Luftschutz für Fachleute und Ingenieure - Wilfried Maehler - E-Book

Luftschutz für Fachleute und Ingenieure E-Book

Wilfried Maehler

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Beschreibung

Der Titel "Luftschutz für Fachleute und Ingenieure" umfasst die Erkenntnisse aus verschiedenen Forschungs- und Untersuchungsbereichen, beginnend mit den Luftschutzanlagen des Zweiten Weltkrieges bis hin zu den Bauten des Kalten Krieges. Der ABC-Schutzraumbau, auch bekannt als Atombunker, reicht von einfachen Schutzmaßnahmen für kurzfristigen Aufenthalt bis hin zu umfassenden Luftschutzanlagen mit modernster Technik, die für langfristige Aufenthalte ausgelegt sind. Angesichts des Ukrainekrieges werden verstärkt Fragen zum Luftschutz in der Bevölkerung aufgeworfen. Die effizienteste Methode zur Schaffung von Luftschutzplätzen besteht in der Nutzung vorhandener Bunker. Eine bedeutende Aufgabe liegt daher in der Modernisierung und Stärkung dieser bestehenden Luftschutzanlagen. Deswegen sind hier Fachleute und Ingenieure verschiedener Fachrichtungen angesprochen.

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Wilfried Maehler und Michael Ide

Luftschutz für Fachleute und Ingenieure

Über den Verein

Der Studienkreis Bochumer Bunker e.V. (SBB e.V.) ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein und recherchiert seit Vereinsgründung hauptsächlich zu den Themen Ziviler Luftschutz, Werkluftschutz und kriegswichtige Fabrikationsanlagen des Zweiten Weltkrieges. Viele Kenntnisse gingen nach dem Krieg verloren, wurden vernichtet oder verdrängt. Der SBB e.V. trägt umfangreiche Information rund um die Themen Bunker und Luftschutz zusammen.

Unser Anliegen: Der SBB e.V. hat es sich mit dieser Veröffentlichung zur Aufgabe gemacht, dem Leser das komplexe Thema Luftschutz verständlich und nachvollziehbar zu vermitteln. Wir stellen verschiedene Anlagentypen vor, vom Bunker über den Deckungsgraben bis zum Stollen. Im Weiteren gehen wir auf folgende Aspekte ein: Gesetzgebung und Luftschutz-bezogene Vorschriften, behördliche Anweisungen und technische Abhandlungen, Material- und Ausstattungsbedarf, Beschaffungsvorgänge sowie Maschinen- und Arbeitskräfteeinsatz.

Wir recherchieren nicht nur für uns allein: Überwiegend dienen die hier dargestellten geschichtlichen Rechercheergebnisse, wie z.B. die damalige Umsetzung der einschlägigen Bauvorschriften, der besseren Beurteilung von heutigen Bauhindernissen oder Gefahrenstellen. Dazu zählen beispielsweise Tagesbrüche, deren Ursache in eingebrochenen Luftschutzanlagen zu suchen sind. Weiterhin werden mögliche Schadstoffe aufgezeigt, die bei Umbau- oder Abrissarbeiten anfallen können und gesondert behandelt werden müssen.

Unsere praktische Erfahrung: Der SBB e.V. konnte bisher in über 1500 kritischen oderproblembehafteten Situationen Rat erteilen oder in akuten Gefährdungsbereichen direkt vor Ort beratend tätig werden. Spektakuläre Einsätze, wie z.B. der Luftschutzstollen unter der Petrikirche in Wiemelhausen oder beim Stollen Ruhrblick Hattingen waren dabei seltener.

Wir helfen und beraten: Ein Beispiel, wo der SBB e.V. schnell und unbürokratisch mit Kenntnissen helfen konnte, war beim Bau der neuen Ruhrbrücke Hattingen. Hier trat beim Bau der Straße direkt neben der Brücke ein Tagesbruch auf. Durch die Zeitzeugenbefragung der Bauleitung wurde sogar ein Stollen vermutet, der direkt unter den neu gebauten Brückenfundamenten verlaufen wäre. Ein kompletter Baustellenstopp mit horrenden finanziellen Verlusten kündigte sich an. Selbst ein Behördentermin brachte keine fruchtbaren Ergebnisse, so daß hier zunächst ein Bodengutachten erstellt werden sollte. Das drohende Unheil Baustellenstop dauerte so lange, bis der SBB e.V. vom zuständigen Denkmalpfleger hinzugezogen wurde. Nach dem Einstieg in den Tagesbruch stand fest, daß hier lediglich ein Deckungsgraben angetroffen worden war, der auch keinen Einfluß auf die Standfestigkeit der Brückenelemente haben, und der durch einfaches ausbaggern innerhalb eines Tages beseitigt werden konnte.

Wir werden ignoriert: Es gab erheblicherweise schon Fälle, in denen der Rat des SBB e.V. ignoriert wurde. Dabei traten jedoch genau die unerwünschten Situationen ein, die aus unserer Sicht vermeidbar gewesen wären - siehe Sicherung eines Tagesbruches am Ruhrblick in Hattingen. Trotz unserer vielfachen Hinweise und Warnungen wurde seitens der Bauherrnschaft ein Hohlraum unter der Liegenschaft “blind verfüllt”, mit dem Ergebnis, daß der Dämmer erst einmal als “durchlaufende Position” in die unterhalb liegende Ruhr floß. Es handelte sich um ein Erbe aus dem Bergbau, nicht aus dem Luftschutz. Bergbau folgt anderen Regeln als der Luftschutz.

Über dieses Buch

Zum einen werden die gewaltigen Bauleistungen an Beispielen vor dem Hintergrund der damals bestehenden logistischen Probleme dargestellt, zum anderen diverse Vor- und Nachteile der vielfältigen baulichen Konstruktionen aufgezeigt.

Neben bautechnischen Entwicklungen, Konstruktionen und Betriebsmitteln liegen die Schwerpunkte auch auf dem Überblick über das Zusammenwirken verschiedener Luftschutzmaßnahmen. Die unterschiedlichen Aspekte sind hier zusammengetragen. Dabei werden hauptsächlich an Beispielen die mannigfachen Anwendungen im Luftschutz aufgezeigt und mit Luftschutz-Bauten unterschiedlicher Städte verglichen. Luftschutzanlagen, die vor biologischen, chemischen und atomaren Einflüsse schützen sollen, werden ebenfalls behandelt, wie auch deren Ertüchtigung.

Es gibt zum Themenfeld Luftschutz zahlreiche Veröffentlichungen. Der SBB e.V. versucht mit diesem Buch, viele Faktenlücken zu schließen. Praxiserfahrungen und Forschungsergebnisse des SBB e.V. werden kartographiert, nachkonstruiert, zusammengefasst und ausgewertet.

Hinweis zur Rechtschreibung

Die Autoren halten weitgehend an den alten Rechtschreib-Regeln fest. Unter anderem der Erhalt des „ß“ und des „ph“ liegt ihnen dabei am Herzen, beispielsweise in „daß“, „Abriß“ und „Telegraphie“.

Hinweis zum Gendern

Auf das Gendern der Sprache wird weitgehend verzichtet. In der Regel wird die männliche Form gewählt. Sie dient der Vereinfachung und passt zumeist in den zeitlichen Kontext der Materie, beispielsweise „Ortsfeuerwehrführer“, „Postluftschutzleiter“

Inhalt

Die Geschichte des Luftschutzes in Deutschland und Europa im Überblick

Luftschutzorganisation und Abteilungen

Anforderungen an den Luftschutzbau

Beton im Luftschutzbau

Die Bewehrungsarten von Bunkeranlagen

Gründung von Luftschutzbauten

Wanddurchlässe

Be- und Entlüftung

Wasser, Entwässerung und Entwässerungsprobleme

Elektrische Versorgung

Verdunkelungsmaßnahmen

Der Trümmerschutz und Notausstiege

Die Schutzraum-Betriebsausstattung

Bombeneinwirkungen auf Bauwerke

Kampfstoffe und Gegenmaßnahmen

Kennzeichnung beim Luftschutzwesen

Hochbunker - Luftschutzbunker über Geländeoberkante (GOK)

Konstruktive Unterschiede von Bunkeranlagen

Tiefbunker - Luftschutzbunker unter Geländeoberkante

Die unabhängige Löschwasserversorgung - Zisternen und Löschteiche

Luftschutzstollen

Armierte Betonstollen aus Ortbeton

Eisenlose Betonstollen

Gemauerte Stollen

Stahllamellenstollen

Felsstollen

Holzstollen und Ausbauten

Luftschutz in bergbaulichen Anlagen

Stahlausbau in Luftschutzstollen mit Doppel-T-Profilen und Schienen

Rinnenprofile

Kasten- und Rohrprofile

U-Bahnen, Straßenbahnen und Tunnelanlagen im Luftschutz

Deckungsgraben

Der gemauerte Deckungsgraben

Deckungsgraben aus Beton

Der Deckungsgraben aus Stahllamellen

LS-Deckungsgräben aus Fertigbetonteilen

Deckungsloch

Deckungsgräben aus Stahlspundbohlen und Kastenspundbohlen

Deckungsgraben mit Holzausbau

Deckungsgraben Sonderbauten

Luftschutzräume und Luftschutzkeller

Luftschutz der „Deutschen Reichspost“ (DRP)

Lochkartenmaschinen

Aktiver Luftschutz - Flak

Bunker nach dem Krieg

Der Nachkriegsumgang mit LS-Anlagen unter GOK

Akten, Pläne, Fotos - praktische Hinweise zur Recherche

Der Umgang mit Aufzeichnungen, Plänen und Luftbildern

Umwelt- und Gesundheitsschutz

Nachleuchtfarben und radioaktive Leuchtfarben

Trümmerbeseitigung und Trümmerverwertung

Herstellung und Wiederherstellung von Schutzräumen für die Zivilbevölkerung nach 1960

Anhang

Die Benzinger Bewehrung

Hochbunker in Deutschland

Die bekanntesten Hersteller von gassicheren Luftschutztüren

Hersteller von Splitterschutzzellen aus Stahl und Beton

Tiefbunker in NRW

Die unabhängige Löschwasserversorgung am Beispiel Herne

Mitgliederverzeichnis der Auskunfts- und Zentralstellestelle vom, 1.September 1939

Literaturverzeichnis

Bildverzeichnis

Die Geschichte des Luftschutzes in Deutschland und Europa im Überblick

1906 Die ersten Theorien zur Bekämpfung von Luftfahrzeugen werden ausgearbeitet

1911 Luftfahrzeuge werden bei den Deutschen Kaisermanövern zur Beobachtung eingesetzt.

1914 Maßnahmen zum Schutz wichtiger Kunstbauten durch feindliche Luftfahrzeuge werden erörtert und die ersten Anleitungen zum Heimatluftschutz entstehen.

Am 8.10.1914 gelang es einem englischen Flieger, die Luftschiffhalle Düsseldorf anzugreifen und das Luftschiff Z IX zu zerstören.

Drei französische Luftangriffe fanden im Dezember 1914 auf Freiburg statt.

Die Einrichtung und der Aufbau eines Luftschutzwarndienstes erfolgten wegen vorgenannter Angriffe in den Jahren 1915 und 1916.

1915 Die ersten Umbauten von Kelleranlagen in Luftschutzkeller werden in der Rottweiler Pulverfabrik vollzogen.

Um den Heimatluftschutz zu verbessern, wurde am 1.9.1915 der "Inspekteur der Ballonabwehrkanonen" eingesetzt. Dieser war zwar dem Kriegsministerium direkt unterstellt, übte aber nur beratende Funktion aus.

Das Preußische Kriegsministerium erließ im selben Jahr die „Richtlinien für den Eigenschutz von Fabrikanlagen gegen Angriffe aus der Luft“, die vom „Inspekteur der BAK“ erarbeitet worden waren.

Weiterhin wurde fast zur gleichen Zeit vom Kriegsministerium 1915 der Flugmeldedienst, der gegen Jahresende aus Flughauptwachen und Flugwachen bestand, ins Leben gerufen.

Um 1916 war das Fernverbindungs- und Fernmeldewesen ein fester Bestandteil des Flugmelde- und Luftschutzwarndienstes.

Im Februar 1916 entstanden in den Korpsbezirken organisierte und befehlstechnisch zusammengefaßte Flakgruppen.

1916 Der passive Schutz der Bevölkerung (ziviler Luftschutz) begann mit dem Aufbau von Vorrichtungen zur Alarmierung, Tarnmaßnahmen, Verdunkelung und Aufklärung der Bevölkerung. Vereinzelte Ballon- und Drachensperren wurden aufgebaut.

Die gezielten Luftangriffe wurden von deutscher Seite noch mit dem Zeppelin ausgeführt und dabei lediglich drei Sprengbomben mit je 50kg abgeworfen. Nachdem bei einem Angriff auf Liverpool am 20.10.1917 fünf der elf Zeppeline abgeschossen wurden, setzte man nur noch mehrmotorige Flugzeuge ein.

Wegen der verspäteten Alarmierung starben in Köln am 18.5.1918 durch einen Fliegerangriff 43 Menschen. Zusätzlich mußten 79 Verletzte gezählt werden.

1919 regte Otto Lummitzsch die Gründung der „Technischen Nothilfe“ (TN) an um Notstandsarbeiten im Bereich der Gas- und Wasserwerke in Berlin auszuführen.

Am 30.9.1919 wurde die „Technische Nothilfe“ durch den Erlaß des Reichswehrministers Gustav Noske reichsweit ausgedehnt.

1920 Gründung des „Verein ehemaliger Angehöriger der Flugabwehr e.V.“ Der Verein war Herausgeber des „Luftschutz-Nachrichtenblatt“.1

Das militärstrategische Angriffsszenario des italienischen Generals Giulio Douhet legte 1921 in seinem Buch "Il domino dell´ aria" grundlegende Theorien dar, wie mit Flugzeugen effektiver angegriffen werden könnte. In der 1930 erschienenen deutschen Fassung trug das Buch den Titel "Luftherrschaft".

Douhet rechnete damals aus, daß ein kreisrundes Stück Erde von tausend Metern Durchmesser mit zehn Tonnen "Zerstörungsmaterial" umgepflügt werden könne. Hierzu würde, bei einer Nutzlast von zwei Tonnen pro Flugzeug, eine Staffel von zehn Flugzeugen genügen, Fehlwürfe und Blindgänger mit einkalkuliert.

Es entstand 1922 eine erste Zusammenfassung einiger Luftschutz-Fachbereiche, um gegen die Wirkungen der Bomben grundlegende Schutzmaßnahmen ergreifen zu können.

1923 wurde die "Gasschutzgesellschaft" in Polen gegründet.

1923 lag dem Reichswehrministerium eine erste Anleitung der Luftschutzvereine über den Reichsluftschutz vor, die als Grundlage für den Ausbau von Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen dienen sollte.

1925 Das Reichswehrministerium stellt „erste Richtlinien für die Organisation des Reichsluftschutzes“ auf.

Im Mai 1926 erlaubten Frankreich und Belgien den Aufbau eines rein zivilen Luftschutzes in Deutschland.

1927 Gründung des Vereins „Deutscher Luftschutz e.V“. mit dem Vorsitzenden Reichsminister a.D.Dr.Dr.Krohne.

Der 1927 gegründete Deutsche Luftschutzbund erarbeitete weitere Maßnahmen und

Sicherungsvorschläge gegen die Auswirkungen von Abwurfmunition. Der Schwerpunkt lag hierbei überwiegend auf Selbstschutzmaßnahmen.

1928 fanden erste Vorträge des Gas- und Luftschutzes auf Fachtagungen der Feuerwehren Beachtung.

Mit der 1928 erfolgten Verschmelzung der "Gasschutzgesellschaft" mit der "Luftschutzliga für die Staatsverteidigung" zur "Gas- und Luftschutzliga" hatte auch Polen frühzeitig eine komplette und funktionierende Luftschutzorganisation geschaffen.

1929 beinhalteten die Aufgaben der „Technische Nothilfe“ sowohl Katastrophenhilfe als auch Luftschutz.

1930 wurde die „Luftschutz-Arbeitsgemeinschaft Ostpreußen“ gebildet

Die Richtlinien der zivilen Luftschutzorganisation wurden im Oktober 1931 erlassen. Diese Richtlinien beinhalteten die grundlegenden Strukturen des „Sicherheits- und Hilfsdienstes“ (SHD) einschließlich des Feuerlöschdienstes.

1931 die „Deutsche Luftschutz-Liga“ wird am 24.7. gegründet. Ihr Sitz ist Berlin.

1931 der „Jungdeutsche Orden e.V.“ wird wegen seiner aufklärenden Veröffentlichungen über Luftschutz bekannt.

1932 waren bereits Richtlinien ausgearbeitet, in denen die Luftschutzverhältnisse der Eisenbahnen festgelegt waren.

1932 der in Magdeburg ansässige „Akademische Flug- und Gasschutzverband“ steht im Dienst der Aufklärung der Bevölkerung über den Luftschutz.

Die ersten größeren Luftschutzübungen fanden reichsweit bereits vor 1932 statt. Hierbei lagen die Schwerpunkte in der Schadensminimierung und in der Brandbekämpfung.

1932 schlossen sich der "Deutsche Luftschutz e.V. "und die" Deutsche Luftschutz-Liga" zum "Deutschen Luftschutzverband e.V." zusammen.

Ebenfalls 1932 war in Dresden „Luftschutz Sachsen“ ins Leben gerufen worden. Weiterhin Gründung des „Nationale Deutsche Luftfahrtverband“ in Potsdam und in Stettin entstand hauptsächlich durch NSDAP Mitglieder der „Verein für nationales Flugwesen und Luftschutz“.

Mitte 1932 entstand in Nürnberg die Luftschutzbewegung „Luftschutz Nordbayern“. Hierbei schlossen sich Teile größerer Vereine, wie z.B. Flakverein, Deutscher Fliegerbund, Deutsche Luftfahrtgesellschaft zusammen.

Ab dem 2.2.33 unterstand der zivile Luftschutz dem Reichskommissariat für Luftfahrt.

Im Ruhrgebiet erregte 1933 die im Rahmen der Flugschau in Gelsenkirchen durchgeführte öffentliche Luftschutzübung sehr starkes Interesse. Diese war gleichzeitig eine Präsentation der Arbeitsweise des am 29.4.33 von Göring gegründeten „Reichsluftschutzbundes“ (RLB), der direkt dem Luftfahrtministerium unterstand. Ab diesem Zeitpunkt hörten alle bis dahin vorhandenen Luftschutzvereine auf zu bestehen. An die Spitze des Reichsluftschutzbundes wurde als erster Präsident der General der Flakartillerie a. D. Hugo Grimme berufen, der schon seit Ende des 1. Weltkrieges als Vorsitzender des Flakvereins den Gedanken des Luftschutzes vorangetrieben hatte.

Bild 1: Anstecker des RLB

Die ersten größeren Luftschutzübungen absolvierte 1933 in Bochum der Werkluftschutz zusammen mit der städtischen Feuerwehr. Überwiegend übte man auf dem Werksgelände des Bochumer Vereins2.

1933 entstanden unter Mitwirkung des Luftschutz-Fachausschusses zusammengefaßte Richtlinien und Anweisungen zum Schutz der Zivilbevölkerung. Zusätzlich kamen Schriften heraus wie Sonderanweisungen für alle aktiven LS-Helfer; LS-Warte; Aufräumungshelfer; Entgiftungshelfer; Feuerwehren; praktischen Gasschutz usw.

Die Richtlinien der „Technischen Nothilfe“ (TN) wurden am 19.10.1933 erlassen.

Gegen Ende 1933 begann die Durchsetzung reichsweiter Normungen von Maschinen, Ausrüstung und Hilfsmitteln bei den Feuerwehren und in den Luftschutzeinrichtungen (Beispiel: Schlauchkupplungen, Hydranten).

Bild 2: Rote Erde v. 10.01.34, unter dem Motto „Luftschutz tut not“ wurde in den nachfolgenden Jahren die Luftschutzwerbung ausgeweitet.

Am 15.12.33 wurde die Berufsfeuerwehr durch das preußische Feuerlöschgesetz in die Polizei eingegliedert. Als Ergebnis entstand die „Feuerlöschpolizei“, die auch das Sachgebiet Luftschutz abdeckte.

1934 fanden von April bis Juni reichsweit Werkluftschutzübungen und Planspiele statt.

Ein sehr umfangreiches Sammelwerk über den zivilen Luftschutz wurde mit der überarbeiteten Beschlußfassung des LS-Gesetzes von 1934 herausgegeben.

Ebenfalls 1934 wurde der Gründer und Vorstand der „Technischen Nothilfe“, Otto Lummitzsch, abgelöst. Neuer Chef der TN war nun der SA-Gruppenführer Hans Weinreich.

Eine weitere reichsweite Werkluftschutzübung fand noch im Herbst 1934 statt.

In diesem Zeitraum war nun auch in der zivilen Bevölkerung weitläufig bekannt, daß die Luftwaffe jene Waffengattung ist, die Schäden von bis dato unbekanntem Ausmaß verusachen kann. Bomber stellten das Hauptangriffsmittel auf Ortschaften, Fabriken, Elektrizitätswerke und andere wichtige Objekte dar. Die Aufgabe der Bomberverbände, Zerstörung von Städten, Militär- und Industrieobjekten und Vernichtung der Bevölkerung, zeichnete sich ab. Zu den Wirkungsmitteln aus der Luft gehörten hauptsächlich Spreng- und Splitterbomben, Brandmittel und Bordwaffen.

Es fand eine weiträumige Übung im Frühjahr 1935 in Berlin statt, als erste Luftschutzübung mit Fliegeralarm und Verdunkelung.

1935 war das Jahr, in dem die Luftschutzpflicht eingeführt wurde. Grundlage war das Luftschutzgesetz vom 26. Juni 1935. Ab diesem Zeitpunkt war der Luftschutz Aufgabe des Reichs und unterstand Hermann Göring, dem Reichsminister der Luftfahrt.

Die Propagandamaschine des RLB lief zu diesem Zeitpunkt bereits auf Hochtouren unter dem Motto "Luftschutz tut not". LS-Schulungen, LS-Vorbereitungen, LS-Übungen, Werbeplakate und Spenden-Sammlungen bereiteten die Menschen auf einen Krieg vor. Ehrungen des RLB und diverse andere Maßnahmen wie besondere Abzeichen usw. förderten die Akzeptanz in der breiten Bevölkerung. In diesem Jahr fand zudem die Luftschutzübung Ruhr statt.

Am 10.10.1936 wird der Vierjahresplan im Reichsgesetzblatt verkündet. Ab dem Zeitpunkt wird die Rüstungsindustrie zu Höchstleistungen angetrieben.

Die erste Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz erging 1937. Die Genehmigung erfolgte 1938. Hierin wurde gleichzeitig die Technische Nothilfe mit "Sonderaufgaben des Instandsetzungsdienstes im Luftschutz" einbezogen.

Eine Werkluftschutztagung der Reichsgruppe Industrie, zu der 400 Industrielle aus dem gesamten Reichsgebiet zusammengekommen waren, fand am 29.4.38 im Berliner Preußenhaus statt.

Die Reichsführung verlangt, daß alle Hollerithanlagen luftgeschützt untergebracht werden sollten.

1938 erfolgte die Gründung der Organisation Todt.

Die Mitgliederzahl des RLB lag 1939 bei 13,5 Millionen.

Schon vor den ersten Kriegstagen fand der Aufbau von Fliegerabwehrmaßnahmen in Bochum statt. Die Führung der 22. Flakdivision erfolgte von Dortmund aus.

Die als strategisch eingestufte Lage von Bochum (Ruhrtal bzw. Ruhrgebiet) war der Grund, warum 1939 eine kasernierte Flugabwehrkanonen-Luftwaffeneinheit (Flak) in Regimentsstärke komplett bereitstand3

Für die Luftverteidigung des Ruhrgebietes waren, nach derzeitigen Erkenntnissen, viele Flakeinheiten und deren Flakgruppen, zuständig.

Auf dem Gelände des „Bochumer Verein für Gußstahlfabrikation“ z.B. waren mehrere Flakuntergruppen mit eigenen festen Unterständen in den militärischen Baustärken C und D (de facto Deckungsgräben mit 0,6m bis 1,00m Wandstärken)) einquartiert.

Am 25.4.1939 trat das Gesetz über die Technische Nothilfe in Kraft.

Die Feuerwehren wurden im Rahmen der neuen gesetzlichen Regelungen am 1.9.39 in den Sicherheits- und Hilfsdienst eingegliedert.

Bild 3: Rote Erde, 10. August 1939

1.9.1939 Kriegsbeginn mit dem Überfall auf Polen.

3.9.1939 England und Frankreich erklären Deutschland den Krieg.

Vom 3. auf den 4.9. werfen britische Maschinen Flugblätter im Ruhrgebiet ab, die der Zivilbevölkerung die Gründe für die Kriegserklärung erläutern sollten.

Bild 4: Rote Erde v. 26.07.39 Die Luftschutzpflicht wird der Bevölkerung nahe gelegt

18.12.1939 in Wilhelmshaven ereignet sich ein Britischer Luftangriff mit 12 Bombern.

15.5.1940 der strategische Bombenkrieg unter Einsatz der Luftstreitkräfte gegen das Deutsche Reich beginnt.

Mit der "Anordnung des Führers zur sofortigen Durchführung „baulicher Luftschutzmaßnahmen", vom 9.9.1940, begann in den Städten der Bau der großen zivilen LS-Bunker. Die Durchführungsorgane des „Generalbevollmächtigten für die Regelung der Bauwirtschaft“ (GB Bau) waren das Referat GB Luftschutz, der Gebietsbeauftragte, danach die Untergebietsbeauftragten und endlich der Bevollmächtigte des Oberbürgermeisters, bzw. Bürgermeisters.

15.11.1940 das Hamburger Hafenviertel wird bombardiert. Erstmalig sterben über 25 Menschen durch einen britischen Luftangriff.

Dem Schreiben des Rm.d.L.u.O.d.L.4 vom 13.10.40 ist zu entnehmen, daß z.B. Bochum eine Sonderstellung einnahm: "In den Luftschutzorten Aachen, Bielefeld, Bochum unter Einbeziehung von Hattingen Stadt pp. sind mit sofortiger Wirkung, zum Teil abweichend von den bisherigen Regelungen, nachstehende Maßnahmen durchzuführen ... in der Nähe kriegswichtiger Anlagen ... Die Kosten sind vom LGK5 aus Mob-Mitteln6 zu bestreiten ... Die zur Durchführung der Baumaßnahmen benötigten Arbeitskräfte, Baumaterialien und Transportmittel sind vom GB Bau7 bereitzustellen."

Der dringende Bedarf an Schutzbauten war erkannt und führte zu entsprechenden Befehlen und Anordnungen, um Verluste möglichst zu minimieren.

In der Tagung des GB Bau vom 6.2.41 unter Leitung des Ing. Fritz Todt, Az 99 EL 35/41, kamen die Stellung und Ermächtigung der Bevollmächtigten zum Ausdruck: "Alle Hemmungen, die sich dieser Aufgabe entgegenstellen, sind zu beseitigen. In den Fällen, in denen der Bevollmächtigte glaubt, die selbstverständliche Unterstützung bei den übrigen Bauabteilungen wie Planungsamt, Maschinenbauamt nicht zu haben, muß zunächst durch eine Aussprache mit dem Oberbürgermeister eine ebenso schnelle wie gründliche Klärung herbeigeführt werden. Sollte dieser Weg nicht zum gewünschten Ergebnis führen, ist der Gebietsbeauftragte zu verständigen. Dann wird Berlin eingreifen. Auf keine Weise kann von jetzt ab eine negative Leistung mit einer Ausrede dieser Art entschuldigt werden."

Bild 5: Rote Erde v. 6.05.38

Am 12.6.1941 wird von den Alliierten gegen das Deutsche Reich erstmalig ein konzentrierter Luftangriff mit rund 300 Maschinen geflogen. Ziel sind Eisenbahnknoten in Hamm, Osnabrück, Schwerte und Soest.

Ab Mitte 1941 wurde in der zweiten Bauwelle nur noch die „Braunschweiger Bewehrung“ zugelassen. In Spiral- und Gitterraumbewehrung durfte nur noch in genehmigten Ausnahmefällen armiert werden. Die Änderung der Bauvorschriften von 1941 berücksichtigte nun auch neuzeitlichere Waffenwirkungen, und deshalb waren nur noch die Baustufen A, B und C zulässig (Wandstärken von 2-3 m).

Der SHD8 1.Ordnung erhielt 1941 nach der Neuorganisation die Bezeichnung „Luftschutzpolizei“.

Am 8.3.1942 beginnen in Essen die großflächigen Bombardements auf das Ruhrgebiet.

28./29.3.1942 die Lübecker Altstadt wird von 230 Bombern größtenteils zerstört.

30./31.5.1942 Köln wird von 1000 Maschinen bombardiert. Durch die „Operation Millenium“ sterben rund 450 Menschen.

Aufgrund der Tatsache, daß die immer häufiger stattfindenden Bombenabwürfe durch Luftabwehrmaßnahmen nur unbefriedigend verhindert werden konnten, mußte der passive Luftschutz ausgeweitet werden. Nachdem Flugzeuge immer höhere Bombenlasten ins Ziel bringen konnten und auch die Waffenentwicklung vorangeschritten war (Radar, Zerstörungskraft der Bomben), war Berlin gezwungen, die Luftschutzmaßnahmen zu verbessern. Die einzige Möglichkeit, Menschen, Material und Kulturgüter zu schützen, sah man nun in unterirdischen Anlagen. Hierzu war das Ruhrgebiet durch seine bereits vorhandenen Bergwerke und Stollen prädestiniert. Die ersten UEinlagerungsbefehle lagen in Bochum Ende 1942 vor.

Der intensive Bau von Pionierstollen hatte sich wegen ständigen Material- und Treibstoffmangels als die einfachere und schnellere Schutzmöglichkeit herausgestellt.

Dies wurde den Bürgermeistern mit Schreiben des GB-Bau, RM Albert Speer, vom 4.8.42 in Bezug auf den Erlaß 92/42 zur Kenntnis gegeben. Deshalb ist für über 95 % aller zivilen Pionierstollen als Baubeginn eine Zeit nach September 42 angegeben.

1943 Das „OT-Bagger-Regiment“9 wird aufgestellt.

1943 wurde das Stollenbauprogramm ausgeweitet

Am 24.12.43 gab H. Göring in seiner Funktion als Reichsmarschall des Großdeutschen Reiches einen Luftschutzbefehl heraus, der die Auslagerung von Materialien beinhaltete.

1944 wurden die meisten zivilen Luftschutzstollen in aller Eile vorgetrieben und ständig weiter ausgebaut. Das OT-Bagger-Regiment wurde umbenannt in OT-Regiment Speer.

Ab Herbst 44 wurden im Bereich des LGK 6 selbst unsachgemäß, mit Halbwissen errichtete Deckungsgräben wegen gravierenden Facharbeitermangels notgedrungen und ohne Nachbesserungen genutzt. Weiterhin die Anordnung, keine sperrigen Gegenstände mit in LS-Anlagen mitzunehmen. Es gab mehrere Unfälle, weil Koffer oder Kinderwagen im Weg standen und dadurch die Menschen nicht schnell genug in die Schutzräume kamen.

Bild 6: „Die Sirene“, Ausgabe 15, Ein Deckungsgraben wird in Selbsthilfe gebaut

Bild 7: „Rote Erde“17.07 1944

Bis zur Einnahme der Städte wurde der private und staatliche Luftschutzbau mit Hochdruck vorangetrieben.

Mit dem Kriegsende lösten sich die Verbände des zivilen Luftschutzes auf.

Anläßlich der Spannungen des beginnenden "Kalten Krieges" begann die Bundesrepublik um 1950 mit dem Aufbau und der Organisation des "zivilen Bevölkerungsschutzes". Um dies zu erreichen, benötigte die Regierung wiederum die Erfahrungen und die Kenntnisse der ehemaligen Luftschutzleitungen, ebenso wie die der ehemaligen „OrganisationTodt“.

Bild 8: „Rote Erde“, verschiedene Regionalnachrichten 20.8.1943

Bild 9: Rote Erde, 20.8.43

 

1 Kurzbenennung Flakverein, später Flakwaffenring

2 Bochumer Verein für Bergbau und Gußstahlfabrikation (BVG)

3 Vorläufer der Flak ist die Bak (Ballonabwehrkanone).

4 Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe

5 LGK - Luftgaukommando

6 Mob-Mittel - Mobilisierungsmittel

7 GB Bau - Gebietsbeauftragter Bau

8 SHD - Sicherheits- und Hilfsdienst

9 Organisation Todt Bagger-Regiment

Luftschutzorganisation und Abteilungen

Seit den ersten Luftangriffen des Ersten Weltkrieges wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, das Reichsgebiet vor Luftangriffen zu schützen. Die Organisation des Luftschutzes wurde bis kurz vor dem Zweiten Weltkrieg mehrfach optimiert, berichtigt und situationsbedingt angepasst. Die „Reichsanstalt der Luftwaffe für Luftschutz“ erarbeitete seit 1933 die Strukturierung des Luftschutzes, die 1936 als vorläufige Ortsanweisung für den Luftschutz der Zivilbevölkerung an die Luftschutzorte ausgegeben wurde. Zwischenzeitlich wurde 1935 das Luftschutzgesetz erlassen.

Der Reichsluftschutzbund (RLB)

Mit dem Ziel der Gleichschaltung wurde der RLB 1933 von Hermann Göring ins Leben gerufen. Damit erreichte Göring, daß die zahlreichen Luftschutzvereine, die seit dem 1. Weltkrieg existierten, wie auch der 1927 gegründete „Verein Deutscher Luftschutz“ (DLS) und die seit 1931 bestehende „Deutsche Luftschutzliga“ nicht nur zwangsvereinnahmt wurden, sondern auch diverse Veröffentlichungen der Zensur unterlagen.

Bis 1939 waren ca. 15 Millionen Mitglieder im RLB organisiert. Mit 75.300 Dienststellen und 820.000 Amtsträgern verharmloste der Bund zunächst bestehende Bedenken in der Bevölkerung und forcierte das luftschutzmäßige gestalten von Häusern und Wohnungen. Zudem fand zu den Schwerpunkten Brandbekämpfung, Gasschutz, Erste Hilfe und Meldewesen Ausbildung statt. Die entsprechenden Veröffentlichungen lieferte „Die Sirene“, eine Zeitschrift, die vom Reichluftschutzbund herausgegeben wurde.

Der Sicherheits- und Hilfsdienst (SHD)

Unter Führung des Reichsluftfahrtministeriums wurde 1936 der „Sicherheits- und Hilfsdienst“ aufgebaut. 1939 wurden alle Organisationen im SHD zusammengefasst, die auch in normalen Zeiten dem Schutz der Bevölkerung dienten. Dem örtlichen SHD unterstanden die Polizei, die Feuerwehren, die Technische Nothilfe (TN), das DRK, der Entgiftungsdienst und die Versorgungsbetriebe. Nach Luftangriffen standen alle damit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen unter der Leitung des SHD. Mit der Leitung des örtlichen SHD wurde der örtliche Luftschutzleiter beauftragt.

Der Luftmeldedienst und der Luftschutzwarndienst

In allen Kriegen und zu allen Zeiten war es für die Angegriffenen wichtig, sich hinsichtlich des Aggressors die Frage zu stellen: Wer, woher, wann und wieviele? Diese gilt auch heute noch und erhellt den Aufklärungsbedarf, den die Diversität moderner Waffensysteme notwendig nach sich zieht.

In den modernen Kriegen begann mit den ersten Luftfahrzeugen eine grundlegende Entwicklung besserer und schnellerer Alarmierung. Wo Anfangs noch Ballone und Zeppeline zum Kriegseinsatz kamen, und diese noch mit Ballonabwehrkanonen bekämpft werden konnten, erforderten Kampfflugzeuge wesentlich schnellere und effektivere Abwehrmaßnahmen. Deswegen wurden im ersten Weltkrieg der Flugmeldedienst und der Luftschutzwarndienst ins Leben gerufen. Beide Organisationen, anfangs dem Inspekteur der Flakartillerie unterstellt, gelangten schließlich in die Hand von Hermann Göring, dem Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshabers der Luftwaffe (RdLuObdL).

Der Flugmeldedienst war zuständig, Flugbewegungen festzustellen und die Warnstellen schnellstmöglich zu informieren. Zu dem Zweck befanden sich die Standorte von Flugmeldern auf höheren Positionen mit weitem Sichtfeld (Anhöhen, Berggipfel, Kirchtürme, Türme von Burgen, speziell gebaute Beobachtungstürme usw.). Das Hauptarbeitsmittel waren Ferngläser. Die Meldungen erfolgten selten per Flaggenzeichen, oftmals durch Funk, Drahtfunk oder Telefon. Entlang der Grenze wurden nur für die Flugmeldungen extra hunderte Kilometer Telefonkabel zur Nutzung nur für den Flugmeldedienst verlegt.

Das bestehende Netz von Flugmeldeposten reichte nicht aus und deswegen wurden z.B. im Rheinisch-Westfälischen Industriegebiet 1943 diese um folgende 26 Beobachterplätze erweitert:

1) Fürstenberg bei Xanten

2) Feuerwachtturm in Leucht, südlich Alpen

3) alte Mühle bei Rheurdt

4) Feuerwachtturm bei Freudenberg in der Hohen Mark

5) Anlage Schacht III von Auguste Viktoria in Marl-Hüls

6) Feuerwachtturm 1 in der Hardt

7) Feuerwachtturm 2 in der Hardt

8) Feuerwachtturm auf den Borkenbergen

9) Wasserturm Berge bei Hamm

10) Wasserturm Tackenberg an der Dorstener Straße in Oberhausen

11) Schlackenberg an der Mülheimer Straße in Oberhausen

12) Bunker in Essen-Frintrop

13) Rathaus Buer

14) Kraftwerk Schachtanlage Schlägel & Eisen III/IV Herten-Langenbochum

15) Paschenberg in Herten

16) Turm im Volkspark Sodingen in Herne

17) Schellenberg in Castrop-Rauxel

18) Frintroper Höhe, Wasserturm

19) Wasserturm in Essen-Bredeney.

20) Trigonometrischer Punkt in Essen-Heisingen

21) Halloturm in Stoppenberg

22) Wasserhochbehälter an der Hattinger Straße in Bochum-Weitmar

23) Schachtanlage Lothringen in Bochum-Gerthe

24) Burg Blankenstein an der Ruhr

25) Wasserturm Helenenberg in Witten

26) Harkortturm in Wetter

Die Luftschutzwarnzentralen nahmen die Meldungen des Flugmeldedienstes und der Warnwachen entgegen und gaben die Sichtungen an die zuständigen Warnstellen weiter, die in der voraussichtlichen Flugrichtung lagen. Aus Luftschutzwarnzentralen wurden zuletzt Luftschutzwarnkommandos.

Für die örtliche Luftschutzleitung, meist eine Aufgabe des Polizeipräsidenten oder des jeweiligen Bürgermeisters, wurden gesonderte „Luftschutzbefehlsstellen“ in mindesten stark verstärkten Luftschutzkellern oder Deckungsgräben eingerichtet. Diese Anlagen wurden als Luftschutzbefehlsstellen gebaut und eingerichtet.

Die Merkmale einer Luftschutzbefehlsstelle sind Befehlsraum, Weitergaberaum10 und ggf. Kartenraum und Sirenensteueranlage. Zur Sicherheit wurden stets eine oder mehrere voll funktionsfähige Luftschutz-Ausweichsbefehlsstellen eingerichtet. Hauptmerkmal solcher Einrichtungen sind die Telefonanschlüsse der Reichspost. Größere Betriebe hatten ihre eigenen Luftschutzbefehlsstellen, und wurden von den LS-Warnzentralen über drohende Feindanflüge informiert.

Auch in den Großbetrieben standen mehrere Ausweichsbefehlsstellen zur Verfügung.

Die Grundlage der aktiven Luftabwehr war der Flugmeldedienst. Durch die Weitergabe der Informationnen, konnten Maßnahmen im Aufgabengebiet des zivilen Luftschutzes veranlaßt werden.

Dieser bestand aus Flugwachen und Flugwachkommandos. Die Lage der Flugwachen und der Flugwachkommandos war durch militärtaktische und fernmeldetechnische Gesichtspunkte bestimmt. Der Flugmeldedienst hatte den gesamten Luftraum zu überwachen. Abwehrstellen und ziviler Luftschutz mußten über die Bewegungen von potentiellen Angreifern schnell informiert werden. Somit konnten Abwehrmaßnahmen und der Schutz von Personen zeitnah umgesetzt werden. Fernsprechapparate, Melderosen11 zur Bezeichnung der Flugrichtung sowie Ferngläser bildeten den technischen Fundus der Flugwachen.

Auch die technische Ausrüstung der Flugwachkommandos wurde so einfach gehalten wie möglich. Die Entwicklung der Fernmeldetechnik wie die gesamte Flugmeldeorganisation mußte zudem der steigenden Leistung moderner Fluggeräte folgen. Die Fernmeldetechniker wurden quasi zu Höchstleistungen gezwungen. Jede technische Möglichkeit mußte ausgenutzt werden, um den steigenden Anforderungen zu genügen.

Meldungen über die Luftlage erhielt der Luftschutz-Warndienst vom Flugmeldedienst. Auf Basis dieser Informationen erging die Warnung bzw. Alarmierung an die betroffenen Dienststellen.

Neben dem Leiter der örtlichen Luftschutzmaßnahmen waren dies die für den Luftschutz wichtigen Behörden und wichtigen Industriebetriebe. Die Organisation des Luftschutz-Warndienstes umfaßt:

1. die LS-Warnzentrale, wo auf Grundlage der Meldungen des Flugmeldedienstes die Entscheidungen getroffen, und

2. die Luftschutz-Warnstellen als befehlsempfangende Stellen.

Behördliche Warnstellen wurden als öffentliche Luftschutz-Warnstellen bezeichnet. Warnstellen in den Betrieben hießen „Betriebs-Luftschutzwarnstellen“.

Öffentliche und Betriebs-Luftschutzwarnstellen waren mittels Leitungen des postalischen Fernsprechnetzes mit der Luftschutz-Warnzentrale verbunden. Die fernmeldetechnische Lösung hierbei war eine Rundsprucheinrichtung.

Das Luftschutz-Warnnetz mit der Zentral-Rundsprucheinrichtung fußte auf einem Ausweichmanöver des öffentlichen Fernsprechamtes. Die Leitungen selbst waren im Normalfall Amtsleitungen oder Teilnehmerleitungen. Bei Aufruf des Luftschutzes wurden Leitungsumschalter aktiv, die die Wählereinrichtungen ab- und die Rundsprucheinrichtungen in der Luftschutz-Warnzentrale aufschalteten. Je nach der technischen Ausführung dieser Einrichtungen, ob diese mit oder ohne Verstärker betrieben wurden, konnten kleinere oder größere Leistungsgruppen gleichzeitig besprochen werden. Um die Ausfallsicherheit zu gewährleisten, waren fast durchweg Mehrfachverbindungen in Hauptbefehlsstellen vorhanden.

Die Aufgabe des Luftschutz-Warndienstes umfaßte:

Vorwarnung (Luftgefahr)

Alarmierung (Fliegeralarm)

Beendigung des Alarmes (Luftgefahr vorbei). Die Bereitstellung der Kräfte und Gerätschaften des Werkluftschutzes und auch des öffentlichen Sicherheits- und Hilfsdienstes erforderte eine bestimmte Zeit. Diese festzustellen und durch Übungen möglichst zu verkürzen, war ein wichtiges Übungsziel. Die Aufrechterhaltung bzw. die möglichst geringfügige Minderung der Produktion stand dabei auch im Vordergrund. Fehlalarme und verfrühte Alarme führten in den Produktionsbetrieben zu zusätzlichen Produktionsausfällen, die durch Übungen minimiert werden sollten.

Die Warnungen sollten so früh erfolgen, daß in den Betrieben die Bereitstellung der Werkluftschutzkräfte und -mittel vor dem Beginn eines Angriffes durchgeführt werden konnten. Die Warnungen mußten deshalb schlagartig möglichst früh mit der Zeit des vermutlichen Angriffbeginns allen Warnstellen zugehen.

Jeder Werkluftschutzleiter mußte dann eigenverantwortlich zu dem für seinen Betrieb richtigen Zeitpunkt die Vorwarnung innerhalb seines Betriebes auslösen.

Bild 10: In Abzweigkästen kann man auch Leitungen zu Warnzentralen finden

Die Luftschutz-Warnzentrale gab auch das Zeichen zur Auslösung des Fliegeralarms. Mit diesem mußte in den Betrieben die Belegschaft die Schutzräume aufsuchen. Die allgemeine Alarmierung erfolgte durch akustische Signale (Luftschutzsirenen).

In Orten ohne Großalarmanlagen bestimmte der örtliche Luftschutzleiter zur behelfsmäßigen Alarmierung geeignete Schallsender.

Meist wurden Großalarmgeräte mit einer Leistungsaufnahme von 5 kW verwendet. Das Signal „Entwarnung“, sofern nicht still durchgeführt, war ein Sirenen-Dauerton bestimmter Frequenz. Die stille Entwarnung erfolgte durch Fernsprecher und Melder.

In Orten mit Großalarmanlagen mußten betriebseigene Luftschutzsirenen an die Fernsteuerungsanlage des Ortes angeschlossen werden. Die Kosten für die Anschlußleitung an das örtliche Steuernetz und für die Steuereinrichtung der Sirene wurde von den Betrieben getragen. Die örtliche Steuereinrichtung dagegen zahlte das Reich.

Das zuständige Luftgaukommando (LGK) bestimmte zusammen mit der Betreuungsorganisation der „Reichsgruppe Industrie“ diejenigen Betriebe, die an die Luftschutz-Warnzentrale angeschlossen werden sollten.

Im Einvernehmen mit dem zuständigen Fernsprechamt wurden in bestimmten Betrieben ausgewiesene Postfernsprechleitungen als Warnleitung geschaltet. In alarmfreien Zeiten konnte diese Leitung als normale Teilnehmerleitung betrieben werden. Mit dem Aufruf des Luftschutzes wurden diese mit Umschalte-Einrichtungen von den Werkfernsprechanlagen abgeschaltet und mit den Warnapparaten in den Befehlsstellen verbunden. Gleichzeitig erfolgte die Umschaltung in den Fernsprechämtern. Damit waren die Apparate der Warnstellen mit dem Rundspruchschrank in der Luftschutz-Warnzentrale verbunden.

Die Umschaltung der Warnleitung sollte an sicheren Gebäudeeinführungen vorgenommen werden können. Leitungsumschalter waren so eingerichtet, daß für den Fall der Zerstörung der Befehlsstelle die sofortige Umschaltung zur Ausweichbefehlsstelle schalteten. Danach wurde die Warnleitung noch zu Dienststellen weitergeführt, wo diese jederzeit auch manuell betätigt werden konnten. Hier erfolgte dann, sofern die Befehlsstelle unbesetzt blieb, die Abnahme der Warnmeldung. Diese Maßnahme entfiel, wenn die Befehlsstellen durch ständige Wachen besetzt waren.

Bei Neubauten sollten Postkabel auf zwei oder mehreren Wegen in das Gebäude eingeführt werden. So war bei Beschädigung einer Einführung die Verbindung mit der Warnzentrale durch Umschaltung sichergestellt. Die Leitung blieb, vom Aufruf des Luftschutzes an, ständig als Warnleitung geschaltet. Neben der Warnleitung mußte der Werkluftschutzleiter in der Befehlsstelle über eine Amtsleitung verfügen. Die Amtsleitung der Befehlsstelle sollte unabhängig sein vom Zustand der Werkfernsprechvermittlung und konnte auf Ausweichbefehlsstellen umgelegt werden.

Organisation Todt (OT)

Die 1938 gegründete „Organisation Todt“ wurde nach Dr.Ing. Fritz Todt benannt. Todt wurde noch im Gründungsjahr mit der Planung und der Leitung des Bauprogramms „Atlantikwall“ beauftragt. Im Jahr 1940 wurde Todt zum „Reichsminister für Bewaffnung und Munition“ ernannt, war aber gleichzeitig u.a. „Generalinspekteur für Wasser und Energie“. Fritz Todt erschuf eine dynamisch funktionelle Organisation, die in der Lage war, abgestimmte und ständig der Rationalisierung unterworfene Baumaßnahmen zu planen und zu leiten. Hierbei lag ein Schwerpunkt der Organisationsgestaltung darin, Fehlerquellen weitgehendst aufzudecken und zu eliminieren.

Dr.Ing. Fritz Todt: Geboren am 4.9.1891 in Pforzheim, Studium 1911 - 1914 an der TH in Karlsruhe, Abschluß des Studiums mit Diplomexamen 1919, Praktische Erfahrung als Bauarbeiter bis 1920, danach Bauleiter und Geschäftsführer, ab 1923 NSDAP- Mitglied, ab 1931 SA-Mitglied, 1931 an der TH München mit einer Arbeit über „Fehlerquellen beim Bau von Landstraßen aus Teer und Asphalt“ zum Dr.-Ing. promoviert, ab 1932 Leiter der Fachgruppe Bauingenieure, Leiter „Kampfbund Deutscher Architekten“.

1934 Zusammenlegung des Kampfbundes, Amt für Technik und NS Bund deutscher Technik unter Todts Führung. Todt gehörte mit Alfred Jodl zu den wenigen, die Hitler bereits 1941 mit der Einsicht konfrontierten, daß dieser Krieg nicht mehr zu gewinnen sei. Todt verstarb am 8.2.1942 durch einen ungeklärten Flugzeugabsturz in der Nähe von Rastenburg.

Was heute KVP (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess) genannt wird, wurde in der Organisation Todt vorgelebt. Zudem war die Ausbildung von Fachleuten ein wichtiger Bestandteil. Hier wurden z.B. Architekten im Bereich Luftschutzbau geschult, damit diese in der Lage waren, funktionierende Schutzbauten zu entwerfen.

Nach dem Tod von Fritz Todt übernahm Albert Speer die Leitung der Organisation wie auch die Positionen, die Fritz Todt innehatte. Unter Speer entstand die Verbindung von Wehrmacht und ziviler Bauwirtschaft. 1943 organisierte Speer die OT noch einmal um. Ab dieser Zeit führten die KFZKennzeichen der „Organisation Todt“ reichsweit die Buchstaben OT. Die Leitung der über 57000 OTAngestellten übernahm nun das „Amt Bau-OT“ in Berlin. Im gesamten Ruhrgebiet war die Einsatzgruppe "Hansa" mit Sitz in Essen für den Bau von wichtigen Bunkern und Stollen zuständig. Für den Bau von Luftschutzanlagen schloß die OT mit Firmen Rahmenverträge mit kompletter Kostenübernahme ab.

Die letzte Umorganisation der OT war die Spezialisierung des „OT-Regiment Speer“, dem ehemaligen Baggerregiment. Dieses war zuständig für die Rettung, Bergung und Freimachung nach Großangriffen auf die Städte. Nach Anforderung durch den zuständigen örtlichen Luftschutzleiter kam das OTRegiment vorrangig bei der Rettung lebend Verschütteter zum Einsatz. Neben schweren Baggern standen ein Operationswagen und ein bis zwei Sanitäts-Kraftwagen zum Verletztentransport zur Verfügung. Dazu besaß das Regiment eine Großverpflegungsabteilung mit stationären und mobilen Großkücheneinrichtungen zur Versorgung von angegriffenen Gebieten. Speer begründete die Schaffung des Regimentes damit, daß schweres, modernes Gerät mit ausgebildeten Fachleuten, schlagfertig durch Beweglichkeit wäre. Die Hauptschwierigkeiten lagen darin, daß die Bagger und Tieflader der Wirtschaft nicht mehr zur Verfügung standen. Das OT-Regiment-Speer war ausgestattet mit: Löffel- und Greifbaggern, Handgezähen, fahrbaren Dieselkompressoren, Pressluftbohrhämmern, Kratzförderern, Diesel-Stromaggregaten bis ca. 25 kW, Benzinaggregaten mit 1,5 kW, Schürfbohrgeräten, Brennschneidgeräten und Pumpen. Vorrangig wurden Begleute und Grubenretter eingesetzt.