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Dieses Buch gilt als Standardwerk für den Maschinen- und Anlagenbau. Es gibt keine anderen Führungskräfte als Interim Manager, die im Laufe ihres Berufslebens so viele Unternehmen und dabei verschiedene unternehmerische Herausforderungen bewältigen. In der "Von Interim Managern lernen" wird dieses geballte Know-how gebündelt und einer breiteren Fachöffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Diplomatic Council (DC), ein globaler Think Tank mit Beraterstatus bei den Vereinten Nationen (UNO), und United Interim (UI), das führende Netzwerk qualifizierter Interim Manager im deutschsprachigen Raum, haben sich hierzu zusammengetan. Die beiden Herausgeber der Buchreihe, Dr. Harald Schönfeld und Jürgen Becker, sind zugleich die Gründer und Geschäftsführer von United Interim; sie kennen daher dieses Marktsegment besser als irgendjemand anderes. Dieses Wissen gepaart mit einem persönlichen Vertrauensverhältnis zu praktisch allen qualifizierten Interim Managern von Relevanz im deutschsprachigen Raum gewährleistet, dass in der Buchreihe "Von Interim Managern lernen" tatsächlich nur die Besten der Besten zu Wort kommen. Daher wird der neue Band "Maschinen- und Anlagenbau" in der Branche mit viel Anerkennung und Begeisterung aufgenommen. Die Presse nennt das Buch "das neue Standardwerk für den Maschinen- und Anlagenbau". Zehn Autoren stellen ihr in der Praxis erarbeitetes Know-how auf über 300 Seiten zur Verfügung.
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Seitenzahl: 291
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Vorwort
Von Interim Managern lernen
Interim Manager: Was ist das und worum geht es?
Neue Herausforderungen
Wachstumsmotor in der DACH-Region
Transformationen parallel zum Tagesgeschäft
Vorteile und Mehrwerte von Interim Managern
Marketing & Sales Intelligenz im Maschinenbau
Quo vadis, Maschinenbau?
Digitale Hausaufgaben machen
Von anderen Branchen lernen
Marketing und Sales Intelligenz aufsetzen
Content Marketing im Omnichannel
Das Compelling Event
Daten-Hygiene: Big Data, Lost Data, Smart Data?
Conversational Commerce
Communities bilden
Customer Centricity und Emotionen
Den Faktor Mensch bewahren
Ansätze für ein erfolgreiches Transformationsmanagement
Resümee: die digitale Basis schaffen
Der Stellenwert von Führung und Management
Was verstehe ich unter Führung und Management
Was mich und meine Führungskompetenz prägte
Einfluss von Führung und Management auf das Resultat
Kulturwandel und Implementierung des Lean-Gedankens
Typisches IT-Projekt mit Zielkonflikten und „Sprachbarrieren“
Anlagenbau: Projekt-Abbruch des Kunden verhindern
Orientierungslose Organisation ohne fachliche Führung
Graben-Kämpfe zwischen Business-Unit und Operation
Die Chefs haben keine Zeit zum Führen
Täglicher „Kampf“ einer Massenproduktion für genügend Output
Erfolgsfaktor „Vertrauen“
Erfolgsfaktor „Führungs-Grundsätze“
Erfolgsfaktor „Fachliche Führung“
Kultureller Einfluss auf Führung und Management
Resümee
Ertragskraft und Liquidität verbessern
Abstrakt
Beispiel 1: Wir haben zu hohe Materialkosten!
Beispiel 2: Controlling liefert falsche Berichte
Beispiel 3: Controlling zeigt Verluste
Beispiel 4: Percentage-of-Completion ist falsch berechnet
Beispiel 5: Percentage-of-Completion schwankt
Beispiel 6: Es gibt Probleme in der Buchhaltung
End-Fazit / Empfehlung
Technischer Einkauf
Abstrakt
Einleitung
Warum der Einkauf so oft „unter Druck“ und in der Kritik ist
Meilensteinverfolgung bringt Transparenz
Bereichsübergreifende Zusammenarbeit
Entwicklungswettbewerbe mit Lieferanten
Gruppeneinkauf: dezentral, zentral oder Netzwerk?
Einkaufsnetzwerk mit Lead Buyern
Einschub: Agiler Einkauf und agiles Projektmanagement
Lieferantenbasis als strategischer Wettbewerbsvorteil
Einkaufs-Ausrichtung und Unternehmensstrategie
Anforderungen an technische Einkäufer
Fazit, Benchmark technischer Einkauf
Trendsurfen mit KPIs
Einleitung
Trendsurfen
Führungskräfte sind häufig Fehlbesetzungen
Emotionale Intelligenz im Business
Die Sendung mit der Maus
Alternative, nachhaltigere Erfolgskonzepte
Beispiel: Beteiligung am EBITDA
Beurteilungs-Lohnsystem für gewerblich Beschäftige
Vorgesetzten-Beurteilung
Resümee
Angst und Vertrauen
Die Rolle des CIO bei der Digitalisierung im Maschinenbau
Abstract
Die Reise der Digitalisierung begann bereits im 17. Jahrhundert
Der CIO als Chamäleon
Warum Unternehmen keine Unternehmensstrategie brauchen
Worauf kommt es bei einer erfolgreichen Umsetzung an?
Resümee
Innovationskraft aufbauen im Maschinenbau
Abstract
Herausforderungen im Maschinen-und Anlagenbau
Innovationskraft aufbauen
Führung, Verantwortung und Kommunikation
Organisation
Konzeptbausteine für die Umsetzung
Beispiele für erfolgreiche Innovationen
Resümee
Lean Management in der Produktion
Einleitung
Lean Management-Methoden
Vorgehen bei der Einführung von Lean Management
Praxis-Beispiel
Fazit
Die Herausgeber
Autorenverzeichnis
Dr. Harald Schönfeld
Jürgen Becker
Eckhart Hilgenstock
Peter Lüthi
Hans Rolf Niehues
Manfred Richter
Michael Weimar
Falk Janotta
Dr. Uwe Seidel
Dipl.-Ing. Götz Stapelfeldt
Bücher im DC Verlag
Über Diplomatic Council
Über United Interim
Quellenangaben und Anmerkungen
Es gibt keine anderen Führungskräfte als Interim Manager, die im Laufe ihres Berufslebens so viele Unternehmen und so viele verschiedene unternehmerische Herausforderungen kennenlernen. Daher wurde es höchste Zeit, eine eigene Buchreihe „Von Interim Managern lernen“ aufzulegen, um dieses geballte Know-how zu bündeln und einer breiteren Fachöffentlichkeit zugänglich zu machen.
Das Diplomatic Council (DC), ein globaler Think Tank mit Beraterstatus bei den Vereinten Nationen (UNO), hat sich hierzu United Interim (UI), das führende Netzwerk qualifizierter Interim Manager im deutschsprachigen Raum, zum Partner gewählt. Die beiden Herausgeber der Buchreihe, Dr. Harald Schönfeld und Jürgen Becker, sind zugleich die Gründer und Geschäftsführer von United Interim; sie kennen daher dieses Marktsegment besser als irgendjemand anderes. Dieses Wissen gepaart mit einem langjährig entwickelten, vertrauensvollen und persönlichen Verhältnis zu praktisch allen qualifizierten Interim Managern von Relevanz im deutschsprachigen Raum gewährleistet, dass in der Buchreihe „Von Interim Managern lernen“ tatsächlich nur die Besten der Besten zu Wort kommen.
Dieses geballte Know-how stellen wir einmal mehr im Band „Interim Manager berichten aus der Praxis: Maschinen- und Anlagenbau“ zur Verfügung. Das ist kein Zufall – kaum ein anderer Industriesektor mit derart großer Bedeutung für unsere Volkswirtschaft befindet sich in einem so massiven Veränderungsprozess wie der Maschinen- und Anlagenbau.
Vor diesem Hintergrund erscheint das vorliegende Buch genau zum richtigen Zeitpunkt, um den Entscheidungsträgern in der Branche mit klugem und vor allem praxiserprobtem Rat zur Seite zu stehen. Noch besser: Wer über den Rat hinaus tatkräftige Unterstützung bei Strategie und/oder Umsetzung benötigt, kann die in diesem Buch vorgestellten Interim Manager direkt ansprechen. Die Profile inklusive Kontaktdaten befinden sich in der Sektion „Über die Autoren“ am Ende des Werkes. Denn alle, die in diesem Buch zu Wort kommen, sind nicht in erster Linie Autoren, sondern es sind vor allem Interim Manager, die eben nicht nur mit Rat, sondern insbesondere auch mit Tat zur Seite stehen.
In diesem Sinne wünsche ich dem neuen Band einen guten Start, mögen die geneigten Leserinnen und Leser ein Maximum an Nutzen aus der Lektüre ziehen. Mein Dank gilt den Interim Managern, die sich die Zeit genommen haben und bereit sind, ihr profundes Know-how in diesem Werk darzustellen, und natürlich den beiden Herausgebern, die sich um die hohe Qualität aller Beiträge verdient gemacht haben.
Hang Nguyen
Generalsekretärin Diplomatic Council
Einführung von Jürgen Becker und Dr. Harald Schönfeld, beide Gründer und Geschäftsführer der UnitedInterim GmbH
Es gibt wohl kaum eine Berufsgruppe, die mehr über die betriebliche Praxis weiß, als Interim Manager. Sie wissen viel besser Bescheid als die meisten fest angestellten Manager, weil sie im Laufe ihres Berufslebens viele verschiedene Unternehmen, unterschiedliche Situationen und Herausforderungen kennen lernen. Gerade in Zeiten, in denen sich viel verändert – wie jetzt in der Folge der Pandemiejahre mit all ihren Umwälzungen –, bieten die Erfahrungen und das Know-how von Interim Managern einen echten Schatz. Das gilt insbesondere für eine Branche wie den Maschinen- und Anlagenbau, die sich in einem starken Wandel befindet. Gerade die Lieferengpässe, die Digitalisierung und auch die Knappheit an Talenten gehören zu den wichtigsten Herausforderungen. Bei all dem sollen am Markt auch noch Kunden gewonnen werden, die Menschen intern zukunftsgerecht geführt und insgesamt gesehen natürlich auch noch Geld verdient werden.
Mit der Buchreihe „Von Interim Managern lernen“ wird das Know-how von praxisorientierten Umsetzungsexperten erstmals gebündelt. Die sorgfältige Auswahl durch die Herausgeber stellt sicher, dass in dieser Reihe ausschließlich die „Besten der Besten“ unter den Interim Managern mit Themen zu Wort kommen, die aktuell im Maschinen- und Anlagenbau brennen; aus jedem Fachgebiet und aus jeder fachlichen Perspektive immer nur einer. Alle Interim Manager vereint jedoch das Streben nach operativer Exzellenz für ihre Kunden: Es geht um die zukunftsfähige Umsetzung und Durchsetzung von Veränderungen, eine in der Praxis auch wirklich funktionierende Gewinnung von Kunden, eine zeitgemäße Führung der Mitarbeiter, eine Steigerung der Performance und damit eine Verbesserung der Wertschöpfung des Unternehmens und natürlich eine erhöhte Rentabilität! All das sind Themen, für die Interim Manager engagiert werden.
Traditionell zählt der Maschinen- und Anlagenbau (in der Folge häufig nur als „Maschinenbau“ bezeichnet), zu den stärksten Nachfragern der Leistung von Interim Managern. Siehe dazu auch die folgende Abbildung 1: An deren Entscheider richtet sich dieses Buch. Ebenfalls zählen aber auch Kapitalbeteiligungsgesellschaften, Investoren, Banken und an der Branche generell interessierte Leser zu den Adressaten.
Abbildung 1: Marktanteile der Branchen. Quelle: AIMP (2021)
Interim Manager gibt es im deutschen Sprachraum seit über 40 Jahren. Andere Bezeichnungen sind „Manager auf Zeit“ oder auch „Manager ad interim“. Im süddeutschen und österreichischen Sprachraum findet sich manchmal auch ein „Fugen-s“: Interimsmanager. Die Online-Ausgabe des Gabler Wirtschaftslexikons gibt folgende Definition (Interim Management, 2018):1
Beim Interim Management arbeiten selbstständig tätige Interim Manager für einen definierten Zeitraum (üblicherweise 3-18 Monate) i.d.R. in unternehmerischer Verantwortung in einem Unternehmen in einer Führungsposition der ersten und zweiten Ebene. Interim Manager werden in unterschiedlichen Situationen und Aufgabengebieten eingesetzt, z.B. zur Überbrückung bei unvorhersehbaren Vakanzen beim Ausfall einer Führungskraft, zur Restrukturierung und Sanierung, im Projektmanagement, zur Einführung neuer Programme oder bei der Gründung, Übernahme oder Veräußerung von Unternehmen.
Interim Manager gelten als Top-Segment innerhalb der Freelancer. In der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) arbeiten nach einer zusammenfassenden Studie (Xing, 2019) gut 1,5 Millionen Freelancer (Einzelunternehmer, Freiberufler). Nach dieser Untersuchung kann sich zusätzlich jeder zweite Angestellte vorstellen, als Freelancer zu arbeiten. Besonders stark ist das Interesse in der jüngeren Generation. Für die USA wird schon jetzt angenommen, dass im Jahre 2027 mehr als die Hälfte der Arbeitskräfte Freelancer sein werden. Für die DACH-Region kann aktuell nach einer Schätzung des AIMP (2021) von circa 15.000 Interim Managern ausgegangen werden.2
Die DDIM (Dachgesellschaft Deutsches Interim Management e.V.) ist der führende Wirtschafts- und Berufsverband für Interim Management in Deutschland und bezeichnet Interim Management zunächst als eigenes Angebotssegment im Markt der Management Dienstleistungen, welches sich von der Nachbarbranche der Unternehmensberatung in der Art des Services unterscheidet (DDIM 2020a):3
„Während Unternehmensberatungen einen externen, unabhängigen Service bieten, bei dem die Entscheidungsbefugnis und -verantwortung beim Auftraggeber verbleiben, arbeiten Interim Manager in der Regel in unternehmerischer Verantwortung im Mandanten-Unternehmen. Für einen definierten Zeitraum werden sie zum integralen Bestandteil des internen Teams. Interim Manager arbeiten freiberuflich und auf eigenes Risiko. Sie werden in Führungspositionen der ersten und zweiten Ebene eingesetzt.“
In der Praxis haben Interim Manager mit Beratern einige Überschneidungen. Der wesentliche Unterschied wird jedoch darin gesehen, dass Interim Manager ihren Fokus auf die operative Umsetzung oder Durchsetzung von Maßnahmen legen. Diese operativen Tätigkeiten können durchaus auf Empfehlungen aufsetzen, die vorher von einem Berater gegeben wurden – oder vom Interim Manager selbst, der vorher eine Analyse durchgeführt hat.
Eine weitere Abgrenzung ist die „nach unten“, nämlich zur Zeitarbeit bzw. zum Personalleasing. Die DDIM (2020a) spricht von „substituierbaren Tätigkeiten im ausführenden Bereich (…). Die Arbeitskräfte sind zumeist Angestellte der Leasingfirma und werden dem Auftraggeber für einen befristeten Zeitraum überlassen.“
Üblicherweise sind Interim Manager selbstständige bzw. freiberufliche Dienstleister. Sie bleiben dies auch während ihres Projekteinsatzes bei ihren Mandanten. Einige arbeiten firmenrechtlich auch unter dem Dach einer eigenen Gesellschaft (i.d.R. GmbH) oder einer Sozietät mit Kollegen. Die meisten Interim Manager verfügen über eine universitäre Ausbildung und langjährige Erfahrung in leitenden Positionen. Üblich sind – je nach Spezialisierung – eine ganze Reihe an Zusatzaus- und Weiterbildungen, insbesondere zu aktuellen Themen. Sobald die Aufgabe erledigt bzw. das Projekt beendet ist, verlassen die Interim Manager ihren Auftraggeber wieder und wenden sich einem neuen Kunden zu. Ein viel zitiertes Motto lautet: „Wir kommen, um zu gehen!“. Je nach Aufgabe dauern die Mandate wenige Monate bis zu zwei Jahren – der Durchschnitt liegt bei circa neun Monaten.
Die Anfänge des Interim-Business liegen ursprünglich im Sanierungs- und Restrukturierungsgeschäft. Die Idee vom Feuerwehrmann und harten Krisenmanager prägte über Jahre hinweg das Bild in der Presse und Öffentlichkeit. Seit die Branche und einzelne Kategorien durch Studien erfasst werden, blieben die Einsätze als Sanierer oder als Restrukturierer jedoch selbst in gesamtwirtschaftlichen Krisenphasen immer unter 20 Prozent (AIMP, 2021). Dies geht aus der nachfolgenden Abbildung 2 hervor – vor allem im Vergleich zu anderen Einsatzfeldern.
Sein größtes Volumen schöpft das Interim-Business seit Jahren aus der Überbrückung von offenen Stellen (Vakanz-Überbrückungen / Projekt-Vakanz), selbst wenn diese i.d.R. nur wenige Monate dauern: Ein Unternehmen holt einen Interim Manager an Bord, der das Tagesgeschäft absichert, bis der neue Mitarbeiter gefunden ist, gekündigt hat und anfangen kann. Neben der Führung des Tagesgeschäftes ist es üblich, dass ein Interim Manager parallel ein bestehendes Problem oder eine Chance analysiert, dazu Lösungskonzepte entwickelt und mit hoher Umsetzungssicherheit auch realisiert. Dieses aus Unternehmenssicht smarte Vorgehen stand in seiner Hochzeit (2010/2011) für gut 40 Prozent des Geschäftes. Weil so etwas für die nachfragenden Unternehmen zweckmäßig und mit einem hohen Mehrwert verbunden ist, kann erwartet werden, dass Vakanzüberbrückungen auch in Zukunft einen nennenswerten Anteil am Interim-Business haben werden.
Abbildung 2: Einsatzfelder für Interim Manager. Quelle: AIMP (2021).
Wir gehen davon aus, dass die klassische Projektarbeit – einschließlich Themen im Change-Management – weiter einen hohen Stellenwert einnehmen wird. Allein deshalb, weil schlank aufgestellte Unternehmen kaum freie Kapazitäten haben, um diese Aufgaben aus eigenen Ressourcen abzudecken und weil eine zeitlich genau definierte Arbeit im Projekt in perfekter Weise mit dem Konzept des Interim Managements harmoniert. Das umfasst die zügige Umsetzung von Transformationsvorhaben, bei der ein passender Interim Manager neben „Kapazität“ auch noch das notwendige neue inhaltliche und methodische Wissen mitbringt.
Inzwischen sind Interim Manager in ihrer Gesamtheit weiblicher und wesentlich jünger geworden. Das Durchschnittsalter liegt bei Anfang Fünfzig. Einsteiger starten immer früher und sehen Interim Management als sinnvolle und selbstbestimmte Fortsetzung der bisherigen Angestellten-Karriere – nunmehr als Unternehmer in eigener Sache und mit eigenem Auftritt am Markt4.
Die von Interim Managern bearbeiteten Themen und Projekte bestehen aktuell aus einer bunten Mischung aus allen Unternehmensbereichen: Vom Einkauf, der Entwicklung, über die Produktion, die Logistik, den Finanzbereich, HR und Unternehmensführung bis hin zum Business Development. Einige Interim Manager haben sich zudem auf Sonderthemen oder Sondersituationen spezialisiert.
Beispiele sind im Bereich der Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben, der Internationalisierung oder rund um Mergers & Acquisitions (M&A) / Eigentumswechsel zu finden. Auch die Restrukturierung und Sanierung besteht weiterhin als etabliertes Marktsegment im Interim Management. Die vielen Projekte im Personalbereich – eine statistisch überwiegend weibliche Domäne – stehen als Beispiel für zunehmend mehr Frauen, die sehr erfolgreich als Interim Managerinnen tätig sind.
Abbildung 3: Projekte nach betrieblicher Funktion. AIMP (2021).
Die Abkürzung „VUCA“ hat schon vor Corona das Umfeld der Unternehmen – auch im Maschinen-und Anlagenbau – durch einen zunehmenden Grad an Veränderlichkeit (V), Unsicherheit (U), Komplexität (C) und Ambiguität (A) beschrieben. Eine „VUCA-World“ lenkt den Blick auf zahlreiche aktuelle Herausforderungen, bei denen im Grunde „alles“ passieren kann. Als Haupttreiber werden in der bisherigen Literatur und Diskussion die Digitalisierung und Globalisierung der Märkte angesehen. Auch eine Corona-Situation, bei der in völlig unerwarteter und extremer Weise auf den „Pause-Knopf“ der Weltwirtschaft gedrückt wurde und die gleichzeitig als Brandbeschleuniger für Veränderungen diente, hatte keiner auf dem Zettel. Somit handelt es sich mit VUCA um ein brauchbares Erklärungskonzept für schnell wandelnde Wertschöpfungsketten unter folgenden Merkmalen:
Projekte:
Ein wichtiges Phänomen innerhalb der Unternehmen ist der Trend zum Projekt und zur Projektorganisation. Und da die Innovations- und Produktlebenszyklen immer kürzer werden, sind wichtige Aufgabenstellungen meist erst kurz vor ihrem Akutwerden erkennbar.
Flexibilität:
Die geringer werdende Planbarkeit steigert grundsätzlich die Nachfrage nach schnell und flexibel einsetzbaren „Ressourcen“, vor allem personeller Art.
Wissen:
Der hohe Neuigkeitsgrad von all dem, was getan werden muss, erfordert eine schnelle Verfügbarkeit von aktuell notwendigem Know-how und erforderlichen Kompetenzen.
Dem Neuen zuwenden können
: Es wird zunehmend bedeutsam, nicht am Bisherigen festzuhängen, sondern loslassen und sich dem Neuen aktiv zuwenden zu können. Es liegt auf der Hand, dass eine fachlich ausgewiesen kompetente Person, die von außen kommt, emotional keine bindende Historie oder Verpflichtungen hat, keine Politik in Sachen eigener Interessen oder Karriere verfolgt und in der Regel eine ähnliche Aufgabenstellung schon einmal erfolgreich bewältigt hat, hohe Akzeptanz in der Umsetzung erfährt. Sie stellt eine große Unterstützung im Unternehmen in sachlicher und emotionaler Hinsicht dar.
Für Unternehmen wird es immer wichtiger, kompetent mit diesen Veränderungen umgehen zu können. Es gilt, Bewährtes und durchaus bisher Erfolgreiches bewusst zu beenden und Neues zu wagen. Damit geht die Anforderung einher, neugierig zu sein, neu zu denken, zu lernen (nie auszulernen) und auszuprobieren; auch gegen innere Zweifel und äußere Widerstände. Das Ganze hat neben dem Fachlichen auch eine emotionale Ebene und viel mit Werten zu tun. Und alles muss schnell gehen. Menschen, die diesen Wandel (auch als „Change“ oder „Transformation“ bezeichnet) gestalten und zielgerichtet treiben können, sind somit zunehmend notwendig.
Die punktgenaue Nutzung aller Personal- und Managementressourcen ist dabei ein wesentlicher Erfolgsfaktor.
Der Maschinenbau gilt als eine der wichtigsten Branchen in der deutschen Volkswirtschaft, aber auch in der Schweiz und in Österreich. Wie später in diesem Buch im Beitrag von Eckhart Hilgenstock dargelegt, entwickeln sich – basierend auf dem Mitte 2021 veröffentlichen Report „Maschinenbau 2030“ der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte (Deloitte 2021) – vier Zukunftsszenarien. So könnten in weniger als einem Jahrzehnt „kundenspezifische Neumaschinen und radikale Service- Geschäftsmodelle aus der DACH-Region den weltweiten Maschinenbau beherrschen“. Aber es könnte auch durchaus passieren, dass „milliardenschwere Tech-Unternehmen aus der Software- und Internet-Industrie Schlüsselpositionen im Maschinenmarkt erobern“. In diesem Fall könnten diese für den Großteil der Wertschöpfung zuständig sein – während gleichzeitig hochtransparente Einkaufs- und Service-Plattformen das Ersatzteilgeschäft übernehmen.
Es besteht also ein großer Möglichkeitsraum für Veränderungen! Im Detail könnten diese vier Szenarien dem Maschinen-und Anlagenbau in der DACH-Region bis 2030 widerfahren (Deloitte 2021):
Im ersten Szenario sind die Maschinenbauer mit ihrem bisherigen Konzept weiterhin erfolgreich. Sie verfügen über direkten Kundenzugang und produzieren wie bisher hochspezialisierte Maschinen. Ihre internationale Führungsposition hängt aber an einem seidenen Faden: Branchenfremde Tech-Giganten und Wettbewerber aus China drängen mit konkurrierenden Geschäftsmodellen auf den Markt.
Im zweiten Szenario ist es den Maschinenbauern gelungen, die digitale Transformation erfolgreich umzusetzen. Spezialmaschinen wurden von modularen Standardmaschinen abgelöst, die durch individualisierbare Software-Lösungen einen neuen Kundennutzen bieten. Die Daten- und Software-Hoheit haben in diesem Szenario die Maschinenbauer selbst inne – und nicht die Tech-Unternehmen aus Übersee. Digitale Services sichern die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit der Unternehmen und den gesellschaftlichen Wohlstand in der DACH-Region. Aber auch in diesem Falle muss die Branche hellwach bleiben, weil die Konkurrenz keinesfalls schläft.
Das dritte Szenario beschreibt einen Siegeszug der Tech-Unternehmen über die Maschinenbauer: Die größte Wertschöpfung wird wie im zweiten Szenario durch digitale Service-Lösungen erzielt. Diese kommen jedoch von den branchenfremden Softwareanbietern. Der Maschinenbau wird zum reinen Zulieferer. Es besteht kein direkter Zugang mehr zu Kundenund Maschinendaten und die Maschinenbauunternehmen müssen sich Wettbewerbern aus ganz neuen Regionen stellen, zum Beispiel aus China. Die digitalen Wachstumsmärkte bleiben ihnen verschlossen.
Das vierte Szenario besteht aus einem Hybrid aus den drei vorangegangenen Szenarien: Die Maschinenbauer und Tech-Anbieter bilden Ökosysteme, die zunehmend von der Tech-Seite dominiert sind. Spezialmaschinen sind zwar weiterhin gefragt, die digitalen Plattformen kommen allerdings von den Tech-Anbietern, wo die Maschinen- und Kundendaten liegen. Der Maschinenbau hat einen deutlich geringen Anteil an der Wertschöpfung.
Als Fazit wird die Einschätzung gegeben, dass der Maschinenbau auch im Jahr 2030 der Wachstumsmotor für die DACHRegion sein wird. Es wird jedoch weiterhin vieler Anstrengungen und einer noch stärkeren Bereitschaft zur Veränderung und Zusammenarbeit bedürfen.
All diese Szenarien implizieren massive Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle, die damit verbundene Strategie, die Organisationstrukturen und -prozesse sowie die Mitarbeiter; ebenfalls auf die begleitenden Finanzprozesse und die Compliance.
Nicht zu unterschätzen sind die Einflüsse auf die Wertebene und damit auf die Unternehmenskultur. Und weil wir in diesem Buch über Manager sprechen, dann ändert sich gerade das Berufsbild dieser Führungskräfte und der dafür notwendigen Qualifikation.
Die Herausforderung – gerade in mittelständisch geprägten Strukturen – besteht darin, dass all die angesprochenen neuen Themen auch noch neben dem normalen Tagesgeschäft bewältigt werden müssen. Dieses stellt für viele Unternehmen und Führungskräfte aber ohnehin schon eine hohe Belastung dar. Die Managementkapazitäten sind meist „auch schon so“ komplett ausgereizt.
Wenn in Unternehmen nun solche Transformationsvorhaben anstehen, helfen Interim Manager bei der schnellen und fachkundigen Umsetzung. Interim Manager entlasten und sorgen für Fokus auf das Thema. Interim Manager sind Experten für die Umsetzung und Durchsetzung.
Sie können in diesem Wandel unterstützend zur Seite stehen und zusätzliche Managementkapazitäten und erforderliches Know-how schnell und professionell liefern. Ihr Einsatz ist flexibel und meist kurzfristig möglich.
Unternehmen kaufen sich damit nicht nur zusätzliche Management-Ressourcen ein. Sie können sofort das notwendige, neue Know-how einsetzen, welches sie intern gar nicht so schnell aufbauen können. In den meisten Fällen kann ein Interim Manager sein Wissen auch ans Team weitergeben und dafür sorgen, dass es auch wirklich in der Praxis klappt. Gutes Interim Management beinhaltet also auch noch einen ganz pragmatischen Know-how-Transfer on the job.
Ganz zentral ist nach den Erfahrungen der Corona-Zeiten in den Jahren 2020 und 2021 jedoch, dass Unternehmen neben Geschwindigkeit auch noch Sicherheit in der Umsetzung erhalten. Warum ist das so?
Für die Umsetzung von schnellen Transformationsprozessen braucht es andere Management-Kompetenzen als für ein Tagesgeschäft, welches durch die Beherrschung von Routineprozessen gekennzeichnet ist.
Abbildung 4: Kompetenzen für Transformationsvorhaben. (Lettmann, 2020)
Wenn die Märkte jetzt nicht mehr nur ein „schnell“, sondern ein „sofort“ einfordern, wird die Fähigkeit sich zu wandeln und „schnell machen“ zu können, zum strategischen Erfolgsfaktor. Es liegt auf der Hand, dass professionelle Interim Manager dazu einen wesentlichen Beitrag leisten können, der sich im Sinne eines Mehrwertes in vielfacher Weise als sinnvolle Investition rechnet.
Die aktuell im Markt gesehenen Kundenvorteile durch Interim Manager fasst die DDIM so zusammen (DDIM, 2020b):5
„Als Hauptgründe für den Einsatz von Interim Managern werden der akute Mangel an qualifizierten Managementkapazitäten, Ressourcenengpässe, steigende Flexibilitätsanforderungen an die Unternehmen sowie kurzfristige Vakanzen gesehen. Interim Manager fangen Management-Engpässe auf, bringen ein Plus an Unabhängigkeit und verschaffen Unternehmen durch Flexibilität, Know-how und zusätzliche Ressourcen messbare Wettbewerbsvorteile.“
In unserer inzwischen fast 20-jährigen Praxis im Interim Management haben wir beobachtet, wie durch Interim Manager ein ganzes Bündel an Mehrwerten für Unternehmen entstehen. Natürlich wird dabei vorausgesetzt, dass das Unternehmen eine sorgfältige Auswahl trifft und sich für einen passenden Interim Manager entscheidet:
Geschwindigkeit
: Bestehende Vorerfahrungen und aktuelle Kompetenzen vorausgesetzt, kann davon ausgegangen werden, dass ein Interim Manager nur eine sehr kurze Einarbeitungszeit, bzw. „ramp-up-time“, braucht. Die klassischen 100 Tage eines Festangestellten schrumpfen i.d.R. auf ein bis zwei Wochen. Mit Hilfe guter Führung und moderner, professioneller Methoden- und Prozesskompetenz werden Ziele schnell erreicht.
Sicherheit:
Umsetzungssicherheit, Methodenkompetenz, aktuelle Skills und Know-how sowie Erfahrung aus ähnlichen Aufgabenstellungen (unter anderem belegt durch Referenzschreiben oder Case Studies) sorgen für eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit.
Akzeptanz und Nachhaltigkeit der Lösung
: Interim Manager sind darauf spezialisiert, in besonderen und unerwarteten Situationen eingesetzt zu werden. Ihre Kunden profitierten von einer neutralen und objektiven Sichtweise. Bei allen anstehenden Änderungen verfolgen Interim Manager keine eigenen (Karriere-) Interessen. Es geht nur um die Sache. Dies befähigt sie sehr rasch, Akzeptanz zu gewinnen und in der Folge gemeinsam mit allen Beteiligten Lösungsansätze zu entwickeln und nachhaltig durch- und umzusetzen.
Rendite:
Mit dem Einsatz eines Interim Managers geht i.d.R. eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit und kürzere Projektdauer einher. Die gewünschten Ziele entfalten ihre positiven Auswirkungen schneller. All das realisiert für das Unternehmen eine attraktive Rendite der Investition in einen Interim Manager.
Die einzelnen Beiträge des vorliegenden Bandes bündeln zusammengenommen ein geballtes Know-how zu den unterschiedlichen Herausforderungen, Aufgaben und Erfahrungen professioneller Interim Manager in der Praxis des Maschinen- und Anlagebaus national und international. Auch wenn wir mit allen Autoren schon seit Jahren persönlich-professionell bekannt sind und ihre berufliche Entwicklung als Interim Manager verfolgen konnten, haben wir bei der Durchsicht und Diskussion viel gelernt! Dafür danken wir.
Dem Diplomatic Council (DC) sind wir seit einigen Jahren freundschaftlich und aktiv verbunden. Wir engagieren uns gerne in diesem globalen Think Tank, Business Network und Charity Foundation mit Beraterstatus bei den Vereinten Nationen. Auf diese Weise können gemeinsam mit allen nationalen und internationalen Mitgliedern Synergien gehoben werden, wie es sonst kaum möglich wäre.
Literaturverzeichnis zu diesem Beitrag
AIMP (2021). AIMP-Arbeitskreis Interim Management Provider. AIMPProviderumfrage 2021: https://www.aimp.de/aimp-umfragen/aktuelle-aimpumfragen
Becker/Schönfeld/Singer (2020): Karriere-Handbuch für Interim Manager. Erfolg als Freelancer im Management, BoD-Verlag, Norderstedt, ISBN: 978-37519-8416-4, 330 Seiten
DDIM (2020a). Branchenprofil. https://www.ddim.de/interimmanagement/fuer-unternehmen/branchenprofil/
DDIM (2020b). Kundenvorteile. Website DDIM: https://www.ddim.de/interimmanagement/fuer-unternehmen/kundenvorteile/
Interim Management (2018). Gabler Wirtschaftslexikon – Online Lexikon: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/interim-management-52714/version-275829
Lettmann (2020). Siegfried Lettmann: Wissen Interim Management. Welchen Mehrwert hat ein Interim Manager für Ihr Unternehmen? Website butterflymanager GmbH: https://www.butterflymanager.com/mehr-als-15-jahrebutterflymanager/welchen-mehrwert-hat-ein-interim-manager-fuer-ihrunternehmen/
Xing (2019). Hallo! Das ist HalloFreelancer. Hallo Freelancer – Ein Service von Xing. https://www.hallofreelancer.com/
Eckhart Hilgenstock, Interim Executive (EBS), Interim Manager des Jahres 2012 (AIMP), Top Interim Manager im Manager Magazin 10/2021 und in CAPITAL 01/2022
Der Maschinenbau ist eine der entscheidenden Branchen für die deutsche Volkswirtschaft. Made in Germany, German Engineering und deutsche Innovationskraft haben internationalen Markenstatus. Die wichtigste Aufgabe von Marketing und Vertrieb im Maschinenbau ist die Darstellung technischer und qualitativer Leistungsmerkmale sowie des Return on Investment. Die Differenzierung findet über Alleinstellungsmerkmale der Maschine, Beratung und Serviceleistungen statt. Und: über die Art und Weise, wie das Unternehmen mit seiner Zielgruppe kommuniziert. Ein stimmiger Marktauftritt und die Nutzung digitaler Möglichkeiten für Marketing und Sales machen den Unterschied aus. Über Marketing und Sales Intelligenz kann der Maschinenbau viel von anderen Branchen lernen.
In dem Report „Maschinenbau 2030“ der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte entwickeln die Autoren vier mögliche Zukunftsszenarien, die dem Maschinenbau-Sektor in der DACH-Region bis 2030 widerfahren könnten: Im ersten Szenario sind die Maschinenbauer mit ihrem bisherigen Konzept weiterhin erfolgreich. Sie haben direkten Kundenzugang und produzieren wie gehabt hochspezialisierte Maschinen für ihre Zielgruppe. Ihre internationale Führungsposition hängt aber am seidenen Faden: Branchenfremde Tech-Giganten und Wettbewerber aus China drängen mit konkurrierenden Geschäftsmodellen auf den Markt.
Im zweiten Szenario haben die Maschinenbauer die digitale Transformation erfolgreich umgesetzt. Spezialmaschinen wurden von modularen Standardmaschinen abgelöst, die durch individualisierbare Software-Lösungen neuen Kundennutzen bieten. Die Daten- und Software-Hoheit haben in diesem Szenario die Maschinenbauer selbst inne – und nicht die Tech-Unternehmen aus Übersee. Digitale Services sichern die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit der Unternehmen und den gesellschaftlichen Wohlstand in der DACH-Region. Aber auch hier gilt: Die Konkurrenz schläft nicht.
Das dritte Szenario skizziert den Sieg der Tech-Unternehmen am Markt: Die größte Wertschöpfung wird auch hier durch digitale Service-Lösungen erzielt, die allerdings von den branchenfremden Softwareanbietern kommen. Der Maschinenbau wird zum Zulieferer ohne direkten Zugang zu Kunden- und Maschinendaten – und muss mit chinesischen Anbietern in den Wettbewerb treten. Die digitalen Wachstumsmärkte bleiben ihm verschlossen.
Das letzte Szenario ist ein Hybrid aus den drei vorangegangenen Szenarien: Maschinenbauer und Tech-Anbieter bilden Ökosysteme, die zunehmend von der Tech-Seite dominiert sind. Spezialmaschinen sind zwar weiterhin gefragt, die digitalen Plattformen kommen allerdings von den Tech-Anbietern, wo die Maschinen- und Kundendaten liegen. Der Maschinenbau hat einen deutlich geringen Anteil an der Wertschöpfung.6
Die Autoren des Deloitte-Reports weisen richtigerweise darauf hin, dass diese durchaus möglichen Szenarien unter bestimmten Vorannahmen skizziert wurden – und die Leser sich nicht an Details aufhängen, sondern das Gesamtbild betrachten sollten. Verantwortliche sollten sich überlegen, wo ihr Unternehmen in jedem dieser Szenarien stehen würde. Das Fazit des Deloitte-Reports zu den Szenarien: „Der Maschinenbau wird auch im Jahr 2030 der Wachstumsmotor für die DACH-Region sein, aber es wird weiterhin vieler Anstrengungen und einer noch stärkeren Bereitschaft zur Veränderung und Zusammenarbeit bedürfen.“ Die vier Szenarien werfen Fragen auf, die richtungsweisend für die Zukunft des Maschinenbaus sind: Wie bewahren wir den direkten Zugang zu Kunden? Wie schaffen wir auch in Zukunft Mehrwert? Und wie digitalisieren wir unser Geschäftsmodell und erschließen somit neue Wachstumsmärkte?
Wir stehen am Anfang der digitalen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Die Digitalisierung hat gerade erst begonnen, ist eine der Zukunftsthesen des zukunftsInstituts (Megatrends). Die Zeiten, in denen sich Unternehmen langsam an die sich verändernden Rahmenbedingungen am Markt herangetastet haben, sind allerdings vorbei. Heute gilt es, zumindest seine digitalen Hausaufgaben zu machen und eine solide Grundlage für nachhaltiges Wachstum zu schaffen. Eine besonders wichtige Rolle dabei spielen Marketing, Service und Vertrieb. Laut „B2B Sales Report“ des IT-Marktforschungsunternehmens Gartner werden bis zum Jahr 2025 80 Prozent aller B2B-Verkaufsinteraktionen zwischen Anbietern und Kunden online stattfinden.7
Der Grund: Die Käuferseite möchte ihren Einkauf möglichst effektiv und effizient digital abwickeln – ohne zeitraubende Gespräche. Das sieht vor allem die zunehmend jüngere Käufergeneration so. Das Zukunftsinstitut macht „Konnektivität“ als einen der großen Megatrends aus, die Wirtschaft und Gesellschaft verändern werden. Die Käuferseite hat online einen direkteren Zugang zu Produktinformationen und kann sich schon vorab gründlich mit den Produkten und Dienstleistungen eines Anbieters auseinandersetzen. In einer Umfrage von Porsche Consulting behaupten sogar 68 Prozent der Online-Einkäufer, ihre eigene Online-Recherche sei besser als die von der Anbieterseite bereitgestellten Informationen.8
Das bedeute jedoch nicht, dass der persönliche Beratungsanteil vollkommen verschwinden wird: Besonders der Teil, an dem Anbieter und Kunde gemeinsam den wirklichen Kundenbedarf herausfinden, bleibt weiterhin wichtig. Aber dazu später mehr. Ansonsten muss in Zukunft alles viel schneller erledigt sein als heute. Laut Porsche Consulting nimmt die Nachfrage der Kundenseite nach digitalen Kanälen deutlich zu. Woran das liegt?
Eine mögliche Antwort könnte sein: Der hochgradig innovative Maschinenbau hat sich bis heute vor allem auf die technischen Möglichkeiten seiner Produkte fokussiert. Leistung und Qualität der Maschinen waren immer die Basis des Geschäftserfolgs – und bleiben es auch heute. Allerdings ist in den letzten zehn Jahren die Fokussierung auf den eigentlichen Kundenbedarf – die Customer Centricity – zunehmend wichtiger geworden. Maschinenbauer müssen heute in der Lage sein, die Kundenperspektive einzunehmen und ihre Produkte nach deren Bedarfen und Anforderungen zu entwickeln. Wem das gelingt, wird schnell verstehen: Das digitale Servicegeschäft sowie hochgradig individuelle und innovative Angebote werden in Zukunft immer relevanter.
Innovation ist im Maschinenbau besonders wichtig. Nicht nur bei den eigenen Produkten, beispielsweise durch die Verwendung von IIoT-Lösungen (Industrial Internet of Things) für neue Services. Auch die Innovation und Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsmodells wird in den nächsten Jahren entscheidend sein – einschließlich der Marketing- und Sales-Prozesse. Denn: „Service is the new Sales“, wie die Tech- und Strategieberatung Accenture treffend formuliert.9 Der Vertriebserfolg hängt künftig davon ab, wie solide die digitale Basis des Maschinenbauunternehmens ist. Und: Wie weit (digitale) Service-Lösungen entwickelt sind, die das Alleinstellungsmerkmal ausmachen und wahren Kundennutzen bieten. Customer Centricity, Service als digitales Geschäftsmodell und digitalisierte Marketing- und Vertriebsprozesse sind also eng miteinander verzahnt. Mit Marketing und Sales Intelligenz stellen Maschinenbauer heute die Weichen für einen hohen digitalen Reifegrad für morgen, Handlungsfähigkeit und Marktdominanz.
Digitale Werkzeuge, insbesondere im Marketing, sind seit Jahren gereift und haben neue Begriffe, wie Customer Experience und Customer Journey in das Zentrum des Denkens und Handelns gerückt. Für den traditionell bodenständigen Mittelstand bedeutet das: Niemand muss sich auf noch nicht erprobte Technologien einlassen. Andere Branchen, wie zum Beispiel die Software-Industrie, der Handel und die IT-Beratungen, sind mit ihren Ansätzen bereits weiter als die meisten mittelständischen Unternehmen im Maschinenbau. Die Branchenspezifika in Marketing und Sales sind sehr gering: Es ist also ratsam, den Blick über den Branchentellerrand zu werfen und sich von anderen Branchen inspirieren zu lassen. Denken Sie an Tesla: Hat sich hier ein Automobilhersteller von der Softwareindustrie anregen lassen oder ein Softwareanbieter von der Automobilindustrie?
Dass sich Branchengrenzen zunehmend auflösen10, zeigt sich schon heute in der Praxis. Die größte Gefahr geht nicht mehr von Wettbewerbern aus, die sehr gut beobachtet werden. Angriffe auf das eigene Geschäftsmodell kommen immer häufiger von unerwarteten Playern. Heute kann ein Zwei-Mann-Laden aus 25-jährigen Programmierern die Geschäftsmodelle gestandener Unternehmen über Nacht auf den Kopf stellen. Denken Sie an bekannte Beispiele wie airbnb und uber. Oder an Unternehmen, die den Wandel verschlafen haben: Kodak und Nokia sind in der Bedeutungslosigkeit verschwunden, weil sie die Zeichen der Zeit falsch gedeutet haben. Und wer kann sich noch an den Computerhersteller Digital Equipment erinnern, der den Erfolg der PCs massiv unterbewertet und die Auswirkungen auf die eigenen Hochleistungs-Workstations komplett unterschätzt hat?
Nichtstun ist keine Option. Die durchschnittliche Lebensdauer eines Unternehmens ist von 75 auf 15 Jahre gesunken. Der Druck von außen, auch im Maschinenbau und Spezialmaschinenbau, nimmt zu – durch Konkurrenz, Klimaauflagen und die aufstrebende Weltmacht China. Der Ton wird rauer. Die Ärmel sind schon lange hochgekrempelt, die Rempler werden härter und auch die Corona-Pandemie fördert kein positives Investitionsklima. Genau darum ist jetzt ein guter Zeitpunkt, Marketing und Sales zu professionalisieren, um auch dieses Potenzial zu heben. Das ist selbst dann wichtig, wenn neu entwickelte digitale Kundenlösungen das Kerngeschäft des eigenen Unternehmens angreifen. Denn nur so bleibt die Kontrolle im Unternehmen. Gisbert Rühl, bis 2021 Vorstandsvorsitzender von Klöckner & CO, sagte im Zusammenhang mit der neuen E-Commerce-Strategie im B2B-Stahlhandel treffend: „Ich kannibalisiere mein Geschäft, bevor es andere tun.“11
Der Begriff „Marketing und Sales Intelligenz“ bedeutet in diesem Beitrag nicht nur datengestützte Vertriebsprozesse. Vielmehr geht es um die Frage, wie Maschinenbauunternehmen heute intelligent vermarkten und verkaufen können – und wie sie sich ausrichten sollten, um auch in fünf Jahren noch erfolgreich zu sein.
Marketing unterstützt Unternehmen dabei, bekannter zu werden, Produkte und Dienstleistungen bekannter zu machen und somit indirekt den Verkaufsabsatz und die Kundengewinnung zu fördern. Disziplinen des Marketings sind interne und externe Markenführung (Branding) sowie Kommunikation (Public Relations und Werbung). Es geht darum, die Aufmerksamkeit der Interessenten und Kunden auf die eigene Marke zu lenken, also Brand Awareness zu schaffen. In den letzten 20 Jahren hat die Kundenloyalität zu Marken stark abgenommen. Vor allem bei Online-Transaktionen werden selbst langjährige Kunden einer Marke schnell untreu, wenn ihre Customer Experience – das subjektive Kundenerlebnis – enttäuscht wird. Und das geschieht online schon bei Kleinigkeiten.
Markenloyalität gibt es heute fast nicht mehr; vor allem nicht im B2C-Konsumgütergeschäft. Das Internet sorgt für eine Schnelllebigkeit in Wirtschaft und Gesellschaft. Alles muss transparent und in Echtzeit abrufbar sein – sonst springt der Kunde ab. Dieses Verhalten überträgt sich auch zunehmend auf das B2B-Geschäft. Das Marketing im Maschinenbau muss also ebenfalls umdenken. Kunden sind schon informiert oder wollen sich selbst informieren. Sie wollen aber auch zunehmend emotional abgeholt werden, nicht allein über die technischen Qualitätsmerkmale – die der Wettbewerber im Zweifel ebenfalls bietet. Erfolgsentscheidend ist heute die sogenannte Pull-Marketingstrategie (Inbound Sales12): Technische und emotional aufgeladene Inhalte (Content) zu Produkten und Service-Lösungen auf unterschiedlichen Kanälen bereitstellen, die den Interessenten dazu veranlassen, von sich aus auf das Unternehmen zuzugehen.
Einen hohen Wert bieten Referenzgeschichten und positive Kundenstimmen zu Produkten. Auch Praxisbeispiele (Use Cases) helfen dem Interessenten, den Wert einer Maschine oder eines Service zu erkennen. Texte sollten auch relevante Keywords enthalten, um besser von den Suchmaschinen gefunden zu werden. Suchmaschinenwerbung (SEA – Search Engine Advertising) ist im Maschinenbau-Sektor nicht zu empfehlen: Eine so wichtige Investition sucht der Einkauf in der Regel nicht über Bannerwerbung auf Google. Hier wäre, wenn überhaupt, Bannerwerbung auf den Seiten relevanter Branchen-Medien ratsamer.
Zunehmend nutzen Unternehmen für ihre Content-Strategie auch andere Formate als Text: Videos oder Podcasts sind sogenannter „Rich Content“, der auch auf das Google-Ranking einzahlt. Für die Suchenden sind solche Formate leichter und schneller zu konsumieren. Mit Videokanälen wie YouTube können Unternehmen ihre Reichweite und die Zahl der Follower erhöhen. Die Follower-Zahl ist im B2B-Bereich zwar bei weitem nicht so groß wie im B2C-Bereich. Wem es aber gelingt, kontinuierlich relevanten Video-Content zu produzieren, wird in seinem Segment leichter gefunden und hebt sich direkt vom Wettbewerb ab. Die Relevanz steigt mit der Besucherzahl. Besucher reagieren in sozialen Netzwerken auf die Inhalte und multiplizieren sie. Videos können den Nutzen eines Angebots optimal veranschaulichen und eignen sich hervorragend, Emotionen zu transportieren.
Um eine solide Basis für die Bereiche Marketing und Sales zu schaffen, sollten Verantwortliche ihre Kommunikations- und Vertriebskanäle definieren und kontinuierlich bearbeiten. Der holistische Ansatz, also die Nutzung aller relevanter Kanäle (auch Omnichannel genannt), bringt den Erfolg, denn: Wenn Kunden über verschiedene Kanäle immer wieder etwas über das Unternehmen hören, sehen, lesen, bleibt die Marke eher in ihren Köpfen verankert, als wenn unterschiedliche Informationen immer über denselben Kanal gespielt werden.
Um potenzielle Kunden mit relevanten Inhalten zu bedienen und einen Sog (Pull) zu erzeugen, sollten Marketing- und Vertriebsverantwortliche im Maschinenbau die Segmentierungskriterien13 sowie die Zielbranchen und -kunden klar definieren. Jeder Marketing- und Sales-Mitarbeiter sollte Klarheit über die Buyer Personas