Künstliche Intelligenz als Business-Booster für Unternehmen - Harald Schönfeld - E-Book

Künstliche Intelligenz als Business-Booster für Unternehmen E-Book

Harald Schönfeld

0,0

Beschreibung

Es gibt keine anderen Führungskräfte als Interim Manager, die im Laufe ihres Berufslebens so viele Unternehmen kennenlernen und dabei verschiedene unternehmerische Herausforderungen bewältigen. In der Buchreihe "Von Interim Managern lernen" wird dieses geballte Know-how gebündelt und einer breiteren Fachöffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Diplomatic Council (DC), ein globaler Think Tank mit Beraterstatus bei den Vereinten Nationen (UNO), und United Interim (UI), das führende Netzwerk qualifizierter Interim Manager im deutschsprachigen Raum, haben sich hierzu zusammengetan. Der Herausgeber der Buchreihe, Dr. Harald Schönfeld, ist zugleich einer der Gründer und Geschäftsführer von United Interim; er kennt daher dieses Marktsegment besser als irgendjemand anderes. Dieses Wissen gepaart mit einem persönlichen Vertrauensverhältnis zu praktisch allen qualifizierten Interim Managern von Relevanz im deutschsprachigen Raum gewährleistet, dass in der Buchreihe "Von Interim Managern lernen" tatsächlich nur die Besten der Besten zu Wort kommen. Daher wird der vorliegende Band über Künstliche Intelligenz (KI) in der Branche mit viel Anerkennung und Begeisterung aufgenommen. KI wird über Jahre hinweg zu einem der wichtigsten Themen unserer Zeit gehören. Die Auswirkungen auf die Wirtchaft sind gewaltig. Mit diesem Buch bringen elf erfahrene Interim Manager gemeinsam ein Standardwerk zur KI-Nutzung in Unternehmen heraus. Von Interim Managern lernen (Dr. Harald Schönfeld) KI: Geschichte, Anwendungen Herausforderungen (Eckhart Hilgenstock) Die drei Dimensionen Künstlicher Intelligenz (Ulvi Aydin) Künstliche Intelligenz - Einführung im Unternehmen (Falk Janotta) Künstliche Intelligenz im Marketing (Melanie Heßler) KI & Co. im Personal- und Nachhaltigkeitsmanagement (Udo Fichtner) Künstliche Intelligenz im Bauprojektmanagement (Klaus-Peter Stöppler) Business Intelligence: Wie KI das Controlling revolutioniert (Jürgen Kaiser, Oliver Strass) KI-Anwendungen in die Organisation bringen (Dr. Albert Schappert) Die Zukunft der Modebranche (Klaus Becker) Abgerundet wird das Werk durch eine ausführlichen Analyse, wie das Management in Deutschland, Österreich und der Schweiz KI einzusetzen gedenkt. Grundlage bildet eine umfassende Management-Umfrage.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 360

Veröffentlichungsjahr: 2024

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Autoren

Dr. Harald Schönfeld

Eckhart Hilgenstock

Ulvi I. Aydin

Falk Janotta

Melanie Heßler

Udo Fichtner

Klaus-Peter Stöppler

Jürgen Kaiser

Oliver Strass

Dr. Albert Schappert

Klaus Becker

Inhalt

Vorwort

Von Interim Managern lernen

Interim Manager: Was ist das und worum geht es?

Interim Manager: Experten für die Umsetzung

Einsatzfelder und Besonderheiten

Buchreihe praxisorientierter Umsetzungsexperten

KI: Geschichte, Anwendungen, Herausforderungen

Einleitung: Als uns die Zukunft einholte

Eine kurze Geschichte der Künstlichen Intelligenz

Generative KI: Produktivität, Kreativität, Innovation

Praktische Anwendungen von KI

Chancen und Herausforderungen von KI

Zukunftsausblick und Empfehlungen

Die drei Dimensionen Künstlicher Intelligenz

Einleitung

KI als Evolutionsschritt: Der Natürliche Lauf der Dinge

Spalterische Elemente und Zweifler – die Schatten der Innovation

Bedeutung für Unternehmen – Nutzen und Verantwortung

Fazit: Bereit, das Ruder zu übernehmen?

Künstliche Intelligenz – Seien Sie schlauer!

Abstract

Einleitung

66 Jahre vor ChatGPT: die Geburt der KI

Die reale Phase der Entwicklung künstlicher Intelligenz beginnt

Der KI-Winter unterbricht die rasante Entwicklung

Definition und Philosophie von KI

Der Medien-Hype um die Künstliche Intelligenz

Quo vadis Künstliche Intelligenz?

Ausblick: Chancen und Risiken

Resümee mit Handlungsempfehlungen

Künstliche Intelligenz im Marketing

Einführung und Hinleitung zum Thema

KI im E-Mail-Marketing

Mit KI die Customer Experience (Kundenbindung) verbessern

Contentgenerierung mit Prompts

Beispiel

Praktischer Teil / Leitfaden

KI & Co. im Personal- und Nachhaltigkeitsmanagement

Mehr Mut bitte – Einleitung

Sisyphos lässt grüßen: KI ins Personalmanagement tragen

Experimentieren mit KI – ganz konkret am Beispiel Recruiting

Faszinierende Perspektiven und Chancen mit KI

KI für erfolgreiches und vorausschauendes ESG-Management

KI-gestütztes und transparentes ESG-Management

KI-gestütztes ESG-Management am Beispiel von Diversität

Vorteile von KI-gestütztem ESG-Management

Resümee

Künstliche Intelligenz im Bauprojektmanagement

Einleitung

Potentiale

Anwendungsgebiete

Effizienzsteigerung

Verbesserung der Bauqualität

Kostensenkung

Identifizierung und Bewältigung von Risiken

Integration in Unternehmen und Organisationen

Beispiele von KI-Systemen

Zusammenfassung und Ausblick

Handlungsempfehlung

Business Intelligence: Wie KI das Controlling revolutioniert

Einführung

Arten der Künstlichen Intelligenz

Praktische Anwendungen von KI im Finanzbereich

Integration von KI im Unternehmenscontrolling

Risiken und Herausforderungen von KI im Finanzbereich

Die ethische Seite der KI

Zukunftsaussichten in der KI-gestützten Finanzanalyse

Die Zukunft des Controllings

KI-Anwendungen in die Organisation bringen

Einleitung / Worum geht es

Vorgehen / Wie gehen wir vor

Technologie / Was brauchen wir

Maßnahmen / Was tun wir noch

Realisierung / Wie fangen wir an

Zusammenfassung

Die Zukunft der Modebranche

Einleitung

Einführung

KI-Anwendungen in der Design- und Entwicklungsphase

KI-Anwendungen in der Produktionsphase

KI-Anwendungen in der Strategie- und Planungsphase

KI-Anwendungen im Marketing

KI-Anwendungen in der Logistikphase

KI-Anwendungen im Verkauf

KI-Anwendungen für Nachhaltigkeit

Resümee

Management-Umfrage KI in DACH

Manager: KI überwiegend positiv

KI bei wichtigen Entscheidungen

Jobgefahr vor allem im unteren Management

Manager akzeptieren KI an der Spitze

Der KI-Impuls ist im Topmanagement angekommen

KI ist nicht so objektiv wie man vermuten könnte

Hohe KI-Awareness im Mittelstand

Wo die Wirtschaft KI einsetzt

Chancen und Risiken

Europa ist Schlusslicht bei KI

Datenschutz als Damoklesschwert über KI

Startschuss für die Umsetzung verzögert

Manager: mehr KI in der Politik

Weniger Bürokratie, mehr Demokratie

KI-Glossar

Autorenverzeichnis

Dr. Harald Schönfeld

Eckhart Hilgenstock

Ulvi I. Aydin

Falk Janotta

Melanie Heßler

Udo Fichtner

Klaus-Peter Stöppler

Jürgen Kaiser

Oliver Strass

Dr. Albert Schappert

Klaus Becker

Bücher im DC Verlag

Besondere Empfehlung für alle Interim Manager

Fachbücher „Von Interim Managern lernen“

Sachbücher

Über Diplomatic Council

Über United Interim

Vorwort

Es gibt keine anderen Führungskräfte als Interim Manager, die im Laufe ihres Berufslebens so viele Unternehmen und so viele verschiedene unternehmerische Herausforderungen kennenlernen. Um dieses geballte Know-how zu bündeln und einer breiteren Fachöffentlichkeit zugänglich zu machen, haben sich das Diplomatic Council und United Interim zusammengetan und die Buchreihe „Von Interim Managern lernen“ ins Leben gerufen. Der aktuelle Band über Künstliche Intelligenz steht exemplarisch für die Bedeutung und die Kompetenz der Reihe.

Das Diplomatic Council (DC) ist ein globaler Think Tank mit Beraterstatus bei den Vereinten Nationen (UNO); United Interim (UI) ist das führende Netzwerk qualifizierter Interim Manager im deutschsprachigen Raum. Der Herausgeber der Buchreihe, Dr. Harald Schönfeld, ist zugleich einer der Gründer und Geschäftsführer von United Interim; er kennt daher dieses Marktsegment besser als irgendein anderer. Dieses Know-how gepaart mit einem über viele Jahre entwickelten, vertrauensvollen und persönlichen Verhältnis zu praktisch allen qualifizierten Interim Managern von Relevanz im deutschsprachigen Raum gewährleistet, dass in der Buchreihe „Von Interim Managern lernen“ nur die Besten der Besten zu Wort kommen.

Das Thema des vorliegenden Bandes ist an Aktualität und Auswirkungspotenzial kaum zu überbieten. Künstliche Intelligenz wird in praktisch jedem Berufsbild und jeder Branche zu massiven Veränderungen führen. Ohne dem Inhalt dieses Buches vorzugreifen, seien hier nur einige wenige Stichworte zu KI genannt: Produktivitätssteigerungen schwer vorstellbaren Ausmaßes, Mut zum KI-Einsatz, Change Management, KI-Revolution von unten, Verschiebungen der Machtpositionen in Unternehmen, Jobverlust bzw. Arbeitsplatzabbau im großen Stil, KI-Halluzinationen (Fake Facts als Entscheidungsgrundlage), Wettbewerbsdruck, Datenschutz und Datensicherheit, ethische Aspekte etwa in Bezug auf Fairness und Nicht-Diskriminierung, Transparenz, Verantwortlichkeiten, Nachhaltigkeit… die Liste ließe sich noch lange fortsetzen.

Vor diesem Hintergrund erscheint das vorliegende Buch genau zum richtigen Zeitpunkt, um den Entscheidungsträgern in der Wirtschaft mit Erfahrungsberichten über die KI-Nutzung und praxiserprobtem Rat zur Seite zu stehen. Noch besser: Wer über den Rat hinaus tatkräftige Unterstützung bei Strategie und/oder Umsetzung benötigt, kann die in diesem Buch vorgestellten Interim Manager direkt ansprechen. Die Profile inklusive Kontaktdaten befinden sich in der Sektion „Über die Autoren“ am Ende des Werkes. Denn alle, die in diesem Buch zu Wort kommen, sind nicht in erster Linie Autoren, sondern es sind vor allem Interim Manager, die eben nicht nur mit Rat, sondern insbesondere auch mit Tat zur Seite stehen.

In diesem Sinne wünsche ich diesem Band einen guten Start, mögen die geneigten Leserinnen und Leser ein Maximum an Nutzen aus der Lektüre ziehen. Mein Dank gilt den Interim Managern, die sich die Zeit genommen haben und bereit sind, ihr profundes Know-how in diesem Werk darzustellen, und natürlich dem Herausgeber, der sich um die hohe Qualität aller Beiträge verdient gemacht hat.

Hang Nguyen

Generalsekretärin Diplomatic Council

Von Interim Managern lernen

Einführung von Dr. Harald Schönfeld, Gründer und Geschäftsführer der UnitedInterim GmbH

„Es ist eine Kunst, wie professionelle Interim Manager Menschen und Organisationen in dynamischen Märkten durch Prozesse der Veränderung führen, sie dabei stärken und ihnen konkret in ihrem Praxisalltag an der Seite stehen, bis sie ihre definierten Ziele erreicht haben. Dann geht es weiter zum nächsten Mandanten.“

Interim Manager: Was ist das und worum geht es?

Zeiten voller Umbrüche sind voller Herausforderungen. Da sind zum ersten im Umfeld der Unternehmen die Krisen und unvorhersehbaren „Schwarzen Schwäne“ wie die Pandemie, kriegerische Auseinandersetzungen in der Ukraine und im Nahen Osten, die Lieferengpässe durch geopolitische Entwicklungen oder die Energiepreisentwicklung. Die Inflation und der Fachkräftemangel kommen hinzu.

Zum zweiten gibt es beinahe fortlaufend neue regulatorische Anforderungen; der EU AI Act zur Regulierung des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz (KI) ist nur eine von vielen Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen, die von Unternehmen aufwändige und rechtzeitige Umstellungen erfordern. Aber auch Kunden, Mitarbeitende und andere Stakeholder wie Investoren fordern „Nachhaltigkeit“ (ESG) im Wirtschaften. Zum dritten sind technologische Sprunginnovationen zu nennen, die alles verändern, wie die Künstliche Intelligenz, die in diesem Buch im Mittelpunkt steht. Bei all diesen Entwicklungen besteht die hohe Schule der Unternehmensführung darin, Themen wie Liquidität, Kosten, Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit im Blick zu behalten.

Ein Konzept, all diese Komplexität (noch) fassen zu können, ist das BANI-Modell. Es ist eine Art „Steigerung“ von VUCA. Das BANI-Modell beschreibt eine neue Welt, in der die alten Werte und Regeln nicht mehr gelten. Im bekannten VUCA-Konzept ist alles (nur) volatil, unsicher, komplex und ambivalent. BANI, veröffentlicht unter dem Eindruck der COVID-Pandemie im Jahr 2020, geht noch einen Schritt weiter:1

Brittle (spröde, brüchig): „Brittleness“ soll verdeutlichen, dass es nicht mehr (allein) um Volatilität geht, wie im VUCA-Modell. Es ist vielmehr mit plötzlichen und unvorhergesehenen Erschütterungen zu rechnen, die bis hin zur Zerstörung eines vermeintlich stabilen Systems gehen können.

Anxious (verunsichert): Für Menschen, die in so einer Welt leben, wird diese immer beängstigender. Auf der Gefühlsebene kann das zu Ohnmacht und Hilflosigkeit, also einer Art Angststarre, führen. Es kommt hinzu, dass diese Ängste noch medial durch Desinformation und Fake News verstärkt bzw. bewusst ausgelöst werden.

Non-linear: Damit ist gemeint, dass sich in der Wahrnehmung der Menschen die (verstehbaren und nachvollziehbaren) Zusammenhänge von Ursache und Wirkung entkoppeln oder disproportional zueinanderstehen. Eine vermeintliche Kleinigkeit kann riesige, komplexe Konsequenzen nach sich ziehen – in manchen Fällen auch erst zeitlich verschoben. Und die Gründe dafür können auch nur noch bedingt identifiziert werden.

Incomprehensible (unverständlich): Dieser Punkt betrifft die Fähigkeit des menschlichen Verstandes, die Informationen in ihrer Komplexität und schieren Menge überhaupt erfassen und verarbeiten zu können.

Es wird deutlich, dass Unternehmen in einzigartiger und zunehmender Weise gefordert sind, die für sie relevante Welt zu verstehen, Antworten auf neue Zukunftsfragen zu finden und dann in ein zielgerichtetes „Tun“ zu kommen. Somit wird die Fähigkeit zur Veränderung, zur „Transformation“ zu einer zentralen Kompetenz von Unternehmen und deren Führungskräften.

Die zügige und sichere Umsetzung von Veränderungen ist jedoch etwas, das auf der Managementseite andere oder zusätzliche Arbeitskapazitäten und Kompetenzen erfordert, als bewährte und in der Vergangenheit erfolgreiche Prozesse und Routinen in immer weiter optimierender Weise auszuführen – manchmal auch nur für eine bestimmte Aufgabe, eine bestimmte Phase oder einen definierten Zeitraum. Das führt beinahe zwangsläufig zu Engpässen.

Der erste Engpass liegt – vor allem im Mittelstand – häufig bei den Kapazitäten: Bewährten Führungskräften im Hause können nur selten neben ihrem Tagesgeschäft noch weitere Projekte auf die Schultern gelegt werden. Die Managementkapazitäten sind zumeist „auch schon so“ komplett ausgereizt.

Der zweite Engpass betrifft das Wissen: Gerade bei neuen Themen sind aktuelles Know-how oder eine Spezialkompetenz notwendig. Beides muss zügig im Unternehmen verankert werden, denn der Markt wartet selten. Aufwändige und zeitintensive Weiterbildungen oder die Rekrutierung spezialisierter Experten am Arbeitsmarkt sind nicht immer die Lösungen der Wahl, wenn die Zeit drängt.

An dieser Stelle kommen Interim Manager ins Spiel: als Experten für die Gestaltung und Umsetzung von Transformationen – und den damit einhergehenden Auswirkungen auf das Personalwesen.

Das Besondere an ihnen sind nicht nur der zeitliche Faktor, also eine Tätigkeit „ad interim“, und die kurzfristige Verfügbarkeit mit einem Projektstart innerhalb weniger Tage. Hinzu kommt ihre in vielen Berufsjahren und vielen Projekten erworbene Erfahrung,

was in der Praxis – und nicht nur in Hochglanzbroschüren oder auf den bunten Charts von Consultants – wirklich funktioniert, und

wie die betreffenden Menschen und Organisationen dorthin gelangen, und zwar möglichst sicher (Quality), möglichst zügig (Time), bei vertretbarem Aufwand (Costs) – und möglichst nachhaltig in der Wirkung.

Es gibt wohl kaum eine Berufsgruppe, die mehr über die betriebliche Praxis weiß als Interim Manager. Weil sie im Laufe ihres Berufslebens viele verschiedene Unternehmen sowie unterschiedliche Situationen und Herausforderungen kennen lernen, stellt ihre Erfahrungen und ihr Know-how einen wahren Schatz dar.

Bei Transformationen, bei denen im Alltag durchaus Emotionen, „innere Welten“ und Unternehmenspolitik eine Rolle spielen, profitieren ihre Auftraggeber vor allem von

ihrer neutralen und nur der Aufgabe verpflichteten Sichtweise,

ihrer Nicht-Eingebundenheit in politische Konstellationen, „Seilschaften“ oder gar „Königreiche“,

den fehlenden Karriereinteressen in eigener Sache,

einer besonderen, projektorientierten Arbeitsmethodik in Veränderungsprozessen, und

einem vertrauensbildenden Track Record, ähnliche Aufgaben an anderer Stelle bereits mehrfach erfolgreich bewältigt zu haben.

Wird all dies kombiniert mit

aktuellem Wissen rund um das Fachthema (erworben unter anderem durch kontinuierliche Weiterbildung), und

einer Sensibilität für die jeweils vorliegende Unternehmenskultur mit der Fähigkeit, in den Worten die passende Ansprache und im Handeln das notwendige Vorbild sein zu können,

dann prädestiniert es Interim Manager geradezu, ein wichtiger oder gar federführender Teil der Erfolgsstory von Transformationsprozessen zu sein.

Es soll ergänzt werden, dass Interim Manager, die Transformationsprozesse (etwa rund um Künstliche Intelligenz) erfolgreich für andere umsetzen, auch für sich selbst die Kompetenzen bzw. persönliche Reife entwickelt haben müssen, die Spannungen, Konflikte, Diskussionen und Unsicherheiten auszuhalten, die Veränderungen mit sich bringen. Meist stehen persönliche Erlebnisse hinter den Kompetenzen. („Habe ich selbst auch schon erlebt – Ich kann nachfühlen, wie es Ihnen jetzt geht“.) Das kann im Hinblick auf eine Vorbild- bzw. Führungsfunktion – insbesondere für Mitarbeitende, die in unsicheren Zeiten durchaus Empathie und Orientierung schätzen – zusätzliche Sicherheit und Vertrauen geben, einen neuen Weg zu beschreiten.

Interim Manager unterstützen Unternehmen indes nicht nur bei der Umsetzung „normaler“ Transformationen. Sie können ebenfalls – quasi projektbegleitend und als Zusatznutzen – für nachhaltige Resilienz sorgen.

Dazu gehört das bewusste Einbauen von Redundanzen und Sicherheitsnetzen in die Prozesse. Oder sie fördern die Entwicklung von Antifragilität: Das betrifft die Fähigkeit von Unternehmen, als Ergebnis von Schocks, Volatilität, Fehlern, Störungen, Angriffen oder Ausfällen zu wachsen und zu gedeihen. Dazu gehört der Mut, bisherige Wege zu verlassen, zu lernen und sich auf Neues in all seiner Unsicherheit einzulassen. Die Einführung von KI in ein Unternehmen lässt sich durchaus als Aufbruch in eine „neue Welt“ verstehen.

In den meisten Fällen kann ein Interim Manager sein Wissen zudem an das Team weitergeben und dafür sorgen, dass der interne Kompetenzaufbau zügig und praxisbezogen klappt. Gutes Interim Management beinhaltet damit noch einen ganz pragmatischen Know-how-Transfer on the job. Das betrifft nicht nur neues fachliches Wissen. Mitarbeitende und Kollegen in der Unternehmensführung, die einen Transformationsprozess zusammen mit einem Profi durchlebt haben, lernen rund um vier Fragenkomplexe:

Einstellung: Wie verhalten wir uns, wenn wir nicht mehr zielführende Gegebenheiten im Unternehmen feststellen? Wie gehen wir dabei mit liebgewordenen Routinen und Denkhaltungen um, die in der Vergangenheit durchaus erfolgreich waren, nun aber nicht mehr richtig weiterhelfen?

Emotion: Wie können wir uns kontinuierlich emotional darin stärken, uns auf Neues (durchaus nicht ungeprüft) einzulassen? Wie erarbeiten wir uns dabei ein notwendiges Maß an innerer Sicherheit und wie können wir dies spüren?

Methodik: Wie erweitern wir unseren Werkzeugkasten im Management um Methoden, die Anforderungen einer zunehmend sichtbar werdenden BANI/VUCA-Welt systematisch in unserem Unternehmen zu verankern, auch wenn das gegebenenfalls im ersten Schritt zusätzliche Arbeit und Investitionen betrifft?

Zukunftssicherung und Erwartung weiterer Veränderungen über die heute zu lösende Situation hinaus (Prävention): Wie sorge ich für nachhaltige Resilienz und Antifragilität im Unternehmen – auch wenn das in einem Quartal Geld kostet? Was kann ich vielleicht mit kleinem Aufwand schon heute gleich mitmachen?

Interim Manager: Experten für die Umsetzung

Den Begriff „Interim Manager“ gibt es im deutschen Sprachraum seit mehr als 40 Jahren. In dieser Zeit haben sich die Aufgabenstellungen und Rollen natürlich verändert, für die Interim Manager engagiert werden – ebenso wie die Kompetenzen und Qualifikationen, die notwendig sind, um Mehrwert zu erzielen und langfristig erfolgreich zu sein. Standen am Anfang in erster Linie die Restrukturierung und Sanierung sowie Projekte auf oberster Unternehmensebene im Vordergrund, die hauptsächlich von Männern kurz vor oder nach der Pensionierungsgrenze durchgeführt wurden, so ist es heute eine vielfältige, bunte Mischung an Themen geworden. Interim Manager sind zudem in ihrer Gesamtheit weiblicher und jünger geworden. Die vielen Projekte im Personalbereich – eine statistisch überwiegend weibliche Domäne – stehen als Beispiel für zunehmend mehr Frauen, die sehr erfolgreich als Interim Manager tätig sind.

Die Online-Ausgabe des Gabler Wirtschaftslexikons gibt folgende Definition (Interim Management, 2018):

Beim Interim Management arbeiten selbstständig tätige Interim Manager für einen definierten Zeitraum (üblicherweise 3-18 Monate) i.d.R. in unternehmerischer Verantwortung in einem Unternehmen in einer Führungsposition der ersten und zweiten Ebene. Interim Manager werden in unterschiedlichen Situationen und Aufgabengebieten eingesetzt, z.B. zur Überbrückung bei unvorhersehbaren Vakanzen beim Ausfall einer Führungskraft, zur Restrukturierung und Sanierung, im Projektmanagement, zur Einführung neuer Programme oder bei der Gründung, Übernahme oder Veräusserung von Unternehmen.

In der Unternehmenspraxis werden Interim Manager zunehmend als Teil der gesamtwirtschaftlich immer bedeutsamer werdenden und stark wachsenden Gruppe der Freelancer und dabei als Teil des Marktes für „Freelance Management Dienstleistungen“ betrachtet.

In die gleiche Richtung zielt die DDIM (Dachgesellschaft Deutsches Interim Management e.V.) als führender Wirtschafts- und Berufsverband für Interim Management in Deutschland. Interim Management wird dort als eigenes Angebotssegment im Markt der Management Dienstleistungen bezeichnet, welches sich von der Nachbarbranche der Unternehmensberatung in der Art des Service unterscheidet (DDIM, Branchenprofil, 2020):

„Während Unternehmensberatungen einen externen, unabhängigen Service bieten, bei dem die Entscheidungsbefugnis und die -verantwortung beim Auftraggeber verbleiben, arbeiten Interim Manager in der Regel in unternehmerischer Verantwortung im Mandanten-Unternehmen. Für einen definierten Zeitraum werden sie zum integralen Bestandteil des internen Teams. Interim Manager arbeiten freiberuflich und auf eigenes Risiko. Sie werden in Führungspositionen der ersten und zweiten Ebene eingesetzt.“

Eine andere Begriffsdefinition rückt den „Markenkern des Interim Managers“ in den Blickpunkt. Sie wurde am 1. Juli 2022 von den Verbänden der deutsch sprechenden Länder (DDIM, DSIM, DÖIM, VRIM, AIMP) auf dem „6. Gipfeltreffen der Interim Management Branche“ in Luzern gefunden und in „gendergerechter“ Sprache formuliert (Schädler, 2022):

Interim Manager:innen sind führungserfahrene und umsetzungsstarke Problemlöser:innen. Sie stehen einem Unternehmen zeitnah für spezifische Aufgaben und auf begrenzte Zeit zur Verfügung. Sie schaffen unternehmerischen Mehrwert.

Einsatzfelder und Besonderheiten

Ihren Kundennutzen bringen Interim Manager in allen Phasen des Lebenszyklus von Unternehmen ein. So gibt es Interim Manager, die vor allem bei der Unterstützung von jungen Unternehmen tätig sind, Interim Manager, die sich auf Wachstumsthemen und Transformationen fokussiert haben, und Interim Manager, die sich geradezu auf „Krisen“ oder gar die „Beerdigung“ von Unternehmen spezialisiert haben.

Und natürlich gibt es Interim Manager, die rund um das Thema dieses Fachbuches, der Künstlichen Intelligenz, über tieferes Spezialwissen und eine breitere Erfahrung bei mehr Unternehmen verfügen als die meisten Führungskräfte in langjährigen Angestelltenverhältnissen. In allen Phasen jedoch sind viele Interim Manager in der Überbrückung von Vakanzen tätig. Gerade weil in der Praxis die beiden mittleren Phasen in der Regel die längste Zeit des Lebens eines Unternehmens ausmachen, sind diese Phasen besonders „arbeitsreich“ für Interim Manager.

Abbildung: Einsatzfelder von Interim Managern in unterschiedlichen Phasen des Lebenszyklus von Unternehmen. Quelle: Becker / Schönfeld / Singer (2022).

Aus Sicht der Praxis des Interim Managements formuliert ein erfahrener und in der Branche mehrfach ausgezeichneter Interim Manager, Ulvi I. Aydin2, die folgenden Unterschiede in der Tätigkeit zum „normalen“ Management (Handelsblatt vom 7. August 2022):

„Interim Manager haben schon unzählige Unternehmen von innen gesehen und erkennen sehr schnell Muster und Pain Points – in Prozessen, Bilanzen, der Organisation, der Kultur, etc. Ihre Einarbeitungszeit ist damit sehr gering, und sie können in kürzester Zeit Mehrwert für das Unternehmen schaffen. Auch bringen Interim Manager keinen Ballast aus der Vergangenheit mit. Sie sind nicht in unternehmenspolitische Machenschaften verstrickt und haben auch nicht vor, im Unternehmen aufzusteigen und Konkurrenten auszustechen. Sie haben eine klare Mission. Ist diese erfüllt, sind sie wieder weg. Sie stellen also kein Risiko für interne Manager da. Als Macher sind Interim Manager immer im „Hands-On“-Modus. Sie suchen keine Entschuldigungen oder Schuldigen, sondern praktikable Lösungen und Ansätze. Sie entwickeln Konzepte in wenigen Wochen, nicht wie in den meisten Unternehmen üblich, erst nach Monaten. Sobald ein Konzept freigegeben ist, machen sich Interim Manager mit den bereitgestellten Ressourcen an die Umsetzung.“

Interim Manager können als Freelancer im Management bezeichnet werden. In der Praxis haben sie vor allem mit Beratern einige Überschneidungen. Der wesentliche Unterschied wird darin gesehen, dass Interim Manager ihren Fokus auf die operative Umsetzung oder Durchsetzung von meist unternehmerisch bedeutsamen Maßnahmen legen. Diese können durchaus auf Empfehlungen aufsetzen, die vorher von einem Berater gegeben wurden – oder von dem Interim Manager selbst, der zuvor eine Analyse vorgenommen hat. Es ist auch nicht mehr nur die erste oder zweite Ebene, auf der Interim Manager tätig werden. Einsätze in Projekten, zum Beispiel zu Change- oder Transformationsthemen, für die eine hochwertige Expertise notwendig ist, umfassen inzwischen ein gutes Drittel der Gesamtumsätze im Interim Management-Bereich (AIMP, 2022). Tendenz steigend!

Buchreihe praxisorientierter Umsetzungsexperten

Mit der Buchreihe „Von Interim Managern lernen“ wird das Know-how von praxisorientierten Umsetzungsexperten erstmals gebündelt. Nach „Automotive“, „Maschinen- und Anlagenbau“, „Business Transformation“ und „HR – Personalwesen in Krisenzeiten“ ist das vorliegende KI-Buch der fünfte Band in dieser überaus erfolgreichen Reihe.

Die sorgfältige Auswahl der Autoren durch den Herausgeber stellt sicher, dass in dieser Reihe nur die Besten der Besten mit Themen zu Wort kommen, die aktuell rund um Künstliche Intelligenz brennen; aus jedem Fachgebiet und aus jeder fachlichen Perspektive immer nur einer. Alle Interim Manager vereint jedoch das Streben nach operativer Exzellenz für ihre Kunden: Es geht um eine Steigerung der Performance, die Verbesserung der Wertschöpfung, eine erhöhte Rentabilität und damit um eine nachhaltige Zukunftssicherung des Unternehmens! All das sind Anliegen von Unternehmen, für die Interim Manager engagiert werden. Eine typische Kundenaussage, die in meiner inzwischen mehr als 20 Jahren Praxis im Interim Management immer wieder zu hören ist, lautet wie folgt:

„Es ist es so, als ob ich für mich selbst einen Personal Trainer engagiere: Die Sicherheit steigt, die gewünschten Ergebnisse zu erhalten. Ich muss dabei natürlich auch Themen anpacken, bei denen ich mir selbst im Weg stehe. Aber meist entdecke ich dabei auch noch Potentiale, an die ich bisher noch nie gedacht hatte.“

Herausstellen möchte ich die besondere aktuelle Relevanz des Themas. Künstliche Intelligenz gilt derzeit als der „Business-Booster“ für Unternehmen, der Märkte umfassend verändert – aufgrund der exponentiellen Entwicklung sogar in einer kaum vorstellbaren Geschwindigkeit. So umfasst die aktuelle Diskussion in der (Fach-) Öffentlichkeit ein umfassendes Bündel an „Chancen“ bzw. Opportunitäten, die es zu heben gelte. Oft wird dies gar mit einer Aufforderung zu einem „Paradigmenwechsel“ verbunden, zu neuem Denken und einer neuen Business Kultur.

Es finden sich Hinweise darauf (und Erfahrungen), die Wertschöpfungskette mit neuen Strukturen zu optimieren, Kompetenzen der Mitarbeitenden zu entwickeln und Prozesse intelligenter und wirkungsvoller zu gestalten.

In Ergänzung zu einer reinen Betrachtung der Technologie oder bestimmter KI-Tools entstehen aus heutiger Sicht vor allem die folgenden Handlungsfelder, bei denen es gilt, die richtigen Schritte zu identifizieren und gezielt umzusetzen – und bei denen Interim Manager bei ihren Kunden mit aktivem „Tun“ einen enormen Mehrwert stiften können:

Unternehmensspezifische Chancen (Business Opportunities): Identifikation, Entscheidung und „auf den Weg bringen“, ggfs. unter Modifikation der Wertschöpfungskette bzw. des kompletten Geschäftsmodells.

Bearbeitung neuer oder veränderter Märkte mit ihren Playern, Bedürfnissen und Machtstrukturen, ggfs. unter Nutzung moderner, digitaler Wege.

(Neu-) Aufbau oder Modifikation von internen Strukturen und Prozessen in den einzelnen Fachbereichen des Unternehmens; ggfs. auch der Schnittstellen zu vor- und nachgelagerten Stakeholdern oder Business Partnern.

Erwerb neuen Wissens, neuer Kompetenzen und Qualifikationen, um all das bereits genannte auch (nachhaltig) umsetzen zu können.

Kulturarbeit als Gestaltung der gemeinsamen Werte, Normen und Einstellungen, welche die Entscheidungen, die Handlungen und das Verhalten der Organisationsmitglieder prägen.

Identifikation, Beherrschung oder Minimierung von Risiken.

Abbildung: Handlungsfelder abseits der reinen Technologie.

Freuen wir uns auf die Beiträge dieses Sammelbandes. Sie bilden ein breites Spektrum unterschiedlicher Herausforderungen, Aufgaben, Erfahrungen und Impulse professioneller Interim Manager in der Unternehmenspraxis rund um Künstliche Intelligenz – immer wieder „gewürzt“ mit anschaulichen Beispielen aus dem eigenen Erleben der Autoren.

Auch wenn ich, der Herausgeber, mit allen Autoren schon seit Jahren persönlich-professionell bekannt bin und ihre berufliche Entwicklung als Interim Manager verfolgen konnte, habe ich bei der Durchsicht der Fachbeiträge und den Diskussionen dazu viel gelernt! Dafür danke ich – und wünsche es ebenso dem Leserkreis.

Dem Diplomatic Council bin ich seit Jahren freundschaftlich und aktiv verbunden. Ich engagiere mich gerne in dieser Organisation, die einen globalen Think Tank mit Beraterstatus bei den Vereinten Nationen, ein weltweites Business Network und eine gemeinnützige Charity Foundation vereint.

Der Herausgeber

Dr. Harald Schönfeld

Quellen:

AIMP (2022). AIMP-Arbeitskreis Interim Management Provider. AIMP-Providerumfrage 2022: https://www.aimp.de/aimp-umfragen/aktuelle-aimp-umfragen

Aydin, Ulvi, I. (19.04.2022). "Wer mich holt, erhält einen Klartexter." – Interim Manager Ulvi I. Aydin zeigt Kante. Webseite Handelsblatt https://www.handelsblatt.com/adv/firmen/ulvi-i-aydin.html

Becker, J. / Schönfeld, H. / Singer, G. (2022): Karriere-Handbuch für Interim Manager. Erfolg als Freelancer im Management. Zweite aktualisierte und ergänzte Auflage

DDIM (2020). Branchenprofil. Webseite Dachgesellschaft Deutsches Interim Management https://www.ddim.de/interim-management/fuer-unternehmen/branchenprofil/

Interim Management (2018). Gabler Wirtschaftslexikon - Online Lexikon: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/interim-management-52714/version-275829

Schädler, K. (21.07.2022). 6. Gipfeltreffen und 1. Schweizer Forum für Interim Management. https://rheintal-interim.org/6-gipfeltreffen-und-1-schweizerforum-fuer-interim-management/

1 Cascio, Jamais (2020): Facing the Age of chaos. https://medium.com/@cascio/facing-the-age-of-chaos-b00687b1f51d

2 Ulvi Aydin ist zudem Co-Autor dieses Fachbuches; siehe sein Beitrag „Die drei Dimensionen Künstlicher Intelligenz“

KI: Geschichte, Anwendungen, Herausforderungen

Eckhart Hilgenstock, Interim Executive (EBS), Interim Manager des Jahres 2012 (AIMP), Top Interim Manager Harvard Business Review 2023

Warum schreibe ich diesen Beitrag? Durch ChatGPT wurde Künstliche Intelligenz, kurz KI, ganz plötzlich populär. Nach Freischaltung der kostenlosen Version hatte OpenAI in der ersten Woche eine Million Benutzer; dies hatte vorher noch niemand auch nur annähernd geschafft. Sebastian Thrun prognostiziert eine Revolution ähnlich dem Buchdruck und sagt: „Verbote sind schon beim Buchdruck nicht gut ausgegangen“. Ich möchte Sie anregen, sich mit KI auseinanderzusetzen und gleichzeitig die Angst davor nehmen. Bereits in meiner Vordiplomarbeit in den 1980er Jahren hatte mir der Informatikprofessor die Aufgabe gestellt, über neuronale Netze, eine der Grundlagen für generative KI, zu schreiben.

In diesem Kapitel richten wir den Fokus auf die Welt der Künstlichen Intelligenz – von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Mit einem Blick auf die Geschichte der KI werden die Meilensteine von den 1950er Jahren bis heute beleuchtet. Während die Entwicklungen fortschreiten und generative KI neue Horizonte eröffnet, bleibt die Frage: Welche konkreten Anwendungen bietet KI für Unternehmen? Und welche Auswirkungen haben diese Anwendungen – auf das Geschäftsmodell, die Märkte und die Gesellschaft? Die Antwort soll in diesem Beitrag skizziert werden. Es werden Fallbeispiele und Erfolgsgeschichten präsentiert, aber auch die Chancen und Herausforderungen von KI beleuchtet – von positiven Effekten auf Wirtschaft und Gesellschaft bis hin zu ethischen Überlegungen und potenziellen Risiken.

Einleitung: Als uns die Zukunft einholte

„Es gibt nichts Neues mehr. Alles, was man erfinden kann, ist schon erfunden worden.“ – Charles H. Duell, US-Patentamt, 1899.

Bis Ende November 2022 war Künstliche Intelligenz für viele eher eine vage Zukunftsvision. Klar, es gab Industrie 4.0 und smarte Maschinen, allerdings waren dies branchenspezifische Themen. Das klang alles noch etwas abstrakt – und wer nichts damit zu tun hatte, konnte sich nicht viel darunter vorstellen. Doch dann trat ChatGPT auf den Plan. Als am 30. November 2022 das KI-Sprachmodell ChatGPT von OpenAI für die breite Öffentlichkeit zugänglich wurde, brach eine regelrechte Revolution über uns herein.3 Das Ausmaß dieser Umwälzung war zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich greifbar. Doch seitdem ist KI in aller Munde.

Es ist, als hätte uns die Zukunft eingeholt. Die Kritiker prophezeien in dystopischen Szenarien, dass KI die Menschheit auslöschen wird. Die Befürworter sehen darin die Tür zu zahlreichen neuen Möglichkeiten für die Menschheit – und die Lösung nahezu aller Probleme. Die Wahrheit liegt, wie so oft, wahrscheinlich irgendwo in der Mitte. Wir müssen zunächst einmal lernen, verantwortungsvoll mit dieser Errungenschaft umzugehen. Was aber jetzt schon feststeht: Generative Künstliche Intelligenz (GenAI) wie ChatGPT hat den Vorhang für eine neue Ära aufgezogen und die Diskussionen über KI auf eine völlig neue Ebene gehoben.

KI hat in den letzten Jahren einen beeindruckenden Siegeszug durch die Wirtschaft und Gesellschaft erlebt. Wir befinden uns zwar immer noch am Anfang der vierten industriellen Revolution, haben durch GenAI aber einen spürbaren Schritt in Richtung Zukunft gemacht. KI beschleunigt die technologische Evolution. Von der Automatisierung von Produktionsprozessen bis hin zur personalisierten Medizin: KI hat das Potenzial, den Status quo auf den Kopf zu stellen.

Die Technologiefortschritte rund um Datenverarbeitung, Datenspeicher und Rechenkapazität haben KI zu einer Art Alleskönnerin gemacht. Sie übernimmt nicht nur monotone Aufgaben, sondern kann auch Datensätze analysieren, Verträge auf Rechtmäßigkeit prüfen und kreative Prozesse unterstützen.

Die Bedeutung von KI für Wirtschaft und Gesellschaft lässt sich kaum überschätzen. Die Möglichkeiten scheinen grenzenlos. KI-Technologien haben das Potenzial, die Effizienz und Produktivität in Unternehmen zu steigern, innovative Produkte und Dienstleistungen hervorzubringen und komplexe gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen.

Dabei stehen wir indes noch vor großen Herausforderungen und vielen Fragezeichen, denn: Gleichzeitig werfen diese Entwicklungen auch wichtige ethische, rechtliche und soziale Fragen auf, die sorgfältig reflektiert werden müssen.

Beispiele:

Inwieweit sollten autonome KI-Systeme in der Lage sein, moralische Entscheidungen zu treffen? Wie kann man sicherstellen, dass diese Entscheidungen den gesellschaftlichen Normen entsprechen? Welche Verantwortlichkeiten tragen Unternehmen und Entwickler bei der Schaffung von KI-Technologien – insbesondere im Hinblick auf den Schutz der Privatsphäre und der Verhinderung von Diskriminierung? Wie sollte das Haftungsrecht angepasst werden, um Schäden, die durch autonome KI-Systeme verursacht werden, angemessen zu regeln? Wie sollten die Verantwortlichkeiten zwischen Herstellern, Betreibern und Benutzern im Umgang mit KI geklärt sein? Welche Gesetze sollten aktualisiert werden, um den Datenschutz im Kontext von KI-Anwendungen zu gewährleisten und persönliche Daten angemessen zu schützen? Welche Auswirkungen hat der Einsatz von KI auf den Arbeitsmarkt und was sollte die Politik unternehmen, damit der technologische Fortschritt nicht zu massiven Arbeitsplatzverlusten führt? Wie kann der Zugang zu KI-Technologien und den damit verbundenen Vorteilen gerecht und inklusiv verteilt werden, um soziale Ungleichheiten nicht zu verstärken?

Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung und dem wachsenden Einfluss von KI ist es von höchster Bedeutung, ein fundiertes Verständnis für diese Technologien zu entwickeln. Dazu gehört, nicht nur die technologischen Möglichkeiten von KI zu erkunden, sondern auch ihre Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft kritisch zu beleuchten. Denn während KI uns mit offenen Armen empfängt, sollten wir nicht versäumen, einen genaueren Blick auf die möglichen Nebenwirkungen zu werfen.

In diesem Beitrag werden wir uns mit der Bedeutung von KI für Wirtschaft und Gesellschaft auseinandersetzen. Dazu werden wir zunächst grundlegende Begriffe und Konzepte der Künstlichen Intelligenz erläutern, um ein gemeinsames Verständnis zu schaffen. Vieles, was uns an KI heute futuristisch erscheint, ist eigentlich gar nicht so neu.

Um das besser zu verstehen, werden wir einen Exkurs durch die Geschichte der KI unternehmen. Anschließend werden wir die Definition und Grundlagen der generativen KI beleuchten und mögliche Anwendungsfelder vorstellen. Danach gehen wir noch etwas tiefer auf praktische Einsatzgebiete in der Öffentlichen Verwaltung, Medizin und dem Finanzwesen ein – und stellen praxisnahe Fallbeispiele und Erfolgsgeschichten aus verschiedenen Branchen vor.

Im vorletzten Abschnitt analysieren wir sowohl die positiven Auswirkungen von KI auf Wirtschaft und Gesellschaft als auch die Herausforderungen und Risiken rund um Ethik, Datenschutz, Arbeitsplatz und Co. Zum Schluss werden wir einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung von KI geben und Empfehlungen für eine verantwortungsbewusste und nachhaltige Integration von KI-Technologien in Wirtschaft und Gesellschaft formulieren.

In diesem Sinne möchte ich Sie herzlich dazu einladen, sich auf eine spannende Reise in die Welt der Künstlichen Intelligenz zu begeben. Hoffentlich trägt dieses Kapitel dazu bei, Ihr Verständnis für die Potenziale und Herausforderungen von KI zu vertiefen und Impulse für eine konstruktive Auseinandersetzung mit diesem zukunftsweisenden Thema zu geben.

Eine kurze Geschichte der Künstlichen Intelligenz

„Ich denke, dass es einen Weltmarkt für vielleicht fünf Computer gibt.“ – Thomas Watson, Vorsitzender von IBM, 1943.

Die Vorstellung von Künstlicher Intelligenz ist jahrtausendealt und hat bereits in der Antike ihren Ursprung, als sich Philosophen den existenziellen Fragen von Leben und Tod widmeten. Damals wurden sogenannte „Automaten“ entwickelt – mechanische Konstruktionen, die sich eigenständig bewegten, ohne menschliches Eingreifen. 4 Der Begriff „Automat“ entstammt dem Altgriechischen und bedeutet so viel wie „aus eigenem Willen handeln“. Eine der ältesten dokumentierten Erwähnungen eines solchen Automaten stammt sogar aus dem Jahr 400 v. Chr. Dabei handelt es sich um eine mechanische Taube, angeblich erschaffen von dem Mathematiker und Ingenieur Archytas von Tarent, einem Freund des berühmten Philosophen Platon.5 Diese archaischen Gedanken und Erfindungen haben natürlich überhaupt nichts mit dem zu tun, was wir heute unter KI verstehen.

Die 1950er Jahre

Dennoch ist die Geschichte der KI im heutigen Verständnis nicht mehr so jung. Sie reicht bis in die 1950er Jahre zurück: eine Zeit, die von bedeutenden Entwicklungen in der Informatik und Technologie geprägt war – und die Grundlage für weitere Forschung und Wissenschaft in dem Bereich legte. Allgemein war die Zeit zwischen 1940 und 1960 von einer starken Verknüpfung technologischer Entwicklungen und dem Wunsch geprägt, das Funktionieren von Maschinen und organischen Lebewesen zu verstehen. Dies legte den Grundstein für die weitere Entwicklung der Künstlichen Intelligenz.6

Ein erster Meilenstein war die Veröffentlichung von Alan Turings Arbeit „Computer Machinery and Intelligence“ im Jahr 1950, in der er den sogenannten Turing-Test vorstellte, mit dem er die Intelligenz von Maschinen messen wollte. Dies trug maßgeblich zur Popularisierung des Begriffs „Künstliche Intelligenz“ bei.7 Im Jahr 1956 wurde der wissenschaftliche Begriff „Artificial Intelligence“ (AI) auf der Dartmouth-Konferenz geprägt, bei der Wissenschaftler, Mathematiker und Philosophen begannen, sich intensiv mit dem Konzept der Künstlichen Intelligenz auseinanderzusetzen – und zusammenkamen, um das Potenzial der Schaffung von Maschinen mit menschenähnlicher Intelligenz zu diskutieren. Dieses Ereignis gilt weithin als die Geburtsstunde der KI als legitimes Forschungsfeld.8 Das Programm „Logic Theorist“, entwickelt von Allen Newell und Herbert A. Simon, war eines der ersten KI-Computerprogramme. Es zeigte das Potenzial von Maschinen, menschliches Denken zu replizieren. Der „Logic Theorist“ gilt als das erste Programm, das gezielt für automatisierte Schlussfolgerungen geschaffen wurde und somit als das erste Künstliche Intelligenz-Programm.9

Ein weiteres bedeutendes Ereignis war die Schaffung und Popularisierung des sogenannten Perzeptrons im Jahr 1957. Das Perzeptron ist ein künstliches neuronales Netzwerk, welches der US-amerikanische Psychologe und Informatiker Frank Rosenblatt erstmals 1958 in seiner wissenschaftlichen Arbeit in der Psychological Review vorstellte.10 Dies wurde als Durchbruch in der KI-Forschung angesehen und weckte großes Interesse an diesem Bereich. In der Forschung und Wissenschaft begann der sogenannte „AI Boom“.11 In dieser Zeit wurde auch die erste KI-Programmiersprache, LISP, von John McCarthy entwickelt, die bis heute maßgeblichen Einfluss auf die KI-Forschung und -Entwicklung hat.12

Die 1960er Jahre

In den 1960er Jahren setzte sich die Entwicklung der KI-Forschung weiter fort, wobei verschiedene Länder und Forschergruppen bedeutende Beiträge zur Erforschung und Weiterentwicklung von KI-Technologien leisteten. So arbeiteten Forscher an Schlüsselkomponenten einer Generellen Künstlichen Intelligenz (Artificial General Intelligence, AGI). AGIs sind noch nicht entwickelt. Sie wären eine Art-Superprogramm, das jede intellektuelle Aufgabe verstehen und lernen kann, die ein Mensch ausführen kann. Allerdings entstand ein erster Chatbot: ELIZA wurde Ende der 1960er Jahre von KI-Pionier Joseph Weizenbaum entwickelt. Obwohl ELIZA alles andere als eine AGI war, stellte der Bot für damalige Verhältnisse einen weiteren Meilenstein dar. ELIZA griff auf große Datenbanken zurück und konnte nach festen Mustern Antworten geben.13

Die 1970er und 1980er Jahre

In den 1970er und 1980er Jahren erlebte die KI-Entwicklung sowohl bedeutende Fortschritte als auch Phasen reduzierter Finanzierung; letztere sind als „KI-Winter“ bekannt. Expertensysteme, die die Entscheidungsfähigkeit eines menschlichen Experten nachahmten, gewannen in dieser Zeit an Bedeutung. Die Grenzen der bestehenden Technologie führten jedoch zu nachlassendem Interesse und weniger Investitionen in die KI-Forschung. Die damaligen Computer waren schlichtweg noch nicht leistungsfähig genug, um komplexe Aufgaben wie Spracherkennung und Bildverarbeitung effizient zu lösen.14 Dennoch wurden in den 1970er Jahren bedeutende Fortschritte erzielt, insbesondere im Bereich der Expertensysteme. Eines der bekanntesten Expertensysteme, das in den frühen 1970er Jahren entwickelt wurde, war das MYCIN-System, das zur Diagnose und Behandlung von bakteriellen Infektionen eingesetzt wurde.15

In den 1980er Jahren setzte sich die Entwicklung von Expertensystemen und anderen praktisch einsetzbaren KI-Systemen fort. Diese Ära war geprägt von dem Bestreben, KI-Technologien in konkreten Anwendungsgebieten wie Medizin, Finanzen und Fertigung einzusetzen. In dieser Zeit wurde in Japan auch das Konzept der „fünften Generation“ von Computern entwickelt. Diese sollten besonders leistungsfähige Computersysteme darstellen. Letztendlich scheiterten sie jedoch in den 1990er Jahren an unrealistischen Erwartungen. 16 Trotz einiger weniger Fortschritte führten solche zu ehrgeizigen Ziele zu einem weiteren Rückgang des Interesses an KI, was als „zweiter KI-Winter“ bezeichnet wird.17

Die 1990er Jahre

Die 1990er Jahre erlebten ein Wiederaufleben des Themas KI, angetrieben durch die Verfügbarkeit großer Datensätze, gesteigerter Rechenleistung und der Entwicklung leistungsfähigerer Algorithmen. Die 1990er Jahre stellten ohnehin eine digitale Explosion dar: Internet, E-Mail oder Mobilfunk sind nur einige wenige der revolutionären Entwicklungen aus dieser Zeit. Und in Bezug auf KI? Eine ganze Reihe engagierter Köpfe trieben KI und Deep Learning weiter voran und erzielten wichtige Meilensteine. Dana Cortes und Vladimir Vapnik entwickelten 1995 die Support Vector Machine für die Zuordnung und Erkennung sich ähnelnder Daten.18 Sepp Hochreiter und Jürgen Schmidhuber führten 1997 das sogenannte LSTM-Modell (Long Short-Term Memory) für rekurrente neuronale Netze vor: LSTMs ermöglichen es, über lange Zeitabstände hinweg relevante Informationen zu speichern und zu nutzen. Technologien wie die Vector Machine oder LSTMs erlauben es, komplexe Muster in Daten zu erkennen – und führten zu Anwendungen in Bereichen wie Spracherkennung, Bildverarbeitung und Datenanalyse.

Das Jahr 1997 hatte aber noch einen anderen, weitaus populäreren Höhepunkt: Am 11. Mai 1997 verlor der amtierende Schachweltmeister Gary Kasparov gegen den Schachcomputer Deep Blue von IBM – das erste Mal in der Geschichte, dass ein Weltmeister gegen einen Schachcomputer verliert. Das Match wird in dem Dokumentarfilm „Game Over: Kasparov and the Machine“ von 2003 rückblickend beleuchtet. Methodisch betrachtet war Deep Blue keine Neuigkeit: Er basierte auf den Technologien der klassischen symbolischen KI, verfügte über einen umfangreichen Katalog von Eröffnungszügen und eine detaillierte Bewertung von Stellungen. Aufgrund des Medienspektakels setzte dieses Ereignis die KI-Forschung aber wieder auf die Landkarte von Investoren.

Die 2000er und 2010er Jahre

Die 2000er Jahre waren geprägt von viel Robotik- und Sensorikforschung, der Forschung in der Medizin und der Biologie sowie zunehmenden Entwicklungssprüngen aufgrund immer besserer Rechenleistung. Wir werden hier nicht alle Entwicklungen aufzählen, sondern blitzlichtartig ein paar davon herausnehmen. 2004 navigierten die Erkundungsroboter „Spirit“ und „Opportunity“ der NASA autonom auf der Marsoberfläche. Im Jahr 2005 startete das „Blue-Brain-Projekt“: eine Kooperation zwischen dem Brain and Mind Instituts in Lausanne und IBM, mit dem Ziel, bis 2015 ein biologisch korrektes, virtuelles Gehirnmodell zu schaffen. 2009 begann Google, selbstfahrende Autos zu bauen, die heute bereits in Phoenix, San Francisco und Austin als normale Verkehrsteilnehmer unterwegs sind.

Die 2010er waren von einer verstärkten Integration von KI-Technologien in den Alltag geprägt. Von 2011 bis 2014 wurden Smartphone-Apps wie Apples „Siri“, Googles „Google Now“, Microsofts „Cortana“ oder Amazons „Alexa“ entwickelt. Diese Apps können Fragen beantworten, Empfehlungen geben und Aktionen ausführen, indem sie natürliche Sprache verwenden. 2011 schlug das KI-Programm „Watson” von IBM in der Quiz-Show „Jeopardy!“ die beiden Champions Rutter und Jennings.19 Das Jahr 2012 stellte in gewisser Hinsicht einen Wendepunkt in der KI-Geschichte dar: Das Deep Learning-Modell „AlexNet“ gewann mit großem Abstand die „Large Scale Visual Recognition Challenge“ (LSVRC) – eine Benchmark-Veranstaltung, die darauf abzielt, die Fortschritte in der automatischen Bilderkennung und Klassifizierung zu fördern.20 AlexNet wurde mithilfe von GPU-Chips trainiert – ein Ansatz, der anschließend fast ausschließlich übernommen wurde.

2015 kamen erstmals von Seiten der Tech-Giganten ethische Bedenken hinsichtlich Künstlicher Intelligenz auf: Stephen Hawking, Elon Musk und zahlreiche KI-Experten setzten ihre Unterschriften unter einen offenen Brief, in dem sie die genauere Erforschung der gesellschaftlichen Auswirkungen von KI forderten. 2016 fand ein weiteres Spieleereignis zwischen KI und Mensch statt: Die Firma Google DeepMind ließ ihren Computer „AlphaGo“ in dem chinesischen Strategiespiel „Go“ antreten. Der Gegner war kein anderer als der koreanische Profi-Go-Meister Lee Sedol. AlphaGo gewann mit 4:1. 21 2018 stellt Google den KI-basierten Sprachassistenten „Google Duplex“ vor, der in der Lage war, Termine über das Telefon zu buchen.22

Die 2020er Jahre

In den letzten Jahren hat sich KI zunehmend in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens integriert, von virtuellen Assistenten und Empfehlungssystemen bis hin zu autonomen Fahrzeugen und medizinischen Diagnosen. Die Entwicklung von KI-Ethik und verantwortungsbewussten KI-Praktiken hat sich ebenfalls als ein kritischer Gesichtspunkt etabliert, da die Technologie weiterhin voranschreitet. Im Februar 2020 stellte Microsoft sein Sprachmodell „T-NLG“ vor – mit 17 Milliarden Parametern das damals größte jemals veröffentlichte Sprachmodell. Doch schon wenige Monate später legte das damals relativ unbekannte Unternehmen OpenAI nach – und stellte GPT-3 mit einer Kapazität vor, die zehnmal größer war als die des T-NLG.

Heute: KI und Generative KI

Und dann kam der 30. November 2022: Dieser Tag markierte einen signifikanten Wendepunkt, der die Welt der generativen Künstlichen Intelligenz grundlegend veränderte. Innerhalb nur eines Jahres bis zum November 2023 erlebten Sprachmodelle einen beispiellosen Fortschritt, und ihre potenziellen Anwendungen für Endnutzer vervielfachten sich. Schon im Januar 2023, nicht einmal zwei Monate nach der Markteinführung, erreichte Chat-GPT 100 Millionen Nutzer. Beeindruckend ist auch die Entwicklung von GPT-4, das mit 100 Billionen Parametern trainiert wurde. Im Vergleich dazu hatte GPT 3.5 „nur“ 175 Milliarden Parameter – eine wahrhaft astronomische Steigerung.

Zahlreiche andere Anbieter folgten diesem KI-Trend, bemüht, mit den Entwicklungen von OpenAI Schritt zu halten. Viele Unternehmen nutzen nun GPT-4 oder andere Open-Source-Modelle wie Llama2 als Grundlage für die Entwicklung eigener, spezifischer Lösungen. Am Ende dieses Kapitels finden Sie eine Zusammenstellung nützlicher KI-Tools, die von verschiedenen Anbietern bereitgestellt werden. Diese vielfältigen Entwicklungen verdeutlichen den rasanten Fortschritt und die breite Akzeptanz von KI-Technologien in der globalen Landschaft. Mit Mistral aus Frankreich,23 Aleph Alpha aus Heidelberg,24 Nyonic aus Berlin25 oder der Comma Soft AG aus Bonn26 sind auch europäische Unternehmen in den Markt eingestiegen – mit einem europäischen KI-Ansatz.

Die Entwicklung wird exponentiell zunehmen. Mit der Quantentechnologie, den Quantencomputern, werden Leistungssteigerungen möglich, die heute nur schwer vollstellbar sind. Ein Quantencomputer mit 53 Quanten-Bits (Qubits) demonstrierte bereits, wie er in wenigen Sekunden berechnete, wofür ein herkömmlicher Computer 10.000 Jahre benötigen würde.27 Sobald Quantencomputer marktreif werden, wird die Menschheit einen neuen Big Bang des Möglichen erleben.

Bleiben wir aber in der Gegenwart, die für viele schon futuristisch genug ist: Es gibt heute schon keine Branche mehr, die nicht von GenAI profitieren kann. Ein paar Anwendungsbeispiele werden wir in den kommenden Abschnitten beleuchten – und einen Ausblick wagen, wohin KI uns noch führen kann.

Generative KI: Produktivität, Kreativität, Innovation

„Ich habe die Länge und Breite dieses Landes bereist und mit den besten Leuten geredet, und ich kann Ihnen versichern, dass Datenverarbeitung ein Tick ist, der dieses Jahr nicht überleben wird.“ – Prentice Ettinger Jr., Chef des US-Verlages Prentice Hall, 1957.

Bei dem von ChatGPT ausgelösten Hype um Künstliche Intelligenz geht es vor allem um generative KI. Von daher werden wir uns in diesem Abschnitt genauer damit auseinandersetzen. Wir werden die Definition und Grundlagen von GenAI beleuchten, Anwendungsbeispiele vorstellen – und analysieren, welche wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen damit verbunden sind.

Definition und Grundlagen von GenAI

Generative KI bezieht sich auf ein Segment der Künstlichen Intelligenz, das darauf abzielt, Inhalte zu erzeugen, die von Menschen als neu, originell oder kreativ angesehen werden können. Dabei kann es sich um Texte, Bilder, Musik, (Programmier-)Sprachen oder sogar Videos handeln. Generative KI-Systeme nutzen Maschinelles Lernen, insbesondere tiefe Lernmodelle wie neuronale Netze, um Muster in unfassbar großen Datenmengen zu erkennen – und darauf basierend neue Daten zu erzeugen. Zum Trainieren generativer Modelle werden enorme Datenmengen benötigt. Die KI-Systeme lernen, aus diesen Datenmengen Muster, Strukturen und Beziehungen herzustellen – und sind dadurch in der Lage, neue Inhalte zu generieren.

Verschiedene Ansätze

KI-Training findet in unterschiedlichen Gebieten statt, darunter: Bilderkennung, Spracherkennung, Mustererkennung und Prozessoptimierung. Zu den gängigen Ansätzen in der generativen KI gehören:

Generative Adversarial Networks (GANs),

Variational Autoencoders (VAEs),

Transformer-basierte Modelle wie GPT (Generative Pretrained Transformer).

Generative Adversarial Networks (GANs)

GANs bestehen aus zwei Hauptkomponenten: einem sogenannten Generator und einem Diskriminator. Der Generator erzeugt neue Daten, während der Diskriminator versucht zu unterscheiden, ob die Daten echt oder vom Generator erzeugt wurden. Durch diesen Wettbewerb verbessern beide Netzwerke ihre Fähigkeiten. Beim Training eines GAN ist es wichtig, dass der Generator und der Diskriminator abwechselnd trainiert werden, um ein Gleichgewicht zwischen den beiden zu finden. Zu starke oder zu schwache Leistungen einer der beiden Seiten können das Training beeinträchtigen. GANs werden häufig in der Bildgenerierung, der Videogenerierung und der Spracherzeugung eingesetzt.28

Variational Autoencoders (VAEs)