Löwen wecken - Ayelet Gundar-Goshen - E-Book

Löwen wecken E-Book

Ayelet Gundar-Goshen

4,3
13,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein Neurochirurg überfährt einen illegalen Einwanderer. Es gibt keine Zeugen, und der Mann wird ohnehin sterben – warum also die Karriere gefährden und den Unfall melden? Doch tags darauf steht die Frau des Opfers vor der Haustür des Arztes und macht ihm einen Vorschlag, der sein geordnetes Leben komplett aus der Bahn wirft. Wie hätte man selbst in einer solchen Situation gehandelt? Diese Frage schwebt über dem Roman, der die Grenzen zwischen Liebe und Hass, Schuld und Vergebung und Gut und Böse meisterhaft auslotet.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 552

Bewertungen
4,3 (38 Bewertungen)
22
5
11
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



INHALT

» Über die Autorin

» Über das Buch

» Buch lesen

» Impressum

» Weitere eBooks von Ayelet Gundar-Goshen

» Weitere eBooks von Kein & Aber

» www.keinundaber.ch

ÜBER DIE AUTORIN

Ayelet Gundar-Goshen, geboren 1982, studierte Psychologie in Tel Aviv, später Film und Drehbuch in Jerusalem. Für ihre Kurzgeschichten, Drehbücher und Kurzfilme wurde sie bereits vielfach ausgezeichnet. Ihr erster Roman, Eine Nacht, Markowitz (2013), dem der renommierte Sapir-Preis für das beste Debüt Israels zugesprochen wurde, wird derzeit verfilmt. Ayelet Gundar-Goshen lebt und arbeitet als Autorin und Psychologin in Tel Aviv.

ÜBER DAS BUCH

Es ist ein einziger Moment, der das Leben des Neurochirurgen Etan Grien von Grund auf verändert: der Moment, in dem er nachts auf einer einsamen Straße einen illegalen Einwanderer überfährt. Um Karriere und Familie zu schützen, entscheidet sich Etan, den Mann nach dem tödlichen Aufprall liegen zu lassen und den Unfall nicht zu melden. Doch dann kontaktiert ihn plötzlich die Ehefrau des Opfers: Sie habe den Unfall beobachtet, und für ihr Schweigen solle er ab sofort Nacht für Nacht den übrigen Einwanderern medizinische Hilfe leisten. Etan geht darauf ein, doch der gravierenden Auswirkungen dieses Paktes auf sein Leben wird er sich erst bewusst, als er wirklich alles zu verlieren droht.

Eine spannungsgeladene Geschichte über einen Mann, der einen falschen Schritt tut und diesen Weg dann weiterverfolgen muss – und ein brisanter Beitrag zu der Frage, welchen Wert »illegales Leben« in unseren Köpfen hat.

Für Yoav

Und er dachte sich gerade, dies sei der schönste Mond, den er je gesehen habe, als er diesen Mann umfuhr. Und als er ihn umfuhr, dachte er im ersten Moment immer noch an den Mond, dachte weiter an den Mond und hörte dann mit einem Schlag auf, als hätte man eine Kerze ausgeblasen. Er hört die Tür des Jeeps aufgehen und weiß, er ist derjenige, der sie öffnet, er derjenige, der nun aussteigt. Aber dieses Wissen ist nur lose mit seinem Körper verbunden, wie das Wandern der Zunge übers Zahnfleisch kurz nach der Betäubungsspritze, alles da, aber anders. Seine Füße treten auf den groben Wüstensand, er hört ein Knirschen bei jedem Schritt, und dieser Laut beweist ihm, dass er tatsächlich geht. Und irgendwo am Ende des nächsten Schritts erwartet ihn der Mann, den er umgefahren hat, von hier kann man ihn nicht sehen, aber er ist dort, noch einen Schritt, und er ist da. Der Fuß ist schon in der Luft, verlangsamt jedoch, möchte ihn hinausschieben, den nächsten, den endgültigen Schritt, nach dem nichts anderes mehr übrig bleibt, als den am Straßenrand liegenden Mann anzusehen. Könnte man diesen Schritt nur einfrieren, aber natürlich kann man diesen Schritt nicht einfrieren, ebenso wenig wie man den Moment davor einfrieren kann, den genauen Moment, in dem ein Jeep einen Menschen umfuhr, das heißt, den genauen Moment, in dem der Mann, der den Jeep lenkte, den Mann, der zu Fuß ging, umfuhr. Dieser Mann, der zu Fuß ging – erst der nächste Schritt wird zeigen, ob er noch ein Mensch ist oder bereits etwas anderes, ein Wort, das man nur denken braucht, und schon erstarrt der Fuß in der Luft, mitten im Schritt, denn am Ende des Schritts könnte sich zeigen, dass der Mann, der zu Fuß ging, kein gehender Mensch mehr ist, oder überhaupt kein Mensch mehr, nur noch die Hülle eines Menschen, eine aufgesprungene Hülle, und der Mensch ist weg. Und wenn der liegende Mann kein Mensch mehr ist, dann ist kaum auszudenken, was mit dem stehenden, bebenden Mann wird, der sich nicht einmal überwinden kann, einen einfachen Schritt fertig zu tun. Was mit ihm wird.

Erster Teil

1

Der Staub war überall. Eine dünne, weiße Schicht, wie der Puderzucker auf einer Geburtstagstorte, die kein Mensch wollte. Er sammelte sich auf den Wedeln der Palmen, auf den erwachsenen Bäumen, die von Lastwagen angekarrt und auf dem Hauptplatz in den Boden gesteckt worden waren, weil niemand jungen Setzlingen zutraute, in dieser Erde Wurzeln zu schlagen; er bedeckte die Wahlplakate, die drei Monate nach den Kommunalwahlen immer noch von den Balkonen der Häuser baumelten: Glatzköpfige, schnurrbärtige Männer spähen durch den Staub auf ihre potenziellen Wähler, einige mit kompetentem Lächeln, andere mit ernstem Blick, je nach Empfehlung des angeheuerten Medienberaters. Staub auf den Reklameschildern, Staub auf den Busstationen, Staub auf den Bougainvilleen, die schlapp vor Durst am Straßenrand rankten, Staub überall.

Trotzdem schien kein Mensch darauf zu achten. Die Einwohner von Beer Scheva nahmen den Staub genauso hin, wie sie alles Übrige hinnahmen – Arbeitslosigkeit, Kriminalität, mit zerbrochenen Flaschen übersäte Grünanlagen. Die Stadtbewohner erwachten allmorgendlich in staubbedeckten Straßen, gingen verstaubt zur Arbeit, machten Sex unter einer Staubschicht und gebaren Kinder, denen der Staub aus den Augen schaute. Manchmal überlegte er, wen er mehr hasste – den Staub oder die Einwohner von Beer Scheva. Vermutlich den Staub. Die Einwohner von Beer Scheva klebten ihm nicht jeden Morgen auf dem Wagen. Der Staub ja. Eine dünne, weiße Schicht, die das leuchtende Rot des Jeeps trübte und es in ein verblichenes Rosa verwandelte, eine Parodie seiner selbst. Wütend fuhr Etan mit einem Zeigefinger über die Windschutzscheibe und wischte etwas von der Schmach ab. Der Staub klebte auch noch an seiner Hand, als er sie an der Hose abgewischt hatte, und er wusste, er würde bis zum Händewaschen im Soroka-Krankenhaus warten müssen, um sich wieder wirklich sauber zu fühlen. Beschissen, diese Stadt.

(Manchmal hörte er seine eigenen Gedanken und erschrak. Dann erinnerte er sich daran, dass er kein Rassist war. Er wählte die Menschenrechtspartei Meretz. Er war mit einer Frau verheiratet, die früher, bevor sie sich in Liat Grien verwandelte, Liat Samocha geheißen, also einen echt irakischen Familiennamen getragen hatte. Nach dieser Aufzählung beruhigte er sich ein wenig, und dann konnte er diese Stadt wieder reinen Gewissens hassen.)

Als er ins Auto stieg, achtete er darauf, jede Berührung mit dem beschmutzten Finger zu vermeiden, als sei er gar nicht Teil seines Körpers, sondern eine Gewebeprobe, die er zur Untersuchung in der Hand hielt. Gleich würde er sie Prof. Sakkai vorlegen, damit sie sie gemeinsam mit wissbegierigen Blicken prüfen konnten – verrate uns, wer du bist! Aber Prof. Sakkai war jetzt viele Kilometer weit weg, erwachte an einem staubfreien Morgen in den grünen Straßen Raananas, setzte sich gemütlich in seinen silbrigen Mercedes und schlängelte sich durch die Verkehrsstaus der Landesmitte zum Krankenhaus.

Während Etan noch zügig durch die leeren Straßen von Beer Scheva fuhr, wünschte er Prof. Sakkai mindestens eine Stunde und fünfzehn Minuten Stillstand an der Geha-Kreuzung, mit kaputter Klimaanlage und verschwitztem Hemd. Doch er wusste sehr wohl, Mercedes-Klimaanlagen gingen nicht kaputt und die Staus an der Geha-Kreuzung waren nur eine süße Erinnerung an das, was er bei seinem Umzug hierher zurückgelassen hatte – die Metropole. Den Ort, wo alle hinwollten. Stimmt, in Beer Scheva gab es keine Verkehrsstaus, und das betonte er auch in jedem Gespräch mit Bekannten aus dem Landeszentrum. Aber wenn er das tat – mit dem gefälligen Lächeln und dem klaren Blick eines edlen Wüstenbewohners –, dachte er immer, dass es auch auf dem Friedhof keine Staus gebe, und doch wollte er dort nicht wohnen. Die Häuser entlang der Reger-Allee erinnerten tatsächlich an einen Friedhof. Eine verblichene, einheitliche Reihe von Steinklötzen, die einmal weiß gewesen waren, heute jedoch an Grau grenzten. Riesige Grabmäler, aus deren Fenstern hier und da ein müdes, staubiges Gespenstergesicht blickte.

Auf dem Parkplatz des Soroka traf er Dr. Zendorf, der ihn mit breitem Lächeln fragte, »und wie geht es Dr. Grien heute?«, worauf Etan sich ebenfalls ein schiefes Lächeln abrang, es nach besten Kräften übers Gesicht verteilte und antwortete, »alles in Ordnung«. Dann passierten sie gemeinsam das Krankenhaustor, tauschten das Klima und die Uhrzeit, die die Natur ihnen aufzwang, gegen die dreiste Anmaßung von Klimaanlagen und künstlicher Beleuchtung, die ewigen Morgen und nie vergehenden Frühling verhießen. Am Eingang zur Station verließ Etan Dr. Zendorf, um sich den staubigen Finger lange am Waschbecken zu schrubben, bis eine junge Schwester vorbeikam und anmerkte, er habe die Finger eines Pianisten. Das stimmt, dachte er, er hat die Finger eines Pianisten. Frauen sagten ihm das immer. Aber das einzige Instrument, das er spielte, waren defekte, angeknackste Neuronen, auf denen er mit behandschuhten Händen klimperte, um zu sehen, ob er ihnen eine Melodie entlocken konnte.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!