Maitage - Günter Wels - E-Book

Maitage E-Book

Günter Wels

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Beschreibung

Ein städtisches Freibad in den 70er-Jahren, ein Sommer an der Côte d' Azur, ein katholisches Mädcheninternat in Österreich, die letzten Kriegstage im Mai 1945 - die Schauplätze in Günter Wels' Debüt sind denkbar unterschiedlich. Seine Protagonisten jedoch haben eines gemeinsam: Sie sind auf dem Weg, erwachsen zu werden. "Er fühlte sich unangreifbar in diesem Sommer", schreibt der Erzähler über einen seiner jugendlichen Helden. "Hat keinen Sinn, sich das alles zu geben", lässt er einen anderen feststellen. Eindringlich und mit - teils tragischem - Witz beschreibt Günter Wels die Facetten des Erwachsenwerdens. Es ist der schmale Grat zwischen Scheitern und Hoffnung, auf dem seine Protagonistinnen und Protagonisten durch Kindheit und Jugend stolpern. Entstanden ist eine Sammlung von Coming-of-Age-Geschichten, die zwischen authentisch entworfenen Alltagsszenerien und einem wachgerufenen kollektiven Gedächtnis Raum für das eigene Erinnern lassen.

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Seitenzahl: 328

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Günter Wels

Maitage

Günter Wels

Maitage

Czernin Verlag, Wien

Gedruckt mit Unterstützung der Kulturabteilung des Landes Oberösterreich

Wels, Günter: Maitage/Günter Wels Wien: Czernin Verlag 2010 ISBN: 978-3-7076-0339-2

© 2010 Czernin Verlags GmbH, Wien Umschlaggestaltung: Inge Mayer Lektorat: Joe Rabl Produktion: NAKADAKE (www.nakadake.at) ISBN E-Book: 978-3-7076-0339-2 ISBN PDF: 978-3-7076-0363-7 ISBN Print: 978-3-7076-0325-5

Alle Rechte vorbehalten, auch das der auszugsweisen Wiedergabe in Print- oder elektronischen Medien

»Ob es uns gefällt oder nicht gefällt, die Kunst betrachtet das Leben immer als Feier.« »Als Karneval oder als Trauerfeier?« »Als Feier.«

Imre Kertész, Dossier K.

HOTEL MARITIME

Er verbrachte die Ferien in einem der beiden Sommerhäuser seines Vaters, einem versteckt gelegenen Anwesen direkt am Meer. Wenn man morgens unter den Schreien der Möwen auf den Bootssteg hinaustrat, konnte man die Silhouette der Stadt auf der anderen Seite der Bucht erkennen. Vor einiger Zeit hatte ihm sein Vater ein kleines Segelboot gekauft, eine kompakte, leicht zu steuernde Jolle, mit der er täglich eine abgeschiedene, westlich des Dorfs gelegene Felsbucht ansteuerte.

An diesem Morgen, Estella und sein Vater schliefen noch, stand er früher auf als gewöhnlich. Er frühstückte im Stehen, ein Glas Milch, ein paar Bissen Baguette, dann füllte er die Feldflasche mit kaltem Wasser, packte Angelzeug und Proviant in seine Segeltasche und trabte die lange, natursteinerne Treppe zum Meer hinunter. Er verstaute das Gepäck unter der Sitzbank des Bootes, prüfte mit kritischem Blick Seegang und Wetter (beide boten keinen Anlass zur Sorge), dann löste er die Leinen und sprang an Bord. Mit ein paar Ruderschlägen verließ er den winzigen Naturhafen. Er zog die Segel auf, ein paar Sekunden später schoss die Jolle vorwärts, hinaus in die Bucht. Er segelte hart am Wind, immer in Rufweite zum Ufer, die Küste glitt langsam an ihm vorbei, mit weißen Häusern und mächtigen, erdbraunen Bergen hinter einem schmalen Streifen Landes.

Er hantierte geschickt mit Pinne und Leinen. Was zu geschehen hatte, geschah mit sicheren, tausendfach eingeübten Bewegungen. Er war zu Beginn der Ferien sechzehn geworden, sein Körper war noch einmal kräftig gewachsen in diesem Jahr, zum letzten Mal vielleicht. Er fühlte sich unangreifbar in diesem Sommer, nicht nur auf seinem Boot, auch abends, wenn er durch die Straßen und Gässchen der nahe gelegenen Stadt streifte, erfüllt von der Erwartung sensationeller Erlebnisse, die er herbeisehnte und deren genauen Charakter er sich doch nicht recht vorzustellen vermochte.

Während er den Fels mit dem alten, weißen Leuchtturm umschiffte, drehte der Wind leicht nach Süden, er korrigierte die Segelstellung, wich ein paar kleineren Riffen aus, erreichte nach einigen Minuten eine abgelegene, kleine Felsbucht, sein Ziel.

Es war noch früh am Morgen. Er sprang aus der Jolle, zog sie ans Ufer. Der Kiel knirschte leise, als er das Boot über die mit Seetang bedeckten Kiesel schleifte. Ein paar Schritte vom Ufer entfernt breitete er die blaue, mit Muschelmotiven verzierte Baumwolldecke aus, die ihm Estella nach seiner Ankunft in S. vor ein paar Wochen gekauft hatte. Er schaffte das Gepäck an Land, vergrub die Feldflasche im Sand und schlüpfte aus seinen Kleidern.

Eine Zeit lang tat er nichts, er hockte auf der Decke und starrte aufs Wasser. Das Meer war von dunklem, intensivem Blau an diesem Morgen, mit weißen, tanzenden Schaumkrönchen auf den Wellen. Ein paar Möwen umkreisten einen Fischkutter, der sich von links ins Bild schob.

Als ihm langweilig zu werden begann, holte er seine Taucherbrille und den Schnorchel aus dem Rucksack. Er watete ein paar Schritte ins Wasser, dann zog er die Maske über den Kopf und presste sie fest ans Gesicht. Er schob den Schnorchel zwischen die Zähne und ließ sich, Gummigeschmack im Mund, langsam ins Wasser gleiten. Er begann das Ufer entlangzukraulen. Stille umgab ihn. Er schwamm gemächlich Richtung Westen, über bizarre Felsmuster und lose mit Steinen bedeckte Sandflächen hinweg. Silbrig glänzende Meeräschen schwänzelten über den sandigen Grund, ein paar Meter von den Steilklippen entfernt driftete eine Qualle durchs Wasser. Er schwamm näher und betrachtete den rhythmisch pulsierenden Körper des Tiers: ein glibberiges Wunder, schwebende Gelatine.

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