Minderjährige Marionetten Band 3 - Krisztina Kournikova - E-Book

Minderjährige Marionetten Band 3 E-Book

Krisztina Kournikova

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Beschreibung

Die Privatermittlerin Pia sucht ein 18-jähriges Model, das im Anschluss an eine Modenschau auf einem Kreuzfahrtschiff nicht mehr nach Hause zurückkehren will. Monique ist in die Fänge von Milliardären geraten, die nicht nur wie Silvio Berlusconi minderjährige Mädchen für Bunga-Bunga Partys rekrutieren oder wie Jeffrey Epstein ihre Opfer auf einer Privatinsel an Geschäftspartner vermitteln, sondern junge Frauen als Köder benutzen. Während der Amerikaner kompromittierende Aufnahmen der Halbwüchsigen und ihrer einflussreichen Partner an Geheimdienste weitergab oder für seine eigenen Zwecke benutzte, soll Monique als Lockvogel für einen arabischen Prinzen abgerichtet werden. Auf ihrer Suche nach dem Model wird Pia nicht nur mit Milliardären konfrontiert, die mittels KO-Tropfen leblose Frauen vergewaltigen, sondern auch mit deren Helfern aus der italienischen Mafia und Neofaschisten Szene. Aber weit mehr als der Missbrauch junger Mädchen erschreckt Pia die perfide Herangehensweise der Täter, die ihre Opfer zu Komplizinnen machen. Das Trainingsprogramm läuft über Modenschauen, Besuche auf Luxusyachten, Partys und die Aufenthalte in den Resorts der Superreichen. Am Ende ist aus einer lebenslustigen jungen Frau eine Leibeigene geworden, die sich selbst kaum noch versteht. Die Serie Minderjährige Marionetten ist auf drei Bände angelegt, von denen die ersten beiden Bücher gerade erschienen sind. Klick auf die LESEPROBE, mehr zu erfahren.

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Minderjährige Marionetten

Band 3

Missbrauch und Menschenhandel durch Milliardäre

 

Krisztina Kournikova

 

Herausgegeben von Krisztina Kournikova

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe 2021 bei Krisztina Kournikova

Published by Krisztina Kournikova

Copyright 2021 Krisztina Kournikova

 

2. Auflage

 

[email protected]

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

Zu diesem Buch

Was bisher geschah

Al Fakhriyyah Distrikt in Riad

Costa Smeralda

Bordighera

Olbia

Rom

Al Olaya Distrikt in Riad

Al Hada Distrikt in Riad

Thumamah National Park

Insel Mühle

Camel Racetrack

Prinzen Palast

Palast des Kronprinzen

New York

Al Faisaliah Hotel

Ad-Dira Distrikt in Riad

Lobby im Hotel Al Faisaliah

VIP Terminal

Notfall Aufnahme

Grand Hotel Bordighera

Flughafen Café

Le Bar Américain

Port Hercule

Villa La Vigie

Epilog

Literatur zum Thema

Bücher von Krisztina Kournikova

Krisztina Kournikova

Mein Geschenk für dich

Wie du mich erreichen kannst

Impressum

 

 

 

Zu diesem Buch

Natürlich handelt es sich bei der Suche Pias nach einer 18-Jährigen um Fiktion. Geschehnisse aus dem realen Leben standen allerdings Pate für einige der im Roman beschriebenen Taten. Wer mehr zu den verschwundenen arabischen Töchtern oder dem Missbrauch minderjähriger Mädchen durch Jeffrey Epstein und seine Gefährtin Ghislaine Maxwell erfahren möchte, findet im Internet zahlreiche Hinweise. Auch über die kriminellen Aktivitäten des früheren italienischen Premiers Silvio Berlusconi und seiner Helfer existieren Bücher und unzählige Zeitungsartikel. Obwohl es wesentlich weniger Informationen zur Zusammenarbeit von Milliardären und deren Menschenhandel gibt, lassen sich auch hierzu Quellen finden.

Ich habe mich bemüht, Motivation und Handlungen der fiktiven Charaktere möglichst wirklichkeitsgetreu zu gestalten. Inwieweit es dabei zu Überschneidungen mit den Überlegungen und Taten realer Personen kommt, kann ich nicht beurteilen. Wesentlich wichtiger als Charaktereigenschaften zuzuordnen scheint mir, verbrecherische Machenschaften aufzudecken. Während im wirklichen Leben Reichtum, Macht und Ansehen die dahinter verborgene kriminelle Energie oft verbergen, kann im Roman der Blick statt auf das Geld, auf die Opfer gelenkt werden.

Vielleicht kann dieses Buch helfen, die perfide Herangehensweise einiger milliardenschwerer Verbrecher besser zu verstehen. Damit könnte diese Serie einen Beitrag leisten, Täter als gewöhnliche Kriminelle zu begreifen, ihrer Version der Geschichte nicht blindlings zu vertrauen und hoffentlich nicht auf sie hereinzufallen.

Nicht nur junge Mädchen werden von der Gesellschaft dazu gebracht, sich zu unterwerfen, sondern auch Journalisten, die ehrfürchtig auf das Lebenswerk eines Milliardärs verweisen oder Politiker, die Epstein jahrelang den Rücken freihielten. Es gibt nicht nur eine sexuelle Unterordnung, sondern eine nicht weniger problematische Kapitulation vor den Inszenierungen der Mächtigen und der Beeinflussung durch Superreiche, ohne zu hinterfragen, auf welche Betrügereien sich deren Erfolg gründet.

 

 

 

Was bisher geschah

Mit Freunden hatte Pia in München die Fluchthilfe gegründet, eine Organisation für in Abhängigkeit geratene Frauen. Als die achtzehnjährige Monique in Italien verschwindet, bittet sie deren Patenonkel, das untergetauchten Model zu finden.

Ein Motorradfahrer verunglückt in Monte Carlo bei dem Versuch, Pia zu erschießen, die dort mit einer Kollegin der Vermissten verabredet ist. Moniques Bekannte verspricht der Privatermittlerin, sie auf eine Yacht zu schleusen, die sie nach Sardinien, zu den neuen Freunden des Models bringen wird.

Die Vertraute und Fixerin eines saudischen Prinzen ärgert sich über den missglückten Anschlag auf Pia und überlegt, wie man die Privatdetektivin davon abhalten könne, weiterhin nach Monique zu fahnden. Sie weiß aus eigener Erfahrung, dass es kein Entkommen aus den Fängen der Milliardäre gibt.

In der Zwischenzeit ist Monique in Riad eingetroffen, wo sie an einer Modenschau teilnimmt. Dort lernt sie, dass weniger die Kleider und eher die Mannequins das Interesse der Saudis erregen. Ein Prinz bietet ihr an, sie von der Fleischbeschau zu erlösen, wenn sie bereit wäre, seinen Geschäftspartner und dessen Sohn kennenzulernen und die beiden auszuforschen.

Der Besitzer ihres Hotels in Monaco überrascht Pia damit, von ihrer Suche nach Monique erfahren zu haben. Jean-Luc vertraut ihr an, dass seine Tochter vor Jahren ebenfalls verschwunden und völlig gebrochen zurückgekehrt sei. Deshalb böte er ihr seine Hilfe an. Pia wundert sich, woher der Hotelier wusste, dass ein Anschlag auf sie verübt worden war. Ist sein Angebot, ihr zu helfen, wirklich so uneigennützig?

2. Buch:

Als Pia nach München zurückkehrt, erfährt sie, dass eine Freundin erneut in die Gewalt ihres Zuhälters in der Tschechei geraten ist. Mit Freunden macht sie sich auf die Suche nach der jungen Frau.

Salih, der Sohn des Mannes, den Monique ausforschen soll, betätigt sich als ihr Tour Guide. Dabei kommen sie sich immer näher. Auf der Fahrt zurück zum Flughafen besucht sie im Krankenhaus eine Kollegin, die vergewaltigt wurde.

Eine Schülerin wird in Libyen gefangengenommen und über Jahre bestialisch missbraucht. Als Angehörige davon erfahren, wenden sie sich von ihr ab. Auch in der Gesellschaft gilt sie als verdorben.

Pia holt sich Rat bei ihrem alten Freund, dem Kommissar. Soll sie ihr Leben für Monique riskieren, die gar nicht gefunden werden will?

Minderjährige Amerikanerinnen werden von einem Sexualstraftäter rekrutiert, ihm ihre Freundinnen auszuliefern. Sein späteres Schicksal erscheint vorhersehbar.

Trotz ihrer Bedenken kehrt Pia nach Monaco zurück, um sich auf eine Segeltour nach Sardinien zu begeben, wo Monique im Anwesen des italienischen Politikers vermutet wird. Während der Überfahrt erfährt sie von einem Bodyguard von dem geheimen Leben arabischer Prinzen.

In Sardinien wird Pia Zeugin, wie minderjährige Mädchen von den anwesenden Gästen missbraucht werden. Sie schließt Freundschaft mit zweien der Opfer.

 

***

 

In der Reihe Ein viel zu nacktes Mädchen bekämpft Pia den Missbrauch von Waisenkindern in kirchlichen Institutionen, die Abrichtung von Jugendlichen zu willfährigen Lolitas, die Ausbeutung von Bettelkindern, den Menschenhandel durch ost-europäische Clans und die Zwangsprostitution im Rotlicht Milieu.

Minderjährige Marionetten basiert zwar auf Pias Werdegang, wie in der Serie Ein viel zu nacktes Mädchen geschildert, ist aber eine eigenständige Reihe.

 

 

 

Al Fakhriyyah Distrikt in Riad

Als sich der Prinz die Bilder der beiden Sex-Puppen auf seinem Bildschirm betrachtet, kommt ihm eine Idee. Er wird dem Kronprinzen nicht nur eine Barbie aus Fleisch und Blut ausliefern, sondern obendrein zwei künstliche Schwestern. Die Sex-Dolls waren lebensgroße Kopien dieses amerikanischen Kinderspielzeugs, das die Puppenindustrie in den sechziger Jahren revolutioniert hatte. Eigentlich wäre die ursprüngliche Barbie längst zur Großmutter gealtert, tatsächlich sahen die drei Mädchen sich verblüffend ähnlich. Wusste man es nicht besser, würde man sie aus der Ferne für Drillinge halten. Dabei erfüllten die liebevoll aufgebohrten Schaufensterpuppen eher unbekleidet ihren Daseinszweck im Gegensatz zu dem aufwendig gestylten Mannequin.

Mit Videos, die er von der Deutschen während einer dieser sogenannten Modenschauen hatte aufnehmen lassen, würde er sie bestimmt davon überzeugen können, mitzuspielen. Zusätzlich könnte man sie mit heimlich fotografierten Bildern unter Druck setzen, sobald es zwischen ihr und Salih zum Geschlechtsverkehr gekommen war. Saudische Gesetze verfolgen nicht nur sexuelle Freizügigkeit auf dem Laufsteg mit drakonischen Strafen, sondern ebenfalls lasterhaftes Verhalten von Unverheirateten. Statt ins Gefängnis zu wandern, täte Monique ihm sicherlich den Gefallen, sich bei dem Königssohn einzuschleimen. Danach würden die Dinge ihren Lauf nehmen. Er bräuchte nur darauf zu warten, bis sein Gegner sich in die Nesseln gesetzt, beziehungsweise über das Mädchen hergemacht hätte.

Ein Unsicherheitsfaktor stellte überraschenderweise der Sohn seines Geschäftspartners dar. Während der junge Mann in der Vergangenheit immer bereitwillig seine Rolle gespielt hatte, schien er es sich plötzlich anders überlegt zu haben. Allerdings war sein Vorschlag, die Deutsche, wie geplant, zunächst in sich verliebt zu machen, danach jedoch um einen großen Gefallen zu bitten, sogar noch wirkungsvoller als plumpe Erpressung durch Filme und Fotos. Er benötige ihre Hilfe, würde der Liebhaber behaupten, in einer der saudischen Vertretungen angestellt zu werden. Zudem würde ihr der Lover Boy eine gemeinsame Zukunft als Botschaftergattin in Aussicht stellen.

Sollte das Model sich gegen die ihr zugedachte Aufgabe sperren, könnte man sie immer noch mit den Aufnahmen unter Druck setzen. Salih hatte vermutlich Recht mit seinem Argument, Monique würde sich wesentlich kooperationswilliger zeigen, sobald es um ihre zukünftige Beziehung ginge. Natürlich war nicht vorauszusehen, wie sich die Achtzehnjährige aufführen würde, nachdem sie der Prinz vergewaltigt hatte und als sein Eigentum betrachtete. Aber vielleicht war sie auch so einfältig, dem Königssohn sein Interesse an ihr abzukaufen und gedankenlos ihren Märchenprinzen gegen einen echten Kronprinzen eintauschen.

Dass sein Gegenspieler keinen Gefallen an der Deutschen fände, wollte er sich lieber nicht vorstellen. Das erschien ihm auch höchst unwahrscheinlich. Trotzdem musste man sämtliche Eventualitäten einkalkulieren und sich für mögliche Alternativen bereithalten.

Eigentlich war vorhersehbar, dass das Model die ihr zugedachte Rolle nur widerstrebend akzeptieren würde. Hier galt es dann zu improvisieren. So wie er Monique kennengelernt hatte, würde sie vermutlich wenig interessiert sein, dem Kronprinzen lediglich als Betthäschen zu dienen. Doch wie er seinen Widersacher kannte, würde der ihren Widerstand eher amüsiert zur Kenntnis nehmen. Entweder vergewaltigte der Königssohn sie auf die schnelle Tour oder, falls er einen guten Tag erwischt hatte, machte er sie mit KO-Tropfen zunächst willenlos. Und vergewaltigte sie dann.

Über einen Helfer im Palast könnte man der jungen Frau anschließend die Flucht ermöglichen und sie bei ihrer Botschaft absetzen. Bestimmt würde sich daraufhin die Weltöffentlichkeit ihrer annehmen und seinen Cousin als brutalen Triebtäter brandmarken. Nach der Ermordung des amerikanischen Journalisten wäre dies zwar nur ein weiterer Tropfen, aber vielleicht der entscheidende, das Fass zum Überlaufen zu bringen: den Kronprinzen nicht nur in der arabischen Welt, sondern hoffentlich auch in den Augen seines Vaters, des Königs zu diskreditieren.

Allerdings hieß es, der alte Mann sei dement und bekäme nicht einmal mehr mit, dass der Sohn seine Mutter seit Jahren von ihrem Ehemann fernhielt. Man bezichtigte die Frau, ihre Blutsverwandten in Schlüsselrollen hieven zu wollen. Deswegen hatte man sie kaltgestellt. Intrigen am Hof währten so lange wie die Herrschaft des Hauses Saud. Immer wieder boten sie jedoch ungeahnte Möglichkeiten, eigene Interessen durchzuboxen.

Die zwei Sexpuppen kamen da wie gerufen. Nicht nur waren sie ein gefundenes Fressen für die Muttawwa, ihre Religionspolizei, die sogar Barbiepüppchen auf dem Index führte, sondern für alle Gegner des de facto Herrschers von Saudi-Arabien. Er würde seinen Gegenspieler zum Gespött der Leute zu machen, der eine künstliche nicht von einer echten Frau unterscheiden könne. Nicht nur sei der Königssohn bereits auf ein gefälschtes Da-Vinci-Gemälde hereingefallen, jetzt schien er nicht mal mehr in der Lage, eine lebendige und eine mechanische Barbie auseinanderhalten zu können. Anstandslos würde er sich auf alles stürzen.

Der Tod Khashoggis hatte zwar weltweites Kopfschütteln über das dilettantische Vorgehen des königlichen Killer-Kommandos ausgelöst, aber auch die Angst vor dem Kronprinzen geschürt. Offensichtlich konnte er es sich leisten, vor den Augen der Weltöffentlichkeit ungestraft einen Amerikaner ermorden zu lassen. Jetzt dagegen würden die Leute nicht Furcht empfinden, sondern Schadenfreude, den von sich derart überzeugten Kerl in flagranti erwischt zu haben: Diesmal nicht als Schlächter mit der Kettensäge, aber Sexualstraftäter, der sich sogar künstlicher Schlupflöcher bediente. Dazu bedurfte es lediglich eines geschändeten Mädchens, das sich in seine Botschaft gerettet hatte, und einiger Aufnahmen von Sexpuppen in den Gemächern seiner Königlichen Hoheit.

Der schmächtige Mann grinst vergnügt in seinen ergrauten Bart. Diesmal wird er seinen Spaß haben und nicht der Cousin. Monatelang hatte der Kerl ihn im Ritz-Carlton interniert, bevor er schließlich einwilligte, einen Großteil seines liquiden Vermögens an ihn abzutreten.

Außerdem musste er Bloomberg, dieser amerikanischen Nachrichtenagentur ein Videointerview geben. Über eine Stunde hatte er dem Journalisten gegenüber beteuert, dem geschätzten Vetter alles vergeben und jegliche Schmach komplett aus seinem Gedächtnis verdrängt zu haben. Nur, wie – bitte schön - kann man sechs Milliarden Dollar Lösegeld einfach vergessen, werden sich seine anderthalb Millionen Zuschauer auf YouTube gefragt haben.

Zum Gespött der Leute hatte er sich gemacht. Ungläubig wird man den Kopf geschüttelt haben, als er dem Journalisten auftischte, jederzeit zuvorkommend behandelt worden zu sein und einen hervorragenden Service genossen zu haben. 83 Tage und Nächte hatte man ihn weichgeklopft, bevor er schließlich die Abfindung unterzeichnete. Danach zwang man ihn zu beschwören, alles sei lediglich ein Missverständnis gewesen. Weder hätte man ihm Strafen auferlegt noch ihn einer Verfehlung bezichtigt. Nur wer zahlt freiwillig mehrere Milliarden Dollar Geldbuße für etwas, das nie geschehen war?!

Wenigstens gelang es, in dem Interview auch die eine oder andere Spitze gegen seine Erpresser zu verstecken. Der Prinz schmunzelt, als er sich an seinen Lieblingssatz erinnert.

Da ich nie Mitglied der Regierung war, hatte ich doch überhaupt keine Chance, korrupt zu sein.

Durch Übertreibungen hoffte er, seine Zuhörer dafür hellhörig zu machen, dass er nicht die Wahrheit sagte, sondern seinen Häschern einen Persilschein ausstellen musste:

Niemand von uns wurde schlecht behandelt, geschweige denn drangsaliert oder gar gefoltert.

Vollkommen freiwillig hätten 381 Gefangenen zusammengelegt und dem Königssohn insgesamt 86 Milliarden Euro ausgehändigt. Obwohl sich keiner miteinander unterhalten durfte, hatten sie schließlich alle klein beigegeben. Berichte, dass man amerikanische Folterspezialisten eingeflogen habe, seien genauso weit hergeholt, wie Gerüchte, dass er sich mit den Machthabern überworfen habe.

Ich bin ein Mitglied der königlichen Familie und unterstütze meinen Onkel, den König und seinen Sohn, die mich gefangen genommen haben, weiterhin als wäre nichts geschehen. Meine Beziehung zu ihnen ist schlichtweg großartig. Mein Cousin übernimmt ja auch viele meiner Ideen und bezieht sie in seine Pläne mit ein. Er macht sogar zehnmal mehr daraus, als ich mir in meinen kühnsten Träumen vorstelle.

Bei dieser Überlegung kichert der Prinz in seinen Bart. Dann greift er zum Telefon und ruft den Lover Boy an.

„Bist du dir wirklich sicher, das Model innerhalb der nächsten Tage dazu bringen zu können, sich dem Kronprinzen auszuliefern?“

„Kommende Woche empfängt Seine Königliche Hoheit in der Residenz europäische Repräsentanten. Wie ich den Hausherren kenne, langweilt er sich dabei zu Tode. Mit Monique werde ich an dem Empfang teilnehmen und sie ihm vorstellen. Glaube mir, danach nimmt das Schicksal seinen Lauf. Ich werde meine Freundin bitten, mir einen besonderen Gefallen zu tun. Der Kronprinz überlege, mich als einen seiner künftigen Botschafter einzusetzen. Sobald wir geheiratet hätten, würden wir dann gemeinsam nach Europa ziehen. Dafür tut sie bestimmt alles.“

„Dein Wort in Gottes Ohr. Grüße mir deinen Vater. As salamu aleykum.”

„Aleykum as salam.”

Erneut betrachtet sich der Saudi die Fotos des Models und ihrer künstlichen Abbilder. Die Ähnlichkeit war frappierend. Vielleicht fiel ihm sogar ein weiterer Verwendungszweck für die Sex-Puppen ein. Er überlegt, ob er sich selbst mit der Überbringerin treffen, oder lieber einem seiner Untergebenen den Auftrag erteilen soll. Zu viele Mitwisser waren allerdings immer ein Problem. Salih steckte bereits bis über beide Ohren in dem Komplott. Am besten war es sicherlich, der junge Mann träfe sich mit der Deutschen und verhandelte mit ihr den Preis für weitere Lieferungen. Wieder einmal muss er sich zu seiner Umsicht gratulieren. Sollte wider Erwarten tatsächlich etwas schiefgehen, stünde das Wort eines gewöhnlichen Saudis gegen das eines Mitglieds der Königsfamilie. Es war voraussehbar, wem man eher glauben würde.

Der bald siebzigjährige Saudi Prinz lehnt sich in seinem Ledersessel zurück und schaltet die Massagefunktion ein. Es faszinierte ihn immer wieder, wie leicht Menschen sich korrumpieren ließen, sobald sie etwas Bestimmtes besitzen wollten. Er dagegen hielt sich zugute, eher allergisch darauf zu reagieren, wenn man ihm einen Teil seines Vermögens wegnahm. Unsummen hatte der Kronprinz von seinen fast 400 Gefangenen kassiert, bevor sie wieder aus ihrem Luxusknast im Ritz-Carlton freigelassen wurden. Ihnen allen hatte man Korruption vorgeworfen, dabei gab es eigentlich nur einen, dem auch diese Krone gebührte.

Trotz eines geschätzten Vermögens von 20 Milliarden Euro musste er sich von seiner Beteiligung an einer prestigeträchtigen Hotelgruppe trennen, um die vom Kronprinzen und seinem Generalstaatsanwalt verhängte Summe aufbringen zu können. Vermutlich hatte der Königssohn sich von dem ihnen geraubten Besitz dann seinen gefälschten Salvator Mundi geleistet. Zu dem angeblichen Retter der Welt würde er jetzt auch noch drei Erlöserinnen für seinen Sexualtrieb dazubekommen. Sogar kostenlos, wenn man den Gesichtsverlust nicht in Rechnung stellte!

Befriedigt reibt er sich die Hände. Wer sich mit ihm anlegte, würde teuer dafür bezahlen. Zeit, dass dieser Sachverhalt auch in die Ohren Seiner Königlichen Hoheit drang. Er überlegt, ob er ebenfalls an dem Empfang der Botschafter teilnehmen soll, entscheidet sich aber dagegen. Erstens würde seine Anwesenheit bestimmt Fragen aufwerfen und zweitens war er mit einer Investorengruppe in Monaco verabredet, um dort ein Luxushotel zu übernehmen. Schließlich galt es den Verlust der Hotelkette wieder auszugleichen, von der er sich wegen der Zahlung an seinen Cousin hatte trennen müssen.

Der Prinz bestellt sich über die Sprechanlage in der Küche sein geliebtes Sorbet. Während seiner dreimonatigen Internierung hatte er nur das Eis von Mövenpick erhalten. Jetzt endlich war es wieder hausgemacht aus frischen Erdbeeren. Er liebte Süßigkeiten und leistete sich dafür sogar zwei Köche.

In einer Stunde wird Monique eintreffen. Unter dem Vorwand, die Familie von Salih zu bespitzeln, hatte er sie nach Riad zurückbeordert. Er ist gespannt, ob sie inzwischen Gewissensbisse verspürte, nachdem sie sich zwischenzeitlich in den Sohn verliebt hatte. Dabei bedurfte es der Überwachung gar nicht mehr. Statt schnöder Spionage bediente er sich des viel raffinierteren Domino Effekts: Man stieß nur einen einzigen Stein an, setzte damit aber eine Kette von Ereignissen in Bewegung. Je gegensätzlicher die einzelnen Stationen dabei waren, desto sicherer konnte man sich des Endergebnisses sein: Vorstellen des Zielobjektes zum Ausspionieren, Verlieben in den Lover Boy, Kennenlernen des Kronprinzen, Liebesbeweis, Vergewaltigung ...

Sollte sich das Model heute weigern, die ihr zugedachte Ausforschung weiter wahrzunehmen, würde er ihr augenzwinkernd zu verstehen geben, sie habe ihm durch ihre Beziehung zu Salih ja längst bestätigt, dass es sich bei dem Sohn um einen ernsthaften jungen Mann handele. Er beglückwünsche sie zu ihrer Entscheidung, sich für ein zukünftiges Mitglied ihres diplomatischen Korps entschieden zu haben. Damit habe sie aller Welt bewiesen, ihren Weg auch ohne die Eltern gehen zu können.

Angeblich hatten ihre Angehörigen sogar einen Detektiv eingestellt, sie nach Hause zurückzuholen. Doch jetzt wurde sie erst einmal hier benötigt. Hoffentlich würde sie Blut lecken und das voraussichtliche Interesse des Kronprinzen in sie zusätzlich anfachen.

Schade, dass er nicht vor Ort miterleben konnte, wie die Falle zuschnappte. Aber manchmal war es von Vorteil, nicht direkt in das Geschehen involviert zu sein und es aus sicherer Distanz zu beobachten. Monaco wäre bestimmt genügend weit vom Schuss entfernt, ihm keine unmittelbare Beteiligung an den kommenden Auseinandersetzungen unterstellen zu können.

Auf Anweisung seines Cousins hatte er die Weltöffentlichkeit mit diesem schändlichen Interview über den Raubzug Seiner Königlichen Hoheit hinwegtäuschen müssen. Genauso würde er jetzt den Königssohn mit diesen drei Barbies hereinlegen und diesmal ihn zum Narren machen.

Er erhebt sich aus seinem Sessel und begibt sich in sein Arbeitszimmer, nachschauen, welche Termine man für ihn in Monaco arrangiert hatte, und sich danach dieses deutsche Model zur Brust zu nehmen. Anscheinend wollte die ganze Welt getäuscht werden. Man musste nur aufpassen, nicht auf der Seite der Betrogenen, sondern der Strippenzieher zu landen. Ob er sich schnell noch eine weitere Süßigkeit gönnen sollte?

 

 

 

Costa Smeralda

Obwohl Pia wenig Lust hat, sich den Sangeskünsten ihres Gastgebers auszusetzen, begibt sie sich zu dem Amphitheater. Der Weg führt an dem riesigen Swimmingpool vorbei, in dem selbst jetzt am Abend noch Mädchen in knappen Bikinis, einige sogar barbusig mit ihren Begleitern herumtollen. Das Theater, das angeblich 4,000 Menschen Platz bietet, ist in einen Abhang gebaut. Auf den acht Steintreppen liegen Sitzkissen in demselben hellen Farbton, in dem auch die viereckigen Säulen gehalten sind, die an der Stirnseite eine Art Bühne bilden.

Die Deutsche ist gespannt, ob sie dort Makayla und ihrem englischen Lover begegnen wird. Aber die einzige ihr bekannte Person ist der Bruder des Prinzen, den sie auf der Überfahrt kennengelernt hatte. Freudestrahlend kommt der Araber auf sie zu und fragt höflich, ob der Platz neben ihr noch frei sei. Notgedrungen bejaht sie. Genauso wenig, wie sie Porco singen hören möchte, ist sie daran interessiert, hier mit einem der Kinderschänder Smalltalk zu führen.

Nur schwer kann sie sich zurückhalten, das Gespräch nicht auf die minderjährigen Mädchen zu bringen, die gerade von allen Seiten im Schlepptau ihrer Vergewaltiger in das Theater strömen. Überrascht stellt sie fest, dass weit über hundert Gäste dem Ruf des singenden Politikers gefolgt sind. Scheinheilig fragt sie ihren Sitznachbarn, ob er sich denn bisher gut amüsiert habe. Seine Antwort erstaunt sie allerdings.

„Ach wissen Sie, wir sind eigentlich geschäftlich hier und mit dem englischen Prinzen verabredet. Anscheinend ist Seine Königliche Hoheit aber noch anderweitig beschäftigt.“

„Ja, es ist erstaunlich, wie lange eine gewöhnliche Fußmassage dauern kann.“

Der Araber schmunzelt: „Sie wissen also von dem Fetisch des Engländers?“

„Makayla wird es sicherlich nicht bei den Füßen belassen, so wie ich ihren amerikanischen Coach kenne. Aber sehen Sie nur, dort drüben nimmt der Prinz gerade Platz, allerdings wird er jetzt von dem russischen Oligarchen begleitet.“

„Verdammt und dabei wollte Angel mich informieren, sobald die kleine Schwarze ihre Aufgabe erfüllt hatte.“

„Wenn man vom Teufel spricht, ist er meist nicht weit entfernt. Dort drüben kommen gerade die Amerikaner. Lassen Sie uns gemeinsam hinübergehen. Ich erkundige mich, wo Makayla steckt, und Sie können sich beschweren, nicht sofort vom Ende des Schäferstündchens informiert worden zu sein.“

Ohne die Antwort ihres Begleiters abzuwarten, erhebt sich Pia und steuert auf das Pärchen zu. Notgedrungen folgt ihr der Prinz.

„Hallo Angel, Paolo wollte uns eigentlich bekanntmachen, aber als er mich seinem russischen Freund vorstellte, haben wir uns aus den Augen verloren. Wissen Sie, wo ich Makayla finden kann?“

Überrascht schaut sie der Serienvergewaltiger an, bevor er seine Begleiterin fragt: „Weißt du, wo das Mädchen steckt?“

Dann wendet er sich dem Araber zu, der Pia auf dem Fuß gefolgt ist, und begrüßt ihn überschwänglich. Die Zwanzigjährige würdigt er keines weiteren Blicks. Dafür spricht Angelina sie an und will wissen, woher sie eigentlich Paolo kenne. Statt die Frage zu beantworten, berichtet Pia von der Fahrt auf dem Motorsegler von Marseille nach Sardinien und dass sie dabei auch die beiden arabischen Prinzen kennengelernt habe. Während sie überlegt, was ihr noch zu Paolo einfällt, entdeckt sie Makayla, die gerade die Arena betritt. Um sich keinen weiteren Fragen mehr auszusetzen, zieht sie ihr Handy aus der Tasche und erklärt entschuldigend, diesen Anruf leider entgegennehmen zu müssen. Mit einem Winken verabschiedet sie sich von der Gruppe und läuft Richtung der Amerikanerin, der sie durch ein Zeichen bedeutet, ihr in den Park zu folgen. Kaum sind die beiden jungen Frauen allein, bricht es aus der Sechzehnjährigen hervor.

„Du hattest Recht, diese Schweine wollten mich tatsächlich dem englischen Prinzen unterschieben. Weißt du, was am krassesten war? Nachdem sie eine Aufnahme von mir und diesem Fußfetischisten gemacht hatten, befahlen sie mir, ihm in sein Zimmer zu folgen.

Du hättest Seine Königliche Hoheit einmal sehen sollen, wie die auf meine Zehen abfuhr. Ich habe schon einige durchgeknallte Typen erlebt, aber als der von mir verlangte, an seinen Schweißfüßen zu lutschen, bin ich stiften gegangen. Dabei hatte ich den Kerl bereits mit einem Blowjob verwöhnt. Den fand ich allerdings eher witzig. Bei den Füßen hörte der Spaß dann aber auf.“

„Was war denn am Blasen so lustig?“

„Der Königssohn dachte wohl, ich würde sein Sperma runterschlucken. Stattdessen bin ich ins Bad gestürzt und habe all die königlichen Samenfäden ins Klo gespuckt. Millionen kleiner Prinzen und Prinzessinnen sind da in der Scheiße gelandet. Das fand der Typ überhaupt nicht amüsant und machte mich deswegen zur Sau. Der glaubte wirklich, sein Sperma sei zum Verzehr geeignet und ich ein Allesfresser. Daraufhin habe ich meine Sachen gepackt und bin gegangen. Dem sollte mal einer den Marsch blasen. Vermutlich denkt der Kerl, Normalsterbliche seien lediglich Abflusslöcher für seine königliche Durchlaucht.

Nur weil ich aus dem Trailer Park komme und Mama eine Crackschlampe ist, heißt das noch lange nicht, dass man mich wie einen jungen Hund herumreichen kann, der seinem jeweiligen Herrchen dann die Füße leckt.

Ich glaube, die Ägypterin muss jetzt da weitermachen, wo ich aufgehört habe. Inzwischen widern mich diese Kerle hier richtig an. Hätte ich mich nur nie diesem perversen Pärchen vorstellen lassen. Die wollen dich nur für ihre Geschäfte einspannen. Ich vermute, Angel benutzt die Fotos später, um uns alle erpressen zu können.“

Als sie Pias überraschten Blick sieht, fährt sie fort.

„Aus einem Gespräch, das er im Flugzeug mit Angelina führte, habe ich durch Zufall mitbekommen, dass er Material gegen den Prinzen sammelt. Wahrscheinlich sollte ich vor allem deswegen mit dem Fetischisten anbandeln, um den Kerl später damit erpressen zu können. Ich habe keine Ahnung, was das Mindestalter in England ist, aber in Florida wäre er dran, sollte herauskommen, dass er seinen großen Zeh in mich gebohrt hat.

Und obendrein spielt Angel sich als mein Zuhälter auf und Angelina bestärkt ihn noch darin. Für wie blöd halten die beiden mich eigentlich? Ich bin doch kein Gully für deren Geschäftspartner.“

Makayla ist vor Wut völlig außer sich.

„Ich danke dir, dass du mir die Augen geöffnet hast. Vermutlich wäre auch ich eines Tages verschwunden, so wie deine Freundin. Nachdem ich meine Pflicht erfüllt hätte! Am liebsten würde ich den ganzen Laden hier in die Luft jagen.“

„Beruhige dich erst mal wieder, sonst merken deine beiden Begleiter, dass du nicht mehr mitspielst und dich gegen sie stellst. Melde dich einfach krank und behaupte, deine Monatsblutung habe eingesetzt. Oder Mama sei verunglückt und du müsstest sofort nach Hause. Irgendwas wird dir bestimmt einfallen.“

Freundschaftlich umarmt sie das Mädchen, bevor sie weiterspricht.

„Ich habe mich heute mit einem Russen unterhalten, der mir erklärte, die Halbwüchsigen hier seien lediglich Fast Food, eben ein paar Chicken Nuggets, die man sich schnell mal reinschiebt.“

„Dieses Gefühl hatte ich bei dem englischen Zehenlutscher auch. Der interessierte sich überhaupt nicht für mich, sondern hatte es nur darauf abgelegt, dass ich seine perversen Triebe befriedige und sein Sperma wertschätze. Stattdessen habe ich es in der Toilette runtergespült.“

Makayla schüttelt sich vor Lachen.

„Dabei sollte der Kerl mir dankbar sein, dass ich seine Spermien nicht aufbewahrt habe, sonst wäre er jetzt genauso dran wie dieser Clinton.“

Auch Pia muss grinsen. Es war verblüffend, wie schnell aus dem süßen kleinen Donut, als den sie ihre Betreuer verstanden, eine selbstbewusste junge Frau geworden war.

„Hast du eigentlich noch mehr über dein Bonnie und Clyde Pärchen herausgefunden? Verfolgen die, außer den Party Prinzen zu kompromittieren, hier weitere Interessen?“

„Keine Ahnung, aber erinnerst du dich an diese Tänzerin, die ihr Oberteil nicht ausziehen wollte?“

„Ja, das Mädchen tat mir leid. Sie wirkte noch so unschuldig.“

„Damit dürfte es inzwischen wohl ein Ende haben. Angelina hat sich ihrer angenommen. Deswegen bin ich auch alleine hier. Die Kleine wurde den ganzen Nachmittag von den beiden in Beschlag genommen.“

Aus der Arena tönt jetzt dieser italienische Gassenhauer zu ihnen herüber:

Poi d'improvviso venivo dal vento rapito e incominciavo a volare nel cielo infinito.

Volare, oh, oh! Cantare, oh, oh, oh, oh!

Voller Inbrunst begleiten die Gäste den Gesang ihres Gastgebers. Das Lied war mittlerweile in viele Sprachen übersetzt worden und die Anwesenden singen es in ihrer jeweiligen Muttersprache.

Plötzlich wurde ich vom Wind mitgerissen und ich begann dem weiten Himmel entgegenzufliegen.

Während die Milliardäre begeistert immer weiter Richtung Sonne abheben, stürzen ihre minderjährigen Begleiterinnen wie Vögel vom Himmel, die in einen Schneesturm geraten sind. Die Männer befriedigen ihre grenzenlosen Begierden und die Mädchen erleben eisige Kälte.

Nel biu, dipinto di blu

Felice di stare lassù.

Schließlich ist auch die letzte Zugabe überstanden und das Feuerwerk nähert sich seinem Höhepunkt. Während Raketen wie Träume am Himmel zerplatzen, grollt der künstliche Vulkan. In gigantischen Eruptionen schießt rotglühende Lava in die Höhe. Es ist, als erlebe das Anwesen gerade seinen orgiastischen Siedepunkt. Als Pia noch fassungslos das Spektakel bestaunt, tritt Paolo auf sie zu.

„Endlich habe ich dich gefunden. Ich hoffe, dir haben die Gesangseinlagen unseres Gastgebers genauso gefallen wie mir“, dabei grinst er sie herausfordernd an, dem sarkastischen Unterton seiner Stimme besonderen Ausdruck verleihend.

„Hallo Paolo, ja ich könnte hier für immer bleiben und mich von Porco in den Schlaf singen lassen. Leider muss ich aber wieder abreisen, sonst würde ich mich sicherlich als eine seiner Musen bewerben.“

Der Milliardärssohn schaut sie lächelnd an.

„Schlagfertig bist du, das muss man dir lassen.

Ich hatte doch versprochen, dich mit einflussreichen Leuten aus der Modebranche bekanntzumachen. Der Talentscout einer der größten italienischen Modelagenturen ist gerade auf Durchreise. Ich habe ihm von dir erzählt und der Mann ist bereit, sich kurz zum Frühstück mit dir zu treffen. Er erwartet dich morgen früh gegen zehn im Hotel Luna Lughente. Meinst du, das könntest du schaffen?“

„Danke Paolo. Ich muss ja sowieso nach Olbia. Wie heißt denn die Agentur?“

Pia sieht, wie ihr Gegenüber eine Sekunde zögert, bevor er ihr den Namen nennt.

„Der Mann erwartet dich an der Rezeption. Ich reise ebenfalls ab. Bitte richte Alicia meine besten Grüße aus. Vielleicht schaffen wir es einmal, uns alle gemeinsam zu treffen.“

Der Italiener schüttelt ihr zum Abschied die Hand, bevor er sich einem anderen Gast zuwendet.

Anscheinend war dies die Aufforderung, geht es Pia durch den Kopf, von hier wieder zu verschwinden. Jedenfalls hatte der Milliardärssohn es nicht für nötig befunden, sie zum Bleiben aufzufordern.

Pia beschließt, sich bei ihrem Gastgeber rückzuversichern, ob ihr weiterer Aufenthalt hier tatsächlich unerwünscht war. Endlich entdeckt sie Porco in einer Traube von Gästen, die ihn wegen seiner überragenden Gesangeskünste hochleben lassen. Als sie sich von ihm verabschiedet, wird ihre Vermutung bestätigt, dass nur Paolo sie anscheinend loswerden will.

„Aber warum müssen Sie uns denn schon wieder verlassen? Wir sollten unbedingt in Kontakt bleiben. Bitte rufen Sie mich an, sobald Sie einmal in Mailand sind. Es wird mir eine Ehre sein, Sie in meiner Villa willkommen zu heißen.“

Der verhinderte Tenor winkt eine Bedienstete heran, die ihm eine CD reicht.

„Hier Pia, damit Sie mich nicht vergessen.“

Und mit einem Augenzwinkern: „Dabei lässt es sich herrlich träumen.“

Sie bedankt sich und eilt auf ihr Zimmer zurück, Ivo zu benachrichtigen, dass Sie morgen nach Olbia komme und man dann gemeinsam Richtung Deutschland zurückkehren könne.

„Allerdings traue ich Paolo nicht. Dieser Termin scheint mir sehr kurzfristig angesetzt. Bitte sei ebenfalls in dem Hotel. Ich schicke dir eine Nachricht, sobald ich weiß, wo genau ich mich mit dem Talentscout treffe. Falls er mich in sein Zimmer einlädt, wäre es bestimmt gut, dich in der Nähe zu wissen.“

Ivo versichert ihr, rechtzeitig zu erscheinen und im Notfall einzugreifen. Dann überrascht er mit dem Bekenntnis, sie die letzten Tage schrecklich vermisst zu haben.

„Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Wenn wir uns in München einige Zeit nicht sehen, ist das ja normal, aber hier kann an jeder Ecke ein weiterer Anschlag auf dich geschehen. Ich möchte dich wirklich nicht verlieren.“

Pia ist überrascht, so besorgt um sie hatte sie den Kroaten noch nie erlebt. Sie schickt ihm einen Kuss durch die Leitung und vertröstet ihn auf morgen.

Als sie ihren Koffer auf das Bett legt und zu packen beginnt, um am nächsten Tag schneller fortzukommen, gerät ihr der Lippenstift mit der darin verborgenen Rasierklinge in die Hände. Ob sie ihn morgen brauchen wird? Oder würde es tatsächlich nur zu einem Kennenlernen mit einem Vertreter dieser Agenturen kommen, die ihre Models auch an gut zahlende Klienten ausliehen. So oder so würde sie vermutlich neue Erfahrungen sammeln.

 

 

 

Bordighera

Einige Tage zuvor sitzt das ehemalige Mannequin in der Osteria Magiargé in der Altstadt von Bordighera und nippt an einem Glas Rossese di Dolceacqua. Der würzige Geschmack schwarzen Pfeffers komplementiert hervorragend ihre düsteren Gedanken. Weder die orangefarben getünchten Wände in dem gewölbeartigen Schankraum noch die gerade verzehrten winzigen Tintenfische in dem Risottino Piccantino können ihre Laune aufhellen.

Längst war es an der Zeit, diese lästige Freizeitdetektivin davon abzuhalten, weiterhin nach Monique zu suchen und womöglich zur Heimkehr zu bewegen. Nicht nur stellte die Schnüfflerin einen schwer einzuschätzenden Unsicherheitsfaktor dar, sondern erinnerte sie auch immer wieder an den missglückten Anschlag, dem statt der Deutschen ihr ehemaliger Liebhaber Giovanni zum Opfer gefallen war. Vielleicht gab es keine vernunftmäßigen Gründe, die Frau so wichtig zu nehmen, aber bisher hatte die Libanesin sich stets davon leiten lassen, mögliche Hindernisse rechtzeitig aus dem Weg zu räumen. Selbst wenn diese sich im Nachhinein als harmlos herausstellten. Lieber einen Gegner zu viel beseitigen, als sich dann im Grab Vorwürfe machen!

In ihrem schlichten weißen Leinenkleid erinnert die Fixerin, wie sie sich selbst bezeichnet, eher an eine attraktive Krankenschwester, denn die in ihrer Heimat steckbrieflich gesuchte Attentäterin, die gerade über einem weiteren Mordkomplott brütet. Die Neununddreißigjährige geht in Gedanken erneut verschiedene Möglichkeiten durch, Moniques Verfolgerin endlich loszuwerden.

Gegen einen Autounfall sprach, dass man nie sicher sein konnte, ob das Opfer sofort mausetot wäre. Sollte Pia Gelegenheit erhalten, noch einmal den Mund zu öffnen, würde sie als Erstes bestimmt auf den Anschlag in Monte Carlo verweisen. Schlauer wäre es, sie zu entführen und dann irgendwo in der Erde zu verbuddeln, wo man sie nie mehr finden würde. Allerdings wird die Schnüfflerin in ein paar Tagen an dieser Party in Sardinien teilnehmen. Weder Porco noch seine Gäste würden es ihr je verzeihen, sollte die Polizei sie alle nach dem Verschwinden Pias befragen und Nachforschungen anstellen. Dabei war die Deutsche vermutlich gar kein echtes Mannequin, wie Paolo ihr gegenüber betont hatte.

Als der Milliardärssohn herausfand, dass es sich bei der Freundin von Alicia um die gleiche Person handelte, die ihnen der Detektiv auf Fotos als seine Nachfolgerin gezeigt hatte, wäre es am klügsten gewesen, sofort zuzuschlagen. Aber der Italiener wollte nicht die Abreise der Yacht verschieben und war auch neugierig, wie sich diese Pia Pankow an Bord und während der Party verhielte. Da Paolo keine Ahnung von ihrem Anschlag auf die Freizeitdetektivin hatte, war ihm die Frau nicht weiter wichtig erschienen. Er hatte sogar behauptet, es könne doch nicht schaden, sich zunächst einmal ein Bild von der Privatermittlerin zu machen. Sie alle wüssten ja, dass Monique Sardinien längst wieder verlassen hätte, bevor Pia auch nur einen Fuß an Land setzten würde. Man ließe sie einfach ins Leere laufen.

Vielleicht sollte man den Dingen tatsächlich ihren Lauf lassen. Die Barbie Puppe befand sich längst wieder in der Obhut des Prinzen. Jetzt war er für sie verantwortlich. Allerdings würde er es ihr nie verzeihen, käme jemals heraus, dass ein Anschlag auf die Schnüfflerin fehlgeschlagen war und man nicht einmal verhindert hatte, der Detektivin Zutritt zu ihrem inneren Kreis zu ermöglichen. Wie man die Situation auch betrachtete, die für sie alle sicherste Lösung war, Pia aus dem Weg zu räumen. Am besten man würde sie weit weg von Sardinien vielleicht nach Rom schaffen, sie dort ein letztes Lebenszeichen von sich geben lassen und anschließend für immer zum Schweigen bringen.

Ob sie Paolo in ihre Pläne einweihen sollte? Aber der wollte sicherlich nicht Mitwisser eines Mordanschlags werden. Unter Umständen beschwerte er sich sogar bei ihrem Auftraggeber über ihr unprofessionelles Verhalten. Wieder wäre der Prinz alarmiert, dass nicht alles so reibungslos ablief, wie sie ihm gegenüber stets behauptet hatte. Vermutlich würde er sie nach Riad zurückbeordern und sie müsste die Zelte hier abbrechen. Dabei hatte sie gerade ihre Liebe für das ligurische Essen und die lokalen Weine entdeckt. Außerdem konnte man hier an der Küste sogar oben ohne baden.

Wer einmal im Leben seinen Körper auf dem Laufsteg zur Schau gestellt hatte, kam davon nicht mehr los. Vielleicht waren sie alle kleine Exhibitionistinnen. Sie jedenfalls genoss es, ihre künstlich vergrößerten Brüste den Papagallos entgegenzustrecken. Bereits mehrfach hatte sie attraktive Urlauber kennengelernt und in ihr Hotelzimmer abgeschleppt. Nein, sie will keineswegs zurück in den Nahen Osten. Gleichsam zur Bestätigung bestellt sie sich ein weiteres Glas dieses pfeffrigen Weins bei dem Kellner.

Sie würde Paolo bitten, ihr mitzuteilen, wann ungefähr Pia wieder von Sardinien abreisen würde. Letztendlich war es nur eine Kostenfrage, jemand mit einem Boot nach Olbia zu beordern und die Frau anschließend nach Rom zu bringen. Dort könnte man sie unter Drogen setzen und auf einer Vespa einen Unfall verursachen lassen. Nach Aufnahme des Schadens würde sie ihr Begleiter fortbringen und entsorgen. Falls man die Deutsche später suchen würde, könnten sie den Ermittlungsbehörden den Unfallbericht zuspielen. Das erschien ihr bei Weitem die sicherste Lösung, selber aus der Schusslinie zu bleiben und Pia auffällig unauffällig verschwinden zu lassen. Dem Milliardärssohn würde sie nur erzählen, jemand aus der Modebranche wolle das Model persönlich in Augenschein nehmen und sich mit ihr treffen. Das könnte Paolo dann Pia berichten. Ihre Tarnung als angebliches Mannequin aufrechtzuerhalten, würde sie den Termin bestimmt wahrnehmen.

Die Libanesin greift zum Handy und ruft ihre süditalienischen Freunde an, sofort ein Motorboot loszuschicken, demnächst eine Sendung in Empfang nehmen zu können. Sobald sie von Paolo weitere Informationen erhielte, würde sie diese an die Auftragskiller weiterleiten. Sie erklärt den Sizilianern, dass die Frau recht attraktiv sei, lehnt jedoch deren Bitte ab, die Schöne erst noch ein bisschen Geld in einem ihrer Bordelle verdienen zu lassen. Sie bescheidet ihre geschäftstüchtigen Freunde, dass man sich zuweilen auch von seinen Besitztümern trennen müsse, selbst wenn sie einem ans Herz gewachsen wären.

Es war immer das gleiche Problem mit diesen Mafiosi. Stets dachten sie nur an Geldverdienen und ließen sich keine Gelegenheit entgehen, schnell noch ein Zubrot abzustauben. Sie überlegt, ob sie ebenfalls nach Sardinien reisen soll, um sich das sogenannte Model einmal aus der Nähe zu betrachten. Aber außer, dass man ihr im schlimmsten Fall daraus einen Strick drehen könnte, gab es keinen Grund, sich zum Tatort zu begeben. Ein Computer Freak hatte ihr vor Monaten verraten, heutzutage könne man den Aufenthaltsort jedes Menschen bis auf ein paar hundert Meter bestimmen, sofern er ein Mobiltelefon mit sich führe. Sogar Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes, die es eigentlich besser wissen müssten, wären dadurch entlarvt worden. Sollte ihr Auftraggeber herausfinden, dass sie sich zur Zeit von Pias Verschwinden in Sardinien aufgehalten hätte, würde er sie für zu leichtsinnig halten und womöglich von seiner Gehaltsliste streichen. Je weniger Leute mit dem Tod der Deutschen in Verbindung gebracht wurden, desto besser war es für sie alle. Selbst Paolo wird sie nicht einweihen und ihn lediglich das Treffen arrangieren lassen.

Das Mannequin zahlt die Rechnung und tritt auf die Straße hinaus. Frohen Mutes begibt sie sich durch die engen Gassen der Altstadt zurück in ihr Hotel. Diesmal wird bestimmt nichts schiefgehen und sie kann hier noch ein paar Wochen bezahlten Urlaub dranhängen. Sie schaut hinaus auf das Mittelmeer in Richtung ihrer Heimat. Nein, sie durfte keine Fehler begehen. Zu viele Menschen warteten nur auf eine Gelegenheit, ihr die Vergangenheit heimzuzahlen.

Auf dem Weg zum Hotel geht sie an der Uferpromenade entlang, wo noch einige Feriengäste über das Meeres hinweg in die untergehende Sonne schauen. Sie zieht ihre Schuhe aus und läuft barfuß auf den flachen Steinen, die man anstelle von Sand hier aufgeschüttet hatte. Was war es doch für ein Unterschied in Bordighera an der Mittelmeerküste entlangzulaufen statt in der staubigen Wüste Saudi-Arabiens herumzustapfen. Nein, für nichts wollte sie das mediterrane Lebensgefühl eintauschen. Ein junger Mann lächelt sie an. Sie setzt sich auf eine Steinmauer, die den Strand von der Straße trennt. Ihr Kleid ist weit über die Knie gerutscht, leicht öffnet sie ihre Schenkel. Aufmerksam verfolgt der Italiener jede ihrer Bewegungen. Sie würde alles daransetzen, dass sich ihr keine Hindernisse in den Weg stellten, ihre Ziele zu erreichen.

 

 

 

Olbia

Der Italiener, der Pia an der Rezeption erwartet, mustert sie wie eine Prostituierte, die man auf dem Straßenstrich begutachtet. Allerdings hatte sich die Zwanzigjährige auch sehr verführerisch angezogen. Über einem beigen Mini-Stretch trägt sie ein hautfarbenes T-Shirt von Valentino. Nur die klobigen schwarzen Schuhe passen nicht recht zu dem der Fantasie wenig Spielraum überlassenden Outfit. Wüsste der Mann zudem, dass sie unter dem Rock keine Unterwäsche trug, hätte er ihr zur Begrüßung vermutlich nicht nur einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter, sondern womöglich ihren Hintern gegeben. So begnügt er sich damit, sie am Unterarm zu packen und nach draußen zu führen.

Der Minirock war, was ihr Begleiter allerdings nicht wissen durfte, vor allem praktischen Überlegungen geschuldet. Der Alarm des Peilsenders, den sie sich als Diaphragma eingeführt hatte, wurde mit einer Schnur aktiviert, die dem Faden eines Tampons nicht unähnlich war. Wenn möglich sollte die Reißleine nicht durch einen Slip behindert werden.

„Ich habe uns Frühstück auf die Terrasse meiner Suite bestellt. Dort werden wir wenigstens nicht von Kindergeschrei und Müttern mit ihren Säuglingen gestört.“

Das war in etwa, was Pia erwartet hatte. Liebevoll betrachtet sie die gummierten Metallkappen ihrer Alexander McQueen Tread-Slick-Booties. Würde sie die klobigen Treter zu Jeans tragen, hätte sie wegen ihres martialischen Schuhwerks womöglich irritierte Blicke geerntet. In dem Minirock sieht sie dagegen wie ein japanisches Manga Girl aus. Beruhigt stellt sie fest, dass ihr Begleiter leichte Leinenschuhe trägt. Selbst damit konnte ein erfahrener Muay Thai Boxer seinem Gegner das Schienbein zertrümmern, aber mit Stahlkappen, sogar rosafarbenen, war der Aufwand wesentlich geringer. Wie eine Raubkatze folgt sie dem Mann, der sich ihr als Talentscout einer der größten italienischen Model Agenturen vorgestellt hatte. Auf ihre Frage nach einer Visitenkarte hatte er ausweichend reagiert. Bestimmt hätte er noch einige davon im Zimmer.

Pia hofft, dass sie sich in dem Mann irrt, traut dem Frieden aber nicht. Als Vorsichtsmaßnahme hatte sie den Empfänger ihres Senders Ivo ausgehändigt, der sich hoffentlich nicht allzu weit entfernt versteckt hielt. Nachdem man sie weder auf der Segelyacht noch dem Anwesen in Porto Rotondo angegriffen hatte, war dies hier die letzte Möglichkeit, sie aus dem Verkehr zu ziehen. Wenn man sich die Mühe gemacht hatte, sie in Monaco aufzuspüren, würde man sich bestimmt die Gelegenheit nicht entgehen lassen, sie hier in Sardinien von der weiteren Suche nach Monique ein für alle Mal abzubringen.

Als sie an der Tür seiner Suite angelangt sind und der Italiener sie gerade mit seiner Codekarte öffnen will, klingelt Pias Handy. Mit einem entschuldigenden Blick auf ihren Begleiter nimmt sie das Gespräch entgegen. Sie bescheidet den Anrufer, dass er Sie in etwa zwei Stunden wieder erreichen könne. Ihr Boot lege von Pier E7 ab. Dort würde sie ihn gerne treffen. Damit beendet sie das Telefonat und folgt dem Italiener, der ihr die Tür aufhält, in den Raum.

Sie hat Glück, denn die Zimmerflucht befindet sich zu ebener Erde. Durch die geöffnete Balkontür kann sie auf die Terrasse blicken, wo ein gedeckter Tisch auf sie wartet. Als sie das Zimmer betritt, erhebt sich von der Couch ein untersetzter etwa vierzigjähriger Mann in einem Trainingsanzug, der sie mit einem schiefen Grinsen begutachtet.

Pia weiß, dass sie gegen einen Angreifer im Rücken und den muskulösen Kerl, der jetzt mit federnden Schritten auf sie zukommt, wenig Chancen hat. Entweder übernimmt sie sofort die Initiative, oder ihre Gegner schlagen zuerst zu. Mit einem Aufschrei stürzt sie sich auf den Muskelprotz und wirft sich dem überraschten Mann an den Hals.

„Pedro, was machst du denn hier? Wir haben uns ja eine Ewigkeit nicht gesehen. Wie geht es deiner Mama?“

Dann drückt sie ihm einen Kuss auf jede Wange. Als der Mann sich aus ihrer Umarmung befreit und sie verwundert anstarrt, gibt sich Pia kleinlaut.

„Du bist doch Pedro aus Palermo oder etwa nicht?“

Pia hatte sehr wohl bemerkt, dass die Stimmung im Raum schlagartig umschlug, kaum dass sie über die Schwelle getreten war. Sie konnte die Gefahr förmlich riechen, der sie sich gegenübersah. Mit ihrer überschwänglichen Begrüßung hatte sie die beiden Männer zumindest vorübergehend aus dem Konzept gebracht. Aber die Verwirrung dauert nur kurz. Der angebliche Talentscout, der sie hierhergebracht hatte, faucht sie an, sie solle endlich den Mund halten. Wesentlich bedrohlicher als sein rüder Ton ist allerdings der Taser, mit dem er jetzt auf sie zielt.

Noch nie in ihrem Leben hatte sie jemandem zwei Küsse verpasst und die Person danach derart blitzartig herumgewirbelt, dass den Glücklichen sofort der Schlag traf. Als der Mann auf seinen Kumpan mit dem Elektroschocker losstolperte, hatte der anscheinend den Abzug berührt und der eben noch Geküsste stürzt mit einem Aufschrei zu Boden.

Eigentlich will Pia mit einem Tritt ihrer über tausend Euro teuren Kalbslederstiefel dem Angreifer die Waffe aus der Hand schlagen, aber in der Hitze des Gefechts hat sie ihn wohl am Unterarm erwischt und seine Speiche getroffen. Vermutlich war die dabei zu Bruch gegangen, denn der Kerl hält sich jetzt fluchend seinen Arm. Während sie schnell den auf den Boden gefallenen Taser unter das Bett kickt, hört sie ein Geräusch von der Terrasse her. Ivo hatte sich mit dem Baseballschläger, den er in Cheb konfisziert hatte, bewaffnet und schlägt gerade das stumpfe Ende ihrem Gegner ins Gesicht. Aus der aufgeplatzten Augenbraue strömt Blut die Wange herunter. Bevor der Italiener seinen neuen Widersacher durch das herabrinnende Blut richtig erkennen kann, hat ihn der Kroate erneut mit dem Schläger am Kopf getroffen. Stöhnend geht der Mann neben seinem Kumpel zu Boden.

„Beinahe wäre ich in das falsche Apartment gerannt, aber dann habe ich den gedeckten Frühstückstisch hier gesehen und ahnte, dass ich mich wohl geirrt hatte.“

„Du bist gerade im richtigen Moment gekommen, allerdings hatte ich die beiden Kerle bereits kampfunfähig gemacht. Komm, lass sie schnell knebeln und fesseln, dann bringen wir sie ins Bad und frühstücken erst mal.“

Während Ivo die beiden Männer verarztet, leert Pia ihnen die Taschen. Sie nimmt deren Handys und Portemonnaies an sich, dann durchsucht sie ihre Koffer. Erstaunlicherweise ist der Taser die einzige Waffe, die sie findet. Wahrscheinlich hatten sie von einem magersüchtigen Model keine allzu große Gegenwehr erwartet. Allerdings entdeckt sie ein Medizinfläschchen mit einer klaren Flüssigkeit. Als sie dem jüngeren Italiener droht, ihm den Trank einzuflößen, wenn er ihr nicht sofort sage, was sich in der Flasche befinde, gibt der Gangster zu, dass es sich bei dem Inhalt um KO-Tropfen handele. Misstrauisch betrachtet sie daraufhin das Glas mit dem frisch gepressten Orangensaft, das auf dem Verandatisch steht.

„Ist das Zeug da ebenfalls drin?“, wendet sie sich erneut an den Italiener.

Als der Angesprochene nickt, nimmt Ivo ihn als Ersten mit in das Badezimmer, um aus ihm herauszuquetschen, was deren beider Plan war. Leise stöhnt der Kerl hinter dem Klebeband und versucht, seinen gebrochenen Arm nicht zu belasten. Aus Erfahrung weiß der Kroate, dass verletzte Gegner eher bereit sind, sich weitere Schmerzen zu ersparen. Trotzdem ist er überrascht, wie lange es dauert, bis er aus den beiden endlich die Wahrheit herausgepresst hat.

Sobald die Befragung beendet ist, kommt er auf die Terrasse und leistet Pia Gesellschaft. Er nimmt sich eins der Croissants und bedient sich aus der Thermoskanne mit dem Kaffee. Während des Frühstücks überlegen sie, was sie mit den Mafiosi anstellen sollen. Als Ivo den Älteren der beiden in den Schwitzkasten nahm, verriet ihm der Mann in seiner Todesangst, nicht mehr lebend dem Würgegriff zu entkommen, ihren Auftrag. Sie sollten sich der Deutschen bemächtigen, sie mit dem Boot aufs Festland und von da nach Rom bringen. Dort war dann geplant, sie mit Drogen vollzupumpen und einen Unfall zu inszenieren. Später wollte man sie mit einer Vespa in den Tiber stürzen und ertrinken lassen. Beide Männer behaupteten, nicht zu wissen, wer der wirkliche Auftraggeber sei. Sie hätten den Auftrag wie immer von ihrem Boss erhalten.

Ivo schlägt vor, die beiden auf ihr Boot zu bringen und dann irgendwo draußen auf dem Meer über Bord zu werfen. Aber Pia gibt zu bedenken, dass die Mafiosi bestimmt vermisst würden. Spätestens, wenn sie ihre Hotelrechnung nicht bezahlten. Vermutlich würden ihre Leichen sogar irgendwann an Land gespült. Da Pia einen der beiden an der Rezeption getroffen hatte, würde die Polizei sofort sie verdächtigen und nach ihr fahnden.

---ENDE DER LESEPROBE---