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Der kleine Lukas liebt Bücher über alles. Eines Tages macht er in der Bibliothek seines Vaters eine höchst weihnachtliche Entdeckung. Und das bleibt nicht folgenlos... Rainer Schulz, Dr. theol., *1954, war in seinem Berufsleben als evangelischer Pfarrer in Chile und Deutschland tätig. Er ist Autor von wissenschaftlichen Untersuchungen und Kinderbüchern. Er betätigt sich kirchenmusikalisch als nebenamtlicher Organist.
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Seitenzahl: 20
Veröffentlichungsjahr: 2023
Lesen bildet
Ordnung muss sein
Die Stimme
Evangelium
Eine Geburt
Müll
So viel Wirbel
Grossmutters Erbe
Hoffnung
Froh
Jahre später
Gute-Wünsche-Lied
Herr Lutz von Wiesenthal war alles andere als reich, aber immerhin von adeliger Herkunft und klug. Er las viel. »Lesen bildet«, pflegte er zu sagen.
Zeit zum Lesen gab es genug. Den lieben langen Tag saß er in seinem Kiosk am Marktplatz. Solang niemand kam, um etwas zu kaufen, las er.
In letzter Zeit las er mehr als sonst. Die Kunden von früher blieben mehr und mehr aus. Die Geschäfte gingen schlecht und schlechter. Leider.
Zugleich war Herr von Wiesenthal auch Vater. Marie und Lukas sahen ihn allerdings wenig. Nur sonntags sahen sie ihn länger.
Eine Mutter gab es auch. Sie hieß Beatrice und arbeitete in einer Wäscherei. Mittags eilte sie nach Hause und richtete das Mittagessen für die beiden Kinder. Dann musste sie wieder los.
Sonntags aber saß die Familie beisammen, und nachmittags griff Vater nach diesem oder jenem Buch, um daraus vorzulesen. Marie und Lukas liebten diese feierlichen Stunden, denn Vater konnte wunderbar vorlesen. Und so gab es hier ein Gedicht oder dort einen kürzeren Artikel aus dem Lexikon oder dann und wann auch eine längere Geschichte. »Lesen bildet«, meinte Vater. Lukas mochte die Gedichte, Marie die Lexikonartikel, und Mutter Beatrice Vaters schöne Vorlesestimme.
Einmal las Vater einen Lexikon-Artikel über Baukräne vor. »Ich möchte Kranführerin werden«, sagte Marie da. Seitdem waren für sie Baumaschinen, Bagger und Kräne das Größte.
»Und warum willst Du ausgerechnet Kranführerin werden?«, fragte Vater. »Weil ich von da oben alles sehen kann und nah an den Wolken bin, beinahe wie im Flugzeug«, sagte Marie.
Lukas staunte. Gerade erst sieben Jahre alt, wusste seine kleine Schwester schon, was sie einmal werden würde. Er war fast zehn und außerdem ziemlich ängstlich. Auf so einen hohen Kran würde er niemals klettern. Zu gefährlich. Und man musste schwindelfrei sein.
Statt Lebenspläne zu schmieden tat er es lieber seinem Vater gleich und las. Lukas war schon bald die reinste Leseratte und ein echter Bücherwurm, beides auf einmal, und er war ein Träumer. Öffnete er ein Buch und begann zu lesen, war er schon bald darin verschwunden.