Lucy Longfinger – einfach unfassbar!: Gefährliche Geburtstagsgrüße - Anja Habschick - E-Book
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Lucy Longfinger – einfach unfassbar!: Gefährliche Geburtstagsgrüße E-Book

Anja Habschick

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Beschreibung

Unfassbar schlau, unfassbar schnell – und einfach unfassbar! Lucy Longfinger ist clever, hat ein großes Herz – und sie ist die schnellste Diebin Kaliforniens. Deshalb ist auch der gefürchtete Gangsterboss Ratto hinter ihr her: Lucy soll für ihn arbeiten, sonst wird er ihre Eltern an seine Piranhas verfüttern. Stichtag ist Lucys 13. Geburtstag – und der ist bereits in zehn Tagen! Fieberhaft sucht Lucy nach einem Ausweg. Zum Glück ist da noch Toni Morelli, der Junge aus dem Eissalon, der Lucys Liebe für Mango-Chili-Eis teilt und sich auch von einer Meisterdiebin nicht abschütteln lässt … Lucy Longfinger – einfach unfassbar! Alle Abenteuer von Lucy Longfinger – einfach unfassbar!: Band 1: Gefährliche Geburtstagsgrüße Band 2: Explosive Entdeckung Band 3: Tödliche Täuschung (in Vorbereitung) Serie bei Antolin gelistet

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Seitenzahl: 254

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Ähnliche


Anja Habschick

Lucy Longfinger – einfach unfassbar!

Gefährliche Geburtstagsgrüße Band 1

FISCHER E-Books

Inhalt

In einer schmuddeligen Hafenkneipe in Mable Beach, KalifornienKapitel 1 Ein richtiger ProfiKapitel 2 Reden ist Silber, Schweigen ist GoldKapitel 3 VolltrefferKapitel 4 Ein Longfinger hat keine Freunde!Kapitel 5 Der AuftragKapitel 6 ÜberredetKapitel 7 Es geht los!Kapitel 8 Gangster unter sichKapitel 9 Toni will mitmachen!Kapitel 10 Einfach hereinspaziertKapitel 11 Was für eine Erfindung!Kapitel 12 Toni – kenn ich nicht!Kapitel 13 Eine Lady mit SchnurrbartKapitel 14 Gar nicht so schwerKapitel 15 Einmal entführen, bitte!Vor der Villa des Bankdirektors in der Greenwood AvenueKapitel 16 Luigi LongfingerKapitel 17 Alles nach PlanKapitel 18 Luigi Longfinger schlägt zuKapitel 19 Die MaskeKapitel 20 Kleine HeldenKapitel 21 Matteo geht an BordKapitel 22 Piranhas küsst man nichtKapitel 23 GangsterparkourKapitel 24 Darf ich vorstellen?Kapitel 25 Der StrafzettelSechs Wochen späterLongfinger-KodexDanksagungLeseprobe

Für Marlene und Rosa

In einer schmuddeligen Hafenkneipe in Mable Beach, Kalifornien

Pling. Der Mann mit dem schwarzen Anzug und den schwarzen Handschuhen war klein und schmächtig. Trotzdem sah er gefährlich aus. Er schaute sich das Foto an, das gerade auf seinem Handy eingegangen war. Noch echt jung, die Kleine. Nicht besonders auffällig. Dunkelblonde Haare, blaue Augen, Pferdeschwanz. Etwas abstehende Ohren. Igitt, auf ihrer Schulter saß eine weiße Maus. Er hasste Mäuse! Schnell steckte er das Handy ein und trank sein Bier aus. Zusammen mit seinem Kumpel würde er die Kleine ordentlich einschüchtern!

Kapitel 1Ein richtiger Profi

»So«, sagte Lucy und schlug das grüne Buch zu, in dem sie die Einnahmen der letzten Woche eingetragen hatte. Fertig mit der Arbeit! Sie saß an ihrem riesigen Schreibtisch aus schwerer Eiche. Ihre schwarze Lederjacke hing über der Stuhllehne. Die trug sie fast immer, denn sie wollte keine »süße Kleine« sein – obwohl das manchmal auch ganz hilfreich war.

Lucy legte das Buch zurück in die Schublade und schloss sie ab. Den Schlüssel schob sie in die Armlehne ihres Stuhls. Also: Sie hatte die Codes der Geheimfächer geändert und die Annahme der Ware aus Los Angeles geregelt. Der Kontaktmann würde für ihren Vater die geklauten Bilder begutachten und an den Zwischenhändler geben. Außerdem hatte sie die Skizze für den Fluchtweg nach dem Beutezug am kommenden Mittwoch angefertigt. Sie hatte ihrem Cousin Jacky Bescheid gegeben – er würde um Punkt zwölf Uhr den Papierkorb im Park leeren und das Diebesgut in einem Rucksack über den Zaun in den Garten werfen.

Alles eingetragen, alles geregelt. Ihr Vater würde zufrieden sein. Wo blieb der eigentlich?

Lucy trat ans Fenster und schob den Vorhang ein kleines Stück zur Seite. Nein, der blaue Lieferwagen ihres Vaters mit der Aufschrift Piano Service & Transport war noch nicht da. Sonst war auch alles unauffällig. Die Straße friedlich und menschenleer und kein Auto auf dem Parkstreifen, das verdächtig aussah, weil es rundum getönte Scheiben hatte oder jemand am Steuer saß, der betont unauffällig Zeitung las oder telefonierte.

Der Himmel war knalleblau, und die Luft flimmerte über dem Asphalt. Bei dieser Hitze blieb Lucy besser drin. In der alten Villa war es schön kühl und dunkel. Und eine kleine Pause hatte sie sich auch verdient.

»Rück mal, Cash.« Sie schob den schokobraunen Riesenzottel, der sich auf ihrem Bett ausstreckte, etwas zur Seite. Er öffnete ein Auge und schielte zur Tür.

»Kannst noch liegen bleiben«, sagte Lucy zu ihm und kraulte ihn liebevoll hinter dem Ohr. »Der Herr des Hauses ist noch nicht zurück.« Sie legte sich neben den großen Mischlingshund und starrte an die Decke. Nichts mehr zu tun. Nicht für den nächsten Auftrag, nicht für die Schule, und ihr Zimmer sah auch ordentlich aus. Na ja, zumindest einigermaßen. Und der Mäusekäfig war sauber. Lucy liebte ihre Mäusefamilie, am meisten Al Capone. Er benahm sich wie ein richtiger Minigangster und klaute sich immer heimlich Futter aus der Packung.

Lucy drehte sich zu Cash und drückte ihre Nase in sein langes Zottelfell. Heute war der erste Ferientag. Aber was hatte sie eigentlich davon? Sie fuhren nicht in den Urlaub, weil ihre Eltern dieses Ding im Juwelierladen planten.

»Die könnten sich ruhig mal wieder etwas Zeit für mich nehmen«, flüsterte Lucy Cash ins Ohr und seufzte. Alleine was unternehmen machte einfach keinen Spaß. Und Freunde hatte sie ja nicht, wenn man mal von Cash und den Mäusen absah. Keine Freunde außerhalb der Familie, Punkt 4 im Familienkodex der Familie Longfinger. Und an diese Regeln musste man sich blöderweise halten.

Die anderen in der Schule mochten Lucy. Sie war wieder zur Klassensprecherin gewählt worden. Weil sie die Sachen am besten regelte. Aber wenn es klingelte, packte Lucy ihre Sachen ein und ging. Manchmal hätte sie gerne noch gehört, was die anderen am Nachmittag vorhatten. Aber dann hätte sie sicher auch blöde Fragen zu ihren Eltern oder ihrer alten, geheimnisvollen Villa beantworten müssen. Und sie durfte nun mal nichts preisgeben. Ja, der Kodex. Lucy seufzte noch einmal, als sie an die vielen Regeln dachte, die alle Longfingers seit fast sechshundert Jahren auswendig lernen mussten.

»Immer locker bleiben, Lucy«, sagte sie dann laut. »Seit wann lässt du dir von ein paar Regeln die Laune verderben?«

In diesem Moment klingelte es an der Tür, und sofort ging der Alarm los, ein feiner Ton, der in allen Räumen surrte. Türen schlossen sich automatisch, und Gemälde, die nicht an ihrem Platz waren, glitten zurück. Das Klavier im Wohnzimmer, auf dem nie jemand spielte, rollte zur Seite und gab eine Falltür frei, die sich für genau zweiundzwanzig Sekunden öffnete. Diese Zeit reichte aus, um aus allen Zimmern den Fluchttunnel zu erreichen, den die Falltür verbarg. Lucys Ururgroßvater Jim Longfinger hatte ihn vor über hundert Jahren angelegt.

»Mann!«, brummte Lucy. »Wo ich gerade so bequem liege!« Das musste das angekündigte Paket sein. Lucy schwang die Beine wieder aus dem Bett und ging die breite Treppe der Villa hinab, Cash dicht neben sich. Sein Kopf reichte fast bis an Lucys Schulter. Sie zählte die Sekunden runter. Als die Falltür wieder zugeschnappt war und das Klavier wieder an seinem Platz stand, warf Lucy einen Blick auf den Bildschirm der Türkamera. Zwei Männer in dunklen Anzügen mit schwarzen Handschuhen. Das Paket hatte in etwa die Größe eines Schulrucksacks. Lucy drehte sich zur Uhr um – gleich Viertel vor vier. Eine Viertelstunde zu früh. Sie öffnete die schwere Tür einen kleinen Spalt weit, ließ die Kette aber eingehakt.

»Obacht!«, krähte es aus der Küche. Miss McPie musste sich mal wieder einmischen. »Lass niemanden rein, der nicht Longfinger heißt oder sich für einen Longfinger das Ohr abschneiden ließe. Punkt 12 im Longfinger-Kodex«, krächzte die alte Krähe.

»Ja, ja«, brummte Lucy. »Ich kenn den Familienkodex genauso auswendig wie du!« Doch Miss McPie hatte ihren Kopf schon wieder unter ihren Flügel gesteckt.

Lucy wusste, dass ihr Vater um vier Uhr eine Lieferung für das anstehende Gangstertreffen erwartete. Aber er war noch nicht zurück von der Bank of America, wo er Skizzen von der Umgestaltung der Tresorräume anfertigte. Und Lucys Mutter war gerade beim Schmuckladen Goldrush, wo sie Interesse an einem Ring vorgab und dabei die Lage der Überwachungskameras checkte. Lucy war allein.

»Lucy Longfinger?« Der größere der beiden Männer hatte Froschaugen, die sich aus dem Kopf herauswölbten. Lucy nickte durch den Türspalt.

»Eine Lieferung für Victor Longfinger.« Lucy nickte wieder.

»Gut, dann mach die Tür auf. Das Paket passt nicht durch den Türspalt, wie du siehst.«

Die Tür aufmachen? Nie im Leben! Ihre Eltern wären stinksauer! Aber ihr Vater wäre oberstinksauer, wenn sie die Lieferung nicht annehmen würde.

»Stellen Sie das Paket vor die Tür«, forderte Lucy. Der Mann mit den Froschaugen trat näher an den Spalt. Er stank nach Zigarren.

»Und was soll ich dem Boss erzählen? Dass wir die Ware einfach vor der Tür abgestellt haben?«

Lucy spürte ein flaues Kribbeln im Magen. Von welchem Boss redeten die denn? Sie schwitzte. Türkette abmachen oder nicht? Sie warf einen Blick auf Cash. Er knurrte und zeigte die Zähne. Okay, Cash würde sie beschützen. Lucy atmete tief durch und klinkte die Kette aus.

»Na, geht doch!«, sagte der andere Typ und drückte heftig die Tür auf. Und schon waren sie drin! Dafür hatte Lucy dem Kleineren schon heimlich eine Karte aus der Hosentasche gezogen.

»Hund weg«, zischte Froschauge. Er schob die Haustür zu.

»Cash, sitz«, befahl Lucy. Ihre Stimme zitterte etwas.

»Braves Mädchen«, sagte der andere. Dieser blöde Spruch sorgte dafür, dass Lucy wieder mutiger wurde. »Ich bin kein braves Mädchen!«

Froschauge lachte. »Wissen wir. Du bist eine Longfinger, ein echtes Gangstergirl.« Lucy zog die Karte aus ihrer Tasche. »Und wer sind Sie? Lassen Sie mal sehen …« Sie warf einen Blick auf die Karte. Es war ein Mitgliedsausweis vom City Boxing Club. Lucy erstarrte, als sie den Namen las. Mario Scirpone. Ihr Vater hatte ihn oft genug erwähnt. Scirpone arbeitete für King Ratto – den Erzfeind der Familie Longfinger. Verdammt! Was wollte der denn hier? Und sie hatte die Kette abgemacht. Ihr Vater würde ausflippen!

»Oh, welch hoher Besuch in unserem Haus!«, sagte sie so cool wie möglich.

Der Mann griff nach seiner Karte. Doch Lucys Hand war schon weg.

»Sofort her damit!« Die Männer nickten sich zu und nahmen Lucy in die Mitte. Scirpone war kleiner und schmächtiger als Froschauge, doch sein Blick zeigte, wie gefährlich er war. Cash knurrte und sprang Froschauge an.

»Warte, Cash«, sagte Lucy schnell. »Zerfleischen kannst du sie gleich noch, wenn ich weiß, was sie wollen.« Sie wunderte sich selbst, wie eiskalt sie klang, obwohl ihr ganz schlecht war vor Angst.

»So, du kleine Kröte, pass gut auf, was ich dir jetzt sage«, zischte Scirpone und riss Lucy seine Clubkarte aus der Hand. »Der Boss war sehr geduldig mit euch, geduldiger als mit allen anderen. Aber jetzt reicht’s ihm. Er verzichtet darauf, dass deine Eltern für ihn arbeiten, aber er will dich! Bis zu deinem Geburtstag musst du dich entscheiden: Entweder du schließt dich seiner Gangstertruppe an, oder …«, er lachte leise und fuhr sich mit dem Finger über den Hals, »Eddie schärft schon sein Messer. Er nimmt sich deine Eltern vor. Erst kommen die Fingerkuppen dran, dann die Zunge, du weißt schon. Seine hübschen kleinen Piranhas haben immer Hunger.« Sein Tonfall wurde bedauernd. »Was wäre das für ein Leben ohne Eltern? Also überleg’s dir gut, Longfinger.«

Lucy war starr vor Entsetzen. Bis zu ihrem Geburtstag? Der 25. Juni war in zehn Tagen! Ihr Vater hatte Rattos Drohungen immer abgetan. »Ein Longfinger arbeitet nur für einen Longfinger, und damit basta«, hatte er gesagt. »Und schon gar nicht für so einen skrupellosen Widerling, der sogar Kinder im Waisenhaus beklauen würde.«

Froschauge stieß Lucy seinen Zeigefinger in die Rippen. »Na, was ist?«

»Ich überleg’s mir«, murmelte Lucy. Ihr war jetzt wirklich kotzübel.

»Überleg nicht zu lange«, knurrte Froschauge. »Und kein Wort zu deinen Eltern!« Er stieß Lucy von sich, riss die Tür auf, und weg waren sie. Cash bellte ihnen hinterher.

Lucy schaffte es kaum, die Kette wieder einzuhaken, so sehr zitterte sie. Sie lehnte sich von innen gegen die Tür. Männer von King Ratto! Und sie hatte sie reingelassen! Das durften ihre Eltern niemals erfahren. Wie hatte sie nur so einen Anfängerfehler machen können!

Das Paket lag vor ihr auf dem Boden. Hatten sie damit nur reinkommen wollen, oder war wirklich was drin? Die hatten auf jeden Fall gewusst, dass sie alleine war und um vier Uhr eine Lieferung annehmen sollte! Lucy bückte sich. Doch kaum berührte ihre Hand das Paket, gab es einen lauten Knall. Lucy wurde zurückgeschleudert, und eine Stichflamme schoss auf sie zu.

Kapitel 2Reden ist Silber, Schweigen ist Gold

Lucys Stirn schien zu explodieren. Cash bellte wie verrückt, und jemand schrie – sie selbst! Lucy stürzte ins Bad und hielt den Kopf unter den Wasserhahn. Das tat gut! Sie schaute in den Spiegel. Da waren zwei rote Stellen an ihrer Stirn, die höllisch brannten. Und ein paar Haare waren angekokelt. Eigentlich sollte sie die Stirn länger kühlen. Aber sie musste zurück. Nicht, dass das Paket noch die ganze Villa in Brand setzte!

Lucy lugte vorsichtig um die Ecke und atmete erleichtert auf. Da lagen nur die Reste des Pakets und schwelten vor sich hin. Lucy riss eine alte Jacke von der Garderobe und warf sie darüber.

Das war eine Warnung von Ratto gewesen! So lange, wie Lucy denken konnte, wurde ihre Familie schon vom selbsternannten »King« Ratto, dem gefürchtetsten Gangsterboss Kaliforniens, bedroht. Aber sie hatten sich immer geweigert, für ihn zu arbeiten. Der Longfinger-Kodex sagte in Punkt 6: Ein Longfinger arbeitet nur für einen Longfinger.

Und King Ratto war eine ganz andere Art von Gangster als die Longfingers. Kalt und grausam. Und maßlos gierig.

Die Longfingers klauten so viel, wie sie brauchten. Na ja, manchmal ein wenig mehr. Aber nur von denen, die auf einem Haufen Geld saßen und nichts Sinnvolles damit taten. Und jetzt wollte King Ratto gar nicht mehr ihre Eltern, sondern Lucy! Hatte der etwa vor, eine Nachwuchstruppe aufzubauen?

Die Türklingel ertönte erneut. Lucy zuckte zusammen. Der Alarm ging an. Eins, zwei, drei … Sie wollte einfach nur auf dem Boden sitzen bleiben, aber ihr blieb nichts anderes übrig: Sie musste das echte Paket annehmen … einundzwanzig, zweiundzwanzig. Alarm aus, Falltür zu. Lucy krabbelte zur Tür und zog sich an der Klinke hoch. Cash stupste sie mit der Schnauze an, als ob er sagen wollte: Hey, mach bloß nicht denselben Fehler noch einmal.

»Obacht! Lass niemanden rein, der nicht Longfinger …«

»Halt den Schnabel!«, schrie Lucy in Richtung Küche. Das Schreien half. Sie fühlte sich wieder etwas besser. Jetzt bloß die Kette eingehakt lassen.

»Stellen Sie es vor der Tür ab!«, knurrte sie durch den Türspalt. Der Bote war nicht viel älter als sie und nickte schüchtern. Sein Moped stand mit laufendem Motor an der Straße. Als er weg war, holte Lucy das Paket rein. Dann sauste sie die Treppe hoch, um ihr Käppi zu holen. Die angesengten Haare sollte niemand bemerken! Lucy zog die Kappe tief in die Stirn und warf einen Blick in den Spiegel. Nichts mehr zu sehen. Nur ihre Ohren schienen heute noch mehr abzustehen als sonst.

 

Als ihr Vater endlich zurückkam, deutete nichts mehr darauf hin, dass jemand in der Villa gewesen war. Er sah ganz verschwitzt aus, kein Wunder bei der Hitze draußen. Sein Hemd hatte dunkle Flecken, und er wischte sich mit dem Taschentuch über die Stirn. Lucy drückte ihm das Paket in die Hand. Sie hatte gut gelüftet – trotzdem erwartete sie, dass er nachfragte. Aber ihr Vater fragte nicht. Er sah Lucy nicht einmal an und auch das Paket nicht, er stellte es nur auf dem Küchentisch ab. Was war los mit ihm? Machte er sich Sorgen wegen irgendetwas? Er verhielt sich jedenfalls merkwürdig. Er nahm seine Nickelbrille ab und drückte sie Lucy in die Hand. Er griff nach der Zeitung auf dem Tisch und legte sie in die Spüle. Dann stellte er einen Teller mit Kuchen unter die Kaffeemaschine. Irgendetwas musste passiert sein!

»Dad, alles in Ordnung bei dir?«, fragte Lucy vorsichtig und hielt ihm seine Brille hin.

»Hm«, brummte ihr Vater und schob sich die Brille wieder auf die Nase. Dann sah er Lucy an und kratzte sich am Bart. »Du riechst so …«, er schob den Kopf vor und schnüffelte an Lucy, »so … verbrannt!«

Lucy machte einen Schritt zurück und zog sich ihr Käppi tiefer in die Stirn. »Nein, das war … das muss die Pizza gewesen sein. Sie ist mir angebrannt. Ganz schwarz war sie.«

Ihr Vater kniff die Augen zusammen. »Lucy Longfinger. Lüg mich nicht an.« Mist! Das war Miss McPies Stichwort. Egal, ob jemand lügen sagte, oder lüg oder gelogen, die Krähe ließ ihren Spruch los.

»Obacht! Ein Longfinger muss lügen, dass sich die Balken biegen. Nur nicht innerhalb der Familie!«

Lucy streckte ihr die Zunge raus. »Hab was vergessen«, murmelte sie schnell und flitzte aus der Küche. Ihr Vater kam hinter ihr her.

»Warum trägst du hier im Haus eigentlich dein Käppi?«, fragte er.

»Nur so«, sagte Lucy. Sie spürte seine Blicke im Rücken, als sie die Treppe hochrannte, um ihre Lederjacke zu holen.

»Ach, und danke, dass du zu Hause geblieben bist und das Paket angenommen hast«, rief er die Treppe hoch. »Da ist das braune Seidenhemd drin, was auch mein Vater immer schon auf den Gangstertreffen getragen hat. Ich hatte es in der Reinigung.«

Dieses blöde alte Hemd war also der Auslöser ihres ganzen Schlamassels? Na toll!

Lucy sauste raus, schnappte sich ihr Rad und raste die steile Straße hinunter, direkt auf den blauen Pazifik zu. Sie brauchte ein Eis – das würde ihren Kopf abkühlen. Der platzte fast, so heiß und voll war er. King Ratto, die Explosion, das Ultimatum, nur noch zehn Tage! Sie stellte sich ihre Eltern ohne Zunge vor. Mit blutenden Fingern. Wie sie in einem Becken voller Piranhas um ihr Leben schwammen. Sie hatte einen dicken Kloß im Hals, der sich nicht runterschlucken lassen wollte. Es war noch immer heiß, viel zu heiß für die Lederjacke, aber der Fahrtwind tat gut – vor allem ihrer Stirn!

Weiter unten wurde der Verkehr dichter. Lucy fuhr viel zu schnell, umkurvte nur knapp die Autos und wurde mehrmals angehupt. Ein Fahrer zeigte ihr einen Vogel, und einer drohte ihr mit der Faust. Was die sich aufregten! Sie war halt schneller!

Vor der Eisdiele Morelli am Hafen ließ sie ihr Rad auf den Gehweg fallen. Es saßen nur wenige Leute im Innenraum, und Lucy steuerte einen Tisch in der hinteren Ecke mit Blick zur Tür an. Ihre Stirn brannte höllisch unter ihrer Kappe.

»Hi! Ich hab dich noch nie hier sitzen gesehen. Bist du allein, oder kommt noch jemand?«

Lucy sah auf. Neben ihr stand ein Junge in ihrem Alter, mit dunkelbraunen lockigen Haaren. Er strahlte sie an wie in einer Zahnpasta-Werbung. Lucy verdrehte unwillkürlich die Augen. So ein Sonnenschein hatte ihr gerade noch gefehlt!

»Coole Lederjacke! Bisschen warm vielleicht bei der Hitze, aber cool! Wir haben heute Marzipan-Rosmarin und Holunderblüte. Gerade frisch gemacht. Willst du probieren? Sind ja jetzt Ferien, das muss gefeiert werden!« Lucy starrte den Strahlemann mit der Kellnerschürze an. Wie konnte man nur so drauflos- plappern?

»Nein, danke. Drei Kugeln Mango mit Chili. In der Waffel«, brummte sie.

»Mango mit Chili!«, rief der Junge, und seine Stimme wurde ganz kieksig. Er klatschte begeistert in die Hände. »Meine Lieblingssorte! Mann, Mango mit Chili! Das nehmen nur ganz wenige!« Er streckte Lucy die Hand hin. »Toni Morelli. Weißt du, in Italien sagt man, wenn man die gleiche Eissorte liebt, dann passt man perfekt zusammen: stanno bene insieme!«

»Ich möchte mein Eis«, sagte Lucy. Mann, der war ja total übermotiviert! Und wieso redete er von »zusammenpassen«?

Der Junge nickte. »Oh, okay. Verstehe. Ist was passiert? Du siehst echt übel aus. Und du hattest es wirklich eilig, oder? Als sei der Teufel hinter dir her, so hast du dein Rad hingeworfen. Und mitten auf den Gehweg.«

Lucy rollte mit den Augen. Der quasselte ja wie ein Wasserfall! Fast wie die Mädchen in ihrer Klasse.

»Hör mal, ich hatte echt einen scheiß Morgen. Kannst du nicht einfach das Eis holen?«

Der Sonnenschein stutzte kurz. »Klar. Bin gleich zurück«, sagte er dann und drehte sich schwungvoll um. Man sah ihm seine gute Laune sogar von hinten an! Der hatte bestimmt zwei beste Freundinnen, mit denen er stundenlang plauderte und die ihm alles erzählten, was sie bedrückte. Und er munterte sie dann auf. Und ging mit ihnen bummeln und Rollschuh laufen.

Toni kam mit zwei Eiswaffeln zurück und setzte sich neben Lucy. »Hab gerade Zeit, da können wir quatschen.«

Quatschen? Sah sie aus, als ob sie quatschen wollte? Lucy nahm ihm das Eis aus der Hand. Ihr fielen sofort die besonders großen Kugeln auf. Oh, da hatte er sich wohl extra ins Zeug gelegt.

Das Eis war schön kalt an der Zunge, und die Kälte stieg direkt nach oben in ihre Stirn. Besser als ein Kühlpack. Und das Morelli-Eis war wirklich das beste der Stadt. Es schmeckte nach echter Mango, nicht so künstlich wie bei Starfish Ice ein paar Straßen weiter. Und dieses feine Brennen des Chilis auf der Zunge … hmm. Für einen Augenblick vergaß Lucy alles drum herum.

»Mango mit Chili, ich glaub’s nicht«, schwärmte der Strahlemann wieder. Dann rückte er nah an Lucy heran. »Ich hab dich noch nie mit dieser Gangsterkappe gesehen. Ist aber cool!«

Lucy rückte ein Stück weg. Gangster-Kappe? Wie kam der denn darauf? Sie antwortete nicht. Sie musste überlegen, wie sie das Ultimatum umgehen konnte.

Toni zeigte noch mal auf Lucys Käppi. »Ist aber zu heiß heute für eine Kappe, oder?«

»Was? Ja, eigentlich schon … aber meine Haare sind etwas angekokelt«, sagte Lucy. Gleich darauf ohrfeigte sie sich innerlich. Das ging ja wohl niemanden etwas an!

»Was?«, rief der Sonnenschein schon. »Was ist denn passiert?« Er grinste. »Mit Streichhölzern gespielt?«

»Quatsch! Ich hatte blöden Besuch.«

»Blöden Besuch? Freunde von dir?«

»Keine Freunde«, brummte Lucy. »So fiese Schurken.«

»Fiese Schurken?« Toni lachte. »Was wollten die denn von dir? Und wie heißt du eigentlich?«

»Lucy Longfinger.« Lucy antwortete irgendwie automatisch.

»Longfinger? Longfinger ist ein seltener Name. Passt aber zur Gangsterkappe.«

Jetzt wurde es Lucy wirklich zu viel. »Muss los«, murmelte sie und stand auf.

»Schade«, meinte Toni. »Komm doch morgen wieder, ja? Übrigens …«, er deutete durch die große Scheibe, »wir haben einen Fahrradständer. Da kannst du dein Rad reinstellen. Sonst kommt ja …«

»… keiner mehr vorbei«, beendete Lucy seinen Satz. »Hier!« Sie drückte ihm das Geld in die Hand.

»Danke«, sagte Toni. »Mein eigenes Rad passt übrigens nicht in den Ständer. Ist zu lang.«

»Aha«, machte Lucy. Was interessierte sie sein Rad?

»Ist nämlich ein Lastenrad«, fuhr Toni eifrig fort. »Es steht hinter dem Haus. Muss ich dir mal zeigen. Eigentlich liefere ich damit unser Eis aus. Aber ich kann auch alles Mögliche mitnehmen, meine Rollschuhe und sogar Gina, meine kleine Schwester.« Lucy war schon an der Tür. Toni rief ihr hinterher: »Wenn du morgen kommst, lad ich dich ein. Mango mit Chili natürlich. Wenn du willst, drei Kugeln. Stanno bene insieme! Stell dein Rad aber in den Fahrradständer, ja?«

Lucy machte schnell die Tür zu. Puh, war der anstrengend! Ich lad dich ein. Eine Longfinger ließ sich doch nicht einladen!

Während sie ihr Rad aufhob, wurde ihr schlagartig bewusst, dass sie zu viel geredet hatte. Diese Quasselstrippe hatte ihr alles aus der Nase gekitzelt. Verdammt, so was war ihr doch noch nie passiert! Heute war echt nicht ihr Tag.

 

»Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht«, sagte ihr Vater beim Abendessen. Er hielt einen Briefumschlag hoch, und Lucy ahnte sofort, dass seine komische Stimmung von heute Nachmittag mit diesem Brief zusammenhing. Sie bestrich ihr Brot dick mit Schokocreme und schielte dabei zu ihrer Mutter rüber.

»Lucy, nicht schon wieder Süßes zum Abendessen! Nimm lieber Käse«, sagte ihre Mutter und schob ihr den Käseteller hin.

Käse statt Schokocreme? Nö. Lucy dachte an das Eis, das sie schon gegessen hatte. Und an Toni Sonnenschein. Sie bekam schlechte Laune. »Ich brauch das. Bin unterzuckert.« Ihre Mutter zog die Augenbrauen hoch. Ihr Vater sagte: »He, hört mir überhaupt jemand zu?«

»Erst die gute Nachricht«, sagte Lucy.

»Okay, also die gute«, sagte ihr Vater. »Wir haben die Einladung zum 56. Gangstertreffen erhalten. Es findet diesmal tatsächlich hier in Mable Beach statt. Hab ich’s doch gewusst! Und, Lucy, hier steht’s schwarz auf weiß: Du nimmst dieses Jahr das erste Mal am Tricky-Hands-Wettkampf teil – und wirst uns damit den Titel nach Hause holen.«

»Und den Goldbarren dazu.« Lucys Mutter zwinkerte ihr zu. »Das schaffst du, mach dir keine Sorgen.«

Mach dir keine Sorgen? Der blöde Goldbarren war das Letzte, worüber sie sich jetzt Sorgen machte!

»Jetzt die schlechte«, sagte ihr Vater und warf ihrer Mutter einen besorgten Blick zu. Lucy wurde es flau im Magen. Ihre Mutter legte ihr Besteck beiseite. »Sag schon!«

Ihr Vater nahm wieder den Brief. »Nun, ja, King Ratto lässt sich diesmal nicht vertreten. Er wird den Vorsitz persönlich führen.«

Lucys Magen krampfte sich zusammen.

»O nein«, sagte ihre Mutter, und ihr Vater nickte. »Man munkelt, dass er seinen Forderungen mehr Nachdruck verleihen will. Wir müssen vorsichtig sein.«

Lucy sah von einem zum anderen. »Wir können nicht hingehen«, sagte sie. Ihre Mutter schüttelte den Kopf. »Quatsch, wir lassen uns doch nicht einschüchtern!« Aber es klang recht dünn. Sie war aufgestanden und lief auf und ab.

»Nur wir fehlen ihm noch«, sagte ihr Vater. »Er wird keine Ruhe geben, bis auch wir für ihn arbeiten. Wie die anderen Familien.«

Nur ich fehl ihm noch, nicht ihr!, dachte Lucy. Aber sie sagte nichts. Ihre Mutter blieb stehen und ballte die Fäuste. »Uns kriegt er nicht«, sagte sie entschlossen. »Wir arbeiten für keinen anderen und schon gar nicht für Ratto, diesen Fiesling. Damit würden wir auch seine grausamen Methoden akzeptieren. Willst du das?«

Lucys Vater schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Bisher haben wir es ja auch geschafft. Aber …«, er warf einen Blick auf Lucy, »… wir können auch nicht riskieren, dass er uns was antut.« Lucy schluckte. Sie starrte nur auf ihren Teller. Wenn die wüssten!

 

Später im Bett konnte Lucy nicht einschlafen. Sie musste ihren Eltern sagen, dass King Ratto nur sie wollte. Dass er ihr ein Ultimatum gestellt hatte. Aber sie machten sich doch Sorgen genug! Und sie würden schrecklich schimpfen, dass sie die Männer reingelassen hatte. Vielleicht konnte sie diesen Teil weglassen?

Noch einen Tag nachdenken, beschloss Lucy. Oder zwei. Wenn ihr bis dahin keine Lösung eingefallen war, würde sie ihren Eltern alles erzählen. Sie hatte nur zehn Tage! Dann würde Ratto ihren Eltern etwas antun! Oder sie an die Piranhas verfüttern! Lucy verdrängte die Bilder, die vor ihren Augen erschienen. »Kopf hoch, Lucy«, ermahnte sie sich. »Dir fällt doch immer was ein!«

Was für ein erster Ferientag! Sie holte Cash hoch und schmiegte sich an ihn. Wie immer tat ihr seine Nähe gut und beruhigte sie. Lucy drückte ihre Nase tief in sein Fell. Cash roch immer etwas muffig, aber Lucy liebte diesen Geruch. Trotzdem dauerte es stundenlang, bis sie endlich einschlief.

Kapitel 3Volltreffer

Lucy saß senkrecht im Bett. King Ratto. Das Ultimatum. Heute hatte sie nur noch neun Tage! Was sollte sie bloß tun? Plötzlich schoss ihr noch etwas anderes in den Kopf: Gestern in der Eisdiele. Sie hatte zu viel geredet. Was hatte sie diesem Toni bloß alles erzählt?

»Ihr seid später dran«, sagte sie zu Al Capone und den anderen Mäusen. Al Capone legte sein weißes Köpfchen schief, und Lucy wusste, was das hieß: Lass uns in die Tunnel!

Die Tunnel waren aus der alten Kanalisation entstanden und durch die Gangsterfamilien im Laufe der Zeit fleißig ausgebaut worden. Auch ihr Fluchttunnel unter der Villa schloss sich daran an.

»Später vielleicht«, sagte Lucy zu Al Capone. »Ich muss erst mal frühstücken und über etwas nachdenken.«

Auf dem Küchentisch fand sie einen Zettel:

Mussten runter zum Hafen. Genieß deinen zweiten Ferientag und mach was Schönes! Kuss Mum

Lucy seufzte. Vielleicht hätten sie mal zusammen was Schönes machen können? Aber ihre Eltern hatten nun mal viel zu tun. Ihr würde schon etwas einfallen. Vielleicht zum Parkour gehen? Oder in die Tunnel?

Sie griff nach der Knäckebrotpackung. Das war ihr Lieblingsfrühstück: Ein Sesamknäckebrot mit cremigem Rapshonig. Miss McPie legte auf ihrer Stange den Kopf schief, und Lucy warf ihr einen Krümel hin. Es waren nur noch, Lucy zählte sie durch, neun Scheiben Knäckebrot in der Packung. Neun! Lucy erstarrte. Für jeden Morgen eine Scheibe, bis das Ultimatum ablief. Was für ein gruseliger Zufall. Sie verdrängte den Gedanken. Seit wann war sie abergläubisch?

Lucy kaute fünf Minuten lang auf einem Stückchen Knäckebrot herum. Was genau hatte sie diesem Toni gestern in der Eisdiele erzählt? Sie stand entschlossen wieder auf. »Es hilft nichts, Lucy Longfinger. Du musst hinfahren und hören, ob du zu viel gezwitschert hast!« O nein, gezwitschert. Miss McPie hörte auf ihrer Stange jedes Wort.

»Obacht! Ein Longfinger zwitschert nicht, schließlich ist er kein Vogel! Punkt 13 im Kodex!«

»Ja, ja«, rief Lucy. Was hatte ihr Opa sich nur dabei gedacht, diesem Vogel den Kodex einzutrichtern!

 

Wenig später warf Lucy ihr Rad vor der Eisdiele auf den Gehweg. Fast traf sie das weiße Lastenrad mit dem himbeerroten Sattel, das an der Hauswand lehnte. Auf der Holzbox zwischen Vorderrad und Lenker stand:

Morelli Ice Cream – fresh and cool like you!

Weiß mit Himbeerrot – typisch Sonnenschein-Toni.

Mr. Morelli war gerade damit beschäftigt, die Eisbehälter in die Theke zu stellen. Neben ihm stand ein kleines Mädchen mit dunkelbraunen Locken und quasselte auf ihn ein. Diese dunklen Locken, das Plappermaul – das konnte nur Tonis kleine Schwester sein. Als habe man Toni geschrumpft und in ein weißes Kleidchen gesteckt. Aber sie war süß. Manchmal wünschte Lucy sich auch eine Schwester – aber nur manchmal. Man konnte sie schließlich nicht einfach wegpacken, wenn sie zu viel quasselte.

»Du bist ja wirklich gekommen!«, rief Toni, als er sie entdeckte. Er band sich die Schürze zu und kam zu ihr. »Ts, ts, ts. Wie war das noch mit dem Fahrradständer? Übrigens …«, er zeigte auf das kleine Mädchen, das noch immer ununterbrochen plapperte, »… das ist meine kleine Schwester Gina.«

»War klar«, murmelte Lucy.

Toni lachte und kam dann noch näher. »Ich hab noch mal drüber nachgedacht, du bist wirklich Gaunerin, oder?«, sagte er.

»Psst!«, machte Lucy erschrocken. Sie schaute sich schnell um, ob jemand etwas gehört haben konnte. Gaunerin! Schon wieder! Wie kam er nur darauf?

»Haha«, sagte sie betont lässig. »Sehr witzig. Nur weil ich eine Gangster-Kappe trage?

»Nein«, sagte Toni. »Nicht nur deswegen. Aber du hast voll ertappt ausgesehen, als ich das gesagt habe. Und der Besuch von den fiesen Schurken, wie du sie genannt hast? Hört sich doch nach krummen Geschäften an.«

Hatte sie fiese Schurken gesagt? Lucy hätte sich in den Hintern beißen können. Toni plapperte weiter. »Und dann eure scharfe Alarmanlage. Wozu? Eure Villa ist zwar groß, aber … na ja, sie könnte mal einen neuen Anstrich gebrauchen, und ein paar Bretter sind auch lose, und das … «

»Was?« Lucy sprang auf. »Du hast mir nachspioniert? Spinnst du?«

Toni redete einfach weiter. »Aber geheimnisvoll ist sie, mit den ganzen Türmchen. Ich wette …«, er zwinkerte Lucy verschwörerisch zu, »… dein Zimmer ist das mit dem Erker im ersten Stock, oder?« Lucy runzelte die Stirn.

»Außerdem habt ihr kein Türschild«, plapperte Toni weiter. »Und das Spielzeug im Vorgarten – dabei hast du doch gar keine Geschwister. Soll wohl harmlos wirken, was?«

»Woher weißt du das denn alles?« Lucy war jetzt so baff, dass sie glatt ihren Ärger vergaß.

»Ach, was man so rauskriegt, wenn man nett mit den Nachbarn plaudert.« Toni grinste zufrieden.