»Mir fällt gerade ein...« - Manfred Krug - E-Book

»Mir fällt gerade ein...« E-Book

Manfred Krug

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Beschreibung

»Bei strahlender Sonne und klirrendem Frost auf den Flohmarkt gegangen.« Manfred Krug war ein unermüdlicher Sammler. Stets auf der Jagd nach Kleinodien, Erkenntnissen und Anekdoten. Dieser Band enthält die schönsten Fundstücke und Geistesblitze aus seinem Nachlass, illustriert mit den Radierungen von Moritz Götze. Als leidenschaftlicher Flohmarktgänger trug Manfred Krug ganz besondere Artefakte und Kuriositäten zusammen. Mit großer Anteilnahme las er Zeitung, sah fern oder den Menschen aufs Maul. Tollkühne Tiere, zünftiges Essen und kleine Kinder liebte er besonders, Handwerker nicht immer. Besonders interessierte ihn der Gang der Zeit, in den Uhren wie im Universum. Das vorliegende Sammelsurium ist ein überaus amüsantes Zeugnis seines Stöberns, seiner Neugier, seiner Leidenschaft für alles Geschmackvolle. Der gefeierte Maler und Grafiker Moritz Götze, der schon die Krugschen Gedichte illustrierte, bebildert dieses Geschenkbuch mit seinen Radierungen.

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Manfred Krug, geboren am 8.2.1937, war in der DDR und später in der Bundesrepublik ein gefeierter Schauspieler, Sänger und Autor. Er schrieb mehrere Bücher, darunter den Bestseller »Abgehauen«. Manfred Krug starb am 21. Oktober 2016 im Alter von 79 Jahren.

Krista Maria Schädlich übersiedelte 1977 mit ihrer Familie aus der DDR in die BRD. Danach war sie als Lektorin in verschiedenen Verlagen tätig. Als enge Vertraute von Manfred Krug betreute sie alle seine Bücher. Seit 2007 freie Lektorin und Herausgeberin. 2019 schrieb sie mit Uschi Brüning das Buch »So wie ich«.

Moritz Götze wurde 1964 in Halle geboren. Arbeit als freier Maler und Grafiker, Gastprofessuren, zahlreiche Auszeichnungen. Er gestaltete u. a. das Erscheinungsbild der Leipziger Buchmesse und illustrierte bereits Manfred Krugs »66 Gedichte – Was soll das?«.

Als leidenschaftlicher Flohmarktgänger trug Manfred Krug ganz besondere Artefakte und Kuriositäten zusammen. Mit großer Anteilnahme las er Zeitung, sah fern oder den Menschen aufs Maul. Tollkühne Tiere, zünftiges Essen und Kinder liebte er, Handwerker nicht immer. Ihn interessierte der Gang der Zeit, in den Uhren wie im Universum. Das vorliegende Sammelsurium ist ein überaus amüsantes Zeugnis seines Stöberns, seiner Neugier, seiner Leidenschaft für alles Geschmackvolle. Moritz Götze, der bereits Manfred Krugs Gedichte illustrierte, bebildert dieses Geschenkbuch mit seinen Radierungen.

MANFRED KRUG

»Mir fällt gerade ein …«

EIN SAMMELSURIUM

Herausgegeben und mit einem Geleit von Krista Maria Schädlich

Illustriert von Moritz Götze

kanon verlag

Inhalt

Entrée

»Mir fällt gerade ein…«

Entrée

»Mir fällt gerade ein«, dass Manfred Krug am 31. Januar 1998 in sein Tagebuch schrieb:

»17.30 Uhr mit einem jungen Maler telefoniert, auf den mich Kurt Bartsch aufmerksam gemacht hatte: Martin Götze. Der wollte meine alten Schlagertexte vermalen, was ich mir gar nicht recht vorstellen kann. Ich will ihm jetzt ein paar der neueren ›Gedichte‹ faxen. Sein Vater ist mit Kurt Bartsch befreundet und ist einer der Unterzeichner: Wasja Götze.«

Dass Martin in Wirklichkeit Moritz heißt, nur nebenbei. Als begeisterter Fan von Manfred Krug wird Moritz Götze das Buch »66 Gedichte – Was soll das?« (übrigens eines der meistverkauften Gedichtbücher der Nachkriegszeit) mit Buntstiftzeichnungen illustrieren, von denen Manfred Krug sagt, dass ihm bei der Betrachtung derselben das Wasser im Mund zusammenlaufe. »Der (Moritz) wird bald berühmt sein. Wenn er’s nicht schon ist. Beeilung!«

Diesmal sind es Radierungen, die Moritz Götze, der Freund und Bewunderer von Manfred Krug, extra für dieses Büchlein angefertigt hat, und wieder läuft einem das Wasser im Mund zusammen, auch bei der Illustration zu einer Notiz:

»Heute habe ich erfahren, wie gesund Sauerkraut ist und daß der Weltumsegler James Cook durch das Verfüttern von Sauerkraut auf einer dreijährigen Reise erstmals das Ausbrechen von Skorbut bei seinen Matrosen verhindert hat. Daraufhin habe ich sofort frisches Sauerkraut gekauft und gegessen. Ergebnis: Durchfall.«

Moritz Götzes Radierungen sind der meisterliche i-Punkt auf die hier versammelten Fundstücke aus dem Nachlass. Denn neben klassischen Tagebüchern hinterließ Manfred Krug, der Genießer und passionierte Hobbykoch, auch literarische Schnappschüsse, Gedankenblitze, scharfe Beobachtungen und Weisheiten, die es unbedingt wert sind, in einem Büchlein versammelt zu werden. Man hört Manfred Krug geradezu, wie er seine Erkenntnisse mit seiner begeisterten und lauten Stimme zum Vergnügen seiner Zuhörer vorträgt. Sie sind Ausdruck seiner Wissbegier, seines Witzes und seiner Sammelleidenschaft.

Entdeckte Manfred Krug auf dem Flohmarkt Dinge, an denen ein anderer achtlos vorbeiging, wollte er es genauer wissen. Zu Hause schraubte er historische Maschinen und Apparate auseinander, feilte, ölte, hämmerte, polierte, verschaffte dem erworbenen Schatz neuen Glanz, spürte den Geschichten hinter Kunstgegenständen nach, um dann staunend davorzusitzen und zu wissen, dass er der Einzige sein würde, der sich darüber freute.

Stundenlang konnte er über Galaxien oder Fährleute im Mittelalter, über seltene Tiere wie die Dickschwanzschmalfußbeutelmaus oder die einzelnen Knochen in unserem Körper, über Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges, über Hoffnungsvolles oder Abgründiges sprechen. Oft erhob er sich vom Tisch in seiner Wohnung, der manchmal einer Werkbank glich, holte Lexika herbei, zeigte Bilder wie zum Beweis. Nicht jeder selbstbewusst vorgetragene Fakt entspricht dem heutigen Wissensstand – sei’s drum. Was fasziniert, sind seine Begeisterung, die mitreißt, und sein staunender Blick auf Weltall, Erde, Mensch. »Nun halte ich mich schon an Sachen fest, die jeder gebildete Mensch weiß«, notierte er einmal.

Und wir? Wir sind hingerissen von dem selbstgerechten, leisen und lauten, sensiblen und unverschämten Blick, von dem man nicht genug bekommen kann. »Mal ist man schockiert, mal entzückt.« Und das gerne.

Krista Maria Schädlich, November 2023

Wir Schauspieler haben’s leicht. Wenn man uns einmal kennt, müssen wir den Leuten unsere Vorzüge nicht weiter erklären.

***

Wie rasant die Stummfilme der späten zwanziger Jahre waren. Wie erotisch die Frauen, mit verschleierten Augen, mit nach innen gekehrten Blicken spielten sie ihre Leiden, ihre Liebesleiden, ihre Verzweiflung. Wie schön die Kleider geschneidert waren, aus Seide. Die Frisuren waren noch nicht von Haarspray verklebt, die Körper noch fraulich, breite Ärsche gab es noch, richtige Beine, seidene Schlafanzüge bei den Herren, wunderbare Negligés bei den Damen. Die schönen knappen Dekorationen, schöne Türen, wenige Möbel, kleine Bilder an den Wänden. Disziplin. Nicht diese heutigen vollgestopften rumpligen Zimmer.

Eigentlich interessant, daß der Körper bis ins hohe Alter hinein in der Lage ist, alle möglichen Schmerzen an das Gehirn zu übertragen, ja, er scheint mit zunehmendem Alter sogar eine besondere Fertigkeit der Schmerzübertragung zu entwickeln, während umgekehrt die Übertragung der Wonnegefühle erheblich nachläßt, nicht zuletzt deshalb, weil die Körperteile, die bei der Entstehung von Wonnegefühlen benötigt werden, in ebendieser Funktion nachlassen.

***

Auf der Suche nach der Puttkamerstraße fragte ich viele Menschen nach dem Weg, aber niemand kannte sie. Aus dem Fenster heraus fragte ich auch den Schauspieler Dieter Knaup, den ich gegenüber dem Friedrichstadt-Palast zufällig traf. Ich rief: »Sie! Herr Schauspieler! Ja, Sie meine ich, den Herrn Schauspieler!« Knaup drehte sich um und sagte, als hätten wir uns gestern gesehen: »Du Arsch.«

Kleine Fahrt durch den Schnee zum Flohmarkt Ostbahnhof. Ich kaufte ein kleines Konvolut Lebensmittelkarten aus dem Krieg »Nährmittelkarte für Kinder und Jugendliche von 3 bis 18 Jahren, gültig vom 6.3. bis 2.4.1944«, 15 zusammengeheftete gleiche Karten, auf der Rückseite später von einem Schüler als Schreibpapier für den Unterricht genutzt. Weiter einen Bezugschein für ein Paar Handschuhe vom 30.8.43; einen »Brennholzbezugsausweis« für Berlin aus der Serie 1948/49; eine »Reisekarte für Fleisch« mit 10 Abschnitten à 50 g; eine Reisebrotkarte; eine »Reichskleiderkarte für Knaben vom vollendeten 3. bis zum vollendeten 15. Lebensjahr«, letzte Eintragung 21.3.1945; eine »Textil- und Schuhkarte« für die drei Berliner Westsektoren; einen »Schuhbedarfsschein« vom 14.3.1919; ein Merkblatt »Was gibt es Neues an den jetzt verteilten Reichsbezugskarten?« vom 19.11.39; einen »Einkaufsausweis für See- bzw. Flußfische« von 1940 mit dem Aufdruck »Dieser Ausweis dient lediglich dem Zweck, eine gerechte Verteilung zu sichern. Der Ausweis ist beim Einkauf vorzulegen.«

Kann das sein, daß wir hunderttausend Milliarden Bakterien in unserem Körper haben?

***