Mine to Save – Gefährliche Hingabe - Jay Crownover - E-Book
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Mine to Save – Gefährliche Hingabe E-Book

Jay Crownover

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Beschreibung

Ich stand vor dem Scherbenhaufen meines Lebens. Nach der Trennung von meinem Freund habe ich mich gefühlt, als wäre meine Welt in sich zusammengestürzt. Meine beste Freundin konnte das Elend nicht länger mit ansehen und hat mich zu einem einwöchigen Outdoor-Trip im Wilden Westen überredet. Sie versprach mir, dass wir an unsere Grenzen gehen würden. Keiner konnte wissen, wie recht sie damit hatte.

Es hieß, dass eine Woche vor mir lag, von der ich nur das Unerwartete erwarten sollte. Es war aber nie die Rede davon, dass ich mich mit dem schroffen, aber extrem heißen Tourguide Cyrus Warner herumschlagen müsste.

Und niemand hat mich vorgewarnt, dass ich schließlich sogar um mein Leben kämpfen muss - und um mein Herz.

"Mine to Save - Gefährliche Hingabe" ist der erste Band der neuen Cowboy-Romantic-Suspense-Reihe um die heißen Warner-Brüder von Jay Crownover.

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Seitenzahl: 548

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Inhalt

Cover

Weitere Titel der Autorin

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Widmung

Vom Schreibtisch und aus dem überaktiven Hirn von Jay Crownover

Kapitel 1: Kein ganz echter Cowboy

Kapitel 2: Eine merkwürdige Dinnerkonversation

Kapitel 3: Nicht die üblichen Verdächtigen

Kapitel 4: Nur fast im ersten Morgengrauen

Kapitel 5: Easy Rider – Schön wär‘s

Kapitel 6: Weniger einsam als gedacht

Kapitel 7: Eine heißkalte Dusche

Kapitel 8: Eine weniger nette Begegnung

Kapitel 9: Landung auf vier Buchstaben

Kapitel 10: Langsamer als gedacht

Kapitel 11: Kein Zurück

Kapitel 12: Fordere keinen Ärger heraus

Kapitel 13: Nicht gerade leicht, da rauszukommen

Kapitel 14: Keine Rast für die Müden

Kapitel 15: Niemand wird zurückgelassen

Kapitel 16: Nicht geplant

Kapitel 17: Keine Kapitulation, kein Rückzug

Kapitel 18: Nicht, solange ich wache

Kapitel 19: So viel Glück haben wir nicht

Kapitel 20: Keine Zeit zu verschwenden

Kapitel 21: Es geht doch nichts über die Gegenwart

Danksagung

Impressum

Weitere Titel der Autorin

Marked Men: In seinen Augen

Marked Men: In seiner Stimme

Marked Men: In seinem Herzen

Marked Men: In seinen Armen

Marked Men: In seiner Nähe

Marked Men: In seinem Lächeln

Über dieses Buch

Ich stand vor dem Scherbenhaufen meines Lebens. Nach der Trennung von meinem Freund habe ich mich gefühlt, als wäre meine Welt in sich zusammengestürzt. Meine beste Freundin konnte das Elend nicht länger mit ansehen und hat mich zu einem einwöchigen Outdoor-Trip im Wilden Westen überredet. Sie versprach mir, dass wir an unsere Grenzen gehen würden. Keiner konnte wissen, wie recht sie damit hatte.

Es hieß, dass eine Woche vor mir lag, von der ich nur das Unerwartete erwarten sollte. Es war aber nie die Rede davon, dass ich mich mit dem schroffen, aber extrem heißen Tourguide Cyrus Warner herumschlagen müsste.

Und niemand hat mich vorgewarnt, dass ich schließlich sogar um mein Leben kämpfen muss – und um mein Herz.

Über die Autorin

Jay Crownover lebt in Colorado, wo auch ihre Romane spielen. Sie liebt Tattoos und Körperschmuck, und so ist es kein Wunder, dass ihre Helden allesamt tätowierte und gepiercte Bad Boys sind. Ihre Leidenschaft galt schon immer dem Lesen und Schreiben, und mit dem Erfolg ihrer Serie Marked Men ist ein Traum für sie wahr geworden. Mehr Informationen unter: www.jaycrownover.com

Aus dem Amerikanischen von Michaela Link

Gewidmet jedem und jeder, die mir gesagt haben, sie würdenauch eine Einkaufsliste lesen, wenn sie von mir wäre. Ich mache dann mal die Probe aufs Exempel.

Vom Schreibtisch und aus dem überaktiven Hirn von Jay Crownover

Kratzt ihr euch verwirrt den Kopf und fragt euch, woher dieses Buch wohl kommt? Lest ihr den Klappentext und tut es wieder und wieder, um herauszufinden, worum es eigentlich geht? Nun, habt keine Angst, meine Freunde, in meiner typisch offenen und unverblümten Art werde ich euch alles sagen, was ihr wissen müsst, um weiterzukommen.

Zuallererst: Wenn ihr dieses Buch angeklickt habt, nur weil mein Name draufsteht, dann danke ich euch. Danke, dass ihr mir vertraut. Danke, dass ihr an mich glaubt. Und danke, dass ihr meinen Worten vertraut. Wenn ihr es angeklickt habt, weil euch das Cover gefallen hat, der Klappentext euch neugierig gemacht hat oder einfach nur so ... dann ist an keinem dieser Gründe etwas auszusetzen, finde ich. Ich werde euch sagen, dass dies keine Kopie von irgendetwas ist, das ich vorher geschrieben habe, wenn ihr also Tattoo-Künstler, Heavy-Metal-Sänger oder Autodiebe erwartet, werdet ihr enttäuscht sein. Es ist eher wie ein romantischer Spannungsroman alter Schule aufgebaut. Das bedeutet nicht, dass die weibliche und männliche Hauptfigur nicht viel miteinander zu tun haben und sich gegenseitig auf die Nerven gehen ... Es heißt nur, dass es auch sehr eindeutige Bösewichte gibt, die auftauchen und allen Beteiligten das Leben zur Hölle machen.

Dieses Buch ist außerdem aus einer einzigen Perspektive geschrieben; die Geschichte entfaltet sich, während wir unserer kleinen Löwin Leora durch die wichtigste Woche ihres Lebens folgen. Ich habe Gründe dafür, dass ich es so geschrieben habe, auf die ich hier gleich eingehen werde.

Wie bin ich auf diese Geschichte gekommen?

Nun, das ist sowohl einfach als auch kompliziert. Ende 2015 und zu Beginn des Jahres 2016 hatte ich mit ziemlich hartnäckigen und lähmenden Schmerzen zu kämpfen, die von einer verpfuschten Zahnextraktion herrührten. Es endete mit einer Infektion, und ich brauchte eine Operation. Die Wunde infizierte sich ebenfalls und so weiter und so fort. ES WAR ERBÄRMLICH. Ich fühlte mich elend. Außerdem stand ich etwa vier Monate lang unter einer Vielzahl von Schmerzmitteln. Ich konnte mich nicht konzentrieren, ich konnte definitiv nicht schreiben. Ich war wertlos. Diese erzwungene Auszeit bedeutete, dass ich eine Menge Stunden mit Netflix vor dem Fernseher verbrachte.

Ich ertappte mich dabei, wie ich alle Staffeln von Longmire am Stück schaute und in Ashton Kutchers Serie The Ranch förmlich hineingesaugt wurde. Ich schaute The Hateful Eight, Jane's Got a Gun und alle möglichen anderen westernmäßigen Filme und Fernsehsendungen.

Ich weiß, ihr fragt euch, warum? Ihr dachtet sicher, ich schaue mir nur Stirb Langsam und Bob's Burgers an, aber leider ...

Ich bin tatsächlich in einer kleinen Stadt in den Bergen aufgewachsen, in der es von Cowboys und Ranchern nur so wimmelte. Die Jungs, mit denen ich zur Highschool ging, hatten Gewehrständer in ihren Pick-ups und trugen Wranglers, keine Dickies. Als Teenager arbeitete mein bester Freund auf der, dem Land meiner Großmutter benachbarten, Ranch auf den Hügeln. An den Wochenenden wartete ich, bis er von irgendeiner Zuchtausstellung oder vom Rodeo zurück war oder einfach vom Kontrollritt über die Ranch, und bettelte, mich mitzunehmen. (Mit dem Reiten bin ich nie ganz warm geworden, aber auf dem Tanzboden konnte ich es mit jedem aufnehmen.)

Ich glaube, weil ich so krank war und so viele Schmerzen hatte, dachte ich an meine Kindheit zurück, als meine Mutter sich um mich gekümmert und ich nichts anderes zu tun gehabt hatte, als Jesse zu nerven und auf seinem Pferd zu reiten. Ich wurde richtig nostalgisch ... schwelgte in Erinnerungen und beschloss, ein Buch zu schreiben, das mir auf eine andere Art vertrauter sein würde, als Tinte es war. Ich wollte an einen Ort zurückkehren, der nicht mehr zu mir passte, aber immer noch in der hintersten Ecke meines Schranks hing, als Erinnerung an das, was einmal gewesen war.

Ich wollte etwas schreiben, das in den Bergen spielte, auf einer Ranch, die von Typen betrieben wurde, die nicht gerade Cowboys waren.

Kommt schon ... ihr habt doch nicht gedacht, dass ich mit Hut, Stiefeln und Sporen auf euch losgehen würde, oder? Ihr solltest mich inzwischen besser kennen!

Ich wollte über meine Art von Typen schreiben, sie aber in ein Westernsetting stecken und sehen, wie sie sich schlagen. Sie haben sich verdammt gut geschlagen, wenn ihr mich fragt. Aber ihr müsst weiterlesen und die Warner-Brüder kennenlernen, um zu sehen, ob ihr mir zustimmt oder nicht.

Dass dieses Buch nur aus der Perspektive unserer Heldin erzählt wird, liegt daran, dass es ihre Geschichte ist, ihre Reise, ihre Zeit, in der alles so schiefläuft, obwohl sie sich so sehr bemüht, alles genau richtig zu machen.

Da ich körperlich angeschlagen war, habe ich wohl die Geschichte einer Frau erzählen wollen, die ebenfalls zu leiden hatte, wenn auch emotional. Die Stimme des Helden blieb in meinen Gedanken stumm, weil ich zu sehr damit beschäftigt war, all die schlimmen Dinge, die in mir vorgingen, in die Geschichte unserer Heldin zu spülen. Ich kann keine Figur schreiben, wenn ich sie nicht sprechen höre; Cy war still, aber Leo hatte viel zu sagen.

Sie wird euch anfangs wahrscheinlich auf die Palme bringen, aber gebt ihr Zeit, sich zu sammeln. Verrat brennt tief, und es dauert lange, bis diese Glut abklingt.

Also, wie auch immer ... Das ist die lange und kurze Erklärung, wie ich auf dieses Buch kam. Es ist völlig anders als alles andere, was ich bisher geschrieben habe ... aber es hat verblüffende Ähnlichkeit mit all den Büchern, die ich am liebsten lese. Ich hoffe, ihr gebt ihm eine Chance.

Wie immer, danke, dass ihr hier seid ... und danke, dass ihr mich hier sein lasst. :-)

Viel Spaß beim Lesen!

xoxo

Jay

Kapitel 1:Kein ganz echter Cowboy

»Sie sehen nicht mal aus wie echte Cowboys«, murmelte ich so leise, dass nur meine beste Freundin es hören konnte.

Sie warf mir einen Blick zu, der mir sagte, dass sie genug von meinem Gejammer und meinen endlosen bissigen Kommentaren hatte. Wir waren früh aufgestanden, um von San Francisco aus ein Flugzeug zu nehmen, und wir waren in Billings, Montana, zwischengelandet und dann in ein winzig kleines Charterflugzeug gehüpft, das uns nach Sheridan in Wyoming gebracht hatte. Es war ein anstrengender Reisetag gewesen, und mein Sarkasmus und meine Bissigkeit hatten einen historischen Höchststand erreicht. Zum Teil, weil ich wirklich kein Interesse daran hatte hier zu sein, aber vor allem, weil ich während der letzten Monate ein Häufchen Elend gewesen war und es keinen Spaß gemacht hatte, mit mir zusammen zu sein. Ich war anscheinend nicht in der Lage, meine miese Laune im Zaum zu halten, auch wenn ich das wirklich wollte. Und genau das war meine Freundin Emrys langsam leid. Ich konnte ihr kaum einen Vorwurf machen.

»Auch wenn sie keine Cowboyhüte und Lederchaps tragen, können es trotzdem Cowboys sein. Du hast ja überhaupt keine Ahnung, was ein richtiger Cowboy ist. Wann warst du je zuvor auf einer Ranch oder bist in Richtung Osten weiter als Las Vegas gekommen? An einem Cowboy am nächsten dran warst du, als du vor einigen Jahren Garth Brooks Konzert besucht hast. Du hast versprochen, offen zu sein, und bisher machst du das ziemlich mies.«

Ich seufzte und rückte ein Stück von Emrys weg. Sie durchbohrte mich mit einem Blick aus ihren dramatisch geschnittenen Augen, und ich konnte keine zusätzlichen Schuldgefühle gebrauchen, weil ich mich ohnehin schon beschissen fühlte. Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf die drei Männer vor uns und gestand mir widerstrebend ein, dass sie als fleischgewordene, sorgfältig vermarktete Countrymusik-Version dessen durchgehen konnten, was Cowboys sein sollten. Sie konnten Luke Bryan mühelos zeigen, wo es langging, so gut füllten sie ihre engen Jeans aus.

Zwei von ihnen waren geradezu verboten attraktiv, soweit ich das unter den Krempen ihrer identischen Baseballkappen in Tarnmuster mit dem vorn aufgestickten Logo der Ranch erkennen konnte.

Als sie sich vorstellten, kam heraus, dass sie auch beide Namen hatten, die ich als authentische Cowboynamen betrachten würde: Sutton und Lane. Ich wusste nicht, wer wer war, weil mich das dritte Mitglied des nicht allzu herzlichen Begrüßungsausschusses komplett abgelenkt hatte. Er war derjenige, den ich insbesondere gemeint hatte, als mir die Bemerkung über Cowboys über die Lippen gekommen war. Er sah genauso deplatziert aus auf dieser waschechten Ranch mitten im Nirgendwo in Wyoming, wie ich mich fühlte. Er beobachtete mich außerdem genauso eingehend wie ich ihn. Sein Name war Cyrus. Vielleicht auch ein Cowboyname, er klang für mich aber mehr so wie der eines Herrschers eines uralten Königreichs. Tatsächlich hätte er viel besser nach Sparta gepasst als hier auf diese Ranch. Der Gedanke entlockte mir ein Kichern, was mir von Em einen Stoß in die Rippen eintrug, obwohl ich den abwegigen Gedanken für mich behalten hatte.

Der Mann, der definitiv nicht aussah wie ein Cowboy, trug keinerlei Kopfbedeckung, daher war es unübersehbar, dass der Blick seiner schmalen Augen auf mich gerichtet war. Er trug sein dunkles Haar in einer trendigen Kurzhaarfrisur und hatte es sich auf eine Weise nach hinten gekämmt, die ein entsprechendes Pflegeprodukt und Know-how erforderte. Zwei Dinge, die ich niemals mit einem echten Cowboy in Verbindung gebracht hätte. Außerdem sah man so, dass sich über seinen perfekt gleichmäßig geschnittenen Koteletten an den Schläfen ein winziger Anflug von Silber eingeschlichen hatte. Dennoch schätzte ich ihn auf Anfang bis Mitte dreißig. Das Silber in seinem Haar hätte ihm ein vor der Zeit gealtertes Aussehen verleihen können, aber so war es nicht. Er sah tough und distinguiert aus, und wenn er etwas anderes angehabt hätte als liebevoll abgetragene Levi’s und ein verwaschenes T-Shirt von Jack Daniel’s, hätte er den Geschäftsführern und CEOs, mit denen ich beruflich zu tun hatte, gezeigt, was eine Harke ist. Kein Mann aus meinem beruflichen Umfeld sah so gut aus wie dieser hier. Wie das Baumwoll-T-Shirt sich eng über seine breite Brust spannte, das hatte schon etwas. Und wie er ungeduldig von einem schwer aussehenden schwarzen Stiefel auf den anderen trat, zog den Jeansstoff nur straff über Stellen, die zu betrachten mir peinlich sein sollte. Ich hätte ihn gern gefragt, warum er Stiefel trug, die eher auf eine Harley gehörten als in einen Steigbügel, aber ich wollte mir nicht noch einen Rippenstoß von Em einhandeln, daher behielt ich meine Überlegungen für mich.

Nein, der Mann namens Cyrus passte nicht zu dem, was ich seit meiner Zustimmung zu Emrys’ verrücktem Plan erwartet hatte. Und wenn er nicht mit den beiden anderen Männern auf uns zugekommen wäre, um uns zu begrüßen, als der Shuttlebus uns abgesetzt hatte, hätte ich automatisch angenommen, dass er ein Teil der Reisegruppe war, nicht einer der Cowboys. Er sah nicht so aus, wie ich es von jemandem erwartete, der auf intime Weise vertraut mit der Wildnis oder dem ungastlichen und dünn besiedelten Landstrich von Wyoming war. Sein raues Äußeres und sein harter Blick brachten mich erneut auf die Frage, warum ich mich von Emrys zu diesem Urlaub hatte überreden lassen – einer Aktion, die sich mehr nach Strafe anhörte als nach irgendeiner Art von Spaß, mit der ich vertraut war. Ich konnte mir immer weniger vorstellen, mich in die bewaldeten Berge zu wagen, je länger sich mein Blickduell mit dem Mann in die Länge zog – bis zu dem Punkt, an dem mir klar war, dass es eine Niederlage bedeuten würde, wenn ich wegschaute. Ich wusste nicht, worum es bei diesem Kampf eigentlich ging, aber ich war selbst zu meinen besten Zeiten eine schlechte Verliererin gewesen. Und wenn man bedachte, dass ich meinen persönlichen Tiefpunkt aktuell erreicht hatte, war klar, dass ich auf keinen Fall die Erste sein durfte, die den Blickkontakt löste. Ich liebte meine beste Freundin, aber im Moment hätte ich sie mit Freuden erwürgt. Sie war es schließlich gewesen, die beschlossen hatte, dass wir diese Reise brauchten, um uns für eine Woche zu entspannen und zu sammeln.

»Ladys, Sie sind die Letzten aus der Gruppe, die hier angekommen sind. Wir werden Ihnen Ihr Quartier zeigen, dann können sich alle im Haupthaus zum Abendessen treffen, damit wir besprechen können, was Sie in der nächsten Woche erwartet.« Es war der Mann in der Mitte, der das Wort ergriffen hatte. Er war der kleinste der drei und der Einzige, der lächelte. Der muskulöse Mann mit dem finsteren Blick beobachtete mich weiter, während der letzte Mann gelangweilt und verärgert wirkte. Sein Gesichtsausdruck verriet, dass er nicht die geringste Lust hatte, für zwei Stadtmädels das Willkommenskomitee zu spielen. Wenn man bedachte, dass dieser kleine Ausflug Em und mich ein Vermögen kostete, hätten diese Möchtegern-Cowboys zumindest den roten Willkommensteppich ausrollen und so tun können, als wären sie ganz begeistert davon. Wir bezahlten für ein unvergessliches Erlebnis, und sie hatten zwar inzwischen geliefert, aber nichts Erfreuliches.

Ich drückte den Rücken durch und kniff die Augen zusammen. Unglücklicherweise war mein Einschüchterungsfaktor gleich null, wenn man bedachte, dass ich bequeme Leggins trug und einen übergroßen Cowboyhut, den ich meinem Ex geklaut hatte. Mein Outfit war großartig zum Reisen, trug aber nicht besonders dazu bei, wie eine toughe Städterin auszusehen, an der die offenkundige Gleichgültigkeit des dritten Mannes in dem Trio abprallte. Einem Trio, das während der nächsten Woche für meine Gesundheit und mein Wohlergehen verantwortlich sein würde. Ich konnte den Blick einfach nicht von dem Mann abwenden. Ganz sicher würde ich die auffallende Feindseligkeit, die er verströmte, nicht kommentarlos hinnehmen. Ich war eine der Frauen, die immer ein wenig zerzaust und derangiert wirkten, daher bedeutete es für mich echte Arbeit, chic auszusehen. Es war an jedem einzelnen Morgen ein Kampf, wenn ich mich für die Arbeit fertig machte. Ich konnte mit minimaler Anstrengung niedlich wirken, aber es kostete einige Zeit und erhebliche Fähigkeiten sowohl mit meinen Kleidern als auch mit meinem Make-up, um mich in die Sphäre von Eleganz und Professionalität zu katapultieren. Wenn man bedachte, dass ich in aller Herrgottsfrühe aufgestanden war, waren mein Haar, meine Garderobe und meine Kriegsbemalung praktisch nicht existent. Mit meinen unzähmbaren rotblonden Locken, die ich mir zu einem lockeren Pferdeschwanz zurückgebunden hatte, war ich mir durch und durch bewusst, dass ich eher aussah wie ein gerupftes Huhn und weniger wie eine höchst erfolgreiche Marktanalytikerin – eine mit allen Wassern gewaschene und unabhängige Frau. Oder zumindest war ich das gewesen, bis ich auf den falschen Mann hereingefallen war und er mir das Gegenteil bewiesen hatte.

Das einzig freundliche Mitglied des Trios lächelte abermals und deutete mit dem Kopf auf das Gepäck zu unseren Füßen. Als Em den Trip gebucht hatte, war absolut klar formuliert worden, dass dies ein Abenteuerurlaub werden würde. Wir würden uns tief in die Berge vorwagen, und wir sollten jedwede Technologie und Zivilisation hinter uns lassen. Es hatte strenge Anweisungen darüber gegeben, was wir einpacken sollten, weshalb die Tasche zu meinen Füßen vollgestopft war und größtenteils neue, nicht anprobierte, für die Berge angemessene Kleidung enthielt. Es waren Sachen, die ich anschließend in den hintersten Winkel meines Kleiderschranks vergraben und sie dann Jahre später einer caritativen Einrichtung spenden würde, weil ich in meinem alltäglichen Leben daheim in der Bay Area herzlich wenig Verwendung für irgendetwas davon hatte.

»Sutton und ich werden Ihre Taschen nach oben bringen und Ihnen zeigen, wo Sie für die Nacht untergebracht sind. Sie haben vor dem Abendessen ungefähr eine Stunde Zeit, also können Sie sich entspannen und frisch machen.«

Sich frisch machen klang herrlich. Vielleicht konnte ich, wenn ich etwas Rouge auflegte und die Brauen zusammenzog, Mr Charakterkopf – der mit dem Todesblick – dazu bringen, mich ernst zu nehmen, wenn ich ihm sagte, dass sein Verhalten inakzeptabel sei.

Der gelangweilte Mann musste Sutton sein, denn er trat einen Schritt vor und griff nach Emrys’ Tasche. Ich glaubte, sie seufzen zu hören, als er sich vorbeugte, aber es konnte auch ein Luftzug gewesen sein. Der Mann, der aussah, als gehörte er nicht einmal ansatzweise in die Nähe eines Ortes, der häufig als der »Cowboystaat« bezeichnet wurde, kam einige Schritte auf mich zu. Mir blieb nichts anderes übrig, als den Kopf in den Nacken zu legen und ihn anzusehen. Ich schnappte nach Luft, als ich in das schärfste, klarste und makelloseste Paar grauer Augen blickte, dem ich jemals so nahe gekommen war. Es hatte die Farbe von Rauch und Silber. Seine Augen trafen mich wie die geschärfte Klinge eines Messers, als er den Blick über mich hinwegwandern ließ, angefangen von meinem wirren Haar bis zu den Zehen, die sich vor Schreck krümmten, obwohl sie in einem Paar superbequemer Uggs steckten. Wiederum war meine Entscheidung in Sachen Schuhen großartig zum Reisen gewesen, aber nicht so toll, um einen wirkungsvollen ersten Eindruck zu hinterlassen.

Als Cy sprach, war seine Stimme tief und rau. Sie klang leicht gebrochen und kratzig, als würde er nicht oft den Mund aufmachen, und wenn doch, dann mit einem Zögern, bis die Worte ihren Weg hinausfanden. Es war eine echte Cowboystimme.

»Das hier ist kein Badeort oder irgendein All-inclusive-Hotel, wo man sich um jeden Ihrer Wünsche kümmert, Ms Connor. Das hier ist der Wilde Westen, und wenn Sie nicht auf die Jungs hören und darauf achten, was sie Ihnen sagen, dann kann das Ganze schneller, als Sie blinzeln können, ziemlich schiefgehen.«

Es lag eine Warnung in seinen Worten, aber ich konnte nur an Nächte am warmen Lagerfeuer denken und an noch wärmere Nächte im Schlafzimmer. Er hatte eine Stimme, die mich an rauen Sex denken ließ und an talentierte Hände, zu denen ich nicht Nein gesagt hätte.

»Sutton und Lane kommen prima mit Stadtfrauen klar, die hierherkommen und Cowgirls spielen wollen. Sie sollten sie nicht ansehen, als wären sie nicht einmal gut genug, um Ihre Tasche zu tragen, oder als würden sie Ihre hohen Maßstäbe irgendwie nicht erfüllen können.«

Cy hatte eine tolle Stimme, aber gottverdammt, seine Persönlichkeit ließ zu wünschen übrig.

Also war die Frohnatur Lane, und der Mürrische war Sutton. Emrys hatte mir den Prospekt nicht weniger als zwanzigmal laut vorgelesen, als sie versucht hatte, mich davon zu überzeugen, dass wir diesen Urlaub brauchten und dass ich wirklich, wirklich einmal rausmusste. Also wusste ich, dass die Männer, denen die Ranch gehörte und die die Exkursionen leiteten, Brüder waren. Seiner schützenden Haltung nach zu urteilen und dem attraktiven Silber in seinem Haar und seinem Versuch, mich wegen meiner eingebildeten Schmähungen an meinen Platz zu verweisen, war er garantiert der große Bruder ... Betonung auf groß. Ich hatte eine völlig normale Größe, ein winzig kleines bisschen über einem Meter fünfundsechzig, aber dieser Mann überragte mich und hatte null Probleme mit seinem Einschüchterungsfaktor. Er hob weder die Stimme, noch warf er sich besonders in Pose. Er stand einfach vor mir, und seine Worte mit ihrer Rauheit und ihrem Knurren ließen mich erschaudern – vor Furcht und weil ich mir seiner mit allen Sinnen bewusst war.

»Mir ist klar, dass dies kein Badeort oder Luxushotel ist, Mr ...« Ich errötete und brach ab, als mir aufging, dass ich zu beschäftigt damit gewesen war, ihn zu taxieren, statt aufzupassen, als die Männer sich vorgestellt hatten.

»Warner, aber die meisten Leute nennen mich Cy.«

Ich räusperte mich und hielt ihm widerstrebend eine Hand hin. »Okay, Cy. Ich habe keinen von Ihnen irgendwie merkwürdig angesehen. Ich habe lediglich über Ihre Qualifikationen nachgedacht, eine Gruppe von unerfahrenen Menschen in die Wildnis zu begleiten. Ich denke, das ist eine ziemlich verständliche Sorge. Wir beiden scheinen uns einfach auf dem falschen Fuß erwischt zu haben.« Das passierte häufig angesichts meiner ungefilterten Art und übertriebenen Aufrichtigkeit. Es fiel mir schwer, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, und genau das war auch gerade wieder das Problem gewesen.

»Ich bin Leora, aber die meisten meiner Freunde nennen mich Leo.« Meine Hand blieb ausgestreckt zwischen uns beiden und das über eine unbehaglich lange Zeit hinweg, bis ich sie sinken ließ, während er mich weiter anstarrte. Ich spürte, dass Emrys sich an meiner Seite bewegte, und wurde mir sehr bewusst, dass der kleine Zusammenstoß sich nicht mehr verborgen zwischen ihm und mir abspielte. Seine Brüder standen einige Schritte entfernt und beobachteten mit neugierigen Mienen unser angespanntes Intermezzo. Ich hatte meiner besten Freundin versprochen, offen an diese Sache heranzugehen, hatte ihr versichert, dass mir der Tapetenwechsel willkommen sei und ich mein Bestes tun würde, mich zu amüsieren. In letzter Zeit war ich eine superbeschissene Freundin gewesen, daher war ich es Emrys schuldig, mein Versprechen zu halten – auch wenn dieser Mann entschlossen schien zu beweisen, dass es tatsächlich ein Fehler gewesen war hierherzukommen.

»Sutton und Lane werden Ihr Leben schützen, weil das ihr Job ist. Sie werden außerdem dafür sorgen, dass Ihre Reise jeden einzelnen Penny wert ist, den Sie dafür ausgegeben haben, denn unser Ruf ist alles auf diesem hart umkämpften Markt. Zu Ihrem Glück haben die beiden Jungs tatsächlich Spaß an dem, was sie tun. Ihre Qualifikationen sind in all unseren Informationsblättern verzeichnet und finden sich selbstverständlich auch auf unserer Website. Nur weil sie in Ihrer Vorstellung vielleicht nicht so aussehen wie qualifizierte Wilderness Guides, bedeutet das nicht, dass sie weniger tüchtig oder kompetent sind.«

Peng! Er erhob Schroffheit und Unverblümtheit auf ein ganz neues Level. Irgendwie respektierte ich das, auch wenn sich mir dabei die Nackenhaare sträubten und ich vor Entrüstung plötzlich stocksteif dastand. Ich überlegte, ob es sich so anfühlte, meiner brutalen Ehrlichkeit gegenüberzustehen, wenn ich vergaß, mich in Zurückhaltung zu üben und nett zu sein.

Ich trat einen Schritt zurück und öffnete den Mund, um zu erwidern, dass er und keiner seiner zugegebenermaßen attraktiven Brüder derjenige war, der meiner Meinung nach unterqualifiziert aussah, um uns in den Wald und durch die Berge zu führen. Emrys legte mir eine Hand auf den Unterarm und griff ein, bevor mein angeborenes irisches Temperament wirklich aufloderte. Ich war drauf und dran, mich mit diesem großen, unfreundlichen Mann anzulegen. In genau einer Sekunde hätte ich mein Geld zurückverlangt und ihn für seine Unhöflichkeit und Taktlosigkeit beschimpft. Wie immer, wenn ich erregt war und mich aufplusterte, schaltete Em sich ein und kippte Wasser auf die Glut, damit keine Stichflamme emporschoss.

»Verzeihen Sie meiner Freundin, Mr Warner. Sie ist in der Stadt geboren und aufgewachsen, und ich denke, all die frische Luft, der Friede und die Stille schüchtern sie ein klein wenig ein. Ich versichere Ihnen, dass wir beide äußerst dankbar für Ihre Zeit sind, und wir sind ganz aus dem Häuschen, dass wir hier sein dürfen. Wir freuen uns beide darauf zu sehen, was Ihr wunderbarer Staat zu bieten hat.«

Sie rammte mir den Ellbogen in die Seite, und ich drehte den Kopf, um ihr einen bösen Blick zuzuwerfen.

»Habe ich nicht recht, Leo?«

Ich sah meine größtenteils makellos wirkende beste Freundin an, verdrehte die Augen und überlegte, wie sie nach einem vollen Reisetag immer noch so frisch und unzerknittert aussehen konnte. Während ich rundherum ziemlich durchschnittlich war, war Emrys Santos alles andere als das. Sie war groß und brachte es ohne die Hilfe hoher Absätze auf annähernd einen Meter achtzig. Ihr glänzendes fast schwarzes Haar fiel ihr glatt und perfekt über den Rücken, als hätte es noch nie etwas von Feuchtigkeit oder statischer Aufladung gehört. Ihre dunklen Augen, die mich gerade stumm anflehten, mich zu benehmen, standen leicht schräg, was ihre insgesamt exotische, unleugbare Schönheit nur vergrößerte. Sie war fast perfekt, bis auf die Tatsache, dass sie dazu neigte, sich einzumischen, und fest entschlossen war, ihren Willen zu bekommen, wobei sie höchst unschuldig wirkte.

Sie wusste, dass ich hart an meiner jüngsten Trennung zu knabbern hatte. Hinzu kam, dass ich bei der Arbeit Probleme hatte, der einen stabilen Sache in meinem Leben, die ich stets im Griff gehabt hatte. Aber sie hatte gequengelt, gedrängelt und gefleht, bis ich zugestimmt hatte, diesen Urlaub mit ihr in der Natur zu verbringen, obwohl es absolut nicht mein Ding war, auf Komfort zu verzichten. Am liebsten hätte ich ihr gesagt, sie müsse mit der Tatsache fertig werden, dass ich hier war, aber keineswegs begeistert darüber sei. Doch im Grunde wusste ich, dass sie nur zu helfen versuchte und ihr Bestes tat, mich wieder auf Kurs zu bringen. Also legte ich meinem rebellischen Temperament die Zügel an, biss mir auf die Zunge und nickte ihr steif zu – zum Zeichen meiner Zustimmung.

Cys schillernde Augen blitzten vor Erheiterung auf, ich hätte schwören können, dass er wusste, wie schwer es mir fiel, cool zu bleiben. Ich knirschte mit den Zähnen und setzte ein Lächeln auf, das so falsch war, dass mein Gesicht schmerzte. Dann stellte ich fest: »Wie gesagt, ich denke, wir haben uns einfach auf dem falschen Fuß erwischt.«

Die einzige Reaktion, die ich bekam, war ein Grunzen, dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf die beiden anderen Männer, die das hitzige Gespräch zwischen mir und ihrem älteren Bruder geflissentlich ignorierten. Sie waren sogar beide einige Schritte zurückgetreten, als wüssten sie, dass der Zorn ihres älteren Bruders so auflodern konnte, dass er alles versengte, das nah genug war, um davon berührt zu werden.

Schließlich blaffte er schroff: »Nun haut schon ab und bringt die beiden in ihr Quartier. Ich gehe rein und sag Brynn Bescheid, dass alle hier sind.«

Und einfach so waren wir entlassen, während er sich auf dem Absatz seines absolut nicht cowboymäßigen Stiefels umdrehte und auf ein weitläufiges Blockhaus zu stolzierte. Das Haupthaus sah eher aus wie ein Chalet in den Schweizer Bergen, aber ich vermutete, dass ich mir mit einer diesbezüglichen Bemerkung keine Freunde machen würde, und ich stand sowieso schon auf der Roten Liste, obwohl ich noch keine Stunde auf der Ranch war.

Lane, der Bruder, der keine Probleme damit hatte, seine Zähne in einem charmanten Lächeln aufblitzen zu lassen, hievte meine Tasche hoch und schenkte mir sein entzückendes Grinsen, das ich schon jetzt als typisch für ihn ansah. »Machen Sie sich wegen Cy keine allzu großen Sorgen. Er bellt mehr, als er beißt, und Sie werden ihn ab morgen nicht mehr oft sehen. Er kommt nur mit raus, wenn es sich nicht vermeiden lässt.«

Aus irgendeinem Grund durchlief mich bei der Vorstellung von Cys Biss ein Schauer. Ich folgte Lane, dessen Bruder und Emrys, als sie zu einer Reihe von Hütten gingen, die einige Hundert Meter von dem riesigen Haupthaus entfernt standen.

»Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie viele Stammkunden haben, wenn er mit all Ihren Gästen unmittelbar nach deren Ankunft so spricht.«

Er stieß ein tiefes Lachen aus, das in mir den Wunsch weckte, mit einem Lächeln zu antworten. Dieser Bruder war offensichtlich der umgänglichste der drei. Ich kam zu dem Schluss, dass ich ihn am liebsten mochte.

»Es war die Bemerkung darüber, dass wir nicht mal wie ›echte Cowboys‹ aussehen. Cy ist empfindlich, wenn Leute aus der Stadt mit vorgefassten Meinungen darüber herkommen, wie der Westen sein müsse und was nötig sei, um draußen in den Bergen überleben zu können. Wir haben es hier mit vielen Wochenendkriegern zu tun, die denken, sie könnten es mit der Wildnis aufnehmen, und am Ende entpuppen sie sich während des ganzen Ritts als gewaltige Nervensägen. Er hat einen ausgeprägten Beschützerinstinkt, was das Land und unseren Lebensstil betrifft, daher fällt es ihm schwer, Außenstehende an sich heranzulassen, auch wenn wir damit unseren Lebensunterhalt verdienen. Nicht alle Cowboys tragen breitkrempige Hüte und haben Schnurrbärte wie Sam Elliott. Cy hat sich nie entsprechend angezogen, nicht einmal, als wir jünger waren. Glauben Sie mir, Sie sind keineswegs die Erste, die eine Exkursion bei uns gebucht hat und dann erstaunt war, dass wir nicht so herumlaufen wie Figuren aus The Hateful Eight.«

Ich seufzte und warf ihm aus dem Augenwinkel einen Blick zu. »Ich verstehe nicht, wieso Sie das überhaupt gehört haben.« Ich war mir absolut sicher gewesen, dass ich so leise geflüstert hatte, dass nur Emrys mich hatte hören können.

»Sie sind an den Lärm der Stadt gewohnt und daran, dass die Geräusche an einem so überfüllten Ort alles übertönen, was andere nicht hören sollen. In der weiten, offenen Natur gibt es nichts, hinter dem man sich verstecken kann, und alle Geräusche verbreiten sich ungehindert. Hier draußen gewöhnen Sie sich daran zu sagen, was Sie wirklich meinen, und Sie lernen sehr schnell, das Worte etwas Dauerhaftes sind. Sie können versuchen, sie zurückzunehmen, aber ihr Echo bleibt für immer.«

»Das werde ich mir merken.« Ich legte den Kopf schräg und fragte ihn: »Wenn Sie und Sutton diejenigen sind, die Reisegruppen führen, was tut dann Mr Charakterkopf ... abgesehen davon, dass er die zahlenden Gäste einschüchtert und beschimpft?« Keine Ahnung, warum ich so neugierig auf den unfreundlichsten der Brüder war. Aber ich hatte eine Menge Fragen, und ich musste mich wirklich beherrschen, sie nicht alle gleichzeitig hervorsprudeln zu lassen.

Ein weiteres Lachen erklang, und diesmal lächelte ich den Mann vor mir tatsächlich an. Aus der Nähe und ohne den Schatten seines Hutes über dem Gesicht sah ich, dass er nicht nur verboten attraktiv war, wie ich es ja schon vermutet hatte. Lane war viel jünger als Cy, seine Augenfarbe eher ein Blau als Grau. Er hatte ähnliche Kieferkonturen, und der Schnitt seiner Wangenknochen entsprach dem seines älteren Bruders, aber dieser Mann war auf eine zugänglichere Art und Weise attraktiv. Lane Warner hatte außerdem ein Grübchen in einer Wange, wenn er grinste, was ihn in meinen Augen absolut entzückend machte. Ich wusste nicht, ob echte Cowboys Grübchen hatten, aber ich kam zu dem Schluss, dass sie alle welche haben sollten, wenn es bedeutete, dass sie so gut aussahen wie dieser hier. Lane hatte eine solch natürliche Attraktivität, die jeder Frau unter der Sonne gefallen würde, während sein älterer Bruder mit seiner grüblerischen Art und schroffen Attraktivität denjenigen Frauen gefiel, die etwas Besonderes wollten, jemanden, der unvergesslich war und unmöglich zu übersehen.

»Mr Charakterkopf ... Cy würde ausrasten, wenn er wüsste, dass Sie ihn so genannt haben. Er geht Gästen aus genau diesem Grund für gewöhnlich aus dem Weg. Er taucht immer auf, wenn Gäste ankommen, und er bleibt in der Nähe, um sich davon zu überzeugen, dass alle aufpassen, wenn wir die Regeln und Vorschriften für die Zeit draußen besprechen, aber danach kümmert er sich wieder um die Leitung der Ranch und all die anderen Dinge, mit denen er beschäftigt ist. Sutton und ich leisten die Beinarbeit, aber Cy ist das Gehirn hinter dem Unternehmen. Er hat die Ranch vor einigen Jahren übernommen, als sich die Gesundheit meines alten Herrn verschlechtert hat. Die geführten Touren und Abenteuerurlaube waren seine Idee. Als er auf dem College war, kamen meistens seine Kumpel mit ihm in den Ferien nach Hause, damit sie draußen im Wald reiten und Outdoorspielchen machen konnten. Cy hat aus etwas so Einfachem wie dem Wunsch seiner Collegekumpel, rumzuhängen und sich zu amüsieren, eine Geschäftsidee gemacht. Da Sie dafür bezahlt haben, hier zu sein, wissen Sie, dass seine Idee profitabel für uns ist. Er hat die Ranch gerettet und meinem Dad einige letzte ruhige Jahre verschafft, damit unser alter Herr sich an seinem Lebensabend keine Sorgen um uns zu machen brauchte.«

Es waren mehr Informationen, als ich erbeten hatte, aber es war ein wertvoller Einblick in die Psyche des Mannes, der mich von Anfang an ebenso verärgert wie fasziniert hatte. Der jüngere Mann sprach mit offensichtlichem Stolz, wenn er von seinem älteren Bruder redete, was mir ein Lächeln entlockte. Doch mein Lächeln erstarb, als wir die Hütte erreichten und der mürrische Bruder – der weniger Ähnlichkeit mit dem hatte, der mich faszinierte – die Tür aufstieß und Emrys Tasche mit einem lauten Knall auf den Boden fallen ließ. Sutton deutete mit dem Kinn auf sie, dann rauschte er an uns vorbei, bis er am Fuß der Vortreppe angelangt war. Er war groß und breit wie sein älterer Bruder, aber seine Augen waren grün und nicht ansatzweise grau oder blau. Seine herabgezogenen Mundwinkel und die Falte zwischen seinen Augen ließen ihn griesgrämig und übellaunig erscheinen und nicht grüblerisch und konzentriert wie seinen älteren Bruder. Er war trotzdem ein unverschämt attraktiver junger Mann, und ich bemerkte, dass Emrys nicht aufhören konnte, ihn anzustarren. Angesichts dessen, dass ich mich in meinem Unwillen selbst in eine Wolke grüblerischer Gedanken hüllte, hatte ich weder Zeit noch Interesse an seiner säuerlichen Einstellung oder dem Grund dahinter. Lane stellte meine Tasche viel behutsamer auf den Boden, schenkte mir ein klägliches Lächeln und tippte sich dann mit den Fingern an den Schirm seiner Baseballkappe.

»Arbeit mit Verwandten ist niemals langweilig, so viel steht fest. Ihr Ladys werdet eine tolle Reise erleben. Überlasst das einfach mir.«

Die Brüder verschwanden, und Emrys schloss die Tür. Sie drehte sich mit einem perfekten Haarschwung zu mir um, dann kniff sie ihre fesselnden dunklen Augen zusammen.

»Du übertreibst es ein bisschen, das weißt du, oder?« Sie war sauer, und ich konnte ihr keinen Vorwurf daraus machen.

»Es tut mir leid, okay? Ich habe wirklich nicht gedacht, dass außer dir noch jemand das hören konnte, was mir als Angriff ausgelegt wurde.«

Sie klopfte mit dem Fuß, der in einem perfekt ins Ambiente passenden ledernen Reitstiefel steckte, auf den Boden und stieß ein verärgertes Schnauben aus.

»Ich weiß, du hast nicht gedacht, dass sie dich hören können, aber darum geht es nicht. Es geht darum, dass du denkst, alle würden sich als etwas ausgeben, das sie nicht sind, nach all dem Scheiß, den Chris dir zugemutet hat. Du lässt andere dafür leiden.«

Chris war der Ex-Freund, von dem ich mir so sicher gewesen war, dass ich für immer mit ihm zusammenbleiben würde. Er war der Ex-Freund, mit dem ich glückselig eine Zukunft geplant und mit dem ich mir träumerisch vorgestellt hatte, Kinder zu haben. Er war der Ex-Freund, den ich im Gegensatz zu allen anderen an mich herangelassen hatte, weil er mir als perfekt erschienen war und, noch wichtiger, weil ich gedacht hatte, wir wären absolut perfekt zusammen. Es war so einfach gewesen, mit ihm zusammen zu sein, mühelos, unkompliziert. Er war der Ex-Freund, der alles gewesen war, was ich je gewollt hatte, und er war der Ex-Freund, der mich von Anfang bis Ende und in allen Dingen verarscht hatte.

Er hatte mich mit fast allem belogen: womit er seinen Lebensunterhalt verdiente, was seine Vergangenheit betraf und seine Zukunft sein würde, wer er war und wer ich für ihn war. Er hatte gelogen und gelogen und noch ein wenig mehr gelogen, und als ich ihn für seine endlosen Unwahrheiten zur Rede gestellt hatte, hatte er mir das Gefühl gegeben, als hätte ich um die Unehrlichkeit gebeten. Er hatte gesagt, ich hätte es ihm leicht gemacht zu lügen, weil ich ihn nie nach der Wahrheit gefragt hätte. Ich hätte all die offensichtlichen Zeichen ignoriert, dass ich hineingelegt wurde. Das hatte mich wütend gemacht, weil ich ein Auge zugedrückt hatte, wenn etwas nicht ganz zusammengepasst hatte, weil es leichter für mich gewesen war, als der Sache auf den Grund zu gehen und zu riskieren, mehr zu erfahren, als ich hatte wissen wollen.

Ich hatte vor über drei Monaten mit Chris Schluss gemacht. Ich leckte noch immer meine Wunden, weil ich nicht glauben konnte, dass ich so dumm gewesen war, mich in jemanden zu verlieben, der so unecht, so verlogen gewesen war. Das Ende der Beziehung war verantwortlich für mein gegenwärtiges Maß an Selbstverachtung und meinen allgemeinen Menschenhass. Seine Lügen und meine Leichtgläubigkeit hatten mir den Boden unter den Füßen weggezogen und mir das Gefühl vermittelt, als könne ich meinem Urteil nicht mehr trauen, ebenso wenig wie meinen Fähigkeiten, Entscheidungen zu treffen. Ich war immer so achtsam gewesen, so vorsichtig, aber Chris hatte meine Verteidigungswälle durchbrochen, und nun kam ich mir töricht und verschmäht vor. In der Folge hatte ich meine Mauern wieder hochgezogen und sie so uneinnehmbar gemacht, dass nicht einmal meine beste Freundin darüber hatte hinwegklettern können, die einzige Person in meinem Leben, die nicht zu meiner Familie gehörte und der ich blind vertraute. Es war mir schrecklich unangenehm, dass ich Em im Laufe der letzten Monate wiederholt enttäuscht hatte. Während meiner Beziehung hatte ich es wieder und wieder ignoriert, wenn sie mich gewarnt hatte, dass mit Chris etwas nicht stimme. Sie hatte mir immer wieder gesagt, ich solle mir ansehen, wo er lebte, solle seine Freunde kennenlernen und mir seine Familie vorstellen lassen. Immerhin waren wir über sechs Monate zusammen gewesen.

Ich hatte sie nach der Trennung enttäuscht, als ich mich in mich selbst zurückgezogen hatte, um über all das hinwegzukommen. Ich hatte mir eingeredet, dass das letzte halbe Jahr meine Selbstachtung völlig zerstört hatte. Ich war keine Frau, die sich weit aus dem Fenster lehnte, und bei der einen Gelegenheit, bei der ich das getan hatte, war ich abgestürzt. Emrys verdiente eine bessere Freundin, denn selbst als ich mit meinen eigenen beschissenen Problemen beschäftigt gewesen war, hatte sie immer fest zu mir gestanden.

Ich streckte die Hände aus und legte sie ihr auf die Schultern. Ich musste aufschauen, um ihr in die Augen sehen zu können, aber genau das tat ich jetzt mit voller Aufrichtigkeit. »Wir werden eine tolle Woche zusammen erleben. Ich verspreche es, ich bin ganz da. Ich werde den Mund halten, wenn es darum geht, ob die Männer echte Cowboys sind oder nicht. Ich werde mich amüsieren und diese abscheulich saubere, nicht verunreinigte Luft und diesen unverdorbenen Frieden genießen. Ich werde sogar versuchen, die Wogen mit Mr Charakterkopf zu glätten, wenn dich das glücklich macht, okay?«

Sie schüttelte den Kopf, aber dann verzog sie den Mund zu einem widerwilligen Grinsen, einen Mund, der keinen Lippenstift brauchte und keinen Konturenstift, damit der Amorbogen aussah wie gemalt. Wenn sie nicht meine allerbeste Freundin auf der ganzen Welt gewesen wäre und ich nicht gewusst hätte, wie groß ihr Herz und wie endlos gütig sie war, wäre es leicht gewesen, sie nicht zu mögen, weil sie es so einfach erscheinen ließ, fehlerlos zu wirken. Glücklicherweise hatten wir uns kennengelernt, lange bevor Chris mich in einen argwöhnischen Zweifler verwandelt hatte, der alles und jeden infrage stellte. Es wäre der größte Verlust meines ganzen Lebens gewesen, mir die Freundschaft mit Emrys entgehen zu lassen, nur weil sie so einschüchternd fehlerlos schien.

»Ich will, dass du einen Neustart hinlegst und die Batterien wieder auflädst, Leo. Ich will, dass du dich daran erinnerst, dass du die klügste und tüchtigste Frau bist, die ich kenne. Was mit Chris passiert ist, definiert dich nicht. Du bist von einem charmanten Mann mit einem hübschen Gesicht aufs Kreuz gelegt worden. Das hat Konsequenzen, aber es ist nicht das Ende der Welt. Du bist nicht die erste Frau, der so etwas passiert ist. Du wirst nicht die Letzte sein. Ich will, dass du weiterziehst und wieder die Frau wirst, die schon immer meine beste Freundin war.«

Sie klang so traurig, so frustriert, dass mein Magen sich noch fester zusammenkrampfte. Dann schüttelte sie leicht den Kopf und warf mir einen Blick zu, der mir im Herzen wehtat. »Denn von dieser Frau hier ...«

Sie zeigte auf mich, und ich schaute zu Boden, weil sie mein Shirt betrachtete. Ich hätte es verbrennen sollen, nachdem ich ihm gesagt hatte, ich wolle ihn nie wiedersehen.

»... bin ich nicht gerade ein Fan.«

Ich war auch kein Fan von ihr, wusste aber nicht recht, wie ich sie vertreiben sollte. So langsam fragte ich mich, ob sie diejenige war, die zu sein mir von jetzt an bestimmt war.

Dieser Gedanke war so niederschmetternd, dass ich erklärte: »Ich mach mal weiter.«

Ich ließ die Hände von ihren Schultern sinken, dann bückte ich mich, um meine Tasche hochzuheben und auf eins der schmalen Betten zu stellen, das ein entzückendes bäuerliches Gestell hatte. Die Leute hier hatten sich ein Bein ausgerissen, damit die Quartiere sehr ranchmäßig wirkten, und ich hasste es zuzugeben, dass unseres wirklich hübsch war. Es waren offensichtlich Nachforschungen angestellt worden, was Urlaubern gefallen würde, und da ich meinen Lebensunterhalt damit verdiente herauszufinden und zu analysieren, wofür Menschen ihr Geld ausgeben würden, wusste ich es zu schätzen, wenn ein Unternehmen sich extra darum bemühte, seine Klienten und den Markt zu verstehen.

Ich hörte Emrys hinter mir seufzen. »Vor Chris hättest du diese Männer niemals als unechte Cowboys abgetan. Du wärst zu abgelenkt davon gewesen, wie unglaublich ihre Ärsche in diesen Jeans aussehen, um dir darüber Gedanken zu machen, ob sie Cowboy genug sind oder nicht.«

Traurigerweise hatte sie nicht ganz unrecht mit dieser Einschätzung. Ein ersticktes Lachen entfuhr mir, und ich schaute über meine Schulter. »Ihre Ärsche haben wirklich phänomenal in diesen Jeans ausgesehen.« Besonders der von Cy, als er mit seinem langbeinigen, selbstbewussten Gang davonstolziert war, nachdem er mich heruntergeputzt hatte.

Er war ein Mann, der sich zielstrebig und entschlossen bewegte. Er tat es, als würde ihn nichts beirren, nichts von dem Pfad ablenken, auf dem er sich befand, als sei, was immer er zu tun hatte, viel wichtiger als alles andere, was geschah. Ich hatte mir immer vorgestellt, dass ein richtiger Cowboy sich so bewegen würde, zuzüglich einer leicht o-beinigen Haltung, die meine überaktive Fantasie der Dramatik halber oft hinzugefügt hatte.

Emrys lachte, und die Last, die ich in letzter Zeit in meinem Herzen mit mir herumgetragen hatte, wurde ein wenig leichter.

»Sei einfach während der nächsten Woche nett zu jedem, Leo. Das ist alles, worum ich dich bitte.«

»Das kriege ich hin.« Sie verlangte nicht viel, und so lange, wie der große Bruder des Warner-Trios sich von mir fernhielt, sollte ich problemlos imstande sein, ihre Bitte zu erfüllen. Ich war hier, um ein wenig wertvolle Zeit in unsere Freundschaft zu investieren und um meinem geschundenen Herzen und meinem geschwächten Selbstbewusstsein etwas dringend erforderlichen Halt zu verschaffen. Meine Fähigkeit, an andere zu glauben und meinem eigenen Urteil zu vertrauen, war untergraben worden. Vielleicht würden die Ruhe und der Abstand zu allem Vertrauten dazu beitragen, all das zu heilen, was Chris und seine Lügen zerfetzt und bloßgelegt hatten.

Ich würde mein Bestes tun, darauf zu vertrauen, dass diese nicht ganz echten Cowboys uns nicht nur durch die Berge und die Wildnis führten, sondern es ihnen irgendwann dabei gelang, mich zu der Person zurückzugeleiten, die ich gewesen war, bevor man mich zerbrochen hatte.

Kapitel 2:Eine merkwürdige Dinnerkonversation

Da mein Showdown mit Mr Charakterkopf einen Teil der Stunde geraubt hatte, die man uns bis zum Abendessen eingeräumt hatte, überließ ich Emrys das winzige, perfekt rustikale, aber trotzdem moderne Badezimmer, statt es für mich selbst zu fordern. Ich hatte vermutlich sowieso bereits jeden guten Eindruck verspielt, den ich für heute hätte hinterlassen können. Daher hatte es nicht wirklich Sinn, mich aufzudonnern und so zu tun, als sei ich jemand Freundlicheres und Aufgeschlosseneres, als es tatsächlich der Fall war. Außerdem war ich entschlossen, mich meiner besten Freundin gegenüber zusammenzureißen, ihr den Vortritt zu lassen und ihr das denkwürdige verbindende Erlebnis zu schenken, das sie sich offensichtlich von dieser Reise erhoffte. Es gab nicht viele Menschen auf der Welt, für die ich versuchen würde, meine Einstellung zu korrigieren. Emrys stand zufällig ganz oben auf dieser Liste. Und um die Wahrheit zu sagen, ich war es leid, unglücklich zu sein und andere, denen ich etwas bedeutete, ebenfalls unglücklich zu machen.

Als die Wahrheit über Chris und die Farce unserer Beziehung ans Licht gekommen war, war ich zuerst am Boden zerstört und todunglücklich gewesen. Es hatte nicht lange gedauert, bis sich Verlegenheit und Zorn in diese Gefühle gemischt hatten. Die Verlegenheit hatte mit sich gebracht, dass ich möglichst für mich geblieben war. Ich hatte ungestört meine Wunden lecken wollen und alles getan, was mir eingefallen war, um meine tyrannische beste Freundin von mir fernzuhalten. Ich hatte sie versetzt, unsere regelmäßigen alltäglichen Zusammenkünfte abgesagt, ihre Anrufe ignoriert und sie in der Luft hängen lassen. Ich hatte anfangs sogar mehrere geschäftliche Termine abgesagt, die wir zusammen hatten wahrnehmen wollen, sodass sie ganz allein mit irgendwelchen geilen Geschäftsmännern hatte fertigwerden müssen.

Ich hatte ihren Geburtstag ignoriert und bewusst angefangen, mit ihr zu streiten, als sie mich wegen meines miesen Verhaltens zur Rede gestellt hatte. Ich hatte niemanden so nah an mich heranlassen wollen, dass er gesehen hätte, wie sehr ich litt, erst recht nicht die Person, die mich besser kannte als alle anderen. Zu meinem Glück war Em ebenso halsstarrig wie fordernd. Ich hatte sie von mir gestoßen, so heftig es mir möglich gewesen war, aber sie war nicht weggeblieben. Sie hatte diese kilometerhohen Mauern erklommen und sich nach Kräften bemüht, mich ins Land der Lebenden zurückzuzerren. Ich schuldete ihr also die beste Zeit, die ich ihr nur geben konnte.

Emrys verschwand im Badezimmer, und ich nutzte die Zeit allein im Schlafzimmer, um Jeans und eine eng anliegende, karierte Bluse anzuziehen. Ich löste meinen Pferdeschwanz, der während der nächsten Woche höchstwahrscheinlich meine Standardfrisur sein würde, und rieb mir die Kopfhaut, die vor Erleichterung kribbelte. Ich grinste, als ich mich in dem großen Spiegel sah, der an der Rückseite der Kleiderschranktür hing. Sobald ich in die neuen Justin-Roper-Stiefel schlüpfen würde, die ich eigens für diese Reise gekauft hatte, würde ich schon mehr dem Bild ähneln, das ich immer von einer traditionellen Rancherin gehabt hatte. Entsprechend flocht ich mir das Haar zu zwei Zöpfen, die beidseits meines Kopfes hinunterhingen, eine Frisur, die ich nicht mehr getragen hatte, seit ich ein kleines Mädchen gewesen war.

Mein Haar hatte gerade so viel Rot in sich, dass ich in meiner Jugend immer Angst vor Pippi-Langstrumpf-Witzen gehabt hatte, aber weil es sich wild lockte und mir in alle Himmelsrichtungen vom Kopf abstand, hatte ich stattdessen Witze über das kleine Waisenkind Annie zu hören bekommen. Die Seitenhiebe hatten wehgetan, vor allem wegen der Gründe für den Spitznamen. Es war allgemein bekannt gewesen, dass meine Großeltern mich aufzogen, weil meine Mutter mich nicht wollte und mein Vater niemals eine Rolle gespielt hatte. Das Wissen, dass die Person, die einen auf die Welt gebracht hatte, einen nicht bei sich haben wollte, war eine bittere Pille. Glücklicherweise hatten meine Großmutter und mein Großvater sich ein Bein ausgerissen, um dafür zu sorgen, dass ich in dem Wissen heranwuchs, dass sie mich über alles liebten und mir alles geben würden, was in ihrer Macht stand, um die Vernachlässigung durch meine Mutter auszugleichen. Mir hatte es nie im Leben an irgendetwas gemangelt, bis auf die schwer fassbaren Antworten auf die Frage, warum meine Mutter beschlossen hatte, mich nicht ins Herz zu schließen, als ich nicht einmal alt genug gewesen war, um ihr einen Grund für diese Ablehnung zu geben.

Ich hatte die Frage meinen beiden Großeltern gestellt, ebenso der Frau, die mir das Leben geschenkt hatte. Niemand hatte eine Antwort gehabt, die mir irgendeine Erleichterung geschenkt hätte. Es gab keine Antworten. Es gab keinen Grund. Für meine Mutter war ich einfach eine unerwünschte Unannehmlichkeit gewesen. Sie hatte ihr Leben bereits geplant, und ich war darin nicht vorgekommen. Ich war problematisch gewesen, und das hatte mich unliebsam gemacht. Grund genug, mich herzugeben und mir für immer den Rücken zuzukehren.

Emrys sagte mir, ich hätte Glück gehabt, dass sie mich verlassen hatte. Meine Großeltern schickten mich auf die besten Schulen und ließen mich an allen möglichen außerschulischen Aktivitäten teilnehmen, sie machten mit mir Reisen, um mir die Welt zu zeigen, lehrten mich Dinge über verschiedene Kulturen und weckten in mir die Würdigung von harter Arbeit und Unabhängigkeit. Sie erzogen mich dazu, mich auf mich selbst zu verlassen, für mich selbst zu denken. Aber die Tatsache, dass mir all diese Gelegenheiten geboten wurden, weil man mich im Stich gelassen hatte, nagte immer irgendwo in meinem Hinterkopf an mir. Es trieb mich dazu, alles so perfekt zu machen, wie ich es nur einrichten konnte. Ich wusste, dass nichts an mir auszusetzen war, dass das Problem bei der Frau lag, die keine Mutter sein konnte. Trotzdem blieben die Fragen, und mit ihnen ging die Furcht einher, dass ich vielleicht, nur vielleicht, etwas an mir hatte, das es den Menschen schwermachte, mich zu lieben. Es hatte mich defensiv und reizbar gemacht, vor allem Menschen gegenüber, die versuchten, nah an mich heranzukommen.

Verärgert über diese düsteren Gedanken zog ich den Ranchprospekt, mit dem Em mir während der letzten Wochen wie eine Art Urlaubsbibel vor der Nase herumgewedelt hatte, aus ihrer Tasche und blätterte ihn durch.

Da waren Fotos von den Bergen und der wunderschönen Umgebung. Ein makelloser See, gespeist von einem klaren Bergbach, und natürlich war da der unverzichtbare Angler in Anglerhose auf dem Foto – mit einem Lächeln auf dem Gesicht von der Größe Wyomings. Da waren Fotos von attraktiv gekleideten Touristen auf wunderschönen Pferden, beladen mit allen möglichen Ausrüstungsgegenständen, und sie alle lachten und amüsierten sich offensichtlich prächtig. Da waren Fotos von den entzückenden Hütten und den Ställen voller Pferde. Auf einem Foto saß Sutton auf einem stattlichen Tier. Ich tippte mit dem Zeigefinger darauf, weil er einen schwarzen Stetson und eine Jeansjacke mit Lammfell am Kragen trug. Er stützte sich auf den Sattelknauf, und weil er außerstande schien zu lächeln, sah er von Kopf bis Fuß aus wie der raubeinige heimatlose Cowboy. Es fand sich auch ein Foto von Lane in dem Prospekt. Von dem Bruder, der sehr wohl lächeln konnte. Auf dem Bild tat er genau das, während er mit einer Gitarre vor einem lodernden Lagerfeuer saß. Er hatte außerdem einen Cowboyhut auf dem Kopf, nur dass seiner aus Stroh war. Sein Hemd ähnelte der trendigen Flanellbluse, die ich gerade angezogen hatte. In dem Prospekt waren sie durch und durch Cowboys; wenn man ihnen persönlich begegnete, war diese Eigenschaft weniger ausgeprägt.

Ich schnaubte und blätterte das Ding durch. Ich konnte nicht verhindern, dass mir der Atem stockte, als ich das Foto auf der Rückseite sah. Es gab einige Bilder vom Haupthaus und von dem riesigen hölzernen Esstisch, der aussah, als käme er direkt aus der Serie Vikings. Hier war ein Foto von einer zauberhaften rothaarigen Frau, die mit in den Nacken gelegtem Kopf lachte, während sie auf einer mehlbedeckten Arbeitsfläche Teig knetete. Aber was mir die Luft direkt aus der Lunge saugte, war das Foto von Cyrus Warner in seinem Büro hinter einem riesigen Schreibtisch. Auf dem Bild lehnte er sich in einem ledernen Ohrensessel zurück und hatte die Arme vor seiner breiten Brust verschränkt, einen eindringlichen Ausdruck auf dem Gesicht. Der Raum ähnelte keinem Büro, das ich je gesehen hatte. An der Wand über Cys Kopf hing ein riesiger Schädel eines Langhornrinds. Es sah aus, als hätte jemand aus einem alten Wagenrad eine Lampe gefertigt. Ganz zu schweigen davon, dass die Sessel daneben mit etwas bezogen waren, das kuhfellartig aussah. Ich war bereit zu wetten, dass diese Bezüge tatsächlich von einem Rind stammten. Es war unmissverständlich westernmäßig und ohne Frage ein Büro, das auf eine Ranch gehörte. Es war außerdem unwiderruflich männlich und machtvoll – genau wie der Mann, der den Raum beherrschte. Selbst auf dem Papier war Cyrus beeindruckend, aber nicht annähernd so wie ein Cowboy. Im Gegensatz zu seinen Brüdern war er fast genauso gekleidet wie heute: ein schwarzes T-Shirt, gegeltes Haar mit einem Hauch Silbergrau an den Seiten. Er sah weder aus wie ein Cowboy noch wie ein Geschäftsmann. Er sah wie nichts aus, das ich hätte etikettieren oder einordnen können, was dazu führte, dass ein Schauder der Neugier mich überlief und ich mich herausgefordert fühlte.

»Interessiert es dich endlich, wie wir die nächsten Tage unsere Zeit verbringen werden?« Emrys kam aus dem Bad und hatte ein Handtuch um ihr langes Haar geschlungen. Eine Dampfwolke folgte ihr.

Sie war ähnlich gekleidet wie ich, wobei sie in dieser Aufmachung auch angekommen war. Im Gegensatz zu mir war Em gut bekannt mit der weiten Natur.

»Das freut mich. Ich glaube wirklich, dass wir eine Menge Spaß haben werden, wenn du der Sache eine Chance gibst.«

Ich seufzte und warf den Prospekt neben mich aufs Bett. »Du hast gelesen, dass man ein versierter Reiter sein muss, oder? Ich habe seit Teenagerzeiten nicht mehr auf einem Pferd gesessen.«

Eine der außerschulischen Aktivitäten, die ich hatte ausprobieren wollen, als ich jünger gewesen war, war das Reiten gewesen. Mein Grandpa war in Texas mit Pferden aufgewachsen, lange bevor er nach Nordkalifornien gezogen war. Er war begeistert gewesen, als ich Interesse an etwas gezeigt hatte, das wir zusammen tun konnten. Und er hatte mich schneller, als ich »Hü« sagen konnte, in einem einheimischen Stall zu Reitstunden angemeldet.

Einen ganzen Sommer lang hielt ich durch. Ich kam ziemlich gut mit den großen Tieren klar und begann wirklich, das Reiten zu mögen. Es gefiel mir, die totale Kontrolle über ein solch gewaltiges und mächtiges Tier zu haben. Oder zumindest bildete ich mir das ein, bis ein scheues Reittier, das einen Sprung verweigerte, mich abwarf, als sei ich ein Fliegengewicht. Ich brach mir an zwei Stellen das Handgelenk und beschloss, genug vom Reiten zu haben. Es war zu unberechenbar, und ich hatte lange nicht so viel Kontrolle, wie ich mir vorgegaukelt hatte. Die Geschichte meines Lebens, so schien es. Ich hasste es zu versagen, und wenn es mir einmal passierte, riskierte ich keine Wiederholung dieser Erfahrung. Ich hatte gekniffen und war nie wieder einem Pferd zu nahe gekommen.

»Versiert bedeutet nicht professionell. Du weißt, wie man einen Sattel und ein Zaumzeug anlegt, und du kannst mehrere Stunden am Tag reiten, ohne runterzufallen. Das war alles, was in der Haftungsverzichtserklärung verlangt war, die wir unterschrieben haben.« Sie befreite ihr Haar aus dem Handtuch, und die dunklen Strähnen flossen ihr wie schwarze Seide um die Schultern. »Ich habe seit Jahren auf keinem Pferd mehr gesessen. Nicht mehr, seit ich auf dem College mit diesem spanischen Polospieler zusammen war.«

Wir tauschten einen Blick und stießen beide einen träumerischen Seufzer aus. Der Polospieler war heiß gewesen, aber andererseits waren alle Männer heiß, mit denen Em ausging. Meine beste Freundin gab sich nicht mit dem Durchschnitt ab. Es war eine der Eigenschaften, die ich am meisten an ihr bewunderte. Sie weigerte sich, sich mit irgendetwas zu begnügen.

»Dein Haar sieht süß aus.« Sie streckte die Hand aus und zog am Ende eines der Zöpfe, während ich vom Bett aufstand. Erinnert mich stark an Elly May Clampett.«

Ich schlug grinsend ihre Hand weg, und mein Magen knurrte und ließ mich wissen, dass der Müsliriegel und die Pepsi, die ich mir einverleibt hatte, nicht genug Nahrung für den Tag gewesen waren.

»Ich glaube, Elly May war einfach nur ein Landei, kein Cowgirl. Lass uns zu diesem Haus hinübergehen. Ich bin halb verhungert.«

Sie zeigte auf ihr immer noch tropfnasses Haar und zog eine Braue hoch. »Ich muss zuerst diesen Mob trocknen, aber du kannst schon ohne mich vorgehen.«

Ich wusste, dass ihr Haar mindestens eine halbe Stunde brauchte, um auch nur ansatzweise trocken zu werden, da sie so verdammt viel davon hatte. Ich wollte ihr gerade sagen, dass ich einfach auf sie warten würde, als mein Magen ein weiteres zorniges Geräusch ausstieß, so laut, dass selbst sie es hörte. Sie zog beide Brauen hoch, als ich eine Hand über den verräterischen Laut schlug und mir die Hitze in die Wangen stieg.

»Okay. Ich gehe vor und schaue, ob sie irgendetwas haben, das ich in mich reinstopfen kann, bevor mein Körper anfängt, sich selbst zu verschlingen. Ich werde Bescheid sagen, dass du dich ein wenig verspätest.«

Sie nickte und ging zum Waschbecken, wo sie mich im Spiegel beobachtete, während ich mir meine neuen Stiefel schnappte und sie anzog. Sie waren anders als alles, das normalerweise meine Füße zierte, aber ich musste zugeben, dass die kleinen Troddeln am Ende der Schnürung supersüß waren. Sie stemmte die Hände in die Hüften und betrachtete mich mit einem Grinsen im Spiegel.

»Du bist entzückend, Leo. Danke, dass du es versuchst, das bedeutet mir wirklich viel.« In ihrer Stimme schwang eine Unbekümmertheit mit, die gefehlt hatte, seit ich mich in meinem Mauseloch verkrochen hatte. Ich hatte den Rest der Welt ignoriert, während ich versucht hatte, die Wunden zu schließen, die viel tiefer gingen, als es irgendjemand wusste.

Ich stieß ein Schnauben aus und ging zur Tür. »Wünsch mir Glück. Ich hoffe, ich werde auf dem Weg zu diesem Holzhaus nicht von einem Bären gefressen oder von einem Berglöwen angegriffen.«

Sie lachte und sah mich im Spiegel an. »Wenn du schreist, wette ich gutes Geld darauf, dass mehr als einer dieser Typen in den engen Wranglers herbeigeeilt kommt, um dich zu retten. Es könnte sich lohnen, es einfach mal zu probieren. Wer will nicht von einem höllisch erotischen Cowboy gerettet werden?«

Ich stöhnte, als ich die Tür aufzog. »Nun, ich glaube immer noch nicht, dass diese Männer Cowboys sind, also befürchte ich, dass ich mich selbst retten muss.« Etwas, von dem ich überzeugt gewesen war, dass ich es konnte, bevor Chris die Fundamente meines Glaubens an mich selbst erschüttert hatte. Jetzt war ich mir nicht mehr so sicher, ob ich der Aufgabe gewachsen war, mich selbst und die Stellen zu schützen, die empfindlich und weich waren. »Wir sehen uns später.«

Em winkte mir über ihre Schulter hinweg zu.

Ich zuckte zusammen, als die Tür mit einem lauten Knall hinter mir zufiel und ich deutlich hören konnte, wie die Absätze meiner Stiefel auf der Holztreppe klapperten, die nach unten führte. Es war so still hier, so lautlos. Ich konnte mein Herz schlagen hören, genauso, wie ich jeden Atemzug vernahm. Ich konnte hören, wie meine Kleider sich an meiner Haut rieben und mir die leichte Brise durchs Haar strich, als ich zu dem hell erleuchteten Haupthaus hinüberging. Ich war mir mit allen Sinnen bewusst, wie leicht Geräusche sich ohne Gebäude und Schwärme von Menschen, die sie schluckten, verbreiten konnten. Meine Stimme würde man bis auf die Berggipfel hören können, wenn ich sprach. Daher war es kein Wunder, dass Cy und seine Brüder vorhin meine sarkastische Bemerkung gehört hatten.

Hier draußen gewöhnen Sie sich daran zu sagen, was Sie wirklich meinen ...