Smaragour - Die Dracheninsel - Anja Habschick - E-Book

Smaragour - Die Dracheninsel E-Book

Anja Habschick

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Beschreibung

Das Geheimnis der Drachenreiterschule Eldurskóla – ein fantastisches Abenteuer für Jungs und Mädchen ab 10 Jahren Eldurskóla, die berühmte Drachenreiterschule auf der Insel Smaragour, nimmt jedes Jahr nur wenige neue Schülerinnen und Schüler auf. Der 12-jährige Jamie ist sich sicher, dass er dieses Jahr unter den Auserwählten sein wird. Doch dann wird er nur als Hilfsarbeiter in den Drachendocks unter der Schule aufgenommen! So eine Ungerechtigkeit! Die Arbeit in den Docks ist hart und gefährlich: riesige Drachen müssen geputzt und verpflegt werden, Tag und Nacht. Jamie ist wild entschlossen, zu beweisen, dass seine magischen Fähigkeiten stark genug sind, um doch in der Schule als Drachenreiter ausgebildet zu werden. Als eines Tages ein Mädchen auf einem verletzten Drachen auftaucht und eine geheime Botschaft hinterlässt, bietet sich Jamie eine Chance. Gemeinsam mit seinen neuen Freunden in den Drachendocks, Tex und Noah, kommt er einem dunklen Geheimnis auf die Spur. Können die drei es aufdecken und so ihren Platz in Eldurskóla ergattern? Ein aufregendes Abenteuer um einen Drachenreiter mit besonderen Fähigkeiten und der Beginn einer heldenhaften Reise. Bei Antolin gelistet

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Seitenzahl: 257

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Anja Habschick

Smaragour

Die Dracheninsel

 

 

Über dieses Buch

 

 

Eldurskóla, die berühmte Drachenreiterschule auf der Insel Smaragour, nimmt jedes Jahr nur wenige neue Schülerinnen und Schüler auf. Der 12-jährige Jamie ist sich sicher, dass er dieses Jahr unter den Auserwählten sein wird. Doch dann wird er nur als Hilfsarbeiter in den Drachendocks unter der Schule aufgenommen! So eine Ungerechtigkeit! Die Arbeit in den Docks ist hart und gefährlich: riesige Drachen müssen geputzt und verpflegt werden, Tag und Nacht. Jamie ist wild entschlossen, zu beweisen, dass seine magischen Fähigkeiten stark genug sind, um doch in der Schule als Drachenreiter ausgebildet zu werden. Als eines Tages ein Mädchen auf einem verletzten Drachen auftaucht und eine geheime Botschaft hinterlässt, bietet sich Jamie eine Chance. Gemeinsam mit seinen neuen Freunden in den Drachendocks, Tex und Noah, kommt er einem dunklen Geheimnis auf die Spur. Können die drei es aufdecken und so ihren Platz in Eldurskóla ergattern?

Ein aufregendes Abenteuer um einen Drachenreiter mit besonderen Fähigkeiten und der Beginn einer heldenhaften Reise.

 

 

Weitere Informationen finden Sie unter www.fischer-sauerlaender.de

Biografie

 

 

Anja Habschick ist Architektin und lebt mit Familie und Hund in Witten. Sie liebt Kinderbücher und hat sich in den Kopf gesetzt, selbst eins zu schreiben. Lucy Longfinger - einfach unfassbar! ist ihr erstes Buch. Und wenn Lucy ihr nicht das Laptop klaut, werden es noch mehr.

Inhalt

[Widmung]

[Inhalt]

Prolog

Kapitel 1 Eldurskóla

Kapitel 2 Drachenputzer

Kapitel 3 Flapper

Kapitel 4 Boxenstopp

Kapitel 5 Der Rosenstein

Kapitel 6 Fliegen ist besser!

Kapitel 7 Der Schwur der UnderdoXXX

Kapitel 8 Eine böse Überraschung

Kapitel 9 Eine geheimnisvolle Reiterin

Kapitel 10 Nach oben

Kapitel 11 Die geheime Botschaft

Kapitel 12 Fimm Drekar

Kapitel 13 Besuch im Turm

Kapitel 14 Die Wildcard

Kapitel 15 Ein riskanter Entschluss

Kapitel 16 Ohne Calmer

Kapitel 17 Turnierstart mit Hindernissen

Kapitel 18 Angriff

Kapitel 19 Ins Zackengebirge

Kapitel 20 Ein besonderer Drachenreiter

Kapitel 21 Entscheidungen

Kapitel 22 Die Flamme erwacht

Epilog

Handbuch der Drachenpflege

Erstes Lehrjahr Vorwort

Inhalt

Abkürzungen

Die notwendigen Regeln

Boxenstoppdienst

Drachenpflege

Calmer-ABC

Anlage 1

Für die smaragdgrünen Tiefen in unserer Welt

Prolog

Big Blue wurde langsamer. Sie breitete ihre Schwingen aus und glitt lautlos der Stadt entgegen. Sie waren am Ziel.

Über viele hundert Kilometer weit hatte sie die außergewöhnliche Wärme des Jungen gewittert. Diese Wärme bedeutete eine große Hoffnung für die Drachen …

Jetzt konnte Big Blue ihn bereits sehen. Er lag schlafend in einer bunten Hängematte im Garten des alten Steinhauses. Vorsichtig landete sie neben ihm und schloss die Augen. Die Drachen hatten ihre smaragdgrünen Tiefen verloren. Es herrschte große Hoffnungslosigkeit unter ihnen.

Big Blue ließ eine ihrer Tränen auf die Stirn des Jungen fallen. Nun schlief seine Wärme, und er war geschützt davor, aufgespürt zu werden. Der Schutz ihrer Träne würde andauern bis zu dem Tag, an dem sie wieder in seine Nähe kam. Oder er in ihre. Dann würde die Wärme des Jungen erneut erwachen und zu einer Flamme werden.

Big Blue erhob sich in die Luft. Über dem wilden Nordmeer, als sie Smaragours spitze Berge schon sehen konnte, spürte sie, wie ihre Kräfte schwanden – doch sie musste durchhalten, auch für die junge Reiterin auf ihrem Rücken.

Kapitel 1Eldurskóla

Jamie blinzelte gegen das helle Sonnenlicht, das durch die hohen Fenster schien. Er saß neben seinen Eltern auf einer der langen Bänke in der großen Halle und rutschte hin und her. Seine rechte Hand war eiskalt, so fest umklammerte er die Drachenkralle seiner Großmutter. Für eine Drachenkralle war sie klein, sie passte gut in seine Hosentasche. Jamie fand sie wunderschön, sie war glatt und grün glänzend, und sie stammte von hier, von Smaragour, dieser Insel irgendwo im wilden Nordmeer zwischen Island und Norwegen.

Seit Jamie an seinem zehnten Geburtstag erfahren hatte, dass er aus einer der ältesten Drachenreiterfamilien stammte und seine Oma eine Drachenreiterin gewesen war, hatte er sehnsüchtig auf diesen Tag gewartet. Und jetzt war es endlich so weit! Er würde echte Drachen sehen – und nicht nur sehen! Er würde auf ihnen reiten! Wenn das seine Oma sehen könnte. Sie war gestorben, als Jamie noch klein war, und Jamie hatte sich hunderte Male das Foto von ihr auf dem roten Drachen angesehen, das seine Eltern ihm zusammen mit der Drachenkralle an diesem Geburtstag geschenkt hatten. Sein Bauch fühlte sich etwas flattrig an, wie in der alten Schule, wenn er ein Referat halten sollte. Seine Mutter sah sich immer wieder ehrfürchtig nach allen Seiten um, und Jamie sah das Glänzen in ihren Augen, die hinter den dicken Brillengläsern so groß wirkten. Jamie wusste, wie stolz sie auf ihn war, und das fühlte sich gut an – aber er hatte auch etwas Angst. Was, wenn er zu wenig Talent hatte und die Prüfungen nicht schaffte? Seine Mutter war damals zu kurzsichtig gewesen, um als Drachenreiterin ausgebildet zu werden. Deshalb hoffte sie so sehr, dass er die Drachenreitertradition fortführen würde.

Wie sie hergekommen waren, wusste Jamie nicht mehr. Das Letzte, an das er sich erinnern konnte, war das winzige Wasserflugzeug auf dem Flughafen in Glasgow, in das er erst nicht einsteigen wollte, so rostig hatte es ausgesehen. Und an die giftgrüne Reisetablette, die sie alle schlucken sollten.

Als Jamie die Augen wieder aufgeschlagen hatte, hatten sie und drei andere Familien im weichen Gras am Fuße des Hügels gelegen, auf dem ein weißes Schloss mit vier Türmen in der Sonne glänzte. Das Hauptgebäude hatte viele hohe Fenster mit spitzen Bögen, und einer der Türme war aus Glas und endete oben spitz wie eine Drachenzacke.

Nur das unterste Geschoss hatte mit seinen dunklen Steinen und den riesigen geschwärzten Toren düster ausgesehen.

Hinter der imposanten Schule erhob sich ein nebelverhangenes Gebirge mit weißen Gipfeln. Jamie hatte dem wilden Fluss zugesehen, der in das gewaltige untere Geschoss hineinbrauste und auf der anderen Seite wieder hinaus. Seine Eltern hatten ihn weitergezogen, da bereits viele Familien durch das große Tor der Schule gingen.

Jetzt warteten sie in der kathedralartigen Halle darauf, dass die Direktorin Finna Skínandi die Namen der neuen Schüler vorlas. Ob hier alle so komisch hießen? Jamie rutschte hin und her. Er fühlte sich nicht wohl in seinem unbequemen Anzug. Aber den würde er gleich gegen coole Drachenreiterkleidung tauschen! In seinem Bauch piekte es, wenn er daran dachte, dass seine Eltern nachher ohne ihn nach Hause fahren würden. Seine Mutter spürte wohl seinen Blick, denn sie griff nach Jamies Hand und drückte sie. »Ich bin so stolz auf dich! Endlich wieder ein Drachenreiter in der Familie!«, flüsterte sie.

Jamie schaute sich um und zog seine Hand weg. Er wollte nicht wie ein Mamakind wirken. Ob die anderen Schüler nett waren? Hoffentlich! Er wünschte sich so sehr einen guten Freund.

»Liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Eltern!«, begann die Direktorin. »Die Eldurskóla ist eine außergewöhnliche Schule. Jedes Jahr bringt sie brillante Drachenreiter hervor. Die besten unter ihnen werden später für die Regierung arbeiten und wichtige Flüge zu befreundeten Völkern unternehmen. Smaragour ist ein Knotenpunkt der magischen Welten. Unsere Reise- und Transportdrachen verbinden diese Orte miteinander. Deshalb ist die Eldurskóla Treffpunkt vieler Reisender und ein wichtiger Handelsplatz, und unsere Ausbildung umfassend und sorgfältig. Ich werde nun die neuen Schülerinnen und Schüler der Eldurskóla aufrufen.« Die Direktorin war groß und schlank, hatte lange silberweiße Haare und trug einen weißen Hosenanzug. Sie schaute auf eine Liste mit Namen, die sie in den Händen hielt. Jamies Herz klopfte schneller und lauter.

»Von Bockbart, Scorpo!«

Ein großer schlanker Junge mit einem Lächeln, das irgendwie unecht wirkte, schritt nach vorne. Er trug die braunen Haare zum Zopf und hatte einen funkelnden Brillanten im Ohr.

»Biesenfeld, Juit.«

Jamies Mutter stieß ihn an. »Du musst mir versprechen, vorsichtig zu sein. Nicht dass du schon übers Gebirge fliegst, wenn die anderen noch aufsteigen üben, okay?« Jamie nickte. Schon immer hatten seine Eltern ihn ermahnt, erst nachzudenken, bevor er etwas tat. Und er hatte immer versucht, sich daran zu halten.

Die Direktorin las Name für Name vor, und nacheinander standen Jungen und Mädchen in Jamies Alter auf, alle schick gekleidet. Einige gingen lässig und stolz nach vorne, andere schauten schüchtern auf den Boden oder zupften an ihrer Kleidung herum. Jamie nahm sich vor, sich groß zu machen und selbstbewusst auszusehen.

»Filberon, Texania.«

Filberon? Sie war schon bei F?

»Strike!«, schrie ein Mädchen hinter ihnen und schoss im nächsten Moment auf einem Skateboard an ihrer Bank vorbei, wobei es Jamie an der Schulter anrempelte.

»Aua!«, murmelte Jamie. Das Mädchen war etwas kleiner als er und hatte einen braunen Lockenkopf. »Sorry«, rief sie ihm über die Schulter zu. Die Direktorin sagte freundlich: »Skateboards sind verboten in der grünen Halle.«

Das Mädchen grinste, schob ihr Board unter eine Bank und flitzte zu den anderen.

»Sie haben mich vergessen!«, flüsterte Jamie seinem Vater zu.

»Bestimmt kommst du noch dran«, antwortete sein Vater, aber er schaute nervös zu Jamies Mutter, die irritiert die Stirn runzelte.

»Herzlich willkommen«, sagte die Direktorin nach rund dreißig weiteren Namen. »Die neuen Schülerinnen und Schüler folgen bitte Señora Díaz und Mrs. Hazel, die ihnen ihre Zimmer in den weißen Türmen zeigen werden.« Sie wandte sich an einen älteren Mann im weißen Frack, der steif neben den Lehrerinnen stand. »Alvar, würden Sie bitte veranlassen, dass sämtliches Gepäck unserer neuen Schüler hochgebracht wird?«

»Sehr wohl, Direktorin.«

Die Schar setzte sich in Bewegung, angeführt von den beiden Lehrerinnen. Das Schlusslicht bildete das Mädchen mit dem Lockenkopf, mit ihrem Skateboard unter dem Arm. Jamie stieß seine Mutter an. »Was sollen wir machen?« Seine Mutter zögerte. Aber … gleich war es zu spät! Jamie stand auf. »Entschuldigung? Sie … äh, Sie müssen mich vergessen haben.«

Die Direktorin schaute Jamie an. »Nein, bestimmt nicht.« Sie klang ruhig, aber vollkommen sicher. Jamie spürte, wie seine Wangen glühten. Es saßen noch andere Schüler in seinem Alter auf den Bänken – alle schauten ihn an.

»Wie ist denn dein Name?«, fragte die Direktorin.

»Ähm, … Jamie Dellander.« Die Direktorin nickte. Jamies Herz klopfte wie wild. Der Name Dellander war ihr bestimmt bekannt. Endlich senkte die Direktorin den Kopf und ging ihre Liste durch. »Ich habe hier keinen Jamie Dellander. Du musst dich noch etwas gedulden. Setz dich bitte.«

»Nein, ich …«, begann Jamie, aber sein Vater hielt ihn zurück. »Lass uns erst mal abwarten.«

Abwarten? Jamie schaute hilfesuchend zu seiner Mutter, die plötzlich dasaß wie versteinert. Langsam ließ er sich zurück auf die Bank sinken.

»Liebe verbliebene Schülerinnen und Schüler, liebe Eltern! Wir haben nicht nur die besten Drachenreiter hier, sondern auch die besten Übersetzer und Decodierer. Sie beherrschen fast alle magischen und nichtmagischen Sprachen. Tatkräftige junge Helferinnen und Helfer sorgen in unseren gut ausgestatteten Drachendocks unter dem Schulgebäude dafür, dass der Schulbetrieb läuft, das Essen zubereitet wird, der Handel floriert, die Reisewege funktionieren, Nachrichten entschlüsselt und unsere Reisetiere versorgt werden. Ich bitte um einen riesigen Applaus für unsere neuen Docker!«

Docker? Jamie sah entsetzt zu seinem Vater, dann zu seiner Mutter. Beide starrten geradeaus. Irritiert sah Jamie sich um. Fast alle übrigen Mädchen und Jungen, die noch in den Bänken saßen, standen auf. »Boah, ich hab gar keine Lust, Drachenscheiße in den dunklen Docks wegzumachen!«, murrte einer der Jungs.

»Also ich find Drachenpflege super«, erwiderte ein Mädchen.

Jamie schwirrte der Kopf. Dunkle Docks? In Schiffswerften gab es Docks, da wurden Schiffe repariert und gewartet. Dann dienten die Docks hier zur Wartung, also zur Pflege der Drachen? Und die Docker waren diejenigen, die im düsteren Untergeschoss arbeiten mussten …

Jamie blieb sitzen. Er war kein Docker.

»Kommt nach vorne, Docker! Ihr erhaltet solide Ausbildungen im Nachrichtendienst, der Drachenpflege, dem Gleisbau, dem Transportwesen, der Bäckerei und der Küchenarbeit.«

Jamie schluckte. Er wollte doch Drachenreiter werden! Der erschrockene Blick seiner Mutter tat ihm weh. Er wollte nicht, dass sie enttäuscht von ihm war! Sie hatte sich so gefreut, dass er ein Drachenreiter werden würde.

»Kommt!« Jamie stand auf. »Wir gehen. Bestimmt nimmt mich eine andere Drachenreiterschule.«

»Nein.« Seine Mutter schüttelte den Kopf, geschockt und traurig zugleich. »Wir haben dich nur hier angemeldet. Wir waren sicher, dass du … du stammst aus einer der ältesten Drachenreiterfamilien!«

»Was hast du denn bei den Fragebögen angekreuzt?« Sein Vater klang fast ein bisschen ärgerlich.

»Aber … da konnte ich gar nichts falsch machen!«, verteidigte Jamie sich. Oder …? Er hatte fünf Fragebögen ausfüllen müssen, die sich auf seine Herkunft, seine Sportlichkeit und seine sonstigen Fähigkeiten bezogen hatten. Ein paar Fragen zu Licht, Wind, Wärme und Feuer waren da noch gewesen …

»Jamie Dellander!«, drang eine Stimme von weit her an sein Ohr. Irritiert sah Jamie auf. Die Direktorin lächelte ihn an. »Komm bitte, du gehörst auch dazu.«

Wie in Trance stand Jamie auf. »Mum, Dad … das ist ein Irrtum, oder? Könnt ihr euch darum kümmern? Ich frag auch gleich noch mal …«

Seine Mutter hatte Tränen in den Augen. Aber … was sollte Jamie denn tun? Während er nach vorne ging, drehte er sich noch einmal um und winkte seinen Eltern. Sie winkten zaghaft zurück. Jamie ballte die Hände zu Fäusten. Das würde sich alles aufklären!

Eine kleine Frau mit grünen, kurzen Haaren trat vor die ungefähr dreißig Jugendlichen. Sie trug einen blauen Arbeitsoverall mit Gürtel, in dem ein Gerät mit Display steckte. Auf ihrer Schulter prangte eine goldene Schulterklappe mit einer roten Drachenzunge.

»Ich bin Vorarbeiterin Maga Linh. Kommt, euer Gepäck wird später runtergebracht«, sagte sie, ohne eine Miene zu verziehen.

»Ähm, ich glaube nicht, dass es nötig ist, mein Gepäck …«, begann Jamie, aber die Vorarbeiterin war schon vorausgegangen. Jamie trottete den anderen hinterher. Er nahm das Foyer nur verschwommen war, den bunten Haufen Gepäck, die schwarze Tür, auf die sie zuliefen. Die Buchstaben DOCKS tanzten vor seinen Augen. Drei Eisenriegel klappten hoch, und die Tür schwang quietschend auf. Eine muffige Schwärze drängte heraus in das lichtdurchflutete Foyer. Die Ersten in der Reihe wichen zurück.

»Vorsicht mit der Treppe«, sagte Maga Linh und zog das Gerät von ihrem Gürtel, das hell aufleuchtete.

»Ein Connector«, flüsterte ein Mädchen vor Jamie. »Cool.«

Jamie interessierte gerade kein cooles Gerät. Er hatte andere Sorgen. Mit jedem Schritt wurde es rutschiger und dunkler, und mit jedem Schritt wusste Jamie sicherer, dass seine Eltern dachten, er hätte es vermasselt.

Kapitel 2Drachenputzer

»Ist das kalt«, jammerte der Junge vor ihm. Aber Jamie fror nicht. Alles, was er spürte, war die Enttäuschung, die sich wie ein harter Klumpen im Bauch anfühlte. Er tastete nach der Drachenkralle in seiner Hosentasche. Endlich wieder ein Drachenreiter in der Familie. Seine Mutter war so stolz gewesen!

»Meine Oma war eine Drachenreiterin«, murmelte Jamie. »Ich dachte, ich bekomme einen Platz oben.«

Der Junge drehte sich zu Jamie um. »Seid ihr reich?«

»Nein.« Jamie schüttelte den Kopf.

»Adelig?«, fragte der Junge.

»Nein«, sagte Jamie. Er war kein von Dellander.

»Haben sie denn gesagt, dass du das besondere Talent hast?«

»Nein, aber ich …«

»Dann bist du richtig hier unten.«

»Vorsicht, Schienen«, sagte Maga Linh, als die Treppe endete – aber da waren die ersten Mädchen vorne schon gestolpert.

Kalte, muffige Luft zog ihnen entgegen. Hier wollte Jamie definitiv nicht bleiben! Sobald die Vorarbeiterin anhielt, würde er nachfragen. Der weiße Lichtstrahl ihres Connectors tanzte auf und ab. Immer weiter gingen sie, immer weiter entfernte Jamie sich davon, ein Drachenreiter zu werden.

»Stopp!«

Sie standen in einem breiten Flur. Eine Lampe mit grellweißem Licht flackerte an der Decke. Sie war voller Fliegen. An den schäbigen Wänden hingen erstaunlich moderne Bildschirme. Rechts und links des Flures gingen schmale Eisentüren mit vergitterten Fenstern ab.

»Wie im Gefängnis«, murmelte Jamie, und ein Mädchen neben ihm kicherte. Maga Linh drückte einen Knopf an der Wand. Jamie schielte zu den anderen Dockern. Richtig unzufrieden sah niemand aus. Einige waren sogar gut gelaunt, wie die zwei dünnen blonden Mädchen, die ständig kicherten. Ein Mädchen mit dunkler Haut und geflochtenen Zöpfchen mit bunten Haarbändern hatte die Arme vor der Brust verschränkt und das Kinn trotzig vorgeschoben. Ein Junge mit pinken, nach oben gekämmten Haaren redete mit sich selbst, und zwei Jungs wirkten wie Riesen zwischen den anderen. Der eine hatte blondierte Stoppelhaare, in die schwarze Blitze gefärbt waren, der andere einen schwarzen Zopf und kräftige Augenbrauen.

Jetzt marschierte ein hagerer Mann auf die neuen Docker zu, der denselben Overall trug wie Maga Linh. Mit seinen schwarzen Haaren und der spitzen Nase erinnerte er Jamie an einen Raben.

»Vorarbeiter Rochus Droll«, bellte der Mann. »Ich schenk euch nichts! Ihr arbeitet, bis ihr umfallt.« Er warf einen Blick auf die Liste in seiner Hand. »Je fünf Gleisarbeiter, Drachenputzer, Nachrichtendienstler, Wäscher, Küchenhelfer und Mechaniker. Raum 1: Finfee, MacMesh, Merline, Kasan.« Die beiden kichernden Mädchen waren dabei und das mit den Zöpfchen. »Raum 2: Dellander, Ali, Milbaran, Kimber.« Die Riesen klatschten sich ab. Kannten die sich etwa schon? Und der Junge mit den pinken Haaren war dabei. Ob er nett war?

Als Jamie als Letzter in den Raum trat, erschrak er. So eng und schäbig! Vier schmale Eisenliegen standen nebeneinander. Auf jeder lagen eine braune Wolldecke, ein Arbeitsoverall und ein Zettel mit einem Namen und einer Nummer. Jamie sah seinen Namen auf dem Zettel der kleineren Liege links außen. J. Dellander, Drachenputzer 13. Drachenputzer? Immerhin. Wäscher oder Küchenhelfer wäre schlimmer gewesen. Als Drachenputzer konnte er wenigstens den Drachen nahe sein, jedenfalls solange er noch hier unten war. Auf der Rückseite des Zettels stand der Dienstplan für die erste Woche. War der voll! Ob alle so viel Arbeit hatten?

Der Junge mit den pinken Haaren starrte ebenfalls auf seinen Zettel.

»Ich bin Jamie«, stellte Jamie sich dem Jungen vor. Er hatte die Liege neben ihm, und auf seinem Zettel stand Jute Milbaran, Drachenputzer 14. Der Junge murmelte etwas, was Jamie nicht verstand. Er wollte gerade nachfragen, aber einer der Riesen schlug ihm auf den Rücken. »Zum Glück hast du die!« Er zeigte auf die kürzere Liege, auf der Jamies Name stand, und die beiden großen Jungs lachten. Jamie ignorierte sie. Er hatte einen Kloß im Hals. Mit denen wollte er nicht in einem Raum schlafen!

Jamies und Jutes Overalls waren blau, die Riesen hatten braune. Also waren sie vermutlich andere Docker, Mechaniker vielleicht oder Küchenhelfer. Gut so!

Auf dem Boden vor jeder Liege standen hohe gelbe Arbeitsstiefel mit Reißverschluss und dicker Metallkappe vorne. Deshalb hatte er seine Schuhgröße angeben müssen! Bis auf vier Spinde und einen Tisch mit einem einzigen Stuhl gab es keine weiteren Möbel. Die Wände waren voller Kritzeleien. Auf einem Bildschirm – dem einzigen Gegenstand im Raum, der neu und modern aussah – huschten grellgrüne, flimmernde Ziffern entlang. Weit oben gab es ein Fenster wie eine kleine Schießscharte, und Jamie sah ein klitzekleines Stück blauen Himmel. Da wollte er hin. Nach oben!

Der Riese mit dem Zopf ließ sich auf seine Liege fallen. »Ist die hart!«, murrte er.

Jamie starrte auf die dünne Wolldecke. Sie sah kratzig aus. Oben in den Turmzimmern gab es bestimmt weichere Decken. Missmutig öffnete er seinen Spind. Auf einem Regalboden lagen eine Art Schürze aus Metall, ein dünnes Buch, auf dem Handbuch der Drachenpflege, Erstes Lehrjahr stand und so ein Connector, wie Maga Linh und dieser fiese Droll einen hatten. An der Innenseite der Tür hing ein kleiner Spiegel. Jamies Haare waren wie immer strubbelig, aber wenigstens sah man hier im Halbdunkel seine Sommersprossen fast nicht. Die hatte er noch nie leiden können. Jamie seufzte. Er hoffte, dass seine Eltern gerade bei der Direktorin vorsprachen.

»Overalls und Arbeitsschuhe an!«, brüllte Droll draußen auf dem Flur. »Connector in den Gürtel stecken!«

Jamie zog seinen Anzug aus und stieg in den blauen Overall. Was blieb ihm anderes übrig, als erst einmal mitzumachen? DP 13 stand vorne auf der Brust. Das Ding war etwas groß, was aber nicht schlimm war, denn an den Beinen und Ärmeln hatte es Bündchen mit Gummizug. Die Stiefel waren zu klein, aber es würde hoffentlich für ein, zwei Tage gehen. Jamie steckte sich den Connector in den Gürtel. Der sah cool aus mit seinem großen Display.

»Rauskommen!«, brüllte Droll.

Die neuen Docker versammelten sich im Flur. In ihren blauen, grauen, gelben, grünen, braunen und weißen Overalls mit den Nummern sahen sie alle wie Arbeiter aus. Unwohl schienen sich die meisten nicht zu fühlen. Sie hatten anscheinend gewusst, was auf sie zukam. Wieso war Jamies Familie nicht informiert worden? Jamie schaute auf die Pläne, die an der Wand hingen. Es waren die Grundrisse der Drachendocks und ein Querschnitt. Räume, Flure und Treppen waren eingezeichnet, grüne Pfeile und Feuerlöscher. Durch Dock 2, das tiefer lag und sich weiter als Dock 1 in die Berge ausbreitete, verlief der Fluss. Im Querschnitt sah er eine riesige Höhle, die außerhalb der Docks in einer vulkanartigen Öffnung endete.

Droll verschränkte die Arme hinter dem Rücken und schritt vor ihnen auf und ab. »Seht ihr aus, als ob ihr anpacken könntet? Nein! Aber die Arbeit hier unten ist kein Zuckerschlecken. Verpasst also keine Mahlzeit.« Er lachte, doch sein Gesicht lachte nicht mit. »Oben Lehrpläne, unten Kehrpläne, ganz einfach. Du da!«, blökte er das Mädchen mit den Zöpfen an, »gerade stehen!«

Das Mädchen blickte Droll trotzig in die Augen. Jamie erwartete, dass sie etwas Freches sagte, doch sie verschränkte nur die Arme und drehte sich weg.

»Frühstück ist um sieben und Pflicht«, bellte Droll. »Danach hat die DG 1 Lehrstunden und nachmittags Dienst, die DG 2 andersherum.«

Jamie fragte sich, was DG hieß. Dockergruppe vielleicht?

»Bevor ihr fragt: Lehrstunden, das ist die praktische Ausbildung in Drachenpflege, Gleisbau und so weiter, und Dienst, das sind eure Arbeitsschichten, ganz einfach. Mittwochs gibt’s drei Stunden Theorie für die Neunmalklugen unter euch.« Er spuckte auf den Boden. »Wichtiger als die ganze Theorie, schreibt euch das hinter die Ohren, ist die Arbeit. Für gute Arbeit gibt es Pluspunkte. Und jetzt Abmarsch, wir gehen zu den Drachen!«

Zu den Drachen! Jamies Herz klopfte schneller.

Die Gruppe setzte sich in Bewegung.

»Mit fünfzehntausend Punkten kommt man nach oben zu den Drachenreitern, hab ich gehört«, flüsterte eins der beiden dünnen Mädchen. »Hat aber noch nie jemand geschafft.«

»Hm, vielleicht hat es auch bis jetzt noch niemand wirklich versucht?«, erwiderte die andere.

Ich würde es auf jeden Fall versuchen!, dachte Jamie. Immerhin würde er jetzt gleich schon mal die Drachen sehen, vielleicht durfte er sogar einen anfassen?

Im nächsten Flur zeigte Maga Linh auf einen Zug mit sieben Waggons und einem Antriebswagen, der auf Schienen stand. »Das ist unser Flottur, der Schnelle, und das da«, sie zeigte nach oben auf einen Lastenkorb an einem Stahlseil, »die Branda.« Die beiden Mädchen kicherten.

»Branda bedeutet die Feurige. Und bevor jemand auf dumme Ideen kommt: Es ist streng verboten, damit zu fahren. Beide dienen ausschließlich dem Transport von Gütern. Sie werden mit einer Mischung aus Smaragan und Drachendung angetrieben und erreichen mitunter höhere Geschwindigkeiten als die Drachen selbst.«

Drolls Connector piepte. Er sagte etwas zu Maga Linh und verschwand in einer Tür.

Maga Linh führte die Gruppe zu einem riesigen Tor. Sie drückte auf einen Knopf, und das Tor schwang auf.

»Ihr bleibt immer in der Mitte der Boxengasse, verstanden?« Das Tor schloss sich automatisch nach dem letzten Docker.

»Wir haben fünfundzwanzig Boxen für unsere Schuldrachen und ebenso viele für die Reise- und Transportdrachen. Dazu kommen zehn Boxen für Jungdrachen, von denen zurzeit acht belegt sind.«

Jungdrachen! Jamie wollte losstürmen, aber im letzten Moment besann er sich.

In einer Box, die erst leer schien, hing ein Drache kopfüber von der Decke wie eine gigantische Fledermaus. Er hatte grünes Fell! Hatten etwa nicht alle Drachen Schuppen? Und was war das für ein Gerät auf dem Drachenkopf? Es sah aus wie eine silberne Fernbedienung mit Flügeln, auf der ein grünes Licht blinkte. Er wollte danach fragen, aber alle waren schon weitergegangen. Maga Linh drehte sich zu den Dockern um.

»Grundsätzlich gilt die Faustregel: Warmblüter haben Federn oder Fell, Kaltblüter Schuppen oder Drachenhaut. Ihr werdet lernen, wie ihr mit ihnen umgehen müsst, vor allem die Drachenputzer unter euch.«

Jamie schloss zu der Gruppe auf. Oben würde er auch lernen, mit ihnen umzugehen – und noch dazu auf ihnen reiten! Obwohl die Drachen rechts und links in den Boxen Jamie magisch anzogen, blieb er wie die anderen in der Mitte der Gasse. Die Gitterstäbe der Boxen waren bestimmt dreimal so dick wie die Stäbe einer Pferdebox. Und alle Drachen trugen diese komischen Geräte.

»Was bedeuten die Nummern da an den Boxen?«, fragte ein Junge. Maga Linh blieb stehen. »Die Drachen sind klassifiziert und nummeriert.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ihre Namen stehen noch auf den Sätteln, aber die Jungdrachen bekommen mittlerweile keine Namen mehr.«

Keine Namen mehr? Jamie runzelte die Stirn. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Die Boxen, die Nummern, diese Geräte auf den Drachenköpfen. Er hatte gedacht, dass die Drachen sich auch draußen aufhalten konnten, dass sie Namen hatten und eine enge Bindung zu den Menschen, die sie ritten und pflegten.

In einigen Boxen lag wenigstens etwas Stroh. Und es gab Boxen, die mit Wasser oder grünem Schleim gefüllt waren. Die letzte Box war leer und provisorisch mit Brettern zugenagelt. Ob sie repariert werden musste? Die meisten der Jungdrachen hockten auf einem Haufen Federn, sie trugen keine Geräte auf dem Kopf. Jamie konnte dem Drang nicht widerstehen: Er drückte sich an die Gitterstäbe einer Jungdrachenbox und streckte seinen Arm hindurch, bis er den Hals des kleinen Drachen berührte. Wie flauschig er sich anfühlte! Der Drache drehte den Kopf. Der Blick seiner grünen, schrägstehenden Drachenaugen traf Jamie direkt ins Herz. Es fühlte sich an, als wollte der Kleine Jamie etwas sagen.

»Hände weg!«

Jamie zuckte zusammen. Droll war wieder da. Die Drachen in den Boxen traten hin und her. Der Vorarbeiter baute sich vor den Dockern auf, die Hände in die Seiten gestemmt. »Lasst euch nichts gefallen! Drachen sind Nutztiere, und wir sind die Herren!«

»Logo!«, grunzte der Riese mit der Blitzfrisur.

»Was sind das für Geräte auf den Drachenköpfen?«, fragte Jamie. Auch wenn er hier unten nicht bleiben wollte, das musste er wissen. Droll musterte ihn, als sei es unverzeihlich, dass er das nicht wusste. »Das sind die Calmer, auch Glücklichmacher genannt. Glückliche Drachen sind nicht aggressiv und lassen sich besser kontrollieren.«

Maga Linh trat neben Droll. »Durch die Calmer sind die Drachen ruhiger, aber ihr Instinkt wird unterdrückt. So können sie sich zum Beispiel nicht mehr vor den Lind-Egeln schützen. Die legen ihre Eier in der Nähe der Drachen ab, damit die Larven die Drachen als Wirt benutzen können. Es gehört zu euren Aufgaben, die Lind-Egel zu vertreiben und die Drachen zu entwurmen.« Ihr Connector piepte. Die Vorarbeiterin warf einen Blick drauf und eilte davon.

»Erste Übung«, bellte Droll. »Wer traut sich zu, diesen Transportdrachen da einmal kurz aus der Box zu treiben?« Er zeigte auf einen mittelgroßen Drachen mit orangeroten Federn und stämmigen Beinen. Komfort 7.5. stand auf dem Schild an der Box 34.

»Ich«, rief Jamie und hob die Hand. Eigentlich stand er nicht gerne im Mittelpunkt, aber diese Gelegenheit musste er nutzen.

»Mutig«, knurrte Droll. »Hier.« Er reichte Jamie einen langen Stab. Er selbst nahm auch einen.

»Was ist das?«, wollte Jamie wissen.

»Dreißigtausend Volt«, sagte Droll grinsend. Seine Augen glänzten.

»Elektroschocker, stimmt’s?«, rief ein kräftiger Junge mit blonden Haaren und Pausbacken. »Zeig’s ihm!«

Droll bellte: »Ruhe! Hier rede ich, sonst keiner! Alle anderen dort rüber.«

Er drückte auf einen Knopf an einem Steuerpult an der Wand. Ein Netz fiel senkrecht von oben herab. Die Docker waren jetzt auf der einen Seite des Netzes und Jamie und Droll auf der anderen. Jamie nahm den Stab entgegen. Jetzt war ihm doch ein wenig mulmig zumute – weh tun wollte er dem Drachen auf keinen Fall!

Droll drehte an einem Rad, und die drei schweren Riegel vor der Boxentür glitten zur Seite. Sie schwang einen Spalt weit auf, und Droll schob Jamie unsanft hinein. »Stab hoch«, bellte er.

Instinktiv hob Jamie den Stab hoch wie ein Schwert. Der Drache drehte den Kopf. Jamies Herz pochte schneller. Die Nähe zu dem Drachen war überwältigend. Er fühlte sich so klein neben ihm – und doch zog der Drache ihn magisch an.

Jamie ließ den Stab sinken und machte einen Schritt auf den Drachen zu. Der Drache riss den Kopf nach oben.

»Stab hoch!«, brüllte Droll.

Doch Jamie hatte nicht das Gefühl, dass der Drache ihm etwas tun wollte. Er streckte langsam die Hand aus. »Hallo, Komfort 7.3.«, flüsterte er. Ob die Federn sich flauschig anfühlen würden?

»Nicht anfassen!«, brüllte Droll.

»Okay«, murmelte Jamie. Er legte den Stab auf den Boden.

»Bist du bescheuert? Nimm den Stab hoch!«, brüllte Droll.

Die anderen Docker hingen am Netz. Keiner sagte ein Wort. Es war, als hielten alle den Atem an.

»Komm mit«, flüsterte Jamie. Er hob die Hände und ging rückwärts aus der Box. Und tatsächlich – der Drache folgte ihm! Ein Gefühl von Zuneigung für das große Wesen überflutete Jamie.

Im nächsten Moment packte Droll ihn am Overall und riss ihn nach hinten. »Box zu!«, brüllte er.

Jamie schlug mit dem Hinterkopf auf den Boden auf. Die Boxentür knallte zu, dem Drachen vor die Nase. Er brüllte, und ein Feuerstrahl schoss aus seinem Maul, der Jamie nur knapp verfehlte und die Wand der Boxengasse versengte. Droll packte Jamie am Kragen und riss ihn hoch, dass ihm die Luft wegblieb. Sein Kopf dröhnte.

»Hast du Bohnen im Hirn? Was hast du dir dabei gedacht?« Der Vorarbeiter stieß ihn so heftig weg, dass Jamie nach vorne auf den Boden fiel, mitten in einen Haufen zusammengekehrten Drachenmist. Die anderen hinter dem Netz lachten.

»Aber … der Drache wollte mir nichts tun …«

Jamies Wangen brannten, und er spürte, wie er rot wurde. Droll kam ganz nah an ihn heran. Kurz dachte Jamie, er wollte nach ihm treten.

»Nichts tun? Er wollte uns abfackeln wie einen Haufen Stroh! Noch so einen Mist, und ich sperr dich in den Kerker.«

Jamie schluckte. Das war hoffentlich ein Witz gewesen! Wobei Droll nicht gerade ein lustiger Typ war. Jamie schaute rüber zu den anderen hinter dem Netz. Sie gafften ihn an. Noch nie hatte er sich so allein gefühlt.

Droll spuckte neben Jamie auf den Boden. »Fünfzig Minuspunkte! Wie heißt du?«

»Jamie … Jamie Dellander«, flüsterte Jamie.

»Merk ich mir! Wehe, du legst noch mal deinen Schocker weg.«

Kapitel 3Flapper

Als Jamie aufwachte, juckte es ihn überall. Seine Beine waren übersät mit Drachenflohbissen. Sein Magen tat weh, so leer war er. Zwei Tage und zwei Nächte war er nun schon hier unten, und gegessen hatte er kaum etwas. Er hatte nichts von seinen Eltern gehört, und niemand hatte ihn nach oben geholt. Die anderen hatten gestern ihren ersten Arbeitstag gehabt, Jamie hatte sich krankgemeldet. Er hatte noch Kopfschmerzen von seinem Sturz in der Boxengasse, und seine Nase lief wie ein Wasserfall. Kein Wunder bei der Kälte und der dünnen Wolldecke! Auf dem Bildschirm an der Wand flimmerten grellgrüne Zahlen.

06:32+++FRÜHSTÜCK+07:00+++ESSEN+PFLICHT!

Die anderen rührten sich jetzt auch.

»Ich dusch nicht«, knurrte der größere Riese, der Harty hieß. »Zum Duschen bis runter in Dock 2, die spinnen doch.«

Jamie beschloss, zum Frühstück zu gehen. Er wollte nicht, aber er hatte Hunger.

»Gehst du mit zum Essen?«, fragte er Jute.

»Ich komm später«, murmelte Jute. Er schien eher ein Einzelgänger zu sein.

Als Jamie die Küchentür öffnete, wehte ihm der Geruch