Lieben - Tomas Espedal - E-Book

Lieben E-Book

Tomas Espedal

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Beschreibung

Das neue Buch von Tomas Espedal: ein intensiver Roman über das Leben, die Liebe und den guten Tod. "Lieben" bildet den Abschluss von Tomas Espedals auf zehn Bände angelegtem autobiografischem Projekt. Auch Jahre nach der in "Wider die Natur" geschilderten Trennung von seiner Geliebten ist es dem Ich-Erzähler nicht möglich, ein glückliches Leben zu führen. Er beschließt, sich auf das zu freuen, was ihm noch bleibt: den guten Tod. Die Frage danach, wie, wo und wann dieses Sterben stattfinden soll, nimmt ihn immer mehr in Beschlag. Gerade auf dem Weg zu seinem Selbstmord, stellt er fest, dass er nicht als jemand in Erinnerung bleiben will, der seinen Rasen nicht mäht. Kurzerhand gibt er sich noch genau ein Jahr zu leben. Und obwohl er sicher war, er hätte schon alles erlebt, gesehen, gefühlt, gewonnen und verloren, merkt er bald, dass dieses Jahr sein intensivstes werden wird. Als er sich nach einer Reise mit Freunden allein auf den Rückweg machen möchte, schließt sich ihm unverhofft jemand an … Verfasst in einer kunstvollen Variation der Ich-Perspektive, zieht Espedals "Lieben" die Bilanz eines wilden und poetischen Lebens, das nach zahlreichen Entbehrungen immer dann mit den glücklichsten Wendungen aufwartet, wenn es schon längst keine Hoffnung mehr gibt.

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TOMAS ESPEDAL

LIEBEN

Aus dem Norwegischen vonHinrich Schmidt-Henkel

Inhalt

Gott ist der Tod in Gestalt des Liebenden

Gott ist der Tod in Gestalt des Liebenden.

Pierre Jean Jouve

Ich sucht nach einem Ort zum Sterben. Er fällt hin, steht auf, klopft sich den Schmutz von der Kleidung, blickt zu den Bäumen hinauf; grüne Blätter und Nadeln, Kiefern und Fichten zwischen Birken und Eschen, an manchen Stellen Espen; herzförmige, flügelförmige Blätter, als ob die Bäume, die harten, hochgewachsenen einsamen Baumstämme nach natürlichen Formen suchten, die sie nachahmen oder annehmen können, wie wenn ein Eichhörnchen von Zweig zu Zweig hüpft oder ein Vogel sich auf einem Gipfel niederlässt und aus vollem Halse singt: Morgenlicht!

Jedes einzelne Laubblatt ist einzigartig. Und zugleich auch nicht, die Blätter wachsen durcheinander und umhüllen den Baum wie ein ganzheitlicher Gedanke: Wir sind der Baum. Der Baum ist wir. Wir sind Frühling, Sommer und Herbst. Im Winter sind wir nicht da, dann liegen wir unter der Erde. Tot und überwuchert. Im Winter befinden wir uns in Auflösung. Im Winter sterben wir. Ich flucht. Er ist feucht von Erde und Schlamm. Einzig und allein die Vögel beobachten ihn und geben ihn als Klatsch weiter, von Ast zu Ast und weiter auf Flügeln und per sogenannten Gesang bis an ferne Orte. Ferne Orte sind nicht immer entfernt genug. Aber sie versteht nichts vom Klatschgesang der Vögel. Oder etwa doch? Wird sie von seinem Fall hören? Ich singt. Er ist fröhlich beim Gedanken an seinen baldigen Tod. Aber wo soll er sterben? Im Wald oder am Meer? In den Bergen? Oder drinnen am Stadtrand? Auf einem Parkplatz? Es gilt, den passenden Ort zu finden. Eine Waldeslichtung, von einem Fluss durchzogen. Nein. Das ist nicht der passende Ort. Vielleicht ein Garten. Apfelbäume, Himbeersträucher. Rosen. Jasmin- und Weißdornhecken, ein Bach und ein Abhang, ein Wasserfall und abermals Vögel, immer Vögel, immer Unruhe. Immer Gerüchte und Gewäsch. Selten Stille. Ich sucht Stille. Einen stillen Ort. Zu Hause? Ein Bett. Im Bett, mit Schlaftabletten. Ein langer Schlaf soll es sein. Ein guter Schlaf. Schläfst du? Nein. Ich schläft nicht. Er ist wach und träumt. Schon allein das, auf dem Rücken liegen, auf Kiefernnadeln oder im Bett, und träumen! Zu leben, zu träumen, das ist dasselbe. Er hat sein ganzes Leben zum Träumen verwendet. Auch im Gehen. Auch im Stehen. Und da, mitten im Traum, wie eine Fliege im Spinnennetz, war Leben. Blankes, bloßes, glänzendes Leben. Hartes Leben, durchsichtig, wie ein Fliegenflügel, schlagend, an einem pulsierenden Fliegenkörper, der bald von einem kleinen schwarzen Tier gefressen würde. Der Tod. Er kann so schön sein. Auch das Leben ist schön. Wenn Leben und Tod in einer Notwendigkeit zusammenfallen, ist das ein Augenblick von natürlicher Schönheit. Man muss diese Schönheit selbst schaffen. Man muss sich dieser Natürlichkeit unterordnen, man muss sie wählen, wie wenn wir uns im Bett zudecken oder von einer Brücke springen. Man schläft ein, oder man geht unter, das ist natürlich. So denkt Ich, während er auf das Meer zugeht, auf die Bucht unweit seiner Wohnung; hinab durch den sogenannten Vorgarten, dann öffnen sich Gesträuch und Unterholz auf ein ebeneres, härteres Gelände, das Gras weicht glatten Felsen und Ufersteinen, Blau.

Ich geht zum Wasser. Er zieht sich aus, faltet seine Kleidung sorgsam zu einem Stapel. Wie schön sie sind, seine Kleider. Das Hemd, die Hose, die Schuhe. Dreckig. Voller Leben sind sie, seine Kleider. Wie sie am Wasser liegen und atmen. Ich schwimmt. Er greift mit Armen und Beinen aus; faltet Arme und Beine zusammen, zurück, an den Körper. Geht nicht unter. Wird schneller. Reckt Arme und Beine. Atmet ein und aus. Wasser schlucken? Hier untergehen? Ich geht unter. Er schwimmt unter Wasser weiter. Schwarz. Nein. Nicht hier. Weder schmutzig noch sauber genug. Nicht blau genug. Weißt du noch? Ich weiß noch. Er erinnert sich an das blaue Meer bei Kaş. An der Spitze der Türkei. Sie und er im Urlaub. Dort. Am Strand. In der Sonne. Der Wärme. Die Schweißtropfen unter ihren Augen. Jetzt isst sie eine Aprikose. Später, am Abend, im Licht der Lampions, eine Apfelsine. Ein langer Schnitt mit dem Obstmesser, und dann riss sie die Orangenschale mit einem einzigen Orangenschalenabriss ab. Fast gewalttätig. Wie hast du das gemacht, wie hast du das geschafft? Das ist keine Kunst, ich esse Obst, es ist natürlich. Sie war natürlich. Wo hatte sie das her? Hatte sie keine Eltern? War sie aus jemandes Stirn entsprungen, voll angekleidet? All diese Kleider. Er zog sie aus und an. Der Geruch des Ankleidens. Der Geruch des Auskleidens. Ihr Geruch. Man kann sich in einen Geruch verlieben. Man kann von einem Geruch abhängig werden. Er setzt sich in ihren Kleidern fest und allmählich auch in den Dingen, den Möbeln, den Gardinen und Teppichen, der Geruch breitet sich in den Räumen aus, bald erfüllt er das ganze Haus. Das Haus riecht gut. Es riecht nach Liebe. Nicht lange, und der Geruch hat sich auch in dir festgesetzt. Er gehört zu dir. Du riechst nach ihr. Du riechst nach einer Mischung von dir selbst und ihr, das ist der Liebesgeruch. Ihre Achselhöhlen, dein Geschlechtsteil, dein Schweiß, ihr Blut, alles mischt sich. Dein Leib und ihrer. Zu einem Gemeinschaftsgeruch. Wie soll man ohne sie leben? Wie soll man leben? Wie soll man ohne Liebe leben? So denkt Ich, der in dem kalten Wasser schwimmt. Wasser und Erinnerungen wegschieben. Untergehen, aufsteigen, Wasser schlucken. Der Geschmack von Salz. Der Geschmack von Tod. Nein. Das ist der Geschmack von Leben. Ich schwimmt an Land. Auf allen Vieren kriecht er aus dem Wasser und spürt die Wärme der Uferfelsen und der Sonne. Ich legt sich auf dem glatten Felsen auf den Bauch und befühlt den heißen Stein mit kalten, offenen Händen, er spürt, wie er durchwärmt wird, er hat eine kräftige Erektion.

Ich hat versucht, allein zu leben. Er ist gereist, hat Städte und Länder besucht. Er hat in Restaurants gegessen und in Bars getrunken. Er hat die Langeweile kennengelernt. Er hat Freundschaften gesucht. Er hat Liebesverhältnisse gehabt, das, was Susa kleine Lieben nannte. Wir erleben, wenn wir Glück haben, eine große Liebe, und außerdem ein paar kleine Lieben, sagte Susa, auf dem Barhocker sitzend. Hohe Absätze, lange Strümpfe, ein knöchellanger Mantel, alles an ihr war langgestreckt, und um das noch zu verstärken, trug sie einen Hut. Susa hatte dreiundsechzig Männer kennengelernt. Sie hatte die Namen auf eine Liste geschrieben. Hinter den Namen, nach einem Semikolon, hatte sie die ungefähre Länge ihrer erigierten Penisse vermerkt. Dazu einige Eigenschaften, wie: Liebenswürdig. Gutgläubig. Unintelligent. Bösartig. Eifersüchtig. Lustig. Redselig. Solche Sachen. Susa hatte Bücher geschrieben. Sie war weise, man hätte sie als eine weise Frau bezeichnen sollen, aber Frauen sind dumm, sagte Susa, es ist unsere Aufgabe, die Dummheit zu behüten. Ich schere mich nicht mehr um Geschlecht oder Alter, sagte sie, das sind Konstrukte, manchmal bin ich ein neunzehnjähriger Mann, aber gerade jetzt bin ich eine Frau und dreiundsiebzig. Du solltest dir die kleinen Lieben nicht versagen, sagte sie. Ich habe immer zölibatär gelebt. Das waren die besten Jahre. Ohne Männer. Ohne Frauen. Ohne sexuelle Verhältnisse, das lässt die Sexualität weiter werden, höher, irgendwann liebt man Bäume und Vögel, Wolken und Blumen, Kinder und ältere Menschen, man liebt das Leben. Das Wichtigste, das ich erlebt habe: Wenn man mehrere Menschen liebt, wenn das Begehren sich nicht an einen bestimmten Menschen heftet, den man besitzen will und von dem man besessen werden möchte, dann sitzt man eines Tages zwischen Freunden oder Fremden und denkt, ich liebe sie alle. Ich liebe die Gemeinschaft. Ich liebe die Menschen. Im Guten wie im Bösen. Ich habe einen Kannibalen kennengelernt. Er hatte seine Geliebte gegessen. Das war in Paris. Montaigne meinte, der Kannibale ist zivilisiert. Er tötet nicht mehr, als er verzehren kann. In unserer sogenannten Zivilisation bringen wir Hunderttausende um. Menschen und Tiere. Ja. Ich bin Borges begegnet. Ich wollte mich für ihn schön machen. Eine Freundin, es war in Buenos Aires, sagte: Was putzt du dich heraus? Borges ist blind. Ich zog meine schönsten Sachen an. Ohrringe und Hut. Schminkte mich. Dazu ein Seidenschal. Etwas Parfum. Besonderen Schmuck. Als ich in sein Arbeitszimmer eingelassen wurde, von seiner Mutter, er saß im Halbdunkeln hinter seinem Schreibtisch, sagte Borges: Wie schön Sie angezogen sind.

Auch Ich hat sich herausgeputzt. Er will nicht nachlässig gekleidet sterben. Er ist früh aufgestanden, hat sich geduscht und rasiert und seinen besten Anzug gewählt; dunkle Hose und Jacke, ein weißes Hemd, dunkle Krawatte, er hat sich gekleidet wie zu einer Beerdigung, seiner eigenen, wie wenn er sich selbst bei ihr sehen könnte, in einer vollbesetzten Kapelle. Vor gerade zwei Wochen ist er bei einer Beerdigung gewesen; es war ungefähr, wie er es sich für sich selbst wünschen würde: Familie und Freunde, etliche Bekannte, einige waren angereist. Er kam zusammen mit Aka, viel zu spät, sie hatten nachts getrunken und sich geliebt und dann verschlafen, hatten ein Taxi gerufen, sich in aller Hast angezogen und waren zu der bereits vollbesetzten Kapelle gefahren, wo sie vor aller Augen durch den Mittelgang gehen mussten, wie ein dunkel gekleidetes, missratenes Brautpaar, erst in der zweiten Bank von vorn war Platz, hinter der trauernden Familie.

Zwei gute Reden wurden gehalten, es wurde laut geweint, auch Aka weinte, obwohl sie den Verstorbenen nicht gekannt hatte. Klavier wurde gespielt, etwas Grieg, etwas Bach; Ich fiel eine Zeile aus einer Kantate ein: Ich freue mich auf meinen Tod. Ich nahm Akas Hand, sie saßen händchenhaltend in der Kapelle, war es ein Anfang oder ein Ende? Warum weinst du nicht?, flüsterte Aka. Ich weinte nicht auf Beerdigungen, er wusste nicht warum, vielleicht hatte er ein allzu nahes Verhältnis zum Tod, er fand es nicht unbedingt traurig, wenn jemand starb. Jedenfalls nicht, wenn der Verstorbene wirklich gelebt hatte. Karel war ein Jahr jünger als er und hatte ein starkes Leben gehabt, ein erfülltes Leben, das wusste Ich, er war mit Karel befreundet gewesen. Dass der Tod gut sein könnte, war denkbar und durchaus möglich. Es war eine christliche Beerdigung, und im christlichen Glauben ist der Tod besser als das Leben. Genau das betonte der Geistliche: Der Verstorbene war heimgekehrt. Karel, der die meiste Zeit seines Lebens herumgezogen oder auf Reisen gewesen war, auf mancherlei Weise ein freiwillig Heimatloser, war jetzt heimgekehrt. An einen guten Ort. Einen verlässlichen Ort. Er war, hoffentlich, zur Ruhe gekommen.

Karel wurde in einem weißen Sarg aus der Kapelle getragen. Der Sarg war schwer. Karel war hoch gewachsen, er wog sicher neunzig Kilo. Zwei von den Sargträgern mühten sich bereits an der ersten Steigung auf dem Weg zum Grab. Die Träger hatten Probleme mit dem Tragen, und als sie um eine Ecke bogen und die nächste Steigung in Angriff nahmen, entglitt ihnen der Sarg; er krachte auf den Asphalt und stürzte um, der Deckel löste sich, und heraus rollte Karel, er warf sich geradezu aus dem Sarg. Erst nach zwei Umdrehungen blieb er auf dem Rücken liegen, höchst lebendig scheinbar, oder schlafend, ganz und gar er selbst, so, wie man ihn so viele Male auf einem Sofa hatte schlafen sehen. Ein Schrei ging durch die Trauergemeinde, die Leute waren wie gelähmt, entsetzt, dass der Tote so lebensnah wirkte. Er war er selbst, nur blasser und etwas dünner, er trug, was er sonst auch immer trug. Leicht vorstellbar, dass er aufstand und sich die Kleidung abklopfte, wie er es einmal getan hatte, als er bei einer Prügelei liegen geblieben war, um sich dann herumzurollen, aufzustehen und nach einer Zigarette zu verlangen. Jetzt aber konnten alle sehen, dass Karel tot war. Er lag auf dem Rücken, mitten auf dem Weg, und beim Anblick dieses Liegenden wurde allen klar, dass Karel wirklich tot war. Man sah den Tod. Man verstand, was der Tod war, er war brutal, er war die vollständige Abwesenheit von Leben. Man begriff, Karel würde nie wieder aufstehen, auch nicht im Jenseits. Karels Brüder und Neffen stürzten hinzu und hoben die Leiche zurück in den Sarg. Neue, stärkere Träger hoben den Sarg an und setzten ihn quer über dem rechteckigen Loch im Boden ab, dort, wo hernach die Trauerkränze hingelegt wurden. Dann ließen sie ihn an Seilen in die Erde hinab.

An dem Tag, als Ich sein Heim verließ, schien die Sonne, es war ein schöner Tag. Ich aß ein gutes Frühstück, Toastbrot und Eier. Eine Tasse Kaffee. Dann zog er sich den Mantel über, schnürte seine schwarzen Wanderstiefel, knotete sie fest zu und ging, er gedachte nicht zurückzukommen.

Wie seltsam, die eigene Tür zum letzten Mal zu schließen. Die Tür schließen. Solltest du abschließen, nein, du lässt die Tür offen. Wie immer. Wie nie wieder. In diesem Haus sind all deine Dinge, die Stühle, die du so magst, die Lampen, Bücherregale, Bücher. All diese Bücher, die in dir wohnen. All diese Worte und Sätze, Namen und Orte, die in dir wohnen. Auch die Möbel und Dinge wohnen in dir; manche Möbel hast du von deinen Eltern und Großeltern geerbt, manche Dinge hast du von Geliebten und Freunden geschenkt bekommen, du willst sie mitnehmen, wohin du gehst. Die Dinge wird man wegwerfen oder verkaufen, die Möbel werden ausgeräumt, das Haus wird leer stehen. Ein leeres Haus. Bevor es wieder gefüllt wird. Dein Zuhause wird zerstört sein, ebenso wie du selbst. Du wirst ebenso verschwunden sein wie die Möbel und die Dinge und dein Zuhause. Das ist natürlich. Du wirst verschwunden sein wie alles, was du liebst, so, wie alle, die du liebst, verschwinden werden. Dein ganzes Leben lang, seit deiner Kindheit, hast du den Gedanken gemocht, du könntest verschwinden. Das war deine Freiheit, dein Geheimnis, deine Eigenart: zu verschwinden. Du konntest vor den Augen von Mutter und Vater verschwinden, aus einer Kindergesellschaft oder einem Klassenzimmer und da, direkt neben deiner Liebsten, sie hielt dich an der Hand, aber du warst nicht da. Wo warst du dann? Du warst weg. Wo warst du dann? Du warst weg, an einem Ort, der nur aus Abwesenheit besteht, einem Weg-Ort, du warst im Tod. Schon früher warst du im Tod. Das war ein guter Ort. Von ihm kamst du her, zu ihm musstest du zurück, das war der Ort, der dich dein ganzes Leben lang begleitete und an dem du Zuflucht suchen konntest, wann auch immer. Das war dein Ort. Das Ungewisse. Dieser andere Ort.

Dorthin wollte Ich jetzt, heute.

Als Ich gerade die Tür schloss, hörte er eine