Maddrax 555 - Lucy Guth - E-Book

Maddrax 555 E-Book

Lucy Guth

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Beschreibung

Sie sind Kinder des Wandlers, einer kosmischen Entität, die sich seit Jahrmillionen zwischen den Galaxien bewegt - auf der Flucht vor ihrem Fressfeind. Damals, vor fünfhundert Jahren, gelangten sie mit dem Wandler auf die Erde, schufen sich einen Wirtskörper und waren dabei, die Primärrasse von der Oberfläche zu tilgen - als ihr Herr von einem Sendboten des Feindes entdeckt wurde und weiterzog. Nur wenige Daa'muren blieben zurück. Nie hätten Grao'sil'aana und Gal'hal'ira gedacht, noch einmal von einem Wandler zu hören ...


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Inhalt

Cover

Was bisher geschah...

Das Echo des Wandlers

Leserseite

Vorschau

Impressum

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet »Christopher-Floyd« – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die degenerierte Menschheit befindet sich im Krieg mit den Daa'muren, die als Gestaltwandler ein leichtes Spiel haben. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, »Maddrax« genannt, dessen Staffel durch einen Zeitstrahl vom Mars ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde, und es gelingt ihm, die lebende Arche, den »Wandler«, gegen dessen kosmischen Feind zu verteidigen, woraufhin sich der Wandler mit den Daa'muren ins All zurückzieht...

Während Matt und Aruula in ein anderes Sonnensystem verschlagen werden, hat der Kampf gegen den Streiter auf der Erde dramatische Folgen: Der Erdmond ist aus seiner Bahn geraten und nähert sich der Erde! Als Matt und Aruula endlich durch ein Wurmloch einen Weg in die Heimat finden, haben sie nur wenige Monate Zeit, die globale Katastrophe abzuwenden. Zwar gelingt es mit der Hilfe fremder Völker aus dem Ringplanetensystem, den Mond in seine Umlaufbahn zurückzuversetzen, doch dies verursacht eine Schwächung des Raum-Zeit-Kontinuums – das in der Folge an besonderen Punkten in Raum und Zeit aufbricht! Dies sind Orte, wo die Nachfahren der Menschheit, die Archivare, in der Zeit zurückgereist sind, um technische Artefakte der Vergangenheit zu sammeln. Das rächt sich nun, als an den Bruchstellen Areale aus verschiedenen Parallelwelten auftauchen.

Zusammen mit dem Pflanzenwesen GRÜN gelingt es unseren Helden, mittels eines Tachyon-Prionen-Organismus die Risse zu versiegeln – bis eine Bruchstelle, die nicht auf die Archivare zurückgeht, kollabiert, GRÜN und den Organismus beinahe tötet und ein gewaltiges Areal um den Victoriasee in die Gegenwart versetzt. Die Gegend ist Matt und Aruula bekannt, denn hier stießen sie früher schon auf einen Zeitreisenden: Pilâtre de Rozier, der 1785 mit einem Fesselballon den Zeitstrahl durchquerte, im zukünftigen Afrika strandete und zum Kaiser aufstieg.

De Rozier hat den Austausch des Parallelwelt-Areals beobachtet – und dass das Luftschiff seines Sohnes Victorius darin verschwand, während der See durch eine gewaltige Stadt ersetzt wurde. Als Matt und Aruula eintreffen, stellen sie fest, dass die Menschen, die mit dem Areal herüber kamen, einen »bösen Keim« verbreiten; dieselbe Kraft, mit der sich auch Aruula über den Kontakt mit GRÜN infiziert hat. Als der Anführer der Dunklen, Shadar, ihr die telepathischen Kräfte rauben will, befreit er sie ungewollt von dem Keim!

Nun wollen Matt und Aruula den Tachyonen-Organismus einsetzen, um das Portal zu öffnen – doch das Wesen ist aus der Stasiskugel verschwunden! Steckt Colonel Kormak dahinter? In der Tat – aber er kann die Schuld auf seine Assistentin Vasraa abwälzen und sie anschließend »entsorgen»... so denkt er jedenfalls.

Inzwischen wird die Wolkenstadt Château-à-l'Hauteur von den Dunklen angegriffen, und nur Pilâtre de Rozier kann mit einer Roziere entkommen.

Das Echo des Wandlers

von Lucy Guth

Vor Anstrengung trat Tashi Dawa der Schweiß auf die Stirn. Die Sicherheitschefin von Agartha zerrte an einer verklemmten Luftschraube. Sie war so darauf konzentriert, sie zu befreien, ohne sich dabei an den scharfen Kanten zu verletzen, dass sie das Grunzen erst hörte, als es zu spät war: »Fleisch!«

Sie fuhr herum – und sah sich zwei Fressern gegenüber. Sie wollte ihr Schwert ziehen, aber da schossen bereits die Klauen der fischähnlichen Mutanten vor.

Im nächsten Augenblick fielen die Köpfe der beiden Fresser zu Boden. Hinter ihnen stand Grao'sil'aana. Von seinem rechten Arm, zu einer scharfen Klinge geformt, tropfte Blut. Sein Echsengesicht blieb ausdruckslos, doch seine Stimme bebte vor Ungeduld: »Zurück zum Portal, schnell!«

»Pass auf, Saatra!«

Ira stieß die junge Daa'murin zur Seite. Dort, wo Grao'lin'saatra eben noch gestanden hatte, krachte ein Metallkasten auf den Boden. Das Behältnis zerbarst, und sein Inhalt – Schrauben in allen Formen und Größen – verteilte sich auf dem Boden des kleinen Lagerraums.

»Ups.« Henkol stand auf einer Leiter. Er hatte den Kasten auf dem Regal ins Rutschen gebracht, weil er ein Päckchen Isoliermaterial darunter vorgezogen hatte. Der Mechaniker blickte angemessen zerknirscht. »›tschuldigung.«

Ira verdrehte in einer recht menschlichen Geste die Augen. Da die Daa'muren in Agartha in ihrer wahren Echsengestalt auftraten, sah das ziemlich skurril aus. Aber wozu hätten sie ihre Erscheinung wandeln sollen, wo die Menschen hier ohnehin wussten, mit wem sie es zu tun hatten?

»Du bist ein Trampel!«, zischte Ira. Sie mochte Henkol, aber das war bereits das zweite Mal an diesem Tag, dass er etwas umstieß. Dabei wollten sie lediglich ein paar Ersatzteile durch das Portal holen.

In den vergangenen beiden Wochen hatten sie ein Luftschiff Stück für Stück demontiert und auf die andere Seite geschafft: in das alte, neue Agartha, in dem König Yönten Wangmo das sagenhafte Reich auf Ruinen neu zu errichten gedachte.

Worrex hatte das Portal mit Absicht nicht geschlossen, um den Agarthern den Wiederaufbau zu erleichtern. Doch die Ausflüge in das parallele Agartha, das nun entvölkert war, erwiesen sich als immer gefährlicher. Grund dafür waren die Fresser. Ihre Königin war zwar tot*, das hatte die Bestien jedoch nicht weniger gefährlich gemacht. Im Gegenteil: Ira schien es, als wollten sie nur umso verbissener in die Tiefen von Agartha vorstoßen, wo sich das Portal befand.

Nicht nur Henkols Ungeschick Iras förderte schlechte Laune. Tashi Dawa war vor einer Weile verschwunden, und Grao war losgezogen, um sie zu suchen. Die Sicherheitschefin von Agartha hatte ihren eigenen Kopf, was sie Ira eigentlich ganz sympathisch machte. Aber sich einfach abzusetzen, weil die anderen ihrer Idee nicht zustimmten, in einem alten Laborkomplex nach passenden Bauteilen zu suchen, war nicht nur gefährlich, sondern auch albern und leichtsinnig. So hätte Ira Tashi nach den vergangenen Wochen nicht eingeschätzt.

»Lasst uns zurück zum Portal gehen«, sagte Ira und half der gestürzten Saatra auf die Beine. »Mehr können wir ohnehin nicht tragen.«

Das Portal befand sich nicht weit entfernt in einem zerstörten Labor. Trotzdem war Henkol außer Atem, als sie mit Baumaterialien und Werkzeug beladen den Durchgang erreichten. Den Daa'muren machte die Traglast weniger zu schaffen. Saatra humpelte allerdings leicht. Bei ihrem Sturz hatte sie sich das Bein an einem scharfkantigen Bruchstück aufgerissen, und ihre Hautschuppen waren noch dabei, sich in die richtige Position zu fügen, um die Wunde zu schließen.

Man merkt, dass sie noch nicht so geübt darin ist wie wir, ihre Gestalt zu ändern, dachte Ira. Sie blickte sich um, als sie Graos Stimme hörte. Der Daa'mure kam mit Tashi Dawa durch die Tür in den Laborkomplex. Beide trugen gemeinsam einen großen Propeller, allem Anschein nach von einem Luftschiff.

»Das war ein unverantwortlicher Alleingang.« Grao setzte die Luftschraube ab. »Du weißt genau, dass die Fresser immer weiter vordringen und das obere Agartha längst nicht mehr sicher ist.«

Tashi verzog das Gesicht. Auf Ira wirkte sie nicht gerade reuig. »Ich hatte vorgeschlagen, zusammen nach oben zu gehen. Ihr habt nicht auf mich gehört. Ihr wolltet ja unbedingt in den tiefer gelegenen unterirdischen Bereichen bleiben.«

»Aus gutem Grund.« Grao zischte unzufrieden. »Ich muss sagen, für eine Sicherheitschefin bist du ziemlich verantwortungslos.«

Tashi zuckte mit den Schultern. »Wäre ich bei euch geblieben, wäre dieses kostbare Fundstück an uns vorbeigegangen. Dabei ist jede Technik, die wir durch das Portal retten können, wertvoller als Gold.«

»Das kann man wohl sagen«, mischte sich Henkol ein. Der Mechaniker untersuchte bereits freudestrahlend den Propeller. »Dieses Teil können wir sehr gut gebrauchen, um das Luftschiff fertigzustellen.«

»Wird auch langsam Zeit.« Grao bleckte die Zähne. »König Wangmo hat uns das Luftschiff schließlich in Aussicht gestellt, damit wir nach Südwesten reisen können. Es scheint allerdings kaum voranzugehen.«

»Wir tun, was wir können.« Henkol wirkte etwas verschnupft. »Unsere Ressourcen sind schließlich beschränkt. Dass wir überhaupt vorankommen, haben wir nur eurer Hilfe zu verdanken. Ich bin froh, dass ihr auf Bitten des Königs geblieben seid.«

»Schon gut, spar dir die schmeichelnden Worte«, knurrte Grao, während Henkol und Tashi die Luftschraube gemeinsam packten und durch das blau schimmernde Portal schoben.

Ira wusste sehr wohl, dass Grao lieber gestern als heute Richtung Südwesten aufgebrochen wäre. Seit sie den Schrei empfangen hatten.

»Die Agarther haben momentan andere Dinge zu tun, als Luftschiffe zu bauen«, sagte Saatra leise. Sie äußerte nicht oft eine Meinung, die der von Grao widersprach. »Immerhin müssen sie eine komplette Stadt wieder aufbauen. Nach dem, was ich über Agartha und seine Wunder gehört habe, ist das ein sehr ehrgeiziges Ziel.«

»Bei dem wir nicht jede Handreichung übernehmen können, wie es König Wangmo wohl gerne hätte.« Unwillig wandte Grao sich der Gefährtin zu. »Ich habe den Eindruck... Was ist mit deinem Bein passiert, Grao'lin'saatra?« Innerhalb eines Augenblicks schlug seine Stimmung von verstimmt in besorgt um. Er beugte sich zu Saatras Verletzung und untersuchte sie dort, wo noch etwas Dampf aus ihrem Inneren drang.

»Ein Missgeschick des Mechanikers. Es ist nicht schlimm.« Saatra stellte ihre Last ab. »Ich ärgere mich mehr darüber, dass ich es nicht hinbekomme, die Schuppen in die richtige Position zu bekommen. Ich muss mich in Ruhe darauf konzentrieren.«

»Ich habe dir bereits so oft gesagt, dass du das Wandeln mehr üben musst. Dein Leben kann davon abhängen. Geh hinüber und ruh dich aus – ich trage das hier für dich.«

Bei Graos fürsorglichen Worten spürte Ira einen leisen Stich. Längst waren Grao und Saatra mehr als Lehrer und Schülerin. Auch als Paar war Grao derjenige geblieben, der sich um die junge Daa'murin kümmerte.

Ich habe keinen Grund zur Eifersucht, sagte sich Ira. Das mit Grao und mir ist lange vorbei.

Sie mochte Saatra, und es hatte ihr nichts ausgemacht, dass sich etwas zwischen der jungen Daa'murin und Grao entwickelte. Aber seit sie wieder in Agartha waren, hatte sich etwas geändert. Erinnerungen kamen auf – und mit ihnen alte Empfindungen, die Ira längst verdrängt hatte. Mit einem Mal fühlte sie sich seltsam, wenn sie Grao und Saatra zusammen sah – irgendwie ersetzt.

»Was ist?«, fragte Grao, während Saatra durch das Portal ging und er sich die Kiste auflud, die sie bis eben getragen hatte. »Gab es weitere Zwischenfälle, von denen ich wissen sollte?«

Ira zögerte. Sie kam zu dem Schluss, dass es so nicht weitergehen konnte. »Ich fühle mich unwohl«, gab sie zu.

»Hast du dich ebenfalls verletzt?«

»Würdest du meine Kiste dann auch tragen?«

Grao legte den Kopf schief. »Natürlich, wenn du dich dazu nicht in der Lage siehst. Allerdings weiß ich sehr wohl, dass du die Gestaltumwandlung so perfekt beherrschst, dass du kaum Schwierigkeiten mit einer Wunde haben dürftest.«

Ira seufzte. »Darum geht es nicht.«

»Worum geht es dann?«

»Darum, dass du Saatra bemutterst!«

»Ich... was?«

Ira stieß zischend die Luft aus. »Bemuttern ist das falsche Wort. Du umflatterst sie wie eine liebestolle Lischette.«

»Das tue ich nicht!«

»Natürlich! Oh, Grao'lin'saatra, was ist mit deinem Bein? Soll ich dir ein Pflaster holen? Lass mich deine Last für dich tragen«, äffte ihn Ira in einem albernen Falsett nach.

Fassungslos ließ Grao die Kiste wieder sinken. »Du benimmst dich lächerlich. Wieder einmal viel zu menschlich, um genau zu sein. Ich dachte, du magst Saatra?«

Sie waren nun allein auf dieser Seite des Portals, also konnte Ira offen sprechen. »Ja, ich mag sie. Doch ich habe das Gefühl, dass der kühle Grao'sil'aana etwas zu besorgt ist – zumindest mehr, als er es jemals um mich war.«

»Du passt dich zu sehr den Menschen und ihren Gepflogenheiten an.« Zornig verschob Grao ein paar Halsschuppen, sodass etwas Dampf austrat. »Ein Gefühl wie Eifersucht ist eines Daa'muren nicht würdig – und es ist völlig unnötig.«

Ira kniff die Lippen zusammen. Grao hatte natürlich recht. Es war albern.

Will ich wirklich wieder eine Beziehung zu Grao, dem alten Stinkstiefel? Sicher nicht.

»Außerdem haben wir andere Sorgen«, fuhr Grao fort. »Wir müssen endlich dem mysteriösen Todesruf nachgehen, den wir gehört haben.«

»Da sind wir uns einig«, gab Ira zu. »Ebenso wie darin, dass es ein Wandler war, den wir schreien hörten, oder?«

»Mit Sicherheit. Das war unverkennbar. Nur: Wo kam er her?«

Über diese Frage hatten sie so oft diskutiert, dass sie nur hypothetisch gemeint sein konnte. Ira antwortete trotzdem.

»Aus Südwest, das ist sicher. Von wo genau, lässt sich von hier aus nicht feststellen.«

Grao zischte frustriert. Ihr Streit über so profane Dinge wie Eifersucht war vergessen – zumindest für ihn. Die Ursache des Schreis beschäftigte ihn seit Wochen. Abseits der Arbeiten für den Wiederaufbau Agarthas sprach er über nichts anderes. »Wir müssen uns endlich auf die Suche machen. Ich habe das Gefühl, Wangmo hält uns hin.«

»Du meinst, er verzögert den Bau des Luftschiffs mit Absicht?« Ira überlegte. »Zutrauen würde ich es ihm.« Sie schulterte ihre Last, in der sich Werkzeuge und Flickzeug für die Hülle des Luftschiffs befanden.

»Das muss ein Ende haben.« Grao nahm die Kiste, die zuvor Saatra getragen hatte, wieder auf. »Wir werden das Gespräch mit Wangmo suchen – jetzt gleich!«

Zufrieden betrachtete Grao, wie Henkol zusammen mit einem anderen Mechaniker den Propeller am Luftschiff montierte. Er musste zugeben, dass Tashis Alleingang tatsächlich sinnvoll gewesen war, was diesen Aspekt anging. Denn sonst wären die Arbeiten am Luftschiff längst nicht so weit gediehen.

Der Hangar, den die Arbeiter in den vergangenen Wochen wiederhergerichtet hatten, hallte von Hammerschlägen und Lachen wider. Er war von Gaslampen erleuchtet, die allerdings eher Licht als Wärme spendeten. Es war empfindlich kalt, sodass Grao sich mit einer Fellweste ausgerüstet hatte.

Bislang lag nur ein einzelnes Luftschiff hier. Die Agarther waren aber zuversichtlich, im Laufe der Zeit wieder eine kleine Flotte bauen zu können. Platz genug wäre mindestens für fünf Luftschiffe dieser Größe.

Ira trat neben Grao. »Zumindest hat unsere Diskussion mit Wangmo gefruchtet – die Arbeiten gehen tatsächlich zügiger voran.«

»Hab mir doch gedacht, dass Wangmo den Fortschritt verschleppt hat, um uns länger hier zu halten, auch wenn er das natürlich nicht zugegeben hat.« Grao wies auf den Ballonkörper, der an vielen Stellen geflickt war. »Das Material für die Reparaturen an der Hülle liegt seit Tagen bereit und wurde nicht verarbeitet. Und auch das Triebwerk ist erst vor ein paar Stunden installiert worden.«

Henkol hatte die letzten Worte gehört und kam über eine stählerne Planke zu ihnen herüber. »Das liegt daran, dass uns wichtige Ersatzteile gefehlt haben«, sagte er entschuldigend. »Ich habe bis gestern Abend daran getüftelt. Aber ich bin nicht sicher, ob es wirklich voll funktionsfähig ist.«

Ira musterte das Luftschiff besorgt. »Das sind keine guten Aussichten.«

Henkol ließ den Kopf hängen, dass ihn seine halblangen schwarzen Haare ins Gesicht fielen. »Ich weiß. Außerdem müssen wir sehen, ob die geflickte Hülle hält. Das Material ist alt, deswegen wollte ich warten, ob wir besseres finden. Aber Wangmo hat angeordnet, dass wir das Luftschiff so schnell wie möglich instand setzen sollen, deswegen habe ich es nun doch verwendet.«

Grao verschränkte die Arme vor der Brust. »Wer weiß, ob ihr in der Parallelwelt in absehbarer Zeit adäquaten Ersatz gefunden hättet. Die Fresser haben viel zerstört, und einige Bereiche sind unzugänglich.«

»Das stimmt.« Henkol seufzte. »Ich denke, ein Probeflug wird nötig sein, um herauszufinden, was noch verbessert werden muss.«

»Auf keinen Fall!« Grao hob abwehrend die Hände. »Wir können keine weiteren Verzögerungen gebrauchen. Ist das Luftschiff flugbereit oder nicht?«

»Schon... aber es ist eben nicht wirklich fertig...« Henkol machte einen äußerst unglücklichen Eindruck, was Grao ignorierte.

»Also, dann brechen wir so schnell wie möglich auf!«

»Grao, das ist Irrsinn!« Ira stemmte die Arme in die Seiten und wirkte durch diese Geste wieder so unverschämt menschlich, dass es ihm sauer aufstieß. Sie schüttelte vehement den Kopf. »Ein überhasteter Aufbruch bringt niemandem etwas.«

Grao schnalzte unwillig mit der Zunge. »Wir haben lange genug gewartet. Du weißt genau, um was es geht, Ira – wir müssen endlich los, ich bestehe darauf. Sag Saatra Bescheid. Ich informiere Wangmo.«

Etwas später betraten die drei Daa'muren das kleine Luftschiff – Grao zufrieden, Ira beunruhigt und Saatra unsicher, weil sie nicht zwischen die Fronten geraten wollte.

Die kleine Mannschaft, die sie nach Südwesten bringen sollte, fühlte sich ganz offensichtlich ebenfalls nicht wohl. Sie bestand aus dem Piloten Kenyi, dem Mechaniker Henkol und zwei Technikerinnen, die nervös die Geräte und den Druck des Gasgemischs kontrollierten.

König Wangmo und Tashi Dava kamen herüber.

»Ich wäre wirklich beruhigter, wenn ihr Henkol zuerst einen Probeflug absolvieren lassen würdet.« Wangmo wiegte sorgenvoll den Kopf. »Ich fühle mich für eure Sicherheit verantwortlich.«

»Ich habe volles Vertrauen in Henkol und seine Leute.« Grao verzog den lippenlosen Mund. Er hatte sich, ebenso wie Saatra und Ira, mit warmen Fellen bekleidet, denn die klirrend kalten Temperaturen des Himalaja waren nicht für Daa'muren geeignet. Ihre thermophilen Körper reagierten sensibel auf Kälte.

»Schön, dass es wenigstens einem von uns so geht«, sagte Henkol und trat angespannt neben Grao. »Ich persönlich bin nicht begeistert davon, eine so lange Reise anzutreten.«

Grao musste sich beherrschen, um den Agarther nicht wütend anzufahren. Er hatte die Nase voll von den ewigen Verzögerungen.

Stattdessen legte er Henkol in einer väterlichen Geste den Arm um die Schulter. Das erinnerte ihn für einen schmerzhaften Moment an seine Zeit mit Daa'tan. »Ich halte dich für einen hervorragenden Mechaniker, Henkol. Selbst wenn es unterwegs Probleme mit dem Luftschiff geben sollte, wirst du sie lösen. Also lass uns nicht länger warten.«

Henkel nickte und machte sich an die letzten Startvorbereitungen.

Der einzige, der ebenso ruhig wie Grao war, war der wortkarge Kenyi – ein erfahrener Luftschiffveteran, der zahlreiche dieser Himmelsschiffe gefahren hatte. Sein wettergegerbtes und von tiefen Falten durchzogenes Gesicht zeigte nicht die Spur einer Beunruhigung – allerdings auch sonst keine Regung außer der stetigen Kaubewegung, die der Kautabakkonsum forderte.

Kenyi widmete sich dem Ruder und den Instrumenten mit stoischer Gelassenheit und reagierte weder auf Henkols Nervosität noch auf Iras giftige Bemerkungen.

Grao winkte unterdessen dem König und Tashi zu. »Danke für die Gastfreundschaft, und dafür, dass wir das Luftschiff nutzen dürfen. In ein paar Tagen bekommt ihr es zurück!«

»Versprich nichts, was du nicht halten kannst.«

Dass Ira so missbilligend klang, störte Grao natürlich. Seine Entscheidungen anzuzweifeln, schien eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen geworden zu sein.

»Vielleicht dauert es etwas länger – wer weiß, wo und wann wir auf den Ursprung des Schreis stoßen«, gab Grao zu. Er wies Saatra an, ihre Sachen in der offenen Gondel zu verstauen – für den Luxus einer geschlossenen Passagierzelle war keine Zeit gewesen, auch wenn das vor allem für die Daa'muren wegen der Außentemperaturen Unannehmlichkeiten bedeutetet.

Grao war bereit, das in Kauf zu nehmen – warum stellte sich Ira dann so an? Saatra hingegen befolgte seine Anweisungen, ohne sie zu hinterfragen. Allerdings musterte sie den geflickten Ballonkörper und Henkols nervöses Gefummel an den Apparaten mit deutlichem Unbehagen, sodass Grao der Triumph über den Abflug vergällt wurde.