Mexify – Das Hotel im Nirgendwo - Mexify - E-Book + Hörbuch

Mexify – Das Hotel im Nirgendwo E-Book und Hörbuch

Mexify

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Beschreibung

Endlich Ferien! Für Mexi bedeutet das vor allem eins: Zocken ohne Ende! Doch er hat die Rechnung ohne seine Eltern gemacht. Die haben nämlich einen spontanen Familienurlaub gebucht – in einem langweiligen Hotel mitten im Nirgendwo. Mexi bleibt nichts anderes übrig, als seine beiden Möpse Simba und Nala einzupacken und sich auf den ödesten Ausflug seines Lebens einzustellen. In der »Pension zum Hexenwalder Tal« angekommen, bestätigen sich seine schlimmsten Befürchtungen. Es gibt nichts außer Wald, nicht mal Internet. Doch bereits in der ersten Nacht geschehen die verrücktesten Dinge: Mexis Eltern verschwinden spurlos, während sich das Hotel als Tor in eine fremde Welt voll magischer Wesen entpuppt! Zusammen mit seinen beiden Hunden stürzt sich Mexi in ein unglaubliches Abenteuer, bei dem er nicht nur seine Eltern retten muss. Der Frieden der magischen Welt wie auch der Menschenwelt liegt plötzlich in seinen Händen!

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Seitenzahl: 245

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Zeit:5 Std. 45 min

Sprecher:Sebastian Schulz

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MEXIFY

Das Hotel im Nirgendwo

MEXIFY

DAS HOTEL IM NIRGENDWO

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

Originalausgabe

4. Auflage 2021

© 2020 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Texte: Mexify, Josh Matthews

Redaktion: Mirka Uhrmacher

Umschlaggestaltung und Illustrationen: © Lian

Satz: Achim Münster, Overath

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-96775-006-5

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96775-010-2

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96775-011-9

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.rivaverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Für Simba und Nala

INHALT

Die E-Mail

Die Fahrt ins Ungewisse

Die seltsame Pension

Zimmer Nummer 13

Geisterstunde

Am Fuß der Schlotterspitze

Yuki

Die Wahre Welt

Nur für Hexen!

Die Farblosen

Die Schlucht der Eisfüchse

Der Grenzturm

Der Plan

In der Küche

Das große Friedensmahl

Zurück nach Hause

Die E-Mail

»Romantik-Urlaub? Das ist doch nicht euer Ernst?!«, ächzte Mexi unter seiner kuscheligen Bettdecke. Nur sein Dinosaurierschwanz schaute hervor. »Für so was wollt ihr meine kostbaren Sommerferien opfern?«

»Die Reise dauert doch nur fünf Tage«, beschwichtigte ihn seine Mutter, die für diese frühe Stunde eine verdächtig gute Laune hatte.

»Nur fünf Tage?«, protestierte Mexi. »Das ist fast eine ganze Woche!« Er hatte doch schon Pläne mit seinem besten Freund Furdis gemacht! »Waruuuuuum?«, rief er verzweifelt unter seiner Decke.

»Komm, das wird schön!«, trällerte seine Mutter schrecklich fröhlich. »Wie oft machen wir schon einen richtigen Familienurlaub mitten in der Natur!«

»Mitten im Nirgendwo, meinst du«, klagte Mexi. »Euer komisches Hotel hat bestimmt nicht mal Internet.«

»Doch!«, antwortete seine Mutter. »In der E-Mail steht, die haben sogar ISDN!«

»ISDN?« Mexi klang nicht sehr überzeugt. »Was soll’n das sein? Also ich finde, das klingt überhaupt nicht gut.«

Seine Mutter zog ihm die Bettdecke vom Gesicht. Der grüne Dinosaurier darunter blinzelte sie müde an.

»Hast du etwa wieder in diesem Ding geschlafen?«, fragte sie, als ob Mexi eine ganze Familienpackung Eis allein aufgegessen hätte. Mit dem »Ding« meinte sie Mexis flauschigen grünen Dino-Anzug mit den gelben Zacken auf dem Rücken.

Mexi wollte als Antwort dinosauriermäßig die Zähne fletschen und brüllen, aber aus seinem Mund drang nur ein langes, müdes Gähnen. »Warum tut ihr mir das aaaaaan?«

»Lies dir doch erst mal die Mail durch«, antwortete seine Mutter völlig ungerührt. »Ich hab sie extra ausgedruckt!« Sie schob ihm einen Zettel unter die Nase und ließ die Decke wieder über seinen Kopf fallen. »Du kommst da ganz bestimmt auch auf deine Kosten!«

Mexi überflog den Zettel unter seiner Decke. Obwohl er viel zu müde und es ziemlich dunkel war, fiel ihm sofort ein Wort ins Auge.

»Buttermassage?!«, rief Mexi schockiert. Er riss sich die Decke vom Kopf und saß kerzengerade im Bett. »Also mich massiert keiner mit Butter, damit das schon mal klar ist!« Er warf das Blatt Papier weg, als würde es in Flammen stehen.

»Also ich liebe Butter!«, rief sein Vater begeistert aus dem Flur, als hätte er gerade das Gummibärchen erfunden. Er steckte seinen Kopf durch die Tür. »Und Urlaub liebe ich auch!«

Mexis Mutter strahlte. »Besonders, wenn es ein so günstiger Urlaub ist! Das Angebot im Internet war wirklich unschlagbar.«

»Im Internet?«, fragte Mexi. »Bist du wieder auf irgendeine Werbung reingefallen?«

Auch sein Vater kratzte sich jetzt nachdenklich am Kopf. »Hast du das überprüft, Liebes? Nachher stellt sich dieses Angebot noch als Betrug heraus. Oder als Fehler.«

»Das sag ich ja«, murmelte Mexi in seine Kissen hinein. »Das ist alles ein grooooßer Fehler.«

»So wie damals, als du das Auto gewonnen hast …«, erinnerte sich Mexis Vater und verschwand kichernd wieder im Flur.

»Also, das war aber auch absichtlich so fotografiert worden, dass man nicht erkennen konnte, dass es eigentlich nur ein Spielzeug ist!«, rief ihm Mexis Mutter kopfschüttelnd hinterher. Ihr Dutt wackelte dabei beleidigt von rechts nach links.

»Oder als dir dieser indische Prinz angeblich eine Million Dollar in Gold vererben wollte«, ergänzte Mexi. »Das war auch so eine E-Mail.«

»Der Prinz hat mir eine sehr freundliche E-Mail geschrieben«, protestierte seine Mutter. »Außerdem ist das hier etwas ganz anderes!«

Im Stockwerk über ihnen rumpelte es bedrohlich. Das asthmatische Ächzen war unverkennbar. Mexis Vater holte die schweren Reisekoffer vom Dachboden.

HATSCHIIII! HATSCHUUUU! RUMMS!

Die schweren, staubigen Reisekoffer.

»Alles in Ordnung?«, rief Mexis Mama sorgenvoll.

»Ja, alles okay«, kam es schniefend vom Dachboden. »Das ist nur meine Stauballer..., Stauballer...allerTSCHI!«, schallte es durch den Flur.

»Gesundheit, Schnuffel«, rief Mexis Mutter.

»Danke, mein Schatzi«, keuchte Mexis Vater.

Schnuffel? Schatzi? Musste das sein? Und dann noch so früh am Morgen! Mexi zog sich die Kapuze seines Onesies weit übers Gesicht. Es war bestimmt gerade erst 8:00 Uhr!

Das Handy von Mexis Mama vibrierte in ihrer Hosentasche. Sie nahm es heraus und drückte darauf herum.

»Ha!«, rief sie. »Ich sag’s ja! Das war kein Fehler! Unsere Reise für morgen wurde gerade von der Pension bestätigt!«

Mexi seufzte quietschend. »Och neeeeee. Könnt ihr nicht einfach ohne mich fahren?«

»Kommt gar nicht infrage. Es ist höchste Zeit, dass du mal wieder rauskommst!«

»Raus?«, fragte Mexi unschuldig. »Du meinst unter der Decke raus?«

»Nein, richtig raus«, antwortete seine Mutter.

»Aus dem Zimmer raus?«, fragte Mexi. »Ich war gestern dreimal in der Küche.«

»Nein, raus-raus«, lachte seine Mutter und zog Mexi die Bettdecke weg. Er versuchte sich zu wehren, aber er war viel zu müde und zu langsam. Hilflos tastete er nach der Decke, doch er bekam nur das Blatt Papier zu fassen, das seine Mutter ihm untergeschoben hatte. Er blinzelte den Zettel verschlafen an.

»Ich kann das gar nicht lesen«, spielte Mexi besorgt und ließ den Zettel wieder fallen. »Irgendetwas stimmt nicht mit mir! Wahrscheinlich bin ich krank und kann gar nicht verreisen!«

»Kein Wunder, dass du nichts sehen kannst«, seufzte seine Mutter und deutete auf sein Fenster mit der geschlossenen Jalousie. »Du lebst hier wie in einer Fledermaushöhle.«

»Dinohöhle«, murmelte Mexi.

»Sehr lustig«, sagte seine Mutter und stolperte auf dem Weg zum Fenster fast über ein paar leere Wasserflaschen. Dann zog sie die Jalousie hoch.

Die Strahlen der Morgensonne stürmten wie ein schrecklich gut gelauntes Einsatzkommando der Polizei in Mexis chaotisches Zimmer. Er ächzte und stöhnte wie ein Vampir beim Sonnenbaden und vergrub sein Gesicht zwischen Kissen und Kuscheltieren.

»Lies doch erst mal in Ruhe die Mail!«, befahl seine Mutter.

Mexi grummelte, griff nach dem Zettel und kniff die Augen zusammen. Dann öffnete er sie vorsichtig. Er blickte auf den viel zu hellen Zettel in seiner Hand und blinzelte wieder. Die verschwommenen Formen auf dem Papier begannen sich zu Buchstaben und Worten zusammenzusetzen:

Betreff: Romantik-Pension »Zum Hexenwalder Tal«

Hiermit bestätigen wir Ihre Buchung für einen romantischen Wellness-Kurzurlaub mit Vollpension! Lassen Sie bei einer zarten Buttermassage die Seele baumeln, entspannen Sie Ihre müden Glieder in unserem sprudelnden Salzwasserbecken mit feinen Gewürzen und erfreuen sich abends an unseren berühmten Hexenwalder Nussecken und sagenhaft zartem Wildschweinbraten mit Preiselbeersoße. Für Ihr körperliches Wohl ist gesorgt! Im Rahmen Ihres Aufenthalts im schönen Hexenwald erwartet Sie der »Große Kaiserschmaus«, bei dem SIE ganz im Mittelpunkt stehen. Wir freuen uns auf Ihren Besuch.

Zimmerbuchung: 1 Doppelzimmer, 1 Einzelzimmer

Ausstattung: Etagen-Dusche/WC

PS: Wir haben ISDN!

»Au Backe. Hexenwald? Das klingt voll unheimlich!«, maulte Mexi.

»Die Luft hier drinnen ist genauso muffig wie deine Laune«, sagte seine Mutter und klappte zu allem Überfluss auch noch das Fenster auf.

Ein frischer Windstoß ließ Mexi erschaudern. Panisch griff er nach seiner Bettdecke und wickelte sich wieder ein.

»Simbaaaaa, Nalaaaaaa!«, rief er.

Acht Pfötchen tapsten und rutschten und klapperten durch den Hausflur. Kurz darauf bogen zwei kleine, mopsige Gestalten mit jeweils vier Beinen, zwei schwarzen Kulleraugen und einem Stummelschwänzchen in sein Zimmer ein. Es waren Mexis Hunde Simba und Nala. Simba war etwas größer als Nala, hatte helles Fell und eine dunkle Schnauze sowie dunkle Öhrchen. Nala hingegen war ein noch ganz junges Mopsmädchen mit dunklem Fell, hellen Beinchen und zwei hellen Flecken über den Augen. Japsend und schnaufend bahnten sich die beiden ihren Weg um Mexis Turnschuhe, seinen Rucksack und einige Actionfiguren, schnüffelten dann kurz an einer einsamen alten Socke, sprangen schließlich zu Mexi aufs Bett und machten es sich neben ihm bequem.

»Simba, Nala.« Mexi zog die beiden Hunde an sich und seufzte. »Wärmt mich. Wir Dinos sind doch Kaltblüter. Kein Wunder, dass wir dauernd aussterben, bei so viel frischer Luft!«

Mexis Mutter schüttelte den Kopf. »Es ist Sommer, Mexi. Draußen sind jetzt schon 24 Grad.«

Mexi breitete die Bettdecke, die über seinen Schultern lag, über die beiden Hunde aus. »Wenigstens ihr versteht mich noch, oder?«

Nala schaute zu ihm hoch und hechelte ihn treu an. Simba war bereits eingepennt. Du weises Tier, dachte Mexi und streichelte ihn an seinem speckigen Nacken.

Mexis Vater hatte es mittlerweile geschafft, die Koffer vom Dachboden in den unteren Flur zu befördern. »Wir können packen!«, rief er.

»Wunderbar, mein Lieber!«, antwortete Mexis Mama voller Vorfreude. »Ich komme gleich!«

Durch das Gerufe geweckt sprang Simba erschrocken auf, bellte einmal hustend und leckte sich an einer Stelle, die hier nicht näher ausgeführt werden soll.

»Aber das geht nicht!«, protestierte Mexi. »Furdis und ich haben schon Pläne!«

Seine Mutter zog die linke Augenbraue hoch. »Du meinst, ihr wollt die ganze Nacht lang Computerspiele spielen wie in den gesamten letzten Wochen auch?«

Mexi nickte ernst. Endlich verstanden seine Eltern ihn.

»Also das könnte ihr doch wirklich auch noch nach dem Urlaub machen«, sagte seine Mutter.

»Aber dann ist das Live-Event vorbei!«, jammerte Mexi. »Wir haben wochenlang für die neue Season trainiert!«

»Dann nimm doch einfach meinen Laptop mit«, schlug sein Vater vom Flur aus vor.

»Der ist doch viel zu langsam!«, klagte Mexi. »Der braucht doch schon zehn Minuten, um überhaupt hochzufahren.« Er verschränkte die Arme und blickte finster drein. »Wenn ihr mich mitnehmt, obwohl ich nicht will, dann ist das eine Entführung!«

»Wir sind deine Eltern«, trällerte seine Mutter gut gelaunt. »Wir können dich entführen, wann und wohin wir wollen.«

»Da hat sie recht«, sagte sein Vater scherzhaft. »Du gehörst uns, Baby-Dino!«

»Aber …« Mexi fehlten die Worte.

»Widerstand ist zwecklos! Pack deine Sachen«, rief Mexis Vater. »Morgen früh um sechs geht’s los! Sieben Stunden Fahrt, und dann wird so richtig entspannt!«

»Buttermassage, wir kommen!«, stimmte Mexis Mutter begeistert zu, machte kehrt und verschwand aus dem Zimmer. Die Tür zog sie bis auf einen Spaltbreit hinter sich zu.

»Och neeeeeeeee!« Mexi ließ sich zurück aufs Bett fallen. »Ach, Simba. Ach, Nala«, seufzte er. »Wenigstens ihr zwei haltet noch zu mir, oder?«

Im gleichen Moment hüpften die beiden Hunde vom Bett, liefen zur Tür und pressten sich wie zwei unheimlich niedliche Leberwürste hintereinander durch den Türspalt.

Mexi schaute ihnen kopfschüttelnd hinterher. »Ihr kleinen Verräter«, murmelte er und ließ den Kopf wieder auf die Kissen sinken. Ungläubig starrte er eine Weile an seine Zimmerdecke, ehe er sich wohl oder übel aufraffen musste.

Nachdem er sich vom Bett gewälzt und zum Fenster geschleppt hatte, um es wieder zu schließen und die Jalousie herunterzulassen, schlich er kraftlos durch das Dämmerlicht zu seinem Schreibtisch. Sein Dino-Schwanz schleifte traurig hinter ihm her und ließ die Wasserflaschen klappern, die überall auf dem Boden verstreut lagen. Mexi setzte sich auf seinen Schreibtischstuhl vor den extrabreiten Gaming-Monitor, lehnte seine Stirn gegen die Tischplatte und seufzte. Er stupste seine Maus an. Mit einem sanften Surren erwachte sein Computer aus dem Stand-by zum Leben, und der Bildschirm flackerte hell auf. Mit letzter Kraft schob Mexi seine Maus hin und her. Zwei Klicks später ertönte erst ein vertrauter Sound, dann erschien ein Videochat-Fenster.

Sein Freund Furdis blinzelte ihn besorgt an.

»Mexi, alles gut bei dir?« Mexi schaute traurig unter seiner Dino-Kapuze hervor. »Ach, Fufu!«, seufzte er. »Wir haben ein Problem!«

Und so nahm die ganze, seltsame Geschichte ihren Lauf.

Die Fahrt ins Ungewisse

Fröhlich schien die Morgensonne auf das Auto von Mexis Familie. Eine große Biene summte vor dem Autofenster hin und her und stieß ein paarmal brummend gegen die Scheibe, ehe sie die Richtung änderte. Wehmütig sah Mexi das Insekt davonfliegen. Wie neidisch er war! Die Biene flog frei durch die Gegend, während er in dieser jetzt schon brütend heißen Kiste hockte.

Mexi war langweilig. Sterbenslangweilig. Mit hängendem Dino-Kopf drückte er auf den Knöpfen seiner dudelnden Spielekonsole herum. Wenigstens hatte er daran gedacht, den Akku vorher noch mal aufzuladen. Allerdings brauchten alle Spiele, die er wirklich mochte, eine Internetverbindung. Daher blieb ihm nichts anderes übrig, als mit dem schnurrbärtigen Klempner durch eine öde Lava-Welt zu hüpfen, runterzufallen und wieder neu anzufangen. Lava-Welten waren das Letzte bei Spielen. Seufzend schaltete er die Konsole aus.

»Sind wir bald da?«, rief er von der Rückbank.

Seine Mutter drehte sich auf dem Beifahrersitz zu ihm um. »Sei nicht albern, Mexi. Wir sind doch noch nicht mal losgefahren!«

»Och mennooo!« Mexi blickte genervt auf die Einfahrt des Hauses. »Wieso dauert das so lange?«, jammerte er.

»Wir wären ja schon längst unterwegs«, erwiderte seine Mutter. »Aber dein Papa besteht darauf, das Gepäck allein im Auto zu verstauen.«

»Mein Arzt sagte, ich muss dringend ein paar Kilos abnehmen, Schatz«, erklang die Stimme von Mexis Vater aus Richtung des Kofferraums. Ächzend quetschte er eine große Sporttasche voll flauschiger Saunahandtücher in den Gepäckhaufen, der schon gefährlich über die Rückbank quoll.

»Aua!«, rief Mexi, der sich seinen Kopf an einer überstehenden Kühltasche gestoßen hatte. »Pass doch auf, Papa!«

»Entschuldigung!«, rief dieser abgekämpft. »Aber für die Buttermassagen packe ich lieber mal ein paar Handtücher mehr ein. Das klingt, als ob das eine ganz schön schmierige Angelegenheit wird.« Einen Moment später steckte er seinen Kopf durch die Fahrertür und wischte sich lachend den Schweiß von der Stirn. »So … das war die letzte Tasche. Jetzt schau ich noch schnell nach, ob alle Fenster zu und der Herd und die Heizungen aus sind.«

»Danke, Liebling«, säuselte Mexis Mutter und betrachtete dabei ihre neue Sonnenbrille im Rückspiegel.

Mexis Vater joggte beschwingt über den frisch gemähten Rasen zurück zum Haus. So glücklich hatte Mexi seine Eltern lange nicht mehr erlebt. Seit sie den Urlaub in der Pension »Zum Hexenwalder Tal« gebucht hatten, waren sie so aufgeregt wie Simba und Nala kurz vor ihrer morgendlichen Gassi-Runde.

Mexi konnte einfach nicht fassen, wie viel Gepäck Erwachsene für ein paar Tage Urlaub benötigten. Er selbst hatte alles Wichtige in seinen Rucksack mit dem Löwen-Anhänger gestopft, der neben ihm, dem dösenden Simba und der müden Nala auf der Rückbank lag.

»Mir ist jetzt schon langweilig, Mama«, quengelte Mexi. »Wie soll ich denn diese ewig lange Fahrt überleben?«

»Die paar Stunden wirst du schon schaffen«, sagte seine Mutter. »Schau lieber mal nach, ob du wirklich alles eingepackt hast.«

Grummelnd legte Mexi seine Konsole zur Seite und öffnete den Reißverschluss seines Rucksacks. Sie fragte ihn das heute schon zum dritten Mal! Demonstrativ zerrte er alles, was sich im Rucksack befand, wieder hervor, damit sie endlich davon überzeugt war, dass nichts fehlte.

»Also, schauen wir mal …«, begann er. »Papas lahmer Laptop in der zerrissenen Ledertasche, drei Tafeln Schokolade, meine treue T-Rex-Zahnbürste, Games für die Konsole, mehr Games, noch mehr Games, Notfall-Kekse, Klamotten, Socken und natürlich Simbas und Nalas orangefarbener Ball sowie ihre Futternäpfe.«

Seine Mutter riss schockiert die Augen auf. »Du hast die vollgesabberten Futternäpfe zu deiner Kleidung gepackt?!«

Mexi lächelte sie beruhigend an. »Ich habe sie vorher einmal mit meinem Dino-Schwanz abgewischt.«

Die Antwort schien seine Mutter nicht zufriedenzustellen, doch Mexi hatte im Moment wichtigere Probleme. Es fehlte doch etwas! Panisch durchwühlte er seinen Rucksack. »Wo ist denn Barry?«, rief er besorgt. »Mamaaa, ohne meinen Lieblingskuschelbären fahre ich nicht los!«

»Keine Sorge!«, sagte sein Vater, der wieder beim Auto angekommen war. Keuchend stieg er ein und reichte Mexi den weißen Stoffbären. »Hier ist Barry. Jetzt musst du mir nur noch erklären, warum ich deinen Bären im Kühlschrank gefunden habe?«

Mexi schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Ach, da habe ich ihn vergessen! Ich muss ihn gestern statt der Milch zurück in den Kühlschrank gestellt haben.«

»Das bedeutet, dass du wieder direkt aus der Packung getrunken hast, statt dir ein Glas zu nehmen?«, bohrte seine Mutter nach. »Und die angebrochene Milchpackung jetzt noch bei dir auf dem Schreibtisch steht? Mitten im Sommer?«

»Nee«, grinste Mexi. »Ich habe sie natürlich ausgetrunken. Glaube ich ...«

Mexis Eltern warfen sich einen typischen Elternblick zu, ehe sich sein Vater umdrehte und demonstrativ mit den Fingerknöcheln knackte. »So!«, sagte er entschlossen. »Seid ihr bereit für die totale Entspannung?«

»Hexenwald, wir kommen!«, rief seine Mutter begeistert.

Mexis Vater drehte den Zündschlüssel im Schloss. Der alte Familien-Kombi ächzte und hustete wie ein fetter Wal auf Rädern. Kurz hatte Mexi die Hoffnung, dass der Wagen wegen des vielen Gepäcks den Geist aufgeben würde und sie zu Hause bleiben müssten, aber dann setzte sich das Auto schließlich doch tuckernd in Bewegung und bog aus der Ausfahrt in die Straße ein.

Simba und Nala waren sofort wieder hellwach. Sie kletterten auf Mexi herum, bis er die Scheibe herunterkurbelte. Zusammen mit den beiden Möpsen steckte er seinen grünen Flauschkopf aus dem Fenster und schaute zum Haus zurück. Schweren Herzens verabschiedete er sich gedanklich von seinen kostbaren Ferientagen und dem unbeschwerten Zocken mit Furdis.

»HILFEEEE«, rief er einem weißbärtigen Mann auf dem Gehsteig zu, der seine Jacke wie ein Cape über die Schultern gelegt hatte. »Rette mich, Super-Opi! Ich werde von meinen Eltern in den Hexenwald entführt!«

»Lass unseren Nachbarn in Ruhe, Mexi!«, ermahnte ihn seine Mutter nervös. »Sonst ruft er wieder die Polizei.«

Kurze Zeit später hatten sie die Stadt hinter sich gelassen und waren auf der Autobahn unterwegs. Mexis Vater war nicht der beste Autofahrer, und so schlingerte der Wagen immer ein wenig hin und her. An Zocken war bei dem Geschaukel gar nicht zu denken. Der arme Mexi hatte daher keine andere Wahl, als müde aus dem Fenster zu sehen und die Landschaft wie einen trägen Fluss an sich vorbeifließen zu lassen. Dicke Wolken hingen flauschig wie Zuckerwatte am blauen Sommerhimmel und zogen wie eine Herde luftiger Schafe über sie hinweg.

Schafe, dachte Mexi. Total öde. Also verwandelte er sie in seinen Gedanken in eine Horde Spieler, die sich mit Holztürmen und Steinmauern gegen heranstürmende Monster aus allen Videospielen verteidigten, die ihm einfielen.

»Schon besser«, flüsterte er.

»Was hast du gesagt?«, fragte seine Mutter und schaute Mexi im Rückspiegel an.

»Ach, nichts.« Mexi ließ sich seufzend in den Sitz zurückfallen. Simba und Nala balgten sich um einen Platz auf seinem Schoß. Er hob sie beide auf seine Beine und kraulte ihnen das Fell, bis sie eingeschlafen waren. Es dauerte nicht lange, bis auch Mexi wegdöste ...

RUMPEL RUMMS!

Mexi schnellte aus dem Schlaf hoch und starrte erschrocken aus dem Fenster. Wo waren sie denn jetzt?! Statt der Autobahn sah er nun eine abgelegene Landstraße, die sich durch eine hügelige Landschaft voller Felder, Bäume und Dörfer schlängelte.

Bäh! Mexi mochte es gar nicht, im Auto einzuschlafen. Seine Zunge fühlte sich an wie eine alte Socke. Er schnappte sich die Wasserflasche aus der Sitztasche vor sich und nahm einen Schluck. Als er sicher war, dass seine Eltern nicht hinsahen, ließ er Simba und Nala einmal kurz an der Flasche nuckeln. Dann schaute er wieder aus dem Fenster.

Die Siedlungen wurden immer kleiner und spärlicher, bis sie nach einer Weile ganz verschwanden und die Welt nur noch aus gelben Feldern und Nadelwäldern zu bestehen schien. Mexis Mutter kurbelte das Fenster runter. Der Duft von Rapsblüten, Fichten und Kiefern wurde ins Innere des Wagens geweht.

»Hach! Das erinnert mich an meine Kindheit auf dem Land«, sagte sie heiter. »Sieh mal, Mexi! Da sind Rehe!«

Zur Antwort bekam sie nur ein lautes Schmatzen und Knuspern von der Rückbank.

Mit einem genervten Gesichtsausdruck drehte sie sich zu ihrem Sohn um. »Sag mal, hast du nicht gemeint, das wären Notfall-Kekse?«

»Ift fja auch ein Notfall, Mama«, antwortete Mexi schmatzend und kaute dinomäßig laut und mit offenem Mund. »Ein exftremer Langeweile-Notfall. Hier ift ja die totale Einöde!«

»Aber lass die Hunde wenigstens nicht an die Kekse«, sagte seine Mutter kopfschüttelnd. »Sonst wird ihnen schlecht, und ich will nicht, dass sie sich während der Fahrt übergeben müssen. Schwitzt du unter deinem Kostüm eigentlich nicht?«

Mexi verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. »Es ist ein Onesie. Und nein, mir geht’s gut.« In Wirklichkeit war ihm ziemlich warm, aber immerhin war es auch Sommer.

Mexis Mutter warf ihrem Mann einen vorwurfsvollen Blick zu. »Das muss er von deiner Seite der Familie haben.«

»Kann sein«, sagte sein Vater, ohne den Blick von der Straße zu nehmen. »Mein Onkel Francis glaubte, er wäre in einem früheren Leben eine Gans gewesen. Darum hat er uns nie zu Weihnachten besucht.«

Mexi war egal, was seine Eltern über den Dino-Onesie dachten. Oder ob die Trottel in der Schule ihn wegen seines Anzugs auslachten. Er liebte seinen Onesie. Wenn er als Dino unterwegs war, machte ihm alles viel mehr Spaß. Und wenn man Spaß hatte, lief alles im Leben wie geschmiert.

Na ja, außer diesem Ausflug. Mexi stopfte sich den letzten Keks in den Mund und dachte wehmütig an seine Online-Freunde. Denen war es egal, wie er aussah oder wie er sich anzog. Sie mochten ihn einfach, wie er war. Mit ihnen konnte er zusammen zocken und dabei über alles quatschen.

Quatschen … stimmt ja! Mexi sollte Furdis wenigstens noch ein Status-Update schicken. Er nahm sein Handy raus und schaute aufs Display. Oh nein! Das Netz war fast weg. Mexi drückte auf das Aufnahme-Icon in seiner Chat-App, um Furdis schnell noch eine Sprachnachricht zu schicken, bevor die Verbindung ganz abriss.

»Mexi an Fufu. Mexi an Fufu«, sagte er mit absichtlich vernuschelter Stimme. »Ich … ich habe nicht viel Zeit. Meine Verbindung … wird immer schwächer. Ich befinde mich in unbekanntem Gebiet. Mit jedem Meter, den wir ins Ödland vordringen, wird es langweiliger.« Mexis Stimme stockte dramatisch. »Gefährlich langweilige Bäume wechseln sich ab mit schlimm langweiligen Dörfern, die sich abwechseln mit ultralangweiligen … Feldern.« Seine Stimme wurde leiser und leiser. »Es ist das Grauen, Fufu, das mega…langweilige … Grauen …« Dann fing er an zu schnarchen.

»Mexi? Alles okay?«, fragte sein Vater schmunzelnd.

Mexis Mutter lächelte milde, als sie den schlafenden Mexi auf der Rückbank betrachtete. »Sieht so aus, als wäre unser kleiner Dino schon wieder eingepennt.«

Die seltsame Pension

Ein erneuter Ruck ließ Mexi aus seinem tiefen Schlummer aufschrecken. Das Auto hatte angehalten! Er musste wirklich lange geschlafen haben, denn die Sonne ging bereits unter, und draußen wurde es dunkel. Außerdem fühlte sich seine Zunge schon wieder an wie eine alte Socke.

»Wo sind wir?«, fragte er müde und rieb sich die Augen.

»Im Paradies!« Mexis Mutter lachte und öffnete seine Autotür.

Simba und Nala sprangen hechelnd über ihn hinweg, plumpsten auf den Boden und jagten sich gegenseitig bellend um den Wagen. Mexi stieg schwankend aus dem Auto und blickte sich entsetzt um. Wo immer sie gelandet waren, das war sicher nicht das Paradies.

Einsam parkte der Kombi auf einem Waldparkplatz vor einem windschiefen Holzhaus. Das Gebäude stand zwischen dunklen Tannen auf einem kleinen Hügel, sodass es um einiges größer schien, als es in Wirklichkeit war. Es erinnerte Mexi an eine riesige Kuckucksuhr. Eine Kuckucksuhr, die von einem verrückten Uhrmacher entworfen worden war.

Das Haus war ganz aus schiefen Holzbrettern gezimmert, die, nicht überraschend, schiefe Wände und ein schiefes Dach bildeten. Dichte Efeuranken wucherten überall. Mexi hatte das mulmige Gefühl, als könnte das Haus jeden Moment von den Schlingpflanzen in den Boden gezogen werden. Die hell erleuchteten Buntglasfenster schienen Mexi anzustarren. Auf einem verwitterten Holzschild am Parkplatz stand in krakeliger Schrift: Romantik-Pension »Zum Hexenwalder Tal«. Darunter waren ein struppiger Hexenbesen und ein dampfender Kessel geschnitzt worden.

»Hier wollt ihr Urlaub machen?«, fragte Mexi, der noch nie in seinem Leben so ein merkwürdiges Gebäude gesehen hatte.

»Wunderbar, oder!?«, trällerte sein Vater und atmete hörbar die würzige Waldluft ein. »Dieser altertümliche Charme!« Er war bereits eifrig damit beschäftigt, das Gepäck aus dem Kofferraum auf dem Parkplatz zu verteilen. »Siehst du, Schatz, es ist gar nicht so schlecht, dass ich mich verfahren habe! Wären wir früher hier gewesen, hätten wir bei unserer Ankunft nicht so einen schönen Sonnenuntergang gehabt!«

»Also, ich finde, der Laden sieht etwas … morsch aus«, sagte Mexi skeptisch. »Und unheimlich …«, fügte er leise hinzu.

Mexis Mutter legte ihm eine Hand auf die Schulter und seufzte zufrieden. »Hach, also ich finde es total romantisch.«

Romantisch? Von wegen!, dachte er und zuckte halbherzig mit den Schultern. Egal, wie gut das Angebot gewesen war, das seine Mutter gefunden hatte, ein Urlaub in dieser Bruchbude war selbst geschenkt noch zu teuer.

Simba und Nala tapsten über seine Füße und winselten ungeduldig.

»Geh doch mal kurz mit den beiden zum Wald rüber«, schlug seine Mutter vor. »In der Zwischenzeit helfe ich deinem Vater mit den Koffern.«

Mexi nickte. Die Hunde mussten ganz bestimmt mal. »Kommt!«, rief er. »Wir suchen euch einen hübschen Baum. Vielleicht finden wir unterwegs ja sogar ein richtiges Hotel, das nicht aussieht wie eine Geisterbahn.«

Zusammen mit den Hunden schlurfte er ein paar Meter über den Parkplatz bis zu einem Wanderweg, der an der Pension vorbeiführte. Simba und Nala sprangen sofort bellend voraus und liefen ein Stück in den düsteren Wald hinein.

Das hier war also der Hexenwald. Mexi fand, dass er nicht besonders einladend aussah. Der torfige Boden war nass und sumpfig. Merkwürdige lila Flechten hingen wie gespenstische Fetzen von den Ästen, und komische Knubbel-Pilze wuchsen auf der Rinde der knotigen Bäume. Unter den Waldduft mischte sich außerdem ein ganz anderer merkwürdiger Geruch. Das war doch … Zimt?! Sofort musste er an die leckeren Pfannkuchen seiner Mutter denken. Der Geruch schien aus Richtung der Pension herüberzuwehen.

So spät am Abend noch Pfannkuchen?, wunderte sich Mexi.

Simba und Nala störte der Geruch nicht. Sie hatten einen ansprechenden Baumstumpf gefunden und ließen ihrer Natur freien Lauf.

Gerade als die beiden alles erledigt hatten, hörte Mexi ein Rascheln aus dem Wald. Auch die Hunde spitzten die Ohren. Dann fingen sie an zu kläffen. Etwas machte die beiden nervös! Es war schon so dunkel, dass Mexi Mühe hatte, zu erkennen, was genau die beiden gefunden hatten. Er kniff die Augen zusammen und spähte genauer in den Wald.

Da! Im Zwielicht zwischen den Baumwipfeln, waren da nicht zwei leuchtende Augenpaare aufgeblitzt, die ihn anstarrten? Saß etwa jemand auf dem Ast? Mexi meinte, ein Mädchen mit langen dunklen Haaren zu erkennen. Und hockte da ein schwarzer Wolf neben ihr?

Nein, für einen Wolf war das Tier nicht groß genug. Es war eher eine … dicke, struppige schwarze Katze?

Mexi wollte dem geheimnisvollen Mädchen etwas zurufen, als …

»Meeexi?«, hörte er seine Mutter. »Wo bleibst du?«

Nur für einen Moment drehte sich Mexi nach der Stimme seiner Mutter um, und als er wieder zum dunklen Waldweg zurücksah, waren das Mädchen und die Katze verschwunden.

»What the …«, murmelte Mexi und kratzte sich den Dino-Kopf. Hatte ihm seine Fantasie etwa einen Streich gespielt?

Er rief nach Simba und Nala, und zusammen liefen sie zurück zum Parkplatz der Pension, wo seine Eltern neben einem riesigen Kofferstapel schon auf sie warteten.

»Ah, da bist du ja«, sagte seine Mutter. »Dein Vater hat sich beim Koffertragen einen Hexenschuss geholt! Und das im Hexenwald!« Sie hatte Mühe, nicht zu kichern.

»Ach, halb so schlimm!«, log Mexis Papa vollbepackt und mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Aua! Oje! Das geht ja gut los.«

»Kannst du bitte mit anpacken, Mexi?« Sie selbst schnappte sich zwei Koffer und drei Taschen.

»Kein Problem«, antwortete Mexi, schulterte seinen Rucksack und klemmte sich einen der Koffer unter den Arm. Dann lief er zusammen mit seinen Eltern und den beiden Möpsen den Hügel zur Pension hinauf.

Die Sonne war mittlerweile schon fast komplett untergegangen, und die mit Spinnweben zugesponnenen Wandlampen neben dem Eingang flackerten wie betrunkene Glühwürmchen im Dämmerlicht. Weil Mexis Mama ihre Hände brauchte, um das schwere Gepäck zu tragen, schob sie die große Eingangstür der Pension mit dem Fuß auf.

Sie betraten ein kleines Foyer. Ein Schwall aus abgestandener Luft wehte ihnen ins Gesicht. Irgendwann mochte die Pension mal hübsch ausgesehen haben, doch diese Zeiten waren lange, laaaange vorbei. Der knarzende Dielenboden war mit einem ausgeblichenen roten Teppich ausgelegt. Klobige Stehlampen spendeten warmes Licht, das sich wie leuchtender Nebel im Raum verbreitete. Neben dem Backsteinkamin, in dem ein kleines Feuer vor sich hin knackte und knisterte, stand ein durchgesessener roter Samtsessel. Die holzvertäfelte Rezeption am anderen Ende des Raumes war genauso seltsam schief und krumm gezimmert wie der Rest des Hauses.

»Woah«, sagte Mexi verblüfft. »Riecht ihr das auch?«

Es roch schon wieder so lecker wie draußen! Nach Zimt. Nur diesmal war der Duft noch intensiver. Er schien aus den zahlreichen Ritzen der mit Blumentapete beklebten Wände zu strömen.

»Ich rieche nichts«, sagte seine Mutter und schaute sich begeistert um. »Sieh doch nur, Liebling! Wie schön urig es hier eingerichtet ist. Hach, genau so habe ich es mir vorgestellt!«

»Ja, wunderschön«, sagte Mexis Papa und lächelte gequält. »Aua! Meine Bandscheiben.«

Er ließ einen der Koffer fallen, dann den zweiten, als wäre es Absicht gewesen. Mexi und seine Mutter stellten das restliche Gepäck ebenfalls ab und liefen über den roten Teppich zur Rezeption.

Hinter dem Tresen war niemand. Nur eine mit schwarzem Leder beschlagene Tür, die in einen Raum hinter dem Empfang führen musste.

»Komisch«, sagte Mexis Mutter. »Niemand da. Und eine Klingel sehe ich auch nicht.«