Miez Marple und die Pfote des Todes - Fabian Navarro - E-Book
SONDERANGEBOT

Miez Marple und die Pfote des Todes E-Book

Fabian Navarro

0,0
9,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Miez Marple ist zurück! Ein neuer Fall für die scharfsinnige Katzendetektivin.

Als ihr Gefährte Kater Watson von einem verschwundenen Straßenkätzchen erzählt, ist Katzendetektivin Miez Marple überzeugt, dass der kleine Streuner schnell wieder auftauchen wird. Doch sie wird eines Besseren belehrt. Denn hinter dem Verschwinden des Kätzchens verbirgt sich ein Fall, der sogar ihr das Fell zu Berge stehen lässt. Miez Marple, Watson und die Taube Betti nehmen die Ermittlungen auf. Dabei stoßen sie auf eine mysteriöse Mordserie und wohnen düsteren Treffen auf Friedhöfen bei. Doch Miez Marple und ihr Team sind fest entschlossen, den Fall zu lösen und dem Bösen ihre flauschige Stirn zu bieten.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 237

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


Buch

Als ihr Gefährte Kater Watson von einem verschwundenen Straßenkätzchen berichtet, ist Katzendetektivin Miez Marple überzeugt, dass der kleine Streuner schnell wieder auftauchen wird. Doch sie wird eines Besseren belehrt. Denn hinter dem Verschwinden des Kätzchens verbirgt sich ein Fall, der sogar ihr das Fell zu Berge stehen lässt. Miez Marple, Kater Watson und die Taube Betti nehmen die Ermittlungen auf. Dabei stoßen sie auf eine mysteriöse Mordserie und wohnen düsteren Treffen auf Friedhöfen bei. Doch Miez Marple und ihr Team sind fest entschlossen, den Fall zu lösen und dem Bösen die flauschige Stirn zu bieten.

Autor

Fabian Navarro, geboren 1990, ist Autor, Slam-Poet und Kulturveranstalter. Nach seinem Literatur- und Philosophiestudium in Hamburg zog er nach Wien. Seit 2008 tritt er bei Lesebühnen und Poetry-Slams auf, gewann mehrere Landesmeisterschaften und wurde 2017 bei den deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaften Vizemeister. Daneben programmierte er Eloquentron3000 – einen Bot, der Gedichte schreibt und u. a. im Technischen Museum Wien ausgestellt wurde. 2023 erhielt Fabian Navarro das Arbeitsstipendium für Literatur der Stadt Wien. Seine Bücher um die smarte Katzendetektivin Miez Marple erscheinen im Goldmann Verlag.

Fabian Navarro

Roman

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Originalausgabe November 2023

Copyright © 2023 by Fabian Navarro

Copyright © 2023 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Covergestaltung: Favoritbüro, München

Covermotiv: © shutterstock/MARCUSZ252, Perunika

KN · Herstellung: ik

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-30967-1V002

www.goldmann-verlag.de

Eins

Miez Marple starb. Vor Langeweile. Sie tat das, was einer Katze am besten liegt: jammern. Sie beschwerte sich bei jeder Gelegenheit: wenn das Futter zu früh kam, wenn das Futter zu spät kam, wenn das Futter kam, aber nicht die richtige Temperatur hatte, wenn es im Haus zu laut war, wenn es im Haus zu leise war, wenn man ihr zu viel oder zu wenig Aufmerksamkeit schenkte. Sie rekelte sich in ihrem gepolsterten Korb, streckte alle Gliedmaßen von sich und gähnte, sodass sich ihr Gesicht in eine mit Fangzähnen bewährte Grimasse verwandelte – die Fratze der Langeweile. Dabei hatte sie seit ihrem spektakulären Comeback vor einem Jahr alle Pfoten voll zu tun: Räuberische Hundebanden, terroristische Kanarienvögel und die Katzengrasmafia um Don Katzino sorgten für eine hohe Auftragslage in der Katzendetektei. Vor einem Monat hatte sie den gemeingefährlichen Betrüger Catsanova überführt, der sich bei älteren Katzendamen einschmeichelte, um sie dann um ihr gesamtes Futter zu bringen. Der dreiste Kater trieb es mit seiner Manipulation oft so weit, dass er die Menschen gegen ihre eigenen Katzen aufbrachte. Das hatte zur Folge, dass einige von ihnen sogar im Tierheim landeten, während er es sich in den warmen Körben seiner Opfer gemütlich machte. Miez Marple war über diese moralischen Abgründe nicht verwundert. Sie kannte die Stadt seit vielen Jahren und wusste, dass sie ständig neue Blüten der Bosheit hervorbrachte. Doch so aufregend der Job als Detektivin auch sein mochte: Wie in jedem Beruf setzte nach einiger Zeit eine gewisse Routine ein. Katzen kamen zu ihr, miauten herzzerreißend ihr Leid heraus und erwarteten, dass Miez Marple augenblicklich ihr Feuchtfutter der trockenen Heizungsluft überließ. Zwar liebten die meisten Katzen es, wenn ihr Alltag durch wiederkehrende Rituale strukturiert war, doch Miez Marple war nicht wie andere Katzen. Sie empfand die ständige Wiederholung als äußerst zermürbend.

Was sich jedoch seit ihrer Rückkehr geändert hatte, war ihre neu gewonnene Popularität. Ohne ihr Zutun versank die Stadt schneller im Chaos, als man miauen konnte, und das hatte die Öffentlichkeit nun endlich begriffen. Miez Marple war vor dem spektakulären Fall um Lady McPointer keineswegs eine Unbekannte gewesen, aber jetzt, jetzt war sie ein Star: Man lud sie zu feinen Abendessen in den besten Lokalen der Stadt ein, fremde Katzen und Kater grüßten sie euphorisch auf der Straße und wollten Fotos mit ihr machen, und selbst die Bellt-Zeitung berichtete beinahe neutral über sie. Auch um das literarische Werk der flauschigen Ermittlerin hatte sich eine kleine Fangemeinde gebildet. Ihr Lyrik-Blog Synkopen und Pfoten hatte mehrere Hundert Zugriffe am Tag, worüber sie sich immens freute. Ihre letzte Arbeit – ein Versepos über Lichtquadrate auf dem Fußboden – war jedoch unvollendet geblieben. Um sich inspirieren zu lassen, hatte Miez Marple die Vorhangstangen in sämtlichen Räumen heruntergerissen. Dies hatte ihr augenblicklich einige Schelte durch die Menschenfrau Agathe Christiansen eingebracht, die in ihrem einfältigen menschlichen Zorn jede Eingebung vertrieb. Das einzig brauchbare Fragment ruhte in einem versteckten Ordner auf Agathes Laptop:

Sie liegen am Boden und locken

die Formen aus goldenem Schein

du siehst mich drin baden und hocken

los rolle dich mit mir dort ein

Gerade wollte sich die Katzendetektivin aufmachen, um an das Geschriebene anzuknüpfen, als die Katzenklappe klapperte und Kater Watson das Wohnzimmer betrat.

»Watson, mein Lieber, schön, dich zu sehen«, sagte Miez Marple und schnurrte.

»Miez, meine Teuerste, es gibt wieder Arbeit!«

»Sehr gut, vor Langeweile wird mein Fell schon ganz grau. Ich hoffe, du hast etwas Gutes für mich«, schnurrte Miez Marple.

»In der Tat gibt es eine ganze Reihe an Begebenheiten, die alle deiner Aufmerksamkeit bedürfen. Doch zunächst wollte ich dich fragen, wie es mit den Fällen steht, die ich dir vor zwei Wochen habe zukommen lassen. Ich warte da noch immer auf deine Einschätzung zu der verschwundenen Plüschmaus von Felicity Fellball.«

Watson stellte erwartungsvoll die Ohren auf.

»Das war ein ernst gemeinter Fall, Watson?! Ich dachte, das sollte ein Witz sein! Felicity Fellball ist bekannt dafür, dass sie ihre persönlichen Gegenstände über die ganze Stadt verteilt und irgendwo versteckt, als wäre sie ein zu groß geratenes Eichhörnchen.«

Miez Marple hatte sich in ihrem gemütlich eingerichteten Korb aufgerichtet und streckte sich ausgiebig.

»Nun gut, ich werde die üblichen Depots von Fellball in Augenschein nehmen. Wie steht es um den spukenden Hund im Baskervillage?«

»Ach, Watson, von wem war dieser Fall? Gisbert Puschel? Wohnt der nicht neben dem alten Chemiepark im Industriegebiet? Bei den Dämpfen, die da aus dem Boden wabern, würde ich auch Geisterhunde sehen – vielleicht sollte ich mir dort mal Inspiration für meine Gedichte suchen.«

Die Katzendetektivin gluckste über ihren Scherz. Sie sah, dass Watson um Fassung rang. In letzter Zeit hatte es immer wieder Diskussionen zwischen den beiden gegeben. Anders als Watson wollte Miez Marple nicht gleich jedem Fall üblen Nachmiauens mit dem gleichen Eifer nachgehen, mit dem sie einen Mordfall untersuchte. Schließlich hatte sie nur neun Leben. Aber Watson war immer so schrecklich seriös und behandelte alle Anliegen, die in der Detektei eintrudelten, mit größtem Ernst.

»Miez, was ist denn mit den verschwundenen Straßenkätzchen, von denen ich dir erzählt hatte? Das wird dir doch sicher –«

In dem Moment unterbrach sie ein Klopfen am Fenster. Draußen stand eine Taube und pickte mit ihrem Schnabel gegen das Glas. Sie stand etwas schräg, weil eines ihrer Beine kürzer als das andere war.

»Oh, es ist Betti!«, rief Miez Marple vergnügt und sprang auf das Fensterbrett, um ihre Freundin hereinzulassen.

»Miez und Watson! Wie schön, euch zu sehen«, sagte die Taube und wandte sich dann an Miez Marple. »Ist die Menschenfrau weg, oder muss ich mich darauf einstellen, wieder mit dem Besen verjagt zu werden?«

Miez Marple schüttelte den Kopf. »Keine Sorge, Betti. Agathe ist mit ihren Menschenfreundinnen unterwegs und wird wie immer spät in der Nacht nach Hause kommen. Dann wird sie seltsam riechen und so lange schlafen, dass ich morgen besonders hartnäckig sein muss, wenn ich Frühstück haben will.«

Die Taube flatterte herein und setzte sich auf den Esstisch, wo sie erleichtert die Reste von Agathes Croissant verspeiste. Als sie damit fertig war, sah sie Miez Marple mit großen Augen an.

»Liebste Miez, du glaubst ja nicht, was mich heute hierherführt. Das Schicksal meint es gut mit dir!«

Um Betti nach dem Tod ihres Gatten Berti etwas Ablenkung zu verschaffen, hatte Miez Marple die Taube kurzerpfot zu ihrer PR-Agentin gemacht, die alle öffentlichen Auftritte der berühmten Katzendetektivin verwaltete. Sie kümmerte sich um Stellungnahmen zu abgeschlossenen und öffentlichen Fällen und wimmelte die Bellt-Zeitung ab und hielt andere Tratschmedien auf einer gesunden Distanz.

»Ich habe dir durch eifriges Herumzwitschern einen Spot in Larrys Show organisieren können!«

»Larry dem Leguan?«, Miez Marple schnurrte begeistert auf. Die Talkshow mit Larry dem Leguan, Echstravaganza Live!, war die beliebteste Online-Sendung der Stadt. Alle Tiere mit Rang und Namen waren dort zu Gast. Von Kitty Purry über Florian Silberschweif bis hin zu Magret Scratcher – wer bei Larry dem Leguan war, hatte es geschafft.

»Wunderbar, wann ist der Termin?«

»Das ist es ja gerade, die Aufzeichnung ist heute. Es gab einen kurzfristigen Ausfall, weil der Hasenzauberer Löffelbein sich bei einer seiner Shows verletzt hat. Also los, los, liebe Miez!«

Miez Marple wollte gerade zur Tür rennen, als Watson sich ihr in den Weg stellte.

»Miez, du weißt, ich konfrontiere dich nicht gerne mit dieser Tatsache, aber dein Name steht für die Kanzlei, und du trägst eine Verantwortung der Stadt gegenüber!«

»Und diese werde ich auch wahrnehmen, lieber Watson. Aber was die Tiere dieser Stadt brauchen, ist Hoffnung, und die werde ich ihnen geben. Der Fall kann warten. Die paar entlaufenen Kätzchen finde ich dir schneller wieder, als du Miau sagen kannst.«

Mit diesen Worten huschte sie durch die Katzenklappe und hinterließ einen düster dreinblickenden Watson, der frustriert am Teppich kratzte.

Das Studio von Echstravaganza Live! befand sich im Garten einer Vorstadtvilla. Das Grundstück lag etwas abseits und grenzte an ein Waldstück. Hier hatte der Mensch, bei dem Larry der Leguan lebte, dem Echsenmoderator eine große Außenanlage zur Verfügung gestellt. Die Herbstsonne schien angenehm warm und ließ den Teich in der Mitte des Rasens funkeln. Ins Wasser führte ein kleiner Steg, der als Bühne fungierte. Drum herum wuchsen Pflanzen, die während der Sommermonate prächtig blühten, wie Miez Marple aus den Videos der Show wusste. Auf der Regenrinne des Hauses saßen einige Vögel, die das Ankommen der Katzendetektivin kommentierten.

»Ersatzkatz – nach dem Ausfall von Starzauberer Löffelbein will Miez Marple beim Leguan verzaubern. Ob das gut geht?«, zwitscherte ein Spatz.

»Ist die nicht in letzter Zeit ständig in Interviews? Wird langsam öde«, rief eine Drossel.

»Ich hoffe, sie liest nicht schon wieder eines ihrer Gedichte vor«, antwortete ein Rotkehlchen, das Miez Marple schon seit einiger Zeit im Visier hatte. Doch die Katzendetektivin hatte gelernt, derlei Gemeinheiten als Hintergrundrauschen ihres Ruhmes zu verstehen. Es war ein plappernder Abgrund, der absolut harmlos war, solange man nicht in Versuchung kam, in ihn hineinzumiauen. Betti und Miez Marple kamen an den Eingang des Studios – ein Loch im Gartenzaun. Gerade wollten sie hindurchschlüpfen, als aus dem Gras etwas auf sie zugeschlängelt kam und sich etwas unbeholfen aufrichtete:

»Ach, na endlich sind Sssie da! Ich warte schon eine halbe Ewigkeit. Sssybylle Zisch mein Name. Ich bin die Aufnahmeleiterin«, sagte die schuppige Gestalt, und aus ihrem geöffneten Maul zuckte nervös ihre Zunge hervor. »Kommen Sssie schon, wir haben nicht den ganzzzen Tag Zzzeit, dasss Licht wird nicht bessser, wenn wir hier stehen bleiben.«

Miez Marple wollte ihrem hektischen Empfangskomitee folgen, doch da merkte sie, dass Betti hinter ihr erstarrt war.

»Was ist los, Betti? Alles in Ordnung? Komm schon, ich brauche dich hier!«, sagte Miez Marple.

»Ich kann nicht. Miez, ich habe Angst vor …«, sie senkte die Stimme, »vor Schlangen.«

»Ssso ein Quatsch«, fuhr Sybylle Zisch dazwischen. »Ich bin eine Blindschleiche, aber weder blind noch taub. Dass Einzige, wasss ich fresse, sind Schnecken, aber wenn Sssie weiterhin hier den Betrieb aufhalten, halte ich Sssie womöglich noch für eine!«

Zögernd und mit etwas Abstand folgte Betti Miez Marple und der Aufnahmeleiterin zur Mitte des Gartens. Je weiter sie gingen, desto deutlicher offenbarte sich ihnen die Maschinerie hinter der Show. Zwei Schildkröten mit kleinen Kameras auf ihren Panzern brachten sich gegenüber dem Steg, auf dem die Show stattfinden würde, in Position. Dort saß bereits ein buntes Publikum aus Vögeln, Katzen und einem Cockerspaniel, der aufpasste, dass niemand gefressen wurde. Vor dem Publikum huschte eine Zauneidechse als Warm-up hin und her und erzählte ein paar Witze, damit die Menge, sobald die Show begann, auch gut gelaunt war.

»Kennt ihr das, wenn ihr so die Wand hochrennt und oben feststellt, dass ihr unten etwas vergessen habt, und noch mal komplett zurückrennen müsst? Meganervig.«

Das Publikum, insbesondere die Reptilien und ein Eichhörnchen, johlte. Die Eidechse fuhr fort: »Letztens war ich mit meinem Freund essen, und er meinte, ob ich mich schon wieder gehäutet hätte, und ich so: Nein?! Ich sehe immer so fantastisch aus?!«

Die geschuppte Komikerin wartete ein paar Lacher ab.

»Jedenfalls ist er jetzt mein Echsfreund.«

Ein Gecko im Publikum fiel vor Lachen von dem Ast, auf dem er gesessen hatte.

»Warten Sssie hier. Wenn das Warm-up durch issst, kommt Larry auf die Bühne und moderiert Sssie an. Bleiben Sssie einfach Sssie selbst und beantworten Sssie einfach ssseine Fragen.«

Miez Marple nickte, verdrehte aber die Augen, als Sybylle wegsah. Sie hatte diese Show schon so oft gesehen, dass sie wusste, wie das hier ablaufen würde. Schließlich war sie Profi. Das Publikum jubelte der Zauneidechse zu, die mit dem Kopf nickte, was wohl ihre Art einer Verbeugung war.

»Nächste Woche steht hier an meiner Stelle mein Kollege, der Gagcko, ich war Susi Spassilisk, und nun viel Spaß mit Larry dem Leguan!«

Die Schildkröten sahen sich an und drehten sich mit ihren Kameras so, dass sie eine Stelle zwischen den Pflanzen filmten. Aus dem Off zischte eine Stimme: »Sehr geehrte Echsen, Schlangen und Tiere, deren Fell schuppig ist! Herzlich willkommen zu Echstravaganza Live! Heißen Sie den Moderator der heutigen Show willkommen. Hier ist für Sie: LARRYDERLEGUAN!«

Ein Zischen, Zwitschern, Miauen und Bellen erhob sich, als Larry der Leguan zwischen den dichten Halmen hervortrat. Sein glänzender Kopf erinnerte an einen Dinosaurier. Seinen Rücken zierte ein prächtiger Schuppenkamm, und von seinen Nasenlöchern bis zu seinem Schwanzende maß er weit über einen Meter Länge. Züngelnd lächelte er ins Publikum, während er sich mit seinen martialischen Klauen seinen Weg zur Bühne bahnte. Als sich der Lärm gelegt hatte, sah Larry noch eine Weile ins Publikum. Das machte er immer. Wenn die Menschen Aufzeichnungen von der Show sahen, dann war es für sie nur ein weiteres »Cat reacts to green iguana«-Video, aber für alle anderen Tiere war es das größte Highlight der Woche. Miez Marple ließ ihren Schwanz vor Aufregung in leichter S-Form hin und her schwingen.

»Denk immer dran«, sagte Betti und stupste die Katzendetektivin in die Seite, »du erzählst einfach von deinen Fällen und bist so charmant wie eh und je!«

Miez Marple nickte. Larry begrüßte das Publikum und machte ein paar Einstiegsgags, die sich auf das aktuelle Tagesgeschehen der Stadt bezogen.

»Und habt ihr schon gehört? Magret Scratcher – diese Bitterkeit auf vier Pfoten – hat ihr Wahlprogramm vorgelegt. Und ich war überrascht! Nein, wirklich wahr! Sie verspricht mehr Fairness, mehr Futter für alle, mehr Sicherheit auf den Straßen. Das – also ich würde sie wählen.«

Ein Gemurmel ging durch die Reihen, als die Katzenbürgermeisterin erwähnt wurde.

»Ehrlich, ich würde sie wählen. Also wenn ich weniger prächtige Schuppen hätte. Und mehr Fell. Und Schnurrhaare. Und noch mehr Geltungsbedürfnis. Kurz gesagt: Ich würde sie wählen, wenn ich eine Hauskatze wäre.«

Erleichtert lachte das Publikum auf. Larrys Show war besonders beliebt bei jenen Tieren, die nicht von Scratchers Gesetzgebung profitierten. Zwar sollte die Katzenbürgermeisterin das friedliche Zusammenleben aller Tiere in der Stadt regeln, aber in den letzten Jahren hatten sich die juristischen Vorgaben immer mehr in eine Richtung entwickelt, die besonders Hauskatzen bevorzugte. Die Katzenpolizei ging immer härter gegen Straßenkatzen, Hunde, Vögel und andere Lebewesen vor. Unter dem Deckmantel der Sicherheit gab es immer wieder Ausgangssperren für Klein- und Nagetiere, und jene, die sich nicht daran hielten, wurden einfach für fressfrei erklärt. Das hatte große Unruhen nach sich gezogen, die schließlich in Kriminalität und Gewalt kumulierten.

»Wo wir gerade bei Stubentigern sind! Wir haben heute eine kleine Berühmtheit zu Gast, die sich in der Vergangenheit immer bemüht hat, für wirkliche Fairness zu sorgen! Bitte heißt sie willkommen, die berühmteste Detektivin der Stadt: Miez Marple!«

Betti stieß sie an. »Los, du schaffst das!«, gurrte sie ihrer Freundin zu.

Miez Marple ging unter dem Jubel des Publikums auf den Teich zu. Vorsichtig setzte sie eine Pfote auf den Steg und nahm mit etwas Abstand vor dem Leguan Platz.

»Miez Marple, herzlich willkommen!«, sagte Larry und nickte ihr zu.

»Danke für die Einladung, Larry. Ich bin ein großer Fan der Show«, antwortete Miez Marple.

»Wirklich? Hochinteressant! Das ist aber ungewöhnlich für eine Katze.«

Miez Marple klappte verwundert die Ohren nach hinten. »Wieso? Sie haben doch auch Katzen im Publikum.«

»Schätzchen, hier sitzt die Straße!«, rief ein Kater ihr zu. Es wurde gekichert. Doch Larry blieb ernsthaft, züngelte kurz und bohrte noch einmal nach: »Sie ermitteln seit einem Jahr wieder, Miez Marple. Glauben Sie, die Stadt hat sich verändert?«

Die Katzendetektivin überlegte kurz und putzte ihre Vorderpfote. Wenn sie so drüber nachdachte, waren die größeren Fälle, die sie untersucht hatte, schon recht grausam gewesen. Vor Catsanova hatte sie den Fall mit den gehackten Futterautomaten gelöst. Ein abtrünniges Mitglied vom Chaos Cat Computer Club hatte die computergesteuerten Fütterungsmaschinen umprogrammiert, sodass sie zu völlig anderen Zeiten ausgelöst wurden. Der Hacker schnappte sich das Futter, wenn die Katzen und Kater schliefen, und wenn die dann ihre Menschen später hungrig anmiauten, so glaubten diese, ihre Vierbeiner hätten schon gegessen. Miez Marple räusperte sich und sagte dann: »Also, ich glaube, dass die Angst zugenommen hat, Larry. Es sind dunkle Zeiten, aber ich denke, ich …«

Doch Larry unterbrach sie: »Hochinteressant! Angst! Können Sie das genauer beschreiben, diese ›Angst‹? Würden Sie sagen, Sie sind gelähmt von ihr?«

Worauf wollte Larry hinaus? Sie hatte eigentlich vorgehabt, ein paar Worte der Zuversicht auszusprechen, schließlich war sie zum Symbol der Hoffnung geworden. Larry kam auf sie zu. Beim Gehen schwabbelte seine Kehlwamme hin und her. Er war ihr jetzt so nahe, dass er fast ihr gesamtes Sichtfeld ausfüllte. Miez Marple räusperte sich erneut.

»Gelähmt? Nein, ich denke nicht. Angst ist häufig nur die Furcht vor dem Unbekannten, und ich habe die Absicht, Licht in dieses Dunkel, in diese Stadt zu bringen!«

»Hochinteressant. Jaja, sehr poetisch, könnte man sagen. Sie sind ja auch Dichterin, nicht wahr?«

»Ja, in meiner Freizeit schreibe ich, und …«, doch Larry unterbrach sie ein weiteres Mal.

»Dann wollen wir doch mal sehen, ob Sie sich hierauf einen Reim machen können, Miez Marple.« Er wandte sich wieder zum Publikum. »Begrüßen Sie hier auf der Bühne unseren Überraschungsgast Kater Pluto!«

Ein schwarzer Kater kam auf die Bühne. Sein Fell wirkte zerzaust, und seine Augen waren leicht eingefallen. Miez Marples Fluchtreflexe machten sich bemerkbar. Sie kratzte sich mit ihrem Hinterbein am Ohr.

»Pluto, herzlich willkommen«, sagte Larry in einem wesentlich freundlicheren Tonfall. Der Kater setzte sich mit ernstem Blick auf die andere Seite neben den schuppigen Moderator.

»Danke, Larry«, sagte er. »Es bedeutet mir viel, dass Sie mich eingeladen haben.«

Miez Marple sah hinüber zu Betti, doch die zuckte nur mit ihren Flügeln und bedeutete der Katzendetektivin, abzuwarten.

»Pluto, können Sie mir und dem werten Publikum erklären, wer Sie sind?«, fragte Larry. »Erzählen Sie uns Ihre Geschichte!«

»Ich wohne im Stadtpark in der Streunerkolonie. Wir haben nicht viel, aber wir haben einander.« Dabei bedachte Pluto die Katzendetektivin mit einem Blick, den sie absolut nicht zu deuten wusste. »Früher war ich ein Hauskater. Ich hatte einen großen Garten und einen modularen Kratzbaum mit zwei Höhlen und drei Plateaus, der über vier Meter hoch war!«

Die Katzen im Publikum raunten. »Aber dann hat meine Partnerin unsere Kätzchen bekommen, und den Menschen, bei denen ich wohnte, hat das gar nicht gepasst. Sie haben die Kleinen genommen und wollten sie im Fluss ertränken!«

Ein empörtes Raunen ging durch das Publikum. Larry sah weiter mit starren Echsenaugen auf den Kater.

»Wir konnten nur ein Kätzchen retten. Ich bin dann von zu Hause abgehauen, und …« Pluto stockte, und seine Schnurrhaare zitterten ein wenig. Ein paar Streuner im Publikum maunzten gerührt. Die Detektivin grub in ihren Erinnerungen, doch egal, wie sehr sie sich bemühte: Dieser Kater kam ihr in keiner Weise vertraut vor.

»Miez Marple«, sagte nun Larry und wandte sich wieder an die flauschige Ermittlerin. »Sie kennen Kater Pluto nicht zufällig, oder?«

Larry sah sie prüfend an. Miez Marple blickte hinüber zu dem fremden Kater, der sie ebenfalls erwartungsvoll beobachtete. Und da ahnte sie plötzlich, was hier gespielt wurde. Sie sollte dem armen gebeutelten Kater Mut zusprechen! Oft wurden prominente Kater und Katzen dafür eingesetzt, Fans aufzumuntern, die es im Leben besonders schwer hatten. Florian Silberschweif zum Beispiel gab oft Benefizkonzerte vor der Notaufnahme der Tiernotfallambulanz. Sie räusperte sich und sagte: »Es tut mir sehr leid, was Ihnen passiert ist. Aber wenn Sie wollen, können wir gerne ein gemeinsames Foto machen, oder ich kann Ihnen ein Autogramm …«

Pluto fauchte. »Sie sind ja noch aufgeblasener, als ich dachte!«

»Hochinteressant! Hochinteressant!«, jauchzte Larry. »Sie kennen Miez Marple also durchaus, Pluto?«

»Natürlich kenne ich die! Überall spielt die sich auf! Selbst bei den Kötern von der Bellt-Zeitung geht die hausieren! Aber wenn mal wirklich jemand Hilfe braucht …« Hier stoppte Pluto.

»Hochinteressant! Also, diese Hilfe, von der Sie da sprechen: Was meinen Sie genau damit? Was ist Ihr Problem?«

»Mein Baby, mein Kätzchen Brösel ist einfach verschwunden und nicht wieder aufgetaucht. Seit Tagen sind meine Gefährtin und ich auf der Suche nach ihm, wir haben kein Auge zugetan, seit Brösel weg ist.«

»Und Sie haben sich an diese Katze da gewandt?«, fragte Larry und sah mit einem giftgelben Auge zu Miez Marple herüber.

»Pah, man erreicht diese Wichtigtuerin ja gar nicht! Überall heißt es, Miez Marple hier, Miez Marple da, aber was hat sie schon geleistet? Den Mord an einem Menschen aufgeklärt und einen reichen Schlagerstar gerettet. Den Rest hat sie ohnehin von anderen erledigen lassen. Und dann diese fellsträubende Story von Keimen im Trinkwasser und Experimenten an Katzen – das klingt doch alles nach Science-Fiction und ausgedacht! Da glaub ich eher, dass Menschen reden können. Wer war schon dabei und kann bestätigen, dass das nicht auch eines ihrer schlechten Gedichte ist?!«

Pluto redete sich in Rage und machte einen Buckel vor Miez Marple. Aus dem Hintergrund schaltete sich Betti ein: »Ich! Ich war dabei und mein Berti, er …«, doch das Publikum kreischte sie so lange an, bis sie den Schnabel hielt. Larry ignorierte den Einwand der Taube ebenfalls, und als sich der Lärm gelegt hatte, fuhr er fort: »Also würden Sie sagen, dass Miez Marple nicht helfen wollte?«

»Ich habe mich immer wieder an diesen Watson gewandt, der die Drecksarbeit für die feine Mieze hier macht. Der war zwar höflich, doch am Ende auch nichts als ein heuchlerischer Flohsack. Was die beiden interessiert, ist nur, wie sie möglichst nah an Magret Scratchers Hinterteil schnuppern können!«

Miez Marple hatte genug. Man konnte Watson und ihr vieles vorwerfen, aber das hier ging eindeutig zu weit. Sie stand auf und rannte auf den Kater zu. Sie wollte ihn zur Rede stellen, ihm seine Gemeinheiten aus der zerzausten Schnauze hauen, doch der Steg unter ihr gab mit einem Mal nach, und so landete die Katzendetektivin mit einem gewaltigen Platscher im Teich. Die Menge johlte.

»Hochinteressant! Die dunkle Seite der Miez Marple. Hochinteressant, hochinteressant!«, rief Larry sardonisch ins Publikum. Mit weicherer Stimme richtete er sich an Pluto, der nun zitternd auf dem Steg saß und ins Leere starrte: »Wir wünschen Ihnen, Pluto, alles Gute und hoffen, dass Sie Ihr Kätzchen alsbald wiederfinden. Wenn Sie da draußen Hinweise auf ein Kätzchen haben, das ohne Eltern durch die Stadt streift, melden Sie sich bei unserer Show. Wir sehen uns nächste Woche wieder, wenn es wieder heißt: Echstravaganza Live!«

Miez Marple strampelte unter dem Gekreisch des höhnischen Publikums aus dem grünen Nass und schleppte sich beschämt durch das Loch im Zaun davon. In ihrer Nase lag der Geruch von Algen, brackigem Wasser und Scham. Im Hintergrund hörte sie, wie die Vögel von der Regenrinne in die Luft stiegen und in die Stadt hinauszwitscherten:

»Die Reinfälle der Miez Marple – Katzendetektivin blamiert sich bei Larry dem Leguan!«

»Die Peinlichkeit trägt Fell. Miez Marple, die Selbstgerechtigkeit auf vier Pfoten!«

»Hoffentlich schaut sich Miez Marple einen Trick von Löffelbein dem Hasenzauberer ab und verschwindet – für immer!«

Die Katzendetektivin schüttelte sich, glitzernde Tropfen flogen in alle Richtungen. Betti flatterte ihr hinterher, unfähig, auch nur ein Wort von sich zu geben, denn die Taube ahnte, was nun folgen würde.

Zwei

Die Nacht hatte sich über die Vorstadtsiedlung gelegt. Am Himmel hing ein zunehmender Mond, in dessen Licht sich die Zweige der kahlen Bäume wie Echsenklauen in der Dunkelheit festkrallten. Gelegentlich huschten Fledermäuse durchs Geäst auf der Suche nach Motten und Getier. Hier am Stadtrand war nichts zu hören von dem Hupen und Großstadtgekreisch. Einzig das Miauen einer weißen Katze mit schwarzen Flecken zerriss die Stille.

»Warum machen die sich so einen Aufwand, mich derart zu demütigen?!«, rief Miez Marple. »Eine Farce! Ich hätte es ahnen müssen, als dieses niederträchtige Reptil mir bloß halb gare Fragen gestellt hat!«

Betti segelte in respektvollem Abstand über der Katzendetektivin. »Du wirst sehen! Morgen haben das alle wieder vergessen. Mein Berti hat immer gesagt, dass Skandale flüchtiger sind als der Wind«, versuchte die Taube Miez zu beruhigen.

In diesem Moment flog eine Nachtigall vorbei und sang:

»Sich bloß das Fell nicht schmutzig machen – Die große Sonderausgabe zu Miez Marple und ihrem elitären Gerechtigkeitsverständnis. Morgen in der Bellt-Zeitung!«

Schneller, als Betti gucken konnte, war Miez Marple hinter dem Vogel hergesprungen. Sie verfehlte seine Schwanzfedern um Schnurrhaaresbreite und landete in einer Gartenhecke. Die Nachtigall flatterte unter einer Schimpftirade davon. In einem Haus ging das Licht an, und eine Menschenfrau sah mit schlafverquollenem Blick hinter den Gardinen hervor. Miez Marple blickte ihr für einen Moment in das fellfreie Gesicht. Ein bemitleidenswertes Geschöpf, diese Zweibeinerin, wie sie mit ihren schwachen Äuglein die Dunkelheit absuchte, ohne einen Schimmer davon zu haben, was sich in der Welt wirklich abspielte. Nachdem sie sich das Gestrüpp aus dem Fell geleckt hatte, setzte Miez Marple ihren Weg fort.

»Was hast du jetzt vor, Miez?«, fragte Betti vorsichtig, als sie merkte, dass Miez Marple kurz vor ihrem Zuhause abbog. Offenbar hatte sie nicht so bald vor, die heimische Katzenklappe aufzusuchen. Ohne ihren Blick von der Straße vor sich abzuwenden, fauchte sie: »Sie wollen eine Ermittlerin? Die können sie haben!«

Die Stadtteilbibliothek war um diese Uhrzeit selbstverständlich geschlossen. Der einzige Eingang war nun die Katzenklappe in der Terrassentür hinter dem Hauptgebäude. Miez Marple schlich durch den Garten. Watson würde ihr eine Standpauke halten, so viel war klar. Doch zu diesem Zeitpunkt wollte sie nur eins: das lächerliche Verschwinden dieses Kätzchens schneller aufklären, als die Presse ihre hämischen Berichte verfassen konnte. Geräuschlos glitt sie durch die Katzenklappe. Betti hatte sich in der Zwischenzeit draußen auf dem Dach niedergelassen, um sich das Gefieder zu putzen und ihre »Energie neu auszurichten«. Miez Marple war klug genug, Bettis esoterische Marotten nicht zu kommentieren. In Bibliotheken fühlte sich Miez Marple immer wohl. Hier war sie umgeben von den Ideen und dem Wissen Tausender fremder Köpfe. Stimmen, die sich nicht aufdrängten, sondern darauf warteten, von ihr gehört zu werden. Bücher lesen war die höflichste Art der Kommunikation. Ein Buch drängte sich nicht auf und war auch nicht nachtragend, wenn man es mitten im Satz unterbrach und erst Wochen später wieder in die Unterhaltung einstieg. Auch wenn viele der Werke hier Menschen zugeschrieben wurden, so war ihr natürlich klar, dass sich hinter albernen Namen wie Dante Alighieri oder Francesco Petrarca eigentlich Katzen verbargen, die ihre menschlichen Gefährten erst auf die Ideen zu ihren Werken gebracht hatten. Die Zweibeiner hatten meistens nur eine ausführende Rolle. Sie waren fleischige Schreibmaschinen, die sich durch Miauen, Schnurren und niedliche Blicke manipulieren ließen. Clemens Berentatzo, Miauscha Kaléko und Joachim Ringelkatz – das waren die Geister, die beim Lesen zu Miez Marple sprachen. Allerdings hatte die Katzendetektivin zu diesem Zeitpunkt alles andere im Kopf, als sich an der Prosa von Gustave Flauschbert zu erfreuen. Sie schlich durch die Regalreihen und schnupperte nach ihrem Freund.

»Watson?«, rief sie leise. »Watson, mein Lieber, es tut mir leid, dass ich dich so habe abblitzen lassen. Ich verspreche dir, ich werde ab sofort eine brave Katze sein und mich um alle Fälle kümmern, die du mir bringst.«

Stille. Die Katzendetektivin bog in einen Gang und hielt plötzlich inne. Überall auf dem Boden verteilt lagen Bücher, Notizen und herausgerissene Seiten, darunter eine Ausgabe von H. P. Lovecats okkulter Geschichte Der Ruf der Katzhulhus