Malou - ein Berner spricht Klartext - Astrid Schneider - E-Book

Malou - ein Berner spricht Klartext E-Book

Astrid Schneider

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Beschreibung

Malou - ein Berner spricht Klartext. Pfotenchaos zwischen Kidnapping und Knigge Bis eben war die Welt für den Berner Sennenhund Malou noch in Ordnung, er tobt ausgelassen mit den anderen Tieren auf dem Bauernhof, als er plötzlich gekidnappt wird. Rasch stellt sich heraus, dass er es mit völligen Anfängern zu tun hat. Er landet in einem Schlachthaus, soll Knigge-Seminare besuchen und sich Zwangsjacken anziehen. Diese Spezies "Mensch" tickt definitiv nicht richtig. Da haben sie sich den Falschen ausgesucht, denn Mister Sherlock Berner ist mit allen Wassern gewaschen und macht seinen Kidnappern, auch Weggefährten oder Hundebesitzer genannt, das Leben mit Bravour zur Hölle. »Ein humorvoller Roman über das Zusammenleben von Mensch und Hund, voller lustiger und auch herzergreifender Geschichten – aus Sicht des Hundes erzählt« Für jeden Tierfreund, der gerne schmunzelt und dem Alltag für ein paar Stunden mit einem amüsanten Buch entfliehen möchte. Nach einer wahren Begebenheit! Bis auf die Teile, die ein bisschen geflunktert sind ;-)

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Seitenzahl: 180

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Für Shelly

Hallo, du liebe Seele, 
ich freue mich sehr, dass dich dein Weg zu meinem neuen Roman geführt hat. 
Wenn ich in meinem perfekten Leben eines nicht haben wollte, dann war das ein felliges Haustier, welches all meine Gewohnheiten und Ideale über den Haufen warf und mich zudem zur Verzweiflung trieb. 
Wie das Leben so spielt, kommt es oft anderes als man denkt.
Das Schicksal hatte einen Plan geschmiedet und wollte, dass Malou, der außergewöhnliche Berner Sennenhund, in mein Leben trat und für jede Menge Wirbel sorgte.
Ich verließ meinen gewohnten Pfad als Kinderbuchautorin und musste über all unsere lustigen, turbulenten sowie berührenden Erlebnisse ein Buch schreiben. Denn immer, wenn mich Malou anschmachtete, hatte ich das Gefühl, er würde betteln und sich wünschen, dass ich seine Gedanken zu Papier bringe. Verständlicherweise kann man solchen Hundeblicken nicht widerstehen.
Es hat zwar drei Jahre gedauert, bis ich endlich seinem Wunsch nachkam, und so darf ich DICH, liebe*r Lesende*r, jetzt in die UNVERGLEICHLICHE und EINMALIGE Malou-Welt entführen.

Hunde sehen die Welt oft anders als wir Menschen, daher war es mir und Malou ein Bedürfnis, dass dieses Buch aus seiner Sicht erzählt wird, und du alles mit seinen Augen, aus seiner Perspektive miterleben darfst.

Lange genug geredet, nun wünschen wir dir wunderschöne Lesestunden, in denen du schmunzeln, lachen, staunen und mitfühlen kannst.
Auf die Pfoten fertig, los! 




Malou & Astrid

Prolog

Grüß dich, buona giornata und jó napot, ihr lieben Zweibeiner, mein Name ist Malou. Mittlerweile bin ich schon fünf Jahre alt und habe so viel erlebt, wie manch anderer sein ganzes Leben nicht hinbekommt. Ich werde dich nun in meine Welt der Abenteuer mitnehmen und alles mit meinen Augen sehen lassen.
Das hier ist kein Hunde-Ratgeber, denn dafür gibt es genügend Spezialisten, die deiner Fellnase und dir mit Rat und Tat zur Seite stehen. Vielmehr ist das hier eine Lektüre, um dem stressigen und manchmal seltsamen Alltag zu entfliehen. Endlich wieder kichern wie ein kleines Kind, Probleme vergessen und die Leichtigkeit in dir selbst spüren.
Nimm dir Zeit für dich, mach es dir gemütlich, schnapp dir ein leckeres Getränk und lass dich auf mich und meine Abenteuer ein. Tauche ein in meine lustigen, herzergreifenden und manchmal auch tiefgründigen Erlebnisse. Meine Sicht über die Menschen und viele meiner Erkenntnisse möchte ich mit dir teilen.
Es erwartet dich hier die knallharte Wahrheit einer Fellnase, die nach 1825 Tagen, drei Ländern und einer Romanlänge voller Erfahrungen erklärt, wie sich ein Hundeleben anfühlt. 
In diesem Buch berichte ich von meinen Abenteuern, Eskapaden, Denkweisen und vielem mehr, was ich in meinem jungen Leben durchmachen musste.

Schnall dich an, nimm dir eine Packung Tempos zur Hand, denn es kann lustig, herzergreifend, atemberaubend und tränenreich werden. Vielleicht brauchst du in manchen Momenten auch deine Fellnase zum Knuddeln. Solltest du keine haben, nimm einfach einen lieben Menschen in den Arm.


Ein tierischer Lesespaß. Unterhaltsam, witzig und voller Selbstironie!


Danke & wuff.

Dein Malou

Wo alles begann

Zwischen Pferde-Gewieher, Gülle-Haufen, duftendem Lavendel und Gänse-Geschnatter – auf dem Land, dort wo sich Fuchs und Hase »gute Nacht« sagen, genau dort beginnt meine Reise. Mitten im Paradies.

Sollte ich jemals eine Biografie über mich schreiben, wäre das wohl der schönste Ort der Erde, denn hier war alles so, wie es sein sollte. Magie versprühte ihren ganz eigenen Duft und jedes Tier durfte sein wie es war. Es herrschte Ruhe und das Glück hatte an diesem Ort sein Zuhause.

Macht, Konsum, Neid oder was es noch so gab in dieser verrückten Welt – all dies waren schlichtweg Fremdwörter für mich, die man mir ebenso gut als Snack-Marke unterjubeln hätte können. Als Unwissender vom Lande war ich von diesen Dingen meilenweit entfernt.

Auf meinem Bauernhof hatte ich alles, was ich brauchte, um glücklich zu sein. Hier war das unverfälschte, echte Leben und Spaß gab dem Ganzen seinen Rahmen. Es war einfach genial.

In unserem Paradies auf dem Bauernhof lebten auch die Besitzer und deren kleiner Junge. Dieser Junge eröffnete mir – ohne es zu wissen – eine neue Welt, die Welt der Bücher, die meine Zukunft prägen würde.

Jeden Nachmittag saß er mit seiner Limonade im Garten und hatte eines dieser wundervollen Bücher in der Hand. Er war noch jung und lernte gerade das Lesen. Langsam und deutlich las er Seite für Seite laut vor. 
Als ich ihn das erste Mal dort sitzen sah und ihn lesen hörte, war meine Neugier sofort geweckt und ich suchte mir rasch ein Versteck. Direkt hinter ihm, zwischen Weinreben und einer zerbröckelten Mauer, die ein kleines Guckloch für mich bereithielt, machte ich es mir gemütlich.
Ich konnte direkt in sein Buch hineinschauen und lauschte jedem seiner Worte mit gespitzten Ohren. Zu meinem Glück war der Junge immer mit seiner Nase so in die Buchstaben vertieft, dass er mich nie bemerkte.

Für mich bedeuteten die Bücher den Jackpot, ich liebte sie. Es gab so unglaublich viel zu entdecken und sie waren für mich die Eintrittskarte in die Welt der Abenteuer. Besonders die Bücher mit Spannung hatten es mir angetan.

Diesem kleinen Jungen verdankte ich, dass ich mich mit den Wochen zu einem echten Experten oder besser gesagt zu einem Detektiv entwickelte. Er war mein großer Lehrmeister.

Am liebsten hätte ich ihm den ganzen Tag zugehört, denn mit jedem seiner Worte konnte ich auch seine Begeisterung spüren und diese war ansteckend: Ich wollte lesen lernen.

Nachts schlich ich mich aus meinem Häuschen und holte die Bücher aus der Holzkiste, in die sie der Junge immer legte, hervor.

Mit großen Augen blätterte ich durch die Seiten und jedes Bild brachte Faszination mit sich und zog mich sofort in seinen Bann. Ich war ein cleveres Bürschchen und der Meister im Kombinieren.
Ich verstand jede Zeile, obwohl ich nicht lesen konnte. Durch die vielen Bilder, gepaart mit meiner Fantasie, lief alles wie am Schnürchen. 
Kaum hatte ich ein Buch aufgeschlagen, checkte ich ein und reiste in andere Welten, deckte Geheimnisse auf und war bei jedem Abenteuer in der Ferne hautnah dabei.

Mama schüttelte immer den Kopf, wenn ich ihr Geschichten erzählte, die ich gehört oder gelesen hatte. »Du bist frühreif, mein Junge«, meinte sie. »Nein, Mama, doch nicht frühreif! Ich bin ein Genie! Hast du noch nie von Mozart gehört, der war so wie ich, ein Wunderkind, nur mit Musik. Ich bin ein Detektiv-Wunderhund.«

Auf meinem Bauernhof hatte ich auch Freunde. So viele, dass ich sie gar nicht alle zählen konnte. Schweine, Katzen, Kühe, Hühner, Schafe, Gänse, Ponys, Pferde. Es war herrlich, mit ihnen die ersten Wochen meines Lebens zu verbringen. Meine neun Geschwister waren zuckersüß; zwar gehörten sie nicht zu der unwiderstehlichen Variante wie ich, aber dennoch waren sie sehr »sweet«. Ich hatte unzählige Talente und eines davon war, meine Geschwister zu ärgern. Ich liebte es, sie zur Weißglut zu bringen und dabei ihr Geschreie auf dem ganzen Hof zu hören. Was für ein Spaß!

Unter uns Tieren herrschte immer eine klare Kommunikation, das mochte ich sehr. Da gab es kein Wischiwaschi wie bei den Menschen. Nein, da geigte man sich klar die Meinung, auch wenn es kurz schmerzhaft war, aber in unserer tierischen Gemeinde wusste jeder, wo er dran war.

Ich liebte den Bauernhof. Meine Welt, mein Paradies mit all den kleinen und großen täglichen Abenteuern.


Doch dann, plötzlich und unerwartet, veränderte sich alles!!!

An einem herrlichen Vormittag lag ich breitbeinig im Gras, die Sonne schien so angenehm und ich war gerade dabei, mein Fell eine Nuance dunkler zu bräunen, da geschah es: Ich wurde gekidnappt!

Schon eine Woche zuvor hatte ich so ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Ich wusste genau, dass da eine krumme Sache ablief. Denn wenn mein Bauch rebellierte und unangenehme Duftschwaden entwichen, dann war es Fakt: Da braute sich etwas Unschönes zusammen.


In den letzten fünf Tagen ging es bei uns zu wie auf einem Bazar oder einem Tag der offenen Tür. Scharenweise fremde Menschen tummelten sich auf unserem Bauernhof. Das war sehr ungewöhnlich. Die Menschen kamen, quatschten viel, glotzten in unser Häuschen, beobachteten meine Geschwister und jeden ihrer Schritte. Sie hoben sie hoch, begutachteten jeden Zentimeter ihres Körpers, kontrollierten ihr Fell, drehten sie zu allen Seiten, spielten mit ihnen und diskutierten dann wieder wild miteinander.

Und ICH!? Ich war einfach nur ich, machte Blödsinn und zeigte den Menschen meine akrobatischen Künste. Ich bellte lautstark, hing wie ein Affe am Zaun, sprang in die Wasserschüssel und kugelte mich im Dreck. 
Das war eine tolle Show, woanders hätten sie dafür Geld bezahlen müssen, doch hier bekamen sie die ganze Nummer umsonst. 
Ich gab wirklich mein Bestes und dennoch, außer Kopfschütteln erntete ich nichts.
Alle interessierten sich nur für meine süßen Geschwister.

»Hey, Schwesterherzen, hier stinkt etwas gewaltig«, flüsterte ich meinen Mädels zu, doch die Ladys interessierten sich wie gewohnt nicht für mein Gerede und verdrehten lediglich die Augen. 
Ein paar Tage später wurde meine Vermutung bestätigt. Die Leute kamen wieder, es wurden bündelweise Geldscheine überreicht und von Tag zu Tag wurde unser Zuhause leerer.

Alarmstufe Rot.

Ich musste reagieren, denn mittlerweile rebellierte nicht nur mein Bauch, nein, alles in mir schrie ACHTUNG.

So rief ich eines Nachts all meine Freunde zusammen. Ich musste herausfinden, ob sie etwas über diese seltsamen Machenschaften wussten. War es die Mafia, eine Gang aus dem Ausland oder irgendwelche Tierschleuser? Das roch nach einer großen Nummer und ich war bereit, das Geheimnis zu lüften und mich den dunklen Mächten zu stellen.

Da saßen wir, mitten in der Scheune, und alle Tiere redeten durcheinander.
»Wuff, wuff!« Wild und lautstark kämpfte ich um Aufmerksamkeit.
»Was ist denn los, Kleiner? Zu so später Stunde noch eine Versammlung?«, gackerte der Hahn gähnend.
Wieder siegte das Durcheinander und jeder gab seinen Senf dazu.

Meine Güte, so ein Theater, konnten die nicht endlich mal die Schnäbel und Mäuler halten und mir zuhören? Dann würden sie sofort den Ernst der Lage verstehen.


»Wuff, wuff, wuff«, bellte ich diesmal noch lauter und sprang hektisch in der Mitte der Meute herum. Doch wenn man so klein ist, wie ich es war, konnte es durchaus passieren, dass man übersehen wurde. Och Menno! Es reichte mir, also hangelte ich mich an einem Heuballen hoch und pfiff einmal kräftig.

Ich konnte pfeifen, cool. Über mich selbst erstaunt, grinste ich und stellte fest, dass sich die Bande beruhigte und zahlreiche Augenpaare mich gespannt anschauten. 
»Na geht doch«, bellte ich zufrieden. 
»Alarmstufe Rot, Freunde! Ich brauche eure Hilfe. Seit ein paar Tagen kommen ständig fremde Menschen auf unseren Bauernhof und von Tag zu Tag werden meine Geschwister weniger. Da stimmt etwas nicht. Wo sind sie alle nur hin?«
Kaum hatte ich ausgesprochen, unterbrach mich eine schnatternde Gans.

»Ach, was soll schon passiert sein? Deine Geschwister spielen Verstecken. Mach dir keine Gedanken. Auf unserem Bauernhof ist alles gut. Du weißt doch, hier passieren keine seltsamen Dinge, hier herrscht Frieden«, beruhigte sie mich.

Wiehernd erklärten mir die Pferde: »Jetzt, wo du es ansprichst, wir haben tatsächlich die letzten Tage sehr viele Autos kommen und wegfahren gehört. Doch wir haben uns nichts dabei gedacht.«

»Ich hab gar nichts mitbekommen«, »ich auch nicht«, »nö«, »nichts gesehen«, murmelten die anderen.
Keinem der Tiere war etwas Außergewöhnliches aufgefallen. Ich war enttäuscht. Schliefen sie eigentlich den ganzen Tag? Das war unmöglich, dass niemandem etwas Ungewöhnliches bemerkt hatte. 
Müde verabschiedeten sich alle Tiere und begaben sich in ihr Schlaflager.

Da stand ich nun. Alleine, traurig und enttäuscht, mitten in der dunklen Scheune. Keiner wollte mir helfen und ebenso verstand auch niemand den Ernst der Lage. Vielleicht war es die Angst, die sie hemmte oder nur das mangelnde Interesse, ihre gewohnte Komfortzone zu verlassen. 
Ich wusste es nicht und letztendlich war es mir auch egal, denn ich hatte es versucht. Vielleicht war es auch ein Wink des Schicksals, dass ich alleine das große Geheimnis lüften sollte.

ICH, der kleine Berner. 
Kräftig atmete ich ein. Mit geschwellter Brust zog ich mir mein imaginäres Hero-Gewand an, wappnete mich mit Power, Mut und Cleverness. Jetzt war ich bereit für meine große Mission!

Es war schon tiefe Nacht, doch der Mond schien hell und leuchtete mir den Weg zu meinem Schlaflager. Der Bauernhof war wie ausgestorben. Alle Tiere schliefen friedlich, nur ich wälzte mich aufgekratzt hin und her. Wirre Gedanken kreisten in meinem Kopf und hielten mich vom Schlafen ab. Immer wieder fragte ich mich, ob es meinen Geschwistern gut ging, da wo sie jetzt waren?

Die ersten Sonnenstrahlen bahnten sich ihren Weg durch die Holzritzen in mein Reich und in der Ferne krähte der Hahn laut, aber noch müde. Das war mein Zeichen. Euphorisch sprang ich auf und reckte mich nach allen Seiten.

»Wer braucht schon Sherlock Holmes, hier kommt Mister Sherlock Berner! Eine gewaltig faule Sache läuft hier und Mister Sherlock Berner wird sie aufdecken.«

Motiviert schritt ich durch die Tierschar hindurch und mein Schwanz wedelte siegessicher im Wind.

Ich musste unbedingt noch mit den Schweinen reden, denn diese hatten den gestrigen Abend versäumt. Insgeheim hoffte ich, dass der Älteste nicht da war, denn ich konnte ihn partout nicht ausstehen. Er hatte so eine überhebliche Art und immer neunmalkluge Sprüche, und das nervte mich gewaltig.

Das Glück stand heute nicht auf meiner Seite. Grunzend schaute er mich fragend an. In Windeseile erzählte ich ihm meine Geschichte und hoffte auf keine dummen Sprüche. Was ich jetzt brauchte, waren Antworten!

Schmatzend erklärte mir das Schwein. »Puuh, ganz böse Sache, das kann ich dir sagen.«
Ich spitzte meine Ohren, weitete die Augen und platze fast vor Neugier.
Genüsslich schmatze es weiter.
»Was denn, nun sag schon und lass dir nicht alles aus der Nase ziehen. Was ist eine böse Sache?«


»Du bist noch zu klein, um diese Dinge zu verstehen, aber ich weiß genau, was sich hier abspielt«, verkündete es stolz und sah mich Naseweis an.

Mir platze gleich der Kragen. Mit rasendem Puls und geschwellter Brust stellte ich mich vor das Schwein: »Jetzt pass mal auf, du Macho! Auch wenn ich jung bin, bedeutet das nicht, dass ich keine Ahnung habe. Spiel dich hier nicht so auf und komm endlich auf den Punkt!«, funkelte ich das Schwein mit zusammengekniffenen Augen an.

Das war mein angsteinflößender Blick. Seit Wochen übte ich bereits und konnte ihn nun einsetzen. Bei meinen kleinen Schwestern funktionierte er wunderbar.

Irritiert schaute mich das Schwein an. »Schon gut, beruhige dich«, schnaufte es und ging einen Schritt zurück.

Ich wusste es, dieser Blick hatte es wirklich in sich! Mit ihm konnte ich somit jede Schlacht gewinnen. Ich jubelte innerlich.

»Das ist alles eine logische Sache. Ich weiß genau, wo deine Geschwister sind. Bei uns Schweinen ist das nicht anders. Ab einem gewissen Alter, wenn wir prachtvoll aussehen, rosig, eine perfekte Taille haben, werden wir alle weggebracht und dann war es das«, berichtete das Schwein.

Meine Nackenhaare stellten sich senkrecht in die Höhe und leichter Schweiß tropfte leise auf den Boden. Vorsichtig fragte ich weiter.
»Was meinst du mit weggebracht?«


»Na, weg, Ende, aus, basta, muerte«, sagte es mit diesem furchteinflößenden Unterton.

»Aber, aber, meine Geschwister waren doch noch ganz klein, die waren weit entfernt von fett oder perfekter Taille«, schniefte ich, während ein eiskalter Schauer mein Fell überzog.

»Sie sind alle geschlachtet geworden, das liegt doch auf der Hand, Tod sind sie, hörst du, Adios, Geschwister! Und jetzt geh und lass mir meine Ruhe«, grunzte das Schwein eiskalt.

Es brauchte eine Weile, bis seine Botschaft in meinem Gehirn ankam und ihre Wirkung zeigte. Mir fehlten die Worte und ich schauderte. Die Welt um mich herum drehte sich und ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.

Auch wenn ich das Schwein nicht mochte – aber es war alt und hatte mit den Jahren viel erlebt – wusste es bestimmt, wovon es sprach. 
Mit wackeligen Beinen schaffte ich es mühevoll wieder in mein Häuschen und dachte nach. So also war diese Spezies.
»MENSCHEN«, sagte ich kraftlos. Ich hasste sie jetzt schon. Zuerst taten sie lieb und nett, nahmen eines nach dem anderen von meinen Geschwistern mit und machten, ohne mit der Wimper zu zucken, Hackfleisch aus ihnen.

Obwohl ich niemals weinte, war dieser Moment der Erkenntnis eine Premiere wert. Diese Situation schaffte es, dass sich eine Träne in mein Gesicht verirrte. Ich drückte sie weg, doch mein Herz tat mir weh. 
Lautes Bellen riss mich aus meinen Gedanken und verdrängte meine Trauer für einen Moment. 
Meine Eltern standen am Eingang und sprangen freudig und aufgeregt an zwei Menschen hoch.

Ich rieb mir die Augen und erschrak augenblicklich. Oh nein, die zwei kannte ich doch!
Ich verharrte einen Moment, stellte mich breitbeinig mitten in den Weg und bellte lauter denn je.
Na klar, die zwei waren doch letzte Woche auch schon da gewesen! In Windeseile sprang ich zu meiner Hütte zurück. Wie viele waren wir noch, ich schaute mich um und zählte panisch durch. Eins, zwei, drei und ich. Großer Gott, was sollte ich nur tun? Ich musste verhindern, dass diese schrecklichen Menschen wieder eines meiner Geschwister raubten.
Wild bellte ich, sprang panisch am Zaun hoch, fletschte die Zähne und versuchte mit größter Mühe, die beiden von unserem Zuhause fernzuhalten. Unter keinen Umständen durften sie die letzten meiner süßen Geschwister mitnehmen. Das hatten sie nicht verdient. Sie waren noch so klein, putzig und tollpatschig. Keiner Fliege würden sie etwas antun, im Gegenteil, die Welt lag ihnen zu Füßen, sie sollten jede Menge Erfahrungen machen, Liebe spüren und ihr Leben in vollen Zügen genießen dürfen.
Und jetzt war der Tag gekommen, man nahm ihnen die Chance, all das zu erleben und stattdessen machte man Hackfleisch aus diesen putzigen Welpen.

Ich kochte vor Wut!
Alles, was nicht fest verankert war, schmiss ich um und randalierte wie verrückt. Unser Heim glich einem Schlachtfeld.

»Neeeeein, ihr kommt hier nicht rein«, bellte ich und hüpfte wie eine wilde Furie.

Doch die zwei Menschen störte das nicht im Geringsten. Interessanterweise war genau das Gegenteil der Fall. Über meine lebendige Art waren sie erfreut und kamen mit ruhigen Schritten auf mich zu. Sie ließen sich von meiner ungestümen Art nicht beirren und streichelten mich. Und dann roch ich plötzlich etwas Außergewöhnliches. 
Was hatte die Frau da in ihrer Hand? War das etwas Essbares?
Meine Synapsen spielten Roulette, meine Standhaftigkeit verflog im Nu und ich nahm die leckeren Köstlichkeiten von ihr an. Vielmehr verschlang ich sie und ließ mich blenden. Sie lächelte mich liebevoll an, spielte mit mir und war amüsiert über meine lustigen Aktionen.

Erschrocken stellte ich fest, dass diese Frau bereits nach wenigen Minuten meine Schwachstelle entdeckt hatte. Wenn es bei mir um ESSEN ging, erloschen sämtliche Lichter und ich war nicht mehr Hund meiner Sinne.

Futter ließ mich nicht mehr klar denken. Ich liebte Essen und das, was die Frau mir anbot, war einfach unwiderstehlich, und ich war gezwungen zuzugreifen.

Plötzlich machte sich in meinem Inneren etwas bemerkbar und ein kleines Männchen hämmerte wild gegen meine Hirnwand. Zum Glück schaltete sich mein Verstand wieder ein und erinnerte mich an meinen Plan.

Das war also ihre Masche. Futter lautete das Zauberwort dieser Spezies. 
Futter war ihr Köder, um uns abzulenken und willig zu machen. 
Mit ihrem sicherlich vergifteten Futter knipsten sie unsere Sinne aus und konnten dann ihren Plan durchziehen.
»Aber nicht mit mir, ihr Trickser! Ich werde es nicht zulassen, dass ihr meine Familie entzweit.«

Ich hatte es hier mit Profis zu tun und ICH, Mister Sherlock Berner, war selbst in die Falle getappt. Verärgert über mich selbst knurrte ich sie an und machte mit meiner Psycho-Verwüstungs-Nummer weiter. 
Unser Zuhause drehte ich auf links, rebellierte wie ein Irrer, sprang in die Wasserschüssel und machte dabei die Hose des Mannes nass. Ich versperrte den Weg zu meinen Geschwistern und schnappte leicht nach der Frau.

Perfekt, ich hatte wieder ihre volle Aufmerksamkeit. 
All eyes on me. 
Für meine Geschwister interessierten sie sich nun nicht mehr, sie waren anscheinend von meiner Show amüsiert………. Doch was war das? Ähm, was genau passierte hier gerade? Hallo, Mama, Papa, was tun diese Leute mit mir, warum? Also…. könnt ihr mir bitte helfen....

Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich Dummkopf war die ganze Zeit auf der falschen Fährte. Jetzt erst in diesem Moment ging mir ein Licht auf. 
»Ach du große Hundescheiße. Sie wollen MICH zu Hackfleisch machen, diesmal bin ich der Auserwählte und nicht meine süßen Geschwisterchen. ICH bin es, den Sie wollen.«

Wie bei einer Magier-Show, wo man plötzlich Mühe hat, den Abläufen zu folgen und von anderen Dingen abgelenkt wird, so war es auch in meinem Fall. Alles ging ganz schnell und bevor ich mich versah, war ich mittendrin in der wilden Kidnapping-Aktion.

Ich wurde in ein Auto gesteckt und alles war meisterhaft vorbereitet. Natürlich, das waren schließlich Profis. Im Fußraum wartete eine kuschelig warme Decke mit seltsamen unechten Tieren auf mich. Die Frau setzte sich neben mich, sodass ich mich an ihre Beine anlehnen konnte.
Kurz war ich irritiert! Wo war der Sack, die Augenbinde, das mit Chloroform getränkte Tuch?

Was war das nur für eine miserabel geplante Entführung? Hatte ich es hier vielleicht mit Anfängern zu tun? 
In meinem Kopf herrschte Chaos und ich ging gedanklich alle Fälle, die ich bisher von Sherlock Holmes gelesen hatte, durch. Es gab keinen Fall, der vergleichbar wie dieser ablief.

Meine Güte, wie erbärmlich. Wo hatte man diese »Entführer-Anwärter« nur ausgegraben? Selbst ich als Welpe wusste schon mehr über eine klassische Entführung. 
Die letzten Tage, als ich eifrig schnüffelte, entdeckte ich eine Tageszeitung, die neben der Haustür lag. Neugierig durchforstete ich diese und verschaffte mir ein Bild über die aktuellen Geschehnisse. Hierbei fiel mir ein Artikel über eine Entführung im Ausland auf. Um es kurz auf den Punkt zu bringen. Der Ablauf ist immer derselbe: Überlistet, betäubt, gefesselt und dann, je nach Gusto kommt das bittere Ende.
Aber das hier, was zum Teufel sollte das werden? Mission: Entführung auf Kuschelkurs?

Ich dachte nach. Entweder waren das tatsächlich Anfänger oder – ich hielt kurz inne – sie gehörten zu den Besten und waren so gut, dass selbst Mister Sherlock Berner diesen Plan nicht durchschauen konnte.