Militärgeschichte des Mittelalters - Martin Clauss - E-Book

Militärgeschichte des Mittelalters E-Book

Martin Clauss

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Beschreibung

Diese Militärgeschichte des Mittelalters bietet einen Überblick über den Zeitraum von etwa 500 bis 1500. Sie erhellt eine Welt, in der der Krieg allgegenwärtig war: Kein Reich und keine Gesellschaftsgruppe blieben dauerhaft oder langfristig von ihm verschont; jahrhundertelange Friedensphasen – wie im italischen Kerngebiet des antiken Imperium Romanum – kannte das Mittelalter nicht. Der Krieg prägte den Gesellschaftsaufbau dieser Epoche seit den Anfängen des sogenannten Heerkönigtums; stets blieb der mittelalterliche Adel an den Krieg gebunden und blieben die ritteradligen bellatores die in Kriegführung und Gesellschaft einflussreichste Gruppe. Wer auf welche Weise in das Kriegswesen eingebunden war, wie Rekrutierungsmechanismen funktionierten, welche Strategien, Taktik und Bewaffnung man pflegte und wie es um die Kriegsopfer bestellt war, kommt in diesem Band ebenso zur Sprache wie religions-, sozial- und kulturgeschichtliche Fragen, die sich im Zusammenhang der Militärgeschichte des Mittelalters stellen.

Die Geschichte des Militärwesens im Mittelalter wird in diesem Band anschaulich und präzise, spannend und umfassend dargestellt. Leserinnen und Leser erwartet ein großes Panorama – von den Merowingern bis zur Eroberung Konstantinopels, von den Kreuzzügen bis zum Hundertjährigen Krieg, von Schild und Schwert bis zur Erfindung des Schießpulvers, dem Untergang der Ritterkultur und dem Aufkommen der Landsknechtsheere.

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Martin Clauss

MILITÄRGESCHICHTE DES MITTELALTERS

C.H.Beck

Zum Buch

Diese Militärgeschichte des Mittelalters bietet einen Überblick über den Zeitraum von etwa 500 bis 1500. Sie erhellt eine Welt, in der der Krieg allgegenwärtig war: Kein Reich und keine Gesellschaftsgruppe blieben dauerhaft oder langfristig von ihm verschont; jahrhundertelange Friedensphasen – wie im italischen Kerngebiet des antiken Imperium Romanum – kannte das Mittelalter nicht. Der Krieg prägte den Gesellschaftsaufbau dieser Epoche seit den Anfängen des sogenannten Heerkönigtums; stets blieb der mittelalterliche Adel an den Krieg gebunden und blieben die ritteradligen bellatores die in Kriegführung und Gesellschaft einflussreichste Gruppe. Wer auf welche Weise in das Kriegswesen eingebunden war, wie Rekrutierungsmechanismen funktionierten, welche Strategien, Taktik und Bewaffnung man pflegte und wie es um die Kriegsopfer bestellt war, kommt in diesem Band ebenso zur Sprache wie religions-, sozial- und kulturgeschichtliche Fragen, die sich im Zusammenhang der Militärgeschichte des Mittelalters stellen.

Über den Autor

Martin Clauss lehrt als Professor der Universität Chemnitz die Geschichte Europas im Mittelalter und der Frühen Neuzeit. Die Militärgeschichte des Mittelalters bildet einen seiner Forschungsschwerpunkte.

Inhalt

Karte zur Militärgeschichte des Mittelalters

Karte: Die Kreuzfahrerstaaten

Einleitung

1. Die Merowingerzeit (5. bis 7. Jahrhundert): Krieg zwischen Antike und Mittelalter

2. Die Karolinger: Erfolgreiche Reichsbildung durch Krieg

3. Die «Heeresverfassung» unter den Ottonen

4. Ritterideal und technische Neuerungen: Die Kriege des 11.–12. Jahrhunderts

5. Glaubenskampf und Eroberungskrieg: Die Kreuzzüge in den Nahen Osten (11.–13. Jahrhundert)

6. Bouvines und Dürnkrut: Zwei Schlachten formen die Geschichte Europas

7. Fußkämpfer auf dem Vormarsch (14. Jahrhundert)

8. Europa im Kampf: Der Hundertjährige Krieg (1337–​1453)

9. Spätmittelalterliche Städte im Krieg und die Einführung von Pulverwaffen (14.–15. Jahrhundert)

10. Neue Bedrohungen für das Heilige Römische Reich: Kriege gegen die Türken, Hussiten und Burgunder (14.–15. Jahrhundert)

11. Auf dem Weg in die Neuzeit: Stehendes Heer und staatliches Gewaltmonopol (15. Jahrhundert)

Abschließende Betrachtungen

Danksagung

Bildnachweis

Kurzbibliographie

Quellen

Literatur

Personenregister

Ortsregister

Karte zur Militärgeschichte des Mittelalters

Karte: Die Kreuzfahrerstaaten

Einleitung

«Da wurde mit den Schwertern ordentlich zugeschlagen. / Die Christen vermochten kaum, / sich mit den Klingen so viel Raum zu schaffen, / um sich wieder zu sammeln. / Schön geschmückte Ritter / dienten ihnen als Brücke über Blutströme, / manch einer aus Terramers Geschlecht. […] Der Kampf wogte auf und ab / wie eine Gans sich auf den Wellen wiegt. / Das Feld von Alischanz wurde taunaß von Blut» (Wolfram von Eschenbach, Willehalm).

Der Krieg, dessen Bild Wolfram von Eschenbach († um 1220) hier zeichnet, erscheint ausgesprochen blutig und grausam: Die Kämpfer gehen im Wortsinn über Leichen, und das Schlachtfeld ist vom Blut der Toten getränkt. Auf der Alischanz lässt der Dichter eine Schlacht zwischen Heiden unter ihrem König Terramer und den Christen unter Willehalm stattfinden. Auch wenn der Kampf lange und heftig ist, steht sein Ausgang doch fest. Der christliche Gott gibt seinen Streitern Kraft und am Ende den Sieg. Damit sind einige Aspekte des Krieges, um den es in diesem Buch gehen soll, umrissen. Auch wenn die bildgewaltige Sprache Wolframs keine genaue Beschreibung der Wirklichkeit ist, so macht sein Epos doch deutlich, dass Gewalt, Blutvergießen und Opfer als Bestandteile des Krieges angesehen wurden. Mehr noch, die Gewalt der Christen und ihr Resultat wurden positiv ausgedeutet: Heidenblut zu vergießen, machte die christlichen Kämpfer zu Helden. Krieg wurde in etlichen mittelalterlichen Texten eng mit Prestige und dem christlichen Glauben verbunden.

Diese Militärgeschichte des Mittelalters nimmt die Kriege der Epoche in den Blick und einige sozio-kulturelle Phänomene, die damit in Verbindung stehen. Dies schließt Rekrutierungsmechanismen, Strategie, Taktik und Bewaffnung ebenso ein wie religions-, sozial- und kulturgeschichtliche Fragestellungen. Kriege waren im Mittelalter omnipräsent und zentral in Politik und Gesellschaft. Dabei waren einige Aspekte von militärischer Gewalt, die aus einer modernen Sicht vertraut erscheinen, im Mittelalter nicht oder nur in Ansätzen vorhanden. Dazu gehören eine strikte Trennung von zivil und militärisch bzw. Politik und Militär, die Verknüpfung von Krieg mit Staatlichkeit, ein post-heroisches Verständnis von Kriegsteilnahme oder eine weit verbreitete Skepsis gegenüber Gewalt – im Alltag oder als Mittel der Politik. Wenn man sich den mittelalterlichen Zuständen nähert, tut man gut daran, diese modernen Assoziationen zunächst zurückzustellen und sie als Ergebnis einer langen Entwicklung zu begreifen, die im Mittelalter ihren Ausgang genommen hat. Manches an den mittelalterlichen Kriegen kommt uns aber auch sehr bekannt vor, besonders wenn wir weniger an die Kriege unserer Zeit, sondern ihre kulturelle Überformung in Romanen oder Filmen denken. Hier treten uns mitunter Helden und Erzählungen entgegen, die viel mit mittelalterlichen Geschichten gemein haben. Beiden ist eine positiv gedeutete Gewaltausübung der Protagonisten zu eigen, deren Leiden und Kämpfen der Unterhaltung dient. Gewalt wird als unterhaltsam verstanden, solange sie einer als feindlich definierten Gruppe angetan wird. Etliche Aspekte des Kriegsgeschehens interessieren dabei nicht und werden als einer guten Geschichte abträgliche Details ignoriert. Dies führt dazu, dass wir bestimmte Gesichtspunkte der Kriege des Mittelalters nicht kennen, weil erzählende Texte – Chroniken, Annalen, Epen oder Romane – unsere wichtigsten Quellen sind. Die Anliegen einer modernen Militärgeschichte und die Darstellungsabsicht der mittelalterlichen Kriegserzähler klaffen also mitunter weit auseinander. So können wir uns zwar ein ziemlich klares Bild von Heldenkonzeptionen und kriegerischen Idealen machen, erfahren aber oft nur sehr wenig über logistische Maßnahmen. Aus der Ladekapazität von Ochsenkarren und dem Alltagstrott eines Trossknechtes lassen sich kaum spannende Geschichten spinnen, weswegen wir über diese Kriegsteilnehmer nur wenig oder gar nichts lesen können. Dies führt auch dazu, dass wir über die Opfer des Krieges deutlich weniger erfahren als über die aktiven Kämpfer. Das Schicksal der vom Krieg Betroffenen und Gezeichneten verschwindet oftmals hinter Formulierungen wie «das Heer verwüstete das Umland» oder «sie setzten die Stadt in Brand». Die mit diesen knappen Worten umrissenen Manöver hatten gravierende direkte und indirekte Auswirkungen auf die Bevölkerung, ohne dass wir diese genau beschreiben könnten. Wenn die Zahlen besonders hoch oder die Umstände außergewöhnlich waren, berichten die Chroniken auch von Opfern. Als der Frankenkönig Pippin III. (†768) im Jahr 761 gegen den aufständischen Herzog Waifar (†768) zog, eroberten seine Truppen auch die Stadt Clermont. Die Fortsetzung der sogenannten Fredegar-Chronik berichtet hierzu: «Er [Pippin] verwüstete den größten Teil Aquitaniens und zog mit dem ganzen Heer bis zur Stadt Auvergne, eroberte die Festung von Clermont im Sturm und steckte sie in Brand; in diesem Feuer verbrannte eine große Menge von Menschen, Männer, Frauen und Kinder.» Selbst die wenigen, nüchternen Worte machen deutlich, wie grausam mittelalterliche Kriege waren – wie die Kriege aller Zeiten. Diese grundlegende Wahrheit verschwindet gelegentlich hinter einem militär-technischen Zugriff und einer Sichtweise, die von zeitgenössischen Kriegserzählungen und -idealen geprägt ist.

Abb. 1:  Illustration aus dem Liber ad honorem Augusti des Petrus de Ebulo (Ende 12. Jahrhundert): Nach dem Kampf um Capua im Rahmen der Eroberung Siziliens durch den Staufer Heinrich VI. († 1197) werden die Leichen auf einem Ochsenkarren zum Fluss Volturno geschafft: cadavera mortuorum proiciuntur in fluvio.

Aber auch bei Kernaspekten einer klassischen Kriegsgeschichte – wie Truppengrößen, -aufstellungen und Schlachttaktik – stehen wir vor Problemen. Chronisten, die aus eigener Anschauung oder auf der Basis von Hörensagen von Kämpfen berichteten, verfügten oftmals nicht über die relevanten Informationen, um hierzu Aussagen zu machen. Dies lag an Geheimhaltung ebenso wie an mangelnder Sachkenntnis oder anders gelagerten Darstellungsabsichten. In solchen Fällen scheint es oft verlockend, plausibilisierende Annahmen zu benutzen, um die Lücken zu schließen, welche die Quellen uns lassen. Mitunter greift die Forschung hierzu auf eine scheinbar immer gültige militärische Logik (inherent military probability) zurück, um die vermeintlich richtige Handlungsalternative zu identifizieren. Dies geht nicht nur von der Annahme aus, dass militärische Entscheider mit größerer Wahrscheinlichkeit diese beste Lösung fanden und bevorzugten; darüber hinaus berücksichtigt dieses Vorgehen kulturelle und regionale Besonderheiten nur unzureichend. Methodisch präziser ist es daher, Erkenntnislücken und ihre Ursachen zu benennen. Diese verschieben sich in der Epoche, da sich die Zusammensetzung und die Dichte der Quellen verändern. Schriftlichkeit nahm während des Mittelalters in allen Bereichen stetig zu, so dass wir im Spätmittelalter über eine größere Bandbreite an Texten verfügen, die zum Beispiel auch Verwaltungsakten und Rechnungsbücher umfassen. Immer dort, wo finanzielle Aspekte berührt waren, entstanden Schriftstücke, die uns sehr detaillierte Einblicke gewähren. So erfahren wir etwa aus einer Liste der englischen Kriegsbürokratie des 13. und 14. Jahrhunderts – sogenannte restaura equorum-Listen – viel über die Kriegspferde der ritteradligen Elite. Um diese wertvollen Tiere und Investitionen gegen Kriegsschäden zu versichern, wurden verschiedene Charakteristika verzeichnet – wie Art des Pferdes, Wert, Fellfarbe, Alter und besondere Merkmale. Im Schadensfall konnte der Pferdebesitzer dann Kompensationszahlungen von der englischen Krone verlangen. So erfahren wir beispielsweise, dass ein gewisser Symond de Lulleford in den 1280er Jahren un chival ferant pommele, also einen kriegstauglichen Apfelschimmel, mitgeführt hat. Krieg war nicht nur die Schmiede der Helden, sondern auch ein hart kalkuliertes Geschäft auf der Grundlage einer genauen Buchhaltung. Beide Aspekte sind hier durch das Pferd verbunden, welches uns wegen seiner großen Bedeutung für den mittelalterlichen Krieg und die mittelalterliche Gesellschaft immer wieder begegnen wird.

Die deutsche Militärgeschichte des Mittelalters nimmt eine gewisse Sonderstellung im internationalen Vergleich ein. Geprägt durch die Erfahrung des Zweiten Weltkrieges wurde alles Militärische für Jahrzehnte mit großer Skepsis betrachtet. Deswegen war Militärgeschichte in Deutschland für lange Zeit keine etablierte Teildisziplin der Geschichtswissenschaft, und die Kriege des Mittelalters wurden nicht systematisch erforscht – anders als etwa in England und Frankreich. Dieser Umstand reflektierte nicht die Bedeutung des Themas für die Epoche, sondern die gesellschaftliche Zurückhaltung ihm gegenüber. Dies änderte sich erst langsam ab den 1990er Jahren, als der Krieg in die bundesdeutsche Außenpolitik, die gesellschaftlichen Diskurse und die universitäre Wissenschaft zurückkehrte. Auch die deutsche Mittelalterforschung nahm sich nun wieder des Themas an und betrachtete es vor allem unter kulturhistorischen Fragestellungen, wie etwa Eigen- und Fremdwahrnehmung kriegführender Gruppen, die Konzeption des Heldentums oder die erzählerischen Ausgestaltungen von chronikalischen Berichten über den Krieg. Die Forschung in England und Frankreich hat hingegen mit größerer Kontinuität den traditionellen Kernfragen der Kriegführung Beachtung geschenkt. Daher liegen uns mehr aktuelle Studien zu Strategie und Taktik aus diesen Ländern vor, und Handbücher zum mittelalterlichen Krieg aus England, den USA und Frankreich sind zahlreicher als deutsche.

Grundsätzlich taucht der Krieg als Thema direkt oder indirekt in jeder Quellengattung auf, was seine Bedeutung für die Epoche unterstreicht. Dies können Bilder, archäologische Funde, Historiographie, Hagiographie, Gesetzestexte, Predigten, Briefe und vieles mehr sein. Über weite Strecken sind die Texte – vor allem im frühen und hohen Mittelalter – von einer kirchlichen Perspektive geprägt, weil es vor allem Kleriker waren, die lesen und schreiben konnten. Dies geht oft mit einer kritischen Haltung gegenüber kriegerischer Gewalt und dem Krieg an sich einher. Mitunter stellt die Kriegsferne der Autoren eine besondere Herausforderung für die Interpretation dar. Mönche, die keine eigene Erfahrung und auch keine persönlichen Kontakte mit dem Krieg hatten, griffen auf antike Vorbilder zurück, um die Konflikte ihrer Zeit zu beschreiben. Dann tauchen in Texten des Hochmittelalters römische Legionen und Feldlager auf. Dies sagt mehr über den Bildungsstand der Autoren als über den Organisationsstand mittelalterlicher Heere aus. Gleichzeitig finden wir immer wieder christlich-religiöse Aufladungen des Kriegsgeschehens, wie etwa im Willehalm. Der Vergleich mit den Makkabäern, kriegerischen Helden aus dem Alten Testament, war eine hohe Auszeichnung, und zahlreiche Heilige standen den mittelalterlichen Kriegern zur Seite. Handeln und Entscheiden im Krieg war immer auch von kulturellen Aspekten geprägt, die wir heute nicht als «militärisch» bezeichnen würden – wie Religion oder Ehre. Es ist das Ziel dieses Buches, ein Bild des mittelalterlichen Krieges zwischen zeitgenössischen Idealen und modernen Klischees, militärhistorischen Anliegen und den vorhandenen Quellen zu zeichnen. Dabei wird das Thema in einer gewissen Breite behandelt, und über die zentralen Aspekte der mittelalterlichen Kriegführung hinaus werden immer wieder auch religiöse, soziale und kulturelle Fragen gestellt.