Lola in geheimer Mission (Band 3) - Isabel Abedi - E-Book

Lola in geheimer Mission (Band 3) E-Book

Isabel Abedi

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Beschreibung

"Mein Name ist Fond. Jane Fond." Als weltberühmte Geheimagentin rettet Lola Nacht für Nacht die Welt. Tagsüber ist sie als Spionin leider weniger erfolgreich. Dabei steckt das Restaurant ihres Vaters in ernsten Schwierigkeiten: Ein bekannter Kritiker droht, einen schlechten Artikel über das Lokal zu schreiben. Und das nur, weil die Kellnerin ihm ein Glas Eiswürfel über die Hose geschüttet hat und er einen Hamster, der zufällig eine Runde durch das Restaurant dreht, für eine Ratte hält! Wie echte Geheimagentinnen setzen sich Lola und ihre Freundin Flo auf die Fährte des Mannes und spionieren ihn aus. Ihr Ziel: den Artikel vernichten, bevor er gedruckt wird! Eine gefährliche Mission - die noch komplizierter wird, als Lola sich zu allem Übel in den Sohn ihres Erzfeindes verliebt ... Die warmherzig und humorvoll erzählte Spiegel-Bestseller-Reihe der renommierten Autorin Isabel Abedi um das beliebte Mädchen Lola, ihre Familie und ihre Freunde.

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Seitenzahl: 160

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www.lola-club.de

1.

DIE HUBBA-BUBBA-KATASTROPHE UND MEIN ALLERLETZTER GEBURTSTAGSWUNSCH

In der Nacht vor meinem zehnten Geburtstag war noch alles gut. Zu gut vielleicht und Oma sagt ja auch, man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Oder die Nacht nicht vor dem Morgen. Aber ich hatte ganz einfach Außerordentliches geleistet.

In der Nacht vor meinem zehnten Geburtstag rettete ich die Menschheit vor der Hubba-Bubba Katastrophe.

Der Feind – ein gefürchteter Kinderhasser namens Koppenrat – hatte gedroht, weltweit alle Hubba-Bubba-Kaugummis zu vergiften, und auf diesen Fall hatte man mich angesetzt. Mich: deutsch-brasilianische Topagentin und einzige Kinderagentin der Welt.

Ich hatte schon zahlreiche Aufträge erfolgreich ausgeführt, aber dieser hier war wirklich sehr, sehr bedrohlich.

Koppenrat hatte ein tödliches Gift entwickelt, das er in sämtlichen Supermärkten in die Hubba-Bubba-Packungen spritzen wollte. Was geschehen würde: Ahnungslose Kinder würden Hubba-Bubba-Kaugummis kaufen und kauen. Dann würden sie Blasen machen – und dann würden sie sterben.

Denn das Gift in den Kaugummis würde die Hubba-Bubba-Blasen mit einem Platzgas füllen. Erst würden die Kaugummiblasen groß wie Heißluftballons werden. Die Kinder würden mit ihren Hubba-Bubba-Heißluftballonblasen in die Luft steigen und in 70000Kilometern Höhe würde das Platzgas dann zum Einsatz kommen. Die Hubba-Bubba-Blasen würden explodieren.

Und die Kinder: Absturz und Tod.

Diese Katastrophe zu verhindern, war also meine Mission. Mir blieb genau eine Stunde Zeit. Für normale Menschen eine unvorstellbare Leistung, aber für mich und meine Spezialausrüstung eine Kleinigkeit.

Mithilfe meines Nachtweltweitsichtgerätes, siebzehn falscher Pässe und meines Spionagekulis spionierte ich den Feind aus und ertappte ihn auf frischer Tat in einem Supermarkt.

Koppenrat hatte bereits die erste Hubba-Bubba-Packung mit einer Spritze vergiftet und lachte ein heiseres, böses Lachen. Ich legte ihm meine Hand auf die Schulter.

Koppenrat drehte sich um, sah mich spöttisch an und fragte: „Was bist denn du für ein Dämchen?“

Ich lächelte.

Und dann sagte ich: „Mein Name ist Fond. Jane Fond.“

Das reichte, mehr brauchte ich nicht zu sagen.

Koppenrat ließ die Spritze fallen. Grüner Angstschaum quoll aus seinem Mund. Und dann schlug ich ihn mit seiner eigenen Waffe. Ich hielt ihm die vergiftete Hubba-Bubba-Packung unter die Nase und befahl: „Auspacken.“

Was blieb Koppenrat anderes übrig? Er packte einen Kaugummi aus.

Ich sagte: „Kauen.“

Koppenrat kaute.

Ich sagte: „Blase machen.“

Koppenrat blies die Backen auf und machte eine Blase. Der Hubba-Bubba-Kaugummi fing an zu wachsen.

Koppenrat schwebte durch die Kaugummiabteilung, vorbei an der Wursttheke und den Sonderangeboten und von dort zum Ausgang. Draußen dann weiter in den Himmel hinein. Ich sah ihm mit meinem Nachtweltweitsichtgerät hinterher. Irgendwo zwischen Mars und Jupiter kam Koppenrats Platzgas zum Einsatz. Peng. Feind im Weltall. Und ich, Kinderagentin Jane Fond, war die Heldin der Nacht. Ich hatte die Welt gerettet und Koppenrat auf den Mars geschickt.

Dieser Gedanke gefiel mir so gut, dass ich darüber wieder richtig Ich wurde. Jane Fond war ich nämlich erst seit zwei Wochen, und das auch nur nachts, wenn ich nicht schlafen konnte.

Wenn ich richtig Ich bin, bin ich Lola. Lola Veloso, Tochter von Papai und Mama, Enkeltochter von Oma und Opa, Nichte von Tante Lisbeth und beste Freundin von Flo.

Koppenrat ist in der wirklichen Welt mein Mathelehrer, aber manchmal ist er auch der Feind. Flo sagt, Herr Koppenrat ist ein Mistkerl, weil er keine Mädchen mag. Man merkt es daran, dass er uns im Unterricht oft „Dämchen“ nennt. Dämchen, ich meine, geht’s noch?

Und heute, am letzten Schultag vor den Herbstferien, hatte Herr Koppenrat mir meine Hubba-Bubba-Packung weggenommen, nur weil ich sie im Unterricht neben mein Federmäppchen legen wollte.

Ich liiiiiebe Hubba-Bubba-Kaugummis und manchmal tröstet es mich schon, sie nur anzuschauen. So war es auch an diesem Morgen. Wir schrieben einen sehr, sehr schweren Mathetest, und weil ich keine Aufgabe lösen konnte, holte ich die Hubba-Bubba-Packung raus, die ich mir von meinem letzten Taschengeld gekauft hatte. Hubba-Bubba mit Colageschmack, meine Lieblingssorte. Und was hat Herr Koppenrat gemacht? Er hat mir die Kaugummis weggenommen und mit einem ganz gemeinen Lächeln gesagt: „Wenn das Dämchen alles richtig hat, kriegt es die Kaugummis nach den Ferien wieder. Wenn nicht, gibt’s stattdessen eine Tüte Froschgummis.“

Annalisa kicherte, aber Flo neben mir ballte die Hand zu einer Faust und ich hätte Herrn Koppenrat für seinen miesen, fiesen Witz am liebsten in die Finger gebissen.

Natürlich kriege ich die Kaugummis nach den Ferien nicht wieder, denn wer keine Aufgabe gelöst hat, kann auch keine Aufgabe richtig haben. So viel kann selbst ich mir ausrechnen. Und das mit den Froschgummis war nun wirklich das Allerletzte! Herr Koppenrat weiß ganz genau, dass ich eine Froschphobie habe. Eine Phobie ist eine sehr, sehr große Angst, die ich vor Fröschen habe, und damit ist kein bisschen zu spaßen. Aber trotzdem. Weder der blöde Mathetest noch der furzkackeblöde Koppenrat konnten mir die gute Laune verderben. Morgen waren Ferien. Morgen war ich zehn.

Und jetzt war es fünf Minuten vor Mitternacht und ich war sozusagen fünf Minuten vor zehn. Meine Kopfhaut kribbelte, wie immer, wenn ich aufgeregt bin, und weil ich jetzt erst recht nicht schlafen konnte, beschloss ich, mir in der Küche ein Glas Saft zu holen. Mama war schon seit Stunden im Bett, weil sie heute Frühschicht im Krankenhaus gehabt hatte und nach der Arbeit hundemüde war.

Papai ist um diese Zeit sonst immer in der Perle des Südens, unserem brasilianischen Restaurant am Hafen. Aber heute hatte Penelope Dienst, und weil mal wieder wenig los war, konnte Papai zu Hause bleiben.

Opa war anscheinend auch schon zurück. Ich hörte seine Stimme durch die Küchentür und meine Kopfhaut kribbelte noch stärker.

„Gleich könnt ihr einer gratulieren, die zehn ist“, wollte ich schon rufen. Aber dann blieb ich stehen, die Klinke in der Hand. Opas Stimme klang so komisch. So gedämpft, als würde Opa durch einen großen Wattebausch sprechen. Daher verstand ich auch nur einzelne Worte und selbst die verstand ich nicht richtig, weil ich nicht wusste, was sie bedeuten.

„Steuernachzahlung“, sagte Opas Wattebauschstimme, und „Kredithaie fressen Rücklagen“, und „drehen Geldhahn zu“.

Hä? Was waren denn Kredithaie? Haifische, die Rücklagen fraßen? Aber was waren Rücklagen? Und was war ein Geldhahn? Oje. Erwachsene haben wirklich die seltsamsten Ausdrücke. Papai verstand Opa scheinbar auch nicht. „Und was bedeutet das?“, hörte ich ihn fragen.

Opas Wattebauschstimme sagte irgendwas wie „Eng für Penelope“, und „Restaurant muss brummen“.

Warum Rücklagen fressende Kredithaie und zugedrehte Geldhähne eng für Penelope werden sollten, verstand ich wieder nicht, aber dafür das andere. „Das Restaurant muss brummen“ hieß, die Perle des Südens brauchte mehr Gäste. Das sagte Opa in letzter Zeit ständig, denn richtig voll war es im Restaurant fast nie. „Letztes Mal vor drei Wochen“, hörte ich Papai durch die Küchentür sagen.

Ja, vor drei Wochen hatte die Perle des Südens gebrummt! Da hatte ein Gast seinen Geburtstag gefeiert und Penelope hatte für ihn gesungen, in ihrem engen Glitzerkleid. Wenn Flos Mutter auf unserer Restaurantbühne singt, strahlen ihre blauen Augen und sie sieht aus wie ein Superstar.

Das muss der Gast, ein Mann mit blondem Zopf, wohl auch gefunden haben, denn er schenkte Penelope eine Rose und wollte ihr sogar eine Arbeit anbieten. In seinem Fünfsternehotel mit Bar und Livemusik. Aber darüber hatte Penelope natürlich nur gelacht.

„Schließlich ist sie unsere Kellnerin“, murmelte ich, während meine Hand noch immer auf der Türklinke lag. Mittlerweile war es sicher schon Mitternacht und ich war zehn. Zehn!

Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich jetzt nicht in die Küche gehen sollte. Ich hörte Papai sagen: „Vielleicht wäre es gut, wenn die Zeitung etwas über die Perle des Südens schreibt. So was ist doch immer eine gute Werbung.“

Opas Wattebauschstimme sagte irgendwas von „abgesagt“, „ausgebucht“ und von einem Restauranttester, den er letzte Woche angerufen hatte. Obwohl ich schon wieder nicht wusste, was er damit meinte, fand ich Papais Idee mit der Zeitung gut.

Mit der Zeitung hatte ich in den letzten Wochen nämlich viel erlebt. Ich war Reporterin und stand mit meinem Artikel auf der Titelseite unserer Schülerzeitung.

Jetzt stand ich mit nackten Füßen vor der Küchentür und kam mir plötzlich wirklich wie eine Spionin vor. Was Opa gesagt hatte, klang irgendwie gefährlich. Aber Papais Idee klang beruhigend. Ich ging zurück ins Bett und schickte einen allerletzten Geburtstagswunsch in den Himmel.

„Ich wünsche mir“, flüsterte ich, „dass die Perle des Südens in die Zeitung kommt.“

Dann drückte ich die Daumen und dann fiel mir plötzlich etwas ein, was Opa manchmal sagt: „Mit Wünschen soll man vorsichtig sein, denn sonst gehen sie in Erfüllung und dann hat man den Salat.“

Dieser Satz plumpste irgendwie in meinen Kopf und dann flutschte er runter in meine Brust und dort setzte er sich fest und es fühlte sich plötzlich so an, als hätte ich einen Splitter im Herzen. Seltsam war das. Und so unangenehm, dass ich mir wünschte, ich hätte mir nichts gewünscht, obwohl es doch eigentlich ein guter Wunsch war.

Aber Opa hatte recht. Am Abend meines zehnten Geburtstages sah alles danach aus, als ob sich mein Wunsch erfüllen würde. Und darüber sollte ich mir in den nächsten Wochen solche Vorwürfe machen, dass ich fast daran erstickte.

2.

GEBURTSTAGSSPRINGEN UND GESCHENKE

Am nächsten Morgen wurde ich davon wach, dass sich eine klebrige Patschehand auf meine Wange legte. Ich war noch so verschlafen, dass ich erst mal gar nicht wusste, was los war. Aber schon im nächsten Moment presste sich ein ebenso klebriger Mund auf mein Ohr und daraus brüllte es in Mikrofonlautstärke: „OLA BURZELTAG!“

„Au! Willst du mich umbringen?“ Empört fuhr ich in die Höhe, rieb mir das Ohr und starrte meiner Tante ins marmeladenverschmierte Gesicht. Tante Lisbeth verzog ängstlich den Mund, aber als ich sie in den Arm nahm, strahlte sie wieder.

Dann sah ich auch die anderen: Oma, Opa, Papai und Mama – alle standen sie vor meinem Bett, zündeten Wunderkerzen an und sangen Happy Birthday.

Jetzt strahlte ich auch, vor allem, als Papai das Ganze noch mal auf Brasilianisch sang. Für eine Sekunde musste ich an gestern Nacht denken und suchte in Papais Augen nach Sorgenschatten, aber sie funkelten wie schwarze Diamanten. Auch auf Opas Mondgesicht erschien ein Lächeln.

„Fertig zum Geburtstagsspringen?“, fragte Mama, nachdem sie mir zehn Knallküsse auf die Nase gegeben hatte. Klar war ich fertig! Mit einem Satz war ich aus dem Bett und raste in die Küche. Geburtstagsspringen ist bei uns eine Gewohnheit, die sich Opas Opa einmal ausgedacht hat, weil sie Glück bringen soll. Ich liiiiiebe Geburtstagsspringen und bisher hat es mir auch immer Glück gebracht. Es geht übrigens so: Das Geburtstagskind steigt auf einen Stuhl und muss von dort in eine Plastikwanne mit kaltem Wasser springen, und zwar so oft, wie es alt wird. Je mehr Wasser man beim Springen verspritzt, desto mehr Glück hat man im neuen Lebensjahr.

Angeblich hat Opas Opa dieses Spiel bis zu seinem letzten Geburtstag gespielt – und es muss ihm Glück gebracht haben, denn er wurde 99Jahre alt und konnte mit seinem Holzbein Tango tanzen.

Mein Opa musste im Frühling immerhin 52-mal vom Stuhl springen und hat dabei das ganze Wasser verspritzt. Die Leute unter uns klopften wütend gegen die Decke, weil Opa nicht gerade der Dünnste ist, aber im selben Jahr wurde die Perle des Südens eröffnet und das war ein Glück für uns alle. Tante Lisbeth verspritzt nur wenig Wasser, aber sie ist ja auch erst zweieinhalb und braucht noch nicht so viel Glück.

Mit zehn braucht man jede Menge Glück und deshalb gab ich mir beim Springen auch die allergrößte Mühe. Meine Familie schrie: „Einmal Glück für Lola! Zweimal Glück für Lola –“ Doch dann, beim dritten Sprung, landete ich versehentlich mit dem Fuß am Rand der Wanne. Papai hielt mich fest, aber dafür kippte die Wanne um. Das ganze Wasser schwappte über den Küchenboden.

„Bringt das nun Glück oder Unglück?“, fragte ich ängstlich.

„Natürlich bringt es Glück, Cocada“, sagte Papai und stellte die Wanne wieder auf. Ich sprang noch siebenmal, aber ohne Wasser war es nicht mehr lustig und irgendwie hatte ich ein komisches Gefühl im Bauch.

Erst als mich Mama an den Geburtstagstisch führte, fing meine Kopfhaut wieder an zu kribbeln, denn jetzt kam das Beste. Geschenke! Gerade als ich mich daraufstürzen wollte, klingelte es. Zehnmal hintereinander.

„Das ist FLO!“, schrie ich und raste zur Tür.

Meine beste Freundin kam die Treppen hochgesaust und drückte mir ein wunderbares Ding in die Hand: einen Holzstab, umwickelt mit grünem Krepppapier, auf dem eine fußballgroße Kugel aus Alufolie steckte. Aus der Kugel ragten wie Igelstacheln Zahnstocher heraus. Es waren bestimmt hundert Stück und auf ihren Spitzen steckten Hubba-Bubba-Kaugummis mit Colageschmack. Nur auf einem Zahnstocher steckte eine winzige Streichholzschachtel. Darin war ein Ohrring. Ein winzig kleiner Glitzerstern.

„Wo ist denn der andere?“, fragte ich.

Flo tippte grinsend an ihr Ohr. „Den hab ich. Ich dachte, wir lassen uns Freundschaftsohrlöcher stechen, oder traust du dich nicht?“

„Logo trau ich mich!“, rief ich und ließ mich von Penelope drücken, die jetzt auch die Treppe hochgekommen war.

Flo schob sich in den Flur. „Ist die Bescherung schon vorbei?“

Ich schüttelte den Kopf und zog Flo ins Wohnzimmer, wo ich bei Kakao und Kuchen meine anderen Geschenke auspackte.

Von Penelope bekam ich eine CD mit Hits aus aller Welt. Opa schenkte mir das Computerspiel Agent Fuchs und von Oma bekam ich Bücher: Sie hießen Emil und die Detektive,Unter der Geisterbahn und Die geheime Welt der Spione.

Von meiner Oma Elizabetta und meinen sieben Tanten aus Brasilien waren Geburtstagskarten gekommen und Tante Lisbeth hatte mir ein Bild mit einem knallroten Kreis und wilden gelben Strichen gemalt.

„Ibsel hat Olas Burzeltuchen malt“, sagte sie stolz und ich versicherte ihr, das sei der schönste Geburtstagskuchen, den die Welt je gesehen hatte.

Mama und Papai schenkten mir einen Gutschein für eine neue Jacke und zwei Walkie-Talkies, die fast ganz oben auf meiner Wunschliste gestanden hatten. Es waren gebrauchte Walkie-Talkies, weil neue zu teuer waren, aber Mama sagte, sie funktionierten einwandfrei. Das Allerbeste kam zum Schluss: eine Pappschachtel, auf die Mama einen gelben Vogel gemalt hatte. Er flog aus einem geöffneten Vogelbauer in den Himmel.

„Dein Weg in die Freiheit “, sagte Mama lächelnd. Papai bekam feuchte Augen, wie immer, wenn er gerührt ist, und ich bekam ein Kopfhautkribbeln vom Feinsten. In der Schachtel lagen: ein Haustürschlüssel, ein Stadtplan von Hamburg, ein U-Bahn-Fahrplan, zwei Kinogutscheine und 20Euro Geburtstagsgeld.

„Heißt das …?“ Flo runzelte die Stirn, und ich schob stolz die Brust vor. JA! Das hieß, ich hatte einen eigenen Schlüssel, durfte alleine U-Bahn fahren und ins Kino gehen … kurz: Ich war so frei, wie es sich für eine Zehnjährige gehört.

„Boah! Und ich?“ Flo riss Penelope an der Lederjacke. „Ich bin schließlich schon fast elf!“

Das stimmte nun nicht, Flo war nur drei Monate älter als ich, aber Penelope zwinkerte ihr zu. „Für dich gilt dasselbe. Vorausgesetzt, ihr haltet euch an Absprachen, geht an keine gefährlichen Orte und sagt uns immer, wo ihr seid.“

Flo quetschte meine Hand und auf einmal war es fast, als hätten wir zusammen Geburtstag.

Meine Party würde ich erst am Samstag vor Schulbeginn feiern, und zwar mit Frederike aus meiner Klasse, die auch in den Ferien Geburtstag hatte. Ihr Vater hatte angeboten, dass wir bei ihm feiern durften, und Frederike hatte uns erzählt, dass er ein riesiges Landhaus mit Tieren hatte – und eine Scheune, in der wir übernachten konnten!

Darauf freute ich mich natürlich, aber ich fand es auch sehr schön, an meinem richtigen Geburtstag nur meine allerliebsten Menschen um mich zu haben.

Die Perle des Südens machte heute erst um sechs auf, sodass wir den Tag alle zusammen an der Elbe verbringen konnten. Papai spielte mit uns Fußball, Flo und ich kletterten auf Bäume, funkten uns auf meinen Walkie-Talkies Agentensprüche zu, spielten Lippenquetschen mit Opa, lasen in meinem neuen Spionebuch, grillten Stockbrot und Mäusespeck mit Tante Lisbeth und ließen uns die leuchtend warme Herbstsonne auf die Köpfe scheinen. Konnte das Leben als Zehnjährige besser anfangen?

3.

DER BRÜLLTYP UND DER COOLTUER

„Vor dem Abendessen muss ich noch Harms abholen“, sagte Flo, als wir um halb sechs unsere Sachen zusammenpackten. Harms ist Flos Hamster, der sich gerade von einem ziemlich fiesen Hamsterhusten erholt hatte. Klar, dass Flo ihn nicht so lange allein lassen wollte.

In Flos Straße war heute Straßenfest und Penelope spendierte uns an einem Schminkstand drei Gesichter: Flo wurde schwarze Glamourkatze, ich wurde Spinnenfrau und Tante Lisbeth, die mit uns gekommen war, ließ sich einen Totenschädel schminken.

Jetzt fehlte nur noch mein Geburtstagsessen in der Perle des Südens. Ich hatte mir von Zwerg Fejoada gewünscht. Zwerg ist unser Koch und Fejoada ist ein brasilianisches Gericht mit Bohnen. Ich liiiiiebe Bohnen, vor allem, weil Papai und ich danach immer ein wildes Pupskonzert machen. Wir knattern um die Wette, bis Mama sich Nase und Ohren zuhält und um Gnade fleht.

Aber als wir in die Perle des Südens kamen, war Zwerg ganz aufgelöst. Anstatt mir zum Geburtstag zu gratulieren, fuchtelte er wild mit seinen Händen in der Luft herum.

„Mohammed gestürzt! Ausgerutscht beim Spülen, jetzt im Krankenhaus“, sprudelte es aus ihm heraus.

Auweia! Mohammed ist unser Hilfskoch, den Flo und ich heimlich Berg nennen, weil er neben dem kleinen, dünnen Zwerg (der eigentlich Emilio heißt) wirklich wie ein Riesengebirge aussieht. Aber Berg ist der netteste Hilfskoch der Welt, und dass er jetzt im Krankenhaus war, tat mir furchtbar leid. Zwerg hatte alles allein vorbereiten müssen, das Essen fürs Restaurant und meine Fejoada. Die hatte er trotzdem gemacht, obwohl sie heute nicht auf der Speisekarte stand.

Während Flo und ich mein neues Agentenspiel auf dem Bürocomputer ausprobierten, deckte Mama den Geburtstagstisch. Die Fejoada schmeckte wahnsinnig gut und Papai und ich fingen danach auch gleich mit Knattern an. Tante Lisbeth lachte, aber dann fing sie an zu heulen, weil Oma ihr nicht erlaubte, Penelope mit Bohnen zu bewerfen. Meine Tante wirft für ihr Leben gern mit Essen, müsst ihr wissen, aber sie darf es nur mit grünen Trauben.

„Ich glaube, es wird Zeit fürs Bett“, sagte Oma, als Tante Lisbeth mit der einen Hand in ihren Bohnenteller patschte und Oma mit der anderen Hand ein Büschel roter Haare ausriss. Meine Tante kann ziemlich zornig werden und ich finde es erstaunlich, wie geduldig Oma mit ihrer kleinsten Tochter ist.

Mama fuhr auch mit nach Hause, weil sie am nächsten Tag Frühschicht hatte. Flo und ich wollten noch bleiben.

„Dann seid aber mucksmäuschenstill, wenn ihr heimkommt“, bat Mama. Flo durfte nämlich heute bei mir schlafen.

Ich wedelte mit meinem neuen Haustürschlüssel. „Klar sind wir leise. Und danke für den tollen Tag.“

Dann legte ich meine neue Geburtstags-CD ein und tanzte mit Flo auf unserer Restaurantbühne zu Cho-co-la-te, bis die ersten Gäste kamen und wir die Musik leiser drehen mussten. Papai stand schon hinter der Bar, Opa sortierte Rechnungen im Büro und Penelope bediente.

Obwohl heute Samstag war, kamen wieder nicht so viele Gäste und zwei davon waren auch noch ziemlich unfreundlich. Eine ältere Dame klopfte dauernd mit ihrem Stock auf den Boden, wenn Penelope nicht schnell genug gelaufen kam, und einen Mann mit Glatze und einem tätowierten Herz auf dem Arm hörte ich hinter Penelope herschimpfen: „Machen Se jefällichst ma Ihre Hausaufgaben, Frölleinchen, so jeht dat ja wohl jar nich!“