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Jane Austen als gnadenlos komische Satirikerin – eine Perle aus dem Frühwerk zum 250. Geburtstag der Kultautorin
Was später ihre großen Romanthemen werden sollten, beschäftigte bereits die jugendliche Erzählerin Jane Austen: Liebe, Partnersuche, Heiratsanbahnung und alle damit einhergehenden Verwicklungen. Hellsichtig und geradezu genüsslich demonstriert sie in «Liebe und Freundschaft», warum die Suche nach dem oder der Richtigen fürs Leben eine unerschöpfliche Quelle der Erheiterung ist. Die abenteuerliche Geschichte zweier Paare gerät zu einer gnadenlos komischen Satire auf die romantische Liebe. Das Ideal der Liebenden ist eine heimliche Hochzeit: Nur eine Verbindung gegen den Willen der Eltern kann als wahrhaft romantisch gelten!
Für alle, die Jane Austen lieben, ist diese Perle aus dem Frühwerk ein Muss: Nicht minder amüsant, doch noch um einiges scharfzüngiger als in ihren großen Romanen nimmt die Autorin darin Herzensbindungen und gesellschaftlichen Verwicklungen aufs Korn. Nie war ihre Feder spitzer, nie waren ihre Dialoge bissiger als in diesem frühen Glanzstück.
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Seitenzahl: 63
Veröffentlichungsjahr: 2025
Große Emotionen, große Dramen, große Abenteuer – von Austen bis Fitzgerald, von Flaubert bis Zweig. Ein Bücherregal ohne Klassiker ist wie eine Welt ohne Farbe.
Jane Austen (1775–1817) wurde in Steventon, Hampshire, geboren und wuchs im elterlichen Pfarrhaus auf. Nach Meinung ihres Bruders führte sie «ein ereignisloses Leben». Sie heiratete nie. Ihre literarische Welt war die des englischen Landadels, deren Abgründe sie schon früh mit feiner Ironie und übermütigem Witz entlarvte. Die Popularität der begnadeten Spötterin ist bis heute ungebrochen, ihre Romane und Erzählungen begeistern Leser und Leserinnen auf der ganzen Welt.
«Temperamentvoll, unbekümmert, voller Possen, mit Freimut nah am Rand des reinen Unfugs – das alles ist Liebe und Freundschaft, aber was ist das für ein Ton, der nie mit dem Übrigen verschmilzt, der deutlich und unüberhörbar das ganze Buch durchklingt? Es ist der Klang von Gelächter. In seiner Ecke lacht das fünfzehnjährige Mädchen über die Welt.» Virginia Woolf
«Liebe und Freundschaft ist ein aberwitziges, abgründiges und groteskes Pamphlet über die Selbstsucht, geschrieben von einem Teenager.» Katharina Hagena
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Jane Austen
LIEBE UND FREUNDSCHAFT
ERZÄHLUNG
Aus dem Englischen übersetzt von Renate Orth-Guttmann
Mit einem Nachwort von Katharina Hagena
Titel der englischen Ausgabe:
«Love and Friendship» (1790)
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Satz: Greiner & Reichel, Köln
ISBN 978-3-641-33767-4V001
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Liebe und Freundschaft
«Getäuscht in der Freundschaft und verraten in der Liebe.»
Brief I
Von Isabel an Laura
Wie oft hast Du auf meine wiederholte Bitte, meiner Tochter einen zusammenhängenden Bericht über die Unglücksfälle und Abenteuer Deines Lebens zu gönnen, zur Antwort gegeben: «Nein, liebe Freundin, Deinen Wunsch kann ich so lange nicht erfüllen, bis ich nicht mehr Gefahr laufe, noch einmal so Schreckliches zu erleben.»
Dieser Zeitpunkt dürfte jetzt gekommen sein. Du bist heute fünfundfünfzig Jahre alt geworden. Wenn je eine Frau sich vor den entschlossenen Nachstellungen unwillkommener Liebhaber und der grausamen Verfolgung durch hartnäckige Väter sicher fühlen kann, so gewiss doch in diesem Lebensabschnitt.
Isabel
Brief II
Laura an Isabel
Obzwar ich mich Deiner Meinung nicht anschließen kann, ähnlich unverdient Schreckliches wie das bisher Erlebte werde mir niemals mehr widerfahren, will ich, um nicht in den Verruf der Halsstarrigkeit oder Ungefälligkeit zu kommen, die Neugier deiner Tochter befriedigen; und möge die Seelenstärke, mit der ich die vielen Heimsuchungen meines Lebens ertrug, sie jene ertragen lehren, die ihrer noch harren mögen.
Laura
Brief III
Laura an Marianne
Als die Tochter meiner vertrautesten Freundin hast Du, so denke ich, ein Recht darauf, meine unselige Geschichte zu hören, die Deine liebe Mutter von mir so oft für Dich erbeten hat.
Mein Vater kam in Irland zur Welt und wuchs in Wales auf; meine Mutter war die natürliche Tochter eines schottischen Peers und einer italienischen Tänzerin. Ich wurde in Spanien geboren und besuchte eine französische Klosterschule.
Als ich achtzehn geworden war, holten mich meine Eltern an den heimischen Herd nach Wales zurück. Unser Haus stand im romantischsten Teil des Uske-Tals1. Wohl haben die erlittenen Schicksalsschläge meine Reize beträchtlich geschwächt und ein wenig beeinträchtigt, einst aber war ich eine Schönheit. Doch war der Liebreiz meiner Erscheinung noch der geringste meiner Vorzüge. In allen für mein Geschlecht üblichen Fertigkeiten hatte ich Vollkommenheit erlangt. Im Kloster war ich dem Unterricht stets weit voraus gewesen, meine Kenntnisse waren für mein Alter ganz erstaunlich, und binnen kurzer Zeit hatte ich meine Lehrer überflügelt.
Mein Geist vereinigte alle nur denkbaren Tugenden, er war ein Sammelplatz jeder guten Eigenschaft und jeder edlen Regung.
Mein einziger Fehler – wenn man dies einen Fehler nennen will – war eine empfindsame Seele, die an den Schicksalsschlägen, von denen Freunde und Bekannte und vor allem auch ich betroffen wurden, stets allzu lebhaften Anteil nahm. Aber ach, wie hat sich das geändert! Zwar übt mein eigenes Ungemach auf mich eine noch ebenso starke Wirkung aus wie früher, angesichts der Heimsuchungen meiner Mitmenschen jedoch vermag ich nichts mehr zu empfinden. Auch meine Fertigkeiten schwinden allmählich dahin – ich kann weder so gut singen noch so anmutig tanzen wie früher, und das Menuett habe ich gänzlich verlernt.
Adieu
Laura
Brief IV
Laura an Marianne
Unser nachbarschaftlicher Verkehr beschränkte sich auf den mit Deiner Mutter. Sie mag Dir erzählt haben, dass sie sich, nach dem Tod ihrer Eltern in beschränkten Verhältnissen lebend, aus pekuniären Gründen nach Wales zurückgezogen hatte. Dort nahm unsere Freundschaft ihren Anfang. Isabel war damals einundzwanzig. Obzwar einnehmend in ihrem Wesen und Auftreten, besaß sie (unter uns gesprochen) nicht den hundertsten Teil meiner Schönheit und meiner Fertigkeiten. Isabel hatte die Welt gesehen. Sie war zwei Jahre in einem der ersten Mädchenpensionate in London und vierzehn Tage in Bath2 gewesen und hatte einmal in Southampton3 zu Abend gegessen.
«Hüte dich, meine Laura», pflegte sie zu sagen, «hüte dich vor den schalen Vergnügungen und eitlen Zerstreuungen unserer Hauptstadt. Hüte dich vor dem hohlen Luxus von Bath und den stinkenden Fischen von Southampton.»
«Wie sollte ich wohl diesen Übeln aus dem Weg gehen», versetzte ich, «wenn ich ihnen nie begegne? Es ist kaum denkbar, dass ich je die Zerstreuungen Londons, den Luxus von Bath, die stinkenden Fische von Southampton kosten werde, bin ich doch dazu verurteilt, die Tage meiner Jugend und Schönheit in einem bescheidenen Häuschen im Uske-Tal zu vertrauern.»
Ach, da ahnte ich noch nicht, dass es mir so bald beschieden sein würde, jene schlichte Behausung gegen die falschen Vergnügungen der Welt einzutauschen.
Adieu
Laura
Brief V
Laura an Marianne
An einem Dezemberabend, als mein Vater, meine Mutter und ich in geselligem Gespräch am Kamin saßen, hörten wir zu unserer größten Überraschung unvermutet ein heftiges Klopfen an der Tür unserer ländlichen Behausung.
Mein Vater machte große Augen. «Was ist das für ein Lärm?», sprach er. – «Es klingt, als poche jemand laut an die Tür», erwiderte meine Mutter. – «In der Tat!», rief ich. – «Das ist auch meine Meinung», versetzte mein Vater. «Es klingt zweifellos, als bearbeite jemand mit ungewöhnlicher Kraft unsere unschuldige Tür.» – «Ja», rief ich. «Es scheint mir wirklich so, als ob jemand Einlass begehre.» – «Das ist eine andere Frage», erwiderte er. «Wir dürfen uns nicht anmaßen zu entscheiden, aus welchem Grunde geklopft wird, obzwar ich die Möglichkeit, dass tatsächlich jemand an die Türe pocht, nicht mehr ausschließe.»
An ebendieser Stelle wurde die Rede meines Vaters durch ein abermaliges lautes Klopfen unterbrochen, das meine Mutter und mich ein wenig beunruhigte.
«Sollen wir nicht doch nachsehen, wer es ist?», fragte sie. «Die Dienstboten haben Ausgang.» – «Das finde ich auch», erwiderte ich. – «Gewiss», fügte mein Vater an, «auf jeden Fall.» – «Sollen wir also gehen?», fragte meine Mutter. – «Je eher, desto besser», erwiderte er. – «Verlieren wir keine Zeit!», rief ich.
Ein drittes und noch kraftvolleres Klopfen drang an unser Ohr. «Ich bin sicher, dass jemand an unsere Türe pocht», sagte meine Mutter. – «So muss es wohl sein», versetzte mein Vater. – «Ich glaube, die Dienstboten sind zurück», sagte ich. «Da – ich höre Mary zur Tür gehen.» – «Nun, das freut mich», versetzte mein Vater, «denn zu gern wüsste ich, wer es ist.»
