Liebste Freundin! - Jane Austen - E-Book

Liebste Freundin! E-Book

Jane Austen.

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Beschreibung

Ein Großereignis für alle Jane-Austen-Fans: der erste umfassende Briefband in einer bezaubernden Geschenkedition zum 250. Geburtstag der Autorin

Deutschlandpremiere: Erstmals alle Austen-Briefe auf Deutsch!

Jane beim Federballspielen, Jane in der Theaterloge, Jane am Kartentisch. Jane als Spaziergängerin, Jane als Tänzerin, Jane als Lesende und Schreibende. Jane, die Heitere, Jane, die Nachdenkliche, Jane, die Spitzfindige … In diesem Briefband finden sich unzählige Facetten einer genialen Erzählerin, der hier auf Erden nur gut vierzig Jahre beschieden waren. Sie haben ihr gereicht, um unsterblich zu werden.

Nicht nur Romanklassiker wie «Stolz und Vorurteil», «Northanger Abbey», «Emma» oder «Vernunft und Gefühl» hat uns Jane Austen hinterlassen, sondern auch ein faszinierendes Zeit- und Selbstporträt in gut 150 Briefen, geschrieben zwischen 1796 und 1817 – einen unermesslichen Schatz für alle, die die Autorin lieben, ihren feinen Witz, ihre Schlagfertigkeit, ihren Sinn für Dramaturgie und Zuspitzung.

Jane Austen schreibt «charmant, entwaffnend, ehrlich und gnadenlos heiter», so Adriana Altaras im Nachwort. Ihre private Konversation sprüht nur so vor Geist, Lebhaftigkeit und Augenzwinkern bei der Beurteilung der englischen Gesellschaft, vor allem ihrer männlichen Prachtexemplare – bzw. jener, die sich dafür halten. Die Irrungen und Wirrungen des Matchmakings, raffinierte Berechnung, fatale Einbildung und deren Folgen werden von der Briefeschreiberin ebenso freudig aufs Korn genommen wie von der Romanautorin.

Diese kommentierte Gesamtausgabe, übersetzt von der meisterlichen Andrea Ott, lässt Menschliches, Allzumenschliches aufblitzen und zeigt uns die Autorin von ihrer privaten Seite. Die Zugewandtheit ihren Geschwistern und Verwandten gegenüber berührt, ihre wohltemperierte Liebenswürdigkeit bezaubert. Zuweilen streut sie Gelegenheitsgedichte in ihre brieflichen Ergüsse ein, und mitunter geht der Übermut mit ihr durch, etwa, wenn sie sich den Scherz erlaubt, alle Wörter in umgekehrter Buchstabenreihenfolge zu notieren. All diese Besonderheiten gibt Andrea Otts Neuübersetzung subtil und originalgetreu wieder.

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Seitenzahl: 914

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Deutschlandpremiere: Erstmals alle Austen-Briefe auf Deutsch!

Jane beim Federballspielen, Jane in der Theaterloge, Jane auf dem Esel reitend. Jane als Spaziergängerin, Jane als Klatschtante, Jane als Lesende und Schreibende. Jane, die Liebevolle, die Nachdenkliche, die Boshafte … In diesem Briefband finden sich unzählige Facetten einer genialen Erzählerin.

Jane Austen schreibt »charmant, entwaffnend, ehrlich und gnadenlos heiter«, so Adriana Altaras im Nachwort. Ihre private Konversation sprüht nur so vor Geist, Lebhaftigkeit und Augenzwinkern bei der Beurteilung der englischen Gesellschaft, vor allem ihrer männlichen Prachtexemplare. Die Irrungen und Wirrungen des Matchmakings, raffinierte Berechnung, fatale Einbildung und deren Folgen werden von der Briefeschreiberin ebenso freudig aufs Korn genommen wie von der Romanautorin.

Diese kommentierte Gesamtausgabe, übersetzt von der meisterlichen Andrea Ott, lässt Menschliches, Allzumenschliches aufblitzen und zeigt uns die Autorin von ihrer privaten Seite. Die Zugewandtheit ihren Geschwistern und Verwandten gegenüber berührt, ihre wohltemperierte Liebenswürdigkeit bezaubert. Zuweilen streut sie Gelegenheitsgedichte in ihre brieflichen Ergüsse ein, und mitunter geht der Übermut mit ihr durch, etwa, wenn sie sich den Scherz erlaubt, alle Wörter in umgekehrter Buchstabenreihenfolge zu notieren. All diese Besonderheiten gibt Andrea Otts Neuübersetzung subtil und originalgetreu wieder.

Nicht nur Romanklassiker wie »Stolz und Vorurteil«, »Northanger Abbey«, »Emma« oder »Vernunft und Gefühl« hat uns Jane Austen hinterlassen, sondern auch ein faszinierendes Zeit- und Selbstporträt in gut 150 Briefen, geschrieben zwischen 1796 und 1817 – einen unermesslichen Schatz für alle, die die Autorin lieben, ihren feinen Witz, ihre Schlagfertigkeit, ihren Sinn für Dramaturgie und Zuspitzung.

Jane Austen

Liebste Freundin!

Sämtliche Briefe

Aus dem Englischen übersetzt von Andrea Ott

Kommentiert von Beatrix Hesse und Horst Lauinger

Nachwort von Adriana Altaras

Mit Personenglossar, einer Leseliste Jane Austens und einer Landkarte ihrer Lebensorte

MANESSE VERLAG

1796

GEBOREN

Am 24. Dezember kommt in Morges (Waadt) Cecilia Francisca Josefa Böhl de Faber y Ruiz de Larrea zur Welt, die unter dem männlichen Pseudonym Fernán Caballero als Schöpferin des modernen realistischen Romans in Spanien gilt.

GESTORBEN

Am 6. Mai stirbt der Schriftsteller und Aufklärer Adolph Freiherr Knigge und wird im Bremer Dom beigesetzt.

HOCHZEIT DES JAHRES

Am 9. März heiratet Napoleon Bonaparte Joséphine de Beauharnais, Witwe des hingerichteten Generals Alexandre de Beauharnais.

WERK DES JAHRES

Ludwig van Beethoven widmet seine Klaviersonaten Nr. 1 bis 3 seinem Lehrer Joseph Haydn.

1. AN CASSANDRA AUSTEN

Von Steventon nach Kintbury

Samstag, 9. – Sonntag, 10. Januar 1796

Steventon, Samstag, 9. Januar

Erst einmal hoffe ich, dass Du noch weitere dreiundzwanzig Jahre lebst. Gestern hatte Mr Tom Lefroy Geburtstag, ihr seid also fast gleich alt.1 Nach dieser unerlässlichen Einleitung setze ich Dich nunmehr davon in Kenntnis, dass wir gestern Abend auf einem ausnehmend schönen Ball2 waren und ich tief enttäuscht war, weil Charles Fowle sich nicht blicken ließ, dabei hatte ich vorher gehört, er sei eingeladen. Zusätzlich zu unserem Grüppchen auf dem Ball bei den Harwoods kamen noch die Grants, die St Johns, Lady Rivers, ihre drei Töchter und ein Sohn, Mr und Miss Heathcote, Mrs Lefevre, zwei Mr Watkins, Mr J. Portal, Miss Deanes und zwei Miss Ledgers, begleitet von einem großen Geistlichen, dessen Namen Mary nie erraten hätte. Wir waren so schrecklich nett, James3 in unserer Kutsche mitzunehmen, obwohl wir schon zu dritt waren, aber er verdient wirklich jegliche Ermutigung, weil sich seine Tanzkünste in letzter Zeit beträchtlich verbessert haben. Miss Heathcote ist hübsch, aber nicht annähernd so schön, wie ich erwartet habe. Mr Heathcote begann mit Elizabeth und tanzte später noch einmal mit ihr; aber die beiden haben wirklich nicht die geringste Ahnung, wie man Aufsehen erregt. Ich hingegen bilde mir ein, dass sie aus den drei Lektionen, die ich ihnen anschließend erteilt habe, einigen Nutzen ziehen werden. Du hast mich in dem freundlichen langen Brief, den ich soeben von Dir erhalten habe, dermaßen gescholten, dass ich mich fast scheue, Dir zu schildern, wie wir uns benommen haben, mein irischer Freund4 und ich. Stell Dir einfach das denkbar verworfenste, schockierendste Verhalten beim Tanzen und Zusammensitzen vor. Jetzt kann ich mich allerdings nur noch ein einziges Mal zum Gespött machen, weil er bald nach dem nächsten Freitag, an dem immerhin noch ein Ball in Ashe stattfinden soll, das Land verlässt. Er ist wirklich ein echter Gentleman und ein sehr gutaussehender, angenehmer junger Mann. Aber von irgendwelchen Begegnungen (außer auf den letzten drei Bällen) gibt es nicht viel zu erzählen, denn in Ashe macht man sich meinetwegen dermaßen lustig über ihn, dass es ihm peinlich ist, nach Steventon zu kommen, und als wir Mrs Lefroy vor ein paar Tagen besuchten, lief er davon. Warren haben wir auf dem Heimweg gestern Abend in Dean Gate abgesetzt, und jetzt ist er unterwegs nach London. Er hinterließ Dir liebe Grüße etc., die überreiche ich Dir, wenn wir uns wiedersehen. Auf dem Weg zu seiner Magisterprüfung macht Henry heute in Harden Station. Diese beiden höchst liebenswürdigen jungen Männer werden uns außerordentlich fehlen, nichts wird uns darüber hinwegtrösten – bis zur Ankunft der Coopers am Dienstag. Da sie bis nächsten Montag bleiben, geht Caroline vielleicht mit mir auf den Ball in Ashe, aber wahrscheinlich nicht. Gestern Abend habe ich zweimal mit Warren getanzt und einmal mit Mr Charles Watkins, und zu meinem unaussprechlichen Erstaunen bin ich John Lyford erfolgreich entkommen. Das war allerdings ein harter Kampf. Es gab sehr gutes Essen, und das Glashaus war äußerst geschmackvoll illuminiert. Gestern bekamen wir Besuch von Mr Benjamin Portal, dem Mann mit den unverändert schönen Augen. Alle erwarten höchst ungeduldig Deine Rückkehr, aber ich bin froh, dass ich niemandem falsche Hoffnungen gemacht habe, denn zum Ball in Ashe kannst Du ja noch nicht heimkommen. James hat gestern Abend voller Elan sowohl mit Alethea getanzt als auch den Truthahn zerlegt. Du schreibst nichts bezüglich der Seidenstrümpfe; ich schließe daraus erleichtert, dass Charles5 keine gekauft hat, denn ich kann sie mir eigentlich nicht leisten, all mein Geld ist in weiße Handschuhe und rosa Futterseide geflossen. Ich wollte, Charles wäre in Manydown gewesen, dann hätte er Dir meinen Freund beschreiben können, denn Du brennst bestimmt darauf, etwas über ihn zu erfahren. Henry will immer noch unbedingt zum Militär, und da es mit seinem Vorhaben, sich einen Adjutantenposten beim Regiment von Oxfordshire zu kaufen, nichts geworden ist, hat er sich jetzt in den Kopf gesetzt, einen Leutnants- und Adjutantenposten in dem neugebildeten 86. Regiment zu bekommen, von dem er glaubt, dass es ans Kap der Guten Hoffnung geschickt wird. Ich hoffe aus ganzem Herzen, dass er in seinen Erwartungen auch diesmal enttäuscht wird. Wir haben sämtliche alten Papierhüte6 aus Mamas Produktion aufgeputzt und verschenkt, ich hoffe, Du trauerst dem Deinen nicht nach. Nachdem ich Obiges geschrieben habe, erhielten wir Besuch von Mr Tom Lefroy und seinem Vetter George. Letzterer ist mittlerweile wirklich recht artig7, und was den anderen betrifft, so hat er nur einen einzigen Fehler, der mit der Zeit sicherlich vergeht – dass nämlich sein Morgenanzug um einiges zu hell ist. Er ist ein großer Bewunderer von Tom Jones8 und trägt vermutlich aus diesem Grund Kleidung von derselben Farbe, die dieser trug, als er verwundet wurde. Sonntag. – Wenn Du erst am 19. heimkommst, bringst Du es fertig, die Coopers haarscharf zu verpassen, und genau darauf bist Du wahrscheinlich aus. Wir haben schon eine Weile nichts von Charles9 gehört. Man sollte annehmen, dass sie inzwischen Segel gesetzt haben, der Wind steht ja günstig. Einen komischen Namen hat Tom10 sich für sein Schiff ausgesucht! Aber was Namen anbelangt, hat er keinen guten Geschmack, das wissen wir ja, und ich nehme an, er hat es selbst getauft. Es tut mir leid, dass die Beaches ihr kleines Mädchen verloren haben, vor allem, weil es das ist, das mir so ähnlich sah. Ich habe Miss Murden zu ihrem Verlust kondoliert und Eliza zu ihrem Gewinn und bin stets die Deine, J. A.

An Miss Austen

bei Rev. Mr Fowle

Kintbury

Newbury

[Hier fehlt ein Brief vom Dienstag, 12. oder Mittwoch, 13. Januar 1796.]11

2. AN CASSANDRA AUSTEN

Von Steventon nach Kintbury

Donnerstag, 14. – Freitag, 15. Januar 1796

Steventon, Donnerstag

Soeben habe ich Deinen & Marys Brief erhalten, & ich danke euch beiden, obwohl der Inhalt erfreulicher sein könnte. Am Dienstag rechne ich gar nicht mehr mit euch, da sich die Umstände so unerquicklich entwickelt haben, & wenn ihr erst nach diesem Tag zurückkehren könnt, wird es uns kaum möglich sein, euch vor Samstag abholen zu lassen. Ich für mein Teil mache mir allerdings so wenig aus dem Ball, dass es für mich kein Opfer wäre, darauf zu verzichten, wenn ich Dich dafür zwei Tage früher zu sehen bekäme. Es tut uns außerordentlich leid, dass die arme Eliza krank ist, doch ich hoffe zuversichtlich, dass sie sich weiter erholt hat, seit Du geschrieben hast, & dass ihr alle die Krankenpflege unbeschadet übersteht. Was für ein Nichtsnutz ist doch dieser Charles, dass er die Strümpfe bestellt hat – hoffentlich bereitet ihm das für den Rest seines Lebens Gewissensbisse! – Ich habe Dir gestern einen Brief nach Ibthorp geschickt, den Du wahrscheinlich in Kintbury nicht mehr bekommst. Er war nicht sehr lang und nicht sehr geistreich, deshalb ist es nicht von Bedeutung, wenn Du ihn gar nicht erhältst. Ich habe Dir darin hauptsächlich mitgeteilt, dass die Coopers eingetroffen und bei guter Gesundheit sind – der kleine Junge hat große Ähnlichkeit mit Dr. Cooper, & das kleine Mädchen soll Jane ähneln, sagen sie. Unsere Runde für Ashe morgen Abend besteht aus Edward Cooper, James (denn ohne ihn ist ein Ball kein Ball), Buller, der jetzt bei uns wohnt, & aus mir – ich freue mich schon und bin sehr gespannt, denn eigentlich rechne ich damit, im Laufe des Abends einen Antrag von meinem Freund zu erhalten. Ich werde ihn freilich abweisen, es sei denn, er verspricht, seinen weißen Rock wegzugeben.

Durch Dein Lob für meinen letzten Brief fühle ich mich sehr geschmeichelt, denn ich schreibe nur um des Ruhmes willen, ohne nach pekuniärem Gewinn zu schielen. – Edward ist heute fort, um seinen Freund John Lyford für einen Tag zu besuchen & kommt erst morgen wieder. Anna12 ist gerade hier, sie kam in ihrer Chaise angefahren, um ihre jungen Cousinen zu besuchen, aber sie gibt sich nicht viel mit ihnen oder ihren Spielsachen ab, außer mit Carolines Spinnrad13. Zu meiner Freude erfahre ich von Mary, dass Mr & Mrs Fowle Gefallen an Dir finden. Ich hoffe, Du gibst ihnen weiterhin Grund zur Zufriedenheit.

Wie impertinent von Dir, etwas über Tom14 zu schreiben, als wäre es mir selbst nicht möglich, von ihm zu hören. Der letzte Brief, den ich von ihm erhielt, stammte von Freitag, dem 8., und er schrieb mir, wenn der Wind am Sonntag günstig sei (was er dann auch war), würden sie an diesem Tag in Falmouth Segel setzen. Also dürften sie jetzt wohl in Barbados sein. Die Rivers sind immer noch in Manydown und sollten morgen auch in Ashe sein. Gestern wollte ich eigentlich die Misses Bigg besuchen, wenn das Wetter passabel gewesen wäre. Caroline, Anna & ich haben gerade etwas kaltes Pökelfleisch verschlungen, schwer zu sagen, wem es am besten geschmeckt hat.

Sag Mary, dass ich ihr in Zukunft Mr Heartley & sein gesamtes Vermögen zum alleinigen Gebrauch und Nutzen überlasse, & nicht nur ihn, sondern obendrein all meine anderen Verehrer, wo immer sie solche findet, sogar den Kuss, den mir C. Powlett geben wollte, da ich mich in Zukunft ganz auf Mr Tom Lefroy zu beschränken gedenke, aus dem ich mir nicht das Geringste mache. Versichere ihr außerdem, dass Warren mir gegenüber gleichgültig ist; letzter & unbezweifelbarer Beweis hierfür ist die Tatsache, dass er ein Porträt dieses Gentlemans für mich gezeichnet & mir ohne jeden Seufzer überreicht hat.

Freitag. – Endlich ist der Tag gekommen, an dem ich zum letzten Mal mit Tom Lefroy flirten werde, & wenn Du diesen Brief erhältst, ist alles vorüber – bei dieser trübsinnigen Vorstellung fließen meine Tränen schon jetzt, während ich schreibe. Gestern kam William Chute zu Besuch. Was der wohl mit seiner Höflichkeit beabsichtigt? Es geht das Gerücht um, dass Tom15 ein Mädchen aus Litchfield heiraten wird. Heute bringen John Lyford & seine Schwester Edward nach Hause und werden mit uns essen; danach fahren wir alle zusammen nach Ashe. Ich habe gehört, dass unsere Tanzpartner durchs Los bestimmt werden sollen. – Ich kann es gar nicht erwarten, wieder von Dir zu hören, damit ich weiß, wie es Eliza geht & wann Du zurückkommst. Herzliche Grüße etc., Deine Dich liebende

J. Austen

Miss Austen

bei Rev. Mr Fowle

Kintbury

Newbury

3. AN CASSANDRA AUSTEN

Von London nach Steventon [?]

Dienstag, 23. August 1796

Cork Street, Dienstagvormittag

Liebe Cassandra

Nun bin ich also wieder an diesem Ort der Ausschweifung & des Lasters und merke bereits, wie das meine Moral zersetzt. – Gestern erreichten wir, ich weiß nicht wann, Staines; die Hitze hat uns nicht ganz so zugesetzt, wie ich gehofft hatte. Heute Morgen um sieben Uhr brachen wir erneut auf & hatten eine höchst angenehme Fahrt, da es verhangen & ausgesprochen kühl war. Ich habe die ganze Reise ab Hertford Bridge in der Chaise16 zurückgelegt. –

Edward & Frank sind beide ausgezogen, ihr Glück zu suchen; Letzterer wird in Kürze wiederkommen & uns bei der Suche nach dem unseren helfen. Ersteren werden wir nie mehr wiedersehen. Heute Abend gehen wir zu Astley17, darauf freue ich mich. Edward hat heute Morgen von Henry gehört. Er war gar nicht bei den Rennen, es sei denn, man bezeichnet es als Rennen, wie er Miss Pearson einmal nach Rowling hinüberkutschiert hat. Am Donnerstag werden wir ihn dort treffen.

Ich hoffe, ihr seid nach unserem schwermütigen Abschied gestern alle noch am Leben und obliegt erfolgreich euren geplanten Beschäftigungen. –

Behüt Dich Gott – ich muss Schluss machen, denn wir gehen jetzt aus. Deine Dich innig liebende

J. Austen

Liebe Grüße von allen

[Adresse fehlt.]

[Hier fehlt ein Brief, möglicherweise auch mehrere.]

4. AN CASSANDRA AUSTEN

Von Rowling nach Steventon

Donnerstag, 1. September 1796

Rowling, Donnerstag, 1. September

Liebste Cassandra

Der Brief, den ich gerade von Dir erhalten habe, hat mich über die Maßen amüsiert. Ich wäre vor Lachen beinahe gestorben, wie es in der Schule immer hieß. Du verfasst wirklich die herrlichsten Komödien der Gegenwart. Kurz nachdem ich Dir das letzte Mal geschrieben habe, stand es nahezu fest, dass wir nach Steventon zurückkehren, und zwar schon nächste Woche. So lautete ein, zwei Tage lang der Plan unseres lieben Bruders Henry, aber inzwischen hat sich der Stand der Dinge geändert, es ist wieder anders als ehedem gedacht, denn es sieht so aus, als würde ich noch länger fortbleiben. Das tut mir leid, aber was soll ich machen? Henry verlässt uns morgen, er möchte unbedingt nach Yarmouth18 und dort seinen Arzt aufsuchen, in den er großes Vertrauen setzt. Es geht ihm schon besser als bei seiner Ankunft, aber noch keineswegs gut. Laut seinem derzeitigen Vorhaben kommt er nicht vor dem 23. zurück, dann aber nach Möglichkeit für einen dreiwöchigen Urlaub, denn er möchte in Godmersham, wohin Edward und Elizabeth gleich zu Anfang Oktober übersiedeln19, sehr gern auf die Jagd gehen. Sollte dieses Vorhaben Bestand haben, werde ich kaum vor Mitte dieses Monats in Steventon sein, aber wenn Du es ohne mich nicht aushältst, kann ich vielleicht mit Frank heimfahren, falls der jemals zurückkehrt. Ihm gefällt es hier sehr gut, er hat gerade das Drechseln erlernt und an dieser Tätigkeit so viel Freude, dass er den ganzen Tag damit zubringt. Es tut mir leid, dass Du die Ausdrucksweise meines ersten Briefes als zu knapp empfandest. Ich werde Dich, sobald wir uns wiedersehen, mit kunstreich geschilderten Einzelheiten dafür entschädigen und fange gleich an, solche zu sammeln. Ich habe mir ein neues Kleid nähen lassen, das wirklich einen prächtigen Chorrock abgibt. Leider hat mein neues buntes Kleid ziemlich an Farbe verloren, obwohl ich allen eingeschärft habe, gut aufzupassen. Hoffentlich ist es bei Deinem genauso. Unsere Männer hatten für ihren Besuch in Godmersham nur mäßiges Wetter, auf dem Hinweg hat es die meiste Zeit geregnet und auf dem Rückweg dauernd. Sie trafen Mrs Knight bemerkenswert wohlauf und gut gelaunt an. Gut vorstellbar, dass sie bald wieder heiratet. Seit ich da bin, durfte ich den kleinen George einmal auf den Arm nehmen, das fand ich sehr nett. Ich habe Fanny20 von der Perle aus ihrer Halskette erzählt, und sie will unbedingt wissen, wo Du sie gefunden hast. Morgen wird es mir gehen wie Camilla21 in Mr Dubsters Gartenhaus, denn mein Lionel wird die Leiter weggeräumt haben, auf der ich herkam, oder vielmehr, über die ich wieder fortwollte, und so muss ich bleiben, bis er zurückkehrt. Meine Situation ist jedoch der ihren vorzuziehen, denn ich bin hier sehr glücklich, obwohl ich mich auch darauf freue, gegen Ende des Monats wieder zu Hause zu sein. Ich habe keine Ahnung, ob Miss Pearson mit mir zurückfährt. Dieser Charles22 ist ja ein feines Bürschchen – uns dermaßen an der Nase herumzuführen, dass wir ihm zwei Briefe nach Cork schreiben! Ich bewundere seinen Einfallsreichtum außerordentlich, vor allem, weil er ja der Nutznießer des Ganzen ist. Gestern haben Mr und Mrs Cage und Mr und Mrs Bridges bei uns gespeist. Fanny23 schien hocherfreut, mich zu sehen, und hat sich ausführlich nach Dir erkundigt; sie glaubt, Du nähst gerade Dein Hochzeitskleid. Sie ist so hübsch wie eh und je, nur ein wenig rundlicher. Es wurde ein sehr schöner Tag, und abends gab es Likör. Louisa sieht wesentlich besser aus, sie ist wieder so kräftig wie früher. Nach dem zu schließen, was ich an einem Abend zu sehen bekam, wirkte ihre Miene unverändert. Sie kam am Montagabend mit den Herren hier anspaziert – vormittags war sie mit den Cages von Hythe eingetroffen. Lady Hales hat uns mit ihren beiden jüngsten Töchtern besucht. Caroline ist mitnichten ungehobelter geworden und Harriet mitnichten taktvoller. Ich freue mich über die guten Nachrichten von Mr Charde und fürchte nur, meine lange Abwesenheit könnte einen Rückfall bewirken. Ich übe jeden Tag so viel wie möglich – ich wollte, es wäre mehr um seinetwillen. Von Mary Robinson24 habe ich nichts mehr gehört, seit ich hier bin. Ich werde wohl tüchtig gescholten werden, weil ich Zweifel zu äußern wage, wenn das Thema angesprochen wird. Frank hat für Fanny ein sehr hübsches Butterfässchen gedrechselt. Ich glaube nicht, dass die Gäste sich bewusst waren, welche Wertsachen sie hier zurückließen; ich höre auch nichts mehr von Annas Handschuhen. Allerdings habe ich bisher gar nicht danach gefragt. Wir nähen sehr eifrig an Edwards Hemden, und ich behaupte stolz, dass ich die Geschickteste von allen bin. Es heißt, dass es dieses Jahr erstaunlich viele Vögel hier in der Gegend gibt; vielleicht kann sogar ich ein paar schießen. Ich freue mich über die guten Nachrichten von Mr Limprey und J. Lovett. Von Mutters Taschentuch weiß ich nichts, aber ich finde es bestimmt bald.

Deine Dich innig liebende

Jane

Miss Austen

Steventon

Overton

Hampshire

[Hier fehlt vermutlich ein Brief.]

5. AN CASSANDRA AUSTEN

Von Rowling nach Steventon

Montag, 5. September 1796

Rowling, Montag, 5. September

Meine liebe Cassandra

Ich bin äußerst gespannt, was ich über euren Ball zu hören bekomme, & hoffe auf einen so langen & peinlich genauen Bericht mit allen Einzelheiten, dass es mir schon beim Lesen zu viel wird. Lass mich wissen, wie viele Personen Michael neben den vierzehn eigenen Angehörigen & Mr & Mrs Wright in seine Kutsche hat pferchen können und wie viele Gentlemen, Musiker & Kellner er überredet hat, im Jagdrock zu erscheinen. Ich hoffe, sein Unfall wird John Lovett nicht am Ballbesuch hindern, ansonsten wärst Du gezwungen, den ganzen Abend mit Mr Tincton zu tanzen. Lass mich wissen, wie sich J. Harwood ohne die Misses Bigg benimmt und welche von den Marys25 bei meinem Bruder James den Sieg davonträgt. Wir waren am Samstag auf einem Ball. Wir speisten in Goodnestone & am Abend tanzten wir zwei Kontertänze & die Boulangeries26. – Ich habe den Ball mit Edward Bridges eröffnet; die anderen Paare waren Lewis Cage & Harriot, Frank und Louisa, Fanny & George. Elizabeth spielte einen Kontertanz, Lady Bridges den zweiten, den sie mit Henry27 tanzte, und Miss Finch spielte die Boulangeries. – Beim Lesen der letzten drei oder vier Zeilen merke ich, dass ich mich etwas missverständlich ausgedrückt habe, sodass Du, wenn ich mich nicht korrigiere, womöglich den Eindruck hast, Lady Bridges habe mit Henry getanzt, während sie gleichzeitig spielte – was Dir vielleicht nicht als unmöglich, so doch als sehr unwahrscheinlich vorkommen wird. Es war jedoch Elizabeth, die da tanzte.

Wir aßen dort noch zu Abend & gingen nachts beschützt von zwei Regenschirmen nach Hause. Heute wird sich die Gesellschaft von Goodnestone auflösen & in alle Winde zerstreuen. Mr & Mrs Cage & George begeben sich wieder nach Hythe, Lady Waltham, Miss Bridges28 und Miss Mary Finch nach Dover, wegen des Gesundheitszustands der beiden Ersteren. – Marianne habe ich überhaupt noch nie gesehen.

Am Donnerstag kehren Mr & Mrs Bridges nach Danbury zurück; Miss Harriot Hales begleitet sie bis London und reist dann weiter nach Dorsetshire. Bauer Clarinboule ist heute früh gestorben, & ich glaube, Edward möchte einen Teil seines Hofes erwerben, wenn er ihn Sir Brook abluchsen kann. Wir haben gerade etwas Wild aus Godmersham bekommen, das die beiden Mr Harveys morgen verschlingen müssen, und die Reste müssen am Freitag oder Samstag die Gäste aus Goodnestone vertilgen. Henry29 brach am Freitag auf, wie auf alle Felle30 geplant; ich denke, Du wirst bald von ihm hören, denn er deutete an, dass er in Kürze nach Steventon schreiben werde. Mr Richard Harvey wird demnächst heiraten, aber da dies ein großes Geheimnis ist & erst die halbe Nachbarschaft davon weiß, darfst Du nicht darüber reden. Der Name der Dame ist Musgrove. – Ich bin in größter Not. Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich Richis31, wenn ich abreise, eine halbe Guinee geben soll oder nur fünf Shilling. Geben Sie mir einen Rat, liebenswürdige Miss Austen, und sagen Sie mir, was das Äußerste ist. – Wir begleiteten Frank gestern Abend nach Crixhall Ruff32, und er wirkte sehr erbaut. Der kleine Edward durfte gestern zum ersten Mal Hosen anziehen und bekam gleich den Hosenboden versohlt. Grüße alle, die nicht nach mir fragen, und die nach mir fragen, grüße ungebeten.

[Hier fehlen zwei Seiten.]

Empfehle mich Mary Harrison auf das Herzlichste & richte ihr aus, wenn sie einmal einem jungen Mann zugetan sein sollte, so wünsche ich ihr, ein ehrenwerter Dr. Marchmont33 möge sie fünf Bände lang getrennt halten.

[Adresse fehlt.]

[Hier fehlen mehrere Briefe.]

6. AN CASSANDRA AUSTEN

Von Rowling nach Steventon

Donnerstag, 15. – Freitag, 16. September 1796

Rowling, Donnerstag, 15. Sept.

Liebe Cassandra

Wir hatten es sehr lustig hier, seit ich Dir das letzte Mal geschrieben habe; wir speisten in Nackington und kehrten im Mondenschein heim, alles höchst stilvoll, ganz zu schweigen von Mr Claringboulds34 Leichenzug, der am Sonntag bei uns vorüberdefilierte. Ich habe Dir, glaube ich, in einem früheren Brief geschrieben, dass Edward mit dem Gedanken spielte, den Namen Claringbould anzunehmen, aber aus diesem Plan wird nichts, obwohl es ein ebenso wünschenswertes wie erfreuliches Vorhaben wäre, wenn ihm jemand ausreichend Geld gäbe, um es in die Tat umzusetzen. Wir haben eigentlich damit gerechnet, dass Mr Milles dies am Dienstag tut, aber zu unserem großen Erstaunen wurde das Thema gar nicht angesprochen, und wenn Du nicht imstande bist, Deinem Bruder mit fünf- oder sechshundert Pfund unter die Arme zu greifen, muss er diesen Gedanken gänzlich aufgeben. In Nackington stießen wir im Speisezimmer auf Lady Sondes’ Porträt35, das über dem Kaminsims hing, sowie in einem Vorraum auf die Bilder ihrer drei Kinder, außerdem auf Mr Scott, Miss Fletcher, Mr Toke, Mr J. Toke und auf Erzdiakon Lynch. Miss Fletcher und ich sind dicke Freundinnen, allerdings bin ich die dünnere von uns beiden. Sie trug ihr violettes Musselinkleid, das recht hübsch ist, aber nicht zu ihrem Teint passt. Sie hat zwei erfreuliche Charaktereigenschaften: Sie bewundert Camilla & nimmt keine Sahne zum Tee. Solltest Du Lucy36 sehen, kannst Du ihr sagen, dass ich Miss Fletcher wie gewünscht für ihre Saumseligkeit beim Schreiben gerügt habe, sie aber nicht dazu bewegen konnte, sich angemessen dafür zu schämen; und dass Miss Fletcher zu ihrer Verteidigung anführt, weil alle Leute, die Lucy kennengelernt hat, als sie in Canterbury war, mittlerweile abgereist seien, gebe es nichts mehr, worüber sie schreiben könne. Mit alleLeute meint Miss Fletcher vermutlich, dass inzwischen ein neuer Trupp Offiziere eingetroffen ist. Aber das ist meine Deutung. – Mrs Milles, Mr John Toke, kurz: alle feinfühligen Menschen haben sich in den zärtlichsten Tönen nach Dir erkundigt, und bei dieser Gelegenheit habe ich Mr John Toke mitgeteilt, dass weder er noch sein Vater Deinetwegen ledig bleiben müssen. – Wir fuhren in unseren beiden Kutschen nach Nackington, aber wie wir uns aufgeteilt haben, überlasse ich Deiner Vorstellungskraft und merke nur an, dass Elizabeth und ich weder Hut noch Haube trugen und es folglich für uns nicht sehr bequem gewesen wäre, im offenen Einspänner zu fahren. – Wir kamen an Bifrons37 vorbei, & ich blickte mit wehmütigem Wohlgefallen auf das Zuhause von Ihm, den ich einst so abgöttisch geliebt habe. – Heute essen wir in Goodnestone, um die Tante Fielding38 aus Margate kennenzulernen sowie einen Mr Clayton, ihren erklärten Verehrer, zumindest glaube ich das. Lady Bridges hat sehr gute Nachrichten von Marianne, der es durch die Bäder gewiss schon besser geht. – So, Seine Königliche Hoheit Sir Thomas Williams ist endlich ausgelaufen, die Zeitungen behaupten «auf eine Kreuzfahrt». Aber ich hoffe, sie sind nach Cork gesegelt, sonst hätte ich vergebens geschrieben. Grüße Jane von mir, sie dürfte gestern in Steventon eingetroffen sein. In einem Brief an Mary Lloyd, den sie heute erhalten müsste, habe ich Mr Digwood eine Nachricht von Edward zukommen lassen, aber da ich weiß, dass die Harwoods es mit ihren Briefen nicht besonders genau nehmen, schreibe ich es lieber auch Dir noch einmal: Mr Digwood soll wissen, dass Seward krankheitshalber verhindert ist, sich die geplanten Reparaturen auf dem Gut anzusehen, dass er aber kommen wird, sobald er kann. Wenn Du es für richtig hältst, kannst Du Mr Digwood auch davon in Kenntnis setzen, dass Mr & Mrs Milles heute hier speisen und Mrs Joan Knatchbull ebenfalls eingeladen ist. – Mr Richard Harveys Heirat ist verschoben worden, bis er einen besseren Vornamen hat, und er gibt die Hoffnung nicht auf. Die beiden Söhne von Mr Children, John & George, werden demnächst heiraten; sie werden sich eine Frau teilen, eine Miss Holwell, die in das Schwarze Loch von Calcutta39 gehört.

Ich rechne damit, bald von James zu hören; er hat mir einen Bericht über den Ball versprochen, und mittlerweile wird er sich von der Tanzerei erholt und seine Gedanken ausreichend sortiert haben, um mir einen solchen zu liefern. Edward & Fly40 zogen gestern in aller Frühe los, beide im Jagdrock, waren aber, als sie heimkamen, keinen Schuss Pulver mehr wert, denn sie hatten nichts erlegt. Heute sind sie wieder aufgebrochen, aber noch nicht wieder da. Ein herrlicher Zeitvertreib! – Gerade sind sie heimgekommen; Edward mit zwei Paar Vögeln, Frank mit zweieinhalb Stück. Was für reizende junge Männer!

Freitag. – Gerade ist Dein Brief gekommen & auch einer von Henry, und ihr Inhalt deckt sich mit meinem Plan, mehr als ich zu hoffen gewagt habe. Einen speziellen Punkt hätte ich mir freilich anders gewünscht, denn Henry ist wirklich sehr gleichgültig. – Ihr könnt allerdings nicht schon am Mittwoch, den 20., mit uns rechnen. Nach unserem derzeitigen Plan sind wir erst acht Tage später bei euch. Frank hatte nie vor, früher als Montag, den 26., aufzubrechen. Ich werde sofort an Miss Pearson schreiben & sie bestürmen, mit uns zurückzufahren, was Henry für sehr wahrscheinlich & ausgesprochen wünschenswert hält.

Bis wir wissen, ob sie uns begleitet oder nicht, können wir uns zu Vaters freundlichem Angebot nicht äußern. Was die Art und Weise unserer Reise nach London angeht, so würde ich gern mit einer Postkutsche fahren, aber Frank lässt mich nicht41. Da ihr nächste Woche wahrscheinlich die Williams’ & Lloyds zu Besuch habt, werdet ihr kaum Platz für uns haben. Wenn jemand etwas aus London haben möchte, muss er Frank damit beauftragen, da ich nur durchfahre. – Der Unschlittkerzenmacher ist Penlington in der Crown & Beehive Charles Street in Covent Garden.

Kauf Mary Harrisons Kleid auf jeden Fall. Für viel Geld kannst Du auch meins haben, obwohl ich es lieber behalte, falls ich bei meiner Rückkehr leidlich wohlhabend bin.

Miss Austen

Steventon

Overton

Hampshire

7. AN CASSANDRA AUSTEN

Von Rowling nach Steventon

Sonntag, 18. September 1796

Rowling, Sonntag, 18. September

Liebe Cassandra

Der heutige Vormittag stand im Zeichen von Ungewissheit & Beratungen, von Pläneschmieden und Problemelösen, denn er leitete den Tag mit einem Ereignis ein, das ich mir frühestens in einer Woche gewünscht hätte. Frank hat den Befehl erhalten, an Bord der Captain John Gore zu gehen, unter dem Kommando des Tritonen42, und muss deshalb am Mittwoch in London sein, & obwohl ich nur zu geneigt wäre, ihn an diesem Tag zu begleiten, kann ich nicht mitfahren, solange ich nicht die Gewissheit habe, dass die Pearsons zu Hause sind, denn falls sie nicht zu Hause sind, weiß ich nicht, wohin. Ich hatte Miss Pearson am Freitag geschrieben & gehofft, heute Vormittag eine Antwort zu bekommen, die alles aufklärt & leicht macht, sodass wir morgen von hier aufbrechen könnten, wie Frank es bei der ersten Aufforderung eigentlich beabsichtigt hatte, als er seine Einberufung erhielt. Bis Mittwoch bleibt er nur mir zu Gefallen. Ich habe ihr heute erneut geschrieben und sie gebeten, postwendend zu antworten. Ich weiß also am Dienstag endgültig, ob sie mich am Mittwoch empfangen können. Wenn nicht, hat mir Edward liebenswürdigerweise versprochen, mich am nächsten Montag nach Greenwich zu bringen, einen Tag früher als festgesetzt, wenn ihnen das besser passt. Falls ich bis Dienstag keine Antwort erhalten habe, muss ich annehmen, dass Mary43 nicht zu Hause ist, & warten, bis ich von ihr höre, denn nachdem ich sie eingeladen habe, mit mir nach Steventon zu kommen, kann ich nicht gut nach Hause fahren, ohne mich bei ihr zu melden.

Vater wird hoffentlich so gut sein und seine verlorene Tochter aus London heimholen, es sei denn, er möchte, dass ich durch die Spitäler ziehe, in die Anwaltskammer eintrete oder vor St. James Wache stehe. Frank wird es kaum möglich sein, mich nach Hause zu bringen; nein, bestimmt nicht. Ich schreibe wieder, sobald ich in Greenwich bin. 

Wie schrecklich heiß es ist! Dieses Wetter zwingt einen zu ständiger Uneleganz. – Wenn Miss Pearson mit mir kommt, hütet euch davor, zu viel Schönheit zu erwarten. Ich will nicht behaupten, dass sie auf den ersten Blick dem Bild entsprach, das ich mir von ihr gemacht habe. Mutter wird sich bestimmt enttäuscht zeigen, wenn sie nicht sehr vorsichtig ist. Soweit ich mich erinnere, besteht keine große Ähnlichkeit mit ihrem Porträt. Ich bin sehr froh, dass ich noch auf den Einfall kam, mit Frank heimzufahren, denn wann Henry wieder in Kent auftaucht, ist so völlig ungewiss wie das Warten auf eine Erbschaft.

Erst hatte ich beschlossen, morgen mit Frank zu fahren & es darauf ankommen zu lassen etc., aber sie haben mir von einem so überstürzten Schritt abgeraten – was es bei näherer Überlegung tatsächlich gewesen wäre; denn wenn die Pearsons nicht daheim wären, fiele ich unvermeidlich den Künsten einer feisten Frau zum Opfer, die mich mit Dünnbier betrunken machen würde44.

Mary ist von einem Jungen entbunden worden, beide sind wohlauf. Ich überlasse es Dir, zu raten, welche Mary ich meine45. – Adeiu, herzliche Grüße an alle Deine liebenswerten Mitbewohner. Lass die Lloyds auf keinen Fall abreisen, bevor ich komme, es sei denn, Miss P. ist dabei.

Wie schlecht ich geschrieben habe! Allmählich werde ich mir selbst zuwider. Stets die Deine

J. Austen

Die Triton ist eine neue 32er46 Fregatte, die vor Kurzem in Deptford vom Stapel gelaufen ist. Frank ist höchst erfreut über die Aussicht, das Kommando über Captain Gore zu haben.

Miss Austen

Steventon

Overton

Hampshire

[Es fehlt die Korrespondenz vom 19. September 1796 bis zum Jahresende 1797.]

1 Tom Lefroy wurde am 8. Januar 1776 geboren, Cassandras Geburtstag war der 9. Januar – die Anspielung bezieht sich also auf den Tag, nicht das Jahr. Wie im Fall von Tom Fowle und Cassandra stand einer Verbindung mit Jane im Wege, dass sie beide nicht finanziell unabhängig waren.

2 In Manydown, dem Wohnsitz der Familie Bigg-Wither, wie im weiteren Verlauf des Briefes klar wird.

3 James Austen, Janes älterer Bruder, war mittlerweile verwitwet und erwog, sich wieder zu verheiraten.

4 Tom Lefroy.

5 Charles Fowle, Tom Fowles jüngerer Bruder.

6 Hier handelt es sich nicht etwa um Papierhüte, wie sie heute in Knallbonbons vorkommen. Vielmehr wurden Damenhüte unter anderem auch aus Papier gefertigt; ein Bergère-Hut aus Papier aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts findet sich etwa im Royal Albert Memorial Museum Exeter. Papier wurde statt aus Zellulose aus Lumpen hergestellt und war entsprechend robuster.

7 George Lefroy war 13 Jahre alt.

8 Roman von Henry Fielding (1749).

9 Hier handelt es sich um Charles-John Austen, Janes jüngsten Bruder, zu diesem Zeitpunkt an Bord der HMSUnicorn in Portsmouth.

10 Tom Fowle – das Schiff könnte die Ponsborne gewesen sein.

11 Fehlende Briefe können im Laufe der Zeit verloren gegangen sein, und Cassandra mag das eine oder andere allzu Persönliche, Familienangelegenheiten oder Krankheiten betreffend, getilgt haben, was nicht weiter verwunderlich ist (siehe dazu auch die Editorische Notiz).

12 Janes Nichte Anna, die älteste Tochter von James Austen, war noch keine drei Jahre alt und wurde offenbar in einem kleinen Wagen gefahren, an den sich mehrere Familienmitglieder noch aus ihrer eigenen Kindheit erinnerten.

13 Schlanke hölzerne Spinnräder wurden von Damen der Gesellschaft durchaus noch benutzt, obwohl das Spinnen in diesem Fall eher ein Hobby war.

14 Tom Fowle.

15 Bei diesem «Tom» handelt es sich um Thomas-Vere Chute, William Chutes jüngeren Bruder. (Er heiratete das bewusste Mädchen nicht.)

16 Eine leichte, einspännige, zweirädrige Kutsche, manchmal mit beweglichem Verdeck – zu Jane Austens Zeit das gängigste Transportmittel.

17 In «Astley’s Amphitheatre» in der Nähe der Westminster Bridge wurden Pferdedressur, Kunstreiten und akrobatische Kunststücke vorgeführt.

18 Great Yarmouth in Norfolk.

19 Zunächst nur besuchsweise, Edward Austen (Knight) und seine Familie wohnten weiter in Rowling und zogen erst im November 1797 nach Godmersham um.

20 Fanny-Catherine war die älteste Tochter von Edward Austen (Knight).

21 Titelheldin eines Romans von Fanny Burney von 1796.

22 Charles-John Austen.

23 Mrs Cage.

24 Deirdre Le Faye vermutet, dass es sich um ein Dienstmädchen auf Rowlings handelt. Das «Thema» war offenbar ihre Schwangerschaft, wie unten in Brief 7 deutlich wird.

25 Mary Lloyd und Mary Harrison – es war Mary Lloyd (1771–1843), die schließlich das Rennen machte und am 17. Januar 1797 James Austen heiratete.

26 Eigentlich «Boulangères», ein aus Frankreich importierter Tanz, der von einem leicht anzüglichen Lied inspiriert war (das andeutet, dass sich die Bäckersfrau für ihren Broterwerb nicht allein aufs Backen beschränkt).

27 Brook-Henry Bridges, Sohn von Lady Bridges und älterer Bruder von Elizabeth.

28 Vermutlich Marianne Bridges, die älteste noch unverheiratete Tochter der Familie Bridges, die bereits krank war und 1811 starb.

29 Henry-Thomas Austen, der Bruder von Jane und Cassandra.

30 Im Original: «Henry went away on Friday as he purposed without fayl». Jane Austen verwendet hier in scherzhafter Absicht bei «without fayl» für «unbedingt» eine fehlerhafte Orthografie; laut Deirdre Le Faye handelte es sich dabei um einen «family joke».

31 Dienstmädchen auf Rowling.

32 Korrekt «Crixhall Rough», damals ein Heidegebiet mit einigen hohen Bäumen.

33 Eine Figur aus Fanny Burneys «Camilla», die für die Trennung der Titelheldin von ihrem Verehrer verantwortlich ist. Eine Notiz in Jane Austens Ausgabe des Romans scheint darauf hinzudeuten, dass sich Jane damit amüsierte, sich für Dr. Marchmont einen baldigen Tod auszudenken.

34 Die Claringboulds waren eine Bauernfamilie in Goodnestone.

35 Von Joshua Reynolds, heute in Rockingham Castle zu sehen (eine Kopie von Reynolds’ eigener Hand befindet sich im Metropolitan Museum of Art).

36 Lucy Lefroy, eine Cousine von Tom Lefroy.

37 Wohnort der Familie Taylor, die einen heiratsfähigen Sohn namens Edward hatte.

38 An verschiedenen Stellen verwendete Jane Austen die Bezeichnung «Tante» oder «Cousine» für Personen, mit denen sie nicht verwandt war.

39 Berüchtigter winziger Kerker (4,3 x 5,5 m) auf Fort William, Kalkutta, in dem am 20. 6. 1756 angeblich 146 britische Kriegsgefangene eingepfercht waren. Dieses Ereignis wurde von einem der wenigen Überlebenden überliefert, dessen Name ebenfalls Holwell war – daher vermutlich Jane Austens Anspielung.

40 Spitzname von Francis-William («Frank») Austen.

41 Für eine unverheiratete junge Dame galt es als unschicklich, ohne Begleitung mit der Postkutsche zu fahren.

42 Jane Austen vertauscht hier in spielerisch-scherzhafter Weise den Namen des Schiffes und seines Kommandanten. Eigentlich müsste es heißen: «an Bord der Triton unter dem Kommando von Captain John Gore».

43 Mary Pearson.

44 Ein verbreitetes Klischee der Gefahren der Großstadt, abgebildet etwa auf den Stichen von William Hogarth.

45 Es handelte sich um Mary Robinson, die schon in Brief 4 vorkam.

46 D. h., mit 32 Kanonen.

1798

GEBOREN

Am 26. April erblickt in Charenton-Saint-Maurice nahe Paris der französische Maler Eugène Delacroix das Licht der Welt.

GESTORBEN

Am 4. Juni endet auf Schloss Dux, Königreich Böhmen, das bewegte Leben des italienischen Abenteurers und Schriftstellers Giacomo Girolamo Casanova.

HOCHZEIT DES JAHRES

Am 17. August heiratet Karl XIV. Johann, französischer Revolutionsgeneral und Maréchal d’Empire, in Sceaux-l’Unité Bernardine Eugénie Désirée Clary, die zuvor mit Napoleon Bonaparte verlobt war.

WERK DES JAHRES

William Wordsworth und Samuel Taylor Coleridge geben ihre Gedichtsammlung Lyrical Ballads, with a Few Other Poems heraus – der Beginn der englischen Romantik.

8. AN PHILADELPHIA WALTER

Von Steventon nach Seal

Sonntag, 8. April 1798

Steventon, Sonntag, 8. April

Liebe Cousine

Da Cassandra zurzeit nicht zu Hause ist, musst Du unser aufrichtiges Beileid zu dem traurigen Ereignis, das Mrs Humphrie1 meinem Vater heute Morgen brieflich kundtat, aus meiner Feder in Empfang nehmen. Der Verlust eines so gütigen & liebevollen Elternteils2 muss alle Kinder zutiefst betrüben, ganz besonders aber Dich, die Du bei Deinem Vater gewohnt und seine guten Eigenschaften daher seit Langem & sehr genau gekannt hast. Aber eben das, was euch jetzt den Verlust noch stärker empfinden lässt, wird euch im Lauf der Zeit leichter damit versöhnen: Die Güte, die euren Vater auf Erden zu einem so wertvollen Menschen gemacht hat, wird ihn im Himmel unter die Seligen einreihen. Dieser Gedanke möge Dir, meiner Tante, der ganzen Familie & allen Freunden Trost schenken, umso mehr, als man bedenken muss, dass ihm diese Welt schon seit einiger Zeit nur noch wenig Erfreuliches geboten hat & er in seinen letzten Stunden kaum leiden musste. Ich will Dich nicht drängen, mir zu schreiben, bevor Du Dich nicht dazu in der Lage fühlst, doch ich hoffe, sobald es Dir nicht zu schwerfällt, auf gute Nachrichten von Dir & meiner Tante, soweit das in diesen Anfangstagen des Kummers überhaupt möglich ist.

Vater & Mutter schließen sich mir mit allen guten Wünschen an, & ich bin, liebe Cousine,

Deine Dich liebende

Jane Austen

[Miss Walter

Seal

Sevenoaks

Kent]

9. AN CASSANDRA AUSTEN

Von Dartford nach Godmersham

Mittwoch, 24. Oktober 1798

«Bull and George», Dartford, Mittwoch, 24. Oktober

Liebe Cassandra

Vermutlich hast Du schon von Daniel3 gehört, in welch fabelhafter Zeit wir Sittingbourne erreicht und wieder verlassen haben und wie ausgezeichnet Mutter die Fahrt dorthin überstanden hat. Nun kann ich Dir eine Fortsetzung dieses erfreulichen Berichts liefern. Als sie hier ankam, war sie kaum müde, hat sich mit einem reichlichen Mahl gestärkt und scheint jetzt wieder völlig bei Kräften zu sein. Fünf Minuten vor zwölf verließen wir Sittingbourne mit einem famosen Pferdegespann, das uns in eineinviertel Stunden nach Rochester brachte; der Postillion schien entschlossen, Mutter zu beweisen, dass die Kutscher aus Kent nicht lauter Langweiler sind, und fuhr wirklich so schnell wie Cax4. Die darauffolgende Etappe legten wir nicht ganz so flott zurück; die Straßen waren lehmig und die Pferde recht mäßig. Doch wir waren so zeitig dran, und Mutter vertrug die Reise so gut, dass uns nichts an Schnelligkeit lag, und so brauchten wir bis hierher kaum mehr als zweieinhalb Stunden; vier Uhr war gerade vorbei, als wir vor dem Gasthof hielten. Mutter trank in Ospringe ein wenig von ihrem Magenbitter und in Rochester noch einmal und aß dazwischen ein paar Brote. Unsere Zimmer liegen zwei Treppen hoch, andernfalls hätten wir nicht Wohnzimmer und Schlafkammern auf demselben Geschoss bekommen, was wir aber wollten. Wir haben ein Doppelzimmer und ein Einzelzimmer, in Ersterem schlafen Mutter und ich. Du darfst raten, wer das andere Zimmer hat. Kurz nach fünf gingen wir zu Tisch; es gab Beefsteak und gekochtes Huhn, aber ohne Austernsauce. Ich hätte diesen Brief gleich nach unserer Ankunft begonnen, wenn ich nicht durch ein kleines Abenteuer daran gehindert worden wäre. Wir waren bereits eine Viertelstunde hier, als wir feststellten, dass mein Schreibpult und mein Necessaire irrtümlich in eine Chaise umgepackt worden waren, die gerade aufbrach, als wir ankamen, und nun Richtung Gravesend verfrachtet wurden, mit dem Ziel Westindien. Nie zuvor hätte jemand mit Gegenständen aus meinem Besitz einen solchen Fang machen können, denn in meinem Schreibpult steckte mein gesamtes irdisches Vermögen, sieben Pfund, sowie die Jagderlaubnis für meinen lieben Harry5. Mr Nottley schickte sofort einen Mann zu Pferd hinter der Chaise her, und eine halbe Stunde später war ich erfreulicherweise so reich wie zuvor; sie waren etwa zwei, drei Meilen weit gekommen. Die heutige Reise war in jeder Hinsicht angenehmer als erwartet. Ich wurde kaum bedrängt und war keineswegs unglücklich. Deine fürsorglichen Wünsche, wir möchten gutes Wetter haben, waren sehr lieb und gingen in Erfüllung. Es hat nur einmal kräftig geregnet, als wir Sittingbourne verließen, aber danach verzogen sich die Wolken, und wir hatten einen strahlenden, kristallklaren Nachmittag. Jetzt liest Vater gerade Die Mitternachtsglocke6, die hat er aus der Bibliothek, und Mutter sitzt am Kamin. Unsere Route für morgen steht noch nicht fest. Keinen von uns zieht es nach London, und wenn Mr Nottley uns verabschiedet hat, werden wir wohl über Croydon und Kingston nach Staines fahren, was viel angenehmer ist als jeder andere Weg; er befürwortet allerdings eindeutig Clapham und Battersea. Behüt euch Gott!

Deine Dich liebende

J. A.

Ich schmeichle mir, dass mich der tleine Schoschi7 noch wenigstens eine Woche in Erinnerung behält. Gib ihm einen Kuss von mir.

Miss Austen

Godmersham Park

Faversham

[Hier fehlt ein Brief vom Donnerstag, 25. Oktober 1798.]

10. AN CASSANDRA AUSTEN

Von Steventon nach Godmersham

Samstag, 27. – Sonntag, 28. Oktober 1798

Steventon, Samstag 27. Okt.

Liebe Cassandra

Dein Brief heute war eine höchst erfreuliche Überraschung für mich, & ich habe ein großes Blatt Papier genommen, um Dir meine Dankbarkeit zu beweisen. Wir kamen gestern zwischen 4 & 5 hier an, aber von unserem letzten Reisetag kann ich Dir keinen so glorreichen Bericht schicken wie von den ersten beiden. Kurz nachdem ich meinen Brief aus Staines beendet hatte, begann Mutter unter den Strapazen der weiten Reise zu leiden, sie war sehr erschöpft & zudem unpässlich wegen dieser besonderen Art von Stuhlgang, die ihren Erkrankungen immer vorausgeht. In Staines hatte sie keine besonders gute Nacht, & als wir gestern früh aufbrachen, spürte sie eine Entzündung im Hals, die weiteren Ärger ankündigte. Dennoch hat sie die Reise viel besser überstanden als erwartet & tröstete sich in Basingstoke, wo wir über eine halbe Stunde Halt machten, mit einer Kraftbrühe & dem Anblick von Mr Lyford, der ihr empfahl, vor dem Zubettgehen zur Beruhigung 12 Tropfen Laudanum8 einzunehmen, und das tat sie denn auch. Es ist keineswegs verwunderlich, dass die Reise bei ihr zu einer gewissen Drangsal geführt hat; ich hoffe, dass sich das nach ein paar Tagen gänzlich verzieht. – James kam zu Besuch, als wir gerade Tee trinken wollten, & Mutter fühlte sich wohl genug, um nett mit ihm zu plaudern, bevor sie zu Bett ging. – Lyford hat versprochen, in den nächsten Tagen vorbeizuschauen, dann werden sie auch das mit dem Löwenzahntee regeln; er hat die Rezeptur in Basingstoke erhalten, & sie hat bei ihm großen Anklang gefunden; man muss sie nur ein wenig abändern, damit Mutter sie besser verträgt. James scheint seine alte Angewohnheit, trotz Marys Vorhaltungen nach Steventon zu kommen, wieder aufzunehmen, denn er war schon vor dem Frühstück hier & besucht uns jetzt gerade ein zweites Mal. Mary gehe es recht gut, sagt er, sie sei ungemein umfangreich.9 Sie hätten heute hier speisen sollen, aber das Wetter ist zu schlecht. Zu meiner Freude habe ich gehört, dass Martha bei ihnen ist; James hat sie am Donnerstag aus Ibthrop10 abgeholt, & sie bleibt bei ihnen, bis sie nach Kintbury zurückfährt. – Auf der gestrigen Fahrt haben wir keinerlei Abenteuer erlebt, abgesehen davon, dass unsere Truhe einmal beinahe heruntergerutscht wäre & wir in Hartley eine Pause einlegen mussten, um die Räder schmieren zu lassen. Während Mutter mit Mr Lyford zusammensaß, ging ich zu Mrs Ryders & kaufte ein, was ich vorgehabt hatte, bekam aber keine gute Qualität. Es gab keine schmalen Hosenträger für Kinder & kaum Filetgarn; aber Miss Wood fährt wie gewohnt demnächst nach London & nimmt neue Ware auf Lager. Ich habe 2 Shilling 3 Pence pro Yard für den Flanell gezahlt, glaube aber, dass er nicht besonders gut ist. Andererseits ist das ja ein so anrüchiger, nichtswürdiger Stoff11, dass es wenig zu sagen hat, ob er vergleichsweise gut oder schlecht ist. Außerdem habe ich Tusche gekauft, & nächste Woche beginne ich mit den Verschönerungsmaßnahmen an meinem Hut, auf die ich, wie Du weißt, die größten Hoffnungen setze. – Ich bin gerade ein sehr wichtiger Mensch: Gestern Abend hatte ich die Ehre, Mutter die Laudanum-Tropfen zu geben, ich trage den Schlüsselbund für Weinkeller & Kammer bei mir, & seit ich an diesem Brief schreibe, musste ich bereits zweimal in der Küche Anweisungen geben. Unser Dinner gestern war sehr gut & das gekochte Huhn wunderbar zart; aus diesem Grund muss ich also Nanny nicht kündigen. – Gestern Abend wurde schon fast alles ausgepackt & verstaut; Nanny wollte das so, & ich hatte nichts dagegen. Ich habe die Handschuhe ausgepackt & die Deinen in Deine Schublade geräumt. Sie sind hell & hübsch, genau so, wie wir es uns erhofft haben, glaube ich. – Dein Brief kam in Begleitung eines Briefes von Mrs Cooke, in dem sie schreibt, Battleridge12 werde erst im Januar erscheinen, & sie ist so unzufrieden mit Cawthorns Schneckentempo, dass sie ihm in Zukunft nichts mehr überlassen will. Mrs Hall aus Sherbourne hatte gestern einige Wochen vor dem errechneten Termin eine Totgeburt infolge jähen Erschreckens. Wahrscheinlich hat sie versehentlich ihren Ehemann angeschaut. – In den letzten vierzehn Tagen hat es hier Unmengen geregnet, viel mehr als in Kent, & tatsächlich waren die Straßen auf der ganzen Strecke von Staines bis hierher schandbar verschlammt. Auch der Feldweg in Steventon hat ordentlich was abbekommen, & ich weiß nicht, wann ich nach Deane gehen kann. – Ich habe erfahren, dass Martha so gut aussieht & so gut gelaunt ist wie schon lange nicht mehr, & gefalle mir in dem Gedanken, dass sie mittlerweile offen über Mr W.13 scherzen kann. – Die Brille, die Molly gefunden hat, gehört Mutter und die Schere Vater. – Wir vernehmen mit Freuden, dass es euren Patienten, dem kleinen & dem großen,14 gut geht. Dass sich mein lieber tleiner Schoschi an mich erinnert, gefällt mir sehr – was freilich töricht ist, denn ich weiß, wie rasch das vorübergeht. Da ist meine Zuneigung zu ihm schon von größerer Dauer; ich werde voll Zärtlichkeit & Entzücken an sein schönes, lächelndes Gesicht & seine gewinnenden Manieren denken, bis ihn die Jahre in einen ungebärdigen, linkischen Kerl verwandelt haben. – Die Bücher von Winton sind alle ausgepackt & verstaut, durch das Binden sind sie höchst vorteilhaft zusammengedrückt worden, & nun ist im Bücherschrank reichlich Platz für alles, was wir dort haben wollen. – Ich glaube, die Dienstboten waren sehr froh, als sie uns wiedersahen, Nanny auf jeden Fall; sie gesteht, dass es todlangweilig war, dabei hatte sie bis letzten Sonntag ihr Kind bei sich. Es heißt, dass noch ein paar Trauben draußen hängen, aber wohl nicht viele, man muss sie so bald wie möglich ernten, sonst verfaulen sie noch im Regen. Ich ärgere mich über mich selbst, weil ich nicht enger schreiben kann, wieso sind meine Buchstaben so viel breiter als die Deinen? Die Tochter von Mutter Tilbury liegt im Wochenbett, soll ich ihr etwas von Deiner Säuglingskleidung schicken? – Vor ein paar Tagen war der Bortenhändler hier, was für ein Pech für uns, dass er so früh kam! – Mutter Bushell wäscht nur noch eine Woche für uns, da Sukey eine Stelle bekommen hat. Dann übernimmt John Steevens’ Frau die Aufgabe, uns reinzuwaschen. Sie sieht nicht so aus, als würde irgendetwas, was sie anfasst, jemals sauber werden, aber wer weiß? Unwahrscheinlich, dass wir zurzeit ein anderes Hausmädchen bekommen, aber Mutter Staples wird uns aushelfen. Mary hat zum Putzen ein junges Mädchen aus Ashe angeheuert, die noch nirgendwo in Stellung war, aber James fürchtet, dass sie nicht kräftig genug ist. Earle Harwood war kürzlich in Deane, wie uns, glaube ich, Mary berichtet hat, & seine Familie hat ihm gesagt, wenn sich seine Frau auch im nächsten Jahr anständig aufführt, würden sie sie empfangen. Er war ihnen sehr dankbar, und er hat allen Grund dazu, denn sie haben sich bei der ganzen Geschichte ungewöhnlich entgegenkommend verhalten. Earle & seine Frau leben in Portsmouth denkbar zurückgezogen,15 sie haben nicht einmal ein Hausmädchen. Von welch ungeheurer Tugendliebe muss sie beseelt sein, dass sie unter solchen Umständen heiratet! – Es ist jetzt Samstagabend, aber das meiste habe ich heute Vormittag geschrieben. Mutter war den ganzen Tag nicht unten, wegen des Laudanums schläft sie sehr viel, & im Großen und Ganzen geht es ihr, glaube ich, besser. Ich hoffe, dass ich mir dessen morgen noch sicherer bin. Vater & ich haben allein gegessen – ganz ungewohnt! Jetzt ist zu seinem Glück John Bond bei ihm, ich habe dessen schweren Schritt gerade auf dem Flur gehört. James Digweed kam heute zu Besuch, ich habe ihm die Jagderlaubnis für seinen Bruder mitgegeben. Auch Charles Harwood kam soeben vorbei und erkundigte sich, wie es uns gehe; er war auf dem Heimweg von Dummer, wohin er Miss Garrett begleitet hat, die an ihren früheren Wohnort in Kent zurückkehrt. – Jetzt höre ich aber auf, sonst bleibt mir kein Platz mehr, um morgen noch ein Wort zu schreiben. – Sonntag. Mutter hatte eine sehr gute Nacht; sie ist zwar zum Frühstück nicht aufgestanden, fühlt sich aber heute viel besser. Den Brief der Tante habe ich erhalten, & Dir danke ich für Deinen Papierschnipsel. An Charles werde ich demnächst schreiben. Bitte gib Fanny & Edward einen Kuss von mir & frage George, ob er ein neues Lied für mich hat. Es ist wirklich sehr nett von der Tante, uns wieder nach Bath einzuladen,16 eine Freundlichkeit, die als Gegenleistung verdient, dass man die Einladung einfach annimmt.

Stets die Deine

J. A.

Miss Austen

Godmersham Park

Faversham

Kent

[Hier fehlen mehrere Briefe.]

11. AN CASSANDRA AUSTEN

Von Steventon nach Godmersham

Samstag, 17. – Sonntag, 18. November 1798

Samstag, 17. November [1798]

Liebe Cassandra

Wenn Du den Schluss meines letzten Briefes aufmerksam gelesen hast, wirst Du, schon bevor Du diesen Brief erhalten hast, zu Deiner Beruhigung gemerkt haben, dass Mutter keinen Rückfall erlitten hat und Miss Debary kommt.17 Erstere erholt sich weiterhin, und obwohl sie nicht besonders schnell zu Kräften kommt, bescheide ich mich in meinen Erwartungen und versuche sie bei ihren Fortschritten nicht zu überholen. Gestern saß sie fast acht Stunden im Sessel, und heute werden wir hoffentlich ebenso viel schaffen. … Dies zu meiner Patientin, nun zu mir. Letzten Mittwoch besuchte uns Mrs Lefroy, und die Harwoods kamen ebenfalls vorbei, statteten aber ihren Besuch rücksichtsvollerweise vor Mrs Lefroys Ankunft ab, sodass ich trotz einiger Unterbrechungen durch Vater und James lange genug mit ihr allein war, um zu erfahren, was es an Interessantem gab. Ja, glaub mir nur, denn über ihren Neffen18 sagte sie gar nichts und über ihren Freund19 sehr wenig. Nicht einmal den Namen des Ersteren ließ sie mir gegenüber fallen, und ich war zu stolz, um mich nach ihm zu erkundigen, doch als Vater später fragte, wo er sich derzeit befinde, erfuhr ich, dass er über London nach Irland gefahren sei, wo er als Anwalt praktizieren werde. Sie zeigte mir einen Brief, den sie vor ein paar Wochen von ihrem Freund erhalten hatte (als Antwort auf einen Brief von ihr, in dem sie ihn auf einen in Cambridge studierenden Neffen von Mrs Russell aufmerksam gemacht hatte), und am Ende stand sinngemäß: «Mit großem Bedauern erfahre ich, dass Mrs Austen krank ist. Es würde mich sehr freuen, wenn ich bei Gelegenheit die Bekanntschaft mit dieser Familie vertiefen könnte – in der Hoffnung, mich selbst enger mit ihr zu verbinden … Aber zurzeit kann ich mich solcher Hoffnung nicht hingeben.» Das klingt recht vernünftig; daraus spricht weniger Liebe und mehr gesunder Verstand, als es früher manchmal den Anschein hatte, das beruhigt mich sehr. Alles wird gut gehen und angemessen im Sande verlaufen. Es ist nicht zu vermuten, dass er an Weihnachten nach Hampshire kommt, und so wird unsere Gleichgültigkeit höchstwahrscheinlich bald auf Gegenseitigkeit beruhen, es sei denn, seine Zuneigung, die anfänglich der Unkenntnis meiner Person entsprang, wird dadurch befeuert, dass er mich nie sieht. Mrs Lefroy äußerte sich nicht zu diesem Brief, sie sagte überhaupt nichts über ihn, was sich auf mich bezog. Vielleicht meint sie, sie habe schon zu viel gesagt. Als sie in Bath war, hat sie sehr oft die Mapletons besucht. Christian ist immer noch in äußerst schlechter Verfassung, er ist schwindsüchtig und wird wohl nicht mehr gesund werden. Mrs Portman erregt in Dorsetshire wenig Bewunderung; die Leute, wohlwollend wie immer, haben ihre Schönheit dermaßen übertrieben, dass die Nachbarschaft nun das Vergnügen hat, enttäuscht zu sein. Mutter will, dass ich Dir mitteile, ich sei eine sehr gute Hausfrau, wogegen ich mich nicht sträube, denn ich glaube tatsächlich, hierin liegt meine besondere Stärke, und zwar aus folgendem Grund – ich sorge immer dafür, dass die Gerichte auf den Tisch kommen, die mir schmecken, das ist nämlich der Hauptvorteil bei der Haushaltsführung. Es gab Kalbsragout, und morgen möchte ich Hammelfleisch mit Bohnen kochen. Demnächst werden wir ein Schwein schlachten. Nächsten Donnerstag findet in Basingstoke ein Ball statt. Unser gesellschaftliches Tun und Treiben hat sich wohltuend verringert, seit wir die Kutsche abgeschafft haben,20 sodass nun die mangelnde Bequemlichkeit unserer mangelnden Unternehmungslust entspricht. Vaters Sympathie für Miss Cuthbert ist herzlich wie eh und je, und er bittet Dich, Du mögest nicht vergessen, ihm von ihr oder ihrem Bruder zu berichten, sobald es etwas zu berichten gibt. Außerdem soll ich Dir sagen, dass eines seiner Leicester-Schafe, das er letzte Woche dem Fleischer verkauft hat, 27 ¼ Pfund pro Viertel gewogen hat.21 Vor zwei Tagen bin ich mit Vater nach Deane gegangen, um Mary zu besuchen, die immer noch von Rheumatismus geplagt ist, den sie zu gerne los wäre, und noch lieber wäre sie ihr Kind los, das ihr allmählich gründlich zur Last wird. Die Amme ist bereits eingetroffen und wirkt weder vom Aussehen noch vom Verhalten her besonders reizvoll, aber da ganz Hurstbourne behauptet, sie sei die beste Amme aller Zeiten, hofft Mary auf nach und nach wachsende Verbundenheit. Was haben wir für herrliches Wetter! Am frühen Morgen vielleicht nicht sehr zuträglich, aber mittags im Freien höchst angenehm und sehr gesund, zumindest glaubt das alle Welt, und Glaube macht selig. Für Edward ist trockenes Wetter ja wichtig. Noch brauche ich kein Feuer zu machen. Ich habe Dir wahrscheinlich noch nicht erzählt, dass Mrs Couthard und Anne (die früher in Manydown wohnte) gestorben sind, beide im Kindbett. Mary haben wir mit dieser Neuigkeit noch nicht beglückt. Harry St. John ist nun Geistlicher, er hat in Ashe zelebriert und macht sich sehr gut. Ich experimentiere gern bei meiner Haushaltsführung, zum Beispiel mit geschmorten Rinderbäckchen. Nächste Woche gibt es eins, und dazu möchte ich Klößchen reichen, damit ich mir wie in Godmersham vorkomme. Ich hoffe, George haben meine Zeichnungen gefallen. Vielleicht wäre er auch zufrieden gewesen, wenn sie weniger exakt ausgeführt worden wären, aber ein Künstler kann eben nicht schludern. Das Kindchen22 wächst und gedeiht sicherlich. – Sonntag. Von James habe ich soeben die Nachricht erhalten, dass Mary gestern Abend um elf Uhr von einem hübschen kleinen Jungen23 entbunden wurde und alles gut gegangen ist. Mutter hat darum gebeten, nicht benachrichtigt zu werden, solange nicht alles überstanden sei, und wir wussten geschickt zu verhindern, dass sie Verdacht schöpfte, obwohl Jenny, die von ihrer Herrin hiergelassen wurde, nach Hause zurückbeordert wurde … Gestern habe ich Betty Londe besucht, die sich eingehend nach Dir erkundigte und sagte, sie vermisse Dich schon sehr, da Du sie so oft besucht hättest. Das war ein indirekt an mich gerichteter Vorwurf, den ich leider verdient habe und aus dem ich lernen werde. Wenn ich das nächste Mal schreibe, und das wird Marys wegen sicher bald sein, werde ich George wieder ein Bild schicken. Mutter geht es weiterhin gut.

Deine

J. A.

Miss Austen

Godmersham

[Hier fehlt ein Brief vom Mittwoch, 21. November 1798.]

12. AN CASSANDRA AUSTEN

Von Steventon nach Godmersham

Sonntag, 25. November 1798

Steventon, Sonntag, 25. November

Liebe Schwester

Ich habe damit gerechnet, heute Vormittag von Dir zu hören, aber es kam kein Brief. Ich werde mir nicht die Mühe machen, Dir noch weiter etwas von Marys Kindern zu berichten, wenn Du, statt mir für die Nachricht zu danken, Dich immerzu hinsetzt und an James schreibst. Bestimmt ersehnt niemand Deine Briefe so glühend wie ich, und ich glaube nicht, dass irgendjemand sie so sehr verdient. Nachdem ich hiermit mein Herz erleichtert und meinen Ingrimm geäußert habe, gehe ich dazu über, Dir zu erzählen, dass es Mary weiterhin ganz gut geht und Mutter leidlich gut. Erstere habe ich am Freitag besucht, und obwohl ich sie am Dienstag zuvor vergleichsweise munter erlebt habe, war ich wirklich verblüfft, welche Besserung die drei Tage bei ihr bewirkt haben. Sie sah gut aus, war bester Laune und sprach viel lebhafter als Elizabeth bei unserer Abreise aus Godmersham. Auf das Kind habe ich nur einen kurzen Blick geworfen, weil es schlief, aber Miss Debary hat mir gesagt, seine Augen seien groß, dunkel und schön. Sie selbst sieht im Großen und Ganzen aus wie immer, arbeitet an Fileteinsätzen für ein Kleid aus Kammgarn und trägt etwas, was Mrs Birch einen Topfhut nennen würde. Damit ist Miss Debary kurz und knapp erfasst. Ich vermute, Du hast schon von Henry selbst gehört, dass seine Angelegenheit glücklich geregelt wurde. Wir wissen nicht, wer für seine Kreditwürdigkeit bürgt.24 Mr Mowell hätte es bereitwillig getan, wäre nicht sein gesamter Besitz in Oxfordshire aus dem gleichen Grund schon für den Colonel reserviert. Ziemlich komisch! Unser Familienleben ist zurzeit etwas aus den Fugen, denn Nanny liegt seit drei, vier Tagen mit Schmerzen in der Seite und Fieber im Bett, und wir brauchen zwei Zugehfrauen, was ziemlich unbequem ist. Es geht ihr inzwischen wesentlich besser, aber es dauert bestimmt noch eine Weile, bis sie wieder etwas tun kann. Wahrscheinlich findet ihr, Edward und Du, es komisch, dass ich mich jetzt von Nanny Littlewart frisieren lasse. Der Tanz am Donnerstag war wirklich eine winzige Veranstaltung, wir hatten höchstens so viel Platz wie auf einer Schmacke25 in Oxford. Es waren nur sieben Paare und insgesamt nur siebenundzwanzig Gäste im Raum. Der Hausierer aus Overton besaß die Freundlichkeit, mich um einiges Geld zu erleichtern, im Austausch gegen sechs Unterhemden und vier Paar Strümpfe. Das irische Leinen ist nicht so fein, wie ich es gern hätte, aber weil ich dafür nicht mehr Geld ausgegeben habe als geplant, habe ich keinen Grund, mich zu beklagen. Es hat mich 3 Sh. 6 P. das Yard gekostet. Es ist immerhin feiner als unser letztes und kein so raues Tuch. Wir haben Fitz-Albini26 geliefert bekommen; Vater hat es gekauft. Ich war insgeheim dagegen, denn es widerstrebt mir, das einzige von Egertons Werken zu kaufen, das seiner Familie peinlich ist. Allerdings kannst Du Dir vorstellen, dass mich diese Bedenken nicht daran hindern, es zu lesen. Noch ist keiner von uns mit dem ersten Band fertig. Vater ist enttäuscht – ich nicht, denn ich habe nichts Besseres erwartet. Noch nie hat ein Buch das Innenleben eines Autors so deutlich sichtbar gemacht. Alle Gefühle sind eindeutig die von Egerton. Eine Geschichte gibt es kaum, und das Wenige wird seltsam zusammenhanglos erzählt. Es werden viele Personen eingeführt, aber anscheinend nur, um sie zu beschreiben. Bisher haben wir niemanden erkannt außer Dr. und Mrs Hey und Mr Oxenden, mit dem er nicht besonders zartfühlend umgeht. Richte Edward aus, dass Vater Seward für die letzte Partie Schafe 25 Sh. das Stück gezahlt hat; als Gegenleistung hierfür erhofft sich Vater einige von Edwards Schweinen. Wir haben Boswells27TagebucheinerReisenachdenHebriden bekommen und erhalten demnächst sein Buch DasLebenSamuelJohnsons