Machenschaften - Romy Gläser - E-Book

Machenschaften E-Book

Romy Gläser

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Beschreibung

Kevin ahnt noch nichts von seinem Schicksal, als er wie so oft in letzter Zeit, betrunken zum Dienst antritt. Die fristlose Entlassung ist für den Polizisten jedoch ein Schlag ins Gesicht. Während Kevin beschließt Privatdetektiv zu werden, bricht in Detroit eine verheerende Seuche aus. Kevin beginnt seine neue Laufbahn mit der Suche nach seinem Vater. Immer mehr gerät er dabei in einen Strudel skrupelloser Machenschaften. Während sich Detroit im Ausnahmezustand befindet, deckt Kevin mithilfe des (paranoiden) Hackers Chris die unfassbare Wahrheit auf.

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Danksagung

Ich bedanke mich hier bei meinem Team, welches mir wie in Phönix mit Tat und Rat zur Seite stand und auch die unmöglichsten Theorien durchgespielt hat.

Ihr seiddie Besten. Ich liebe Euch.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Pazifischer Ozean - Insel

Harper-University-Hospital

Polizeirevier

Harper-University-Hospital

Ein Café

Harper-University-Hospital

Kathedrale-Most Blessed Sacrament

Kevins Elternhaus

Harper-University-Hospital

Eine Bar

News Flash:

Kanadische Grenze

Harper-University-Hospital

Kevins Elternhaus

Harper-University-Hospital

Eine Bäckerei

Harper-University-Hospital

Internetcafe

Harper-University-Hospital

Celdrapharm - Büro C. O. Jackson

Ein Parkplatz

Kevins Elternhaus

Ein Flughafen am Ende der Welt

Cass-Park

Harper-University-Hospital

Internetcafe

Harper-University-Hospital

Kevins Elternhaus

Kevins Elternhaus

Celdrapharm Zentrale

Celdrapharm - Büro C.O. Jackson

Eine Kneipe

Newsflash

Harper-University-Hospital

Kevins Elternhaus

Harper-University-Hospital

Humphreys Wohnung

Harper-University-Hospital

Kevins Elternhaus

Kevins Elternhaus

Harper-University-Hospital

Polizeirevier

Kevin und Chris

Tatort - John Grace Community Center

Kevin und Chris

Newsflash

Bibliothek der Wayne-State-University

Wayne-State-University

Flughafen

Im Auto

Das Auto von T-Rex und Rufos

Sindy und Humphrey

An Bord der Cessna Citstion CJ3

Ein Bauwagen

Celdrapharm - Büro C. O. Jackson

An Bord der Cessna Citstion CJ3

Harper-University-Hospital

An Bord der Cessna Citstion CJ3

Polizeirevier

Newsflash

Der Hangar von Celdrapharm

Absturzstelle der Cessna

Pazifischer Ozean - Baracke

Polizeirevier

An Bord der DC3

Harper-University-Hospital

Newsflash

Kevins Elternhaus

Polizeirevier

Epilog

Nachwort vom Autor

VORWORT

Pazifischer Ozean - Insel

Der Dschungel war dicht und ließ kein Licht durch. Für die Jahreszeit war es Nachts schon sehr frisch. Jeden Tag rieselte der Tau von den Blättern der großen Gewächse, als würde man unter einer riesigen Dusche stehen. Zwischen den Farnen und Orchideen raschelte es von allerlei Kriechtieren. Vereinzelt konnte man Gebrüll von Raubtieren wahrnehmen, nur übertönt von dem Gekreische der Affen und Vögel. Die Luft war warm und feucht. Von all dem bekam Dr. Miller nichts mit. Der kleine schnell gealterte Mann war über seine Aufzeichnungen vertieft. Die Sorgen der letzten Jahre hatten ihn frühzeitig ergrauen lassen. Die Geräusche des Dschungels gehörten seit Monaten zu seinen ständigen Begleitern. Das Rufen der Vögel, dass wispern der Blätter. All das kannte er nur zu gut. Plötzlich schnellte sein Kopf hoch, er hatte etwas gehört. Er lauschte nur noch einen Moment, dann war er sich sicher.

Schnell ließ er das Buch verschwinden, indem er kurz vorher noch geschrieben hatte.

Seine Brille hing schief auf der knollförmigen Nase. Die grauen Haare waren zerzaust.

Hastig blickte er sich mit seinen braunen wachen Augen um. Die Baracke bot keine Möglichkeit zur Flucht. Die kleinen Fenster waren vergittert und die Dachluke zu weit oben. Er könnte nur durch die einzige Tür an der Vorderseite verschwinden, doch die würden die unerwünschten Besucher sicher nehmen. Er wusste das sie kommen würden. Dr. Miller hatte ihre Ankunft seit Tagen gefürchtet. Nun war es so weit. Seine Hände zitterten, als die Tür aufsprang. Er hielt wie ein Reflex die Hände vor den Kopf. In der einen Hand hielt er zwei Reagenzgläser. Beide waren mit seiner kleinen sauberen Schrift gekennzeichnet.

"Wo ist das Gegenmittel?" Unwillkürlich huschten Dr. Millers Augen zu den Kanistern, am anderen Ende der Baracke. "Bitte Sie hatten mir versprochen ich dürfte zu meinem Sohn zurück, wenn ich alles mache." versuchte der Professor die Männer zu überreden. Eigentlich war ihm klar, dass er seinen Sohn nie wieder sehen würde. "Alterchen, du wirst deinen Sohn schon wiedersehen. Im Jenseits!" lachte der militärisch korrekt bekleidete Mann. "Bitte, bitte nicht!" jammerte der Professor, er schien, nachdem sich alle Hoffnung in Luft aufgelöst hatte, geschrumpft und gealtert zu sein. Klein, verängstigt und zitternd stand er da, noch immer die Ampullen mit dem tödlichen Gift in der Hand. Kurz darauf spürte er wie ihm die Gläser aus der Hand gerissen wurden. Dann, hörte er wie durch einen Schleier einen Knall. Danach spürte er nichts mehr. „Lass uns verschwinden, den findet hier keiner! Und vergiss die Kanister nicht!“ Der schlaksige Mann wandte sich schon wieder zur offenen Tür. Doch der andere widersprach ihm. "Erst müssen wir den hier verschwinden lassen!" Gemeinsam packten sie den toten Mann an den Beinen und schleiften ihn ein Stück weit in den Dschungel hinein. Die wilden Tiere würden sich um dessen Beseitigung schon kümmern. Er packte die zwei Röhrchen vorsichtig in einen silbernen Aktenkoffer, der innen mit Schaumstoff ausgekleidet war. Im Schaumstoff waren zwei Vertiefungen, in die der größere Mann die Röhrchen legte. Er verschloss den Koffer und achtete darauf das Zahlenschloss umzustellen, so dass sicher niemand an den Inhalt heran käme. „Wir können!“ Zusammen verließen sie den Ort des Verbrechens.

Harper-University-Hospital

Mia saß im Warteraum der Notaufnahme. An den verblichenen gelben Wänden hingen billige Drucke von irgendwelchen ortsansässigen Künstlern. Abstrakter Mist und halfen nicht die Sterilität des Bereiches zu überlagern. Die billigen Plastikstühle waren unbequem und die wenigen Zeitschriften auf dem kleinen Tisch durchlesen und zerflettert. Das gesprenkelte Muster des Linoleums brachte Unruhe in die Umgebung. Die Punkerin blutete aus der Nase. Sie hatte sich bei einer Auseinandersetzung, mit einer anderen Punkerin, das Nasenpiercing schmerzhaft herausgerissen. Er saß ihr gegenüber. Der Typ sah echt übel aus. Mia ekelte sich vor ihm.

Was musste sie sich auch mit ihrem Piercing so verhaken, dass es riss? Ihre Nase blutete alles voll. Auch Punks mochten es nicht, über und über mit Blut besudelt zu sein.

Doch lieber ein paar Tropfen Blut, als das, was der da hatte. Sie schnappte sich eine Zeitung und versuchte den Blick abzuwenden, doch vergebens. Wie automatisch huschte ihr Blick immer wieder in seine Richtung und zu dem Schauspiel was sich da bot.

Wie man bei einem Horrorfilm nicht wegsehen kann, obwohl man wusste, dass der Mörder gleich zuschlagen würde. Seine Haut schien im Minutentakt immer röter zu werden. Er kratzte sich wie wild die Arme. Sie waren schon ganz aufgerissen und zeigten das Fleisch. Wenn er so weiter machte würde er sich bis zum Knochen hinunter alles wundreiben. Immer wieder hustete der Mann in ein Taschentuch. Sein Blick wirkte unruhig, er schien keine Schmerzen zu haben, dennoch stieg Panik in ihm auf. Das Taschentuch war schon ganz durchgeweicht von den blutigen Sekret welches er absonderte. Mia überlegte ob sie ihn ansprechen sollte. Was sollte sie denn sagen? "Alles okay?" wäre eindeutig fehl am Platz, denn man sah auf einen Kilometer, dass nichts okay war. Die Entscheidung wurde ihr abgenommen, denn es kam noch schlimmer. Mia sprang gerade noch rechtzeitig auf und schrie aus Leibeskräften: „Hilfeeeeeeeeee!“ Da platzten die kleinen Bläschen auf seinem Gesicht. Sie wuchsen zu kastaniengroßen Beulen an und unter panischem Schmerzgeheul spritzten sie eine eklige gräulich gelbe Flüssigkeit hinaus. Der Mann lag nun mit den Händen über dem Gesicht auf dem Boden und wälzte sich in dem widerlichen Matsch.

Dabei schrie er unablässig. Ob vor Schmerzen oder Panik war nicht auszumachen, dennoch glaubte die junge Punkerin, dass er Höllen Qualen durch litt. Mia rannte aus dem Zimmer zum Klo und übergab sich, während die Pfleger und Krankenschwestern den Mann auf eine Liege hievten, seine Beulen mit Laken, Lappen, Handtüchern und Op-Tüchern abtupften. Die Schreie des Mannes hörte man durch die Gänge schallen und Mia gelang es gerade noch aus der Notaufnahme abzuhauen, als schon der Alarm losging.

Gelbe Lichter blinkten und alle Türen wurden automatisch verschlossen. Was auch immer dieser Typ hatte, Mia hoffte nur sie würde es nicht auch bekommen.

Polizeirevier

Kevin schleppte sich mehr die Stufen hoch, als dass er ging. Sein Schädel dröhnte. Er war unrasiert und seine schwarzen Haare standen ihm vom Kopf ab, als wäre er gerade erst aufgestanden. Dem war auch so. Mit fast zwei Stunden Verspätung traf er im Revier ein. Seine Kleidung war ungewaschen und hing ihm schlapp von dem ehemals muskulösen Körper. Er hatte einen Kater.

Und einen Filmriss. Als er heute Morgen aufwachte in seinem Bett, wusste er nicht mehr wann er nach Hause gekommen war.

Das Telefon weckte ihn. Von seiner Freundin war nichts zu sehen. Wann hatte er sie überhaupt das letzte Mal gesehen? Seine grauen Augen waren kaum zu erkennen. Die Augenringe waren schwarz und die Lider angeschwollen. „Kevin? Du solltest sofort herkommen, der Chief ist stinksauer!“ hörte er mehr im Schlaf. Es dauerte auch noch eine halbe Stunde, ehe er nach mehreren Aspirin und einem Schwung kalten Wasser realisierte, was der Anrufer gesagt hatte. Kevin glaubte in dem Anrufer seinen Partner Frank erkannt zu haben, war sich jedoch nicht sicher. Soll der Chief doch sauer sein, was ging ihn das an? Auf dem zugemüllten Wohnzimmertisch fand er noch ein halbes Glas Jimmy und trank es aus. So ging er los.

Gebückt und nach Alkohol stinkend traf er im Revier ein. Seine Kollegen hatten ihn längst aufgegeben. Sie hatten seit Monaten versucht, ihm ins Gewissen zu reden. Selbst der Chief hatte ihn zu einer Entziehung schicken wollen. Er war unbelehrbar, er stritt alles ab.

Kevin hatte kein Problem, schon gar keins welches sich nicht mit Alkohol lösen lies. Auf seinem Schreibtisch stapelten sich die unaufgeklärten Gewaltverbrechen. Was soll's? Wen interessierte warum die Frau getötet wurde? Jeder der ihm auf dem Weg zur Arbeit begegnete, könnte der Vergewaltiger des kleinen afroamerikanischen Mädchen sein, das seitdem im Koma lag. Wer wusste das schon? Anfangs sind da immer viele Spuren. Meist jedoch liefen sie ins Leere und noch ehe man alle ausgewertet hat, geschieht die nächste Gräueltat und man kommt einfach nicht dagegen an. Man sieht die Opfer, im Schlaf, sogar im Wachzustand.

Detroit war nicht umsonst bekannt als die Stadt mit der höchsten Verbrechensrate der USA. Was wohl auch an der Nähe zur Kanadischen Grenze lag. Verbrecher konnten schnell mal den Übergang nutzen und in der Versenkung des Nachbarlandes verschwinden. Obwohl die Kanadier und Amerikaner eng zusammenarbeiteten konnten während der langen Behördenwege wichtige Spuren kalt werden. Man kann ihnen nicht mehr helfen, man kam zu spät und die Täter? Bleiben gesichtslose Maskeraden. Dann fängt man an zu resignieren. Selbst wenn man ein Verbrechen aufgeklärt hatte, kam ein gewiefter Verteidiger und holte den Täter wieder raus.

Verfahrensfehler, Indizienprozesse oder sogar gekaufte Geschworene. Eine Chance dem System zu entkommen hatte jeder noch so überführte Mörder. Man nimmt sich vor keinen Fall mehr persönlich zu nehmen.

Den Abstand zu wahren. Ha! Wenn das mal so einfach wäre. Kein Mensch war so eiskalt, als dass die Schicksale ihn nicht berühren würden. Kevin hatte es versucht, jedes Mal aufs neue, doch nie hatte dieser Abstand funktioniert. Sie verfolgten ihm im Schlaf, warfen ihm vor unfähig zu sein, bettelten ihn an sie zu rächen. Er wollte ja, es war sein verdammter Job, doch wenn die Spuren immer im Sand verliefen, was sollte er denn dann tun? In den großen Armenvierteln der Stadt gab es alle fünf Minuten ein Kapitalverbrechen und das schlimmste daran, dort wurde noch nicht mal nach den Tätern gesucht. Die ganze verdammte Stadt bestand aus Opfern und Tätern. Und solchen wie ihm, die den Unterschied nicht mehr erkannten. Die jedem misstrauten, schlaflos im Bett lagen und die Bilder im Alkohol ertranken.

Was also könnte schlimmer sein, als die vorwurfsvollen Augen und Stimmen die sein Leben heimsuchten? Nichts was der Chief sagte, machte oder seine Kollegen taten, konnte schlimmer sein. Die verächtlichen Blicke begegneten ihm schon auf der Treppe. Einer seiner Kollegen grüßte Kevin nicht mal, sondern wand sich mit den Worten: „So was nennt sich Polizist!“ angewidert von ihm ab. Kevin versuchte ihn zu ignorieren. Er war nicht in der Stimmung für eine bissige Bemerkung. Der junge Polizist neben seinem Kollegen war wohl neu, Kevin hatte ihn jedenfalls noch nie gesehen. Andererseits hatte er lange Zeit einen Bogen um das Revier gemacht. Kevins Karriere startete in Southfield. Nach dem er die Polizeischule mit Auszeichnung abgeschlossen hatte, ging er in der kleinen Nachbarstadt Streife. Nach drei Jahren wurde er in das Detroit Department Nähe der Central Station versetzt und arbeitete nun an den "wichtigen" Fällen mit. Wichtige Fälle, die oft nicht zu lösen waren und wegen kleinster Verfahrensfehlern oft mit Freispruch endeten. Korruption und Machtlosigkeit. Sein Partner hatte den Papierkram für ihn erledigt und er war zur nächsten Bar und hatte sich voll laufen lassen. Kevin öffnete die schwere Eingangstür mit einigen Anstrengungen und betrat das dunkle Treppenhaus. Auf dem Absatz hielt er kurz inne, sog den Geruch nach Waffenfett und Lederholstern ein, vermischt mit Schweiß und Alkohol.

Ihm wurde übel, er musste sich am Treppengeländer abstützen. Einen Blick nach unten werfend, drehte sich alles in und um ihn.

„Scheiße!“ fluchte er kurz und bog erst mal zu den Toiletten ab. Er schaffte es gerade noch in eine der Kabinen zu verschwinden, als das bisschen Mageninhalt auch schon in der Schüssel landete, der Jimmy wieder einen Weg ins Freie suchte. Die Magensäure brannte in seinem Hals. Nach einigen Minuten hatte er sich ausgekotzt und drückte die Spülung. Taumelnd kam er auf die Beine und wankte zu den Waschbecken. Den Anblick im Spiegel kannte er nun schon. Das feingeschnittene Gesicht mit der hohen Stirn, der Narbe über dem rechten Auge, der leicht spitzen Nase und den tiefen Augenringen.

Sein schmaler Mund verzog sich zu einer Grimasse, während er den Hahn aufdrehte.

Das kalte Wasser half ihm ein wenig wacher zu werden. Sein Drei-Tage-Bart, der schon seit mindestens 2 Wochen in seinem Gesicht wucherte, ließ das Wasser abperlen. Er müsste sich mal wieder rasieren, schoss es durch seinen Kopf. Mit seinen Fingern fuhr er sich durch das zerzauste Haar und klatschte es mit einem Schwung Wasser an den Kopf.

„Das muss reichen!“ sagte er zu sich selbst, spülte noch kurz den Mund mit Wasser aus, um den ekligen Geschmack des Erbrochenen loszuwerden und richtete sich auf.

Dann ging er mit einigermaßen sicherem Schritt seinem Schicksal entgegen.

Da seine Kollegen ihn augenscheinlich absichtlich ignorierten, hielt es Kevin nicht für nötig, einen Gruß in die Runde zu werfen.

Seit seinem letzten Besuch in den Räumlichkeiten der Kriminalpolizei hatte sich nichts verändert. Er nahm immer noch den Geruch nach billigen After-Shave und Kaffee war.

Beinahe würgte es ihn erneut. Sein Partner und wie er dachte auch sein einziger Freund im Revier hob den Kopf und zeigte nur in Richtung Chefbüro. „Was will der Alte denn?“ Frank Keller, der bis zu Letzt immer wieder seinen Partner aus der Scheiße geholt hatte, zuckte nur mit den Schultern. Kevin seufzte schwer und ging zum Büro vom Chief.

„Kommen Sie rein Kevin!“ Einmal atmete Kevin noch durch, dann überschritt er die Schwelle. Der Chief war ein erfahrener Polizist. Er hatte schon graue Haare an den Seiten. Seinen Schreibtisch zierten neben dem Namensschild mit der Bezeichnung Chiefdetektiv noch die Bilder von seiner Familie, seinen Kindern und Enkelkindern. Er verkörperte das, was man einen perfekten Bullen nannte. Beruflich erfolgreich und privat ein mustergültiges Familienleben. Egal was dieser Mann anpackte, es schien zu funktionieren. Viele beneideten ihn darum. „Sie wollten mich sprechen, Chief.“ Der Chief stand auf.

„Geben Sie mir ihre Marke und Waffe Kevin!“ Kevin brauchte einige Sekunden, um zu verstehen was der Chief gesagt hatte. Trotzdem fragte er: „Bitte?“ „Sie haben mich schon verstanden.“ Langsam zog Kevin die Waffe aus dem Schulterholster und machte die Marke vom Gürtel los. „Ihre Papiere liegen im dritten Stock bereit, Sie bekommen eine Abfindung in den nächsten Tagen.“ Kevin starrte ihn an, er verstand ganz und gar nicht. Genauso hätte der Chief ihn nach dem neuesten Modetrend fragen können. Es dauerte einige lange Sekunden ehe er begriff.

„Sie feuern mich?“ fragte er schließlich. „Tun Sie nicht so, als hätten sie es nicht gewusst, ihr Verhalten ist untragbar und sie kommen selbst heute besoffen und stinkend zur Arbeit. Und kommen Sie jetzt nicht mit, sie können sich ändern, das hab ich seit Monaten immer wieder gehört, doch passiert ist nichts. Selbst ihre Abmahnungen haben daran nichts geändert. Seien Sie froh das sie nicht noch eine Anzeige wegen Fahrlässigkeit dazubekommen.“ Der Chief nahm ungerührt die Waffe und das Abzeichen und verstaute es in einer Schublade in seinem Schreibtisch. Kevin stand noch einige Sekunden wie erstarrt da. „Alles Gute Kevin!“ dann trat Kevin aus dem Büro. Frank war nicht an seinem Platz. Völlig verwirrt und noch nicht begreifend was gerade geschehen war, schlurfte er zwischen den Plätzen seiner Kollegen hindurch und realisierte am Rande Bemerkungen wie: „Wurde auch Zeit“ oder „Endlich!“. Augenscheinlich waren sie froh, dass Kevin sie verließ. Hieß es nicht immer das Team steht hinter dir? Hieß es nicht, man würde immer für einander einstehen? Das was er jetzt wahrnahm, kam einem Verrat gleich. Ok, das war doch schlimmer, als die Bilder. Musste er sich eingestehen.

Jetzt hatte er nicht einmal mehr den Job, der ihm die Illusion gab, etwas gegen die Gräueltaten dieser Stadt tun zu können. Jetzt war er nicht mehr der "Rächer", sondern auch nur ein Opfer.

Im dritten Stock bekam er einen braunen Umschlag mit seinen Papieren und hoffte Frank noch einmal zu treffen. Doch als Kevin auf die Straße trat, stieg dieser mit einem neuen Mann in einen Streifenwagen. Kevin würdigte er keines Blickes mehr. So war das also. Man ließ ihn einfach fallen. Wut stieg in ihm hoch und er drehte sich am Fuß der Treppe um, schrie aus Leibeskräften die offenen Fenster an: „Fickt Euch! Ihr könnt mich alle mal!“ dann trat er den Heimweg an. Er würde erst mal seinen Kater ausschlafen, dann sah die Welt schon wieder anders aus.

Harper-University-Hospital

Sindy war todmüde. Die blonde Ärztin hatte eine weitere Doppelschicht hinter sich gebracht. Endlich hatte sie Feierabend und während sie in ihre Turnschuhe schlüpfte, freute Sindy sich schon auf ihr Bett. Einige der Assistenzärztinnen kicherten in der Umkleide. In drei Reihen standen hier die grauen Spinde, alle mit einem Zahlenschloss gesichert. Davor die alten abgewetzten Holzbänke. Sie sprachen im Flüsterton über das bevorstehende Wochenende. Ach ja das Wochenende, sie hatte frei und würde ihr Bett nicht verlassen. Die vergangen Wochen war sie immer wieder für einen Kollegen eingesprungen, doch dieses Wochenende hatte sie einfach mal "Nein" gesagt. Sie schloss den Spind mit einem Knall zu, lächelte, fuhr sich durch das blonde Haar und ging zum Ausgang. Ihr Bett wartete auf sie. An der Rezeption in der Radiologie schrieb Dr. Sindy Larken sich noch kurz aus dem Anwesenheitsprotokoll aus und ging zum Aufzug. Die Abteilung, der sie vorstand lag im achten Stock. Dazu gehörte die Virologie und die Quarantänestation. Ein gut ausgestattetes Labor stand ihr rund um die Uhr zur Verfügung. Sie hatte ihre Karriere früh gestartet, so dass sie mit knapp 35 schon eine der angesehensten Ärztinnen war, die jemals im Harper-University-Hospital arbeiteten. Sindy hatte nach dem medizinischen Grundstudium die Forschung für sich entdeckt. Während ihrer Zeit als praktische Ärztin promovierte sie noch als Virologin. Im Harper war man sehr froh eine solche Kapazität auf der Gehaltsliste zu verzeichnen. Dr. Larken verdiente genug, um sich in der Innenstadt ein kleines Loft zu gönnen. Sindy's kleines Apartment lag weit oben, mit einem tollen Ausblick über die Stadt. Doch sie war so selten zu Hause, dass sie es nicht wirklich genießen konnte. Sie stieg in den Aufzug ein und drückte den Knopf für den Ausgang. Die leise Fahrstuhlmusik mit summend blickte sie auf die Anzeige die stetig abwärts zählte.

Dritter Stock, zweiter Stock, erster Stock.

„Ausgang, meine Haltestelle!“ sagte sie laut und trat aus der fahrenden Kabine. Jetzt würde sie schnell in den Supermarkt fahren, sich einen schönen Wein besorgen und etwas Nahrhaftes zu Essen. Frisches Gemüse, dachte Sindy, dazu ein leckeres Steak. Sie war keine drei Schritte von der fahrenden Kabine entfernt, da gingen im gesamten Haus die Warnsirenen los. Gelbes Licht flackerte auf und die Türen verschlossen sich automatisch. „Was zum Teufel...?“ erschrocken war sie zusammengezuckt. Sie lief auf die Glastüren zu, die den Eingang zierten, rüttelte daran. „Das ist ja wohl ein schlechter Scherz?“ schimpfte sie. Irgendeiner hatte den Seuchenalarm ausgelöst. Wahrscheinlich irgend so ein Spinner, der sich sehr lustig dabei vorkam. Toll! Sie hörte wie Pfleger und Ärzte durch die Gegend rannten. Die Gummisohlen machten dabei ein schmatzendes Geräusch auf dem Linoleum. Die Aufnahme war so spät nachts nicht besetzt.

Nach 18 Uhr ging alles über die Notaufnahme. Seufzend drehte sie sich von den Glastüren, hinter denen die Freiheit und vor allem ihr Bett lagen ab und machte sich auf den Weg in die Notaufnahme. Vielleicht konnte man ihr da sagen, was eigentlich los war.

Das Licht welches orange durch die Flure blinkte begleitete sie.

In der Notaufnahme war man sehr geschäftig. Der Tresen sollte eigentlich immer besetzt sein, doch heute war es wie verhext.

Kaum jemand war zu sehen. Man hörte eilige Schritte, doch wenn sie sich in die Richtung drehte, waren die Schritte wieder verschwunden. Ziellos irrte sie durch die hellerleuchteten Gänge. Es dauerte fast zwanzig Minuten, bis Sindy endlich einen Pfleger fand, der eine Minute Zeit hatte ihr zu sagen was passiert sei. Doch kaum wollte der Mann mit seiner Erklärung anfangen, ging die Tür zu einem der Zimmer auf und drei weitere Pfleger fuhren ein Bett mit einem Patienten darin heraus. Ihre erste Neugierde wandelte sich binnen Sekunden von Bestürzen bis zu Abscheu. Der Patient sah aus, als hätte er die Beulenpest, und war über und über mit offenen Wunden und Eiter vollgespritzt. Klar, dass ein unerfahrener Arzt da den Seuchenschutz alarmierte. „Was ist denn mit ihm?“ fragte Sindy in die Richtung, in der eben noch der Pfleger stand, doch sie sprach mit einem leeren Flur. „Na toll!“ Zu müde und erschöpft, um sich zu ärgern, ging sie langsam den Weg zurück zum Aufzug. Leider bedeutete Seuchenalarm auch, dass man nur mit einem Notfall-Code den Aufzug in Bewegung setzen konnte. Da sie diesen Code noch nie benötigt hatte, sie eh übermüdet und erschöpft war, fiel er ihr im Moment auch nicht ein. "Verfluchte Scheiße!" sagte sie laut und erschrak über sich selbst.

Ein dermaßen vulgäres Wort, in ihrem Mund? Sie wollte gerade zu den Treppen gehen, sich die acht Stockwerke hochschleppen, als einer der Assistenzärzte der Inneren vorbei kam. "Haben Sie den Pin vergessen? Warten Sie ich geb ihn ein. Gute Fahrt!" der junge Mann war ausgeruht und fröhlich. Dr. Larken konnte sich zwar an das Gesicht des Mannes erinnern, doch ein Name zu den hellen blauen Augen fiel ihr nicht ein. Sindy beneidete ihn um seine Energie.

Als sie in den Aufzug stieg nickte sie ihrem Retter müde und dankbar zu.

Im achten Stock gab es einen Aufenthaltsraum für die Schwestern mit einer Liege darin, für diejenigen, die zwischen den Schichten kurz die Augen ausruhen wollten. Doch Sindy zog es nicht dahin. Sie hatte in ihrem Büro ein Sofa stehen, dieses sollte jetzt erst mal ihr Bett ersetzen. Sindy war nicht sehr groß, etwas fülliger und hatte ein gutmütiges, meist lachendes Gesicht. Ihre strahlend blauen Augen spiegelten den Schalk wieder.

Ihre Patienten liebten sie und ihre Kollegen hegten Respekt vor ihr. Einige der Ärzte hofften auch auf das eine oder andere Date mit ihr, doch Sindy trennte strickt Arbeit von privat und machte den Männern das auch klar.

Im Scherz neckte Sindy ihre Kollegen gerne.

"Keiner von ihnen könnte es mit mir aufnehmen!" war einer ihrer Standard-Antworten.

Diese scherzhaften Attacken hatten aber ihren Rahmen und gingen niemals über ein angemessenes Maß an Respekt hinaus.

Sindy legte sich auf die Couch. Streifte sich die Schuhe von den Füßen und ließ sie unachtsam neben der Couch zu Boden plumpsen. Für Ordnung und Sauberkeit hatte sie gerade keine Zeit und Lust. Es dauerte nur wenige Minuten bis sie in einen traumlosen Schlaf fiel.

Ein Café

Sein letztes Kleingeld hatte gerade noch gereicht. Jetzt saß Kevin vor einem dünnen Kaffee, der das Wort nicht mal wert war und blätterte durch die Zeitung. Seit drei Tagen war er nun schon auf der Straße. Er musste widerwillig grinsen, als er an den Tag seiner Kündigung zurück dachte. Er war kaum zu Hause angekommen, stellte er fest, dass seine Freundin ihr Zeug gepackt und ohne ein Wort verschwunden war. Job weg.

Freundin weg. Egal, er konnte sich nicht mal mehr an ihr Gesicht erinnern. Doch noch ehe er sich auf die Couch legen konnte, stand der Vermieter da und warf ihn mitsamt seinen Sachen auf die Straße. Da stand er also, ein einziges Klischee. Er war einst ein guter Cop gewesen, ein Mitbürger, den man gern in der Nachbarschaft hatte. Ein Mann, den Frauen nicht nur wegen der Uniform vertrauten und jetzt. Die Welt hatte ihn verlassen. Er war nicht nur seinen angesehenen Job los, sondern auch noch sein Privatleben. Ging es noch tiefer? Seine Bank hatte seine Konten eingefroren. Er konnte sich nicht mal daran erinnern überhaupt Geld abgehoben zu haben, doch dem muss wohl so gewesen sein, denn er stand tief in den roten Zahlen. Als er auf der Straße stand, in mitten seines erbärmlichen Lebens bekam er einen Lachanfall. Trotz seiner Kopfschmerzen lachte er lange und laut. Der Mann ließ sich auf den Haufen mit seiner schmutzigen Wäsche sinken und hielt sich den Bauch vor Lachen.

Eine der Nachbarinnen warf mit Abfällen nach ihn und schimpfte in den Hof hinab, er solle die Fresse halten oder sie ruft die Cops.

Das brachte ihn dann doch zur Räson und er sammelte die paar Habseligkeiten in seinen alten Seesack und schlurfte von dannen. Er wusste nicht mehr wie weit er ging, wohin er ging oder wie lange. Schließlich fand er sich vor dem Einfamilienhaus seines Ex-Partners Frank wieder. "Was willst du hier?" herrschte ihn Frank an, als er die Tür öffnete. "Begrüßt man so seinen Partner?" Frank seufzte. "Du bist nicht mehr mein Partner, also was willst du?" Kevin fühlte die Worte in seiner Magengrube. "Ich brauch nur einen Platz zum schlafen." Frank schnaubte. "Da kommst du zu mir?" Kevin grinste verlegen. "Ich dachte du wärst mein Freund!" der Cop seufzte erneut. "Falsch gedacht, sieh zu das du Leine ziehst Mann!" Mit diesen Worten knallte er dem Ex-Cop die Tür vor der Nase zu. Kevin blieb noch einige Minuten verblüfft stehen, drehte sich dann jedoch um und wankte die Auffahrt hinunter. "Warte!" freudig strahlend drehte sich der angetrunkene Mann um.

"Nimm! Damit kommst du die nächsten Tage durch, such dir ein Hotel und dann verlasse die Stadt." Kevin starrte auf die Dollars in seiner Hand. Er wollte Frank gerade danken, da hörte er die Tür zuschlagen. "Ich zahl es dir zurück! Versprochen!" lallte er in Richtung des Hauses und machte sich auf der Suche nach einem dieser billigen Motels. Der Morgen graute schon, als Kevin ein Motel fand, indem ein Zimmer frei war. Für drei oder vier Tage könnte er hier überleben, bis die Abfindung kam.

Harper-University-Hospital

Sindy blinzelte. „Sindy? Sindy wachen Sie auf!“ Sindy drehte sich mühsam um, ihr tat alles weh, und was zum Teufel machte der Krankenhauschef in ihrem Schlafzimmer? Sie brauchte einige Sekunden, ehe sie wieder wusste wo sie war. Wenig später erinnerte sie sich auch warum sie noch da war.

„Hier ein Kaffee!“ Ihr Chef hielt ihr einen braunen Plastikbecher mit Kaffee hin. Automatenkaffee. Nachdem Sindy diesen angewidert hinuntergewürgt hatte und sich hinter ihren Schreibtisch setzte bemerkte sie endlich auch den anderen Mann, der neben ih