgabe.«

»Der Club ist großartig, Angie.« Chris drehte sich im Kreis, um alle Eindrücke in sich aufzunehmen. Dann sah er zum Rand des Clubs und vergaß zu atmen. Da ist er.

Angelicas älterer Bruder Jack kam auf das Büro zu, als gehörte ihm alles. Was es tat. Sein Anblick nahm Chris die Luft zum Atmen.

Das Bild, das er in seinen Gedanken von Jack hatte, verblasste im Vergleich zur Realität. Tatsächlich war es ihm überhaupt nicht gerecht geworden.

Jack trug einen marineblauen Anzug und sah professionell, mächtig und verflucht sexy aus. Sein gewelltes, blondes Haar und die silbergrauen Augen sorgten dafür, dass er wirkte wie ein Engel auf Erden. Er war seit Jahren Gegenstand vieler von Chris' Fantasien gewesen, seit sie sich dieses eine Mal geküsst hatten. Dieser eine großartige Kuss, der dafür gesorgt hatte, dass sein Herz aussetzte.

In diesem Moment füllte die Erinnerung an Jacks intensiven, würzigen Duft Chris' Gedanken. Seine Hände kribbelten, als er sich das Gefühl der harten Muskeln unter weicher Baumwolle ins Gedächtnis rief. Sein Körper wurde heiß, während er sich an das Streicheln des warmen Atems und die festen Lippen auf seinen, als Jack seinen Mund einforderte, erinnerte. Als Finger sich mit seinen verschränkten.

Dann explodierte seine Welt.

Schmerz schoss durch seinen Körper. Trübes Wasser umgab ihn, während er darum kämpfte, an eine Oberfläche zu gelangen, die nie näher zu kommen schien. Seine Lungen brannten und sehnten sich nach Luft, während sein Körper herunterfuhr und Dunkelheit über ihn kam. Er schüttelte die Vision ab, taumelte vorwärts und stützte sich mit einer Hand an der Wand ab. Er beugte sich vor, legte seine andere Hand auf sein Knie und schnappte nach Luft.

»Hey. Bist du okay?«

Eine Stimme drang durch das tosende Wasser und die Dunkelheit zu ihm durch und zog ihn zurück in die Realität. Chris schüttelte den Kopf und versuchte, die verstörenden Bilder loszuwerden.Scheiße, ich hasse es, wenn das passiert.

»Chris? Chris, was ist los? Kannst du mich hören?«

»Mir geht es gut.« Hitze schoss in seinem Nacken hoch und brannte sich bis zu seinen Ohrläppchen. Er unterdrückte den Drang, beschämt zu stöhnen und zwang sich, Angelicas besorgten Blick zu erwidern.

»Mir geht es gut. Wirklich. Ich sollte einfach gehen.« Er machte sich auf den Weg zu der Doppeltür, die nach draußen führen würde, wo er den unvermeidbaren peinlichen und unangenehmen Fragen entgehen konnte. Er schaffte es nicht bis dorthin.

»Stopp!«

Chris erstarrte und drehte sich, um Angelica anzusehen. Sie stand breitbeinig ein paar Schritte hinter ihm und hatte ihre zu Fäusten geballten Hände in die Hüften gestemmt.

»Was glaubst du, wo du hingehst?«

»Ich werde verschwinden, damit ich dir nicht länger auf die Nerven gehe. Ich weiß, dass ich unangemeldet vorbeigekommen bin und dass du vor der großen Eröffnung eine Menge zu erledigen hast.« Er begann rückwärts zu gehen und sie folgte jedem seiner Schritte.

»Du darfst nicht einfach wegrennen, ohne mir eine Erklärung zu geben.«

»Hör mal, Ang, es ist wirklich keine große Sache.«

Sie griff nach seinem Arm und brachte ihn zum Stehen. Ihre lebendigen, violetten Augen wurden größer. »Du hast die Gabe auch, oder?«

»Ich…« Er senkte seinen Kopf und atmete lang und tief ein. »Ja, ich habe auch seherische Fähigkeiten.«

Ihr Griff an seinem Arm wurde fester, ihre leisen Worte waren voller Schmerz und Verärgerung. »Chris, wir sind seit Jahren befreundet. Wieso wusste ich das nicht?«

»Ich erzähle niemandem von meinen Fähigkeiten. Ich mag es nicht, darüber zu sprechen, und ich benutze sie nicht gern. Ich teile es mit niemandem, was ich tun kann, auch nicht mit den Leuten, die mir am nächsten stehen.«

»Ich habe dich schon öfter berührt. Ich berühre dich jetzt. Was war dieses Mal anders, dass ich eine Vision ausgelöst habe? Ich habe eine Vision ausgelöst, oder?«

»Normalerweise habe ich es mehr unter Kontrolle. Ich nehme an, du hast mich überrascht, als du nach meiner Hand gegriffen hast.«

Er weigerte sich, zuzugeben, dass vermutlich seine Erinnerungen an ihren Bruder die Vision verursacht hatten. Er hatte sich für einen Tag genug blamiert.

»Das ist großartig!«

»Was?« Im nächsten Moment lag eine lachende, aufgeregte Angelica in seinen Armen. Er griff nach ihren Armen und löste sich von ihr. Er brauchte einen Moment, um ihre plötzliche Veränderung zu verarbeiten. »Was stimmt nicht mit dir, Frau?« Er hob eine Augenbraue.

»Ich hatte geplant, deiner Mutter einen Job in meinem neuen Club anzubieten, bevor ich von ihrer Erkrankung gehört habe. Ein Wahrsager ist das perfekte letzte Extra zu den anderen Attraktionen, die wir anbieten. Das läuft noch besser, als ich es mir hätte vorstellen können!«

»Wie kommst du darauf?«

»Du brauchst einen Job und ich brauche einen Wahrsager, dem ich vertrauen kann.«

Chris zuckte zusammen und hob eine Hand, um sie aufzuhalten, aber sie sprach einfach weiter.

»Ich kann dich verdammt gut bezahlen. Es hat Vorteile, mit der Chefin befreundet zu sein.« Sie zwinkerte ihm zu und eilte davon, um sich einen Stift von einem der Arbeiter zu leihen und eine Serviette zu holen. Sie kritzelte etwas auf das Papier und rannte dann beinahe zu ihm zurück, um ihm die Serviette in die Hand zu drücken.

»Angie, ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist. Ich habe dir gerade gesagt, dass ich meine Fähigkeiten nicht gern benutze.«

»Sieh es dir einfach an.« Sie stellte sich vor ihn hin, verschränkte die Arme und grinste ihn an.

Er verdrehte die Augen. Lies einfach die Notiz, antworte ihr mit einem höflichen »Nein, danke« und mach mit dem Rest deines Tages weiter. Er faltete die Serviette auseinander und erstarrte, nachdem er gelesen hatte, was sie geschrieben hatte. HEILIGE SCHEISSE! Er blinzelte zweimal. Ich muss mich verlesen haben. Als er erneut hinsah, blieb die Zahl dieselbe.

»Meinst du das ernst?«

»Hundert Prozent. Wenn du nur annähernd so gut bist wie deine Mom, bist du jeden Cent wert.«

Er las die Zahl, die in eleganter, femininer Schrift geschrieben war, erneut. Er wollte ablehnen. Gott, er wollte nein sagen. Er wollte diese ganze Wahrsagersache vergessen und nach Hause gehen, aber der pragmatische und etwas verzweifelte Teil seines Gehirns erinnerte ihn an seinen aktuellen Kontostand. Mit diesem Geld würde er sich besser um seine Mutter kümmern können. Vielleicht würde es ihm sogar gelingen, sie aus diesem finanziellen Loch zu holen.

Geh zu ihr. Warn sie. Pass auf sie auf.

Die Worte seiner Mutter hallten in seinen Gedanken wider. Er hatte zwei der drei Aufgaben erledigt, aber anscheinend würde das Universum nicht zulassen, dass er sich der dritten entzog. Wenn seine Visionen begannen, seine Träume zu spiegeln, konnte er nicht leugnen, dass Schwierigkeiten ihn im Visier hatten. Obwohl er sich lieber einer öffentlichen Prostatauntersuchung unterziehen würde, als in einem Nachtclub als Wahrsager zu arbeiten – verdammt, irgendwo als Wahrsager zu arbeiten –, hatte er keine Wahl. Zwischen einem finanziellen Angebot, einer beharrlichen Mutter und einem unklaren Traum gefangen zu sein, war Scheiße.

Er atmete lange aus und streckte eine Hand aus. »Nun, Angie, es sieht so aus, als hättest du einen Wahrsager gefunden.«

Kapitel 2

Jack musterte die Menschen im Club und lächelte. Er hasste es, von einem vollen Erfolg zu sprechen, aber auf Carnival W