Minderjährige Marionetten Band 2 - Krisztina Kournikova - E-Book

Minderjährige Marionetten Band 2 E-Book

Krisztina Kournikova

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Beschreibung

Die Privatermittlerin Pia sucht ein 18-jähriges Model, das im Anschluss an eine Modenschau auf einem Kreuzfahrtschiff nicht mehr nach Hause zurückkehren will. Monique ist in die Fänge von Milliardären geraten, die nicht nur wie Silvio Berlusconi minderjährige Mädchen für Bunga-Bunga Partys rekrutieren oder wie Jeffrey Epstein ihre Opfer auf einer Privatinsel an Geschäftspartner vermitteln, sondern junge Frauen als Köder benutzen. Während der Amerikaner kompromittierende Aufnahmen der Halbwüchsigen und ihrer einflussreichen Partner an Geheimdienste weitergab oder für seine eigenen Zwecke benutzte, soll Monique als Lockvogel für einen arabischen Prinzen abgerichtet werden. Auf ihrer Suche nach dem Model wird Pia nicht nur mit Milliardären konfrontiert, die mittels KO-Tropfen leblose Frauen vergewaltigen, sondern auch mit deren Helfern aus der italienischen Mafia und Neofaschisten Szene. Aber weit mehr als der Missbrauch junger Mädchen erschreckt Pia die perfide Herangehensweise der Täter, die ihre Opfer zu Komplizinnen machen. Das Trainingsprogramm läuft über Modenschauen, Besuche auf Luxusyachten, Partys und die Aufenthalte in den Resorts der Superreichen. Am Ende ist aus einer lebenslustigen jungen Frau eine Leibeigene geworden, die sich selbst kaum noch versteht. Die Serie Minderjährige Marionetten ist auf drei Bände angelegt, von denen die ersten beiden Bücher gerade erschienen sind. Klick auf die LESEPROBE, mehr zu erfahren.

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Minderjährige Marionetten

Band 2

Missbrauch und Menschenhandel durch Milliardäre

 

Krisztina Kournikova

 

Herausgegeben von Krisztina Kournikova

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe 2021 bei Krisztina Kournikova

Published by Krisztina Kournikova

Copyright 2021 Krisztina Kournikova

 

2. Auflage

 

[email protected]

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

Zu diesem Buch

Was bisher geschah

Deutschland

Jebel Fihrayn

Kingdom Hospital Riad

Tschechien

Place du Casino

Libyen

Cheb

München

Florida

Abflughalle Airport Riad

München - Monaco

Palm Beach

Monaco - Sardinien

Sardinien

Literatur zum Thema

Bücher von Krisztina Kournikova

Krisztina Kournikova

Mein Geschenk für dich

Wie du mich erreichen kannst

Impressum

 

 

 

Zu diesem Buch

Natürlich handelt es sich bei der Suche Pias nach einer 18-Jährigen um Fiktion. Geschehnisse aus dem realen Leben standen allerdings Pate für einige der im Roman beschriebenen Taten. Wer mehr zu den verschwundenen arabischen Töchtern oder dem Missbrauch minderjähriger Mädchen durch Jeffrey Epstein und seine Gefährtin Ghislaine Maxwell erfahren möchte, findet im Internet zahlreiche Hinweise. Auch über die kriminellen Aktivitäten des früheren italienischen Premiers Silvio Berlusconi und seiner Helfer existieren Bücher und unzählige Zeitungsartikel. Obwohl es wesentlich weniger Informationen zur Zusammenarbeit von Milliardären und deren Menschenhandel gibt, lassen sich auch hierzu Quellen finden.

Ich habe mich bemüht, Motivation und Handlungen der fiktiven Charaktere möglichst wirklichkeitsgetreu zu gestalten. Inwieweit es dabei zu Überschneidungen mit den Überlegungen realer Personen kommt, kann ich nicht beurteilen. Wesentlich wichtiger als Charaktereigenschaften zuzuordnen scheint mir, verbrecherische Machenschaften aufzudecken. Während im wirklichen Leben Reichtum, Macht und Ansehen die dahinter verborgene kriminelle Energie oft verbergen, kann im Roman der Blick statt auf das Geld, auf die Opfer gelenkt werden.

Vielleicht kann dieses Buch helfen, die perfide Herangehensweise einiger milliardenschwerer Verbrecher besser zu verstehen. Damit könnte diese Serie einen Beitrag leisten, Täter als gewöhnliche Kriminelle zu begreifen, ihrer Version der Geschichte nicht blindlings zu vertrauen und hoffentlich nicht auf sie hereinzufallen.

Nicht nur junge Mädchen werden von der Gesellschaft dazu gebracht, sich zu unterwerfen, sondern auch Journalisten, die ehrfürchtig auf das Lebenswerk eines Milliardärs verweisen oder Politiker, die Epstein jahrelang den Rücken freihielten. Es gibt nicht nur eine sexuelle Unterordnung, sondern eine nicht weniger problematische Kapitulation vor den Inszenierungen der Mächtigen und der Beeinflussung durch Superreiche, ohne zu hinterfragen, auf welche Betrügereien sich deren Erfolg gründet.

 

 

 

Was bisher geschah

Mit Freunden hatte Pia in München die Fluchthilfe gegründet, eine Organisation für in Abhängigkeit geratene Frauen. Als die achtzehnjährige Monique in Italien verschwindet, bittet sie deren Patenonkel, das untergetauchte Model zu finden.

Ein Motorradfahrer verunglückt in Monte Carlo bei dem Versuch, Pia zu erschießen, die dort mit einer Kollegin der Vermissten verabredet ist. Moniques Bekannte verspricht der Privatermittlerin, sie auf eine Yacht zu schleusen, die sie nach Sardinien, zu den neuen Freunden des Models bringen wird.

Die Vertraute und Fixerin eines saudischen Prinzen bedauert den missglückten Anschlag auf Pia und überlegt, wie man die Privatdetektivin davon abhalten könne, weiterhin nach Monique zu fahnden. Sie weiß aus eigener Erfahrung, dass es kein Entkommen aus den Fängen des Milliardärs gibt.

In der Zwischenzeit ist Monique in Riad eingetroffen, wo sie an einer Modenschau teilnimmt. Dort lernt sie, dass weniger die Kleider und eher die Mannequins das Interesse der Saudis erregen. Ein Prinz bietet ihr an, sie von der Fleischbeschau zu erlösen, wenn sie bereit ist, seinen Geschäftspartner und dessen Sohn kennenzulernen und die beiden auszuforschen.

Während sich das Model zu dem Befreiungsschlag gegenüber ihren Eltern beglückwünscht, schließt sich langsam die Schlinge um sie.

Der Besitzer des Hotels in Monaco überrascht Pia mit seinem Wissen über ihre Suche nach Monique. Jean-Luc vertraut ihr an, dass auch seine Tochter vor Jahren verschwunden war und völlig gebrochen zurückkehrte. Deshalb bietet er ihr seine Hilfe an. Pia wundert sich, woher der Hotelier ebenfalls wusste, dass ein Anschlag auf sie verübt worden war. Ist sein Angebot, ihr zu helfen wirklich so uneigennützig?

 

***

 

In der Reihe Ein viel zu nacktes Mädchen bekämpft Pia den Missbrauch von Waisenkindern in kirchlichen Institutionen, die Abrichtung von Jugendlichen zu willfährigen Lolitas, die Ausbeutung von Bettelkindern, den Menschenhandel durch ost-europäische Clans und die Zwangsprostitution im Rotlicht Milieu. Minderjährige Marionetten basiert zwar auf Pias Werdegang, ist aber eine eigenständige Reihe.

 

 

 

Deutschland

Connie ist sichtlich erschrocken, als er von dem Mordanschlag auf seine Assistentin erfährt. Sofort nach ihrer Rückkehr aus Monaco war Pia zu ihrer Arbeitsstelle, einer Werbeagentur gefahren, um ihrem Chef von den Schüssen auf sie zu berichten. Vor einer Woche hatte sie der Art-Director gebeten, sozusagen als Privatermittlerin sein Patenkind ausfindig zu machen. Monique, ein achtzehnjähriges Model war nach einer Modenschau auf einem Kreuzfahrtschiff nicht wieder nachhause zurückgekehrt. Statt sich erneut unter die Fuchtel ihres tyrannischen Vaters zu begeben, vergnügte sich die junge Frau lieber mit ihren neuen Freunden aus dem italienischen Geldadel.

Der Patenonkel ist mit Pia einer Meinung, den Eltern zunächst nichts von dem Mordversuch zu erzählen. Zu vorhersehbar sei deren Reaktion. Bestimmt versuchten die besorgten Angehörigen, sofort Himmel und Hölle in Bewegung zu setzen, damit sich die Polizei auf die Fersen ihres Kindes hefte. Vermutlich wähnten sie es in unmittelbarer Lebensgefahr. Außerdem würden die beiden sicherlich alles daransetzen, ihre Tochter davon zu überzeugen, dass sie sich in großer Gefahr befände. Schließlich habe man bereits versucht, eine Privatdetektivin umzubringen, die lediglich Moniques Aufenthaltsort herausbekommen wollte.

Statt die eigene Bedrohung ernst zu nehmen, würde die 18-Jährige den missglückten Anschlag nur für ein weiteres Hirngespinst ihres Vaters halten. Mit allen Mitteln versuche der weiterhin, sie nachhause zurückzubeordern. Wer so verrückt sei, Detektive auf sie anzusetzen, scheue vermutlich auch nicht davor zurück, sie mit Horrorstorys in Angst und Schrecken zu versetzen, nur um sie zur Heimkehr zu veranlassen. Bestimmt berichtete Monique ihren neuen Freunden von diesem letzten Irrsinn ihres Vaters. Die würden sie daraufhin nur umso mehr abschotten, gibt Connie zu bedenken.

„Statt die Pferde scheu zu machen, sollten wir lieber versuchen, uns anzuschleichen. Zudem besitzen wir keinerlei glaubwürdige Beweise, dass der Motorradfahrer es tatsächlich auf dich abgesehen hatte.“

„Als der Kerl auf das Café zusteuerte, ist ihm eine Möwe vor den Kopf geflattert. Vermutlich deshalb sind seine Schüsse danebengegangen. Allerdings kann ich mir kaum vorstellen, dass der Schütze eine Fehde mit dem Koch austragen wollte und deswegen auf die Schiefertafel mit den Tagesgerichten feuerte. Angeblich vermutete die lokale Polizei die Speisekarte als Ziel des Anschlags. So wurde es zumindest in den Nachrichten hingestellt.“

„Selbst mir fällt es schwer, zu glauben, dass die Schüsse dir gegolten haben. Aber wir sollten unsere Gegner nicht unterschätzen und mit dem Schlimmsten rechnen. So wie dein neuer Verbündeter, dieser Hotelbesitzer.“

„Jean-Luc weiß anscheinend mehr, als er mir verraten wollte. Falls es tatsächlich stimmt, dass Monique sich in Saudi-Arabien aufhält, frage ich mich allerdings, was sie dort zu suchen hat.“

„Das ist doch nicht so schwierig zu erraten: Schönheitsköniginnen, Schlagersternchen, Starlets und natürlich Mannequins gehören seit jeher zum Beuteschema reicher Männer, die sich ein Playboy Häschen als Sex Spielzeug leisten können. Finanzkräftige Araber wollen da bestimmt nicht hintanstehen.

Der Bruder des Sultans von Brunei zahlte einer Amerikanerin 300,000 Dollar, damit sie an seinen Partys teilnahm und die Gäste zufriedenstellte. Dabei war die junge Frau nur eine von etwa 40 Haremsdamen, von denen einige übrigens noch minderjährig waren. Die Schöne hat über ihre Erfahrungen ein Buch geschrieben, in dem sie gestand, nach ihrer Rückkehr heroinabhängig geworden zu sein. Anscheinend hat sie das leichte Leben nicht wirklich gut überstanden.“

„Jean-Luc erzählte mir, seine Tochter sei völlig ausgebrannt nach Hause zurückgekehrt. Dies sei auch der Grund, warum er mir helfen wolle. Ich frage mich allerdings, woher er von Monique wusste.“

„Pia, ich glaube, wir sind auf ein Wespennest gestoßen. Willst du tatsächlich dein Leben für jemanden riskieren, den du nur ein einziges Mal kurz getroffen hast? Ich kenne das Kind und ihre Eltern seit Jahren, bin mir aber selber nicht sicher, ob ich für mein Patenkind alles aufs Spiel setzen würde. Das Mädchen ist mir zwar ans Herz gewachsen, doch sie scheint auch sehr leichtgläubig und vertrauensselig zu sein.

Du hattest ja bereits das fragwürdige Vergnügen, deren Eltern kennenzulernen. Oft kommt es mir so vor, als würde Monique vieles eher aus Opposition zu ihrem Vater heraus tun, als dass sie tatsächlich davon überzeugt wäre.

Ich weiß, dir hat damals im Waisenhaus, als du von den Betreuern missbraucht wurdest, auch niemand geholfen. Aber das ist doch kein Grund, jetzt jedes Mädchen retten zu wollen, das in Not gerät.“

„Du meinst, ich sollte einfach so tun, als wäre nichts passiert? Glücklich darüber sein, dass der Schütze von einer Möwe daran gehindert wurde, mich totzuschießen? Vielleicht ein Eis essen gehen, um wieder einen kühlen Kopf zu bekommen?“

„Ich habe keine Ahnung, wie ich in einer derartigen Situation reagieren würde. Auf jeden Fall werde ich deine Entscheidung akzeptieren. Überlege dir genau, ob es wirklich das Risiko wert ist, jemanden in Sicherheit bringen zu wollen, der vielleicht gar nicht gerettet werden will.“

„Danke, Connie. Gib mir ein paar Tage Zeit, darüber nachzudenken. Angenommen, Monique möchte ihr Leben mit diesen Milliardären verbringen, so wie damals die Tochter des Hoteliers, dann muss sie eben auch die Rechnung bezahlen. So wie diese Frau, die sich ihre Liebesdienste vom Emir vergüten ließ und danach drogenabhängig wurde, weil sie vermutlich mit sich und ihrem Leben nicht mehr klarkam oder ihr der tägliche Kick fehlte.

Eigentlich haben wir genug Problemfälle im Frauenhaus, als dass ich mir noch zusätzlich den Kopf wegen eines blauäugigen Trotzkopfs zerbrechen müsste.“

„Als ich damals Monique dieses Fotoshooting anbot, bei dem ihr euch kennenlerntet, wollte ich herausfinden, wie weit sie gehen würde.“

„Mit dem Dildo?“

Connie schmunzelt: „Nein, eher im übertragenen Sinn. Aber dann hat mir ihr Vater einen Strich durch die Rechnung gemacht.“

„Und ich musste das Staffelholz übernehmen.“

„Man erzählte mir, du hättest damit sogar noch eine Ehrenrunde zurückgelegt.“

Jetzt müssen sie beide lachen. Pia setzt ihr bestes Raubtierlächeln auf.

„Vielleicht ist das der Unterschied zwischen mir und deinem Patenkind. Solange alles auf freiwilliger Basis geschieht, kenne ich keinerlei Hemmungen. Aber wenn jemand versucht, mich zu instrumentalisieren oder zu missbrauchen, verwandele ich mich sofort in eine Bestie. Aus dem anschmiegsamen Kätzchen wird dann im Handumdrehen ein Raubtier, das seine Klauen in ihre Gegner schlägt.“

„Das glaube ich dir unbesehen.

Als Moniques Vater gesteckt wurde, dass ich homosexuell sei, wollte er seine Entscheidung, mich als Patenonkel in die Familie aufzunehmen, sofort wieder rückgängig machen. Damals hätte ich ihm auch am liebsten den Hintern versohlt. Nur dem Beharrungsvermögen seiner Frau ist zu verdanken, dass ihr Töchterchen schließlich doch mein Patenkind wurde.“

„Kein Wunder, dass sie ihrem Elternhaus den Rücken kehrte. Leider Gottes scheint sie dabei aber vom Regen in die Traufe geraten zu sein.

Ich werde auf jeden Fall über dein Angebot nachdenken, die Suche nach Monique wieder abzublasen. Vielleicht fällt mir auch eine weniger gefährliche Alternative ein, an ihre Clique heranzukommen, als sich selbst als Beute anzubieten.“

Pia verabschiedet sich von Connie und begibt sich in Gedanken versunken auf die Heimfahrt. Sollte sie das Mädchen wirklich seinem Schicksal überlassen und dafür ihre eigene Haut retten? Von unterwegs ruft sie ihren Freund Ivo an, um ihn zu fragen, ob er ihr heute nicht Gesellschaft leisten und bei ihr übernachten wolle. Sie habe ihm auch ein Geschenk aus Monte Carlo mitgebracht.

„Du meinst, dass du noch lebst?“

„Ja, sozusagen auf Abruf. Gewissermaßen als Walking Dead.“

„Da komme ich sofort zum Fucking Dead.“

„Ivo, du denkst wirklich immer nur an das Eine. So wie einige dieser Milliardäre bist du vollkommen schwanzgesteuert.“

„Aber ich liebe dich doch. Sogar mit dem Herzen! Deswegen will ich dich nach diesem Mordanschlag ja auch davon überzeugen, diese lebensgefährliche Suchaktion wieder aufzugeben.

Ich habe übrigens schlechte Nachrichten. Kai hat heute Morgen von Juna eine SMS erhalten, dass sie in die Tschechei gefahren sei, um ihre Schwester zu holen. Allerdings meldet sie sich inzwischen nicht mehr. Wir befürchten, ihr ehemaliger Zuhälter hat ihr eine Falle gestellt und sie erneut in seine Gewalt gebracht.“

„Lasst uns die Streetworker kontaktieren, ob sie etwas in Erfahrung bringen können. Dann müssen wir diesen Kerl ausfindig machen, der sie zuvor zur Prostitution gezwungen hat.

Weiß Kai nicht, wo sie untergekommen sein könnte? Die beiden waren doch recht eng befreundet.“

„Der würde am liebsten sofort in die Tschechei aufbrechen und auf eigene Faust nach seiner verschwundenen Freundin suchen.“

„Bitte hole ihn ab und bringe ihn mit. Morgen sollten wir uns dann auch mit den anderen beratschlagen.“

„Na gut, ich versuche, ihn zu erreichen. Unsere Widersehensorgie fällt damit wohl erst mal flach?!“

„Ivo, das war schon wieder nicht mit dem Gehirn gedacht“, Pia beendet das Gespräch.

 

 

 

Jebel Fihrayn

Unmittelbar vor ihnen erstreckt sich ein dunkler Abgrund. Über ihnen hat sich der Himmel bis zum Horizont flammendrot gefärbt. Der Gegensatz zwischen den schroff abfallenden Felsen und diesem alles verzaubernden Abendrot hätte größer nicht sein können. Unten die bedrohlichen Schluchten und Felswände, über ihnen eine rotglühende Himmelskuppel wie aus einem Märchenbuch. Der Sonnenuntergang in der Wüste war schier atemberaubend. Monique hatte das Gefühl, sich mit ihrem Begleiter in einer Glaskugel zu befinden, in der bei der kleinsten Bewegung goldene Sterne auf sie beide herabrieselten.

Salih hat den Arm um sie gelegt, angeblich sie vor dem Absturz zu bewahren. Aber die Gefahr ging wohl eher von dem grenzenlosen Himmelsdom und diesem überwältigenden Gefühl aus, sich noch näher an ihren Gefährten schmiegen zu wollen. Dabei sollte sie lieber Abstand wahren und an ihren Auftrag denken, statt sich hier in einer romantischen Anwandlung einem jungen Araber an den Hals zu werfen, den sie zusammen mit seinem Vater ausspionieren musste. Morgen würde sie erst einmal zurückfliegen, aber in einer Woche wieder zurückkehren, um herauszufinden, wie krank der alte Herr wirklich wäre und wie lebenslustig sein Sohn sei.

Sie ist sich nicht sicher, ob sie dem Prinzen, der sie mit der Ausforschung beauftragt hatte, dafür dankbar sein sollte, dass er sie mit ihrem Opfer bekanntgemacht hatte. Oder müsste sie ihn eher verfluchen, weil er sie zwang, das Vertrauen von Vater und Sohn zu missbrauchen?

Salih war während der vergangenen beiden Tage ein wunderbarer Führer gewesen. Nicht nur hatte er ihr die Sehenswürdigkeiten seiner Heimatstadt gezeigt, sondern auch viele Lebensgewohnheiten erklärt. Gemeinsam waren sie durch die Altstadt, Ad Dirah, geschlendert. Auf dem Markt, im Souq Al Zal hatte er ein winziges Fläschchen traditionelles Oud Parfüm erstanden und ihr geschenkt. Danach hatte er sie zum Abendessen in das exklusive Globe Restaurant im Al Faisaliah Hotel ausgeführt, wo sie zum ersten Mal in ihrem Leben Hashi, Fleisch vom jungen Kamel gekostet hatte. Es schmecke ähnlich wie Kalbfleisch, hätte aber eine aphrodisierende Wirkung, wie Salih ihr augenzwinkernd verriet.

Der Blick von ihrem Fensterplatz über die Stadt war spektakulär. Dabei waren so in ihr Gespräch vertieft gewesen, dass die Zeit wie im Flug vergangen war. Monique bedauerte, sich nicht bis in alle Ewigkeit immer weiter unterhalten zu können. Ständig gab es noch etwas zu erzählen und zu fragen. Der junge Mann hatte bereits so viel erlebt, dass sie sich richtig unbedeutend vorkam. Umso mehr hatte sie an ihrem Gesprächspartner geschätzt, dass er sie trotz ihrer gerade erst 18 Jahre wie eine Gleichaltrige behandelt hatte. Nicht nur von der arabischen Heimat hatte ihr der junge Mann berichtet, sondern auch von seinem Studentenleben an einer amerikanischen Universität. Wie froh war sie wieder einmal, die kleinlichen Bedenken ihrer Eltern ignoriert zu haben und endlich die große Welt kennenlernen zu dürfen. Aus erster Hand über Länder zu erfahren, die sie in ihrem Provinznest nur von Fernsehfilmen her kannte und Menschen zu begegnen, die derart liebenswürdig waren.

Hätte sie sich nicht selbstständig und aus dem Staub gemacht, wäre sie weder in der ersten Klasse geflogen noch in eins der teuersten Restaurants von Riad zum Diner eingeladen worden. Selbst die Autofahrt in dem Bentley mit dem livrierten Chauffeur war etwas Besonderes gewesen. Wie hätte sie in ihrer bayrischen Heimat jemals einen echten Prinzen kennenlernen können? Monique ist völlig mit sich zufrieden. Fast schien ihr, als habe sie das große Los gezogen. Salih war so bezaubernd. Allerdings versetzte es ihr jedes Mal einen Stich, wenn sie daran dachte, ihn hintergehen zu müssen, um an die Informationen heranzukommen, die der Prinz von ihr erwartete. Aber noch hatte sie ihrem Auftraggeber keine Geheimnisse verraten. Inzwischen war sich nicht einmal mehr sicher, ob sie ihren Auftrag überhaupt erfüllen wollte.

Ihr Begleiter nimmt den Arm von ihrer Schulter und lächelt sie spitzbübisch an:

„Wir müssen vorsichtig sein, nicht von der Religionspolizei erwischt zu werden.“

Immer wieder war ihr Gespräch auf die allgegenwärtige Doppelmoral in seiner Heimat aber auch anderen arabischen Ländern gekommen. Sie selbst hatte ja mit eigenen Augen gesehen, dass Ehemänner, die ihre Gattinnen nur von Kopf bis Fuß verschleiert vor die Haustür ließen, keinerlei Probleme hatten, mit leicht bekleideten Models zu flirten und sich mit ihnen zu verabreden. Salih hatte ihr auch von der häuslichen Gewalt berichtet, der nicht nur Ehefrauen und Töchter, sondern vor allem die weiblichen Hausangestellten ausgeliefert waren.

„Dort unten verläuft eine der ältesten Karawanenhandelsstraßen der Welt. Sie führt über tausende Kilometer vom Jemen bis nach Persien, dem heutigen Iran. Einige hundert Kamele gehörten zu einer einzigen Karawane. Wochenlang kämpften sich dann Mensch und Tier durch die Wüste, bedroht nicht nur von der Hitze, sondern auch Räubern und kriegerischen Stämmen. Wenn du wiederkommst, erzähle ich dir eine Geschichte, die aus Tausendundeiner Nacht sein könnte, sich aber tatsächlich ereignet hat.“

Der junge Mann schaut sie dabei so zärtlich an, dass Monique ihn am liebsten in die Arme genommen und ihm voller Dankbarkeit einen Kuss gegeben hätte. Wie viel hatte sie in den zwei Tagen von ihrem Gefährten und seiner Welt erfahren. Ihren letzten Boyfriend interessierten eigentlich nur Computerspiele. Im Vergleich zu ihrem Begleiter kam er ihr fast wie ein Kind vor. Salih war zwar bereits einunddreißig Jahre alt, wie er ihr widerstrebend verraten hatte, machte auf sie aber einen viel jüngeren Eindruck. Dagegen war ihre Jugendliebe ein richtiger Milchbubi gewesen.

„Komm, lass uns aufbrechen. Hier draußen wird es abends schnell kühl.“

Als müsste er sie vor der heraufziehenden Kälte schützen, nimmt der Mann sie erneut in die Arme und vergräbt sein Gesicht in ihren Haaren. Eine gefühlte Ewigkeit stehen sie eng umschlungen auf der Klippe, vor der es mehrere hundert Meter steil nach unten geht. Dann löst sich der Mann wieder von ihr, streichelt ihr zärtlich über die Wange und nimmt ihre Hand, sie von dem Abgrund wegzuziehen. Während die Zeit um sie herum stillzustehen scheint, flattern stattdessen unzählige Schmetterlinge in ihrem Bauch.

Monique weiß, dass sie in dem erzkonservativen Staat deswegen im Gefängnis landen könnte, aber sollte Salih später das Auto auf einem Parkplatz abstellen und über sie herfallen, würde sie sich vielleicht nicht einmal wehren.

Die 18-Jährige versteht die Welt nicht mehr, am allerwenigsten jedoch sich selbst. Bisher hatte sie geglaubt, immer vollkommen rational zu handeln. Mit ihren Eltern war sie wegen deren gefühlsmäßigen Ängsten und unbegründeten Befürchtungen häufig aneinandergeraten. Wie oft hatte sie sich mit ihrem Vater gestritten, wenn der sie mit seinem autoritären Gehabe nervte, anstatt sich mit ihren Argumenten auseinanderzusetzen. Mit Salih dagegen schien das logische Denken plötzlich seine Bedeutung zu verlieren und ein diffuses Verlangen nach Zärtlichkeit die Oberhand zu gewinnen. Monique hoffte, dass die Zeit bis zu ihrer Rückkehr sie hoffentlich wieder vernünftig werden ließ.

 

 

 

Kingdom Hospital Riad

Der Anruf der Klinik erreicht sie kurz vor Sonnenaufgang. Eine junge Frau mit Verletzungen am Unterleib sei gerade eingeliefert worden und hätte sie als Kontaktperson angegeben. Fluchend beginnt die Amerikanerin, sich für den Weg ins Krankenhaus zurechtzumachen. In wenigen Stunden ging ihr Flug nach Italien. Am gescheitesten würden sie direkt vom Hospital zum Airport weiterfahren. Sie informiert die Rezeption, ihre Rechnung fertigzumachen, danach klingelt sie Monique aus dem Schlaf.

„Eines unserer Models ist gerade mit Unterleibsverletzungen in die Notaufnahme eingeliefert worden. Bitte begleite mich. Von dort fahren wir dann direkt zum Flughafen.“

Schlaftrunken begibt sich die junge Deutsche ins Bad. Gestern war es spät geworden. Aber dafür war es einer der aufregendsten Tage seit langem gewesen. Und das wollte etwas heißen. Fast zwei Wochen hatte sie Mode auf einem Kreuzfahrtschiff vorgeführt. Danach war sie von den Eltern Paolos eingeladen worden und hatte einige seiner Freunde kennengelernt. Eine Libanesin hatte ihr daraufhin das Engagement in Saudi-Arabien vermittelt. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie in der Luxus-Klasse geflogen, hatte einen leibhaftigen Prinzen getroffen und – sich ein bisschen verliebt. Als Salih ihr gestern Abend zum Abschied auf die Wange küssen wollte, hatte sie schnell den Kopf bewegt. Flüchtig hatten sich so ihre Lippen berührt. Sie war sich nicht sicher, ob sie tatsächlich von dem jungen Araber geträumt hatte oder es sich etwa nur einbildete. Aber, obwohl es noch mitten in der Nacht war, fühlte sie sich leicht beschwingt und bester Laune. Dabei sollte sie eigentlich eher besorgt sein, was ihrer Kollegin zugestoßen sein mochte.

Die Amerikanerin erwartet sie in der Hotelhalle.

„Was ist denn passiert? Ist die Frau schwer verletzt worden?“

„Ich hoffe nicht, habe aber auch nur die Information der Notärztin. Komm, das Taxi wartet bereits draußen auf uns. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass der Fahrer Englisch versteht, trotzdem lass uns lieber erst im Krankenhaus den Unfall besprechen.“

Auch Monique ist eher einsilbig auf der Fahrt. Der Prinz hatte ihr eingeschärft, mit niemandem über ihren Auftrag zu sprechen. Als die Amerikanerin sie fragt, wie sie die letzten beiden Tage verbracht habe, antwortet sie daher nur ausweichend. Sie erzählt ihrer Begleiterin lediglich, dass sie in Kürze erneut nach Riad fliegen werde und deshalb zunächst keine weiteren Termine wahrnehmen könne. Allerdings überrascht sie, was ihr die Organisatorin dieser Modenschauen darauf ans Herz legt.

„Du weißt aber schon, dass du dann mutterseelenalleine hier auf dich gestellt sein wirst. Niemand wird dich im Krankenhaus besuchen, falls dir was zustößt.“

„Wieso soll mir denn etwas zustoßen?“, und Salih wird sich bestimmt um mich kümmern. Aber diesen Gedanken behielt sie lieber für sich. Vielleicht arbeitete die Amerikanerin wider Erwarten mit dem Prinzen zusammen und wollte sie nur aushorchen.

Statt einer Antwort erntet sie einen ungläubigen Blick. Irgendwie hat Monique ständig das Gefühl, die Frau verheimliche ihr etwas oder hielte sie für ziemlich unerfahren und noch viel zu jung. Sie wird froh sein, wenn sie im Flugzeug endlich wieder alleine sein darf und sich nicht dauernd bevormundet fühlen muss. Anscheinend hatten erwachsene Menschen immerzu das Bedürfnis, sie zurechtzuweisen und zu belehren. So wie ihr Vater. Wie unterschiedlich verhielt sich dagegen Salih. Obwohl er über zehn Jahre älter war als sie, behandelte er sie vollkommen gleichberechtigt und nicht eine Minute wie ein unmündiges Kind.

Als sie in das Krankenzimmer geführt werden, erlebt Monique eine böse Überraschung. In dem Bett liegt die Kollegin, die sie mit diesem impotenten Prinzen hatte verkuppeln wollen.

Stockend berichtet ihnen die junge Frau, dass sie mitten in der Nacht mit starken Schmerzen aufgewacht sei und man sie daraufhin in das Krankenhaus gebracht habe.

„Und was ist zuvor passiert?“, will die Amerikanerin wissen.

„Daran erinnere ich mich nur ganz vage. Ich vermute, die Kerle haben mich betäubt oder unter Drogen gesetzt und sind anschließend gemeinsam über mich hergefallen.“

„Die Ärztin meinte, du müsstest mindestens einen weiteren Tag zur Beobachtung bleiben. Man habe dich zwar wieder zusammengeflickt, doch der Dammriss hätte stark geblutet.“

„Dadurch verpasse ich jetzt meinen Flug und werde ihn neu buchen müssen.“

„Wie viel Geld hast du denn erhalten?“

Es dauert einen Moment, bis die junge Frau mit der Sprache herausrückt.

„5000 Dollar, von denen ich jetzt aber die Umbuchung bezahlen muss.“

Monique fasst sich ein Herz und fragt ihre Kollegin:

„War der alte Prinz, den du mir als impotent beschrieben hast, etwa auch beteiligt?“

„Dieser Schlappschwanz hatte die Party sogar ausgerichtet. Deswegen dachte ich doch, mir könne kaum etwas passieren. Aber dann kamen plötzlich drei Männer in den Raum und danach weiß ich von nichts mehr.“

„Du kannst immerhin von Glück reden, dass man veranlasst hat, dich in ein Krankenhaus zu bringen, wo man deine Wunde sofort behandelte. Ich habe einmal eine Ägypterin erlebt, die so schlimm zugerichtet wurde, dass sie beinahe gestorben wäre. Selbst mit kosmetischer Chirurgie konnte man das Mädchen nicht wiederherstellen. Ich habe sie nie mehr zu Gesicht bekommen. Wahrscheinlich ist sie in ihre Heimat zurückgekehrt und musste ihren Job an den Nagel hängen.“

„Sollte ich dem Prinzen jemals wieder begegnen, beiße ich ihm die Eier ab.“

„Sei vorsichtig mit derartigen Äußerungen. Wenn der Araber davon erfährt, darfst du Saudi-Arabien eventuell nicht mehr verlassen und man klagt dich unter irgendeinem fadenscheinigen Vorwand an. An deiner Stelle würde ich den Mund halten, bis ich außer Landes wäre.

Ich kann versuchen, zu erreichen, dass man wenigstens für den Krankenhausaufenthalt bezahlt oder dir ein Schmerzensgeld anbietet. Aber versprich dir nicht zu viel. Jede Zahlung käme ja einer Schuldanerkenntnis gleich.“

„Wieso gehst du denn nicht zur Polizei und zeigst diesen Prinzen an?“

Sowohl die Bettlägerige wie auch die Amerikanerin schütteln fassungslos den Kopf über so viel Naivität.

„Als Frau hast du hier doch keinerlei Rechte. Besonders als Ausländerin gilt dein Wort nichts gegenüber dem eines Mannes, insbesondere dem eines Prinzen. Derartige Unfälle gehören hier zur Tagesordnung. Du kannst froh sein, wenn du keine dauerhaften Schäden davonträgst. Sei einfach das nächste Mal vorsichtiger, mit wem du den Abend verbringst.

Ich habe bereits dein Hotelzimmer verlängert. Falls du willst, kann ich dir auch den Flug umbuchen.“

„Lieb von dir, aber das werde ich selbst erledigen. Ich hoffe, dass man mich morgen entlässt. Sobald ich von der Ärztin grünes Licht erhalte, kümmere ich mich um den Rückflug. Danke, dass ihr vorbeigeschaut habt. Nach meiner Rückkehr werde ich mich wieder bei dir melden.“

Als sie beide erneut im Taxi sitzen, legt die Amerikanerin Monique die Hand auf den Unterarm, bevor sie ihr ins Ohr flüstert:

„Viele der jungen Frauen, die hierherkommen, sehen nur das schnelle Geld und verschließen die Augen vor den Gefahren. Als Model befindest du dich hier in einem rechtsfreien Raum, wo du hilflos jeglicher Willkür ausgesetzt bist. Glücklicherweise sind derartige Zwischenfälle eher die Ausnahme, aber ich möchte dich ernsthaft davor warnen, auf eigene Faust mit irgendwelchen Männern auszugehen. Du bist noch so jung. Glaube mir, nach einer Vergewaltigung ist das Leben nicht mehr dasselbe. Deiner Kollegin war Ähnliches bereits zuvor passiert. Jetzt wird sie erneut zusammengenäht. Überlege dir gut, ob es das Geld wert ist, sich hier auf die Schlachtbank zu legen.“

Als Monique nicht sogleich antwortet, fährt die Ältere fort:

„Du wunderst dich vielleicht, warum gerade ich dich zur Vorsicht anhalte. Schließlich ist es mein Job, diese Modenschauen auszurichten. Wir alle wissen, dass es nicht nur darum geht, Kleider vorzuführen. Ich habe keine Ahnung, was der Prinz mit dir vorhat, aber lass dir das Schicksal des verletzten Models eine Lehre sein. Es ist nicht nur deine Unschuld, die du hier verlierst. Die lässt sich sogar wieder zusammenflicken. Ist dagegen deine Selbstachtung zerstört, ist es mehr als fraglich, ob du die jemals zurückgewinnen kannst. Ich habe junge Mädchen gesehen, die daran zerbrochen sind, als willenloses Stück Fleisch benutzt worden zu sein. Überlege dir gut, worauf du dich hier einlässt. Der Weg zur Hölle ist gepflastert mit guten Vorsätzen. Wenn du erst einmal ganz unten angelangt bist, wirst du feststellen, dass es nahezu unmöglich ist, sich neu zu erfinden. Glaube mir, ich weiß, wovon ich spreche.“

Die junge Deutsche hat keine Ahnung, was sie darauf antworten soll. Anscheinend verkauften die anderen Models hier alle ihre Körper. Aber das hatte sie keineswegs vor. Schließlich war sie weder ein kleines Mädchen, das jedem blindlings vertraute, noch bereit, sich zu prostituieren. Erneut fällt ihr der Vater ein. Immer wieder hatte er sie davor gewarnt, mit ihrem Aussehen Geld verdienen zu wollen. Offensichtlich hielten sie alle für eine dumme Blondine, der man erst mal das Leben erklären musste. Wie anders war da doch Salih, der sie nicht begehrlich anstarrte, sondern sich ihr gegenüber, wie ein echter Gentleman verhielt. Mochten einige Models sich in Riad für Geld als Escort Girl verdingen, sie würde sich daran bestimmt nicht beteiligen. Nur wie sollte sie ihrer Begleiterin begreiflich machen, keineswegs so blauäugig zu sein, wie es anscheinend ihre Kolleginnen waren.

Vielleicht hatte der Prinz sie gerade deswegen ausgewählt, ihm zu helfen und nicht ein anderes Mädchen. Sie mochte tatsächlich noch sehr kindlich aussehen, aber das sollte niemanden darüber hinwegtäuschen, dass sie es faustdick hinter den Ohren hatte. Schließlich hatte sie es geschafft, kaum dass sie volljährig war, von zuhause auszuziehen. Sie würde es ihnen allen noch zeigen. Beruhigt lässt sie sich in ihren Sitz zurücksinken und versucht sich an das Gesicht von Salih zu erinnern. Ob er vielleicht doch zum Flughafen käme, sich erneut von ihr zu verabschieden?

Als die Amerikanerin merkt, dass Monique sich offensichtlich keine Gedanken um ihre Zukunft macht, probiert sie es ein letztes Mal.

„Hast du dich nie gefragt, weshalb du so schnell ein Engagement in Riad bekommen hast? Ich an deiner Stelle wäre misstrauisch, wenn man mir hier viel Geld anbietet. Bitte sprich mit niemandem darüber, aber vermutlich hast du das Interesse einiger Leute geweckt. Oft trügt der äußere Anschein. Was dir als Catwalk verkauft wird, ist in Wirklichkeit ein Abstieg in die Hölle. Ich glaubte auch einmal, klüger als alle anderen zu sein. Mir könne nichts passieren, war ich der Meinung. Als ich dann endlich begriff, worauf ich mich eingelassen hatte, war es zu spät zur Umkehr.“

„Aber Sie organisieren doch diese Modenschauen. Wenn es nur darum geht, die Models als Prostituierte anzubieten, warum tun sie das dann?“

Die Amerikanerin schaut Monique traurig an:

„Wenn du erst einmal dein Selbstwertgefühl verloren hast, bist du dir für nichts mehr zu schade. Sage später nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. Aber bitte erzähle auch niemandem, dass ich dich zur Umkehr aufgefordert habe.“

Monique weiß nicht, was sie darauf antworten soll. Warum wollte ihr nur jeder in ihr Leben hineinreden? Bis jetzt hatte doch alles wunderbar geklappt. Trotz der Unkenrufe und Befürchtungen ihrer Eltern!

„Danke, dass Sie mir die Augen öffnen wollen. Als die Kollegin im Krankenhaus mich für diesen Prinzen anwerben wollte, habe ich sofort abgelehnt. Ich werde mich hier bestimmt nicht prostituieren. Mein Vater hat mich ständig davor gewarnt, mit dem Aussehen Geld verdienen zu wollen. Glauben Sie mir, so schnell verkaufe ich mich hier nicht.“

Monique zögert einen Moment, bevor sie fortfährt:

„Einer unserer Lehrer hatte ein Auge auf mich geworfen und versprach mir ein Einser-Abitur, falls ich Nachhilfestunden bei ihm nähme. Das habe ich auch sofort zurückgewiesen. Lieber modele ich ein paar Jahre und studiere erst dann Medizin, wenn mein Notendurchschnitt den Numerus clausus erfüllt, als dass ich mich kaufen lasse.“

„Ich wünsche dir wirklich, dass du weiterhin stark bleibst. Unterschätze aber niemals deine Gegner. Das sind Profis, die bereits Dutzende Models herumgekriegt haben und jede neue Herausforderung eher spannend finden. Die geben nicht auf, bevor du auf den Knien vor ihnen kauerst und sie dich als Fußabtreter benutzen können.“

Das Taxi hält. Sie haben ihr Ziel erreicht. Monique ist froh, nicht mehr antworten zu müssen. Wie soll sie jemandem, der sich längst aufgegeben hatte, denn auch erklären können, dass sie keineswegs daran denkt, ebenfalls das Handtuch zu werfen und sich unterkriegen zu lassen.

 

 

 

Tschechien

Statt mit Kai im Auto zu fahren, reist Juna mit dem Zug in die alte Heimat. Die drei Männer, die sie am Bahnhof erwarten, haben leichtes Spiel. Als die Tschechin ihren ehemaligen Zuhälter erkennt, ist ihr, als wolle man sie nicht nur des Körpers, sondern überhaupt ihres Lebens berauben. Am liebsten hätte sie sich unsichtbar gemacht und wäre mit dem Bahnsteig verschmolzen. Auf dem gegenüberliegenden Gleis läuft gerade ein Zug ein. Für einen Moment überlegt sich die junge Frau, vor der Lokomotive auf die Schienen zu werfen. Aber selbst dafür fehlt ihr die Kraft. Einer der Männer packt sie grob am Arm und zischt ihr zu:

„Wenn du dein Schwesterchen wiedersehen willst, begleitest du uns freiwillig zum Wagen. Natürlich kannst du auch Theater machen. Dann verschwinden wir und holen uns dein Schwesterherz. Die Kleine wird für dich bezahlen. Nachdem wir sie erst mal in die Mangel genommen haben, wirst selbst du sie nicht mehr wiedererkennen.“

Juna weiß, wozu diese Männer fähig sind. Schließlich hatte einer von ihnen sie für Monate in einer alten Lagerhalle festgehalten. Hätte nicht einer ihrer unzähligen Freier Mitleid mit ihr bekommen und Pia benachrichtigt, wäre sie inzwischen längst auf der zerschlissenen Matratze verreckt oder drogensüchtig geworden und nicht mehr Herr ihrer Sinne. Vielleicht hätte sie sich aber auch mit einer der herumliegenden Glasscherben die Adern aufgeschnitten und wäre langsam verblutet, so wie ihre Vorgängerin.

„Ich sehe, du bist vernünftig. Nimm auf dem Rücksitz Platz und entspanne dich.“

Ihr Zuhälter führt sie zu einem alten Lieferwagen und bedeutet ihr, einzusteigen.

„Mittlerweile riechst du viel besser, als wir dich in Erinnerung hatten. Der Aufenthalt in Deutschland scheint dir gutgetan zu haben.“

Der Mann greift ihr unter das Kinn und zwingt sie, ihn anzuschauen:

„Frisch geduscht siehst du ganz appetitlich aus. Vielleicht sollten wir den Preis für die ersten zwanzig Freier verdoppeln.“

Juna nimmt all ihre Kraft zusammen, bevor sie den Wortführer zaghaft fragt:

„Was ist mit meiner Schwester passiert?“

„Das Mädchen ist noch bei ihrer Großmutter. Wir haben aber bereits eine Matratze besorgt, damit sie dir bald Gesellschaft leisten kann. Einige der Kunden stehen ja eher auf was Kleinem. Du wirst es dir bestimmt nicht nehmen lassen, sie anzulernen.“

Der Kerl grinst sie bösartig an.

Junas schlimmste Befürchtungen bewahrheiteten sich. Als sie das letzte Mal mit ihrer Schwester telefonierte, flehte die Großmutter sie an, heimzukommen und ihre Enkelin schnellstmöglich in Sicherheit zu bringen. Mehrfach hätten sich bereits Männer in der Nachbarschaft nach dem Mädchen erkundigt. Einer der Kerle wäre dem Kind sogar von der Schule bis vor die Haustür gefolgt.

Die Tschechin verflucht sich, Pia nicht schon längst von ihrem Plan informiert zu haben, die Schwester ebenfalls nach Deutschland zu holen. Als sie Kai davon berichtete, bat der sie, sich bis zur Rückkehr ihrer Anführerin zu gedulden, die gerade in Monaco sei. Aber Juna hatte plötzlich entsetzliche Angst bekommen, die Männer würden nicht so lange warten, und das Mädchen vorher kidnappen. Ihrer Oma hatte sie daraufhin von dem Plan erzählt, das Kind sofort in Sicherheit zu bringen. Nur wie hatten die Kerle davon erfahren? Allerdings gibt es täglich nur drei Züge von München nach Cheb und vermutlich entschied sich die Mehrheit der Reisenden so wie sie für den Zug, der gegen Mittag eintraf.

Eigentlich hatte sie immer befürchtet, dass ihr Zuhälter sich an ihrer Schwester vergreifen würde, um sie zur Rückkehr zu erpressen. Aber nachdem sie einige Zeit in München gelebt hatte, war die Angst langsam gewichen und sie hatte insgeheim gehofft, ein neues Leben beginnen zu können. Als sie den alten Schuppen in der Ferne auftauchen sieht, wo sie mehrere Monate gefangengehalten worden war, weiß Juna, dass sie sich falsche Hoffnungen gemacht hatte.

Einer ihrer Begleiter schließt die Tür auf. Drinnen ist alles noch genauso, wie sie es in Erinnerung hatte: Die durchgelegene Matratze, die vor Dreck starrt, ein Blechkanister für ihre Notdurft und der Wassereimer, um sich zu waschen. Oder besser, um sich zu säubern, wenn wieder einer der Freier darauf bestanden hatte, sie ohne Schutz zu vergewaltigen.

Als wäre die Aussicht, was sie hier erwartet, nicht bereits schlimm genug, belehrt sie ihr Zuhälter:

„Die ersten Tage wirst du hier untergebracht. Zumindest so lange, bis dein Retter wieder auftaucht. Nur diesmal wird er sich nicht so einfach mit dir davonstehlen können, wie vor ein paar Monaten. Jetzt wird er Augenzeuge werden, was dein Schicksal von nun an ist. Sobald er sich sattgesehen hat, nehmen wir ihn uns vor. Danach wird er wünschen, sich niemals mit uns angelegt zu haben. Sofern er dann überhaupt noch in der Lage ist, sich etwas zu wünschen.“

Die drei lachen sich halbtot bei der Vorstellung, wie sie ihren Freier kastrieren werden.

Als Juna sich auf ihre alte Matratze kauert, bricht sie zusammen. Von Weinkrämpfen geschüttelt heult sie Rotz und Wasser. Als sie der erste Kunde in diesem Zustand erblickt, macht er auf der Stelle kehrt und verlangt von dem Bewacher an der Tür sein Geld zurück:

„Ich bin schließlich gekommen, um hier Spaß zu haben, aber doch nicht von so einer Heulsuse genervt zu werden. Da hätte ich auch bei meiner Alten bleiben können. Die stellt sich jedes Mal genauso an.“

Ihr Aufpasser zerrte sie daraufhin an den Haaren hoch und drohte ihr, sich zusammenzureißen. Andernfalls würde man umgehend ihr Schwesterchen als Ersatz heranschaffen.

Glücklicherweise ist der zweite Freier weniger zart besaitet.

Wie aus weiter Ferne hört Juna ihren Zuhälter dem Kunden versichern, dass alles seine Ordnung habe. Die Nutte sei auf Entzug und müsse sich Geld für den nächsten Schuss verdienen. Danach ginge es ihr bestimmt gleich wieder besser.

Der Mann schaut sich das Häufchen Elend an, das da vor ihm auf der Matratze hockt. Die Frau schien es tatsächlich nötig zu haben. Bei seinen Besuchen in der tschechischen Grenzstadt hatte er schon viele durchgeknallte Weiber erlebt, aber die hier war in besonders schlechter Verfassung.

---ENDE DER LESEPROBE---