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Die Sphäre ist ein Tummelplatz verschiedenster Spezies - aber nicht alle Bewohner kamen auf der Suche nach den Wurmloch-Architekten hierher. In den Raumschiff-Wracks lauert so manche tödliche Gefahr! So wie eine Fracht, die in die Sphäre gelangte, als sie durch ein Wurmloch "entsorgt" werden sollte: eine Wesenheit, die im Begriff stand, einen ganzen Planeten zu vernichten. Noch hält das Bannfeld um den Kokon, in dem sie gefangen ist - doch wie lange noch?
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Seitenzahl: 147
Veröffentlichungsjahr: 2018
Cover
Impressum
Was bisher geschah …
Im Herzen des Chaos
Leserseite
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Lektorat: Michael Schönenbröcher
Titelbild: Néstor Taylor/Bassols
Autor: Ansgar Back
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-6649-5
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, „Maddrax“ genannt, dessen Staffel ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese für ihn fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch, das sich im Forschungszentrum CERN auftut, in ein Ringplanetensystem versetzt werden, während der Mond auf die Erde zu stürzen droht.
Auf dem Ringplaneten herrschen die Initiatoren, die Spezies aus allen Teilen der Galaxis durch das Wurmloch entführen, um sie Kompatibilitäts-Tests zu unterziehen. So geraten auch Matthew Drax, Aruula und Matts Tochter Xaana in das fremde Sonnensystem, stoßen jedoch durch die Einmischung der Kontras auf das dunkle Geheimnis der Systemherren: Man will einen Teil der Menschheit auf den Mond Novis umsiedeln, um deren Gehirne für eine Art Superrechner zu nutzen! Doch die Gefährten werden ihrer Erinnerungen beraubt; so helfen sie in gutem Glauben den Initiatoren.
Während Aruula und Xaana auf Novis bleiben, reisen Matt und der Initiator Hordelab zur Erde, um Peilsender an hochstehende Zivilisationen zu verteilen, damit sie später evakuiert werden können. Begleitet von Xij, der Mutter Xaanas, und deren Mann Tom Ericson besucht Matt auch die Kolonie Colonel Kormaks, erkennt aber dessen Machtgier und verweigert ihm den Peilsender. So überfällt Kormak die benachbarte Community und eignet sich deren Sender an.
In Agartha wurde nach den Plänen der Initiatoren eine Transportplattform gebaut, mit der Hordelab das Wurmloch an jeden Ort der Erde versetzen kann. Die Evakuierung beginnt. Dann jedoch zerstören die fanatischen Rev’rends die Plattform. Dabei werden Matt, Xij, Tom und Hordelab ohne Erinnerung an verschiedene Ort versetzt. Drei finden den Weg zurück nach San Antonio, nur Hordelab strandet ausgerechnet in Roswell.
Das Wurmloch ist außer Kontrolle. Die drei Gefährten durchqueren es mit einem Gleiter und landen auf Novis, wo sie von Aruula erfahren, dass die Offerte der Initiatoren eine Falle sein könnte. Sie suchen Hilfe bei den Kontras. One befreit drei von ihnen vom Ringplaneten und bringt sie nach Novis, wo Matt & Co. einen Widerstand gegen Colonel Kormak aufbauen.
Matts schlimmste Befürchtungen werden bestätigt. Auf Terminus erfährt er die Geschichte der Initiatoren: Einst kristallisierte ihr Planet Kasyn und zwang sie, auf einen der Monde umzuziehen. Um sich vor der Kristallstrahlung zu schützen, entwarfen sie einen Mentalschild, der mit lebenden Gehirnen der Menschen betrieben wird! Doch gleichzeitig erfährt Matt von einer Möglichkeit, die Erde zu retten! Dazu muss er Kontakt zu den Pancinowa auf Cancriss aufnehmen – jenseits des Wurmlochs. Zusammen mit einer Kontra wagen er und Aruula die Reise … und stranden in einer Hohlwelt, in die alle, die Cancriss anfliegen, umgeleitet werden. Bei der Bruchlandung werden sie getrennt und müssen in einer feindlichen, von etlichen Spezies bevölkerten Umgebung überleben …
Im Herzen des Chaos
von Ansgar Back
In einer anderen Zeit auf dem Planeten Tyykal
„Medico!“, rief Thaya dem Heilkundigen zu. „Da stimmt etwas nicht!“
Ohm Kewwlin sah, wie sich der Junge auf dem Operationstisch krümmte. Er schrie, fauchte und zerrte an den Schläuchen. Die Oszilloskop-Werte zuckten wild über die Bildschirme und sämtliche Kontrolllampen blinkten. Sie zogen derart viel Strom, dass die Deckenleuchten schwächer wurden.
Dreego, sein Assistent, stand kreidebleich neben dem Operationstisch. „Die Spritze!“, herrschte Ohm Kewwlin ihn an. „Schnell!“
Dreego schnappte sich die Spritze vom Tablett und jagte dem Jungen die Nadel in die Vene.
Im selben Moment erloschen die Lichter.
Dafür nahmen die Vibrationen zu! Ein Kribbeln durchlief Ohm Kewwlins Fußsohlen, der ganze Raum zitterte. Erschreckt schaute er sich um, versuchte im dunklen Zimmer etwas zu erkennen. Er sah nur einen Schemen neben sich und hörte Thaya entsetzt aufschreien.
Das Beben verstärkte sich, als wollte der komplette Laborsaal auseinanderbrechen. „Bei allen Göttern!“, hörte er Dreegos Stimme.
Ohm Kewwlin stützte sich an der Wand ab. Sein Puls raste, sein Kopf fühlte sich an, als befände er sich unter einer Glocke. „Was geht hier vor?“, schrie er ins Dunkel des Raumes und ahnte zugleich die Antwort.
Ein lautes Zischen erklang, die Deckenleuchten flammten wieder auf.
Das Notaggregat!
Kewwlin deutete auf die Apparaturen, Thaya betätigte mit geübten Griffen die Schalter. Die Maschinen gaben ein helles Pfeifen von sich, das in den Ohren des Heilkundigen schmerzte.
Der Junge lag mittlerweile still, lediglich sein Fuß zuckte. Eine Welle aus Anteilnahme durchpulste Ohm Kewwlin bei seinem Anblick. Sabo war nur ein Opfer dieses grausamen Spiels.
Grausam. Und doch nützlich …
Das Pfeifen der Maschinen verebbte. Ohm Kewwlin gab Anweisung, die Biodaten des Jungen zu überprüfen. Dreego tippte einen Zahlencode in die Kopf-Tastatur des Modular-Performers ein. Unvermittelt endete das Beben und das rhythmisch tickende Geräusch der Maschinen übernahm die Kontrolle.
„Was war das eben?“, fragte Thaya, immer noch sichtlich erschrocken. Im Licht der Deckenleuchten war ihr Gesicht so weiß wie die Laborwände.
Ohm Kewwlin rieb sich die Schläfen. „Ich weiß es nicht“, sagte er.
„Energie“, meinte Dreego heiser. „Eine ungeheuer hohe Form von Energie.“
„Aber wo kam die her?“, fragte Thaya. „Unsere Maschinen haben sie jedenfalls nicht erzeugt!“
Wie von einem Faden gezogen schwenkten ihre Blicke zu dem Jungen. Das weiße Laken war halb verrutscht, darunter war er nackt.
Sabo, dachte Ohm Kewwlin. Was habe ich dir angetan?
„Du meinst, er hat diese Energie erzeugt?“, fragte Dreego vorsichtig.
„Gibt es noch eine andere Lösung?“
„Aber das ist unmöglich!“, rief Dreego. „Sabo kann sie nicht erzeugt haben. Er ist –“
„Tot?“, fiel Ohm Kewwlin ihm ins Wort. „Das ist es doch, was du sagen willst? Nein, Dreego, da irrst du dich. Überprüf die Werte.“
Sein Assistent betätigte die Bedienelemente. Ohm Kewwlin schaute ihm dabei zu. Seine Hände waren schweißnass, sein Herzschlag beruhigte sich nur langsam. Ob durch falsche Bedienung eine Fehlfunktion erzeugt wurde?, fragte er sich.
Nein, das war unmöglich. Die Maschinen hatten eine Blockfunktion gegen Impulse von außen. Keine Kraft der Welt konnte sie durchdringen.
Bis heute.
Er verwarf den Gedanken und half Dreego bei der Überprüfung der Werte. Die Kurven des Oszilloskops verliefen gleichmäßig. In kurzen Abständen ertönte ein Zischen, die Hydraulik-Reanimier-Schläuche pumpten unablässig.
Ein paar Kollegen aus dem Nachbarlabor schauten herein, sichtlich in Sorge. Dreego scheuchte sie hinaus.
Kurz darauf war es vorbei. Die Lebensanzeigen sanken gen null, die Pumpen schalteten automatisch ab. Sabo lag tot auf dem Operationstisch.
Thaya zog das weiße Laken bis über den Kopf des Jungen. Ohm Kewwlin fühlte sich wie ferngesteuert. Er rang um Worte, die nicht kommen wollten.
Dreego bemerkte seinen Zustand. Er trat an ihn heran und legte ihm behutsam eine Hand auf die Schulter. „Es ist besser so“, sagte er. „Der Plan, Sabo mit Hilfe genetischer Komponenten zu reanimieren, war von Anfang an aberwitzig.“
Ohm Kewwlin seufzte ermattet. „Ich glaube, ich könnte jetzt einen Schluck Minol-Wein vertragen“, sagte er.
„Ich ebenfalls.“
„Geht nur vor“, sagte Thaya. „Ich räume noch schnell auf und komme nach.“
„Gut.“ Ohm Kewwlin nickte ihr zu. Dann verließ er mit Dreego den Raum, in seinem Bauch das unbestimmte Gefühl, dass er etwas übersehen hatte …
Die Tür klappte hinter den Forschern zu. Thaya räumte das Besteck in den Spülkasten und lockerte den Kragen ihrer Uniform. Es war ein harter Tag gewesen. Sie konnte es kaum mehr abwarten, nach Hause zu ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn zu kommen. Die Arbeit in diesem geheimen Labor war schwer und anstrengend.
Thaya betrachtete den Leichnam unter dem Laken. Was war das nur für ein verrücktes Experiment gewesen! Und wie sehr hätte sie dem Medico einen Erfolg gegönnt. Schade, dass es nicht funktioniert hatte.
Ohm Kewwlin hatte über Monate Organe gezüchtet und Experimente an Kleintieren durchgeführt. Er hatte nicht lange gebraucht, um den Konzernvorstand von dieser Operation zu überzeugen. Selbst der skeptische Dreego war anfangs Feuer und Flamme gewesen, und Thaya hatte sich von dem Fieber anstecken lassen.
Aber die Hitze dieses Fiebers war vor wenigen Minuten endgültig abgekühlt.
Der arme Junge, dachte sie. Sabo war ungewöhnlich hübsch gewesen. Für einen Tyykaler seines Alters hatte er einen schönen spitzen Brustkorb und schlanke Waden. In seiner Altersklasse waren die Jungs in der Regel etwas fülliger.
Thaya wusch das Besteck und trocknete es ab. Sie war kaum damit fertig, als sie stutzte. Fehlte da nicht ein Skalpell?
Sie sah sich um, konnte das Werkzeug aber nirgends entdecken. Mit einer intensiven Suche wollte sie sich nicht aufhalten. Egal. Das findet sich schon wieder. Sie tippte den Code in die Cromax-Box. Der Deckel öffnete sich unter einem Surren, das Besteck wurde via Fließband in die Box befördert. Der Deckel schloss sich, die Box sortierte den Inhalt mit einem leisen Brummen und schaltete dann automatisch ab.
Ein leises Kratzen erklang hinter ihr. Erschreckt fuhr Thaya herum.
Nichts. Das Labor lag unverändert vor ihr. Die Maschinen waren ausgeschaltet, Sabo lag zugedeckt auf dem Operationstisch.
Thayas Hände zitterten, ihr Herz klopfte heftig. Was ist nur mit mir los?, fragte sie sich. Sie fühlte sich wie ein Tier, das einen Waldbrand wittert. Ich bin übermüdet, weiter nichts.
Sie drehte sich um und sortierte die schmutzigen Laken. Dann öffnete sie die Wandklappe und legte die Wäschestücke hinein. Die Klappe schloss sich mit einem hellen Pfeifton, die Maschine nahm ihre Arbeit auf.
Thaya nahm einen Lappen und wischte die Sekretwanne ab. Ihre Gedanken kehrten zu der Operation zurück. Das wird den Herren bei DRAGOTEC nicht gefallen, dachte sie. Der Fehlschlag könnte Ohm Kewwlin den Kopf kosten.
Sie legte den Lappen weg und wollte die Wanne in den Schrank stellen. Als sie sich umdrehte, machte ihr Herz einen Satz. Ihre Finger öffneten sich, die Wanne fiel polternd zu Boden.
Sabo saß aufrecht auf der Bahre!
Thaya schrie auf und zuckte zurück. Der Junge war noch ins Laken gehüllt, sodass sein Gesicht nicht zu sehen war.
Furcht peitschte durch Thayas Körper. Ihr Instinkt sagte ihr, sie sollte auf der Stelle die Flucht ergreifen. Doch sie mahnte sich zur Ruhe. Das ist es doch, was wir wollten, sagte sie sich. Wir wollten ihn wieder lebendig machen!
„Sabo?“, sprach sie mit wild klopfendem Herzen den Namen des Jungen aus.
Keine Antwort. Die Gestalt unter dem Laken rührte sich nicht.
Thaya spürte, wie sich ihre Blase zusammenzog. „Sabo, bist du in Ordnung?“
Wir haben nicht gemerkt, dass Sabo lebt!, redete sie sich ein. Eine Fehlfunktion!Der Junge war nur scheintot!
Ein Geräusch drang an ihre Ohren. Sabo atmete! Thaya hörte leise, gleichmäßige Atemzüge.
Wieder wollten ihre Beine die Flucht ergreifen. Lauf!, schrie alles in ihr. Lauf um dein Leben!
Sie mahnte sich zur Ruhe. Verdammt, sie war Wissenschaftlerin. Nichts an Sabo war gefährlich. Im Gegenteil: Sie musste ihm helfen!
„Ich freue mich, dass du wieder bei uns bist“, sagte sie und ging langsam auf den Operationstisch zu. „Der Medico hat hart gearbeitet, um dich gesund zu machen, Sabo.“
Keine Antwort, nur ein leises Schnaufen. Thaya sah, wie sich sein Brustkorb hob und senkte.
Sie streckte die Hand vor, um das Laken zu berühren. Sie wollte das Tuch behutsam von Sabo herunterziehen, um das Gesicht des Jungen sehen, ihn aber nicht erschrecken. „Freust du dich nicht auch?“, fragte sie und hörte ihre Stimme zittern.
Sabo rührte sich nicht. Thaya streckte die Hand aus. Sie ergriff das Laken, zog daran. Langsam glitt es von Sabos großem Kopf und fiel auf seinen Schoß.
Ein eisiger Schauer überlief Thaya. Auf der Bahre saß unverkennbar Sabo, andererseits auch wieder nicht. Seine Augen waren es, die ihr Angst einjagten. In ihnen war ein unheilvolles Glühen, als befänden sich kleine Sturmlampen darin.
„Sabo“, entfuhr es ihr. „Was ist mir dir passiert?“
Sein Mund verzerrte sich zu einem grausamen Lächeln. Thaya wich zurück. Erst jetzt bemerkte sie das Skalpell in Sabos Faust. Die Schneide gleißte im Deckenlicht kurz auf, als seine Finger sich bewegten.
„Wo willst du denn hin?“, fragte er. „Willst du schon gehen?“ Die Worte gingen Thaya durch Mark und Bein. Das war nie und nimmer Sabos Stimme, dazu war sie viel zu hell, fast mädchenhaft. In ihr lag eine schrille Härte; es klang, als würden zwei Stimmen zugleich sprechen.
Thaya eilte zur Tür. Sie griff nach der Klinke, aber sie hatte nicht mit Sabos Schnelligkeit gerechnet. Mit einem Satz sprang der Junge vom Operationstisch, die Zähne wütend gefletscht.
Schon war er heran! Er stieß das Skalpell nach Thaya. Instinktiv zog sie ihren Bauch ein. Die Spitze zupfte an ihrem Hemd. Sie wusste nicht, woher sie den Mut nahm, aber sie versetzte dem Jungen einen Tritt gegen die Kniescheibe, der ihn zurücktaumeln ließ.
Sabos Gesicht verzerrte sich vor Hass. Wild aufschreiend attackierte er sie erneut.
Ein Wimmern drang aus Thayas Mund, als sie zur Tür rannte. Einen Moment lang keimte in ihr die Hoffnung, sie könnte es auf den Flur schaffen, da sprang Sabo ihr mit Anlauf ins Kreuz.
Thaya flog nach vorn und knallte mit dem Gesicht gegen das Türblatt. Sie hörte einen Knochen knacken, heißer Schmerz flutete ihr Gesicht und Blut schoss aus ihrer Nase.
Sie sank zu Boden und winkelte die Arme an. „Bitte nicht“, wimmerte sie. „Lass mich leben. Bitte!“
Sabo stand breitbeinig über ihr und starrte sie an. Das Licht in seinen Augen gloste wie Höllenfeuer. Arbaal!, durchzuckte es Thaya. Als ob er aus Arbaal käme! „Bitte“, flehte sie erneut.
Sabo trat auf sie ein, immer und immer wieder. Thaya schrie und versuchte sich zu schützen. Der Junge packte sie am Knöchel und schleifte sie tiefer ins Labor. In Thayas Kopf hämmerte ein stechender Schmerz. Blut lief unaufhörlich über ihren Mund und das Kinn. Ihre Kräfte schwanden.
Er ließ ihr Bein los und zog sie in eine aufrechte Sitzposition. „Lass mich gehen“, bettelte sie leise.
„Ich bin hier, um das Licht zu begraben“, sagte er mit seiner doppelten Stimme, die jetzt wie ein moduliertes Seufzen klang.
Thaya sah ihn fragend an. „Was?“
„Das Licht muss sterben“, sagte er. „Und mit dir fange ich an.“
Damit zog er ihr in einer schnellen Bewegung die rasiermesserscharfe Klinge quer über den Hals.
In der Sphäre
Lorn stand im Fensterkreuz und starrte in die Tiefe. Unten standen die Zwillinge in den Wrack-Schluchten und winkten. „Mach schon!“, riefen sie synchron. „Spring!“
Nuun, der Tiefwohner, hatte das Fallkissen aufgeblasen. Die anderen waren mit der Beute bereits unterwegs. Sie hatten dieses große Haus entdeckt und ausgespäht, abseits einer mit Metallstaub übersäten Schlucht. Das Haus gehörte einem Wakko, einer dreibeinigen Kreatur, die sich aber nur selten blicken ließ. Und es war voller Technik!
Heute Abend hatten sie den Bruch begangen, in der Hoffnung, der Wakko wäre nicht da.
Falsch gedacht, durchzuckte es Lorn.
Die Tür erbebte unter heftigen Schlägen. Der Wakko versuchte mit aller Gewalt, ins Zimmer zu kommen. Um die Angeln und das Schloss herum begann das Holz bereits zu splittern.
Der Wind zerrte an Lorns Haaren. Ein Sprung aus dieser Höhe war zu riskant, Fallkissen hin oder her.
Er eilte ans Ende des schlauchartigen Raums. Dort befand sich ein Fenster, das zu einem Lichtschacht führte. Lorn öffnete die Verriegelung.
Ein vertikaler Tunnel, einen mal anderthalb Meter groß, verlor sich in den nächtlichen Schatten. Ein paar Meter über dem Fenster war der Rand eines Flachdachs zu erkennen. An der Wand befand sich ein Abwasserrohr, das mit verrosteten Eisenringen befestigt war. Feuchtigkeit hatte die Mauer mit schwarzen Sprenkeln übersät.
Noch immer donnerten Schläge an die Zimmertür. Als Lorn sich umdrehte, sah er, dass die Tür praktisch schon aus den Angeln gehoben war. Ihm blieben nur noch wenige Sekunden.
Lorn kletterte durchs Fenster. Er schaffte es, sich an der Rohrleitung festzuhalten und seinen rechten Fuß auf einen der Ringe zu stellen. Sein Herz hämmerte wild. Er dankte seinen Vorfahren, die ihm das Aussehen und die richtigen Gene mit auf den Weg gegeben hatten. Kredozianer waren über zwei Meter groß und hatten lange Arme und Beine, die mit Härchen und kleinen Widerhaken übersät waren. Ein Umstand, der sich bei Einbrüchen oft als Vorteil erwies und seinen Status als zweiter Anführer nach dem großen Fly’hn zementierte.
Lorn streckte seine Hand aus und packte das Rohr weiter oben. Als er kräftig daran zog, löste sich ein meterlanges Stück unter seinen Händen und schepperte in die Tiefe des Lichtschachts. Beinahe wäre er mit abgestürzt, aber er konnte sich an das Metallstück klammern, mit dem der Ring in der Mauer verankert war.
Lorn fluchte in sich hinein. Die Rohrleitung, auf die er gesetzt hatte, befand sich nun außer Reichweite. Es gab nur zwei Möglichkeiten: Wieder ins Zimmer zurück, wo jeden Moment der wütende Wakko eindringen würde, oder in diesen finsteren Schacht hinabsteigen, in dem ihn alles Mögliche erwarten konnte.
Lorn hörte die Tür gegen die Wand krachen. Der Wakko stieß ein triumphierendes Röhren aus seinem Rüssel.
Lorn ließ sich langsam an der Rohrleitung hinabgleiten. Sein Atem raste, Schweiß benetzte seine Stirn. Er hielt sich fest, so gut es ging, schürfte sich dabei aber die Wade und den Handrücken auf.
Er hatte ein paar Meter geschafft, als die Silhouette des Wakkos sich im Licht des Schachtfensters abzeichnete. Der Wakko war zu fett und zu unförmig, um Lorn durch den Schacht zu verfolgen. Wütend bleckte er seine Reißzähne und hob die Faust in einer Drohgebärde.
Sein Gesicht verschwand. Lorn konnte sich denken, was er vorhatte: Er wollte ihn weiter unten abfangen. Technik bedeutete in der Sphäre alles, die gab man nicht kampflos her.