Meteorologie - Hans Häckel - E-Book

Meteorologie E-Book

Hans Häckel

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Beschreibung

Der Lehrbuch-Klassiker der Meteorologie jetzt in der 9. Auflage: Faszinierende Fakten und ihre Hintergründe verständlich und praxisnah dargestellt! Rund 35 Jahre nach Erscheinen der 1. Auflage erscheint das komplett überarbeitete Standardwerk nun in größerem Format und großzügigem Layout. Hier finden Studierende der Geowissenschaften, Klimatologie, Ökologie, Agrar- und Forstwissenschaften insbesondere beim Einstieg ins Studium verständlich aufbereitetes meteorologisches Grundlagenwissen, inhaltlich gegliedert in neun Kapitel: von der Atmosphäre über Wasser, Strahlung, Energiehaushalt der Erdoberfläche, Wind, Dynamik der Atmosphäre, Klima und Messung meteorologischer Größen bis hin zu Klimaveränderungen. Vielschichtige Zusammenhänge werden durch Wissensboxen, Verbindungen zu den Nachbarwissenschaften, Hintergrundinformationen und Beispiele aus dem Alltag sowie zahlreiche farbige Illustrationen verdeutlicht. So macht das Lernen Spaß und die Prüfungsvorbereitung führt zum Erfolg. utb+: Leser:innen erhalten zusätzlich zum Buch Videos zu meteorologischen Phänomenen und Ereignissen, die komplexe Sachverhalte verständlich erklären und illustrieren. Erhältlich über utb.de.

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EPUB

Seitenzahl: 814

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Hans Häckel

Meteorologie

9., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage

Inhaltsverzeichnis

Cover

Haupttitel

Die UTB-Reihe

Inhaltsverzeichnis

Über den Autor

Impressum

Vorwort zur 9. Auflage

Formelzeichen und Einheiten

Bildquellen

Wichtige Wettersymbole

1Atmosphäre

1.1Allgemeines über Atmosphären

1.2Geschichte der Erdatmosphäre

1.3Zusammensetzung der Erd­atmosphäre und wirtschaftlich-ökologische Bedeutung der Atmosphärengase

1.3.1Stickstoff

1.3.2Sauerstoff

1.3.3Argon

1.3.4Wichtige atmosphärische Spurengase

1.4Luftdruck

1.4.1Definitionen und Gesetzmäßigkeiten

1.4.2Luftdruck als Navigationshilfe für die Luftfahrt

1.4.3Reduktion des Luftdrucks auf Meeresniveau

1.5Temperatur der Atmosphäre

1.6Stabilität und Labilität der Atmosphäre

1.6.1Stabile und labile Zustände

1.6.2Atmosphärenschichtung und Umweltschutz

1.6.3Ausbreitungsrechnung

1.7Vertikale Struktur und Temperatur der Atmosphäre

2Wasser

2.1Definitionen und wichtige physikalische Gesetze über das Wasser in der Atmosphäre

2.1.1Feuchtemaße

2.1.2Sättigungsdampfdruck

2.1.3Spezifische Wärme und Volumenwärme

2.1.4Schmelz- und Verdunstungsenergie

2.1.5Rechenformeln und Vergleich der Relativen Feuchte mit anderen Feuchtemaßen

2.1.6Molekularphysikalische Deutung ungewöhnlicher Eigenschaften des Wassers

2.2Phasenübergänge des Wassers und ihre Bedeutung in der Meteorologie

2.2.1Kondensations- und Gefrierprozesse in der Atmosphäre

2.2.2Verdunstung

2.3Erscheinungsformen des atmosphärischen Wassers

2.3.1Dunst

2.3.2Nebel

2.3.3Wolken

2.3.4Niederschläge

2.3.5Beschläge

2.4Niederschlagsverteilung, klimatische Wasserbilanz und Wasserkreislauf

2.4.1Örtliche und zeitliche Niederschlagsverteilung

2.4.2Klimatische Wasserbilanz

2.4.3Wasserkreislauf in der Bundesrepublik Deutschland

2.4.4Wasserhaushalt des Erdbodens im Jahresverlauf

3Strahlung

3.1Definitionen und wichtige Gesetzmäßigkeiten über die Strahlung

3.1.1Lambertsches Gesetz

3.1.2Bouguer-Lambert-Beersches Gesetz

3.1.3Plancksches Gesetz

3.1.4Wiensches Verschiebungsgesetz

3.1.5Stefan-Boltzmannsches Gesetz

3.1.6Strahlungsverhalten der Gase

3.1.7Zusammenfassende Betrachtungen und molekularkinetische Deutung des Planckschen Gesetzes

3.2Von der Sonne ausgehende Strahlung

3.2.1Strahlungsgenuss der Erde

3.2.2Absorption, Streuung und Reflexion

3.2.3Strahlungsumsatz von Atmosphäre, Boden, Vegetation und Gewässern

3.3Von der Erdoberfläche und der Atmosphäre ausgehende Strahlung

3.3.1Definitionen und wichtige Gesetzmäßigkeiten

3.3.2Wirkungen der langwelligen Strahlung

3.3.33.3.3Glashauseffekt

3.4Strahlungsbilanz der Erdoberfläche

3.5Optische Erscheinungen in der Atmosphäre

3.5.1Regenbogen

3.5.2Haloerscheinungen

3.5.3Weitere optische Erscheinungen

4Energiehaushalt der Erdoberfläche

4.1Speicherung von Wärme im Boden und in Gewässern

4.1.1Grundsätzliches zum Wärmetransport im Boden

4.1.2Bodenwärmestrom

4.1.3Bewachsener Boden

4.1.4Wärmespeicherung in Gewässern

4.2Austausch fühlbarer Wärme und latenter Energie

4.2.1Vorbemerkung

4.2.2Fühlbare Wärme

4.2.3Latente Energie

4.3Energiehaushalt als Ganzes

4.4Zusammenhang zwischen Energiehaushalt der Erdober­fläche und Temperatur der bodennahen Luft

5Wind

5.1Grafische Darstellung des Windes

5.2Entstehung des Windes

5.2.1Land- und Seewind

5.2.2Andere kleinräumige Windsysteme

5.2.3Großräumige Windsysteme

5.3Besondere Winderscheinungen

5.3.1Tornados

5.3.2Hurrikane, Taifune, Zyklonen

5.4Böigkeit des Windes

5.5Windschäden und Windschutz

5.5.1Schäden durch Druck-, Sog- und Böeneinwirkung

5.5.2Windschutz

6Dynamik der Atmosphäre

6.1Hoch- und Tiefdruckgebiete

6.1.1Thermische Hoch- und Tiefdruckgebiete

6.1.2Dynamische Hoch- und Tiefdruckgebiete

6.1.3Luftmassen

6.2Allgemeine Zirkulation der Atmosphäre

6.2.1Hochdruckgürtel und Tiefdruckrinnen

6.2.2Passatzirkulation

6.2.3Polare Zirkulation

6.2.4Zusammenfassung der allgemeinen Zirkulation

6.2.5Mit der allgemeinen Zirkulation verbundener Energietransport

6.2.6Jahresgang der allgemeinen Zirkulation

6.2.7Monsune

6.3Beispiele besonderer Wetterlagen

6.3.1Die berüchtigte Dürre- und Hitzeperiode im Sommer 1976

6.3.2Der extreme Kälteeinbruch vom Dezember 1978

6.3.3Beispiel einer Spätfrost-Wetterlage im Mai

6.3.4Beispiel einer Frühfrost-Wetterlage im September

6.3.5Beispiel einer Föhnlage

7Klima

7.1Was ist Klima?

7.2Der moderne Klimabegriff

7.3Klimascales

7.4Weltklima

7.5Makroklima

7.6Mesoklima und Mikroklima

7.6.1Strahlungsverhältnisse im gegliederten Gelände

7.6.2Temperaturverhältnisse im gegliederten Gelände

7.6.3Wind im gegliederten Gelände

7.6.4Niederschlag im gegliederten Gelände

7.6.5Stadtklima

7.6.6Klima im Pflanzenbestand

7.7Klima an Einzelpflanzen und Fensterscheiben als Beispiele für das Spotklima – Grenzschichttheorie

7.7.1Strahlung

7.7.2Temperatur

8Messung meteorologischer Größen

8.1Temperatur

8.1.1Flüssigkeitsthermometer

8.1.2Bimetallthermometer

8.1.3Widerstandsthermometer

8.1.4Messfehler bei der Temperaturmessung

8.1.5Thermoelemente

8.1.6Strahlungsthermometer

8.1.7Messungen der Temperatur im Erdboden

8.2Niederschläge und Beschläge

8.2.1Niederschlagsmesser

8.2.2Registrierende Niederschlagsmesser

8.2.3Niederschlagsmelder

8.2.4pH-Wert-Messer

8.2.5Nebeltraufe

8.2.6Stamm- und Stängelabfluss

8.2.7Benetzungsdauer

8.2.8Schneehöhe und Schneedichte

8.3Luftfeuchtigkeit

8.3.1Haarhygrometer

8.3.2Psychrometer

8.3.3Elektronische Feuchtemessung

8.4Verdunstung

8.5Bodenwassergehalt

8.6Wind

8.6.1Windrichtung

8.6.2Windgeschwindigkeit

8.7Strahlung

8.7.1Sonnenscheindauer

8.7.2Kurzwellige Strahlung

8.7.3Strahlungsbilanz

8.7.4Fotosynthetisch aktive Strahlung und Licht

8.8Luftdruck

8.8.1Quecksilberbarometer

8.8.2Aneroid- oder Dosenbarometer

8.9Flugmeteorologisch wichtige Größen

8.9.1Sichtweite

8.9.2Wolkenuntergrenze

8.9.3Bestimmung der Wolkenmenge

8.10Wetterradar

8.11Nicht bodengebundene Messgeräte

8.11.1Radiosonden

8.11.2Fernerkundung

8.11.3Wettersatelliten

9Veränderungen des Klimas

9.1Vorbemerkungen

9.2Das Klima früherer Zeiten

9.3Informationsquellen über das Klima früherer Zeiten

9.3.1Wettermessgeräte

9.3.2Schriftliche Informationen über das Wetter

9.3.3Indirekte Analyseverfahren

9.4Ergebnisse der Klimaanalysen

9.4.1Die letzten 100 Jahre

9.4.2Die letzten 1000 Jahre

9.4.39.4.3Die letzten 10 000 Jahre

9.4.4Die letzten 100 000 Jahre

9.4.5Die letzten 1 000 000 Jahre

9.5Ursachen der Klimaschwankungen

9.5.1Interne Einflüsse auf das Klima

9.5.2Externe Einflüsse auf das Klima

9.6Das Klima der Zukunft

9.6.1Klimaänderungen nach der Milankovic´-Theorie

9.6.2Anthropogene Einflüsse

9.6.3Klimamodelle

9.6.4Ergebnisse von Rechnungen mit Klimamodellen

9.6.5Möglichkeiten zur Verhinderung und Beseitigung von Klimaschäden

Literaturverzeichnis

URL-Liste

Über den Autor

Prof. Dr. Hans Häckel, 1942 in München geboren, studierte von 1962 bis 1968 Meteorologie an der Universität München. Nach dem Diplom und dem Großen Staatsexamen war er zunächst beim Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach in der Wettervorhersage tätig.

1971 übernahm er eine Wissenschaftlerstelle an der Agrarmeteorologischen Forschungsstelle des DWD in Weihenstephan und studierte Landwirtschaft und Gartenbau an der TUM. Nach der Promotion zum Doktor der Landwirtschaft im Jahr 1974 hielt Prof. Häckel von 1975 bis 2007 Vorlesungen an der Hochschule Weihenstephan, später an der TUM über Meteorologie, Agrarmeteorologie und Klimatologie. Von 1976 bis 2003 war er Leiter der Agrarmeteorologischen Forschungsstelle (Niederlassung) Weihenstephan des DWD.

Impressum

Die in diesem Buch enthaltenen Empfehlungen und Angaben sind vom Autor mit größter Sorgfalt zusammengestellt und geprüft worden. Eine Garantie für die Richtigkeit der Angaben kann aber nicht gegeben werden. Dies gilt insbesondere für die über Links abrufbaren Informationen aus dem Internet. Autor und Verlag übernehmen keinerlei Haftung für Schäden und Unfälle.

Anmerkung zur Schreibweise der weiblichen und männlichen Form: Ausschließlich aufgrund der deutlich besseren Lesbarkeit wird in diesem Werk auf die jeweilige Doppelnennung oder Anpassung der Schreibweise bestimmter Bezeichnungen verzichtet. So stehen die Namen der Vertreter verschiedener Fachbereiche selbstverständlich für alle Frauen und Männer, die diese Berufe ausüben oder vertreten.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

© 2021 Eugen Ulmer KGWollgrasweg 41, 70599 Stuttgart (Hohenheim)E-Mail: [email protected]: www.ulmer.deProduktion: primustype Hurler GmbH | v1

ISBN 978-3-8252-5504-6 (Print)

ISBN 978-3-8463-5504-6 (E-Book)

Vorwort zur 9. Auflage

Die Meteorologie befasst sich mit den physikalischen Vorgängen in der Atmosphäre. Dabei hat sie naturgemäß wichtige Schnittstellen zu allen Geowissenschaften. Klimatologen, Geographen, Geophysiker, Ozeanographen, Geologen, Hydrologen und Glaziologen – sie alle benötigen für ihre Arbeit ein solides meteorologisches Grundwissen. Auch Botaniker, Zoologen und Ökologen können auf fundierte Kenntnisse über die Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre und Biosphäre nicht verzichten. Wie wichtig die Meteorologie für Forstwirtschaft, Landwirtschaft und Gartenbau ist, möge die folgende Zahl verdeutlichen: Über 80 % der Varianz der landwirtschaftlichen Ernteerträge lassen sich mit dem Wetter erklären. Auch Garten-, Landschafts- und Städteplaner müssen wissen, welche klimatische Situation sie im Gelände erwartet, und schließlich hat jeder Architekt und jeder Umweltingenieur das meteorologische Geschehen in seinen Planungen zu berücksichtigen. Für sie alle ist dieses Buch geschrieben. Darüber hinaus möchte es Physiker ansprechen, die Meteorologie als Nebenfach betreiben. Weiterhin wendet es sich an Lehrkräfte mit dem Thema Wetterkunde im Lehrplan und nicht zuletzt an jeden, der sich über seinen Beruf oder ein Hobby für diese vielseitige und lebendige Wissenschaft interessiert.

Für angehende Meteorologie-Studierende ist das Buch allenfalls im Bachelor-Studium geeignet. Von ihnen wird ein erheblich tieferes Eindringen in ihr Fachgebiet verlangt.

Das Buch ist in neun Kapitel gegliedert. Das erste befasst sich mit der Geschichte der Atmosphäre und mit ihren Inhaltsstoffen, mit dem Luftdruck, den Stabilitäts- und Ausbreitungsbedingungen und den daraus resultierenden Umweltfragen. Das zweite behandelt die Gesetzmäßigkeiten und Erscheinungsformen des Wassers, das dritte die Sonnen- und Wärmestrahlung. Im vierten Kapitel werden die bis dahin erarbeiteten Gesetzmäßigkeiten zum Energiehaushalt der Erdoberfläche zusammengeführt. Der Wind, der im fünften Kapitel behandelt wird, leitet über zur Dynamik der Atmosphäre mit ihren Hoch- und Tiefdruckgebieten, die im sechsten Kapitel thematisiert wird. Aus ihr ergeben sich im siebten Kapitel die großen Klimazonen der Erde, in die die klimatischen Besonderheiten im Gelände, in der Stadt, in unserer unmittelbaren Umgebung und an Einzelobjekten eingebettet sind. Wie man meteorologische Parameter messen kann, beschreibt das achte Kapitel und das neunte schließlich befasst sich mit natürlichen und anthropogen verursachten Klimaänderungen.

Natürlich können im Rahmen des vorliegenden Buches nicht alle Detailfragen erschöpfend behandelt werden. Hier wird vielmehr ein breiter Überblick über die Meteorologie gegeben, der die Leserschaft befähigt, sich selbstständig weiter zu vertiefen und in Spezialgebiete einzuarbeiten. Dazu dient auch die ausführliche Zusammenstellung wichtiger weiterführender Literatur im Anhang.

Wie auch schon in den früheren Auflagen wurde wieder großer Wert darauf gelegt, die Hintergründe der meteorologischen Gesetzmäßigkeiten zu beleuchten und die großen Zusammenhänge herauszuarbeiten. Hat man diese erst einmal begriffen, dann ergeben sich Details oft als selbstverständliche Konsequenzen.

Die Meteorologie ist in den letzten Jahrzehnten eine stark mathematisch-theoretisch geprägte Wissenschaft geworden. Das schreckt leider viele ab, sich mit ihr zu beschäftigen. Daher wurden in diesem Buch möglichst wenige Formeln verwendet und die unumgänglich notwendigen mit Beispielen aus der täglichen Erfahrung heraus plausibel gemacht. Alle besprochenen Gesetzmäßigkeiten werden mit möglichst vielen und allgemein bekannten Vorgängen belegt. Umgekehrt sollen die uns oft völlig unbewusst begegnenden atmosphärischen Phänomene als Folge bekannter, möglichst einfacher und leicht begreifbarer Zusammenhänge gedeutet werden.

Besonders wichtige Textteile werden aus didaktischen Gründen durch einen ockerfarbenen Balken eingeleitet, blau gedruckt und farbig hinterlegt. Ergänzende Randbemerkungen sind ebenfalls blau gedruckt und hinterlegt, aber mit einem Pfeil und einem thematischen Stichwort überschrieben.

In die vorliegende 9. Auflage wurden wieder einige Neuerungen aufgenommen. Sie sollen helfen, die Meteorologie noch verständlicher darzustellen, denn das oberste Prinzip dieses Buches lautet auch weiterhin: Aktueller Inhalt bei optimaler Verständlichkeit!

Neu ist in dieser Auflage insbesondere, dass über Links externe Quellen aufgerufen werden können. Diese beinhalten einerseits weiterführende Informationen zum laufenden Text, vor allem aber eine Reihe von Power-Point-Präsentationen. Darin werden kompliziertere Vorgänge, z. B. die Geschichte der Erdatmosphäre, das Verhalten von Luftschichten beim Absinken, die Entwicklung von Tiefdruckgebieten oder die Entstehung von Leewirbeln und die Wirkungsweise der „Ablenkenden Kraft der Erdrotation“ vorgestellt – stets in schrittweiser Entwicklung und ausführlich kommentiert. Auch die interessante Formen- und Farbenvielfalt einiger meteorologischer Phänomene wird in Bildern gezeigt und erklärt. Schließlich zeigt eine Präsentation, wie sich der (phänologische) Frühling innerhalb von knapp 100 Tagen über Europa ausbreitet.

Nutzen Sie auch von Zeit zu Zeit den untenstehenden Link und entdecken Sie viele weitere spannende Informationen rund um das Thema Meteorologie.

Die Bücher der Verlagskooperation utb sind preislich so kalkuliert, dass sie auch in Zeiten höherer finanzieller Belastung für die Studierenden erschwinglich bleiben. Das hat zur Folge, dass bei der Zahl der Fotos etwas Zurückhaltung geboten ist. Meine beiden reich bebilderten Ergänzungstitel zum vorliegenden Buch aus dem Hause Ulmer sind aber weiterhin auf dem Markt: „Naturführer Wetter und Klimaphänomene“ und „Naturführer Wolken und andere Phänomene am Himmel“.

Ich bedanke mich bei allen, die durch Fragen, Anregungen oder konstruktive Kritik mitgeholfen haben, das Buch weiter zu verbessern. Mein Dank gilt darüber hinaus dem „Meteorologie-Team“ in Lektorat und Herstellung: Frau Sabine Mann und den Herren Jürgen Sprenzel, Bernd Burkart und Jürgen Reichert für die hervorragende Hilfe bei allen meinen Sonderwünschen und die stets bestens funktionierende Zusammenarbeit. Einen ganz besonderen Dank schließlich verdient Agnes, meine liebe Frau, die mich bei den Arbeiten zur Neuauflage mit allen Kräften unterstützt und in bewundernswerter Geduld begleitet hat.

Ihnen, verehrte Leserinnen und Leser der „Meteorologie“ wünsche ich viele „Aha-Erlebnisse“ und besten Erfolg bei der Arbeit mit dem Buch.

Weihenstephan im Januar 2021

Hans Häckel

https://elibrary.utb.de/doi/suppl/10.36198/9783838555041

Von der Mühsal des Schreibens:

Im 8. Jahrhundert schildert der Schreiber des Westgotischen Wörterbuches die Mühsal seiner Tätigkeit und gibt dem Leser Anweisungen:

„O glücklichster Leser, wasche Deine Hände

und fasse so das Buch an,

drehe die Blätter sanft,

halte die Finger weit ab von den Buchstaben.

Der, der nicht schreiben kann,

glaubt nicht, daß dies eine Arbeit sei.

O, wie schwer ist das Schreiben:

Es trübt die Augen, quetscht die Nieren

und bringt zugleich allen Gliedern Qual;

drei Finger schreiben, der ganze Körper leidet.”

(Quelle: Schreibersprüche aus der Ausstellung: „Schreibkunst, Mittelalterliche Buchmalerei aus dem Kloster Seeon.” Kloster Seeon, 1996)

Formelzeichen und Einheiten

Leider lässt es sich nicht immer vermeiden, ein und dasselbe Formelzeichen für mehrere physikalischen Größen zu verwenden. In solchen Fällen wurde jedoch streng darauf geachtet, dass keine Verwechslungen möglich sind.

Bildquellen

Die Grafiken fertigten Helmuth Flubacher und Bernd Burkart nach Vorlagen des Autors und aus der Literatur. Die Quellen der Fotos und Zeichnungen sind in den jeweiligen Abbildungsunterschriften nachgewiesen. Ist keine Quelle angegeben, stammt die Abbildung vom Autor.

Wichtige Wettersymbole

Alle Seitenverweise im Text beziehen sich auf die gedruckten Buchseiten. Die im E-Book zusätzlich eingefügten und  gelb markierten  Ziffern geben das Seitenende einer Buchseite an:

Flüssigkeitsthermometer für die Bodentemperaturmessung gibt es in zwei Ausführungsformen. Für Tiefen bis zu 20 cm benützt  382  man fest in den Boden eingebaute Quecksilberthermometer mit entsprechend langem Rohr. Damit leichter abgelesen werden kann, sind diese über dem Erdboden schräg abgeknickt und zum Schutz vor Brüchen in ein Stativ eingespannt. In dieser Form gibt es Erdbodenthermometer auch in Maximum- und Minimumausführung.

8.2 Niederschläge und Beschläge

Der Niederschlag gehört zu den schon am längsten beobachteten meteorologischen Elementen. Bereits vor 5000 Jahren ließen die chinesischen Herrscher den Regen in Behältern sammeln und messen. Aus alten Aufzeichnungen weiß man auch, dass zur Zeit vor Christi Geburt in Indien und Israel der gefallene Regen systematisch aufgezeichnet wurde. Ab 1533 sind auch Niederschlagsmessungen aus Chile bekannt. Die ersten genaueren Messungen jedoch, zumindest aus dem europäischen Bereich, sind erst für das Jahr 1677 in Lancashire in England belegt. Aus England, und zwar aus Kew bei London, stammt auch die längste Niederschlagsmessreihe der Welt. Sie begann 1697 und wird bis heute ununterbrochen fortgeführt.

Das erste internationale Klimanetz, das auch den Niederschlag in seinem Beobachtungsprogramm enthält, wurde 1780 von Kurfürst Karl Theodor von Bayern und der Pfalz ins Leben gerufen. Es  383  umfasste 39 Stationen und reichte von Massachusetts (USA) bis zum Ural und von Grönland und Südskandinavien bis nach Italien.

1Atmosphäre

Die Meteorologie gehört zu den Wissenschaften, die sich mit der Atmosphäre der Erde beschäftigen. Es ist daher angebracht, sich zunächst einige grundsätzliche Gedanken über eine solche Gashülle zu machen und wenigstens in Umrissen ihren Entstehungsweg und ihre Geschichte zu skizzieren.

1.1Allgemeines über Atmosphären

Betrachtet man die Himmelskörper in unserem Sonnensystem, so fällt auf, dass Atmosphären keineswegs eine Selbstverständlichkeit sind. So hat beispielsweise gleich unser nächster Nachbar im Raum, der Mond, keine Atmosphäre.

Es drängt sich daher die Frage auf, woher es kommt, dass die Erde von Luft umgeben ist, der Mond dagegen nicht. Die Antwort darauf gibt uns die Physik in der kinetischen Gastheorie. Danach bewegen sich die Teilchen eines Gases im Mittel umso schneller, je höher ihre Temperatur ist. Weiter sagt diese Theorie, dass bei gleicher Temperatur die schweren Teilchen langsamer und die leichten Teilchen schneller fliegen.

Aus Nachbarwissenschaften

Nach der molekularkinetischen Theorie ist die Temperatur ein Ausdruck für die Intensität der Molekularbewegung. Die mittlere Molekulargeschwindigkeit beträgt bei:

0 °C

100 °C

H2:

1840

2153 m/s

O2:

460

539 m/s

CO2:

393

450 m/s

Da die Bewegungsrichtung der Moleküle in einem Gas den Regeln der Statistik folgt, muss jede Richtung vorkommen. Auf eine Atmosphäre bezogen bedeutet das, dass sich zu jedem Zeitpunkt ein Teil der Moleküle von der Oberfläche des Himmelskörpers weg nach oben bewegt. Haben sie dabei eine Geschwindigkeit, die ausreicht, seine Anziehungskraft zu überwinden, so können sie ihm entfliehen und in den Weltraum hinaus verschwinden. Im realen Fall ist ein solcher Vorgang natürlich viel komplizierter als hier dargestellt, jedoch ist das Ergebnis das gleiche. Ob um einen Himmelskörper eine dauerhafte Atmosphäre existieren kann, hängt also zunächst davon ab, ob er in der Lage ist, mit seiner Schwerkraft die Gasmoleküle genügend fest an sich zu ziehen oder nicht.

Die erste Voraussetzung für eine Atmosphäre ist also zwangsläufig eine ausreichende Größe des Himmels­körpers. Ist er zu klein und damit seine Anziehungskraft zu schwach, dann diffundieren die Gase weg, und es kann sich keine Atmosphäre halten.

Die zweite Voraussetzung ist, dass die Temperatur an der Oberfläche des Himmelskörpers nicht zu hoch ist. Wenn es dort sehr heiß ist, haben die Gasteilchen eher die Chance, eine Geschwindigkeit zu erreichen, die ihnen das Entfliehen ermöglicht, als wenn es kühl ist. Der Temperaturgrenzwert ist natürlich bei jedem Himmelskörper anders. Bei einem großen mit stärkerer Gravitation liegt er höher als bei einem kleinen.

Drittens muss das unterschiedliche Verhalten der verschiedenen Gase berücksichtigt werden. Da die Moleküle mit den kleinen Molekulargewichten schneller sind als die mit den großen, gelingt es ihnen eher, den Fesseln der Gravitation zu entkommen, als den anderen. Wasserstoff und Helium werden also leichter wegdiffundieren als Stickstoff, Sauerstoff und Kohlendioxid.

Vergleicht man die Himmelskörper unseres Planetensystems unter diesen drei Gesichtspunkten, so kommt man zu folgendem Gesamtbild: Der Mond ist wesentlich kleiner als die Erde. Seine Schwerkraft beträgt nur 17 % der Erdschwere. Gleichzeitig erhitzt er sich auf der sonnenbeschienenen Seite bis über 130 °C. Zum Vergleich: Auf der Erdoberfläche werden 40 °C nur unter extremen Bedingungen überschritten. Der Mond hat deshalb keine Möglichkeit, eine Atmosphäre festzuhalten.

 15 Die Erde dagegen kann die schwereren Gase bereits an sich binden, die leichten aber entfliehen auch ihrer Schwerkraft. Erst die großen Planeten wie etwa Jupiter und Saturn vermögen auch so leichte Gase wie Wasserstoff und Helium in größeren Mengen in ihrer Atmosphäre zu halten.

Die Betrachtungen über Atmosphären von Himmelskörpern in unserem Sonnensystem wurden bewusst sehr stark vereinfacht. Tatsächlich handelt es sich dabei um komplizierte und längst nicht vollständig geklärte physikalische Probleme.

1.2Geschichte der Erdatmosphäre

Es wäre ein großer Irrtum zu glauben, die Erdatmosphäre sei irgendwann einmal entstanden und dann bis heute unverändert erhalten geblieben. Sie hat vielmehr eine bewegte Geschichte hinter sich, in der sich ihre chemische Zusammensetzung mehrfach von Grund auf geändert hat. Abbildung 1.1 zeigt schematisiert die chemischen Veränderungen im Verlauf der Atmosphärengeschichte.

Abb. 1.1 Geschichte der Erdatmosphäre.

Präsentation

Wer sich die Geschichte der Erd­atmosphäre gerne in Form einer Power-Point-Präsentation anschauen möchte, findet dazu Gelegenheit über den Link.

https://elibrary.utb.de/doi/suppl/10.36198/9783838555041

Die Bildung der ersten Atmosphäre ist eng verknüpft mit der Entstehung des Erdkörpers und des Sonnensystems. Vor etwa 4,6 Mrd. Jahren rotierte im Weltall eine riesige, kugelförmige, sich aber allmählich verflachende Wolke aus kos 16 mischen Gasen, Staubpartikeln und größeren Materiebrocken. In diesem wogenden und wabernden Gebilde kam es zu unzähligen Zusammenstößen zwischen Materieteilchen verschiedenster Größe. Und bei vielen dieser Zusammenstöße bewirkte die Schwerkraft der Teilchen nicht nur ein Zusammenprallen, sondern auch ein Zusammenballen zu immer größeren Klumpen. Je größer ein Brocken wurde, desto größer wurde auch seine Schwerkraft, sodass er immer mehr Materie aus seiner Umgebung an sich reißen konnte. Keppler (1988) vergleicht diesen Vorgang sehr anschaulich mit dem Verlauf eines Monopoly-Spiels. Auf diese Weise wuchsen die Sonne, die Planeten, die zahlreichen Planetoiden und die Kometen heran. Innerhalb von etwa 10 Mio. Jahren hatten sie es geschafft, das Sonnensystem sozusagen leerzufegen.

In diese Zeit fällt wahrscheinlich auch die Entstehung einer ersten Erdatmosphäre, die häufig als Uratmosphäre bezeichnet wird. Sie muss sich gebildet haben, als der Erdkörper groß genug geworden war, eine Gashülle an sich zu binden. Sie dürfte sich aus den gleichen Gasen mit den gleichen Konzentrationen zusammengesetzt haben, wie wir sie noch heute im interstellaren Raum vorfinden: 92 % Wasserstoff (H2), 7 % Helium (He), 0,03 % Kohlendioxid (CO2), 0,008 % Stickstoff (N2), 0,006 % Sauerstoff (O2), dazu weitere in Spuren (Quellen → Schönwiese, 2020). Diese Atmosphäre ist der Erde jedoch im Lauf von einigen 100 Mio. Jahren wieder restlos verloren gegangen. Zwei Vorgänge waren dafür verantwortlich. Erstens erhitzte sich die Erde unter dem ständigen Bombardement mit Weltraum-Materie allmählich so stark, dass sie glutflüssig wurde. Die Erhitzung alleine hätte also schon genügt, die Atmosphäre wegdiffundieren zu lassen. Es kam aber noch ein Ereignis von gigantischem Ausmaß dazu: Als die Temperatur im Zentralgestirn des Sonnensystems 10 Mio. Grad erreicht hatte, zündete dort der bekannte Kernfusionsvorgang, der den bislang dunklen Materiehaufen in einen hell leuchtenden Stern verwandelte. Das war vor etwa 4,5 Mrd. Jahren. Mit der Kernfusion muss ein unvorstellbarer Sonnenwind eingesetzt haben. Man versteht darunter einen von der Sonne ausgehenden Strom elektrisch geladener Elementarteilchen. Er dürfte etwa 1000-mal so stark gewesen sein wie heute. Ihm hätte keine noch so stabile Atmosphäre standhalten können. So wurden die Atmosphärengase von der Erde weggerissen und in die äußeren Bereiche des Sonnensystems verblasen.

Als sich die Materie des Sonnensystems mehr und mehr auf die verbliebenen Himmelskörper verteilt hatte, wurden die Einschläge allmählich weniger. Damit ließ auch die Aufheizung nach und die Erde fing an, sich infolge der Wärmeabstrahlung (→ Kap. 3.3, S. 167) langsam abzukühlen. Während dieses Abschnittes der Erdgeschichte muss ein unvergleichlicher Vulkanismus geherrscht haben, der zusammen mit der Ausgasung der Gesteine und Lavamassen vor etwa 4 Mrd. Jahren eine neue Atmosphäre entstehen ließ.

Neben den im Text bereits erläuterten Vorgängen gibt es noch zwei weitere, die dazu beigetragen haben, dass die Uratmosphäre wieder restlos verschwunden ist: Mit dem Massenwachstum der Erde nahm auch ihre Gravitation stetig zu. Das führte zu einer Kontraktion des Erdkörpers. Solche Vorgänge setzen eine gewaltige Wärmemenge frei, die wesentlich zur Erhitzung unseres Planeten beigetragen hat. Ein weiterer Beitrag zur Temperatursteigerung geht auf die Wärmefreisetzung aus dem Zerfall radioaktiver Substanzen zurück.

Aus welchen Gasen mag sich die zweite Atmosphäre zusammengesetzt haben? Erste Anhaltspunkte liefern uns die heute noch tätigen Vulkane. Danach dürfte die zweite Erdatmosphäre zu etwa 80 % aus Wasserdampf, zu rund 10 % aus Kohlendioxid (CO2) und zu 5 bis 7 % aus Schwefelwasserstoff (H2S) bestanden haben. In Konzentrationen um 0,5 % waren außerdem Stickstoff (N2), Wasserstoff (H2) und Kohlenmonoxid (CO), in Spuren Methan (CH4) und Ammoniak (NH3) enthalten.

Von den meisten dieser Gase enthält die Atmosphäre heute nur noch winzige Spuren. Was ist aus ihnen geworden? Wohin sind sie verschwunden? Der leichte Wasserstoff konnte der irdischen Gravitation entkommen und in das Weltall hinausdiffundieren. Mit fortschreitender Abkühlung begann Wasserdampf zu kondensieren und bildete ab etwa 2,3 Mrd. Jahren vor heute die Weltmeere, in denen sich gewaltige Mengen Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff lösten.  17  Bei Reaktionen mit anderen Inhaltsstoffen des Meerwassers sind aus ihnen Feststoffe geworden, die sich als Sediment auf dem Meeresboden abgelagert haben. Auf diese Weise erreichte das Wasser nie volle Sättigung, sodass ein ständiger Transport von der Atmosphäre über die Ozeane zu den Sedimenten aufrechterhalten blieb, der der Atmosphäre riesige Gasmengen entziehen konnte.

Wasser könnte auch noch auf anderem Wege auf die Erde gekommen sein: Wasser ist Bestandteil der Materie, aus dem sich das Sonnensystem gebildet hat. Es war sicherlich schon vor der Entstehung der Erde im Sonnensystem vorhanden. Man diskutiert deshalb auch, dass das Wasser in der Frühzeit durch Einschläge von Kometen, die man treffend als tiefgefrorene, gigantische Schneebälle beschreibt, auf die Erde gekommen ist. Die Kometen umkreisen zu Millionen als „Oortsche Wolke“ unser Sonnensystem. Es gibt Forscher, die glauben, dass viele Kleinkometen auch heute noch ununterbrochen auf die Erde treffen und in der hohen Atmosphäre verdampfen. (www.chemieunterricht.de/dc2/wasser/wstoffl.htm)

Durch die intensive ultraviolette Sonnenstrahlung wurden darüber hinaus ständig Ammoniak, Methan und Wasserdampf aufgebrochen. Der dabei freigesetzte Wasserstoff konnte kontinuierlich wegdiffundieren, die verbliebenen reaktionsfreudigen Kohlenstoff- und Sauerstoffmoleküle haben sich rasch verbunden, nur der chemisch träge Stickstoff überdauerte die Zeiten unverändert.

Auf diese Weise entstand im Lauf von 2,5 Mrd. Jahren eine dritte Atmosphäre. Sie enthielt im Wesentlichen Stickstoff, Kohlendioxid und Wasserdampf.

Damit ist aber die Entwicklungsgeschichte der Erdatmosphäre noch längst nicht zu Ende, denn bisher ist uns ja noch kein Sauerstoff begegnet. Wie und wann kam er in die Atmosphäre? Man könnte etwa an die Aufspaltung von Kohlendioxid und Wasserdampf durch energiereiche UV-Strahlung denken (Fotodissoziation). Diese Vorgänge wären aber nicht in der Lage gewesen, auch nur einen Bruchteil des in der Atmosphäre vorhandenen Sauerstoffs freizusetzen. Wir wissen heute, dass praktisch der gesamte Sauerstoff aus der Fotosynthese stammt, also von lebenden Organismen produziert wurde.

Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass es bereits vor etwa 4 Mrd. Jahren Lebewesen gab, die die Fotosynthese beherrschten, die sogenannten Cyanobakterien (die oft fälschlich als „Blaualgen“ bezeichnet werden). Dennoch dauerte es 2 Mrd. Jahre, bis sich das O2-Gas in der Atmosphäre auf etwa 1 % der heutigen Konzentration angereichert hatte. Bis dahin wurde nämlich fast der gesamte freigesetzte Sauerstoff durch Reaktion mit dem im Meerwasser vorhandenen Eisen und Schwefel sofort wieder gebunden.

Mit dem Überschreiten der 1 %-Schwelle setzte ein für die weitere Entwicklung des Lebens sehr wichtiger Vorgang ein: die Ozonbildung (→ unten und Kap. 1.3.4, S. 26). Etwa zur gleichen Zeit, also vor rund 2 Mrd. Jahren, brachte auch die Evolution mit der Entwicklung der Eukaryonten einen gewaltigen Entwicklungsschub zustande. Eukaryonten sind pflanzliche Lebewesen mit einem hoch organisierten Zellaufbau und – was für uns besonders wichtig ist – der Fähigkeit, durch Veratmen von Fotosyntheseprodukten (Respiration) auf sehr effiziente Weise Lebensenergie freizusetzen. Die weniger hoch entwickelten Lebewesen konnten Energie lediglich aus der Vergärung gewinnen – ein Vorgang, der aber nur etwa 7 % der Atmungsenergie liefert. Damit war die Voraussetzung für eine rasante Ausbreitung des Lebens geschaffen, die ihrerseits zu einer vermehrten Sauerstoffproduktion führte. Gleichzeitig ging das oxidierbare Material in den Ozeanen zur Neige. Beides zusammen bewirkte, dass sich der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre innerhalb von etwa 1 Mrd. Jahre verzehnfachte.

Vor 700 Mio. Jahren tauchten die ersten Vielzeller auf. Darüber hinaus hatte sich inzwischen eine Ozonschicht aufgebaut, die so viel ultraviolette Strahlung fernhielt, dass die Pflanzen vor etwa 420 Mio. Jahren das schützende Wasser verlassen und das Festland erobern konnten. Die damit verbundene explosionsartige Ausbreitung des Lebens ermöglichte innerhalb von 650 Mio. Jahren eine nochmalige Verzehnfachung der Sauerstoffkonzentration auf den heutigen Wert.

Aus der Reaktionsgleichung der Fotosynthese Strahlungs-Quant + 6 CO2 + 6 H2 W C6H12O6 + 6 O2 folgt, dass mit jedem Kohlenstoffatom, das organisch gebunden wird, gleichzeitig zwei Sauerstoffatome freigesetzt werden.  18 

Aus Nachbarwissenschaften

Der CO2-Gehalt der Erdatmosphäre wurde nicht nur über die Fotosynthese, sondern auch über die Ozeane gesenkt. In ihrem Wasser konnte sich sehr viel CO2 lösen, das nach chemischen Umsetzungen (z. B. über die Kalkschalen von Meerestieren) in den Sedimenten deponiert wurde. Auf diese Weise fand ein ständiger CO2-Transport aus der Atmosphäre in die ozeanischen Sedimente statt. Auf der Venus ist es zu warm für eine Kondensation des Wasserdampfes und damit die Entstehung von Ozeanen. Deshalb haben sich dort bis heute so gewaltige CO2-Konzentrationen halten können.

Würde man das in den irdischen Sedimenten begrabene CO2 wieder als Gas in die Atmosphäre zurückführen, würde sich dort eine ähnliche Konzentration einstellen wie auf der Venus.

Der Sauerstoffgehalt der heutigen – vierten – Atmosphäre wurde vor etwa 350 Millionen Jahren erreicht.

Nun kann man die Menge des aus abgestorbenen Organismen stammenden Kohlenstoffes in den Sedimenten der Erdkruste mit dem Sauerstoffgehalt der Atmosphäre vergleichen. Dabei wird man feststellen, dass der in Atmosphäre plus Ozeanen vorhandene Sauerstoff nur etwa 4 % des theoretischen Kohlenstoff-Äquivalentes ausmacht. 96 % sind demnach für die oben genannten Oxidationsvorgänge aufgewendet worden. Tatsächlich haben also die Pflanzen fast 25-mal so viel Sauerstoff produziert, wie wir heute vorfinden. Diese Zahlen sollen verdeutlichen, zu welch ungeheuren Leistungen die Vegetation fähig ist.

Aus Nachbarwissenschaften

Auf unseren Nachbarplaneten Venus und Mars gibt es kein mit dem irdischen vergleichbares Leben. Infolgedessen hat dort auch keine entsprechende Fotosynthese stattgefunden. Die Massenproduktion von Sauerstoff, die wesentliche Voraussetzung für den Schritt von der dritten zur vierten Atmosphäre gewesen wäre, ist somit ausgeblieben.

Man kann deshalb stark vereinfacht sagen: Die Atmosphären dieser beiden Planeten sind in ihrer Entwicklung im Status der dritten Atmosphäre stehen geblieben. Sie enthalten noch heute im Wesentlichen CO2 und N2.

Venus:

Mars:

Kohlendioxid:

98 %

Kohlendioxid:

96 %

Stickstoff:

2 %

Stickstoff:

3 %

Argon:

1 %

(Schönwiese, 2020)

1.3Zusammensetzung der Erd­atmosphäre und wirtschaftlich-ökologische Bedeutung der Atmosphärengase

Stickstoff

78,08 %vol

75,46 Gew. %

Sauerstoff

20,95 %vol

23,19 Gew. %

Argon

0,94 %vol

1,30 Gew. %

Dazu kommen in geringeren Konzentrationen:

Kohlendioxid (CO2) im Jahr 2016

400 ppm

Neon (Ne)

18,2 ppm

Helium (He)

5,24 ppm

Methan (CH4)

1,7  ppm

Krypton (Kr)

1,1  ppm

Wasserstoff (H2)

0,56 ppm

Distickstoffoxid (N2O)

0,32 ppm

Ozon (O3), stratosph.

0,31 ppm

Kohlenmonoxid (CO)

50–200 ppb

Xenon (Xe)

90 ppb

Ozon (O3), troposph.

30 ppb

FCKWs

4,84 ppb

Stickoxide (NOx)

0,05–5 ppb

Radon (Rn)

6 · 10–7 ppb

sowie in Spuren:

Fluor, Jod, Schwefeldioxid, Ammoniak und Wasserstoffperoxid.

Der Wasserdampfgehalt ist sehr variabel; er kann bis zu 4 % vol betragen; als Mittelwert gilt 2,6 % vol.

1.3.1Stickstoff

Der Stickstoff ist essenzieller Bestandteil der Aminosäuren, aus denen sich die Eiweißstoffe in den Zellen der Lebewesen aufbauen. Er spielt daher als Düngemittel in der gesamten Landwirtschaft eine außerordentlich wichtige Rolle.

Stickstoff ist ein chemisch sehr träges Gas. Er reagiert unter den uns umgebenden Bedingungen praktisch mit keinem anderen Element. Lediglich in der Hitze von Blitzentladungen (→ S. 114) geht er Verbindungen ein, die vom Regen ausgewaschen und in den Boden eingetragen werden. Im gewitterreichen Alpenvorland sollen auf diese Weise pro Jahr 15–20 kg Stickstoff je ha gebunden und den Pflanzen als Dünger zur Verfügung gestellt werden. Über den Festländern der Erde werden jährlich 100 Mio. t Stickstoff durch Blitze in Stickoxiden fixiert, ausgewaschen und dem Boden zugeführt (Simons, 1997).

Die meisten Pflanzen benötigen Düngestickstoff in Form von wasserlöslichen Salzen. Verschiedene Bodenbakterien, insbesondere die zur Gattung Rhizobium gehörenden Knöllchenbakterien, besitzen jedoch die bemerkenswerte Fähigkeit, für den Aufbau ihrer Eiweißsubstanzen den Stickstoff aus der Luft nutzen zu können. Da diese Bakterien mit Pflanzen aus der Ordnung der Leguminosen (Hülsenfrüchtler) in Symbiose leben, kommt der bakteriell gebundene Luftstickstoff auch den Wirtspflanzen zugute und gelangt schließlich als Dünger in den Boden. Durch den Anbau solcher Wirtspflanzen, zu denen z. B. die Erbse, die Bohne und die Lupine gehören, lässt sich die Stickstoffversorgung landwirtschaftlicher Nutzpflanzen deutlich verbessern. Die von ihnen jährlich gewonnenen Stickstoffmengen können bis zu 300 kg/ha (Nultsch, 1996), unter optimalen Bedingungen bis zu 400 kg/ha betragen. Das ist doppelt so viel wie für eine Weizen Qualitätsdüngung (maximal etwa 200 kg/ha und Jahr) erforderlich ist (Reiner, 1981).

Mit dem von den F. Haber und C. Bosch 1913 vorgestellten Verfahren, aus Luftstickstoff und Wasserstoff Ammoniak zu synthetisieren, ist die Atmosphäre zu einer außerordentlich wichtigen Rohstoffquelle geworden. Über 100 Mio. Tonnen Ammoniak werden damit jährlich hergestellt und zu Düngemitteln und anderen wichtigen Chemieprodukten weiterverarbeitet.

Aus dem Alltag

Beim Haber-Bosch-Verfahren wird aus Luftstickstoff zusammen mit Wasserstoff bei einem Druck von etwa 300 bar und Temperaturen bis zu 600 °C über Katalysatoren Ammoniak synthetisiert.

Ammoniak ist ein wichtiges Ausgangsmaterial für viele chemische Produkte, z. B. Düngemittel. Über 90 % der weltweit produzierten Stickstoffdünger werden aus Ammoniak hergestellt. Ohne dieses Verfahren könnte die wachsende Weltbevölkerung nicht mehr ernährt werden. Heute hat ca. 40 % des im menschlichen Körper enthaltenen Stickstoffs schon mindestens einmal die Haber-Bosch-Synthese durchlaufen.

Bekannte Persönlichkeiten

Haber, Fritz; Chemiker; * 9.12.1868 in Breslau;† 29.1.1934 in Basel; Direktor des Kaiser Wilhelm-Institutes für Physikalische Chemie; 1918 Nobelpreis für Chemie

Bosch, Carl; Ingenieur, Chemiker und Großindus­trieller; * 27.8.1874 in Köln; † 26.4.1940 in Heidelberg; Vorstandsvorsitzender von BASF und IG Farben; 1931 Nobelpreis für Chemie.

1.3.2Sauerstoff

Der aggressive Sauerstoff initiiert die unterschiedlichsten Oxidationsprozesse: Verbrennungsvorgänge genauso wie stille Oxidationen. Zu den Verbrennungsvorgängen zählen natürliche Feuer wie Wald und Steppenbrände, aber auch alle künstlichen, Energie spendenden Verbrennungsvorgänge, von der Raumheizung über die Elektrizitätserzeugung bis zum Automotor und Flugzeugtriebwerk. Stille Oxidationen sind z. B. das Rosten von Eisen, die Zersetzung organischen Materials oder Oxidationsprozesse, aus denen Pflanzen, Tiere und Menschen ihre Lebensenergie schöpfen, die sogenannte Veratmung.  20 

Aus dem Alltag

Das Gleichgewicht zwischen Sauerstoffverbrauch und Sauerstoffproduktion wird durch die ständig zunehmende Verbrennung fossiler Energieträger einseitig belastet. Dennoch besteht keine Gefahr eines folgenschweren O2-Schwundes. Würde man alle ausbeutbaren fossilen Brennstoffe auf einmal verbrennen, würde sich die Sauerstoffkonzentration nur um etwa 1,5 % vermindern.

1.3.3Argon

Das Argon ist seiner Natur nach ein Edelgas und als solches chemisch inaktiv. Es hat deshalb keine weitere Bedeutung.

1.3.4Wichtige atmosphärische Spurengase

Trotz scheinbar vernachlässigbarer Mengen haben die atmosphärischen Spurengase in der modernen Meteorologie große Bedeutung erlangt. Zu ihnen zählen nämlich insbesondere diejenigen, die den sogenannten atmosphärischen Glashauseffekt hervorrufen und dadurch einen erheblichen Einfluss auf unser Klima ausüben. Wie es zum Glashauseffekt kommt, wird im → Kapitel 3.3.3 besprochen; auf welche Weise er unser Klima beeinträchtigt, wird ab → Seite 173 diskutiert.

Kohlendioxid (CO2)

Das atmosphärische Kohlendioxid ist die Quelle, aus der die grünen Pflanzen den für den Aufbau ihrer Körpersubstanz benötigten Kohlenstoff beziehen. Da alle tierischen Lebewesen einschließlich der Menschen letzten Endes von den Pflanzen leben, ist dieses Spurengas als Grundstoff jeglichen organischen Materials auf der Erde zu sehen.

Der Assimiliations- oder Fotosyntheseprozess, der diesen Stoffaufbau ermöglicht, benötigt Sonnenstrahlung als Energiequelle und kann deshalb nur tagsüber ablaufen. Gleichzeitig setzen die Pflanzen jedoch – genauso wie auch die tierischen Lebewesen – ständig durch Veratmung Kohlendioxid frei. Man nennt diesen VorgangRespiration.Einzelheiten dazu findet man z. B. bei Larcher (2001). Betrachten wir beide Vorgänge zusammen, so ergibt sich das folgende Gesamtbild: Am Tag entnehmen die Pflanzen durch Assimilation aus der Luft mehr Kohlendioxid, als sie durch Respiration zurückgeben. In der Nacht, wenn keine Assimilation stattfindet, wird die Luft wieder mit Kohlendoxid angereichert. Als Folge davon findet man insbesondere in ländlichen Gegenden in Bodennähe einen ausgeprägten Tagesgang (Tagesgang ist der meteorologische Fachausdruck für Tagesverlauf) der CO2-Konzentration mit einem Maximum in der Nacht und einem Minimum am Tag. Besonders groß ist die Tag-Nacht-Schwankung während der Hauptvegetationszeit von Mai bis September (→ Abb. 1.2).  21 

Abb. 1.2 Tagesgang der Kohlen­dioxid-Konzentrationen in einer ländlichen Gegend (nach Oke, 1992).

Der Jahresgang der CO2-Konzentration erklärt sich aus der jahreszeitlich wechselnden, also der außertropischen Vegetation der jeweiligen Erdhalbkugel. Auf der Nordhalbkugel zeigt er ein Maximum in den Monaten März bis April nach der Winterruhe und ein Minimum zum Ende der Vegetationszeit im Oktober oder November. Während der Wachstumsperiode wird der Atmosphäre kontinuierlich CO2 entzogen und ab Herbst durch Veratmung wieder zu­geführt. Mit Beginn der Heizperiode kommt es darüber hinaus zu einer verstärkten anthropogenen Kohlendioxidfreisetzung. Auf der Südhalbkugel fällt das Maximum aus analogen Gründen in die Monate Oktober oder November und das Minimum in den April oder Mai. Da die Nordhalbkugel sehr viel mehr vegetationsbedeckte Festlandsfläche besitzt als die Südhalbkugel ist leicht einzusehen, dass die Amplitude der Jahresschwankung auf der nördlichen Hemisphäre deutlich größer ausfällt als auf der südlichen. Abbildung 1.3 zeigt den Jahresgang der CO2-Konzentration in den verschiedenen geografischen Breiten der Erde in stark schematisierter Form.

Seit Beginn der Industrialisierung zur Mitte des 18. Jahrhunderts ist der CO2-Gehalt der Luft von damals 280 ppm mit anhaltender Beschleunigung auf den heutigen Wert von etwa 410 ppm gewachsen – im Jahr 2000 hatte die Konzentration noch um die 370 ppm betragen. Während sich die Steigerungsrate anfänglich um 0,2 ppm pro Jahr  22 bewegte, liegt sie heute bereits bei etwa 2,5 ppm pro Jahr. (Diese Zunahme ist auch in Abbildung 1.3 stark schematisiert angedeutet).

Abb. 1.3 Jahresgang der CO2-Konzentration (stark schematisiert).

Damit erfährt der globale Kohlenstoff-Kreislauf noch eine anthropogen bedingte Erweiterung (Bitte beachten: Wir sprechen jetzt nur vom Kohlenstoff-Anteil der verschiedenen Kreislauf-Komponenten; CO2 besteht zu 1/4 aus Kohlenstoff). Er ist in Abbildung 1.4 in vereinfachter Form dargestellt. Die in den einzelnen Speichern (Atmosphäre, Ozeane, Festländer, …) enthaltenen Mengen sind blau gedruckt, in Klammern gesetzt und in Gt Kohlenstoff angegeben. Die Pfeile beschreiben die Kohlenstofftransporte. Die durchgezogenen stellen natürliche Ströme dar, die gestrichelten bezeichnen die auf menschliche Aktivitäten zurückgehenden. Die transportierten Mengen sind blau gedruckt und in Gt Kohlenstoff pro Jahr ausgewiesen.

Abb. 1.4 Globaler Kohlenstoffkreislauf (Zahlenangaben nach Schönwiese, 2020, und anderen).

Die ergiebigste anthropogene Quelle stellt das Verbrennen von Kohle, Erdöl und Erdgas – kurz gesagt fossiler Brennstoffe – dar. Sie liefert jährlich 8,8 Gt Kohlenstoff. Die Waldrodungen schlagen mit 2 Gt Kohlenstoff zu Buche. Das ergibt zusammen eine jährliche Menge von 10,8 Gt Kohlenstoff.

Eine wichtige Kohlendioxidsenke ist das Wasser der Weltmeere. Es entzieht der Atmosphäre jedes Jahr 2,3 Gt anthropogen emittierten Kohlenstoff. Die Vegetation reagiert auf das gesteigerte Kohlendioxid-Angebot mit verstärktem Wachstum und bindet dadurch jährlich zusätzliche 2 Gt Kohlenstoff.  23 

Das zusätzliche Kohlendioxid stammt aber nicht nur aus der Verbrennung fossiler Energieträger. Gewaltige Mengen – mehr als 2 Gt – werden bei der Rodung von Wäldern und der Zerstörung des Bodens freigesetzt, wobei von letzterem keine genügend belastbaren Zahlen vorliegen.

Bei der natürlichen Vegetation ist das Gleich­ge­wicht zwischen der Kohlenstoff-bindenden Photosynthese (120 Gt) auf der einen Seite sowie der Kohlenstoff-produzierenden Verrottung (60 Gt) und Veratmung (die sogenannte Respiration, z. B. bei Dunkelheit) auf der anderen Seite (60 Gt) weltweit ausgeglichen.

Zu beängstigenden Konzentrationen kommt es in industriellen Ballungsgebieten, wo Werte weit über 450 ppm gemessen werden. In einem extremen Fall (Londoner Smog) hat man schon 3 000 ppm, also fast die 10fache Normalmenge gefunden (Möller, 1973) (→ Kap. 2.3.2, S. 86).

Aus dem Alltag

CO2-Ausstoß von Verkehrsmitteln pro Person in kg/100 km:

Pedelec:

0,4

Fernlinienbus:

2,3

IC; ICE:

3,6

Elektro-PKW mit 2 Personen besetzt:

6,2

ÖPNV:

6,4

Diesel-PKW Mittelklasse; mit 2 Personen besetzt:

8,1

Quelle: WDR-Verbrauchsrechner (über Link abrufbar).

https://www.quarks.de/umwelt/klimawandel/co2-rechner-fuer-auto-flugzeug-und-co/

Distickstoffoxid (N2O)

Distickstoffoxid, auch unter dem Namen Lachgas bekannt, ist in der Atmosphäre mit 0,32 ppm vertreten. Nach Crutzen (1983) stammen etwa 7 Mio. t pro Jahr aus natürlichen Quellen. Zu ihnen zählen die Wald-, Busch- und Steppenbrände, die 2 Mio. t pro Jahr liefern, das Ausgasen aus Ozeanen, das ebenfalls 2 Mio. t pro Jahr und die Bodenatmung, die 3 Mio. t pro Jahr freisetzt. Weitere 8 Mio. t pro Jahr werden aus anthropogenen Quellen freigesetzt: teils durch das Verbrennen fossiler Energieträger, teils durch die in der landwirtschaftlichen Produktion verwendeten Düngemittel.

Neuerdings (Schönwiese, 2020) werden jedoch erheblich höhere anthropogene Beiträge genannt. Einschlägige Forschungsergebnisse deuten außerdem darauf hin, dass bis zu 90 % des anthropogen produzierten N2O aus der Landnutzung stammen könnten.

Der Zusammenhang zwischen Düngemitteleinsatz und N2O-Bildung stellt sich folgendermaßen dar: Wenn im Boden viel Wasser und wenig Luft vorhanden ist – man spricht dann von anaeroben Verhältnissen – breiten sich Bakterienarten aus, die den für ihre Lebensvorgänge notwendigen Sauerstoff aus dem stufenweisen Abbau von Nitratradikalen beziehen.

Dabei läuft folgende Reaktionskette ab:

NO3 → NO2 → NO → N2O (→ N2)

Bei jedem Reaktionsschritt wird Sauerstoff abgegeben.

Man nennt diesen Vorgang mikrobielle Denitrifikation. Die in die Reaktionsfolge eintretenden Nitrate stammen entweder aus Kunstdünger oder sind unter aeroben Verhältnissen von entsprechenden Bodenbakterien aus leicht zersetzbarem organischem Dünger, z. B. Gülle, aufgebaut worden. Beschleunigend wirken: hoher Bodenwassergehalt – insbesondere Staunässe – oder Bodenverdichtungen jeweils bei gleichzeitig hohen Bodentemperaturen. Vorgänge dieser Art laufen selbstverständlich auch außerhalb landwirtschaftlicher Nutzflächen ab, wenn auch langsamer. Das dabei entstehende N2O wurde oben in die Bodenatmung mit einbezogen.

Der Gehalt der Luft an Distickstoffoxid hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Aus Messungen an den US-amerikanischen Baseline-Stationen weiß man, dass seine Konzentration jedes Jahr um 0,75 ppb steigt. Abgebaut wird Lachgas fast ausschließlich in der Stratosphäre unter Bildung Ozon zerstörender NOx-Radikale. Wegen seines auf rund 4 % bezifferten Beitrags zum atmosphärischen Glashauseffekt zählt es zu den klimarelevanten Substanzen.

Methan (CH4)

Die Atmosphäre enthält im Durchschnitt etwa 1,81 ppm Methan. Neben natürlichen Quellen tragen auch menschliche Aktivitäten zur Produktion dieses stark klimarelevanten Gases bei. Sein  24 Beitrag zum Glashauseffekt wird auf 16 % geschätzt. Khalil und Rasmussen (1982) beziffern die beim Reisanbau freigesetzte Methanmenge auf jährlich 95 Mio. t. Im Verdauungstrakt der etwa 1,3 Mrd. auf der Erde lebenden Rinder und anderer Wiederkäuer entstehen durch bakterielle Zersetzung von Zellulose schätzungsweise 130 Mio. t pro Jahr. Bei der Verbrennung von Biomasse werden weitere 25 Mio. t und durch andere anthropogene Aktivitäten (Umgang mit Erdgas, Kohlebergbau und Mülldeponien) schließlich noch einmal 130 Mio. t in die Atmosphäre abgegeben. Das macht zusammen rund zwei Drittel der Jahresproduktion aus. Der Rest stammt aus natürlichen Quellen. Hierunter fällt auch die in der jüngsten Zeit diskutierte Methanproduktion durch Termiten, die auf ähnliche Vorgänge zurückgeht wie die in den Rinderpansen.

Man kann davon ausgehen, dass die Methankonzentration derzeit jährlich um 4 ppb steigt. Sollten als Folge von Klimaänderungen die sogenannten Permafrostböden, das sind ganzjährig gefrorene Böden in den hohen geografischen Breiten, auftauen, dann werden heute noch unabsehbare CH4-Mengen zusätzlich freigesetzt. (Neuere Zahlen bei Schönwiese, 2020)

Bolin et al. (1986) konnten einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Methangehalt der Luft und der Weltbevölkerung nachweisen. Danach steigt die Konzentration um 0,22 ppm pro Mrd. Menschen. Abgebaut wird Methan in erster Linie durch Reaktion mit OH-Radikalen, durch Vorgänge in der hohen Atmosphäre und durch Bodenbakterien.

Aus dem Alltag

Bei Verbrennungsvorgängen, beim Umgang mit Erdgas, bei der landwirtschaftlichen Produktion (Nass­reisanbau) und bei der Viehhaltung wird doppelt so viel Methan freigesetzt wie aus natürlichen Quellen.

Halogenierte Kohlenwasserstoffe

Diese Stoffgruppe ist auch unter Namen wie Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe, Chlorfluormethane oder FCKWs bekannt. Sie bestehen aus Kohlenwasserstoffen, bei denen ein oder mehrere Wasserstoffatome durch Chlor- oder Fluoratome ersetzt sind. Die am häufigsten verwendeten sind CFCl3 und CF2CI2, bekannt unter den Handelsnamen F11 und F12.

Im Gegensatz zu den bisher genannten atmosphärischen Spurenstoffen stammen sämtliche FCKWs aus menschlicher Produktion. Bevor im „Montrealer Protokoll“ von 1987 vereinbart wurde, ihre Herstellung zu stoppen, wurden sie hauptsächlich als Kühlmittel in Kühlschränken und Klimaanlagen, als Reinigungsmittel insbesondere für elektronische Bauteile oder als Treibmittel zur Schaumstoffproduktion und in Spraydosen eingesetzt. Ihren verbreiteten Einsatz verdankten diese Stoffe vier außerordentlich wichtigen Eigenschaften: Erstens lassen sie sich leicht verflüssigen (Kühlmittel), zweitens sind sie chemisch äußerst reaktionsträge, gehen also keine Verbindungen ein, drittens sind sie nicht giftig und schließlich viertens nicht brennbar.

Aber gerade die chemische Stabilität ist es, die den Klimaforschern und Luftchemikern seit vielen Jahren Sorgen bereitet. Da die halogenierten Kohlenwasserstoffe nämlich in der unteren Atmosphäre (Troposphäre) keine Reaktionspartner finden, gelangen sie bis in Höhen über 20 km hinauf, wo sie auf die dort vorhandene Ozonschicht treffen. Die in dieser Höhe herrschenden physikalischen und chemischen Bedingungen ermöglichen den FCKWs Reaktionen, die schließlich zum Abbau dieser Schicht führen. Darüber hinaus leisten sie einen Beitrag zum atmosphärischen Glashauseffekt, der vor dem Produktionsstopp auf bis zu 11 % beziffert wurde.

Ozon (O3)

Ozon ist ein dreiatomiger Sauerstoff. Er entsteht in Höhen zwischen etwa 10 und 50 km unter der Wirkung der ultravioletten Sonnenstrahlung aus gewöhnlichem Sauerstoff. Seine maximale Konzentration von 8 bis 10 µg/g Luft – das sind knapp 10 ppm – erreicht es je nach geografischer Breite in 15 bis 30 km Höhe. Seine mittlere Höhenverteilung ist in Abbildung 1.15 (→ S. 47) dargestellt.

Ozonbildung und Ozonabbau

Der Entstehungsprozess stellt sich – nach der Chapman-Theorie – in vereinfachter Form folgendermaßen dar: Zunächst wird in einem ersten Schritt (1) molekularer Sauerstoff durch sogenannte harte, also besonders kurzwellige und damit energiereiche UV-Strahlung mit Wellenlängen ≤ 0,24 µm in einzelne Sauerstoff-Atome ge­spalten. Man nennt einen solchen Vorgang Fotodissoziation. Im zweiten Schritt (2) reagieren diese mit benachbarten O2-Molekülen und bilden unter Mitwirkung eines Stoßpartners M ein Ozonmolekül. M trägt die überschüssige Re­aktionsenergie in Form von kinetischer Energie – also Wärme – fort (Molekularkinetische Theorie), bleibt aber selbst unverändert.

Diesem Aufbauprozess steht ein parallel ablaufender Zerfallsprozess gegenüber. Dabei wird im ersten Schritt (3) wiederum durch Fotodissoziation aus einem Ozonmolekül ein atomarer Sauerstoff freigesetzt, der in einem zweiten Schritt (4) mit einem weiteren Ozonmolekül reagiert. Dabei entstehen zwei gewöhnliche Sauerstoffmoleküle. Für die Reaktion (3) reicht erheblich energieärmere Strahlung mit Wellenlängen ≤ 1,1 µm aus; UV-Strahlung mit Wellenlängen ≤ 0,3 µm führt bei diesem Vorgang zur Entstehung einer sehr reaktionsfreudigen Form von atomarem Sauerstoff, der beim Abbau der Ozonschicht im Rahmen der sogenannten Ozonloch-Problematik eine große Rolle spielt (→ siehe unten).

(1) Quant + O2 → O + O (Wellenlänge ≤ 0,24 µm)

(2) O + O2 + M → O3 + M + Wärmeenergie

(3) Quant + O3 → O + O2 (Wellenlänge ≤ 1,1 µm)

(4) O + O3 → 2 O2

Diese vier Prozesse zusammen führen zu einem Konzentrationsgleichgewicht.

Von erheblicher Tragweite sind die zu den Reaktionen (1) und (3) führenden Absorptionsvorgänge. Sie führen dazu, dass über 50 % der ankommenden UV-Strahlung von der Erde ferngehalten werden. Vor allem die besonders gefährlichen kurzen Wellenlängen, also das harte UV wird durch die Ozonschicht aus der Sonnenstrahlung praktisch restlos herausgefiltert. Welche Wellenlängen davon im Einzelnen betroffen sind, zeigt die Abbildung 3.12. Wie dadurch die Spektralverteilung der Sonnenstrahlung verändert wird, sieht man in Abbildung 3.8.

Bekannte Persönlichkeiten

Chapman, Sidney; Geophysiker und Mathematiker; * 21.1.1888 in Eccles bei Manchester; † 16.6.1970 in Boulder. Bedeutende Arbeiten zur kinetischen Gastheorie, zum Erdmagnetismus, über Polarlichter, Sonnenplasma und Ozon.

Ozon bildet sich bevorzugt in den niederen Breiten, weil dort die Sonnenstände und damit die Strahlungsintensität besonders hoch sind. Polwärts lässt die Produktion rasch nach. Messungen in höheren Breiten ergeben jedoch größere Ozonwerte als aufgrund theoretischer Betrachtungen zu erwarten wäre. Diese Diskrepanz lässt sich nur mit einem kontinuierlichen Ozontransport von der Äquatorialregion zu den höheren Breiten erklären.

Es ist naheliegend, danach zu fragen, warum sich das Ozon nur in der begrenzten Höhenschicht zwischen 10 und 50 km bildet. Die Antwort ist einfach: Beim Passieren der Ozonschicht wird infolge der dort ablaufenden Reaktionen (1) und (3) bereits so viel UV-Strahlung absorbiert, dass in tieferen Etagen für die Reaktion (1) des Syntheseprozesses nicht mehr genügend zur Verfügung steht. Dass die Ozonkonzentration oberhalb von 40 km rasch zurückgeht, liegt daran, dass mit zunehmender Höhe der Luftdruck und damit die Luftdichte zurückgeht – die Luft immer „dünner“, wie man landläufig sagt – und damit das Ausgangsmaterial, der Sauerstoff, immer weniger wird.

Die Reaktion (2), so haben wir gesehen, ist eine exotherme Reaktion, eine Reaktion also, bei der Wärmeenergie freigesetzt wird. Diese führt zu einem deutlichen Anstieg der Lufttemperatur im Bereich der Ozonschicht. Dadurch wird die mit der Höhe fortschreitende Abkühlung der Atmosphäre gestoppt – mehr noch, zwischen etwa 20 und gut 40 km Höhe steigt die Temperatur sogar stetig an, d. h. es baut sich eine sogenannte Inversion auf, die die gesamte Dynamik der unteren  26 Atmosphäre, insbesondere die Wettervorgänge und den Vertikaltransport atmosphärischer Spurengase und Aerosole, entscheidend beeinträchtigt.

1985 wurde erstmals beobachtet, dass zum Ende des Polarwinters hin über der Antarktis eine dramatische Abnahme der Ozonkonzentration stattfindet. Auch in den Folgejahren setzte jeweils im September und Oktober insbesondere in Höhen zwischen 15 und 25 km ein rapider Ozonverfall ein, der jedes Jahr etwas stärker wurde. Man sprach kurzerhand vom Ozonloch. Das ist natürlich Unsinn, denn es handelt sich ja nicht um ein „Loch“ in der Ozonschicht, sondern um einen Konzentrationsrückgang, der allerdings beachtliche Dimensionen annahm. Die Abbildung  1.5 stützt sich auf Messergebnisse von der Südpolstation Amundsen-Scott. Die schwarze Kurve zeigt die Ozon-Höhenverteilung vom 29. Juli 1998, von einem Zeitpunkt also, an dem ganz normale Verhältnisse geherrscht haben. Man erkennt ein Konzentrationsmaximum in etwa 17 km Höhe mit einem Partialdruck von etwas über 150 nbar. Die blaue Kurve wurde am 29. Oktober 1998 erhoben, also mitten während einer „Ozonloch“-Episode. Wie man sieht, bricht die Konzentration in einer Höhe von etwa 13 km sehr stark ein, bewegt sich dann bis etwa 22 km Höhe nur wenig oberhalb Null, um dann, innerhalb von nicht einmal 2 km, wieder auf den gewohnten Wert zu springen.

Abb. 1.5 Ozonkonzentration in Abhängigkeit von der Höhe unter normalen Bedingungen (schwarz) und während einer „Ozonloch“-Episode (blau).

Mögliche Auswirkungen eines Ozonschwundes

Nachdem man den Rückgang der Ozonkonzentration über der Antarktis festgestellt hatte, kam die Befürchtung auf, der Ozon-Verlust könnte die ganze Atmosphäre erfassen, zumal man auch in niedereren Breiten eine – allerdings weniger spektakuläre – Ozonabnahme festgestellt hatte: Am Meteorologischen Observatorium auf dem Hohenpeißenberg (nördlich von Garmisch-Partenkirchen), wo seit den 1960er-Jahren Ozonforschung getrieben wird, hat man einen jährlichen Rückgang von durchschnittlich 0,2 % beobachtet (Wege et al. 1988). Der Rückgang des Ozons bedeutet aber gleichzeitig eine Zunahme der UV-Strahlung. Eine einfache Faustregel der Luftchemiker besagt: Jedes Prozent Ozonverlust lässt zwei Prozent mehr UV-Strahlung zur Erdoberfläche durchdringen.

Man begann abzuschätzen, welche Folgen eine weitere Ozon-Abnahme und damit ein Anstieg der UV-Bestrahlung für das Leben auf der Erde haben könnten. So ergaben Modellrechnungen, dass eine 5 %ige Abnahme der Ozonkonzentration ein um 10 % erhöhtes Hautkrebsrisiko bewirken würde. Das bedeutet z. B. allein für die USA jährlich 40 000 neue Fälle. Aus anderen Modellrechnungen geht hervor, dass 1 % Ozonabnahme nach 20 Jahren das Risiko, an einem Nicht-Melanom-Hautkrebs zu erkranken, um 3 % erhöht. Weitere Folgen eines Ozonschwundes wären Hautverbrennungen, Augenerkrankungen und Schäden am Immunsystem. 1 % weniger Ozon hat 0,6 bis 0,8 % mehr Fälle von Augenlinsentrübungen zur Folge.

Unter den Pflanzen gelten eine Reihe von Nahrungs- und Futterpflanzen, darunter die Sojabohne, als außerordentlich UV-empfindlich. Eine Untersuchung hat gezeigt, dass bei einer simulierten Ozonabnahme um 25 % die Nettoproduktion um 20 bis  27 25 % sinken kann (Schönwiese und Diekmann 1987). Besonders folgenschwer wären Schäden an Mikroorganismen, insbesondere Algen, denn sie produzieren doppelt so viel Sauerstoff und binden doppelt so viel Kohlendioxid wie die grünen Pflanzen zusammen. Sie stehen zudem am Beginn einer Nahrungskette, die bis zum Menschen reicht.

Ursachen des Ozonschwundes

Angesichts solcher Gefahren hat man mit Nachdruck die Erforschung des Phänomens forciert und hat verschiedene Theorien entwickelt, von denen aber keine eine umfassende Erklärung zu liefern vermochte. Im Lauf der Zeit ist aber klar geworden, dass anthropogene Einflüsse beim Ozonabbau eine erhebliche, wahrscheinlich sogar die ausschlaggebende Rolle spielen. Heute weiß man, dass insbesondere die FCKWs, aber auch andere ähnliche Substanzen, eine gewaltige Zerstörungskraft entwickeln.

Ozonabbau durch FCKWs

Die Reaktionsfolge (5) bis (7) beschreibt den Ozonabbau durch FCKWs. Zunächst wird in Reaktion (5) unter der Einwirkung von harter UV-Strahlung ein Chlor-Atom abgespalten, das in Reaktion (6) unter Zerstörung eines Ozon-Moleküls oxidiert wird. Über die schon von oben bekannte Reaktion (3) werden O-Radikale produziert, die dem Chloroxid in (7) den Sauerstoff wieder entreißen. Das dabei frei werdende Cl-Atom – und das ist das Teuflische an diesem Vorgang – ist damit bereit, erneut in die Reaktion (6) einzutreten und ein nächstes Ozon-Molekül zu reduzieren. Bis zu 10 000-mal kann sich dieser Prozess wiederholen, ehe das Chlor anderweitig gebunden wird. Man muss sich einmal klarmachen, was das bedeutet: Ein einziges FCKW-Molekül kann auf diese Weise bis zu 10000 Ozonmoleküle zerstören.

(5) Quant + CCI2F2 → CCIF2 + CI (Wellenlänge ≤ 0,22 µm)

(6) CI + O3 → O2 + CIO

(3) Quant + O3 → O + O2 (Wellenlänge ≤ 1,1 µm)

(7) CIO + O → CI + O2

Ähnliche katalytische Prozesse laufen auch mit Brom-Molekülen ab, die aus Feuerlöschern und Treibstoffen stammen, und schließlich wird das oben schon diskutierte N2O in eine katalytische Reaktionskette einbezogen, bei der NO als Katalysator fungiert.

Angesichts der schwerwiegenden Folgen des stratosphärischen Ozonabbaus gelang es, das bis heute erfolgreichste Klimaschutzabkommen zu treffen: das Montrealer Protokoll. Die zunächst 48 Unterzeichnerstaaten verpflichteten sich darin zur Reduzierung und schließlich zur vollstän­digen Beendigung der Emission von chlor- und bromhaltigen Chemikalien, die atmosphärisches Ozon zerstören. Es wurde am 16.09.1987 abgeschlossen und trat am 01.01.1989 in Kraft. Im Laufe der Folgejahre traten dem Abkommen zahlreiche weitere Staaten bei. Die Vereinbarung zeigte rasch Wirkung: Der Anstieg der Konzentration gefährlicher FKW und FCKW verlangsamte sich innerhalb weniger Jahre und ging alsbald in einen kontinuierlichen Rückgang über. In einem im September 2014 von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) herausgegebenen Bericht heißt es, wenn sich die Entwicklung so fortsetze wie bisher, werde das Ozonloch spätestens im Jahr 2050 kein Thema mehr sein. Das zeigt, wie erfolgreich engagierte internationale Abkommen sein können!

Ozonbildung in der unteren Atmosphäre

Während in der höheren Atmosphäre, der sogenannten Stratosphäre, das Ozon abnimmt, wird es in der bodennahen Atmosphäre, der sogenannten Troposphäre, immer mehr. Zurzeit steigt dort der Ozongehalt pro Jahr um etwa 1,1 %. Bei den Ozon-Messungen auf dem Hohenpeißenberg wurde sogar eine doppelt so schnelle Zunahme festgestellt. Allerdings ist dieser Anstieg nur auf der Nordhalbkugel zu beobachten. Gegenwärtig beträgt die bodennahe Ozon-Konzentration nördlich des Äquators im Mittel etwa 40 ppb. Auf der Südhalbkugel liegt sie nur um 10 bis 20 ppb. In Deutschland findet man üblicherweise Werte zwischen 25 und 45 ppb, hat aber auch schon Konzentrationen über 200 ppb gemessen.

Woher kommt eigentlich das Ozon der unteren Luftschichten? Zum Teil sickert es natürlich aus der Stratosphäre ein, seit einigen Jahrzehnten lässt sich aber auch eine zusätzliche anthropo 28 gen bedingte Komponente mit etwa 0,5 Gt pro Jahr nachweisen. Ozon entsteht nämlich in der untersten Atmosphärenetage sowohl aus Kohlen­monoxid als auch aus Kohlenwasserstoffen, wenn gleichzeitig Stickoxide und kurzweIlige Strahlung vorhanden sind.

Beim Bildungsprozess aus Kohlenmonoxid läuft folgende Reaktionskette ab:

(1) CO + OH → CO2 + H

(2) H + O2 + M → HO2 + M

(3) HO2 + NO → OH + NO2

(4) Quant + NO2 → NO + O (Wellenlänge ≤ 0,4 µm)

(5) O + O2 + M → O3 + M

Netto: CO + 2 O2 → CO2 + O3

(M sind für die Reaktion notwendige Stoßpartner).

Wie aus der Nettoreaktion zu erkennen ist, entsteht bei der Oxidation jedes CO-Moleküls ein Ozon-Molekül. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Luft eine Mindestkonzentration an Stickoxiden (NOx) enthält. Bleibt die Konzentration der Stickoxide unter dem kritischen Wert, so läuft eine ganz andere Reaktionsfolge ab, die netto zu folgender Gleichung führt:

CO + O3 → CO2 + O2

In diesem Fall verschwindet also bei der Oxidation jedes CO-Moleküls ein Ozonmolekül.

Ähnliche, allerdings noch kompliziertere Vorgänge spielen sich auch bei der Oxidation von flüchtigen organischen Verbindungen, z. B. von Kohlenwasserstoffen, aber auch einer Reihe anderer organischer Spurengase ab. Neben Ozon entstehen dabei weitere, in ihrer Wirkungsweise dem Ozon verwandte Stoffe, die man als Fotooxidantien bezeichnet, z. B. Peroxiacetylnitrat (PAN) oder Wasserstoffsuperoxid.

Es wurde schon darauf hingewiesen, dass Vorgänge dieser Art überwiegend anthropogen verursacht sind. Man wird sich also fragen, woher die an diesen Reaktionen beteiligten Stoffe kommen. Die Stickoxide entstehen zwar zu einem geringen Teil auch auf natürlichem Wege z. B. bei Blitzentladungen (→ S. 20). Der größte Teil stammt jedoch von heißen Verbrennungsprozessen, wie sie z. B. in fossil befeuerten Industrieanlagen oder Automotoren ablaufen. In Deutschland schlägt der Kraftverkehr etwa mit 60 % zu Buche.

Das Kohlenmonoxid entsteht bei der unvollständigen Verbrennung organischer Energieträger. Da praktisch alle Verbrennungsvorgänge mehr oder weniger unvollständig sind, wird dabei stets CO freigesetzt. Gut die Hälfte (2,6 Mrd. t pro Jahr) kommt aus anthropogenen Quellen, wobei der Kraftverkehr wieder die Spitzenstellung einnimmt. Auch die vorhin genannten, in der Luft vorhandenen flüchtigen organischen Verbindungen hat zu einem erheblichen Teil der Kraftverkehr zu verantworten. Sie entweichen beim Tanken, durch Verdunstung aus Kraftstofftanks und beim unvollständigen Verbrennen des Benzins. Nicht unerhebliche Mengen stammen aus den in Industrie und Haushalt verwendeten Lösungsmitteln.

Schäden durch troposphärisches Ozon

Wenn hier das troposphärische Ozon so ausführlich behandelt wird, dann liegt das daran, dass dieses Gas als sehr gefährlich eingeschätzt wird:

Trotz seiner geringen Konzentration beträgt sein Anteil am atmosphärischen Glashauseffekt an die 10 %. Wegen seiner aggressiven Oxidationskraft löst es an allen Oberflächen verstärkt Korrosion aus. Ozon ist außerdem ein giftiges Gas. Gerade in den letzten Jahren hat man erkennen müssen, dass es eine ganze Reihe von Krankheiten auslösen kann. Sie reichen von Reizungen der Schleimhäute, der Atemwege und des Lungengewebes über Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit bis zu Asthmaanfällen. In Ruhe werden zwar relativ hohe Ozonkonzentrationen toleriert. Bei starker körperlicher Belastung genügen jedoch bereits Konzentrationen von 180 bis 240 µg/m3 Luft, um Körperreaktionen hervorzurufen. Allergische Personen reagieren auf Ozon besonders empfindlich. An Pflanzen treten ab 80 ppb – das ist ein Wert, der bei strahlungsreichem Sommerwetter in unseren Breiten häufig überschritten wird – offensichtliche Schäden auf, sogenannte „Wetterflecken“. Sie zeigen an, dass Zellkörperchen, die den grünen Pflanzenfarbstoff tragen (Chloroplasten), sowie Zellwände zerstört sind (Berge und Jaag 1970). Zu versteckten Schäden, die aber zu einer Hemmung der Fotosyntheseleistung führen und sich damit bei landwirtschaftlichen Nutzpflanzen in Ertragsrückgängen bemerkbar machen, kommt es schon bei geringeren Konzentrationen. Heagle (1989) berich 29 tet über Versuche mit einer künstlich auf 40 bis 50 ppb (gegenüber 30 ppb) erhöhten Ozonkonzentration. Dabei musste man bei empfindlichen Winterweizensorten Ertragseinbrüche bis zu einem Drittel hinnehmen. Bei robusteren Sorten fielen die Verluste mit etwa 10 % jedoch nicht so krass aus. Sehr empfindlich sind jedenfalls auch Soja, Baumwolle, Tabak, Bohnen und Kohl. Offensichtlich ist Ozon auch an der Schädigung der Wälder beteiligt. Seine Rolle stellt man sich dabei folgendermaßen vor: Zunächst werden die Wachsschichten der Nadeln und Blätter von gasförmigem oder in Wasser gelöstem Ozon oder anderen Fotooxidantien aufgebrochen. Durch die dabei entstehenden Risse gelangen die Gase ins Innere und führen zu Schäden an den Membranen und Spaltöffnungen. Dadurch kommt es zu Störungen im Wasserhaushalt. Gleichzeitig dringen auch saure Niederschläge ein und waschen lebenswichtige Calcium- und Magnesiumverbindungen aus (Leaching-Hypothese). Pahl und Winkler (1993) haben festgestellt, dass die Konzentration schädlicher Spurenstoffe im Wasser von Wolken und damit auch von Nebel bis zu 10-mal so hoch sein kann wie im Regenwasser.

Zwar bietet das chemische Milieu der Großstädte die beste Voraussetzung für die Ozonbildung. Man spricht in diesem Zusammenhang gern von Fotosmog und nennt als Musterbeispiel den Los-Angeles-Smog. Da die Sonnenstrahlung eine wesentliche Voraussetzung für die Synthese von Ozon und anderen Fotooxidantien ist, entstehen diese Stoffe aber auch in den strahlungsreichen Reinluftgebieten weit außerhalb der Städte in unerwartet hohen Konzentrationen – selbst dann noch, wenn der Wind die dorthin verfrachtete Großstadtluft schon weitgehend verdünnt hat.

Im Lauf der nächsten Jahre werden sich die Ausgangsstoffe für die Ozonbildung aller Voraussicht nach weiter anreichern. Wir haben deshalb in Zukunft mit noch viel höheren Ozonwerten zu rechnen als heute.

Technisch und medizinisch wird Ozon für verschiedene Zwecke eingesetzt:

a)Zur Beseitigung von unerwünschten Luftbeimengungen wie Geruchsstoffe, Bakterien, Viren, Sporen usw. Dabei wird alles zu Beseitigende vom Ozon oxidiert.

b)In Schwimmbädern wird Ozon benutzt, um Krankheitserreger und unerwünschte Substanzen im Wasser durch Oxidation zu beseitigen. Der unangenehme Chlor-Geruch, den man von vielen Schwimmbädern her kennt, lässt sich dadurch vermeiden.

c)Auch zur Reinigung von Trink-, Prozess-, Kühl- und Abwasser wird es verwendet.