Mann, fürchte dich nicht. - Gabi Lück - E-Book

Mann, fürchte dich nicht. E-Book

Gabi Lück

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Beschreibung

Unsere Welt denkt und handelt weitgehend männlich. Konkurrenzdenken, Wettbewerb und Ellbogenmentalität stehen dadurch ganz oben in der Agenda. Das betrifft die Wirtschaft ebenso, wie Politik und unser gesellschaftliches Miteinander. Diese Haltung führt unweigerlich zu einem Kollaps, der bereits jetzt beginnt, wenn wir einen Blick auf die Krisenherde dieser Welt werfen. Was wir jetzt benötigen, ist ein Mindshift, um uns stärker dem weiblichen Denken zuzuwenden und ein notwendiges Umdenken einzuleiten. Besser spät als nie. Dabei geht es nicht um ein Dominanzsystem von Frau und Mann, sondern um die weiblichen und männlichen Anteile, die jeder in uns trägt. Gabi Lück zeigt auf, wie sich die Polarisierung stoppen lässt und stattdessen diese Kräfte miteinander verbunden werden können. "Niemand in der Agenturwelt hat den "Female Shift" früher erkannt als Gabi Lück" (Zeitschrift Werben & Verkaufen, 2020)

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Inhaltsverzeichnis

Erstes Vorwort.

Zweites Vorwort

Kapitel 1 Ein Buch für ein neues, integrales Bewusstsein

Was denkst Du so über dich und die Welt, über weiblich und männlich?

Ist das jetzt also ein weiteres Feministinnen-Buch?

Nachhaltigkeitsziele? Also ist das ein Klimabuch?.

Kapitel 2 Die Philosophie vom Gleichgewicht: Yin & Yang

Ein chinesisches Tattoo und der Zugang zur weiblichen Kraft

Was bedeuten überhaupt männliche und weibliche Anteile?

Yin und Yang als sich vereinendes Denk- und Lebens-System

Kapitel 3 Vom trennenden zum verbindenden Weltbild

Die Welt ist nicht linear, sondern multidimensional.

Die Folgen unseres Denkens der Trennung

Wenn der Mensch sich über alles stellt

Dein Unterbewusstsein prägt deine Realität.

Was trägt dein Innen zum Außen bei?.

Die begrenzte Wahrnehmung und Trennung

Es gibt keine Trennung. Alles ist Eins.

Kapitel 4 Die Unterdrückung der Yin-Energie in der Geschichte

Die Unterdrückung der Frauen in den Religionen

Die Hexenverbrennungen

Hysterie – eine angebliche Frauenkrankheit.

Zum Objekt degradiert: Frauen und Sexismus

Kapitel 5 Wo fehlt die Integration des Weiblichen?

1.

Die Schule: Schulsysteme – eine Frage der Gesellschaft?

Das Gefühl von Trennung, Bewertung und Leistung

Lernen in vergangenheitsorientierten Systemen

Ein Blick nach Skandinavien

Chancengleichheit spielt eine wesentliche Rolle

Schüler/innen nicht als Objekt, sondern als eigene Persönlichkeit sehen

Durch Gruppenarbeit empathisch wachsen

Systeme, die ermutigen und nicht bewertend herabsetzen

2.

Die Wirtschaft: Wirtschaft versus Wir-Schaft

Ist höher, schneller, weiter vorbei?

Kann die weibliche Energie die Welt zu einem besseren Ort machen?

Frauen holen auf

Frauen sind zu über 80 Prozent Einkaufsentscheider

Keine reale Gleichberechtigung

Wir brauchen mehr Yin in der Wirtschaft

Das Female-Shift-Modell

Yin und Yang in deinem Business

Ein Beispiel für neues unternehmerisches Bewusstsein: Das Mentoren-Kollektiv »Metaphysical-Business-Shift«

3.

Finanzen – Geld neu denken

Komplementärwährungen mit sozialen Funktionen

Die weibliche Energie in der Wirtschaft

Wofür steht das Yin im Währungssystem?

Welche Komplementärwährungen gibt es?

Demokratisierung durch digitale Währungen

Wo ist das Yin in der Blockchain?

Das Yang in der Blockchain

Yin und Yang in der Blockchain

4.

Künstliche Intelligenz – die technokratische männlich geprägte Welt öffnen

Sind Daten die neuen Götter von morgen?

Künstliche Intelligenz als Urheber eines kreativen Schaffens?

Verkörpern Humanoide den idealisierten Menschen?

5.

Politik.

Warum gibt es so wenige Frauen in der Politik?

Warum braucht es Frauen in der Politik?

Yin und Yang in der Führung

6.

Umwelt.

Unser Streben nach Mehr zerstört die Natur

Ohne Bienen kein Leben

Das meint die Wissenschaft

Klimakrise verschärft die Ungleichheit und Ungerechtigkeit

Frauen von der Klimakrise stärker betroffen

In welcher Welt möchten wir leben?

Klimawandel begünstigt Pandemien

Was kann jeder Einzelne tun?

In natürlichen Kreisläufen denken und handeln

7.

Gesundheit

Yin und Yang in der Medizin

Die Gefahren der Yang-Orientierung

Innen manifestiert sich im Außen

8.

Sprache schafft Wirklichkeit.

Der Einfluss von Sprache

Gendern – für mehr Yin in der Sprache

Yin und Yang in Balance

9.

Der Mensch

Yin und Yang in einem Selbst

Was macht ein Yin-Yang-Ungleichgewicht mit unserem Körper?

Yin und Yang in Schönheitsidealen

Yin- und Yang-Ungleichgewicht in Beziehungen

Yin- und Yang-Ungleichgewicht bei Frauen

Das eigene Yin und Yang ausbalancieren: Gleichgewicht durch Yoga

Das eigene Yin und Yang ausbalancieren: Balance durch Meditation

Yin und Yang ausgleichen durch den Sonnengruß

Das Innere Kind

Kapitel 6 Einladungen und Inspirationen neu zu denken

1.

Lernen von Bhutan: Bruttonationalglück versus Bruttoinlandsprodukt

Respekt vor Natur und Tieren

Glück ist wichtiger als Geld

Bewahrung der Tradition

Schule als Ort des Respekts, der Empathie und emotionalen Intelligenz

Was können wir von Bhutan lernen?

Eine Alternative zum BIP

Sich selbst treu bleiben

Respekt vor Mensch und Tier

Der Schutz des Waldes

Stilles nach Innen schauen

2.

Matriarchale Gemeinschaften.

Was bedeutet Matriarchat?

Das wirtschaftliche System

Politik in matriarchalen Gesellschaften

Die Kultur im Matriarchat

Was können wir von mutterzentrierten Gesellschaften lernen?

3.

Sich und die Welt besser verstehen

Spiral Dynamics - ein Entwicklungsmodell

Die beige Welle

Die Welle Purpur

Die rote Welle

Die blaue Welle

Die Welle Orange

Die grüne Welle

Eintritt in ein neues Bewusstsein – Die Welle Gelb

Die Welle Türkis

Das Durchlaufen der Stufen

Wachsen durch Spiral Dynamics

Eine neue Aufbruchs-Ära auf dem Weg zum Gleichgewicht

Die Fülle des Seins

Menschen, die nicht wie alle anderen denken

4.

Blick in die Metaphysik

Human Design: Ra Uru Hus Offenbarung

Arbeiten in und mit Pentagrammen

Meine Vision

Die Macht der Vergebung - mein Audio Retreat für dich

Danksagung

Quellennachweise und Literaturhinweise

Erstes Vorwort

Das erste Vorwort eröffnet Friedrich Schiller, der mit seinem Gedicht *Zeit der Wende* für mich den jetzigen Zeitgeist trifft.

Dieses ist die Zeit der Wende, nun zählt Klarheit, Kraft und Mut. Viele Herzen, viele Hände voller Sanftheit und voll Wut.

Du bestimmst und du entscheidest welchem Geist du angehörst. Ob du leise weiter leidest oder endlich dich empörst.

Stimm mit ein in unser Singen, voller Jubel und Vertraun. Dann wird es Dir auch gelingen, voller Mut nach vorn zu schaun.

Und dein Leben so verändern, dass unsere Erde heilen kann. Seit an Seit in allen Ländern fangen wir den Umschwung an.

Taube Ohren für die Spötter und die Sucht nach Macht und Geld. Wir sind uns’re eignen Götter, unsre Herzkraft heilt die Welt.

Alle Tiere, Menschen und Pflanzen mögen wachsen und gedeihn. Wir sind Teil des großen Ganzen und bereit, dabei zu sein.

Das Bewusstsein ist gestiegen und bald kommt die neue Zeit. Dann geht es nicht mehr ums Siegen, sondern um Verbundenheit.

Folg den Kindern und den Frauen, weil sie für das Leben stehn. Und sich jetzt nun endlich trauen, voller Kraft voran zu gehen.

Groll und Rache sei vergessen, unserem Todfeind sei verziehn. Auch wer nur profitversessen, achte und verstehe ihn.

Denn du weißt, er ist getrieben von seiner Schuld und seiner Angst. Du aber bist frei zu lieben, wenn du nicht mehr länger bangst.

Freude heisst die starke Feder in der ewigen Natur. Freude, Freude treibt die Räder in der großen Weltenuhr Sie gibt Kraft zu handeln voll Verbundenheit und Mut. Unsre Welt zu wandeln, dann wird alles gut.

Zweites Vorwort

Dieses Buch ist aus meiner Erfahrung entstanden. Denn jeder Mensch ist einzigartig und hat einen einzigartigen Blick auf die Dinge, auf das Geschehen, auf die Welt, auf die Menschen. Dies mag sicherlich einige irritieren, dennoch denke ich, dass es für die menschliche Entwicklung lebensnotwendig ist, sich ständig neue Fragen zu stellen und neue Thesen zu entwickeln, um auf außergewöhnliche Antworten und neue Ideen zu kommen. Doch nicht zuletzt folgen auch für die Objektivitätsliebhaber einige faktische Beweise.

Ist nicht Objektivität auch ein stückweit die Subjektivität der Masse? Wenn du nach der Wahrheit nur im Außen suchst, wirst du dein Leben lang in die Irre geführt, bis du durch die Verwirrung wieder zurück zu dir selbst geführt wirst. Die Wahrheit liegt letztendlich in uns selbst. Im Übrigen hoffe ich sehr, dass du dich mit meiner Du-Ansprache anfreunden kannst.

»Mögen alle Lebewesen überall glücklich und frei sein. Mögen meine Taten, Gedanken und Worte in einer Form zum Glück und Freiheit aller beitragen.«

Namaste

Das funktioniert nicht. Das hat noch keiner gemacht. Das ist zu anders. Zu neu. Damit kenne ich mich nicht aus, das ist mir zu unbekannt. Ich weiß nicht, was dabei rauskommt. Es muss alles finanziell toppen am Ende. Wir machen das schon immer so. Wir haben auch Männer als Zielgruppe. Es sollte neu sein, aber auch mit dem alten Auftritt harmonieren. Lassen Sie uns das genauso wie die Nummer eins machen. Wir haben schon eine Frauenabteilung. Wir denken nicht in Zusammenhängen. Wir sehen das getrennt voneinander. Die haben das doch auch. Wir möchten uns nicht zu sehr von der Konkurrenz entfernen. Warum sollten wir unser Terrain verlassen? Ich mag keine Überraschungen. Das Boxdenken ist hier schon in Stein gemeißelt. Solange es gut läuft, brauche ich doch nichts zu ändern. Die anderen machen das doch auch so. Wieso sollte ausgerechnet ich der Erste sein. Wer sollte uns das abnehmen? Aber Sie feminisieren uns nicht, oder? Machen Sie doch das Alte originell wieder flott. Das glaubt uns doch keiner! Das haben wir noch nie versucht. Wissen Sie, was uns das kostet? Wir dürfen keine Fehler machen. Das bekommen wir nicht durch. Unser Unternehmen ist dafür zu unflexibel. Wir möchten uns verändern, aber wir sind noch nicht soweit. Dazu müsste ich das Geschlecht wechseln. Das kostet uns momentan zu viel Kraft. Das ist mir ehrlich gesagt zu anstrengend. Soll doch ein anderer gegen den Strom schwimmen. Ich bin nun mal so geboren. Wir gehen lieber sicher mit den anderen. Wissen Sie, wie lange es dauert, etwas Neues durchzusetzen. Nein danke. Verbessern Sie doch einfach das Alte. Lassen Sie uns doch in zwei Jahren noch mal darüber reden. Eine Führung doppelt oder gemeinschaftlich besetzen, geht nicht, weil einer immer die Oberhand über alles haben muss. Mit unserer Denkweise sind wir bisher immer gut gefahren. Etwas Neues aus-probieren? Wir sind doch keine Versuchskaninchen. So ein Risiko kann sich nur ein großes Unternehmen leisten. Die haben mehr Kapital zur Verfügung, die können sich solche Experimente leisten. Wir richten uns immer strikt nach unserer Marktforschung. Wir gehen immer den sichersten Weg. Wer sagt, das ist nur Mittelmaß? Es läuft doch hervorragend. Damit haben wir überhaupt keine Erfahrungen.

WAS WÄRE, WENN ALLE SO GEDACHT HÄTTEN?

Was wäre, wenn die Welt genau dich braucht? Wo und wie können uns genau deine Erfahrungen weiterbringen? Die Welt besser machen? Die Gesellschaft neu erleuchten? Wenn du immer mehr in deine Schöpferkraft kommst, was wird dann anders? Was wäre, wenn du deine Gefühle und Haltung ausdrücken würdest? Was wäre dann noch möglich? Was wäre, wenn du mehr in Gemeinsamkeiten denken würdest? Du dich gesellschaftlich und sozial aufgefangen fühlen würdest? Du dich als selbst Feminist/in bezeichnen würdest – wie das z. B. für den kanadischen Premier Justin Trudeau ganz selbstverständlich ist? Dir Mitmenschlichkeit und Fürsorge wichtiger wären als das Materielle? Was wäre, wenn dein Business, dein Service, dein Unternehmen, Menschen beglücken würde? Sich um das Wohl der Menschen und Mitarbeiter kümmern würde? Was wäre, wenn dein Unternehmen keine Gewerkschaften mehr bräuchte? Wenn es die Ressourcen schonen oder fördern würde? Einen Beitrag zur Mitmenschlichkeit liefern würde? Den Plastikteppich dezimieren würde? Dazu beitragen würde, den CO2-Wert zu verringern, oder Frieden in der Welt zu stiften? Wenn du dafür eine neue Position schaffen würdest? Was wäre, wenn der menschliche Glücksfaktor politisch im Mittelpunkt stehen würde? Wenn deine Arbeit süchtig machen würde, von Freude geprägt wäre? Was wäre, wenn dein Unternehmen morgen nicht mehr da wäre? Würde es jemand vermissen? Inwiefern können du oder dein Unternehmen dazu beitragen, die Welt zu retten? Wie würde ein Kind oder die neugierige Tochter deines Nachbarn dein Unternehmen beschreiben? Was wäre, wenn dein Unternehmen aufgekauft würde? Wie wichtig wäre deine Position? Wie viele Frauen arbeiten in deinem Umfeld? Wie viele weiblich denkende Männer? Was glaubst du, denken deine Kollegen und Angestellten über dich? Über dein Unternehmen? Was über deine Produkte? Was über deinen Arbeitgeber? Welche Bilder hast du gerade jetzt im Kopf? Was denkst du insgeheim über dein Unternehmen? Über deine Möglichkeiten? Was wäre, wenn du bald in Rente gehen würdest? Ist dein Unternehmen enkeltauglich? Welche Spuren willst du hinterlassen?

FRAGEN SIND DER ANFANG ALLER VERÄNDERUNGEN. FRAGEN SCHREIBEN ZUKUNFT.

Kapitel 1:

Ein Buch für ein neues, integrales Bewusstsein

Was denkst Du so über dich und die Welt, über weiblich und männlich?

Es war ein schöner Freitagmorgen im Spätsommer. Der bayerische Himmel zeigte sich weiß-blau, es war mild und ich freute mich auf ein ruhiges Wochenende, als das Telefon klingelte. Die Anruferin war eine Auftraggeberin und wollte mit mir über mein Vortragsthema im Bayerischen Hof sprechen. Dort war ich als Expertin zu einer Veranstaltung eingeladen. Die Veranstaltungsplanerin erklärte mir freundlich, dass mein vorgeschlagener Vortragstitel »Die Zukunft ist weiblich« bei den eingeladenen Vorständen auf Widerstand gestoßen sei. Die Herren fühlten sich nicht wohl mit einem provokanten Titel und hatten Sorge, damit die Teilnehmer der Veranstaltung vor den Kopf zu stoßen. Nach einem internen Brainstorming wurde ein für alle Beteiligten annehmbarer Titel konzipiert, der lautete: »Die Zukunft ist weiblich und bleibt doch männlich«. Die freundliche Dame am Telefon hoffte nun auf meine Zustimmung, denn sonst, so fürchtete sie, würden die Herren der Veranstaltung fernbleiben. Ich lächelte innerlich und dachte, das zeigt nur immer noch die große Blockade mit der Thematik. Dabei ist das nur ein Beispiel von vielen, die mir jeden Tag begegnen.

Leider polarisiert Weiblichkeit noch immer, wenn sie nicht sogar als Bedrohung erlebt wird. Weiblichkeit scheint der »moderne Säbelzahntiger« zu sein, der aus dem Gebüsch hervorschießt. In der Steinzeit mussten wir uns vor ihm fürchten, jetzt scheint Weiblichkeit und alles, was dazugehört, diesen Job übernommen zu haben. Und dabei schreiben wir das Jahr 2020, in dem zumindest auf dem Papier die Gleichstellung der Geschlechter erreicht ist. Allerdings – so ist auch auf der Homepage der Bundesregierung nachzulesen – »an der tatsächlichen, alltäglichen Gleichstellung arbeiten wir noch«.

Seit 2006 untersucht das Weltwirtschaftsforum WEF die weltweite Entwicklung bei der Gleichberechtigung. Immerhin, der sogenannte Global Gender Gap Report vom Dezember 2019 attestiert Deutschland eine Verbesserung auf Rang 10 aller untersuchten Länder. Weltweit, so der Report, könne jedoch erst in 99,5 Jahren mit Gleichberechtigung gerechnet werden, im wirtschaftlichen Bereich sogar erst in 257 Jahren. Nichts, was die meisten von uns noch erleben werden.

In 72 aller im Jahr 2019 untersuchten Länder konnten Frauen kein Konto eröffnen oder einen Kredit aufnehmen. Das mal nur als Beispiel, um ein Gefühl zu bekommen, wie viel Strecke wir auf dem Weg zu echter Gleichberechtigung noch zurückzulegen haben.

Ist das jetzt also ein weiteres Feministinnen-Buch?

Nein. Es geht in diesem Buch nicht um die Geschlechter »Mann« und »Frau«. Es geht darum, dass, egal welches Geschlecht wir bekommen haben, sowohl männliche als auch weibliche Anteile in uns wohnen. In jedem. Und in der Welt. Und dass diese Anteile sich zugunsten einer Seite verschoben haben, was nicht gut für uns und unsere Zukunft ist. Denn wenn die Welt aus der Balance ist, können weder die Volkswirtschaften zum Wohle Aller wachsen noch die Nachhaltigkeitsziele erreicht werden.

Nachhaltigkeitsziele? Also ist das ein Klimabuch?

Ein weiteres polarisierendes Thema: der Klimaschutz. Zumindest vor Corona waren die Nachrichten voll von Hiobsbotschaften über Klimawandel, Plastik in den Weltmeeren, brennenden Regenwäldern, Massentierhaltung und dem zunehmenden Graben zwischen Arm und Reich. Alles übertrieben, meinst du? Es läuft doch bei uns. Was zählt, ist das Wirtschaftswachstum und, dass es uns besser geht als den Generationen davor und unseren Kindern soll es noch besser gehen als uns.

Noch vor rund 50 Jahren gab es nur etwa die Hälfte der Menschen auf dieser Erde und ausreichend Ressourcen; wenn ein Ort erschöpft war, zog der Mensch weiter und bediente sich im Namen des Fortschritts eines anderen Fleckens Natur. Mittlerweile sind nicht mehr viele Flecken Natur übriggeblieben. Und das bringt uns ins Dilemma. Der Planet ist bald ausgebeutet, die Grenzen unseres Wachstums sind erreicht. Nun ist das alles nichts Neues, wir wissen das bereits seit den 70er-Jahren, als eine Forschergruppe des MIT (Massachusetts Institute of Technology) in Boston herausfand, dass die Zivilisation in 100 Jahren zusammenbricht, sollten wir die Natur weiter so ausbeuten wie bisher. Seitdem wird gestritten und gefeilscht, wer denn was leisten kann oder muss, Protokolle werden verfasst und Klimaziele verfehlt.

Der eine leugnet den Klimawandel als Verschwörungstheorie, der andere regt sich lieber darüber auf, dass Tausende Schüler die Schule schwänzen, als sich dem Thema an sich zuzuwenden.

An diesem Vormittag im Spätsommer habe ich schließlich der Änderung des Titels meines Vortrags zugestimmt. Warum ich das getan habe? Einmal, weil die Herausforderungen unserer Zeit es nicht zulassen, dass sich jemand ausgegrenzt fühlt, denn wir brauchen jede und jeden an Bord unseres Rettungs-Shifts. Und zweitens, weil es mir bei »Die Zukunft ist weiblich«, um einen ganz anderen Aspekt geht, der unabhängig ist vom Geschlecht eines Menschen. Letztendlich geht es nicht um weiblich oder männlich, um die Dualität, sondern um die Oneness, dass das Ganze mehr als die Summe der Teile ist. Wenn wir das in seiner Tiefe und letzten Konsequenz begreifen, wird ein neues Denken und damit eine neue Welt möglich. Eine neue Welt in der Balance, nicht nur zwischen weiblich und männlich, sondern auch zwischen Mensch und Natur. Eine integrale Welt.

Kapitel 2:

Die Philosophie vom Gleichgewicht: Yin & Yang

Ein chinesisches Tattoo und der Zugang zur weiblichen Kraft

»Zeichen und Symbole regieren die Welt, nicht Worte und Gesetze.«Konfuzius

Menschliches Verhalten zu verstehen und die weltlichen Zusammenhänge zu begreifen beschäftigte mich schon immer. Daher studierte ich zunächst Kommunikation und absolvierte mehrere Fortbildungen in neurolinguistischem Programmieren, Neuromarketing und Marktforschung. Wie es der »Zufall« wollte, entdeckte ich – es muss so im Jahre 1999 gewesen sein - ein kleines, klebbares chinesisches Wasserzeichen, welches mich magisch anzog. Nachdem ich es zwei Tage lang getragen hatte und es dann wieder abgeduscht war, ließ es mich dennoch nicht los: Ich wollte es doch noch irgendwie intuitiv länger tragen, zumindest für ein Jahr. Damals wurden die ersten Tätowierungen auch schon zeitbefristet angeboten: als sogenannte Short-Time-Tattoos. Meines sollte also nach einem Jahr wieder verschwinden. Chinesische Tattoos waren zu dieser Zeit noch eher unbekannt und so dachte ich: Bevor ich mir das jetzt für länger stechen lasse, möchte ich mich zur Sicherheit vergewissern, was mich da so anzieht und für was es genau steht. Die Bedeutung des Zeichens, die ich in Erfahrung bringen konnte, lautete: »die Kraft des Weiblichen«.

Anders als vorausgesagt, verblich das Zeichen nicht nach einem Jahr. Es blieb, wie magisch unverändert, auf meiner rechten Schulter bestehen und erinnert mich noch heute täglich an meine Mission.

Mir wurde und wird immer bewusster, wie stark unsere ganze westliche Welt von männlichen Denk- und Handlungsmustern geprägt wurde und noch immer wird. Als der »erkorene« Maßstab beeinflussen sie uns nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich und menschlich. Von da an hatte mein Thema eine Fokussierung bekommen: die beherzte Integration von weiblichen Werten in der Welt.

Was bedeuten überhaupt männliche und weibliche Anteile?

Um besser zu verstehen, was ich meine, ist es wichtig, sich die komplexen Zusammenhänge anzuschauen, in denen unser tägliches Leben stattfindet. Da gibt es den verstandesgelenkten Menschen, ein boxenzentriertes, lernbehinderndes Schulsystem, die Unterbezahlung systemrelevanter und mehrheitlich weiblich besetzter sozialer Berufe, wie zum Beispiel Erzieher/innen, Pfleger/innen oder Krankenschwestern; und es gibt Herausforderungen auf der anderen Seite wie die Klimakatastrophe, den Plastikteppich, das kollabierende Finanzsystem, Religionskonflikte, die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich, Flüchtlingswellen, zunehmende Zahlen psychischer Krankheiten wie Burn-out sowie nun auch Pandemien wie das Coronavirus. Es sieht so aus, als hätte die Menschheit unseren Planeten in nur zwei Generationen an die Wand gefahren.

Anders als in der Natur ist unsere Wirtschaft nicht als Kreislauf angelegt, sondern als Fließband: Rohstoffe und Energie werden vorne aufgeladen, schließlich in Güter verwandelt, und am Ende zu Geld und Müll »verarbeitet«.

Das hat auch lange funktioniert, da es genügend Rohstoffe gab und genügend Platz für den Müll. So sind Wirtschaft und Wohlstand immer weiter gewachsen. Doch nun gehen Rohstoffe und Platz langsam zu Neige und unsere bisherigen Ideen und Denkweisen funktionieren nicht mehr: Zeit also, neu zu denken. Solange wir aber der Idee anhängen, alles so weiterzuführen wie bisher, haben wir nichts gelernt.

Noch immer suchen die meisten Menschen mit alten Sichtweisen nach neuen Lösungen. Was können wir schon Neues erwarten, wenn wir mit alten Denkmustern an die Dinge herangehen? Die Frage ist: Wie kommen wir zu neuen Sichtweisen und Fragen? Wie kommen wir zu einer ganzheitlichen Betrachtungsweise? Und was hat das jetzt mit männlich und weiblich zu tun? Und was heißt überhaupt männlich, was weiblich?

Allein die letzte Frage stößt bei vielen Menschen auf Unverständnis bis hin zur Wut. Insgesamt, so konnte ich immer wieder erfahren, polarisiert das Thema bei vielen ganz stark, besonders bei Männern.

Ich möchte dich nun mitnehmen auf eine Reise, auf eine Erforschung des Ganzen und einladen, mit mir gemeinsam diese Welt des Weiblichen zu ergründen. Wie wäre es, wenn du es als Chance zu begreifen versuchst, die Welt mit neuen Augen zu sehen und zu leben?

Yin und Yang als sich vereinendes Denk- und Lebens-System

»Wie ein Mensch denkt, wird er.«Upanishaden

Yin und Yang sind zwei Begriffe der chinesischen Philosophie, insbesondere des Taoismus (manchmal auch als Daoismus transkribiert). Dargestellt werden sie als Kreis, welcher in eine weiße und eine schwarze Hälfte geteilt ist. Die Trennlinie ist allerdings kein gerader Strich, sondern eine S-förmige Linie. Die linke Hälfte ist schwarz mit einem weißen Punkt, die rechte Hälfte weiß mit schwarzem Punkt.

Abbildung 2.1: Das Symbol Yin und Yang

Der Hauptgedanke des Zeichens ist die Balance, die Ausgeglichenheit in der Welt und im Menschen selbst. Diese Harmonie kann nur dann auftreten, wenn beide Kreise im Symbol gleich groß sind und gegensätzlich wirken bzw. sich ergänzen. Wenn wir das auf unser Leben übertragen, ist auch hier alles ein Wechselspiel der Polaritäten: weiß und schwarz, hell und dunkel, Winter und Sommer, passiv und aktiv, senden und empfangen, weiblich und männlich, usw.

Das Prinzip von Yin (weiblich) und Yang (männlich) begegnet uns auf allen Stufen und in allen Stadien der Schöpfung. Dabei geht es nie um eine Bewertung im Sinne von schlechter oder besser. Es geht um ein Verstehen, dass jeder Mensch unabhängig von seinem Geschlecht, jedes Tier und jede Pflanze diese beiden Energien in sich trägt – Yin und Yang.

Die Ausgeglichenheit und Balance beider Prinzipien in jedem Einzelnen sorgen für Gesundheit und Selbstverständnis. Sind Yin und Yang dagegen im Ungleichgewicht, sind die Folgen Probleme, Krankheiten und Unzufriedenheit. Hier im Westen ist die Lehre von Yin und Yang vielen auch als ein wichtiger Bestandteil der chinesischen Naturheilkunde, der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), bekannt.

Damit wir mit uns selbst, mit anderen und der Welt im Gleichgewicht sind, müssen beide Pole harmonieren. Eine Disbalance von Yin und Yang kann sich körperlich oder psychisch bemerkbar machen. So führt beispielsweise ein Zuviel an Yin-Energie zu vermehrter Feuchtigkeit im Körper, was sich durch Verschleimung, Erschöpfung und Hautproblemen bemerkbar machen kann. Ist zu wenig Yin im Körper vorhanden, kommt es zu einem Übermaß an Hitze, was sich in trockener Haut, innerer Unruhe und Schlafstörungen äußern kann. Genauso kann das Yang zu viel oder zu wenig vorhanden sein. Hat ein Mensch ein Übermaß an Yang, kann sich das in Aggressionen, cholerischem Verhalten, roter Gesichtsfarbe, großem Durst oder Entzündungen zeigen. Ein Yang-Mangel kann sich in Durchsetzungsschwierigkeiten, Blässe und Verdauungsproblemen manifestieren.

Was für den einzelnen Menschen gilt, lässt sich auch auf die Gesellschaft als Ganzes übertragen. Auch hier ist eine Welt, eine Gemeinschaft »gesund«, wenn Yin und Yang im Gleichgewicht sind. Leider ist das aktuell nicht der Fall, da wir, zumindest in modernen, westlichen Gesellschaften eine starke Überbetonung der Yang-Energie haben. Stress, ungesunde Ernährung, zu wenige Pausen und Überreizung, alles Merkmale unseres Lebensstils, führen zu einem Yin-Yang-Ungleichgewicht.

Die Lehre von Yin und Yang ist eines der ältesten polaren Prinzipien. Sie bietet uns einen ganzheitlichen Denkrahmen. Der chinesische Philosoph und Dichter Zhuangzi verdeutlichte die Bedeutung mit den Worten:

»Wenn Yin und Yang durcheinanderlaufen, geraten Himmel und Erde in große Panik. Das höchste Yin ist kalt, das höchste Yang heiß. Kälte entspringt aus dem Himmel, Hitze strömt aus der Erde. Wenn beide einander durchdringen und dabei eine Harmonie erzielen, dann entstehen daraus alle Dinge.«1

Das Zitat zeigt bereits die Wichtigkeit der Harmonie der beiden Pole. Die Dinge befinden sich im Fluss, im sogenannten Tao, wenn die beiden Energien ausgeglichen und in Balance sind und sich im ständigen Wechsel gegenseitig befruchten. Die beiden Kräfte stehen sich gegenüber und sind dennoch aufeinander bezogen. Das bedeutet, Yin und Yang, weiblich und männlich, bekämpft sich nicht. Im Gegenteil: Es ergänzt sich, es braucht beide gleichermaßen.

Der volle Kreis symbolisiert das große Nichts, die Quelle von allem Sein. Denn, wo nichts ist, kann gleichzeitig alles sein. Diese sogenannte Quelle ist unbeschreiblich, sie besitzt keinen Anfang und auch kein Ende, gleichzeitig lenkt sie jeden Anfang und jedes Ende. Das wird am besten durch das vielfältige Wort »Tao« beschrieben. Tao ist einmal der Weg der Schöpfung und, auch der Weg, der der Schöpfung vorausgeht. Es kann als der Ursprung aller Dinge und somit als unbeschreiblich für die menschliche Sprache gesehen werden. Erst nachdem es sich quasi manifestiert hat, können wir seine Erscheinungsformen wahrnehmen.2

Eine Ahnung davon, was gemeint ist, bekam ich einmal ganz früh morgens. Noch vor der Morgendämmerung lief ich an einem Urlaubstag am See entlang. Da noch keine Menschenseele wach war, lag die Natur unberührt, still und sanft vor meinen Augen. Noch in einer Art grauem Dunst und nicht voll von Licht erfasst, als stünde sie ganz nackt und mittig vor sich selbst.

Hast du selbst auch schon einmal einen solchen Moment erleben dürfen? Kannst du dich noch erinnern, wo es war und wie friedvoll du dich dabei gefühlt hast?

Nach Chu Hsi (1130-1200), einem der größten chinesischen Gelehrten und Philosophen, wurden alle Dinge, kosmische und individuelle, einschließlich des menschlichen Bewusstseins durch das Zusammenspiel von Yin und Yang erzeugt. Nichts kann »auf die Welt kommen«, kein Stein, kein Tier und auch das menschliche Bewusstsein nicht, ohne das Wirken dieser beiden Prinzipien.

Nur wenn Yin und Yang sich in vollkommener Harmonie befinden, kann das Tao getreu widergespiegelt werden. Da dieses Stadium schwer zu erreichen ist, sind die meisten Menschen mehr oder weniger unausgeglichen und folglich unwissend.3

Yin und Yang werden unterschiedliche Eigenschaften zugeordnet. Zur Verdeutlichung habe ich nachfolgend eine Grafik erstellt, damit du einen Überblick bekommst.

Abbildung 2.2: Unterschiedliche Eigenschaften im Yin und Yang

Wie in der Grafik zu sehen, gibt es Eigenschaften, die dem Pol Yang zugeordnet sind. Das sind zum Beispiel die Qualitäten logisch, kämpferisch, eckig, hell, aktiv und verstandeszentriert. Auf der anderen Seite stehen die Yin-Eigenschaften wie intuitiv, nachgiebig, rund, dunkel, passiv und herzzentriert. Besonders beim Gegensatzpaar hell-dunkel wird klar, dass wir nicht nur mit einem der beiden leben wollen. Wer möchte schon im Hellen schlafen oder bei Dunkelheit seinen Tag verleben?

So verhält es sich auch mit all den anderen Eigenschaften. Keine ist besser oder wertvoller als die andere. Nur die Balance bzw. das Gleichgewicht beider führt zu einem glücklichen Leben. Das gilt innerlich und gleichzeitig auch für die Gesellschaft und die Welt im Gesamten. Wenn ich in diesem Buch also von männlich und weiblich spreche, meine ich nicht das Geschlecht eines Menschen, nicht ob jemand als Frau oder als Mann geboren wurde oder sich einem von beiden zugehörig fühlt. Ich spreche bei männlich und weiblich über die beiden Qualitäten Yin und Yang, die in jedem Menschen angelegt sind, die sich gegenüberstehen und dabei gleichzeitig befruchten.

Dass unsere Welt aus der Balance geraten ist, hat damit zu tun, dass wir unseren Fokus zu sehr auf die Yang-Energie gelegt haben. Und wie wir bereits gesehen haben, führt jegliche Dominanz eines Prinzips zu Ungleichgewicht und damit auch zu Unglück und Leid, zu Zerstörung und Untergang. Und genau auf diesem Weg sind wir gerade: Yang-Eigenschaften wie schnell, laut, kämpferisch, aggressiv werden als erfolgreich und erstrebenswert betrachtet. In den vielen verschiedenen, zivilisatorischen und ausbeuterischen Geschehnissen in der menschlichen Geschichte zeigt die Überbetonung der Yang-Energie ihr hässliches Gesicht: Machtstreben, Dominanz, Unterdrückung, Gewalt.

Das Wirtschaftswachstum ist zum wichtigsten Aspekt der Gesellschaft geworden, das Yang-Prinzip dominiert, während das Yin »leidet« und zerstört wird. Doch wir brauchen eine Gesellschaft, in der das Yang- und das Yin-Prinzip die gleich wichtigen Rollen spielen.

Wenn Liebe, Kunst und Musik genauso wichtig wären wie die Wirtschaft und die Börse, dann müsste auch niemand mehr das Feminine pushen. Dann wäre das Feminine überschwänglich und lebendig in der Gesellschaft vorhanden. Wenn jeder Mensch erkennen würde, dass das Yang-Prinzip das solide, das Raum schaffende ist, und das Yin das Raumgestaltende, dann würde jeder die Gleichwertigkeit der Prinzipien erkennen. Es gilt einen Raum zu schaffen (Yang) und ihn zu gestalten (Yin). Beides ist gleich wichtig. Und so könnte jeder erleichtert aufatmen und sich fragen: Bin ich heute wieder solide oder flexibel unterwegs, möchte ich heute etwas erobern oder umarmen? Das bedeutet frei und trotzdem angebunden und erfüllt zu sein. Wenn du komplett frei und trotzdem angebunden an deine Essenz bist.

Leider sind in der heutigen Gesellschaft die Tendenzen des Yang universell geworden. Yang gilt als mächtig und scheint in der allgemeinen Wahrnehmung der einzige richtige und erstrebenswerte Weg zu sein. Doch das ist eine traurige Wahrnehmung, die sich da in der Gesellschaft breitgemacht hat.

Und auch viele Frauen haben begonnen, so zu denken. Ein Grund, warum heutzutage so viele Frauen wie Männern agieren, ist, weil sie sich nicht mehr länger unterdrücken lassen wollen, sondern endlich »richtig« gleichberechtigt sein möchten. Und so übernehmen auch sie die Qualitäten des Yang wie zum Beispiel Durchsetzung und Kampf. Welchen Preis die Yin-Energie dafür zahlen musste und noch immer muss, zeigt uns nicht nur die geschichtliche Degradierung des Weiblichen und Verletzung am weiblichen Kollektiv, sondern auch der Zustand unseres Planeten.

Und dennoch möchte ich auch die Yang-Energien wertschätzen, haben sie uns auch viel Fortschritt, Komfort und Annehmlichkeiten gebracht: Viele Krankheiten wurden besiegt, wir sind auf dem Mond gelandet, haben Autos und Computer gebaut, künstliche Intelligenzen geschaffen. Was früher nur einer kleinen, reichen Gruppe an Menschen zugänglich war, ist nun für die Masse erschwinglich, sei es beispielsweise Elektrizität oder Reisen. Doch ist das Ganze eben aus der Balance geraten. Und es ist wichtig, wieder ins Gleichgewicht zurückzukehren. Damit meine ich den ständigen Wechsel des gegenseitigen Befruchtens beider Energien. Mit diesem Buch möchte ich einen Beitrag zu einem integralen Bewusstsein leisten.

Wo wurde die Yin-Energie in der Geschichte unterdrückt, verletzt und bekämpft? Wo fehlt sie auch heute noch immer – offensichtlich und weniger augenscheinlich? Welche Folgen hat das für den Planeten, für die Natur, für die Gesellschaft, für uns? Und ganz wichtig: Was können wir tun, um wieder ins Gleichgewicht zurückzukehren? Welche Möglichkeiten und Visionen laden uns ein, die Welt zu verändern?

Wir sind also dem Trugschluss aufgesessen, dass Yang erstrebenswerter ist als Yin und haben uns eine Welt geschaffen, in der die männlichen Eigenschaften dominieren. Wir sind noch einem zweiten Trugschluss aufgesessen: nämlich, dass alles voneinander getrennt ist. Dass wir Menschen voneinander getrennt sind, und dass wir von der Natur getrennt sind. Doch das ist nicht so. Um das zu verstehen, möchte ich einen kleinen Ausflug machen. Wollen wir kurz in die Quantenphysik eintauchen?

1 Tsung-Tung Chang, (1982) Metaphysik, Erkenntnis und praktische Philosophie im Chuang-Tzu, Vittorio Klostermann

2 Sukie Colegrave, Yin und Yang, S. 13/14/15, Virago Press

3 Sukie Colegrave, (1979) Yin und Yang, S. 25, Virago Press

Kapitel 3:

Vom trennenden zum