Liebe und Lügen (Kampf um Demora 2) - Erin Beaty - E-Book
SONDERANGEBOT

Liebe und Lügen (Kampf um Demora 2) E-Book

Erin Beaty

0,0
9,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 9,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.

Mehr erfahren.
Beschreibung

Sage hätte nie zu träumen gewagt, dass dies einmal ihr Leben sein würde: Sie ist Tutorin am königlichen Hof und dort den ganzen Tag von Büchern umgeben. Doch sie sehnt sich wie verrückt nach ihrem Verlobten, der Hunderte von Meilen entfernt stationiert ist. Als sie beauftragt wird, seinen Soldaten das Lesen und Schreiben beizubringen, ergreift sie die Chance, wieder in Alex' Nähe zu sein. Aber über das Land spannt sich ein Netz aus Intrigen. Gefahren lauern überall – nicht nur für Demora, sondern auch für alle, die Sage liebt. Dies ist der zweite Band der romantischen Serie »Kampf um Demora«. Alle Bände der Serie mit Suchtgefahr: Vertrauen und Verrat (Band 1) Liebe und Lügen (Band 2) Gefühl und Gefahr (Band 3)

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2019

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Erin Beaty

Liebe und Lügen

Aus dem Englischen von Stefanie Frida Lemke

Sage hätte nie zu träumen gewagt, dass dies einmal ihr Leben sein würde: Sie ist Tutorin am königlichen Hof und dort den ganzen Tag von Büchern umgeben. Doch sie sehnt sich wie verrückt nach ihrem Verlobten, der Hunderte von Meilen entfernt von ihr stationiert ist. Als sie von einer geheimen Mission erfährt, ergreift sie deshalb die Gelegenheit, dem Königreich erneut zu dienen – und wieder in Alex’ Nähe zu sein. Zu ihrer Verblüffung ist der von ihrer Idee allerdings gar nicht begeistert. Schon bald plagen sie jedoch ganz andere Sorgen. Denn über das Land spannt sich ein Netz aus Intrigen. Gefahren lauern überall – nicht nur für Demora, sondern auch für alle, die Sage liebt.

Alle Bände der mitreißenden Trilogie »Kampf um Demora«:

Vertrauen und Verrat (Band 1)

Liebe und Lügen (Band 2)

In Vorbereitung:

Gefühl und Gefahr (Band 3)

Wohin soll es gehen?

Buch lesen

Viten

Das könnte dir auch gefallen

Leseprobe

Für Kim, die mir nicht sagte, wie furchtbar mein erster Entwurf war, und die dies alles möglich gemacht hat.

1

Stricknadeln waren keine besonders effektiven Waffen, doch es war besser, als mit Federkielen zu fechten.

Sage machte einen Ausfall auf ihre Schülerin zu und die Prinzessin parierte den Angriff gekonnt, hörte aber kurz vor dem eigentlichen Ende der Parade auf.

»Nein, nein«, sagte Sage. »Dreh den Degen im Kreis und zwinge meinen zur Seite, damit du einen Schritt vorwärts machen kannst. Probieren wir’s noch mal.«

»Entschuldigung?«, quäkte die elfjährige Carinthia von der anderen Seite des Unterrichtszimmers. »Ich kann mich bei diesen Stricknadel-Kampfgeräuschen nicht konzentrieren.«

Prinzessin Rose ließ ihren »Degen« sinken und verdrehte die Augen, Sage gab ihr jedoch zu verstehen, ruhig zu bleiben. »Tut mir leid, Cara. Wie viele Aufgaben hast du noch?«

»Fünf.«

»Das reicht für heute. Du kannst gehen.« Die Prinzessin war beinah schon zur Tür hinaus, bevor Sage den letzten Satz beendet hatte.

»Soll ich Caras Aufgaben für Sie kontrollieren, Sage?« Rechnen fiel Rose leicht, aber sie hätte ohnehin alles getan, um das Handarbeiten hinauszuzögern.

»Nein, danke dir.« Sage nahm Caras Blatt und überflog es. Zwölf von fünfzehn gelösten Aufgaben waren richtig. Carinthia hatte in den letzten neun Monaten, seit Sage sie unterrichtete, große Fortschritte gemacht.

»Gehen Sie heute Nachmittag zum Übungsplatz?«, fragte Rose, während sie träge ihre Stricknadel zwischen den Fingern drehte.

Sage versuchte so zu tun, als hätte sie nicht schon stundenlang daran gedacht, und nickte. »Heute gibt es ein Kreis-Fechtturnier. Meister Reed sagt, ich bin so weit.« Ein schneller Blick durchs Zimmer sagte ihr, dass es aufgeräumt genug war. Sie hielt Rose die Stricknadel hin, die sie noch immer in der Hand hatte. »Vergiss die nicht.«

Die Prinzessin verzog das Gesicht und nahm ihr die Nadel ab. Zusammen gingen sie ins angrenzende Zimmer, wo Rose’ Mutter und Schwester neben dem Kamin saßen und an einem kunstvollen Wandteppich arbeiteten. Die Königin war eine blasse Frau aus dem Norden und hatte helle, weizenblonde Locken, wie Rose. Prinzessin Cara neben ihr war endlich ganz in ihrem Element und stickte scharlachrote Muster in den schweren Stoff. Rose stöhnte. Sie mochte schon kein Stricken, aber Sticken hasste sie.

Sage machte einen Knicks. »Wir sind fertig für heute, Eure Majestät«, sagte sie. »Gibt es noch etwas, was ich für Euch tun kann?« Die Königin war leicht weitsichtig und Sage hatte vor ein paar Monaten angefangen, zusätzliche Aufgaben als ihre Privatsekretärin für sie zu übernehmen. »Gibt es neue Korrespondenz?«

»Eigentlich wollen Sie doch bestimmt wissen, ob es Korrespondenz für Sie gibt«, sagte die Königin. »Aber nein, nichts dergleichen.«

Sage runzelte die Stirn. Das war jetzt schon die zweite Woche ohne einen Brief von Alex. Da er der Neffe des Königs war und Sage im königlichen Haushalt arbeitete, wurde ihre persönliche Korrespondenz oft mit den offiziellen Sendungen der Hauptstadt geschickt – was eine verlässlichere Zustellung bedeutete, die aber trotzdem nur sporadisch war.

Orianna blickte sanft lächelnd von ihrer Handarbeit auf. »Der Tegann-Pass wurde dieses Jahr bereits früher geöffnet, die Kommunikation wird in den kommenden Wochen also zunehmen. Seien Sie versichert, dass, wenn irgendetwas ankommt, ich es Sie umgehend wissen lassen werde.«

Sage wusste nicht, wann sie aufgehört hatte, peinlich berührt zu sein, wenn Mitglieder der königlichen Familie sich derart besorgt um ihre Gefühle zeigten. »Wenn es nichts weiter gibt, dann entschuldigt mich bitte, Eure Majestät.«

»Darf ich mit ihr gehen, Mutter?«, fragte Rose.

Der Ton der Königin wurde formeller, als sie mit ihrer ältesten Tochter sprach. »Du hast diese Woche bereits zweimal Sticken ausfallen lassen, um Sage zuzusehen. Beide Male hast du versprochen, deine Arbeit nachzuholen, und beide Male hast du es versäumt.«

»Aber, Mutter …«

»Die Antwort ist Nein.« Orianna sah mit zusammengekniffenen Augen durchs Vergrößerungsglas über dem Stoff. Sticken und Lesen strengte ihre Augen an, beides bereitete ihr Kopfschmerzen, aber Handarbeit war etwas, was Ihre Majestät nicht aufgeben wollte. »Und du brauchst nicht noch einmal zu fragen.«

Sage sah die Dreizehnjährige an und zuckte entschuldigend die Achseln, doch insgeheim war sie froh, dass sie heute keine Zuschauerin hatte. Rose stapfte zu ihrem Handarbeitskorb und fläzte sich in den Sessel. Orianna warf ihr einen strengen Blick zu und sofort setzte Rose sich gerade hin. Seufzend lehnte die Königin sich zurück. Sie rieb sich die Augen, bevor sie müde lächelnd zu Sage hinaufblickte. »Wenn ich mich nicht irre, sind Sie diese Woche jeden Tag auf dem Übungsplatz gewesen. Wäre da nicht Hauptmann Quinn, würde ich denken, Sie hätten ein Auge auf jemanden geworfen.«

Sage wurde rot. »Es hilft mir, mich ihm näher zu fühlen.« Der Konflikt in Tasmet, der letzten Sommer begonnen hatte, dauerte jetzt schon mehr als acht Monate an. Ganz gleich, wie viel sie sich schrieben, es konnte die verlorene Zeit nicht wiedergutmachen. »Außerdem macht es mir Spaß. Und von den vielen neuen Soldaten, die in letzter Zeit ankommen, kann ich eine Menge lernen.«

Oriannas Blick verfinsterte sich. »Nun, ich bin sicher, Sie wollen heute nicht zu spät kommen.« Sie wandte sich wieder ihrer Stickarbeit zu und stach die Nadel in den Stoff.

Der plötzliche Stimmungswechsel verwirrte Sage, aber jetzt hatte sie keine Zeit, darüber nachzudenken. Sie knickste, und in Gedanken bereits ein Schwert schwingend verließ sie das Wohnzimmer der Königin. Sie müsste sich beeilen, wenn sie eine der wenigen gepolsterten Rüstungen abbekommen wollte, die ihr mit ihrer schmalen Statur passten. In ihrer Aufregung merkte sie erst nach ein paar Metern, dass sie noch immer ein Kleid trug. Sie machte kehrt und lockerte bereits auf dem Weg zu ihrem Zimmer die Schnüre ihres Oberteils. Fünf Minuten später nahm sie in Hosen und Leinenhemd gekleidet die Abkürzung durch den Gang für die Hausangestellten.

Auf dem Übungsplatz waren mehr Soldaten denn je. Sie begrüßten lauthals alte Freunde und machten neue Bekanntschaften. Sage schlängelte sich durch die Menge zur Hauptarena. Sie hatte es sich schon lange abgewöhnt, automatisch jede Gruppe Soldaten nach Alex abzusuchen und wider alle Vernunft zu hoffen, dass er eher nach Tennegol zurückkehrte, als er es ihr mitteilen konnte.

Sage war der Königin gegenüber nicht ganz ehrlich gewesen. Hierherzukommen half ihr zwar tatsächlich, sich Alex nahe zu fühlen, doch der eigentliche Grund war ein anderer. Seit dem Tod von Sages Vater vor fünf Jahren war ihr Leben immer von anderen bestimmt gewesen. Sages Tante und Onkel hatten es wohl nur gut gemeint, doch ihr Vormund hatte einen Weg für Sage vorherbestimmt, bei dem ihre Sicherheit und ihr Wohlergehen von einem Ehemann abhängig gewesen wären. Während ihrer Arbeit für die Kupplerin hatte Darnessa Sage zwar viele Freiheiten gelassen und Sage hätte sich nach ein paar Jahren vielleicht tatsächlich gefangen, doch letzten Sommer hatte sich alles geändert. Sage hatte sich nie hilfloser, nie so sehr als Belastung gefühlt wie in Tegann.

Alex’ Soldaten hatten Pakete mit rotem Signalfeuer – Pulver, das große rote Rauchsäulen erzeugte, wenn es brannte – zu den Spähern außerhalb der Festung bringen müssen, um ein Zeichen geben zu können, sollten sie Hilfe brauchen. Sage war die Einzige gewesen, die sich durchs Abwassergitter quetschen konnte, aber dann war sie von einem Wachposten erwischt worden. Sie hatte es gerade so eben geschafft, sich zu verteidigen, und es hätte sie beinah das Leben gekostet.

Sage würde nie wieder hilflos sein.

Sie ergatterte die letzte Rüstung, die klein genug für sie war, und kam einem Palastknappen zuvor, der seine Zeit damit verschwendet hatte, sich erst ein Schwert auszusuchen. Sie versuchte, nicht zu triumphierend zu blicken, als sie die Arme in die Rüstung steckte und die obere Hälfte ans Unterteil schnallte. Sie hatte sogar noch mehr Glück, denn dieses spezielle Exemplar war fürs Reiten gedacht, was bedeutete, dass die Vorder- und Rückseiten der Oberschenkel etwas lockerer und nicht gepolstert waren. Offen gesagt konnte ihr Hinterteil etwas mehr Platz gut gebrauchen.

Sobald die Rüstung sicher saß, suchte Sage sich ein Übungsschwert und wählte eins, das schwerer war als die Schwerter, die die Knappen normalerweise benutzten. Sie würde schneller ermüden, aber sie hatte gemerkt, dass das zusätzliche Gewicht hinter ihren Bewegungen ihre geringere Armkraft in gewissem Maße kompensierte. Außerdem machte es sie stärker. Sie klemmte sich das Schwert zwischen die Beine, steckte den sandfarbenen Zopf unter den Helm und zurrte diesen fest. Als sie sich aufrichtete und das Schwert in die Hand nahm, zitterte sie vor Nervosität.

Heute würde sie herausfinden, wie gut sie tatsächlich war.

2

Sage stellte sich in den inneren Kreis zu den Kämpfern, die nach außen blickten. Um sie herum bildete sich ein weiterer Kreis, sodass jeder ein Gegenüber hatte. Sie salutierte ihrem ersten Gegner und ging in Verteidigungsstellung, während sie überlegte, ob sie den Mann kannte. Mit der wuchtigen und oft unförmigen Rüstung sahen sie alle gleich aus, und es gab nur drei oder vier Männer, die sie erkannte, wenn alle die Helme aufhatten – und einem davon fehlte ein Arm. Doch es funktionierte in beide Richtungen. Wegen ihrer Größe nahmen die meisten an, sie wäre ein Knappe, was Sage nur recht war. Die Wachen hatten sich während der letzten Monate an ihre Anwesenheit gewöhnt, doch mit den ganzen neuen Soldaten wurde es in letzter Zeit manchmal etwas unangenehm, wenn sie mitbekamen, dass sie eine Frau war.

Als die Glocke läutete, fingen Sage und ihr Gegner an zu kämpfen und verfielen schnell in einen Rhythmus aus Angriff und Verteidigung. Da es die erste Runde war, ging es ihnen beiden mehr darum, sich aufzuwärmen, als zu punkten. Sie machten Ausfälle und blockten mit zunehmender Intensität, bis nach sieben Minuten die Glocke das Ende der Runde bekannt gab. Sie ließen die Schwerter sinken und salutierten. Sages Gegner ging weiter zum Nächsten und ein anderer Kämpfer trat vor sie. Sie begrüßte den neuen Mann und machte sich bereit für die nächste Runde.

Nach den ersten vier Runden schwitzte Sage bereits sehr unter ihrer Rüstung, doch sie war mit ihrer Leistung zufrieden. Ein paar Fechter traten aus der Kreisformation heraus und andere kamen hinzu, auch zwei Positionen rechts von Sage stellte sich ein neues Paar auf. Sie erkannte keinen der beiden Männer, aber sie hatte das Gefühl, dass der im Außenring sie beobachtete. Ob er vermutete, dass sie ein Mädchen war? Hoffentlich nicht. Als der Mann beim nächsten Wechsel eins näher kam, fing auch sie an, ihn zu beobachten.

Unterhalb seines Helms war der Ansatz eines schwarzen Bartes zu erkennen, er war also mindestens zwanzig. Außerdem war er größer als sie, aber das waren die meisten Männer, gut gebaut, ohne massig zu sein – obwohl die Rüstung ihn aussehen ließ, als hätte er einen leichten Buckel –, und sein Schwert … Es war ein gewöhnliches Übungsschwert, kein eigenes, doch er führte es wie eine Verlängerung seines Arms, schnell und ruhig zugleich. Nicht eine Bewegung war überflüssig. Ein Schlag auf die Schulter erinnerte Sage daran, sich mehr auf ihren derzeitigen Gegner zu konzentrieren. Sie schüttelte sich den Schweiß von den Augen und richtete die Aufmerksamkeit auf ihren Kampf.

Beim nächsten Läuten der Glocke trat der Mann vor sie. Er betrachtete sie von oben bis unten und durch den Helm wurden die Bewegungen seines Kopfes noch betont. Zweifellos schätzte er sie ab. Obwohl Sage sein Gesicht nicht sehen konnte – noch nicht einmal mehr seinen bärtigen Hals, als sie sich so nah gegenüberstanden –, hatte sie das Gefühl, dass er lächelte, als er salutierte. Er sah sie einfach nicht als Herausforderung. Nun, sie würde ihm schon zeigen, dass sie keine Anfängerin war.

Doch nach weniger als einer Minute war offensichtlich, dass er ihr überlegen war. Meister Reed bezeichnete sie als fortgeschritten angesichts der kurzen Zeit, die sie bisher trainiert hatte, und sagte, sie hätte eine vielversprechende Haltung, doch ihr neuer Gegner sah jede ihrer Bewegungen voraus und wehrte sie mühelos ab. Sie hatte den Eindruck, wenn er sie angriff, tat er es ihr zu Gefallen besonders langsam. Sie war wütend, weil sie sich bevormundet fühlte, und zugleich dankbar, dass er sie nicht innerhalb der ersten drei Sekunden entwaffnet hatte. Nach einer Weile merkte sie, dass er sie auf die Probe stellte, sie zeigen ließ, was sie konnte, und sie fing an, ihn zu mögen – bis sie sich bei einer Parade zu weit nach rechts lehnte. Er wirbelte sein Schwert herum und schlug ihr damit auf den Hintern.

Sage sah, wie er grinste. Zorn loderte in ihr auf – er wusste, dass sie ein Mädchen war! Warum sonst hätte er das tun sollen, außer um sie zu verspotten? Fast blind vor Wut fand sie das Gleichgewicht wieder und griff ihn an, was er mit Leichtigkeit abwehrte. Sage stieß sich zurück, und er schüttelte warnend den Kopf. Sie schlug wild drauflos, aber er entwaffnete sie im Handumdrehen und schlug ihr wieder mit der flachen Seite seines Schwerts auf den Hintern.

Tränen der Erniedrigung schossen ihr in die Augen. Während sie dastand, die Hände zu Fäusten geballt, und überlegte, was sie jetzt tun sollte, hob er ihr Schwert auf und reichte es ihr. Diesmal sah sie kein Lächeln hinter dem Helm, und sie begriff. Er hatte ihr eine Lektion erteilt, niemals aus Wut anzugreifen. Demütig nahm sie ihr Schwert entgegen und ging in Abwehrposition. Er nickte anerkennend und sie machten weiter.

Die Glocke läutete und verkündete das Ende der Runde, aber der Mann gab dem auf ihn folgenden Kämpfer ein Zeichen, Sage zu überspringen. Der andere zuckte die Schultern und ging weiter. Ihr geheimnisvoller Partner hatte Interesse an ihr gefunden. Bei seinem Können war das etwas verwunderlich – er gewann nichts dazu, indem er blieb. Dann gab die Glocke den Start der nächsten Runde bekannt und Sage konzentrierte sich wieder auf den Kampf. Nach ein paar Schlagwechseln trat ihr Gegner zurück und deutete ihr an, das Schwert zu senken. Argwöhnisch tat sie es und er nahm sein Schwert in die linke Hand und stellte sich hinter sie. Ohne ein Wort legte er seine Hand auf ihre und korrigierte ihre letzten Bewegungen, führte ihren Arm in einem rascheren und sichereren Bogen. Seine Bewegungen waren besser für ihre Größe und Kraft, als was sie bisher gelernt hatte.

»Danke«, sagte sie, und die Worte hallten in ihrem Helm wider. Der Mann nickte und nahm wieder seine Position ein. Als er sein Schwert zurück in die rechte Hand nahm, beugte er die linke Hand mehrmals, als wäre sie taub. Sage riss die Augen auf.

Nein, das konnte nicht sein.

Doch je länger sie ihn beobachtete, desto sicherer war sie sich. Als die Runde endete, winkte ihr Gegner auch den nächsten Kämpfer weiter. Der Mann an der Glocke rief, dass dies die letzte Runde sein würde.

Ihr Kampf veränderte sich. Ihr Gegner wurde aggressiver, zwang sie fast ständig zurück. Er wollte sie am Ende anscheinend zur Aufgabe zwingen, obwohl er das die ganze Zeit schon hätte machen können.

Diesen Kampf zu gewinnen würde etwas anderes erfordern als Können.

Sie wartete bis zum richtigen Moment, dann schwankte sie. Wie sie es vorausgesehen hatte, nutzte der Mann die Lücke zu seinem Vorteil, und sie sprang hinein. Sie ließ es so aussehen, als hätte er sie getroffen, und mit einem Schrei brach sie zusammen. Ihr Gegner ließ sein Schwert fallen und stürzte auf die Knie, um sie aufzufangen.

Er rollte sie auf den Rücken, riss ihr den Helm vom Kopf und tastete ihre Rippen ab. »Wo?«, keuchte er. »Wo bist du verletzt?«

Sage grinste ihn an. »Mir geht’s gut, Hauptmann, aber du bist tot.« Sie stach ihm mit der dumpfen Spitze ihres Übungsschwerts in den Bauch und er blickte an sich herab.

Dann nahm er seinen Helm ab und sah sie mit einer Mischung aus Stolz und Verdruss an. »Findest du es in Ordnung, zu schummeln?«

»Du hast mir doch beigebracht, jeden Vorteil zu nutzen.«

Alex lachte. »Das stimmt. Ich ergebe mich meiner Lady.« Die Rüstung machte es ihm schwer, sie zu küssen, aber er schaffte es.

3

Hauptmann Malkim Huzar saß in der Ecke der geschäftigen Taverne und trank langsam sein Bier. Es war schwach gebraut, doch er ertrug es, so wie er alles in diesem Land ertrug. Der grob gewebte Stoff seines Umhangs hing über ihm, und nur seine Unterarme waren zu sehen. Unter der Kapuze hervor beobachtete er die über zwei Dutzend Gäste, die drei Serviermädchen und den Besitzer des Hauses – einen fetten, schmierigen Mann, der sich benahm, als würde er auch die Serviermädchen besitzen, mit Ausnahme der hübschen jungen Frau, deren Lippen und Fingernägel dieselbe feuerrote Farbe hatten wie ihre Haare. Der Schankwirt machte einen weiten Bogen um sie. Zwei silbrig glänzende Narben unter seinem linken Ohr waren wohl der Grund dafür.

Die Rothaarige brachte Huzar ein neues Ale. Bevor sie wieder ging und den leeren Krug mitnahm, fuhr sie ihm mit dem Fingernagel über die in sich gewundene Tätowierung auf dem gebräunten Arm. »Hier trifft man nicht besonders viele Aristeler an«, sagte sie mit rauer Stimme.

Sie dachte, er käme aus dem Osten Demoras, aber das störte ihn nicht. Kimisaren waren in Demora nicht gern gesehen, selbst vor dem aktuellen Konflikt schon nicht. Huzar erlaubte sich ein schwaches Lächeln. Die Tür zur Taverne ging auf und ein Schwall eisiger Luft strömte herein, den Huzar sogar in seiner hinteren Ecke noch spürte. Endlich.

»Noch ein Ale«, sagte er zur Rothaarigen. »Für meinen Freund.«

Sie blickte sich nach dem Mann um, der sich durch die Menge schlängelte, und ging seufzend an die Bar zurück. Huzar atmete erleichtert auf. So schön sie war, je weniger Aufmerksamkeit er auf sich zog, desto besser.

Der Neuankömmling schlug seinen Umhang aus feinem, aber kräftigem Stoff mit dem Königswappen von Demora am Kragen zurück und setzte sich so zu Huzar an den Tisch, dass beide Männer den Raum im Blick hatten. Er trug den starken Geruch von Pferdeschweiß und Dung an sich. Anders als Huzar verbrachte er die meiste Zeit des Winters drinnen und war entsprechend blasser. Seine auf den Tisch gelehnten Arme waren auch recht mager, verglichen mit Huzars Muskeln.

»Du bist spät dran«, sagte Huzar auf Demoranisch. Er hatte seine Muttersprache seit über neun Monaten nicht gesprochen und hatte nur noch eine Spur von einem Akzent. Er konnte sogar Jovan sagen, wie die Demoraner Shovan aussprachen.

»Meine Arbeit hat ganz schön zugenommen, seit hier so viele Leute ankommen«, sagte der Stallknecht. »Zum Glück ist auch mein Lohn gestiegen. Die Reiter geben gutes Trinkgeld für ein bisschen zusätzliche Pflege ihrer Pferde.« Er schob einen kleinen Beutel Münzen über den Tisch.

Huzar steckte das Geld brummend ein. So viel, wie er unterwegs war, blieb ihm keine Zeit für eine feste Anstellung, was bedeutete, dass jeder Mann, bei dem er sich meldete, ihm einen kleinen Anteil seines Lohns abgeben musste. »Also, was gibt es Neues? Ich habe viele Soldaten ankommen sehen.«

Der andere Mann nickte. »Ich höre Gerüchte.«

Huzar hielt einen Finger hoch, als das Serviermädchen mit einem vollen Krug an ihren Tisch zurückkehrte. Der Stallknecht grinste sie an, aber Huzar mied ihren Blick. Als sie wieder gegangen war, senkte Huzar die Hand und wartete, dass der Mann weitererzählte.

»Es heißt, der König wird die Norsaren wieder einführen.«

Nachdem er diese unglaubliche Nachricht überbracht hatte, nahm der Mann selbstgefällig einen so großen Schluck Bier, dass es über den Rand des Krugs und ihm übers Kinn lief. Huzar blinzelte und versuchte, die Neuigkeit zu verarbeiten. Demoras Elitekampftruppe war vor über zwanzig Jahren abgeschafft worden, im Zuge der Abrüstungsvereinbarung des Waffenstillstands, nachdem Kimisara in einem letzten großen Feldzug versucht hatte, die Region Tasmet wieder für sich zu beanspruchen. Ein schwacher und törichter Zug des demoranischen Königs, aber damals war er jung gewesen und wollte unbedingt als Friedensstifter gelten. Allerdings hatten die Ereignisse des letzten Jahres die Bedingungen des Vertrags zweifellos null und nichtig gemacht.

Huzar tippte mit den Fingern an die Seite seines Bierkrugs, doch abgesehen davon blieb er äußerlich ruhig. »Ich würde den Streit in Tasmet nicht unbedingt als Grund für so eine Maßnahme sehen. Ein weiteres Jahr mit den bisherigen Streitkräften sollte doch ausreichen.« Es erstaunte ihn außerdem, dass die Kimisaren Tasmet nach all den Monaten noch immer überfielen, doch nach drei Jahren Fäule und Hungersnot gab es wohl wenig, wofür es sich heimzukehren lohnte.

»Anscheinend erwartet der demoranische König mehr Unruhen.«

Huzar hatte keine Kenntnis darüber, was seine eigene Nation plante, doch angesichts des Zustands von Kimisara vor einem Jahr, als Huzar das Land verlassen hatte, bezweifelte er, dass es sich genug erholt hatte, um eine Invasion durchzuführen. Einzig die Allianz mit den D’Amirans hatte letzten Sommer möglich gemacht. Die Vereinbarung war ihm von Anfang an zuwider gewesen, doch er befolgte seine Anweisungen. Als offensichtlich wurde, dass der demoranische Herzog nicht die Absicht hatte, sich an die Abmachungen zu halten, hatte Huzar seinen Männern jedoch befohlen, Tegann aufzugeben und nach Hause zurückzukehren. Leider war eine Kompanie Kimisaren östlich des Catrix-Gebirges in Demora gestrandet, und Huzar hatte es sich zur Aufgabe gemacht, sie zu finden.

Als es ihm gelungen war, wurde ihm klar, dass es zu wenige Männer waren, um sich zurückzukämpfen, aber zu viele, um länger zusammenzubleiben. Er hatte sie angewiesen, sich ins demoranische Hinterland zu zerstreuen, Arbeit zu finden und sich ruhig zu verhalten, bis die Zeit günstig war, gemeinsam zu fliehen oder sich dem Feind entgegenzustellen. Um die Demoraner abzulenken, hatte Huzar eine Gruppe zur Grenze geschickt, damit es so aussah, als wären sie weiter nach Casmun gezogen. Doch vielleicht hatte nichts davon so gut funktioniert wie gedacht.

»Unruhen? Woher?«

»Aus Casmun. Es gibt Anzeichen für eine Allianz zwischen unseren Truppen und denen aus Casmun.«

Huzar schnaubte. Die Kimisaren und die Casmuner hatten gemeinsame Wurzeln, doch sie hassten einander noch mehr als die Kimisaren und die Demoraner. Wahrscheinlicher war, dass der demoranische König die von Huzar nach Süden gelegte Spur fehlinterpretiert hatte und dachte, es wären Casmuner, die die Grenze auskundschafteten, wie es von den Kimisaren im Westen bekannt war.

Er strich sich über den Kinnbart und überlegte, ob dies eine positive oder negative Entwicklung war. Dass die Demoraner verwirrt waren, konnte ein Vorteil sein, doch sobald die Norsaren wieder ins Leben gerufen wären, war es nur eine Frage der Zeit, bis er und seine Männer gejagt und ausgelöscht würden.

Allerdings würde es Wochen dauern, eine Norsaren-Einheit auszubilden. Wahrscheinlich hatte er noch genug Zeit, die etwa hundertfünfzig Kimisaren, die östlich und südlich der Hauptstadt verteilt waren, zu versammeln und sich einen Plan zu überlegen, nach Hause zu kommen. Bis dahin waren Informationen von enormer Wichtigkeit für ihn.

Der Hauptmann sah den Stallknecht an. »Wenn es die Norsaren wieder geben soll, wer wird ihr Kommandant?«

»Einen Namen habe ich sehr viel öfter gehört als jeden anderen.« Der Mann grinste und zeigte zwei fehlende Zähne. »Und Sie kennen ihn.«

Ein paar Minuten später kehrte der Stallknecht zu seiner Arbeit im Palast zurück. Huzar bestellte ein drittes Bier und bekam kaum mit, als es vor ihn hingestellt wurde. Er kannte den Namen in der Tat. Wer in der Stadt tat das nicht? Doch Huzar kannte ihn aus einem besonderen Grund.

Hauptmann Alexander Quinn.

Es war der Name des anführenden Soldaten der Eskorte für die Damen, die letzten Sommer nach Tennegol gereist waren. Nachdem Huzar in den letzten Monaten verschiedene Informationen zusammengekratzt hatte, war es ihm schließlich gelungen, sich ein klares Bild von den Ereignissen in Tegann zu machen. D’Amiran war überlistet worden und Quinn hatte mit nur einer Handvoll Soldaten die gesamte Festung eingenommen. Anscheinend hätte der demoranische Hauptmann damit selbst dann Erfolg gehabt, wären Huzar und seine Männer geblieben, so gut waren sein Plan und dessen Ausführung gewesen. Quinn hatte den Herzog außerdem persönlich getötet.

Ein Feind, vor dem man Respekt haben konnte, war einem Verbündeten ohne Ehren auf jeden Fall vorzuziehen, und Huzar wollte ihm nichts Böses. Er wollte nur nach Hause. Doch jetzt sah es so aus, als müsste er über Hauptmann Quinn gehen, um dorthin zu gelangen.

4

Von ihrem Platz in der großen Weide beobachtete Sage, wie Alex den Gartenweg entlangging und immer wieder stehen blieb, um in die Richtung zu blicken, aus der er sie vermutete. Sie war einige Minuten vor ihm angekommen und hatte sich, während sie auf ihn wartete, die vom Baden nassen Haare geflochten. Vielleicht war es grausam, aber sie wollte ihn ein paar Minuten beobachten, sich seine Bewegungen einprägen, seine Ungeduld genießen. Und das war eigentlich nur fair, schließlich musste er sie schon eine ganze Weile auf dem Übungsplatz beobachtet haben.

Auf dem Weg zur Weide ließ er die Muskeln seiner linken Hand spielen. Wahrscheinlich war es inzwischen mehr eine Gewohnheit als eine Notwendigkeit. Es hatte Wochen gedauert, bis die Wunde, die er in Tegann am Unterarm davongetragen hatte, so weit geheilt war, dass er die Hand wieder richtig bewegen konnte. Er hatte Sage in seinen Briefen sogar seine Angst gestanden, dass er einen dauerhaften Nervenschaden davongetragen haben könnte. Alex würde Sage allerdings keine unnötigen Sorgen bereiten wollen, daher fürchtete sie, dass es schlimmer war, als er zugab. Sie würde seinen besten Freund, Leutnant Casseck, nach seiner Meinung fragen müssen.

Nervös fuhr Sage über das silberne Muster auf ihrem Gewand. Das blaue Brokatkleid hatte Flügelärmel und einen tieferen Ausschnitt, als sie normalerweise trug, sodass sie sich leicht entblößt fühlte. Außerdem war das Kleid viel zu formell für einen Spaziergang im Garten, aber alle sagten, die Farbe würde ihr gut stehen und das Kleid würde ihre Vorzüge betonen. Sage hatte im letzten Jahr tatsächlich angefangen, Kleider zu mögen. Nun, mögen war vielleicht etwas übertrieben. Sie war schöner Kleidung gegenüber aufgeschlossener geworden, auch wenn sie sich darin fühlte wie eine Ente, die sich mit Schwanenfedern schmückte.

Als die Sonne hinter den hohen Mauern unterging, setzte Alex sich auf die Bank und wippte ungeduldig mit den Knien. Sage beschloss, dass es genug war, und rief seinen Namen.

Alex sprang auf und blinzelte in die dichten Zweige hinter sich. »Sage?«

»Ich bin hier.«

Er machte einen Satz über die Bank, teilte mit den Händen den Vorhang aus Blättern und linste hinein. Als er sie entdeckte, runzelte er die Stirn. »Wie lange bist du schon hier?«

Sage ließ sich von dem tief hängenden Ast fallen. »Lange genug.«

»Oh, dafür wirst du bezahlen.« Er kam in ihre Baumhöhle und hob sie hoch. Sie kreischte und schlug auf ihn ein, während er sie sanft auf den Boden legte, dann hielt er ihre Arme fest und küsste ihren Hals. »Sag, dass es dir leidtut«, flüsterte er, und sein Atem an ihrem Ohr fühlte sich an wie ein Blitzschlag, den sie bis in die Zehen spürte.

»Kann ich nicht.« Sie kicherte. »Das wäre gelogen.«

»Wie lange habe ich dort wie ein Idiot gewartet? Eine Stunde?«

»Drei Minuten vielleicht. Maximal fünf.«

»Die längsten fünf Minuten meines Lebens.«

»Du hast es verdient, nach den Spielchen, die du auf dem Übungsplatz mit mir getrieben hast. Wie lange hattest du mich dort beobachtet?«

»Du hast mich jetzt schon zweimal mit Hinterhältigkeit geschlagen.« Alex ließ sie los, vergrub eine Hand in ihrem Haar und schob ihr die andere unter die Hüfte. »Ich heirate ein kriminelles Genie.«

»Ich bin wohl kaum …« Doch er unterbrach sie, indem er den Mund auf ihren presste. Sage schlang ihm die Arme um den Hals und erwiderte seinen Kuss. Seine Haare waren ebenfalls noch feucht und dufteten nach Kiefernseife, wie der Gebirgswald im Winter.

Er hob den Kopf und flüsterte: »Ich habe dich so sehr vermisst«, bevor er sie wieder und wieder küsste, jedes Mal etwas anders, und jedes Mal klang eine Erinnerung an seine Sehnsucht nach ihr darin mit. Sage wünschte, er würde nie damit aufhören, doch schließlich lehnte er sich zurück, um sie anzusehen, und strich ihr mit dem Daumen über die Lippen. »Geist im Himmel«, sagte er leise. »Ich hatte ganz vergessen, was ich für dieses Lächeln alles tun würde.«

Sage nahm eine Hand von seiner Schulter und fuhr ihm über den Bart an seinem Kinn. »Du siehst gut aus, auch wenn ich mich erst einmal daran gewöhnen muss.«

Einen Moment war er verwirrt, dann lachte er. »Stell dir vor, ich habe fast vergessen, dass der Bart überhaupt da ist. Es war die letzten Monate schlichtweg einfacher so. Und im Winter auch wärmer.« Fragend sah er sie an. »Gefällt er dir?«

Sie schürzte die Lippen. »Ich weiß noch nicht so recht. Es sieht ziemlich verwegen aus, aber ich habe dich rasiert in Erinnerung gehabt, daher ist es ein bisschen ungewohnt. Und er kratzt auch etwas.«

»Ich werde ihn morgen abrasieren.«

»Ich kann mich auch dran gewöhnen. Gib mir ein paar Tage.«

Alex schüttelte den Kopf. »Nichts soll zwischen mich und meine Lady kommen – besonders nichts, was sie veranlassen könnte, meine Küsse abzulehnen. Außerdem kann ich ihn später ja wieder wachsen lassen.«

»Wenn du meinst.« Sage zuckte die Schultern, ihr war es tatsächlich egal. »Wer ist mit dir gekommen?«

»Von den Offizieren Cass und Gram«, sagte Alex, während er sich übers Gesicht rieb, wo sie ihn berührt hatte. Leutnant Casseck und Leutnant Gramwell waren zwei seiner engsten Freunde und letztes Jahr Teil der Eskorte nach Tegann gewesen. »Und einhundert ausgewählte Kämpfer.«

Das war interessant, besonders in Anbetracht der Tatsache, wie viele ähnlich gute Soldaten in den letzten Wochen eingetroffen waren. Sie holte tief Luft. Jetzt kam die Frage, von der sie nicht wusste, ob sie die Antwort hören wollte. »Wie lange bleibst du?«

»Ich weiß es noch nicht. Mindestens ein paar Tage.«

Nicht unbedingt großartig, aber auch nicht furchtbar. »Wirst du viele Pflichten haben?«

Alex drehte sich träge auf die Seite und strich ihr mit dem Finger über den nackten Arm mit den Sommersprossen und den verblassten Narben, und sie bekam eine Gänsehaut. »Cass kann die meisten für mich übernehmen.«

»Schämen Sie sich, Hauptmann. Das ist Machtmissbrauch.«

»Mein Rang hat eben seine Vorteile. Außerdem wird Cass auch bald Hauptmann, also kann er ein bisschen Übung gebrauchen.«

»Wo geht ihr von hier aus hin?«

Alex zog sanft ihren Ärmel herunter und küsste ihre entblößte Schulter. »Das weiß ich auch noch nicht genau. Ich habe eine Theorie, aber erfahren werde ich es erst in ein paar Tagen. Wir sind etwas früher hier angekommen als geplant. Ich weiß gar nicht, was mich so angetrieben hat.«

»Seid ihr durch Tegann gekommen?«

Sogar im Dämmerlicht konnte sie sehen, wie er blass wurde. »Ja, warum?«

»Ich frage mich nur, wie viel schon wiederaufgebaut ist, nach dem Feuer und allem.«

»Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Wir haben nicht angehalten.« Die Gehässigkeit in seiner Stimme ließ Sage erschaudern. »Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich die ganze Festung niedergebrannt.«

Wie hatte sie nur so gedankenlos sein können? Sage fasste ihm unters Kinn und sah, dass seine Augen voller Tränen standen. »Es tut mir leid, Alex. Ich habe nicht nachgedacht.«

Er schloss die Augen. »Schon in Ordnung. Tut mir leid, dass ich dich so angefahren habe.«

Sie überlegte, was für ein Thema sie stattdessen anschneiden konnte. »Also, was hast du für eine Theorie, was deinen nächsten Auftrag angeht?«

Alex seufzte. »Sage, ich habe neun Monate auf diesen Abend gewartet. Können wir bitte über etwas anderes als die Armee reden?«

Er hatte die Augen noch immer geschlossen. Sage legte ihre Lippen auf die seinen. »Wir brauchen gar nicht zu reden«, sagte sie.

5

Morrow D’Amiran hielt mit der einen Hand Charlie an sich gepresst, in der anderen einen Dolch. Alex’ Bruder, kaum neun Jahre alt, versuchte vergeblich, sich zu befreien, während er mit dem Blick seiner braunen Augen um Vergebung bat, sich hatte erwischen zu lassen.

Nein, wollte Alex ihm sagen. Du hast alles richtig gemacht. Dies ist passiert, weil ich Fehler begangen habe.

»Wählen Sie, Hauptmann.« D’Amiran lächelte, als er die Klinge an Charlies Hals ansetzte.

Wählen?

Aus dem hinteren Raum – dem Schlafgemach – trat der Hauptwachmann des Herzogs, Geddes, und zog eine zerschundene und blutende Sage hinter sich her. Sie war zu schwach, um sich zu wehren, als Geddes sie sich vor die Brust drückte, aber sie sah Alex anklagend an.

»Du hast gesagt, du würdest mich retten kommen«, rief sie. »Und du hast es nicht getan.«

Ich dachte, du wärst tot. Er flehte sie an, ihn zu verstehen. Ich hätte diesen Turm mit bloßen Händen niedergerissen, hätte ich gewusst, dass du hier bist.

Der Hass in ihren grauen Augen ließ nicht nach, als Geddes ein Messer hervorzog, ihr den Kopf zurückriss und die Klinge an den schlanken Hals legte. Der Wachmann mit dem verstümmelten Ohr blickte zum Herzog.

D’Amiran lächelte noch immer. »Wählen Sie«, sagte er wieder.

Alex griff nach seinem Schwert, aber da war nichts an seiner Hüfte, stattdessen stieß er mit dem Ellenbogen gegen die steinerne Wand neben seinem Feldbett. Der Schmerz schoss ihm durch den Arm bis in die Schulter, woraufhin er schließlich ganz aufwachte und merkte, dass sein Arm zu taub war, um ihn zu bewegen. Er riss sich mit der anderen Hand die Decke herunter, und halb fiel er, halb rollte er sich aus dem Bett, dann stolperte er durchs Stockdunkel zur Tür und hinaus auf den kühleren Kasernengang. Das Licht der runtergebrannten Fackel blendete ihn, und er kniff die Augen zu und rang nach Luft. Als er sicher war, sich nicht übergeben zu müssen, tastete er sich an der Wand entlang zur Außentür.

Das schwache Licht des bevorstehenden Sonnenaufgangs war sanfter zu seinen Augen, und er wischte sich Schweiß und Tränen vom Gesicht, während er sich gegen eine Trinkwassertonne sacken ließ. Den Traum hatte er schon öfter gehabt, allerdings schon seit mehreren Monaten nicht mehr.

Tief durchatmen, sagte er sich. Es war nicht echt.

Doch das meiste davon war es.

Als er an jenem Tag in Tegann durchs Fenster in D’Amirans Privatgemächer gestürzt war, gab es keinen anderen Ort mehr, an dem sie noch hätte sein können. Alex war davon ausgegangen, sich zwischen Sage und Charlie entscheiden zu müssen, und er hatte keine Ahnung gehabt, wie er damit hätte umgehen sollen. Doch nur Charlie und der Herzog waren in den Räumen gewesen. Und Charlie war gestorben.

D’Amiran hatte an jenem Morgen einen schwerwiegenden Fehler begangen, indem er Hauptmann Geddes geschickt hatte, der andeutete, Sage wäre bei ihrem Versuch, aus Tegann zu entkommen, gefangen genommen worden. Alex hatte annehmen sollen, sie würde gefoltert, doch stattdessen hatte er gedacht, sie wäre umgebracht worden. Die erste Stunde war ihm so schlecht gewesen, dass er rein gar nichts hatte tun können. Als Alex und seinen Soldaten schließlich klar wurde, dass sie vielleicht noch lebte, hatte er sich wieder gefasst und einen vernünftigen, wenn auch übereilten Plan geschmiedet. Hätte er von Anfang an gewusst, dass sie am Leben war, wäre er vielleicht, ohne nachzudenken, in die Privatgemächer des Herzogs gestürmt.

Nicht vielleicht. Auf jeden Fall.

Alex fuhr sich mit der Hand durch die feuchten Haare, erleichtert, dass er wieder Gefühl in den Fingerspitzen hatte, und richtete sich auf. Er ging zurück in die Kaserne. Sein Körper pulsierte noch immer vor Adrenalin. In seinem Zimmer tastete er leise nach seinen Stiefeln und Socken. Als er die Tür wieder öffnete und hinaus auf den Flur trat, bewegte Leutnant Casseck sich.

»Wo gehst du hin?«, murmelte sein Freund. »Ich dachte, wir hätten den Vormittag frei.«

Normalerweise fing der Tag mit Gruppenübungen an, aber Alex hatte die Männer die letzten Tage ziemlich gefordert, weil er möglichst früh in der Hauptstadt ankommen wollte, und er fand, sie hatten sich eine Pause verdient. »Laufen«, antwortete er. »Die Sonne geht gleich auf. Beste Zeit dafür.«

»Du Spinner.« Cass setzte sich auf und blinzelte in den durch die Tür fallenden Fackelschein. »Brauchst du Gesellschaft?«

Alex zögerte. Er wollte nicht noch die zehn Minuten warten, bis Cass fertig wäre. »Kommst du die zweite Runde dazu?«

Eine Runde war anderthalb Meilen lang. Cass rieb sich das Gesicht. »Ja. Zweite Runde. Aber warte auch wirklich auf mich.«

»Dann komm nicht zu spät.« Sobald er wieder draußen war, lief Alex los. Als Cass zu ihm stieß, waren alle Spuren des Albtraums und der Angst aus Alex’ Gesicht verschwunden.

Zumindest hoffte er es.

6

Sie hatten vereinbart, dass Sage ihn nach der Andacht vor der Kaserne treffen würde, damit sie einen Ausritt in die Hügel über der Stadt machen konnten. Alex hatte sein zweites Pferd mit nach Tennegol gebracht, um es Sage zu überlassen. Da er wusste, dass sie so ein Geschenk nicht akzeptieren würde, plante er, es so aussehen zu lassen, als würde sie ihm damit einen Gefallen tun, was zumindest teilweise stimmte. Shadow war sein erstes Pferd gewesen, und Alex wollte sie nicht aufgeben, aber das Gewicht eines voll bewaffneten Soldaten war inzwischen etwas zu viel für die Stute. Doch für Sage war sie perfekt.

Sage trug eine Hose und die alte Vogelfangjacke ihres Vaters, als sie draußen vor der Kaserne auf ihn wartete. Sie unterhielt sich mit einem kleinen, schwarzhaarigen Soldaten und ihre Haare glänzten im Sonnenlicht, als sie lachend den Kopf schüttelte. In seinem Traum war sie wütend gewesen, und Alex nahm sich einen Augenblick Zeit, ihre gute Laune auf sich wirken zu lassen und die falsche Erinnerung durch das, was wirklich war, zu ersetzen. Sage blickte von ihrem Gesprächspartner zu ihm und ertappte ihn dabei, wie er sie beobachtete. Der Soldat, mit dem sie geredet hatte, nahm eine stramme Haltung an.

»Lange nicht gesehen, Sir«, sagte Feldwebel Ash Carter und salutierte. Alex gab sich Mühe, auf die Anrede hin nicht die Augen zu verdrehen, und erwiderte die Begrüßung. Ash hätte selbst schon Offizier sein können, doch er hatte darauf verzichtet, um seinen Halbbruder, den Kronprinzen, zu unterstützen. »Wie ist es dir ergangen?«

»Nicht schlecht«, antwortete Alex. »Was führt dich hierher? Ich dachte, du wärst in Mondelea und würdest Rob babysitten.« Als der Konflikt in Tasmet zu riskant wurde, war der Prinz in eine sicherere Region abkommandiert worden. Robert hatte es nicht gut aufgenommen, und Ash war mit ihm gegangen, um ihn zu besänftigen.

»Du weißt doch, wie es ist, wenn etwas Wichtiges von jemand Entbehrlichem erledigt werden muss«, sagte Ash mit selbstironischem Grinsen. Ash war ein Jahr nach dem Tod der ersten Königin geboren worden und damit unehelich, aber er hatte alle Rechten und Pflichten eines Mitglieds des Königshauses. Eigentlich war nur der Kronprinz Alex’ Cousin, aber Alex betrachtete Ash genauso als seinen Cousin wie Robert. Sie hatten die gesamte Pagen- und Knappenausbildung zusammen verbracht. Erst in den letzten Jahren hatten sich ihre Leben auseinanderentwickelt.

Alex und Robert hatten bedeutende Positionen in der Armee, doch Ash bevorzugte es, im Hintergrund zu arbeiten. Dank seiner unauffälligen Wesensart gab er den perfekten Spion ab. Hätte Alex nicht Ash mit der Aufgabe des Spähers betraut und dann für ihn den Hauptinformanten gespielt, wären die Dinge in Tegann wohl sehr anders verlaufen. Zum einen hätte Sage den echten Ash Carter kennengelernt und sich mit ihm angefreundet.

Bei dem Gedanken blickte Alex mit mulmigem Gefühl zu Sage. Sie sah ihn besorgt an und er lächelte, auch wenn das flaue Gefühl in seinem Magen blieb.

»Du bist also auch hergerufen worden?«, fragte Alex seinen Freund in ruhigem Ton und sah ihn vielsagend an.

Ash war so groß wie Sage, und er musste den Kopf in den Nacken legen, um Alex in die Augen zu sehen. »Ja.«

»Weißt du, warum?«

Ash lächelte verschmitzt. »Vielleicht.«

»Würde es dir etwas ausmachen, dein Wissen mit mir zu teilen?«

»Und auf deinen Gesichtsausdruck morgen zu verzichten? Auf keinen Fall.«

Alex verdrehte die Augen. »Ich denke, ich weiß es ohnehin schon.«

»Das glaube ich nicht.« Ash wurde ernst. »Es ist was Großes im Gange.«

Alex blickte wieder zu Sage, deren blasses Gesicht keinerlei Regung zeigte. Sie tat so, als würde sie nicht zuhören. »Ich habe die letzten Monate in Tasmet gekämpft. Meinst du, ich wüsste nicht, wie groß dieser Konflikt ist?«

Ash schüttelte den Kopf. »Nein, Alex, es ist größer.«

»Wie groß?«

»Nichts gegen Sage, aber groß genug, dass ich es dir nicht sagen kann, bis wir sicher im Ratssaal sind.« Ash zwinkerte ihr zu. »Ich lasse euch beide mal allein. Nach morgen wirst du sehr beschäftigt sein.«

Sage blickte Ash mit geschürzten Lippen hinterher. Alex legte ihr einen Arm um die Taille und zog sie an sich. Guter Geist, sie roch gut. Nach Lavendel und Salbei und Sonne.

Sie schaute ihn an. »Ich sehe, du hast dich rasiert.«

Er senkte den Kopf, um sie zu küssen. »Fühl doch mal.«

»Ich habe letzte Nacht von dir geträumt«, flüsterte sie ein paar Sekunden später.

Alex unterdrückte ein Schaudern, als ihm sein eigener Traum wieder einfiel. »Ich hoffe, ich habe mich anständig benommen.«

»Keineswegs.«

Es blieben noch sechshundertvierundvierzig Tage, bis Alex das Alter erreichte, ab dem ein demoranischer Offizier heiraten durfte. Sechshundertvierundvierzig Tage musste er ihr noch widerstehen. Er seufzte. »Lass uns aufbrechen. Es wird in ein paar Stunden regnen.«

Dreißig Minuten später ritten sie den Weg den Hügel hinauf. Alex’ Gedanken schwankten zwischen Ashs kryptischer Bemerkung und einer Frage, die ihn schon seit Monaten plagte. Er sagte kaum etwas, bis sie an der Stelle ankamen, die er im Sinn gehabt hatte, und abstiegen. Während Sage eine Decke ausbreitete und das Essen auspackte, das sie aus der Küche organisiert hatte, band Alex im Schatten die Pferde an. Sage pellte sorgfältig eine Orange, und Alex ließ sich seufzend neben sie fallen und streckte sich. Die unruhige Nacht und der Morgenlauf machten sich langsam bemerkbar.

»Netter Blick, oder?«, fragte er und zeigte auf die Türme und Dächer Tennegols unter ihnen. Dahinter lag das Tenne-Tal, teilweise von Regenwolken bedeckt, die sich langsam auf sie zu bewegten. Nur noch zwei Stunden, dann müssten sie zurück, wenn sie nicht nass werden wollten.

Sage blickte nicht auf. »Verrätst du mir jetzt, was dich beschäftigt?«

»Ich muss nur die ganze Zeit an morgen denken. Ash weiß offenbar etwas über meinen Auftrag, aber er sagt mir nichts.«

»Hmm.« Sie klang nicht besonders überzeugt. »Es ist ein bisschen komisch, mit ihm zu reden, nachdem … du weißt schon.«

Nachdem sie sich in Alex verliebt, aber gedacht hatte, er wäre Ash Carter. Als Alex den Unterwanderungspart gespielt hatte, den normalerweise Ash übernahm, war er sogar so weit gegangen, dass er ihr ausführlich von Ashs Leben erzählt hatte. Allerdings war er in allem anderen so ehrlich wie möglich gewesen. Das mulmige Gefühl kehrte zurück.

Sage ließ die Orange sinken und blickte ihn mit gerunzelter Stirn an. »Ich wusste, dass es etwas damit zu tun hat. Was ist los, Alex?«

Er fragte sich, ob sie ihre Auffassungsgabe durch die Arbeit bei der Kupplerin letztes Jahr gewonnen hatte oder ob sie schon immer so aufmerksam gewesen war. Sie würde nicht lockerlassen, bis sie es aus ihm raushatte. Und wenn er ehrlich war, musste er es auch einfach wissen. »Kann ich dich was fragen?« Er wischte ihr einen Fleck Erde von der Hose, um sie nicht ansehen zu müssen.

Sie legte ihre Hand auf seine. »Natürlich.«

Er holte tief Luft. »Als du herausgefunden hast, wer ich bin … warst du da enttäuscht?«

»Ich war wütend. Oder kannst du dich etwa nicht daran erinnern, wie ich dich geschlagen habe?«

Alex unterdrückte ein Lächeln. »Nein, nicht weil ich gelogen habe. Ich meine, weil ich nicht Ash bin.« Er verschränkte seine Finger mit ihren, schaffte es aber noch immer nicht, sie anzusehen. »Wenn ich er wäre, könnte ich dir das Leben einer Prinzessin geben. Dann könnten wir jetzt schon verheiratet sein.«

»Tja, nun, ich werde mich wohl damit abfinden müssen, den jüngsten und höchstdekorierten Hauptmann der Armee zu heiraten«, neckte sie ihn. »Ich bekomme nur einen Nationalhelden, der mir Briefe schreibt, in denen er verspricht, mir den Mond vom Himmel zu holen, wenn es mich zum Lächeln bringt. Ich Arme.« Als er nicht antwortete, fasste sie ihm mit der Hand, in der sie noch immer die Orange hielt, unters Kinn. Der Blick ihrer grauen Augen wurde ernst. »Ich gebe zu, es ist eine sehr … romantische Vorstellung, von einem Prinzen geliebt zu werden«, sagte sie mit sanfter Stimme. »Wahrscheinlich hat mich das eine Zeit lang gehindert, das Offensichtliche zu sehen. Aber nein, ich war nie enttäuscht.«

»Noch nicht einmal ein bisschen?«

Sie hob eine Augenbraue. »Warst du enttäuscht, als du erfahren hast, dass ich keine adlige Lady bin?«

Endlich lächelte Alex ein bisschen. »Ich war bloß erleichtert, dass du beim Concordium nicht verheiratet werden würdest. Dann erst wurde mir klar, in was für Schwierigkeiten ich da hineingeraten war.«

»Eine Menge Schwierigkeiten.« Sie beugte sich zu ihm herab und gab ihm einen Kuss, dann richtete sie sich wieder auf. »Hast du Hunger?«

Alex nahm ihr die Orange aus der Hand und legte sie zur Seite, bevor er Sage zu sich runterzog. »Nicht im Entferntesten.«

7

Alex ging etwas hinter Sage, als sie zum Palast zurückkehrten, und seine Finger strichen öfter über ihre Hüfte, als der natürliche Schwung seines Arms es hätte vermuten lassen. Es war gut, dass das Wetter sie zum Aufbruch gedrängt hatte. Sonst wären sie jetzt noch immer auf dem Hügel und müssten verzweifelt der Versuchung widerstehen, etwas zu tun, was sie nicht rückgängig machen konnten.

Warum konnte er nicht davon träumen?

Als sie den Hof erreichten, juchzte Sage auf einmal auf und lief über den Kies auf eine junge Frau zu, die gerade aus einem Wagen stieg. Die beiden umarmten einander und tanzten mehrere Sekunden lachend und schnatternd umeinander herum. Sogar in dem schlichten Reisekleid und mit den hellbraunen Locken zu einem einzigen dicken Zopf geflochten war Lady Clare Holloway für Alex leicht zu erkennen.

»Wann bist du in Tennegol angekommen?«, fragte Sage.

»Gerade eben«, sagte Clare und ließ erschöpft die Schultern sinken. »Wir sind die Nacht durchgefahren.« Sie zeigte auf den vornehmen Mann, der ihr vom Wagen geholfen hatte. »Vater wurde vom König gerufen, und er sagte, ich könne mitkommen, um dich zu besuchen.«

Der Mann trat neben sie, und Clare stellte ihn vor. »Vater, dies ist meine Freundin, von der ich Ihnen so viel erzählt habe, Sage Fowler. Sage, dies ist mein zukünftiger Schwiegervater, Botschafter Lord Gramwell.«

Der rotbraune Schnurrbart des Botschafters zuckte amüsiert, als Lord Gramwell Sage die Hand küsste. »Es freut mich, Sie endlich kennenzulernen, meine Liebe. Ihre Erscheinung ist ganz wie erwartet.«

Sages ohnehin schon gerötete Wangen wurden noch dunkler. Während des Ausritts und beim Liegen auf der Decke mit Alex hatte sich ihre Frisur größtenteils aufgelöst. Clare streckte Alex die Hand entgegen. »Hauptmann Quinn, ich wusste gar nicht, dass Sie auch hier sind.«

»Ich bin gestern angekommen, Lady Clare«, antwortete er und führte ihre Hand an seine Lippen.

»Ist … haben Sie … ich meine … ist die ganze Kompanie hier?«, stammelte Clare, als er ihre Hand losließ. Sie wurde knallrot.

Alex grinste. »Ich bin mit Leutnant Casseck und Leutnant Gramwell hier, ja.« Die beiden Offiziere waren eine einfache Wahl gewesen. »Ich sage Gram, dass Sie hier sind.« Er nickte dem Botschafter zu. »Und Sie auch, Sir.«

Lord Gramwell schüttelte Alex die Hand. Sein Sohn war einer von Alex’ Leutnants, seit der Botschafter vor ein paar Jahren in den Ruhestand getreten war und seine Familie zurück nach Demora gebracht hatte. Eines Tages würde der junge Gramwell ebenso als Abgesandter dienen, was mit ein Grund dafür war, dass Lady Clare jetzt bei seinen Eltern lebte und bei ihnen lernte, was die Rolle der Ehefrau eines Diplomaten erforderte.

»Komm«, sagte Sage und zog Clare mit sich zur Eingangstür. »Wir sagen Ihrer Majestät, dass ihr hier seid, und dann kannst du dich erst mal einrichten.«

Alex hatte auch noch ein paar Dinge zu erledigen, daher war es gut, dass Sage jetzt mit ihrer Freundin beschäftigt war. »Sehen wir uns nach dem Essen, Sage?«, fragte er hoffnungsvoll. »Gleicher Ort?«

Sage zögerte, sie wirkte hin- und hergerissen, aber Clare antwortete für sie. »Natürlich. Wir können uns morgen ausführlich unterhalten, wenn ich mich ausgeruht habe.«

Alex dankte ihr, obwohl er bezweifelte, dass Clares Bereitschaft, Sage zu teilen, völlig selbstlos war. Casseck würde auch noch den Großteil von Gramwells Pflichten übernehmen müssen, sobald Gram erfuhr, dass seine Verlobte hier war.

Botschafter Gramwell beugte sich herab und küsste Clare aufs Haupt. »Ich sehe, Sie sind in guten Händen. Ich habe dringende Geschäfte zu erledigen, also entschuldigen Sie mich bitte.« Er nickte Alex zu und blickte ihm einen Moment in die Augen. »Wir sehen uns morgen, Hauptmann.«

Stirnrunzelnd blickte Alex dem Mann hinterher. Erst Ash und jetzt ein Botschafter. Alle schienen mehr zu wissen als er.

8

Am nächsten Morgen wachte Sage später als üblich auf und kämpfte noch mit ihren Haaren, als Clare an die Tür klopfte. »Spät geworden?«, fragte ihre Freundin grinsend. »Du siehst müde aus.«

»Sei bloß still«, sagte Sage. »Ich weiß, dass Luke und du genauso spät noch draußen wart.« Das war geraten, doch als Clare rot wurde, wusste sie, dass es stimmte. Mit der Hilfe ihrer Freundin schaffte Sage es, sich innerhalb von ein paar Minuten die Haare zu flechten und festzustecken. Zusammen gingen sie ins Gemach der Königin und schmiedeten auf dem Weg Pläne für die nächsten Wochen. Clare hatte keine Ahnung, wie lange der Botschafter vorhatte zu bleiben, aber er hatte sich so verhalten, als würde er den ganzen Sommer in Tennegol verbringen.

»Er ist ziemlich früh in Ruhestand gegangen, oder?«, fragte Sage.

Clare nickte. »Mutter war bei schlechter Gesundheit, also ist er ihretwegen nach Mondelea zurückgekehrt. Ich glaube allerdings, er vermisst seine Arbeit. Er hat die Gelegenheit, hier runterzukommen, sofort ergriffen.«

Sage bemerkte, wie verbunden Clare ihren zukünftigen Schwiegereltern bereits war, sie nannte sie Mutter und Vater. Angesichts dessen, wie grausam Clares wirklicher Vater war und dass ihre Mutter nichts unternommen hatte, um ihre Töchter davor zu schützen, aus Habgier an irgendwen verheiratet zu werden, war Sage froh, dass ihre Freundin endlich eine richtige Familie hatte, auch wenn es sechzehn Jahre gedauert hatte, sie zu finden.

Ein Diener führte die beiden zu einem privaten Frühstück ins Esszimmer der Königin. Ihre Majestät saß bereits an dem gemütlichen runden Tisch mit lavendelblauer Tischdecke und Efeu-Teegeschirr. Obwohl sie Clare gestern herzlich begrüßt hatte, war Orianna von ihrer Ankunft leicht überrascht gewesen, und Sage beobachtete Ihre Majestät die ersten Minuten auf Anzeichen hin, dass sie noch immer verstimmt war. Doch die Königin wirkte fröhlich und machte sogar eine spaßige Bemerkung, dass Sage sich an ihrem freien Tag doch ausruhen sollte – und nicht bis in die frühen Morgenstunden durch die Flure schleichen. Anscheinend entging ihr nichts.

Sage war erleichtert, dass Ihre Majestät sie so neckte. Sie hatte schon befürchtet, wegen letzter Nacht gerügt zu werden. Für ihren üblichen Platz im Garten war es zu regnerisch gewesen, und so waren Alex und sie durch die Gänge des Palasts spaziert, Hand in Hand, und hatten in jeder abgeschiedenen Nische, an der sie vorbeikamen – und es gab viele –, ein paar ungestörte Minuten verbracht. So ein Verhalten war für eine königliche Lehrerin sicherlich nicht angemessen. Doch auch wenn es Orianna nicht zu stören schien, hatte Sage nicht vor, das auszunutzen. Sie und Alex würden etwas diskreter sein müssen.

»Ich bin so froh, dass Sie beide hier sind«, sagte die Königin und hielt noch immer Sages und Clares Hände fest, nachdem sie das Tischgebet gesprochen hatten. »Sie müssen mir helfen.«

Sage blickte Clare an. Ihre Freundin sah genauso verwirrt aus, wie sie sich fühlte. »Natürlich, Eure Majestät«, sagte Clare. »Mit allem, was wir können.«

»Gut.« Die Königin ließ ihre Hände los, lehnte sich zurück und nahm ihre Gabel. »Wissen Sie, warum Hauptmann Quinn hier ist, Sage?«

Sage schüttelte den Kopf und stopfte sich eine Gabel Rührei in den Mund, erleichtert, dass die Königin sofort zu essen angefangen hatte. »Ich weiß nur, dass er einen neuen Auftrag hat. Noch nicht einmal er weiß Genaueres.«

Die Königin nickte kurz und blickte mit ihren blaugrünen Augen auf Clare. »Wissen Sie, warum Botschafter Gramwell nach Tennegol gekommen ist?«

»Nein, Eure Majestät. Er hat mir nichts gesagt.«

Oriannas Augen funkelten. »Dann haben wir alle das gleiche Problem. Wir werden bei etwas Wichtigem außen vor gelassen.« Sie deutete auf die Dienerin hinter sich, eine junge Frau, die so gut wie immer an der Seite der Königin war. »Das ist Meadow. Ihr Bruder Bryony dient dem König als Mundschenk.«

Sage wusste, wer Bryony war, die Königin sagte das also hauptsächlich Clare zuliebe. Als königlicher Mundschenk nahm er an allen öffentlichen Aufgaben des Königs teil – wie auch den meisten privaten. Nachdem Sage ihn allerdings eines Morgens auf dem Übungsplatz ertappt hatte, wie er mit bemerkenswerter Genauigkeit Messer warf, vermutete sie, dass der junge Mann in Wirklichkeit der Leibwächter des Königs war. Sie hatte ihn jedoch noch nie sprechen gehört. Es gab Gerüchte, er hätte keine Zunge.

Die Königin fuhr fort: »Schon seit Jahren halten sie mich in Angelegenheiten auf dem Laufenden, bei denen es der König nicht für nötig hält. Auch wenn ich mich selten einmische, finde ich, dass es meine Pflicht ist, informiert zu sein.« Sie machte eine Pause und hob eine wohlgeformte Augenbraue. »Würden Sie gern wissen, was die beiden über die aktuellen Absichten des Königs gehört haben?«

Sage nickte, auch wenn sie erstaunt war, dass die Königin so gelassen zugab, ziemlich private Gespräche des Königs belauschen zu lassen.

»Nichts.«

Sage blinzelte. »Nichts?«

Orianna schüttelte den Kopf. »Nicht ein Wort. Bryony ist von fast allen Terminen und Versammlungen Seiner Majestät ausgeschlossen worden.« Sie beugte sich wieder vor und schien ihr Essen ganz vergessen zu haben. »Botschafter Gramwell dagegen wurde bei seiner Ankunft sofort eingeweiht. Und heute wird Hauptmann Quinn dem Kreis der Eingeweihten hinzugefügt werden.«

Es war offensichtlich, worauf die Königin hinauswollte. »Ihr wünscht also, dass wir durch unsere Beziehungen zu Hauptmann Quinn und Botschafter Gramwell herausfinden, was vor sich geht?«, fragte Sage.

»Ja.«

Sage wusste nicht, wie sie reagieren sollte, aber Clare wirkte entsetzt. Die Königin mochte es ja für nötig halten, den König auszuspionieren, und wenn sie dabei erwischt wurde, würde ihr wahrscheinlich verziehen, Sage und Clare hatten jedoch keine solche Garantie. »Eure Majestät, wo so viele andere ausgeschlossen sind, muss es sich um ein ziemlich gefährliches Geheimnis handeln«, sagte Sage. Genauso gefährlich, wie es wäre, es zu verfolgen, dachte sie.

»Das ist genau der Grund, warum ich wissen muss, was los ist, Sage«, sagte Orianna und kniff den Mund zusammen. Auf einmal sah sie viel älter aus als fünfunddreißig Jahre. »Wenn diese neue Einheit, die er zusammenstellt, erst einmal marschiert, wird Nicholas mit ihnen gehen.«

Prinz Nicholas war vierzehn und trainierte mit den Palastwachen als Knappe, statt mit der Armee, wie seine älteren Halbbrüder es getan hatten. Die Folge war, dass er weniger erfahren war, als die beiden in seinem Alter gewesen waren. Auch was die Allgemeinbildung anging, war er noch längst nicht so weit wie seine Gleichaltrigen, auch wenn Sage vermutete, dass er vielleicht wie Prinzessin Cara war, der das Lernen einfach schwerfiel. Zahlen und Buchstaben schienen ihre Reihenfolge zu ändern, während sie versuchte, sie zu entziffern. Sage hatte selten mit dem Prinzen zu tun und konnte es daher nicht genau sagen, und wenn er tatsächlich dasselbe Problem hatte, dann versteckte er es hinter seiner hochmütigen Art. Auf jeden Fall klang es, als wollte der König, dass Nicholas sich weiterentwickelte.

»Das könnte doch beweisen, dass es nicht gefährlich ist«, sagte Clare. »Wenn er seinen eigenen Sohn mitschicken will.«

Orianna verdrehte die Augen, wofür sie Rose regelmäßig tadelte. »War Raymond jemals dafür bekannt, seine eigenen Söhne vor Gefahr zu bewahren? Robert und Ash haben schon immer an vorderster Front gekämpft.«

»Das stimmt nicht«, platzte Sage heraus. Clare sah sie schockiert an und Sage errötete leicht, weil sie die Königin so kühn korrigiert hatte. Ihre Majestät hatte sie immer ermutigt, ehrlich zu sein, aber hiermit hatte sie vielleicht eine Grenze überschritten. »Robert ist letztes Jahr aus Tasmet zurückgerufen worden.«

»Weil er der Kronprinz ist«, antwortete die Königin. »Er ist jetzt volljährig und wird jeden Tag wertvoller, sowohl wegen der Angelegenheiten, um die er sich kümmert, als auch wegen seiner Nähe zum Thron. Und Nicholas ist vielleicht der Zweite in der Thronfolge, aber für meinen Ehemann war er schon immer nur der dritte Sohn.« Orianna schüttelte den Kopf. »Aber für mich ist er der einzige.«

Sage fand immer noch, dass die Königin überreagierte. »Majestät, wenn Hauptmann Quinn tatsächlich diese Aufgabe übernimmt, kann ich Ihnen versichern, dass es niemanden gibt, der Ihren Sohn besser beschützen kann.«

»Vielleicht, doch das ändert nichts daran, dass ich im Dunkeln gelassen werde.« Orianna ballte die blasse Hand zur Faust. »Können Sie sich vorstellen, wie es ist, von dem Mann, den Sie lieben, belogen zu werden, Sage? Nicht die Wahrheit anvertraut zu bekommen?«

Sage zuckte innerlich zusammen. Sie hatte der Königin nie erzählt, dass Alex sie belogen hatte, was seine Identität und mehr anging, um sowohl Sage als auch Prinz Robert zu schützen. Er hatte ihr die Wahrheit gesagt, sobald es ungefährlich war, und ihr versprochen, sie nie wieder zu täuschen. Aber das war etwas anderes.

Oder?

Ihr Blick wanderte zu Clare, die sie gehalten hatte, als sie weinte, und dann angeboten hatte, Alex bei lebendigem Leibe zu häuten, ihm dann aber doch nur heimlich damit gedroht hatte. Clare schüttelte ganz leicht den Kopf, als wollte sie sagen, dass es nicht vergleichbar war.

»Ich bitte Sie nicht, irgendetwas Illegales oder Trügerisches zu tun«, sagte Orianna. »Ich bitte sie nur, aufmerksam zu sein, Fragen zu stellen und mir zu erzählen, was Sie erfahren. Wollen Sie nicht auch wissen, was vor sich geht?«

Plötzlich wollte Sage es nicht wissen.

Sie musste es wissen.

9

Alex blickte über die Reihen von Soldaten. Er hatte bloß einhundert Männer mitgebracht, doch während er die Morgenübungen angeleitet hatte, waren immer mehr hinzugekommen. Als sie fertig waren, hatten die Reihen sich verdoppelt. Er sah hinauf zur Aussichtsplattform, wo ein einzelner Mann stand und sie beobachtete. Alex erkannte ihn allein an seiner Haltung.

Oberst Traysden war nicht nur der Nachrichtenminister und einer der engsten Berater des Königs, er war Kommandant der Norsaren. Oder besser gesagt, er war es gewesen. Das Bataillon war noch vor Alex’ Geburt aufgelöst worden. Wenige Menschen außerhalb der Armee hatten in über einem Dutzend Jahren überhaupt nur an die Norsaren gedacht, aber der Oberst war ein Freund von Alex’ Vater, und Alex war mit Geschichten über Demoras Elitekampfeinheit aufgewachsen. Das Wort Norsaren kam von dem alten aristelischen Wort Norsar, das einen Raubvogel bezeichnete, der so schnell und verstohlen war, dass die meisten Menschen noch nie einen gesehen hatten. Viele glaubten, dass es ihn gar nicht gab und es sich bloß um einen Mythos handelte. Wenn Traysden die neuen Rekruten beobachtete – alle von ihren Kommandanten sorgfältig ausgewählt –, war nicht schwer zu erraten, warum.

Die Norsaren sollten zurückkehren und Alex Teil von ihnen sein. Er räumte sehr gründlich auf und versuchte, die Zeit bis zu seinem Treffen mit dem König irgendwie auszufüllen. Als es schließlich so weit war und Alex sich auf den Weg zur Haupthalle vor dem Ratssaal machte, bemühte er sich, mit betont gemessenen Schritten zu gehen. Leutnant Casseck und Leutnant Gramwell flankierten ihn. Als sie die Doppeltür zum Ratssaal erreichten, ließen die beiden ihm den Vortritt, obwohl die Türöffnung weit genug war, dass sie alle drei gleichzeitig hindurchgepasst hätten. Wie bei Ash störte ihn diese Ehrerbietung, aber wenn sie unter anderen Leuten waren, zeigten seine Freunde so nun einmal ihren Respekt vor seinem Rang.

Hinter dem langen Tisch ging ein weiterer Leutnant auf und ab. Alex kannte ihn vom morgendlichen Exerzieren. Der Mann hatte sich für seine eher schmale Statur ziemlich gut gemacht. Alex wusste seinen Namen nicht, also ging er auf ihn zu, um sich vorzustellen. Als Alex sich ihm näherte und der Leutnant ihn erkannte, riss der Mann die blauen Augen auf und wollte schon salutieren, doch Alex kam ihm zuvor und streckte ihm die Hand entgegen. »Hauptmann Alex Quinn.«