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Lebensraumverbesserung für die Este – Hydraulische Vergleichsbetrachtungen bestätigen Forderungen der Ökologie. Björn Tent hat seine Projektarbeit zum Heidebach Este im berufsbegleitenden Studium „Wasserbau und Umwelt“ an der TU Dresden ausgearbeitet. Die Themenstellung wurde eng mit dem Institut für Wasserbau der TU Hamburg-Harburg abgestimmt. Es galt, ein morphologisches Gestaltungskonzept an einer Beispielstrecke zu entwickeln. Dafür erfasste der Autor die gegenwärtige Realität und verglich sie mit historischen Zuständen. Morphologische Parameter wie Laufform und Windungsfaktor wurden analysiert und mit errechneten Werten der „Regimetheorie“ verglichen. Angelehnt an das morphologische Leitbild wurden Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstrukturgüte konzipiert und in ihren Auswirkungen auf die hydraulische Charakteristik (Wasserstand, Fließgeschwindigkeit, Schubspannung) prognostiziert. Mit den Ergebnissen werden die hydraulischen Grundlagen für schlankes Handeln beim Restaurieren gelegt. Die vor Ort zu verzeichnenden Zerstörungen der Gewässerstruktur erwiesen sich gravierender, als bisher eingeschätzt. Auf diesen Erkenntnissen wurden die bisherigen empirischen Annahmen für „in-stream Restaurieren“, die der naturnahen Wiederbelebung von zu breit und zu tief eingeschnittenem Gewässerbett dienen, durch hydraulische Vergleichsbetrachtungen bestätigt. Es zeigte sich, dass in-stream-Maßnahmen zur Verbesserung des Niedrig- und Mittelwasserprofils noch umfänglicher in die Tat umgesetzt werden müssen, als bisher angenommen. Es gilt, die heutigen naturfernen Gewässerstrukturen ihrem fachlich wie rechtlich geforderten Ziel näher zu bringen.
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Seitenzahl: 85
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Die Edmund Siemers-Stiftung veröffentlichte bisher im Bereich Fließgewässerschutz
2012, Willem Salge: Landschaftsökologische Charakterisierung und Bewertung des Einzugsgebietes der Fuhlau (LK Harburg) als Grundlage für ein Entwicklungskonzept zur Verbesserung der Nährstoffretention. BoD. – ISBN 978-3-8482-3335-9.
2008, Thomas Janssen & Wilhelm Ripl: Grundlagen für eine nachhaltige und klimastabilisierende Landbewirtschaftung in den Einzuggebieten von Este, Seeve, Oste und Wümme. BoD. – ISBN 978-3-8334-8122-2.
2007, Gerd Janssen: Forelle, Schwarzstorch, Flatterulme – Indikatoren lebendiger Bäche und Flüsse. Kleine Schriften aus drei Jahrzehnten Fließgewässerschutz. BoD. – ISBN 978-3-8334-8791-0.
2007, Kerstin Grabowsky: Die Heidenauer Aue – Gewässerstruktur und Einzugsgebiet eines Fließgewässers. BoD. – ISBN 978-3-8334-6631-1.
2007, Hilke Prange: Ochre Pollution as an Ecological Problem in the Aquatic Environment – Solution Attempts from Denmark. BoD. – ISBN 10: 3-8334-6632-4, 13: 978-3-8334-6632-8.
2006, Inga Krämer: Verrohrte Fließgewässer bei der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie – mögliche Lösungen und deren ökonomische Auswirkungen. BoD. – ISBN 10: 3-8334-6518-2, 13: 978-3-8334-6518-5.
2006, Ludwig Tent: Ocker – ein Gewässerproblem, gegen das wir einiges tun können. – Ad fontes Verlag, Hamburg, 21 S., ISBN 3-932681-46-0
2002, Ludwig Tent: Bessere Bäche – Praxistipps – Bereits geringer Aufwand bringt große Erfolge für den Lebensraum. – (gemeinsam herausgegeben mit: Hanseatische Natur- und Umweltinitiative Hamburg) – Ad fontes Verlag, Hamburg, 68 S., ISBN 3-932681-3.
2001, Ludwig Tent: Pflanzen und ihre Bedeutung für Fließgewässer – Praxistipps. – (gemeinsam herausgegeben mit: Hanseatische Natur- und Umweltinitiative Hamburg) – Ad fontes Verlag, Hamburg, 52 S., ISBN 3-932 681-29-0.
2000, Madsen, B. L. & L. Tent: Lebendige Bäche und Flüsse - Praxistipps zur Gewässerunterhaltung und Revitalisierung von Tieflandgewässern. Libri-BoD (Books on Demand), 156 S., ISBN 3-89811-546-1.
1998, Ludwig Tent: Unsere Heidebäche brauchen Hilfe. Überarbeitete Neuauflage. Hamburg, 16 S. – ISBN 3-932681-30-4
Edmund Siemers-Stiftung, Schlankreye 67, 20144 Hamburg
Björn Tent
Projektarbeit (Auszug)an der TU Dresden, Institut für Wasserbau und Technische Hydromechanik, in Zusammenarbeit mit der TU Hamburg-Harburg, Institut für Wasserbau
Verantwortlicher Hochschullehrer: Prof. Dr.-Ing. J. StammWiss. Betreuer: Dipl.-Ing. R. Zimmermann, Dr.-Ing. T. Heyer (TU Dresden),Dipl.-Ing. E. Nehlsen (TU Hamburg-Harburg)
Vorgelegt: Hamburg / Dresden 26. Januar 2014
[Oktober 2014]
Vorwort des Herausgebers
1 Vorbemerkungen
1.1 Veranlassung und Aufgabenstellung der Projektarbeit
1.2 Umfang und Zielsetzung der Projektarbeit
2 Rechtliche Grundlagen für Maßnahmen im und am Gewässer
2.1 Der rechtliche Rahmen auf Bundesebene (Wasserrecht, Auswahl)
2.1.1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
2.2 Der rechtliche Rahmen auf Landesebene (Wasserrecht, Auswahl)
2.2.1 Niedersächsisches Wassergesetz (NWG)
3 Die Este – Das Untersuchungsgebiet in seiner historischen Entwicklung
3.1 Historischer Zustand von 1769
3.2 Historischer Zustand der 1920er Jahre
3.2.1 Strecke 1 – Pegel Langeloh bis Bahnlinie Hamburg-Bremen
3.2.2 Strecke 5 – Mündung Mühlenbach bis „Alte Burg“ (Karlsburg)
4 Die Este – Heutiger Zustand
4.1 Untersuchungs- und Einzugsgebiet der Este
4.2 Beschreibung des heutigen Zustandes
4.2.1 Strecke 1 – Pegel Langeloh bis Bahnlinie Hamburg-Bremen
4.2.2 Strecke 2 – Bahnlinie Hamburg-Bremen bis B 75
4.2.3 Strecke 3 – B 75 bis Bötersheim
4.2.4 Strecke 4 – Bötersheim bis Mündung Mühlenbach
4.2.5 Strecke 5 – Mündung Mühlenbach bis „Alte Burg“ (Karlsburg)
4.2.6 Strecke 6 – „Alte Burg“ (Karlsburg) bis Hollenstedt
4.2.7 Strecke 7 – Hollenstedt bis Pegel Emmen
4.3 Querprofile im heutigen Zustand
4.3.1 Strecke 1 – Pegel Langeloh bis Bahnlinie Hamburg-Bremen
4.3.2 Strecke 2 – Bahnlinie Hamburg-Bremen bis B 75
4.3.3 Strecke 3 – B 75 bis Bötersheim
4.3.4 Strecke 4 – Bötersheim bis Mündung Mühlenbach
4.3.5 Strecke 5 – Mündung Mühlenbach bis „Alte Burg“ (Karlsburg)
4.3.6 Strecke 6 – „Alte Burg“ (Karlsburg) bis Hollenstedt
4.3.7 Strecke 7 – Hollenstedt bis Pegel Emmen
4.4 Weitere Grundlagen
4.4.1 Fließgewässertypisierung der Este
4.4.2 Hydrologische Kenngrößen
4.4.2.1 Ableitung der bettbildenden Abflusskenngrößen
4.4.3 Sandfracht im Gewässersystem
4.4.3.1 Gutachten zur Sandführung der Este aus dem Jahr 1983
4.4.3.2 Studie zur Sandbelastung der Fließgewässer in Niedersachsen (2011)
4.4.3.3 Unnatürliche Sandfracht in Geestbächen nach Altmüller und Dettmer
4.4.4 Nutzungen im Einzugsgebiet und Querbauwerke im Verlauf der Este
5 Beschreibung und Analyse der ermittelten Zustände hinsichtlich morphologischer Parameter
5.1 Begriffsdefinitionen
5.1.1 Windungsfaktor und Laufform
5.1.2 Formfaktor
5.2 Beschreibung der ermittelten Zustände
5.2.1 Windungsfaktoren und Laufkrümmungen
5.2.2 Formfaktoren, bordvolle Breite und bordvolle Wassertiefe
5.2.3 Fließquerschnitte
5.2.4 Sohlgefälle
5.3 Ergebniszusammenstellung und Schlussfolgerungen
6 Die Regimetheorie
6.1 Allgemeines zur Anwendung regimetheoretischer Ansätze
6.2 Zur Entstehung regimetheoretischer Ansätze
6.3 Ausgewählte regimetheoretische Ansätze
6.3.1 Ansatz nach Leopold et al
6.3.2 Ansatz nach Kellerhals
6.3.3 Ansatz nach Bray
6.3.4 Ansatz nach Yalin & da Silva
6.4 Morphologische Parameter nach Regimetheorie
6.4.1 Windungsfaktoren und Laufkrümmungen
6.4.2 Bordvolle Breite, bordvolle Wassertiefe und Formfaktoren
6.4.3 Sohlgefälle
6.5 Vergleich der ermittelten Zustände mit denen der Regimetheorie
6.6 Schlussfolgerungen
7 Mögliche Verbesserungsmaßnahmen im und am Gewässer
7.1 Maßnahmen zur Förderung der eigendynamischen Entwicklung
7.2 Maßnahmen zur Verbesserung der Sohlstrukturen
7.3 Maßnahmen zur Reduzierung hoher Wassertemperaturen und Temperatursprünge durch die Entwicklung standorttypischer Gehölze an Flüssen
7.4 Maßnahmen zur Reduzierung der Feststoffeinträge und Sandfrachten
7.5 Herstellung der linearen Durchgängigkeit
8 Entwicklung eines morphologischen Leitbildes
8.1 Untersuchte Varianten
8.1.1 Phasen der eigendynamischen Gewässerentwicklung
8.2 Vorgehen und Eingangsgrößen der hydraulischen Vergleichsbetrachtungen
8.2.1 Allgemeines
8.2.2 Eingangsgrößen für die hydraulischen Vergleichsbetrachtungen
8.2.2.1 Strecke 1 – Pegel Langeloh bis Bahnlinie Hamburg-Bremen
8.2.2.2 Strecke 5 – Mühlenbach bis „Alte Burg“
8.3 Ergebniszusammenstellung der hydraulischen Vergleichsbetrachtungen
9 Schlussfolgerungen und Ausblick
10 Literaturverzeichnis
Inzwischen sind 37 Jahre nach der ersten Ökologisierung des deutschen Wasserrechts im Jahr 1977 verstrichen. Angesichts damals sogar optisch sichtbarer, erheblicher Gewässerverschmutzung wurde hervorgehoben, dass jedermann darauf zu achten habe, die biologischen, chemischen und physikalischen Eigenschaften der Gewässer nicht weiter zu verschlechtern. Der amtliche Gewässerschutz hat in den Folgejahren mit konsequent eingesetzten Umwelttechnikverfahren gute Erfolge in der Abwasserreinigung erzielt. Im Gegensatz zu diesem konsequenten Umgang mit gewässerbelastenden Punktquellen steht bis heute die Vernachlässigung der Lebensraumstruktur und insbesondere die Betrachtung des gesamten Einzugsgebiets. Die nach wie vor hohe Überlastung der Meere unter anderem mit Nährstoffen aus diffusen Quellen – wesentlich hier: Landwirtschaft und Verkehr – ist zwar bekannt, wird aber noch immer nicht durch angemessenes Handeln zielgerichtet und flächendeckend bearbeitet.
Die Edmund Siemers-Stiftung engagiert sich seit ihrer Gründung im Naturschutzjahr 1995, das im Zeichen von „Naturschutz außerhalb von Schutzgebieten“ stand, unter anderem konsequent für Verbesserungen an Bächen und kleinen Flüssen (vgl. z.B. Tent 2005). Seit 2006 ergänzt eine Schriftenreihe dieses Vorgehen. Hierin werden in lockerer Folge aktuelle Themen dargestellt mit besonderem Fokus auf solche, die andernorts (noch) nicht hinreichend berücksichtigt werden. Auch dieser Band mit hydraulisch-hydrologischem Schwerpunkt versteht sich als Anstoß für die lebensraumorientierte Gewässerverbesserung. Mögen die hierin dargestellten Erkenntnisse einer möglichen „schlanken“ Hilfe für standorttypische Organismen vielfältige Anwendung in der Praxis finden.
Der Heidebach Este als Sandwüste – hier: nördlich des Untersuchungsgebiets an der Goldbek-Mündung. Früher vorhandener Baumsaum ist beseitigt, Randnutzung intensiviert, das Gewässerbett überbreit erodiert, die Sohle zum Sandfang mit Sandtransport mutiert.
Björn Tent hat seine Projektarbeit zum Heidebach Este im berufsbegleitenden Studium „Wasserbau und Umwelt“ an der TU Dresden ausgearbeitet. Die Themenstellung wurde eng mit der TU Hamburg-Harburg abgestimmt, durch deren Institut für Wasserbau die Este im kürzlich abgeschlossenen Projekt KLIMZUG und derzeit im Hochwasserschutz-bezogenen Projekt KLEE umfangreich untersucht und beurteilt wurde und wird. Seine Aufgabe bestand darin, ein morphologisches Gestaltungskonzept für den Gewässerabschnitt zwischen Langeloh und Emmen zu entwickeln (der folgende Text lehnt sich eng an die offizielle Aufgabenstellung an). Dafür erfasste er die gegenwärtige Realität und verglich sie mit historischen Zuständen. Morphologische Parameter wie Laufform und Windungsfaktor wurden analysiert und mit errechneten Werten der „Regimetheorie“ verglichen. Angelehnt an das definierte morphologische Leitbild wurden Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstrukturgüte konzipiert und in ihren Auswirkungen auf die hydraulische Charakteristik (Wasserstand, Fließgeschwindigkeit, Schubspannung) prognostiziert. Mit den Ergebnissen werden die hydraulischen Grundlagen für schlankes Handeln beim Restaurieren gelegt.
Es stellte sich heraus, dass die vor Ort zu verzeichnenden Zerstörungen der Gewässerstruktur noch gravierender sind, als bisher eingeschätzt. Auf diesen Erkenntnissen basierend wurden die bisherigen empirischen Annahmen für „in-stream Restaurieren“ (Tent 2005), die der naturnahen Wiederbelebung von zu breit und zu tief eingeschnittenem Gewässerbett dienen, durch hydraulische Vergleichsbetrachtungen bestätigt. Es zeigte sich, dass in-stream-Maßnahmen sogar noch umfänglicher in die Tat umgesetzt werden müssen als bisher angenommen. Das heißt für die Praxis: Anlieger, Nutzer, Umweltverbände, Naturschutz- und Wasserwirtschaftsverwaltungen können gar nicht „zu viel“ bei der Verbesserung des Niedrig- und Mittelwasserprofils tun. Jeder Stein, jede Kiesschüttung, jede Portion Totholz ist bitter nötig, um die heutigen naturfernen Gewässerstrukturen endlich ihrem fachlich wie rechtlich geforderten Ziel näher zu bringen.
Der Autor und die Edmund Siemers-Stiftung danken dem Lehrstuhl für Wasserbau der TU Dresden sowie dem Institut für Wasserbau der TU Hamburg-Harburg für die praxisrelevante, interessante Aufgabenstellung und die Zustimmung zu dieser Veröffentlichung.
Dr. Ludwig Tent
Dr. Andreas Wass von Czege
Tent, L. (2005): Maßnahmen zur Verbesserung der Sohlstrukturen und zur Verringerung unnatürlicher Sandfrachten an der Este. – in: NNA (Hrsg.): Fließgewässerschutz und Auenentwicklung im Zeichen der Wasserrahmenrichtlinie – Kommunikation, Planung, fachliche Konzepte. – NNA-Berichte 18/1: 143–152. ISSN 0935-1450.
Die Fließgewässer Mitteleuropas sind in ihrem heutigen Erscheinungsbild von anthropogenen Eingriffen der Vergangenheit geprägt. Das gilt in besonderem Maß für gefällearme Bäche und Flüsse, wie sie zum Beispiel im Norddeutschen Tiefland repräsentiert sind. Dabei erstrecken sich die Veränderungen annähernd über das gesamte Fließgewässersystem – vom kleinen Bach bis hin zu großen Strömen wie Rhein und Elbe.
Dies zeigt sich beispielsweise
im Verlust von natürlichen Laufformen durch Flussbegradigungen,
in zahlreichen Querbauwerken entlang der Fließgewässer, die eine Durchgängigkeit für wandernde Gewässerorganismen erschweren bis unterbinden,
in monotonen, technischen Ausbauquerschnitten ohne Breiten- und Tiefenvarianz,
in der Vertiefung natürlicher Gewässerbetten mit weitestgehender Zerstörung der natürlichen Sohlsubstrate sowie
im Fehlen natürlicher Ufergehölze und daraus resultierender Erosions- und Überwärmungserscheinungen.