Lust auf Verantwortung - Boris Grundl - E-Book

Lust auf Verantwortung E-Book

Boris Grundl

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Beschreibung

Der Unterschied zwischen Erfolg und Erfüllung Für viele ist Verantwortung ein Gefühl der Last und Bedrängnis. Für andere ist Verantwortung Motivation und Handlungsspielraum. Wie kann man Verantwortungsbewusstsein entwickeln, wie Verantwortung und Verpflichtung unterscheiden – und welche Auswirkungen hat das auf Selbstzufriedenheit, Performance und Ergebnisse?  Seit fünf Jahren forscht Boris Grundl an dem Thema, seit drei Jahren veröffentlicht er den Verantwortungsindex, der auf mittlerweile über 4.000 Tests basiert. Er ist der Einzige, der Verantwortungsbewusstsein messen kann. Mittel- und langfristig wird Verantwortungsbewusstsein immer belohnt: mit mehr Selbstzufriedenheit, stärkerer Performance und besseren Ergebnissen. 

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Lust auf Verantwortung

Der Autor

Boris Grundl, geboren 1965, ist Managementberater, Unternehmer, Führungsexperte, Coach und Redner. Mit seinem Leadership-Institut berät er Firmen wie Daimler, SAP oder die Deutsche Bank. Er ist Gastdozent an mehreren Universitäten, hat regelmäßig Kolumnen in der Frankfurter Rundschau, in Wirtschaft + Weiterbildung sowie dem F&E Manager, er erforscht das Thema Verantwortung und setzt sich ehrenamtlich für Schüler ein.

Das Buch

Dieses Buch zeigt dir, wie du Klarheit im Umgang mit Verantwortung bekommst. Denn das Bewusstsein für Verantwortung lässt sich syste-matisch entwickeln.So werden Menschen und Unternehmen befähigt, weiter zu wachsen.Wie du den motivierenden Korridor zwischen zu viel und zu wenig Verantwortung findestWie du deinen nächsten Wachstumsschritt treffsicher erkennstWie du deine Niederlagen im Leben in Siege verwandelstWie aus Last im Umgang mit Verantwortung Lust und Freude werdenWie du von der hohen Veränderungsgeschwindigkeit in der Welt profitierstWie du andere in Verantwortung bringstWie Du in sechs Schritten Verantwortung trainieren kannst

Boris Grundl

Lust auf Verantwortung

Mehr Zufriedenheit | Stärkere Performance | Bessere Ergebnisse

Ullstein

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Inhalt

Der Autor / Das Buch

Titelseite

Impressum

PROLOG

VORWORT

1 WARUM VERANTWORTUNG?

2 WAS BEDEUTET VERANTWORTUNG?

DAS BEDEUTET VERANTWORTUNG

3 WIE STEHT ES AKTUELL UM DIE VERANTWORTUNGSKULTUR?

WO HAKT ES?

WEGSCHIEBERITIS UND IHRE SYMPTOME

MENSCHEN IN VERANTWORTUNG

VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN UND SICH ENTSCHULDIGEN

DIE VERANTWORTUNG UND IHR PREIS

ELTERNSCHAFT ALS VERANTWORTUNGSBOOSTER

AUSBLICK

4 SO MACHST DU DICH FIT FÜR VERANTWORTUNG

WO STEHST DU HEUTE?

AN MIR ARBEITEN – WIE GEHT DAS?

DUMMER – KLUGE – WEISE

VERANTWORTUNG FÜR DIE EIGENE WAHRNEHMUNG

SCHLECHTE UND GUTE SCHUBLADEN

WIDERSTÄNDE ÜBERWINDEN

AUSREDEN – ODER WIE DU GANZ KONKRET DEINEN EINFLUSSBEREICH ERWEITERST

ÄNGSTE

STRESS ALS STATUSSYMBOL

DISZIPLIN

WUNSCH NACH BESTÄTIGUNG

DEN SINN ERKENNEN

ERWARTUNGEN

ERFOLG – ERFÜLLUNG

MENTALE TRANSFORMATION

DAS TRAINING – DICH BEIM DENKEN BEOBACHTEN

5 Das bewusste Unternehmen

FIRMENKULTUREN UND WIE SIE TICKEN

DIE VIER ANTRIEBSKRÄFTE FÜR ERFOLGREICHE VERÄNDERUNG

PERMANENT ERNEUERUNGSFÄHIG BLEIBEN DURCH KRAFTVOLLE UNTERSCHEIDUNGEN

DANKSAGUNG

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

PROLOG

PROLOG

Es ist ein merkwürdiges Gefühl. Ein Gefühl, welches sich zu merken lohnt. Ich schreibe diese Zeilen jetzt, in der Gegenwart, gehe mit meinem Bewusstsein jedoch viele Jahre zurück zu der Situation, in der sich binnen weniger Sekunden alles in meinem Leben radikal ändern sollte. Es war einer jener Momente, in denen das Schicksal gnadenlos zuschlägt.

In wenigen Augenblicken wird mir alles genommen werden. Ich werde zu neunzig Prozent gelähmt sein. Rollstuhl. Für immer. Gleich werde ich aus eigener Kraft nicht mehr stehen können. Ich werde meine Fähigkeit verlieren, mich normal zu bewegen – ja sogar die Fähigkeit, meine Finger und Hände zu benutzen. Für immer verloren. In ein paar Sekunden werde ich in die Sozialhilfe abrutschen. Ich werde die Kontrolle über meine Blase und meinen Darm verlieren. Meine Gesundheit und damit meine Pläne, Hoffnungen, Wünsche und Träume für die Zukunft, mein normales soziales Umfeld: alles weg.

Aber all das weiß ich noch nicht. Noch stehe ich auf einer Klippe im mexikanischen Dschungel. Ungefähr elf Meter hoch, vielleicht auch weniger. Gleich möchte ich mich von dort aus in die Tiefe stürzen. In einen See. Ein Bild wie aus einem Traumurlaub. Der Dschungel, die Lichtung, die Sonne, der See, der Felsen. Alles wunderschön.

Geistig gehe ich noch einmal in mich und mache mich fertig zum Sprung. Ich möchte mich konzentrieren. Bei den Sprüngen zuvor hat das gut geklappt. Ich habe mich der Spitze der Klippe langsam angenähert, indem ich von immer höheren Vorsprüngen kopfüber ins Wasser gesprungen bin wie die einheimischen jungen Männer. Also: Konzentration. Ich beherrsche diese Fokussierung. Schließlich spiele ich semiprofessionell Tennis, bin Student der Sportwissenschaften und gehöre dort zu den Besten meines Jahrgangs. Doch dieses Mal ist etwas anders. Auf einmal bin ich völlig verunsichert. Ich fange an zu zittern. Angst kriecht durch jede meiner Zellen. Ich höre eine Stimme, die sagt: »Lass es, Boris. Du musst dir nichts beweisen. Wie oft denn noch? Alles ist doch gut, so, wie es jetzt ist. Es ist ein so schöner Moment, und du bist an einem wunderbaren Ort, lieber Boris. Lass es! Lass bitte einfach los.«

Doch dann drängt sich eine zweite Stimme in mein Bewusstsein und überlagert die erste. Eine Stimme, die ich sehr gut kenne. Sie flüstert mir zu: »Komm schon, Champion! Auf geht’s! Du schaffst das. So, wie du schon viele Dinge vorher geschafft hast. Auch dieses Mal wird es funktionieren. Niemand kann dich aufhalten. Du bist doch unsterblich.«

Und dann: der Sprung. Und die Sekunden nach dem Aufprall auf dem Wasser. Beim Absprung hatte ich keine Körperspannung. Warum auch immer. Wie ein nasser Sack schlage ich auf dem Wasser auf. Kopf voran. Der Kopf wird nach hinten gerissen, und dann knackt es. Das kann ich deutlich hören. In diesem Moment gab der siebte Halswirbel nach und schob sich in den Wirbelkanal. Ich war sofort gelähmt. Ich gebe meinem Körper den Befehl: schwimmen! Und ich bin ein guter Schwimmer. Im Studium der Sportwissenschaften musste ich einige Rettungsschwimmerzertifikate erwerben. In der Bundeswehr, als Scharfschütze bei den Fallschirmjägern, war das kühle Nass ein ständiger Begleiter – auch im Winter. Doch diesmal ist alles anders. Das Gehirn gibt zwar den Befehl: schwimmen! Doch mein Körper reagiert nicht. Mein Kopf sinkt unter die Wasseroberfläche. Anstatt mit Sauerstoff füllen sich meine Lungen mit Wasser. Und auf einmal schießt ein Gedanke in mein Bewusstsein: Du stirbst. Jetzt. So also sieht das Ende deines Lebens aus.

Hat es zehn Sekunden gedauert oder fünf Minuten? In mir fühlte es sich wie mehrere Stunden an. So intensiv war es. Mein Bewusstsein trennte sich in zwei Hälften. Wie beim Spalten von Feuerholz. Da war die eine Hälfte, die im gelähmten Körper um das Leben kämpfte. Mit den wenigen Restfunktionen in Schultern und Armen. Ein aussichtsloses Unterfangen. Um Hilfe schreiend, obwohl kein einziger Ton herauskam. Panik, Hektik, Todesangst. Und die andere Hälfte verließ den Körper, stieg ungefähr zehn Meter nach oben und schaute von dort mit einer unheimlichen Ruhe und Klarheit auf den Todeskampf hinab. Wie von der Plattform unter einem Zeppelin. Überblick und Stille. Wunderschön.

Erst viele Jahre später begriff ich, dass da jene beiden Bewusstseinszustände gleichzeitig präsent waren, die auf der Klippe noch nacheinander gesprochen hatten. Die eine war ruhig, klar und weit. Und die andere war hektisch, ängstlich und eng. Ausgehend von dieser extremen emotionalen Erfahrung wurde mir im Laufe der Ursachenforschung immer bewusster, wie viele unterschiedliche mentale Zustände wir Menschen haben und was diese mit uns machen.

VORWORT

Neulich kam jemand nach einem Vortrag zu mir und wollte mit mir über das Thema Verantwortung reden. Ich nickte bestätigend und sagte, dass ich sehr gerne zuerst mit ihm über den Unterschied zwischen Erfolg und Erfüllung sprechen wolle. Er wurde ganz unruhig und sah mich an, als sei ich etwas verwirrt. »Wo ist der Zusammenhang?«, wollte er wissen. Ich fragte zurück: »Geben Sie mir einen Vertrauensvorschuss? Und sind Sie bereit, mich auf eine Erkenntnisreise zu begleiten? Am Ende werden Sie den Zusammenhang erkennen.«

Wie kommt jemand dazu, das Thema Verantwortung zu erforschen? Und was haben Erfolg und Erfüllung mit dem Bewusstsein für Verantwortung zu tun?

Liebe Leserin, lieber Leser, was aus dem Sprung von der Klippe folgte, weißt du inzwischen. Vielleicht ahnst du, welche heftige Herausforderung eine so schwere Behinderung bedeutet und an welchen Widerständen es zu wachsen gilt. Doch das Verrückte ist: Mit diesem Schicksalsschlag, diesem Sprung und dem Fall ins Bodenlose, begann eigentlich eine Erfolgsgeschichte. Sie führte mich von ganz unten nach ganz oben. Von der Vereinsamung hin zu einem stabilen sozialen Umfeld mit Familie, Kindern und einem beständigen Freundeskreis. Von der Sozialhilfe, einer finanziellen Enge, in die finanzielle Freiheit. Von der alltäglichen Diskriminierung als Schwerstbehinderter zu einer enormen Anerkennung als Mensch. Vom beruflichen Abstellgleis hin zum Experten für mentale Transformation, zum Unternehmer und Gründer eines Leadership-Instituts.

Mein Wunsch ist, dass möglichst viele Menschen für ihr eigenes Leben von meinen Erfahrungen und meinem Praxiswissen profitieren. Und zwar ohne von einer Klippe zu springen. Es schmerzt mich, wenn ich täglich miterlebe, wie sehr Menschen sich selbst im Weg stehen und damit stehen bleiben oder sich gar zurückentwickeln.

Doch darüber möchte ich in diesem Buch nur gelegentlich schreiben. Ausführlich habe ich das in meinem inzwischen mehrfach neu aufgelegten ersten Buch Steh auf! Das Ende aller Ausreden niedergeschrieben. In diesem Buch geht es vielmehr um den Nukleus aller Erkenntnisse und Einsichten – den Kern, um den sich alles dreht. Es geht um die Antwort auf die Frage: Was steht im Zentrum jeder mentalen Entwicklung? Was löst geistiges Wachstum aus? Womit fängt alles an?

In den letzten zwanzig Jahren durfte ich über tausendmal einen Vortrag halten oder ein Seminar geben. Ich habe zwölf Bücher veröffentlicht, um die 300 Kolumnen geschrieben und über 320 Lehrvideos samt Online-Lernwelt produziert. Und immer ging es um das Thema »Mentale Transformation«. Regelmäßig fragte ich mich: Was machst du da eigentlich? Worum geht es im Kern? Wer das immer wieder tut, wer sich dauernd infrage stellt, auch wenn das Schicksal ihn nicht dazu zwingt, der kommt seinem eigenen Wesenskern, seinem Sinn des Lebens immer näher. Das kritische Hinterfragen, das Auseinanderpflücken und Neuzusammensetzen lässt einen die eigenen Thesen, Gedanken und Inhalte noch tiefer verstehen. Alles Unnötige fällt ab, der Wesenskern wird sichtbar. Es ist wie bei einer Zwiebel: Nach dem Abtragen aller äußeren Schichten tritt irgendwann einmal der Inhalt hervor, auf den es ankommt.

Zehn Jahre nach dem Unfall habe ich mich selbstständig gemacht. Nach dem Studium der Sportwissenschaften und Psychologie, nach Erfahrungen als Produktmanager, Außendienstleiter sowie Marketing- und Vertriebsdirektor wagte ich den Sprung. Meine Familie und meine Freunde waren entsetzt: »Jetzt hast du so einen sicheren und gut dotierten Job. Und dann tust du dir das an. In deiner Situation!« Doch ich konnte nicht anders. Der Sog meiner Berufung war zu stark.

In den 24 Jahren seither hat das Grundl Leadership Institut viel erreicht: etwa 300 Transformationen von Firmenkulturen mit ungefähr 18.000 Umsetzungsgesprächen. Circa 1.600 Vorträge in 9 Ländern und über 11.000 Teilnehmende an offenen Seminaren, in Deutsch und Englisch. Dabei wurden über 100.000 Bücher verkauft und 1.500 wertebasierte Messungen durchgeführt und ausgewertet. Doch trotz allen Erfolges quälte mich etwas. Ich empfand unsere Inhalte als noch nicht rund genug. Sie griffen noch nicht gut genug ineinander. Diese Wahrnehmung hatte ich in regelmäßigen Abständen. Und jedes Mal, wenn dieses Gefühl zu stark wurde, konnte ich nicht anders, als alles infrage zu stellen.

Das begann immer mit denselben Fragen: Was wird die Daseinsberechtigung des Instituts in zehn Jahren sein? Und was wird darin meine Daseinsberechtigung als Experte sein? Was also haben andere davon, dass es uns gibt? Und dann: Wie kann ich mich und damit auch das Institut durch die Antwort weiterbringen? Mir war klar, dass wir unsere Positionierung weiter verdichten mussten – also noch klarer zum Ausdruck bringen sollten, wofür wir stehen und wofür nicht.

In so einem Prozess hilft es sehr, exzellente Fachexperten an der Seite zu haben. Deshalb lud ich im Sommer 2016 zu einem Expertentreffen nach München ein. Dank der Erfolge der Vergangenheit war genügend Geld für ein Forschungsprojekt vorhanden. Aber worüber sollten wir tiefer forschen und nachdenken? Was lohnt sich und bringt einen überzeugenden Mehrwert? Um diese Fragen zu beantworten, kamen ein PR-Spezialist, ein Experte in wertebasierten Diagnoseverfahren, ein Experte in Sachen Marktforschung und der Gründer eines Leadership-Instituts zusammen. Wir legten los. Die Frage nach der Daseinsberechtigung in zehn Jahren führte unweigerlich zur Frage nach der eigenen Berufung, der eigenen Mission. Diesen inneren Ruf hatte ich inzwischen glasklar auf einen Satz gebracht: »Ich bin die Möglichkeit, anderen zu Wachstum, Kraft und Größe zu verhelfen.« Diese geistige Verdichtung versorgt mich schon seit Jahren mit einer Menge Kreativität und Inspiration. Dafür bin ich sehr dankbar. Doch wie lässt sich dieser Satz weiter verdichten und in den Dienst eines Instituts stellen?

Der PR-Spezialist fragte: »Was haben Haribo, Tempo, Fielmann und Nivea gemeinsam? Ihnen ist es gelungen, ihren Namen in den Köpfen von Verbrauchern mit einer ganzen Produktkategorie zu verknüpfen, obwohl ihre Produkte von vielen Herstellern angeboten werden: Gummibärchen, Papiertaschentuch, Brille und Hautcreme. Ein beeindruckendes Ergebnis. Doch geht das auch bei einem Weiterbildungsinstitut und einem Redner?« Eine interessante Frage. Das Thema Leadership war schon durch den Namen Grundl Leadership Institut gesetzt. Doch ich wollte noch tiefer kommen. Noch klarer werden. Was ist der Kern? Worum geht es in der Tiefe? Was ist der Ursprung jeglicher mentalen Entwicklung? Wir kamen nicht voran. Die üblichen Verdächtigen wurden aufgelistet: Vertrauen, Resilienz, Stärken, Respekt, Ziele, Wertschätzung, Selbstbewusstsein, Selbstwert, Fachkompetenz, Führungskompetenz … Aber nichts davon überzeugte mich. Und vor allem war nichts davon ein Alleinstellungsmerkmal. Gefühlt sind diese Begriffe an jeder Ecke präsent.

Auf einmal kam mir das Wort »Verantwortung« in den Sinn. Und ich schaute in meinem Geist in einer Art und Weise auf das Wort, wie ich es bisher noch nie getan hatte. So ist das mit dem Bewusstsein. Es ist nicht so, als hätte Verantwortung bis dahin keine Rolle für mich gespielt. Doch unter meinem Blick der Erkenntnis veränderte sich der Begriff in diesem Moment völlig. Mir wurde klar: Mit der Übernahme von Verantwortung fängt alles an. Und irgendwann sprach ich es laut aus: »Verantwortung. Es ist Verantwortung.« Wir saßen alle regungslos da, und es wurde still. Niemand bewegte sich. Ein einhelliges Nicken ging durch die Runde. Wir hatten den Durchbruch. Das war’s. Der Verantwortungsindex wurde geboren. Wir wollten systematisch Verantwortung erforschen und Menschen einladen, durch kluge Verantwortungsübernahme zu wachsen.

Voller Euphorie legten wir los – und ich machte einen schwerwiegenden Fehler, der uns vier Jahre Forschungsarbeit kosten sollte. Wie der aussah? Der Klassiker: Ich schloss von mir auf andere.

Für mich war Verantwortung automatisch mit Freude und Lust verknüpft. Ich hatte in meiner Vergangenheit immer gerne Verantwortung übernommen und den positiven Druck genutzt, um mich selbst zu entwickeln. Das war einfach so. Also war Verantwortung für mich: Lust. Doch in unserer Gesellschaft wird Verantwortung meist mit Last verbunden. Also mit Druck, Schwere, Verpflichtung und Schuldgefühlen beim Versagen.

Und jetzt kam ich daher mit der fröhlichen Idee: Komm, lasst uns doch alle mehr Verantwortung übernehmen und daran wachsen! Mit diesem Ansatz sind wir an die Darstellung des Verantwortungsindex herangegangen – mit mäßigem Erfolg. Wir dachten, dass sicher Zigtausende gerne ihre Verantwortungsqualität messen lassen und die Erkenntnisse dann in der Praxis umsetzen würden. Doch dem war nicht so. Die meisten hatten die Einstellung: Ich mach jetzt schon so viel, trage so viel und fühle mich so schlecht, wenn ich es nicht hinkriege, dass ich davon nicht unbedingt noch mehr haben muss. Verantwortung ist in den Köpfen also eine Last. Und diesen Konflikt konnte ich erst nach vier Jahren erkennen und auflösen. Mehr dazu im einleitenden ersten Kapitel.

In diesem Buch geht es darum, dass wir Verantwortung für unser Leben übernehmen. Dass das wichtig ist, weiß jeder Mensch irgendwann einmal, und es sagt sich so leicht. Doch wie geht das? Wie geht es ganz genau? Nicht nur in der Erziehung und der Familie, sondern in jeglicher Aus- und Weiterbildung, beim Führen von Mitarbeitenden, bei der Entwicklung von Führungskräften oder gar der Transformation einer ganzen Firmenkultur? Oder als Mitglied der Gesellschaft? Um unsere Verantwortung an dem Platz wahrnehmen zu können, an den das Leben uns gestellt hat, brauchen wir Erkenntnis und Einsicht. Aber woher kann dieses tiefere »Hineinsehen« kommen? Wo setzen wir an?

Hier ist die Antwort (die du wahrscheinlich erst am Ende des Buches voll erfasst haben wirst): Im Kern geht es darum, dass wir zuerst lernen, wie wir Verantwortung für die unterschiedlichen Zustände unseres Bewusstseins übernehmen – und damit automatisch dafür, worauf wir unsere Wahrnehmung richten –, also womit wir uns im Geiste beschäftigen. Im zweiten Schritt geht es darum, dass wir Verantwortung dafür übernehmen, wie wir das Wahrgenommene interpretieren – also welche Geschichte wir damit verknüpfen und was diese Geschichte dann mit uns und unseren Empfindungen macht.

Ein Beispiel: Ich bin zu 90 Prozent gelähmt und zu 10 Prozent nicht. Bei Vorträgen frage ich die Zuhörenden gerne rhetorisch um einen Rat: »Worauf soll ich mich Ihrer Meinung nach konzentrieren, worauf soll ich meine Wahrnehmung ausrichten: auf das, was mir genommen wurde (die 90 Prozent), oder auf das, was noch da ist (die 10 Prozent)?« Die Antwort lautet immer und einhellig: natürlich auf die 10 Prozent. Auf das, was ich beeinflussen kann. Alles andere führt nur zu Stress, Frust und Neid. Also weiß im Grunde jeder, was ich tun sollte, wenn ich verantwortungsvoll mit meiner Situation umgehen will. Das ist der erste Schritt. Indem ich jetzt noch diese 10 Prozent intensiv mit Dankbarkeit und Freude auflade, übernehme ich auch noch die Verantwortung für die Interpretation: für die Geschichte, die ich mit meiner Wahrnehmung verknüpfe, und dafür, was diese Geschichte mit mir und meinem Empfinden macht. Inspiriert sie mich oder frustriert sie mich? Das ist der zweite Schritt.

Aber wenn ich dann den Spieß umdrehe und die Anwesenden frage, wie oft am Tag sie selbst sich mit dem beschäftigen, was sie wirklich beeinflussen können und wie oft mit dem, was sie zwar interessiert, sie aber nicht beeinflussen können, dann füllt Betroffenheit den Vortragsraum. Es wird sehr still, und ich zähle die Groschen, die ich fallen höre. Was in diesem Moment demonstriert wurde, ist der große Unterschied zwischen Kennen und Können. Intellektuell wissen alle, was vernünftig und verantwortungsvoll ist – daher der richtige Rat an mich. Aber zum Können, zum Beherrschen gehört das Steuern des eigenen Bewusstseins.

In diesem Buch geht es um Methoden zur Überwindung dieser Lücke, dieser schier unüberwindbaren Schlucht zwischen Kennen und Können. Und die hier beschriebenen Methoden funktionieren in der Praxis. Das garantiere ich. Denn im Grundl Leadership Institut wenden wir sie schon seit vielen Jahren mit großer Wirkung an. Das spiegelt sich auch in unserer Mission: Wir erhöhen das Verantwortungsbewusstsein von Menschen durch eine klare Systematik.

Ich kann dir versprechen: Wenn es dir gelingt, dein Bewusstsein so zu führen, dass du Verantwortung für deine Wahrnehmung übernimmst und auch dafür, wie du das in Folge deutest, dann werden Ruhe, Klarheit und Inspiration zu deinen ständigen Begleitern werden. Auf diese Weise wirst du hoffentlich zum besten Menschen, der du sein kannst.

Das sind große Versprechungen, ich weiß. Ich bin mir meiner Verantwortung bewusst. Also lass uns zusammen auf die Reise gehen.

Wir starten in den ersten drei Kapiteln mit einer sachlichen Grundlegung zum Thema Verantwortung, die aus vielen Quellen schöpft und Erkenntnisse aus verschiedenen Fachgebieten und Erfahrungshorizonten zusammenführt. Ab Kapitel 4 geht es um emotionale Einsichten bezüglich Verantwortung und mentaler Transformation. Das fünfte und letzte Kapitel legt einen besonderen Fokus auf das Thema »Verantwortung im Unternehmen«.

Auf jeder Seite soll dieses Buch dir Lust auf Verantwortung machen. Ich hoffe sehr, dass mir das gelingt. Danke schon jetzt für dein Interesse. Los geht’s!

1 WARUM VERANTWORTUNG?

Ich habe dieses Buch dem Thema Verantwortung gewidmet, weil ich es für zentral bei unserer geistigen Entwicklung halte. Aber wieso eigentlich gerade Verantwortung? Warum ist das Thema wichtig? Warum solltest du dich damit beschäftigen?

Verantwortung ist der Kern menschlicher Entwicklung – und damit auch von Organisationen, Familien und Kulturen. Wenn die Gesellschaft ein Motor ist, dann ist die Wirtschaft ihr Getriebe. Aber laufen wird der Motor nur, wenn der Treibstoff namens Verantwortung dazukommt. In den Kapiteln 2 und 3 werden wir uns intensiver mit dem Thema Verantwortung und der aktuellen Verantwortungskultur auseinandersetzen.

Aber was bringt die Beschäftigung mit Verantwortung nun dir? Was sind deine Vorteile?

Ich habe einmal ein paar Aspekte notiert, wie du profitieren kannst von der Beschäftigung mit deiner Verantwortung:

Wer klug verantwortungsbewusst ist, …

… trifft bessere Entscheidungen.

… verwandelt Niederlagen in Siege.

… führt sich selbst besser.

… erzielt permanente Spitzenleistung bei mentalerGesundheit.

… wird mental immer stärker.

… führt andere besser.

… kann kompetent verändern.

… kann Sinn finden und stiften.

… erlebt innere Ruhe und Zufriedenheit.

… brennt nicht aus.

… kann Dinge bewegen.

… kann Erfolge ermöglichen.

… ist glücklicher.

… hat bessere Lebensergebnisse.

Ich kann es aber auch kürzer sagen: Kluges Verantwortungsbewusstsein steht im Kern eines gelungenen Lebens. Ein Leben gelingt, wenn jemand seinen Erkenntniswillen darauf konzentriert, die beste Version seiner selbst zu werden. Die Voraussetzung dafür ist die Bereitschaft, sein Leben geistig voll und ganz in Besitz zu nehmen.

Im Laufe des Buchs wirst du feststellen, dass das nicht einfach kühne Behauptungen zu Marketingzwecken sind, sondern echte Erkenntnisse aufgrund jahrelanger Forschung und Arbeit mit Menschen. Du wirst feststellen, was die Tiefe von der Oberfläche unterscheidet. Dass Konsequenz besser ist als Disziplin. Dass Verantwortung etwas ganz anderes ist als Schuld. Dass Erfolg nichts zu tun hat mit Erfüllung. Wie befreiend der Schritt vom Müssen zum Wollen ist. Und warum kluges Verantworten glücklich macht. Nur der kann die Früchte seiner Arbeit sehen und genießen, der seine Selbstwirksamkeit im Handeln erfährt, also seinen Teil der Verantwortung am Ergebnis erkannt und angenommen hat. Das gilt für Siege genauso wie für Niederlagen.

Allerdings wird dir dieses Buch nichts bringen, wenn du es mit der mentalen Haltung einer Unterhaltungssendung konsumierst. Du kennst das aus den sozialen Medien: Daumen hoch oder Daumen runter. Gefällt mir oder gefällt mir nicht. Der Tenor ist dann oft: Bestätige mich, oder ich schalte um. Dieses Buch verlangt deine Mitarbeit. Deine volle Präsenz. Denn ohne mentale Anstrengung gibt es kein mentales Wachstum. Ich bin mir sicher, dass du das eigentlich weißt. Sonst hättest du dieses Buch niemals in die Hand genommen. Denn der Weg zu Verantwortungsbewusstsein führt nur über Selbsterkenntnis. Auch wenn es viel leichter ist, uns in Vorwürfen gegen andere zu verlieren, als unseren eigenen Teil der Verantwortung an bestimmten Situationen zu erkennen.

Wenn dieses Buch dir etwas bringen soll, wirst du es nicht zurückgelehnt lesen können. Du wirst häufig nach vorne gebeugt sitzen. Du kennst das, wenn du in einem Vortrag sitzt oder an einer spannenden Diskussion teilnimmst, wenn du einen fesselnden Film schaust oder, falls du das magst, in einem klassischen Konzert sitzt: Wenn es richtig spannend, interessant, intensiv wird, wenn du voll dabei sein willst, dann beugst du dich ganz unbewusst nach vorn. Du bist geistig so präsent, dass du körperlich in die Situation hineingehst. Du machst mit. Diese Art der Beteiligung verlangt auch dieses Buch von dir. Weil es mir nicht um oberflächliche gute Gefühle geht, sondern um das ehrliche Ringen um Selbsterkenntnis. Um die Freude am mentalen Wachstum. Um die aufrichtige Arbeit mit und an dir selbst. Wenn du dich für diese Intensität beim Lesen entscheidest, bist du bereits einen Riesenschritt vorangekommen, denn du setzt schon ein Ziel dieses Buches um: Du hast bewusst eine nützliche mentale Haltung eingenommen und fährst damit deine maximale Ernte ein.

In diesem Buch werde ich immer wieder auf die sechs Stufen unseres Umgangs mit Verantwortung zu sprechen kommen. Das Modell macht sehr schön anschaulich, wie wir alle immer wieder auf Herausforderungen reagieren – und wo das Potenzial zur Weiterentwicklung unseres Verantwortungsbewusstseins liegt.

Den Hinweis auf das Modell habe ich den Autoren Bill McCarley, Marshall Thurber und Christopher Avery zu verdanken. Sie haben sich nämlich nicht nur mit Verantwortung, sondern mit den unterschiedlichen Stufen von Verantwortungsbewusstsein beschäftigt. Jeder auf seine Weise. Meine Aufgabe war es dann, diese Erkenntnisse für unser Institut und den Index weiterzuentwickeln. Denn das Wort »Verantwortung« führt in der Regel zu einer Null- oder Eins-Bewertung. Entweder es übernimmt jemand Verantwortung oder eben nicht. Hundert Prozent oder null. Genau das löst das Wort Verantwortung in den meisten Köpfen aus. Was bedeutet: zu wenig Differenzierung und damit zu wenig Möglichkeiten einer Entwicklung. Denn Entwicklung und Erlernbarkeit sind nur möglich, wo durch kluge mentale Differenzierung eine klare Methodik und Didaktik abgeleitet werden kann. Wo also durch Erkenntnis und Einsicht eine Lernmöglichkeit entsteht. Und das ist bei mangelnder Differenzierung nie der Fall. Deswegen lohnt sich Forschung: Sie hilft beim Erkennen und Differenzieren. Deshalb lösen Worte wie »Verantwortungsqualität«, »Verantwortungsstil« oder »Verantwortungsbewusstsein« schon beim Gebrauch und beim Hören mehr Differenzierung im Geiste aus als das bloße Wort »Verantwortung«.

Schauen wir uns den typischen Umgang mit herausfordernden Situationen an, die an unsere Verantwortung appellieren. Im Leben geschehen immer wieder Dinge, die weder geplant noch gewollt waren. Das können kleine Ärgernisse sein: Schlüssel vergessen, Geldbeutel verloren oder eine Reifenpanne. Es können aber auch größere Dramen wie eine schwere Krankheit, ein Scheidungskrieg oder eine Insolvenz sein. Wie sieht unser Umgang mit solchen Rückschlägen typischerweise aus? Bei den meisten Menschen verläuft die Verarbeitung eines ungewollten Ereignisses in Stufen. Bis sie schließlich – hoffentlich – den Anteil erkennen, den sie an dem Ergebnis zu verantworten haben, also ihren Teil der Verantwortung. Dort angekommen, werden sie mit Einsicht und Inspiration belohnt.

Ich möchte es an einem Beispiel aus der Praxis zeigen. Die Firma eines befreundeten Unternehmers geriet vor einigen Jahren nach einem riskanten, spekulativen Deal an den Rand der Insolvenz. Ich konnte an der Argumentation meines Freundes die sechs Stufen exemplarisch beobachten und ihm dabei helfen, die Stufen selbst wahrzunehmen, um sie dann allmählich hinter sich zu lassen – sie zu transformieren.

Stufe 1 ist die unbewusste Verdrängung. Das »Nicht-wahrhaben-Wollen«. Der typische Gedanke: »Das darf doch nicht wahr sein!« Mein Freund verschloss die Augen vor den alarmierenden Zahlen. Der besorgten Sachbearbeiterin bei seiner Bank erklärte er, es handle sich nur um eine temporäre Liquiditätslücke, die bald geschlossen sein werde. Und auf dem Höhepunkt der Verdrängung bestellte er, um sich selbst zu bestätigen, eine neue Maschine, obwohl er nicht wusste, wovon er sie bezahlen sollte.

Stufe 2 ist die automatische Suche nach einer schuldigen Person. Der typische Gedanke: »Wer hat mir das angetan?« Der Freund zerbrach sich den Kopf darüber, welche betrügerischen Machenschaften sein Vertriebschef wohl im Sinn hatte, als dieser den Deal einfädelte. Vielleicht ist er kurz davor, zum Mitbewerber zu wechseln? Er selbst wollte den Deal ja eigentlich gar nicht. Der Vertriebsmann hat ihn überredet, ja gedrängt.

Stufe 3 ist die Suche der Schuld bei den Umständen. Der typische Gedanke: »Da kann man halt nichts machen.« Höhere Mächte halten einen auf. Er erklärte mir abends beim Wein: »Die plötzlichen Veränderungen im Markt waren nicht vorhersehbar. Ohne Geschäfte mit guter Rendite geriete die Firma auch in Gefahr. Und gute Renditen ohne Risiko gibt es nicht. Es war mehr oder weniger meine Pflicht, so zu handeln. Außerdem hätte die Bank doch besser beobachten und früher eingreifen müssen!«

Die ersten drei Stufen verbindet ein gemeinsamer Tenor: Ich will mit der Sache nichts zu tun haben. Weg damit! Weiche von mir! Wenn sich das Verantwortungsbewusstsein weiterentwickelt, macht es jetzt eine Kehrtwende. Der Versuch des Annehmens startet.

In der Stufe 4 wird die Schuld bei sich selbst gesucht. Das sind die Selbstvorwürfe. Der typische Gedanke: »Hätte ich doch früher schon … auf die warnenden Stimmen aus dem Controlling gehört, den Seniorchef ernster genommen, die Marktentwicklung genauer betrachtet. Ich war leichtsinnig und inkompetent. Ich bin nicht gut genug. Ich sollte alles hinschmeißen und Konkurs anmelden.«

Diese ersten vier Stufen führen zu einem Opferbewusstsein. Und die Wahrnehmung bestätigt dann den Zustand des Bewusstseins. Es werden Gründe gesucht und gefunden, um sich zu beschweren. Sie führen zu Grübeln, Reden und Klagen. Und die Situation bleibt, wie sie ist.

Das ändert sich erst mit Stufe 5: der Selbstverpflichtung. Der typische Gedanke ist hier: »Ich muss jetzt eben damit leben. Augen zu und durch.« Die innere Haltung ist: »Ich muss, will aber eigentlich gar nicht. Ändern kann ich es ohnehin nicht mehr. Ich stehe das jetzt durch. Ich habe mir mein Leben als Unternehmer ganz anders vorgestellt, aber nun muss ich mit der Verachtung durch die Belegschaft und mit der Verantwortung leben.« Diese Haltung ergreift das Schicksal aktiv und befreit uns aus der Ohnmacht. Aber sie ist mit Stress und Schmerz verbunden.

Erst mit der Stufe 6 sind wir im Zustand echter Verantwortung. Der typische Gedanke lautet: »Wenn ich schon muss, dann will ich auch.« Oder kürzer: »Ich will jetzt, was ich muss.« Das Bewusstsein macht sich auf die Suche nach dem eigenen Anteil der Verantwortung am Ergebnis – seinen Einflussbereich. Den nimmt es dann geistig voll in Besitz. In unserem Beispiel lief das so: Mein Freund stellte sich irgendwann vor die Belegschaft und schuf Transparenz. Er benannte seinen Teil der Verantwortung für die eingetretene schwierige Situation der Firma. Und dann bat er um das Vertrauen der Mitarbeitenden. Er habe einen Plan für ein verändertes, temporär verkleinertes, besser fokussiertes und deshalb mittelfristig erfolgreicheres Unternehmen und wolle diesen Plan realisieren. Dabei versprühte er ungeheuren Aufbruchsgeist – ich durfte dabei sein. Aus dem Druck der Verpflichtung war die Lust darauf geworden, sich an die Spitze zu stellen und den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Er hatte die Lage angenommen und handelte aus voller innerer Überzeugung – und nicht, weil er getrieben war und innerlich haderte. Aus Last wurde Lust.

Bitte verstehen wir uns nicht falsch: In uns allen existieren die Stufen 1 bis 6 permanent parallel. Weil Emotionen uns manchmal packen und davontragen. Weil wir Triggerpunkte mitbringen: unverarbeitete Verletzungen aus der Vergangenheit, der Kindheit oder Erwartungen an die Zukunft. Kurz: weil wir nun mal Menschen sind.

Wer sich mit dem Bewusstsein für Verantwortung beschäftigt und seine mentalen Zustände erforscht, wird irgendwann erkennen, welche Rolle im Denken das Streben nach Erfolg und die Sehnsucht nach Erfüllung spielen. Aber Erfolg und Erfüllung haben nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun.

Im Vorwort habe ich den Zuhörer erwähnt, der nach einem Vortrag zu mir kam und mit mir über den Titel »Lust auf Verantwortung« reden wollte. Ich bemerkte schnell seine innere Getriebenheit, seine Rast- und Ruhelosigkeit. Er beschwerte sich, dass andere zu wenig Verantwortung übernähmen und wie schwierig doch alles sei. Ich fragte ihn, ob ich ihm ein paar Fragen stellen dürfe. Er bejahte. Ich begann hiermit: »Haben Sie sich schon einmal Ziele gesetzt und sie erreicht?« Er nickte. »Und haben Sie sich auch schon sehr große Ziele gesetzt und sie erreicht?« Er nickte wieder. »Und wie ging es Ihnen danach? Wie lange hielt der euphorisierende Zustand nach einer Zielerreichung an? Entstand da nicht schnell eine innere Leere? Eine Art Unwohlsein und Traurigkeit? Die erst weggeht, wenn Sie sich neue Ziele setzen?« Er sah mich erstaunt an – und nickte dann zögerlich.

Ich fuhr fort: »Also hetzen Sie von Ziel zu Ziel und spüren trotzdem eine innere Leere. Sie schauen in die Zukunft in der Hoffnung, dass beim Erreichen des nächsten Ziels mehr Erfüllung da sein wird. Doch inzwischen wissen Sie eigentlich, dass dem nicht so sein wird.« Er schwieg und dachte nach. Nach einer Weile sagte er: »Genauso ist es. Ich hetze von Ziel zu Ziel und empfinde doch eine innere Leere.« Ich freute mich über seine Erkenntnis und sagte: »Erfolg und Erfüllung haben nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun. Das Problem ist, dass wir Erfüllung an Erfolg anheften. Deswegen sind mentale Krankheiten so auf dem Vormarsch. Erfolg heißt Ziele setzen und erreichen. Wer Erfolg will, will sich durchsetzen und stellt andere infrage. Das führt zur Fremderkenntnis: Andere werden erfasst und analysiert. Erfolg ist die Antwort auf die Frage: Was muss ich tun, um Bestätigung und Anerkennung zu bekommen? Erfüllung hingegen ist die Antwort auf die Fragen: Für was bin ich gemeint worden? Was haben andere davon, dass es mich gibt? Das führt zur Selbsterkenntnis und Selbstüberwindung. Zur Einsicht, dass jetzt schon alles in uns vorhanden ist, was wir für Erfüllung brauchen. Und dass außerhalb von uns nichts existiert, das uns tiefe Erfüllung geben kann. Oder anders: Kein Mensch, keine Situation kann dafür sorgen, dass du dich schlecht fühlst, wenn du dir nicht selbst die Erlaubnis dazu erteilst.«

Er dachte nach und erwiderte: »Aber warum soll ich mich dann noch anstrengen? Wenn ich erfüllt bin, dann strenge ich mich doch nicht mehr an!«

»Es ist genau andersherum«, antwortete ich. »Je erfüllter wir sind, desto einfacher wird es, in die Welt hinauszugehen und zu zeigen, was alles möglich ist. Wir werden wesentlich größer denken, uns wesentlich größere Ziele setzen und sie erreichen. Doch die Niederlagen und Siege auf diesem Weg haben keine Auswirkungen mehr darauf, welchen Grad an Erfüllung wir erleben. Wir werden frei und lassen uns keinen Ring mehr durch die Nase ziehen. Keinen Ring, auf dem steht: Irgendwann einmal, in der Zukunft, wird alles besser. Wir wissen und haben erfahren, dass jetzt, in der Gegenwart, alles da ist, was wir für ein erfülltes Leben brauchen. Wir leben im Hier und Jetzt. Der Weg wird zum Ziel. Das ist Freiheit.«

Viele sind der Meinung, Erfolg würde automatisch Erfüllung mit sich bringen. Dass dem nicht so ist, weißt du jetzt. Aber wie können wir es schaffen, auf einem hohen Niveau sowohl erfüllt als auch erfolgreich zu sein, ohne dass das eine vom anderen abhängt?

Dieses Buch hilft dir dabei, deinen Einflussbereich immer besser zu erkennen, diesen dann geistig voll in Besitz zu nehmen und dabei ständig zu erweitern – damit du der beste Mensch wirst, der du sein kannst, wenn du es willst. Belohnt wirst du mit mehr Zufriedenheit, tiefer innerer Ruhe, größerer Klarheit und besseren Ergebnissen in deinem Leben.

Zunächst betrachten wir jedoch, was es mit dem Begriff »Verantwortung« auf sich hat.

2 WAS BEDEUTET VERANTWORTUNG?

Stellen wir uns eine Politikerin vor – in zwei verschiedenen Situationen. Die erste ist eine Wahlkampfrede: Optimistisch und freudig ruft sie in den Saal: »Ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen für unser Land!«

Zwei Jahre später: Dieselbe Politikerin tritt zerknirscht vor die Kameras und erklärt: »Für die Fehlentwicklungen in meinem Ministerium übernehme ich die politische Verantwortung und trete hiermit von meinem Amt zurück.«

Wir haben hier zwei unterschiedliche Bedeutungen des Begriffs »Verantwortung«: die erste ist die in die Zukunft gerichtete Möglichkeit, etwas zu gestalten und zu beeinflussen. Die zweite ist die in die Vergangenheit gerichtete Antwort auf die Frage »Wer ist schuld?« – etwa an einem Fehler oder einem Misserfolg.

Das Beispiel zeigt: Wir benutzen den Begriff »Verantwortung« zwar dauernd – aber oft zu undifferenziert, sodass er merkwürdig schimmernd und diffus bleibt. Wir sind verantwortungsvoll oder verantwortungslos. Wir ziehen zur Verantwortung, rufen zu ihr auf und fordern sie ein. Wir übernehmen sie oder schieben sie auf andere. Wir verfügen über sie, sehen ihr ins Auge oder zeigen uns blind ihr gegenüber. Wir werden ihr gerecht oder versagen in ihrem Angesicht. Wir übertragen oder übernehmen sie oder stehlen uns aus ihr heraus. Der Begriff durchdringt alle Bereiche des täglichen Lebens: Politik, Wirtschaft, Medien und das Privatleben. Auch in Beziehungskonflikten oder bei der Frage, wer im Büro die Kaffeeküche aufräumt, ist sie oft der zentrale Punkt, um den die Emotionen kreisen. Menschen, die nicht bereit sind, ihre Verantwortung anzunehmen, ecken permanent an, weil sie mit ihrem Handeln oder Nichthandeln andere beeinflussen.

Im Grunde geht es immer um die Frage: Wer ist wem gegenüber wofür verantwortlich?

Wir können hier drei unterschiedliche Ebenen unterscheiden:

1. Ich trage Verantwortung für einen Menschen (zum Beispiel als Vater oder Mutter, als Pfleger oder als Betreuerin).

2. Ich trage Verantwortung für eine konkrete Aufgabe oder einen Gegenstand (zum Beispiel die Organisation der Weihnachtsfeier oder das vom Freund geliehene Auto).

3. Ich trage Verantwortung für ein abstraktes System oder Prinzip (ein Beispiel ist der Umweltschutz).

Eine der ältesten Geschichten zum Thema Verantwortung stammt aus der Bibel.

Im 1. Buch Mose ruft Gott nach Adam und Eva. Er will eine Antwort. Er will, dass sie sich ver-antworten:

Und Gott der HERR rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du? Und er sprach: Ich hörte deine Stimme im Garten und fürchtete mich; denn ich bin nackt, darum versteckte ich mich. Und er sprach: Wer hat dir’s gesagt, dass du nackt bist? Hast du nicht gegessen von dem Baum, davon ich dir gebot, du solltest nicht davon essen? Da sprach Adam: Das Weib, das du mir zugesellt hast, gab mir von dem Baum, und ich aß. Da sprach Gott der HERR zum Weibe: Warum hast du das getan? Das Weib sprach: Die Schlange betrog mich also, dass ich aß.

Das Abschieben von Verantwortung auf andere praktizieren wir Menschen also buchstäblich seit Adam und Eva. Aber woher kommt eigentlich das Wort »Verantwortung«? Es ist unschwer zu erkennen, dass es sprachlich mit der »Antwort« zusammenhängt. Die war ursprünglich aber nicht einfach die Erwiderung auf eine Frage – sondern auf eine Anklage. Wer vor Gericht stand und einer Tat bezichtigt wurde, musste die Gelegenheit zur »Gegenrede« bekommen – das bedeutet »Ant-Wort« nämlich etymologisch gesehen. Das Ant-Wort war also das Recht derer, die sich für eine Tat »verant-worten« mussten. Möglicherweise liegt in dieser Wortbedeutung der Ursprung eines Missverständnisses, das den Umgang mit dem Begriff der Verantwortung bis heute prägt, nämlich die Gleichsetzung mit »Schuld«. Aus diesem Grund ist das Wort Verantwortung für viele Menschen überwiegend negativ besetzt. Nehmen wir an, man fragt hundert Leute: »Was erwartest du, wenn du gefragt wirst, ob du für etwas verantwortlich bist – Anklage oder Lob?« Mindestens neunzig werden antworten: »Anklage«. Denn viel zu selten geschieht es, dass jemand Dinge sagt wie: »Wer ist für diese Veranstaltung verantwortlich? Du? Respekt! Die ist großartig gelaufen!« Nach dem oder der Verantwortlichen wird vor allem gefragt, wenn jemand Kritik oder Frust loswerden will. So ist eine unbewusste »Schwere« und Negativität um das Wort Verantwortung entstanden. Leider!

Denn zugleich liegt in der »Verantwortung« die Chance, etwas zu beeinflussen. Frag dich einmal selbst, bei welcher Frage es dir schwerer fällt, die Hand zu heben: »Wer hat daran Schuld?« oder »Wer hat hier die Verantwortung?«. Vermutlich ist es die zweite Antwort – weil sie die Möglichkeit enthält, noch etwas zu retten.

Das Verhalten in einer Situation, die an die Verantwortung appelliert, kann unterschiedlich ausfallen. Viele warten passiv ab, bis sie aufgefordert werden, etwas zu tun. Das ist weder gut noch schlecht. Weder richtig noch falsch. Es ist so. Doch es kann mit der Zeit eine innere mentale Passivität entstehen. Und die kann schnell in ein Opferbewusstsein münden. Manche hingegen gehen aktiv auf die Verantwortung zu. Sie suchen sie, sie erkennen sie, sie ergreifen sie und sie liefern Ergebnisse. Sie sehen die Gestaltungsmöglichkeit und werden magisch davon angezogen. Verantwortung kann dich stolz machen. Jacopo Tintoretto fecit – Jacopo Tintoretto hat das gemacht. So signierten die Renaissancemaler selbstbewusst ihre Bilder. »Ich hab das gemacht! Ich war das!«

Dazu, wie wir Verantwortung wahrnehmen oder verweigern, ein ganz banales Beispiel aus dem Alltag: Ich sehe, dass die Geschirrspülmaschine fertig gelaufen ist. Sie auszuräumen gehört zu meinen besprochenen Aufgaben. Ich habe also im ersten Schritt meine Wahrnehmung ausgerichtet. So weit, so gut. Doch im zweiten Schritt mache ich einen Fehler. Die Interpretation der Wahrnehmung erzeugt Unlust und inneren Widerstand. Ich möchte mich am liebsten aus der Küche verdrücken und so tun, als hätte ich es nicht gesehen. Vielleicht komme ich heute darum herum, weil ich später noch ausgehe. Oder weil jemand so genervt von meiner Untätigkeit oder meiner demonstrativen Unlust ist, dass er es selbst macht. Oder ich warte, bis mich jemand auffordert: »Die Maschine ist gelaufen. Räumst du sie bitte aus?«

Doch es gibt auch eine andere Möglichkeit. Ich mache mir klar: Wenn ich es nicht tue und mich drücke, muss es jemand anderes machen. Meine Frau, die heute lange arbeiten muss und sich schon um die Wäsche gekümmert hat. Oder es macht niemand, und das dreckige Geschirr türmt sich in der Spüle, weil man es nicht in die Maschine stellen kann. Und dann passiert vielleicht Folgendes: Ich sehe, was ist und was getan werden sollte. Und ich nehme alle inneren Widerstände heraus und verliebe mich in das Ergebnis der leer geräumten Spülmaschine. In den Gedanken, wie wohl wir uns alle fühlen, wenn die Küche sauber ist. Denn oft, wenn wir uns in das Ergebnis verlieben, übernehmen wir Verantwortung gerne. Und dann räume ich ohne großes Hadern die Maschine aus. Denn ich will meine Verantwortung jetzt wahrnehmen. Ich erfreue mich vielleicht sogar einfach daran, dass ich lebe und dieses Ergebnis genießen kann, so banal es auch ist. Aus einer anfänglich destruktiven Haltung wurde eine konstruktive. Indem ich meine inneren Widerstände herausnehme, erkenne und tue ich das, was jetzt zu tun ist. Und tue es. Gerne.

Anders, als manche vielleicht erwarten, betrachte ich übrigens das aktive Ergreifen von Verantwortung nicht pauschal als die »bessere« Variante. Insbesondere in der Arbeitswelt brauchen wir beides – die aktive und die passive Herangehensweise. In einer gesunden Firmenkultur finden wir zu zwei Dritteln aktive und zu einem Drittel passive Verantwortung als Haltung, wobei sich die Haltung je nach Kontext auch verändern kann. Darum wird es später im Buch noch gehen. Die folgende Feststellung können wir bereits jetzt treffen: Man kann das aktive und das passive Verhältnis zur Verantwortung auch als den Unterschied zwischen den mentalen Haltungen »Ich will!« und »Ich muss!« bezeichnen.