Lustspiele: Ein Schuss ins Schwarze + Vom Stamm der Asra + Die Ritter vom Goldenen Kalb - Hedwig Dohm - E-Book

Lustspiele: Ein Schuss ins Schwarze + Vom Stamm der Asra + Die Ritter vom Goldenen Kalb E-Book

Hedwig Dohm

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Beschreibung

Dieses eBook: "Lustspiele: Ein Schuss ins Schwarze + Vom Stamm der Asra + Die Ritter vom Goldenen Kalb" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Hedwig Dohm (1831-1919) war eine deutsche Schriftstellerin und Frauenrechtlerin. Sie war eine der ersten feministischen Theoretikerinnen, die geschlechtsspezifische Verhaltensweisen auf die kulturelle Prägung zurückführte statt auf biologische Determination. Ende der 1870er Jahre veröffentlichte Dohm mehrere Lustspiele, die sämtlich im Berliner Schauspielhaus aufgeführt wurden. Aus dem Buch: "Ja, gnädige Frau, es soll eine schreckliche Geschichte sein, die er auf seinem Gewissen hat. Die Leute sagen, es käme ein blutendes Herz darin vor - und ein Dolch, ein Lindenbaum und eine Nachtigall - ach mich gruselt's - wer weiß was unter dem Lindenbaum liegt. Nun sehen Sie einmal, gnädige Frau, wie er vor sich hinstarrt - und er könnte doch wenigstens heraufgrüßen. Thut er nicht gerade, als ob wir gar nicht auf der Welt wären?"

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Seitenzahl: 144

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Hedwig Dohm

Lustspiele: Ein Schuss ins Schwarze + Vom Stamm der Asra + Die Ritter vom Goldenen Kalb

Drei Komödien der Autorin von "Schicksale einer Seele", "Werde, die Du bist" und "Christa Ruland"

e-artnow, 2015 Kontakt: [email protected]
ISBN 978-80-268-4699-4

Inhaltsverzeichnis

Die Ritter vom Goldenen Kalb
Ein Schuss ins Schwarze
Vom Stamm der Asra

Die Ritter vom Goldenen Kalb

Inhaltsverzeichnis
Personen
1. Auftritt
2. Auftritt
3. Auftritt
4. Auftritt
5. Auftritt
6. Auftritt
7. Auftritt
8. Auftritt
9. Auftritt
10. Auftritt
11. Auftritt
12. Auftritt
13. Auftritt
14. Auftritt

Personen

Inhaltsverzeichnis

Besetzung am Königl. Hoftheater in Berlin

Hildegard von Eichstädt: Frl. Keßler

Ilse Müller, ihre Gesellschafterin: Frl. Abich

Herbert von Buch, Gutsbesitzer: Herr Liedke

Baron Friedrich von Werlitz, Diplomat: Herr Vollmer

Victor Taschenberg, Referendar: Herr Fink

Graf Xaver Nicolowitsch: Herr Dehnicke

Ort der Handlung: Wiesbaden

Decoration: Eleganter Salon im Kurhause. Eine Thür nach dem Garten zu steht offen. Bücher und Zeitungen liegen auf den Tischen herum. Auf einem der Tische steht ein Vase mit Blumen

1. Auftritt

Inhaltsverzeichnis

Herbert von Buch (sitzt rechts auf einem Lehnstuhl und liest Zeitungen. Die Thür eines Nebenzimmers links öffnet sich und Victor Taschenberg mit einem Rosenbouquet in der Hand tritt ein. Er sieht sich nach allen Seiten hin um.)

Herbert Sie suchen die Baronin?

Victor Ja. Warum geht die Sonne heut so spät auf?

Herbert Frühstückspartie nach der Platte, man wird vor dem Diner nicht zurücksein. Stellen Sie nur die Rosen da ins Wasser, dann bleiben sie frisch.

Victor Meinen Sie? Gut, ich werde sie in's Wasser stellen. Sagt doch schon der Dichter: "So stellt sie in ein Wasserglas." Ich bitte Sie aber, nicht daran zu riechen, nicht die Rosen allein, auch ihr Duft ist meiner Göttin geweiht. Ab durch die Mitte.

Herbertnach der Uhr sehend Eine Verspätung um eine halbe Stunde. Geht an die Gartentür und sieht hinaus. Nichts zu sehen. Ich hasse Unpünktlichkeit.

Graf Xaver erscheint auf der Schwelle des Nebenzimmers rechts, ebenfalls mit einem Bouquet.

2. Auftritt

Inhaltsverzeichnis

Herbert. Xaver.

Xaver(sich umsehend) Keine Baroneß? Wo ist Baroneß? Wo in Teufel seinen Namen steckt Baroneß?

Herbert Nimmt ihr Frühstück heut in der Försterei ein, kaum eine Stunde Wegs von hier.

Xaver Kaum? Danke. Diabolisches Einfall. Hitze, Staub – transpiriren gern? ich nicht.

Herbert Ist nichts zu machen.

Xaver Ist zu machen. Bouquet kosten mich dreißig Frank. Was ist Kennzeichen von die wahre Liebe? – Kostspieligkeit von die Geschenke. Aber Zeiten sind theuer. Werde dreißig Frank bei polnischem Engel, bei Fräulein Wanda anlegen. – Wollen Billard mit mir spielen, Sie?

Herbert Ich danke. Xaver nach rechts ab. Ein recht reinliches Geschäft treibe ich hier.

Hildegard tritt durch die Gartenthüre ein, sie hält ein Körbchen mit einer Stickerei in der Hand.

3. Auftritt

Inhaltsverzeichnis

Hildegard. Herbert.

Hildegardkurz und hochfahrend. Guten Morgen. Niemand hier?

Herbertihre Begrüßung ebenso erwidernd. Guten Morgen. Niemand hier.

Er liest weiter, Hildegard nimmt ihre Stickerei vor. Kurze Pause.

Hildegard Graf Xaver nicht nach mir gefragt? Herbert giebt sich den Anschein, die Frage nicht zu hören, sie wiederholt sie lauter. Ich frage, ob Graf Xaver hier war?

Herbertkurz Nein. Kurze Pause.

Hildegard Ob die Partie heut zu Stande kommen wird?

Herbert Zwischen wem?

Hildegard Nach der Platte meine ich.

Herbert Kann sein, kann aber auch nicht sein.

Hildegard geht an einen anderen Tisch; sie verrät Verdruß und Ungeduld in ihren Bewegungen.

Hildegard Unausstehlich.

Herbert Was?

Hildegard Wer – wollen Sie wohl fragen.

Xaver tritt wieder von rechts ein, das Bouquet noch in der Hand haltend.

4. Auftritt

Inhaltsverzeichnis

Vorige. Xaver.

Xavereinen Augenblick in der Thür stehenbleibend Habe mich nicht getäuscht. Eben will Kugel von Billard einen Stoß geben, da fällt mein Blick auf Garten und erblicke wen? Engel von Baroneß. Zu Herbert. Warum sagen Sie denn, daß Baroneß Frühstück in der Försterei einnehmen?

Hildegard Wie, Xaver Nicolowitsch, Sie stehen jetzt schon am hellen Vormittag auf? Es giebt keine Cavaliere mehr. Zu welcher Tageszeit ist man jetzt noch, nach diesen neuen Arrangements, vor Ihnen sicher?

Xaver Immer Scherz auf Lippe. Diese Blumen wollen zu Ihren Füßen sterben wie ich – wenn nicht im Herzen Ihriges wohnen kann.

Hildegard Mein Herz ist kein Asyl für obdachlose Gefühle.

Herbert Wenn Sie sibirische Gegenden lieben, hätten Sie es in Rußland bequemer gehabt.

Xaver Immer Scherz auf Lippe. Wenn so grausam bleiben, mache Striche unter Leben, puste aus Lebenslicht.

Hildegard Los weil ich Strich durch Rechnung mache – das wäre zu hart. Apropos, sie sprachen von der Försterei. Ich habe gestern dort köstliche Erdbeeren gegessen. Ich will mehr davon haben. Holen Sie mir, Graf Xaver, ein Körbchen voll dieser Erdbeeren.

Xaver Sowie Sonne hinter Horizont ist.

Hildegard Wie, Sie sind noch hier? und ich habe einen Wunsch ausgesprochen? Was soll das heißen?

Herbert Holen Sie das Körbchen mit Erdbeeren oder Sie erhalten einen Korb ohne Erdbeeren.

Hildegardzu Herbert. Mischen Sie sich nicht immer in die interessantesten Unterhaltungen.

Xaver Wirklich – ich muß?

Hildegard Sie müssen. Ich gebe Ihnen drei Stunden Zeit. Vor Ablauf dieser drei Stunden brauche ich die Erdbeeren nicht, will sie nicht. Adieu, Xaver Nicolowitsch,

Xaver mit verzweifelter Miene ab.

5. Auftritt

Inhaltsverzeichnis

Hildegard. Herbert.

Herbert Was hat Ihnen dieses hirnlose Hampelmännchen gethan, daß Sie es zum Sonnenstich verurteilen?

Hildegard Es macht mir Spaß.

Herbert Ach so.

Hildegard Meine Gesellschafterin ist heut auf den unglücklichen Einfall gekommen, eine Frühpromenade zu machen. Es ist zu heiß, um draußen spaziren zu gehen. Unterhalten Sie mich. Die anspruchsloseste Unterhaltung ist immer noch besser als Langeweile, und ich langweile mich hier – zum Sterben. Sie gähnt.

HerbertGähnt ebenfalls. Ach so – ich auch.

Hildegard Wie können Sie sich erlauben, in Gegenwart einer Dame zu gähnen?

Herbert Verzeihen Sie. Wenn Sie sich hier langweilen, warum sind Sie nach Wiesbaden gekommen?

Hildegard Ich habe es Ihnen ja schon gesagt – um mich zu verheirathen.

Herbert Und anderswo hatten Sie keine Gelegenheit dazu?

Hildegard Nein, denn es ist mir nicht gelungen in zehn Jahren – ja – in zehn Jahren – – warum wundern Sie sich nicht?

Herbert Kein Grund.

Hildegard Ich bin 25 Jahre alt. Sie wundern sich noch nicht?

Herbert Doch – ein wenig. Ich hörte aus glaubwürdiger Quelle, daß Sie bereits am Rande des siebenundzwanzigsten –

Hildegardihn unterbrechend Als ob es überhaupt glaubwürdige Quellen gäbe.

Herbert Also, Sie wollten sagen, in zehn Jahren sei es Ihnen nicht gelungen –

Hildegard Nicht gelungen, unter dem männlichen Personal der Schöpfung ein einziges Exemplar aufzutreiben, das sich nicht zu meinem Sklaven geschworen hätte, sobald es in Erfahrung brachte, daß ich ein reiches, unabhängiges, elternloses Mädchen sei. Da faßte ich eines Tages den kühnen Entschluß, allein mit meiner Gesellschafterin in die weite Welt zu wandern, um –

Herbert Um –

Hildegard Um einen Gatten zu suchen.

Herbert Und was sagte Ihr trefflicher Onkel dazu, den Sie auf Ihr Gut gelockt unter dem Versprechen, ihm Tochter zu sein?

Hildegard Er sträubte sich anfangs mit Händen und Füßen gegen meine romantische Brautfahrt.

Herbert Und dann?

Hildegard Fügte er sich.

Herbert Und dann?

Hildegard Bestimmte er mich, zunächst in sein Lieblingsbad Wiesbaden zu gehen.

Herbert Und dann empfahl er Sie an mich –

Hildegard Den er seinen jungen Freund nannte. Er meinte, daß Sie mir durch Ihre gesellschaftlichen Verbindungen jede wünschenswerthe Bekanntschaft verschaffen könnten.

Herbert Und er theilte Ihnen zugleich mit, daß Ihr Herz dabei keine Gefahr laufe, da das meinige bereits in Entreprise gegeben sei.

Hildegard Der gute alte Onkel. Ich nehme es ihm nicht übel. Er hält alle Männer für gefährlich. Sogar die.

Herbert Die –

Hildegard Unliebenswürdigen.

HerbertIch danke.

Hildegard Er pries mir Wiesbaden als einen Ort internationaler Menschenausstellung, wo mir die beiden Hemisphären hinreichendes Material für meine Wahlumtriebe – sein Ausdruck – liefern würde.

Herbert Sie sind jetzt seit sechs Wochen hier, warum haben Sie noch nicht gewählt?

Hildegard Warum nicht? Wen soll ich denn heirathen? Etwa den süddeutschen Diplomaten, der in den Mußestunden dichtet und sich für eine höchst glückliche Vereinigung von Talleyrand und Göthe hält? oder den gräflichen Husaren, der sich jeden Tag von Neuem in seine Uniform verleibt, und den Schnitt seiner Nägel und seiner Haare für universelle Angelegenheiten hält? oder den polnischen Schwärmer, der stets Ränder von Abgründen und die Spitzen der steilsten Berge für die geeignetsten Lokalitäten hält, um seinen Liebesgefühlen freien Lauf zu lassen, damit er bei seinen Selbstmordsdrohungen auch gleich den scenischen Apparat bei der Hand habe? oder den nordischen, an Größenwahn leidenden Dichter, der in der Lage ist, das ganze Universum für eine miserable Einrichtung halten zu müssen, da er nicht der Mittelpunkt dieses Etablissements ist? Sie selbst sind außer Frage. Bleibt höchstens noch der Baron Werlitz, und aufrichtig gesagt, der gefällt mir.

Herbert So?

Hildegard Er interessiert mich sehr.

Herbert So?

Hildegard Haben Sie etwas dagegen?

Herbert Nicht das Mindeste

Hildegard Das ist mir lieb. Indessen ich beherzige das Wort des Dichters: "es prüfe, wer sich ewig bindet." Ich will noch ein wenig prüfen. Was sagt die Badegesellschaft über ihn?

Herbert Nur Gutes.

Hildegard Wie? hat diese Gesellschaft einen Tugendanfall, daß sie gut von ihren Nebenmenschen spricht?

Herbert Nicht von allen spricht sie gut.

Hildegard Sie wollen damit andeuten, daß ich zu letzterer Kategorie gehöre.

Herbert Sie haben es errathen.

Hildegard Was sagt man über mich?

Herbert Ich würde, wenn ich spräche, Ihren Zorn auf mich laden.

Hildegard Sie sollen sprechen, ich will es.

Herbert Gut. Die Badegesellschaft sagt: etwas schnell. Sie wären launenhaft, hochfahrend, unduldsam, spottsüchtig, pretentiös, egoistisch, grausam, herzlos, unverständig, faul, herrschsüchtig, theilnamlos, engherzig, lieblos, neidisch, boshaft, schadenfroh und – hält ein.

Hildegard Und?

Herbert Geldstolz – – sagt die Badegesellschaft.

Hildegard Wie? Geldstolz? Mir dichtet man diese Eigenschaft absurder Parvenüs an? Alles andere möchte hingehen – aber geldstolz – ich geldstolz! die ich das Geld verachte? Ja, ich hasse es. Wie motiviert man diese unverschämte Behauptung?

Herbert Lassen sie mich schweigen.

Hildegard Sie sollen reden.

Herbert Ich gehorche. Geldstolz pflegt zu sein, wem bei einer Rundreise in seiner inneren Welt nichts aufstößt, auf das stolz zu sein sich verlohnte –

Hildegardihn unterbrechend. Ich habe Sie nicht um Ihre Meinung gefragt, ich will wissen, warum die Anderen mich geldstolz nennen.

Herbert Gut. Sie hätten sich einen Thron gebaut, sagt die Badegesellschaft, aus achtkarätigem Golde, und hätten darauf Platz genommen, angethan mit einer souveränen Robe aus Paris, und unter dem Thron stünde in Perlenschrift –die Perlen wären echt – "Ihr sollt keine anderen Götter haben neben mir." Ergo: Sie treiben Selbstvergötterung auf Conto Ihres Geldes – sagt die Badegesellschaft.

Hildegardheftig erregt. Weiter

Herbert Sie haben als Kind viele kostbare Puppen in den Winkel geworfen, zerbrochen, gemißhandelt, und nun, da Sie – lange erwachsen sind, spielen Sie mit lebendigen Puppen und behandeln sie wie Ihre Puppen aus der Kinderzeit. Sind sie zerbrochen, abgenutzt, Sie können sich ja neue kaufen. Mitten in der schönen Civilisation treiben Sie Sklavenhandel. Sie malträtiren Ihre Nebenmenschen – auf Conto ihres Geldes – sagt die Badegesellschaft. Wären Sie arm, Sie würden gerade so höflich, liebenswürdig und geistreich sein wie unsereins. Wären Sie arm, Sie würden selbst einen Russen nicht braten lassen, weil sie frische Erdbeeren essen wollen. Wären Sie arm, Sie hätten sich längst rettungslos in mich verliebt.

Hildegardironisch. Sagt die Badegesellschaft?

Herbert Sage ich diesmal. Auf Conto Ihres Geldes warten Sie auf einen Unsterblichen, einen Menschen über Lebensgröße, einen Napoleon der Liebe. Armes junges Mädchen, in Ihrem Arnheim haben Sie zugleich mit Ihrem Geld Ihr Herz verschlossen. Wer wird das Schloß sprengen? Sicher kein ehrlicher Mann.

Hildegard Kaum kann ich mich mäßigen, so empörend ist diese Ungerechtigkeit, so unerhört. Von Allem, was sie gesagt haben, ist nur wahr, daß ich ein Dutzend Männer – nein, nicht Männer, sondern Narren, Gecken, und feile Creaturen, schlecht behandle, nein, nicht schlecht, sondern wie sie es verdienen. Der Geldstolz, den Sie mir vorwerfen, ist nichts als ein Schleier, hinter dem ich meine tiefe Erniedrigung verberge.

Herbert Von Erniedrigung sprechen Sie, Sie, die man anbetet?

Hildegard Anbetet – ja – als goldenes Kalb.

Herbert Kalb? Das ist hart, sagen wir Lamm.

Hildegard Hildegard von Eichstädt ist nichts als ein Aushängeschild, höchstens eine Wünschelrute für das "Sesam öffne dich" dieser Ritter vom goldenen Kalb. Die Röthe der Scham steigt mir in's Gesicht, wenn ich an die schamvolle Rolle denke, die zu spielen ich verdammt bin, die Rolle einer Geld-Loreley, die nicht mit dem Klange ihrer Stimme, sondern ihres Goldes die sehnsuchtsvollen Schiffer lockt. Heut erklärt mir einer, daß er sterben muß, wenn ich ihn nicht erhöre. Ich weise ihn ab, aber unter Gewissensbissen, mein Herz ist krank vor Rührung. Acht Tage später lacht er mir am Arm einer Braut, an die er sich als an die Meistbietende losgeschlagen hat, in's Gesicht. Ich tanze heut Abend einen Galopp mit einem Cavalier, den ich zum ersten Mal sehe. Ich bin in schlechtester Laune, ich mißhandle ihn, ich bin dumm, affectiert, boshaft. Am nächsten Morgen erhalte ich einen Brief von ihm: der Zauber meines Verstandes und meines Wesens habe ihn hinweggerissen, und er könne nicht umhin, mir Herz und Hand anzubieten. Tadeln Sie mich, verhöhnen Sie mich, aber glauben Sie mir, ich habe Stunden, wo ich mit der ärmsten Näherin tauschen möchte, wo eine wilde Sehnsucht mich ergreift nach einem wahren Menschen, einem wahren Gefühl, wo ich dem Ersten, Besten um den Hals fallen möchte und ihm in die Seele rufen: Liebe mich! liebe mich! Es war eine die Hand auf's Herz legend. Und noch glühen Flammen hier. Ein Strahl des Glücks, der Liebe und – einhaltend.

Herbert Hildegard!

Hildegard Wie komme ich nur dazu, Ihnen, gerade Ihnen mein Herz zu öffnen? Sie sind wie die Übrigen, alle Männer sind gleich, und ich habe ein Recht, Allen zu mißtrauen.

Herbert Mißtrauen ist die Weisheit der Thoren. Indessen, Sie haben vielleicht Recht. Es ist wahr, Ihre Anbeter sind alle nicht viel werth. Es ist auch undenkbar, daß ein Mann von Ehre und Gesinnung sich jemals um Ihre Gunst bemühen sollte.

Hildegard Wie?

Herbert Ihnen fehlt der Instinkt des Herzens, Ihnen fehlt die Intelligenz, die Spreu vom Weizen zu sondern. Sie behandeln Alle, die sich Ihnen nahen, wie Beutelschneider. Es ist aber nicht Jedermanns Sache, sich als Beutelschneider behandeln zu lassen, und darum setzt sich Ihr Liebeshof aus Schwindlern, Abenteurern und Spekulanten zusammen. Weil ein paar Dutzend Motten, von dem Glanz Ihres Goldes angezogen, Sie umflattern, wären Sie im Stande, selbst den Adler, der die Sonne umkreist, für eine Motte zu halten.

Hildegardnachdenklich. Und kein Mann von Ehre, sagen Sie, könne mich lieben?

Herbert Lieben? vielleicht – um Sie werben, Sie heirathen – nein. Und wenn Sie schön wären wie Venus – Hildegard hält das Taschentuch vor die Augen regen Sie sich nicht auf, Sie sind es nicht – und wenn ich Sie liebte – Sie wissen, ich liebe Sie nicht – nie würden meine Lippen zu einem Geständnis sich öffnen, ich würde mein Geheimnis mit in's Grab nehmen. Eine Frau wie Sie, hochmüthig und mißtrauisch, müßte mir zuerst um den Hals fallen und mir sagen, daß sie mich maßlos liebt – – ich würde dann sehen, was sich thun läßt.

Hildegard Ihr Glück, daß Sie mich nicht lieben. Ah, da kommt ja unser guter Baron Werlitz.

Man sieht Werlitz durch den Garten kommen.

Herbert Werlitz? richtig. Ein schöner Mann, nicht wahr? Jetzt hoffe ich, bin ich der Pflicht Sie zu unterhalten, ledig.

Hildegard läßt, wie unabsichtlich, eine Schleife fallen, die an ihrem Kleid befestigt war. Herbert nimmt sie schnell auf und verbirgt sie unter seinem Rock. Als Hildegard sich umsieht, giebt er sich den Anschein der Gleichgültigkeit und geht, seine Zeitung lesend, in den Hintergrund, wo er während der folgenden Scene sitzen bleibt.

6. Auftritt

Inhaltsverzeichnis

Vorige. Werlitz

Hildegard Sie kommen heut spät, Herr von Werlitz?

Werlitz Haben Sie Dank für dieses Wort, meine aller-allergnädigste Baroneß.

Hildegard Ich bin heut wirklich gnädig. Sie treffen mich in allerbester Laune. Wundern Sie sich nur – ja, ich bin in mich gegangen, ich will auf meine alten Tage noch liebenswürdig werden; und von heut an glaube ich jedes Wort, das man zu mir spricht. Ich glaube, daß alle Männer gut, einfach und redlich sind und Sie, Baron, zumeist. Nun belohnen sie aber auch meine Tugend und erzählen Sie mir etwas Hübsches – Neues.

Werlitz Ich kann Ihnen heut mit einer Verlobung aufwarten.

Hildegard Wer mit wem?

Werlitz Graf Hochstedt mit Fräulein – Wanzke.

Hildegard Wie, Graf Hochstedt sagen Sie und Fräulein – Fräulein –

Werlitz Wanzke – Pardon, ich kann nichts dafür.

Hildegard Wie ging das zu?

Werlitz