Mister Forever - Leisa Rayven - E-Book

Mister Forever E-Book

Leisa Rayven

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die Daten sagen: Sie passen nicht zusammen - Ihre Gefühle sagen: Sie sind perfekt füreinander ...

Toby Jenner ist der Programmierer der erfolgreichsten Dating-App aller Zeiten. Aber so gut er darin ist, anderen Menschen zum Happy End zu verhelfen, er selbst hat in der Liebe kein Glück. Doch dann trifft er auf Joanna Cassidy - und es passiert, was er nie erwartet hätte: Schon während des ersten Gesprächs fühlt er sich so stark zu Joanna hingezogen wie zu keiner anderen Frau zuvor, und schnell haben beide das Gefühl, dass aus ihnen etwas Großes werden könnte. Wie kann es dann aber sein, dass Toby bei seiner Berechnung herausfindet, dass eine Beziehung mit Joanna nicht funktionieren wird?

"Ich liebe Tobys Geschichte! Er ist so süß, nerdy und cardigan-tragend-hinreißend! Der perfekte Bookboyfriend!" BJ’S BOOK BLOG

Dritter Band der MASTERS-OF-LOVE-Reihe

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 614

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

Die Autorin

Die Romane von Leisa Rayven bei LYX

Impressum

LEISA RAYVEN

Mister Forever

Roman

Ins Deutsche übertragen von Wiebke Pilz und Nina Restemeier

Zu diesem Buch

Toby »Doctor Love« Jenner ist der Programmierer der erfolgreichen Dating-App HEA: Sie soll Singles dabei helfen, endlich ihr Happy End zu finden. Aber Toby selbst hatte bisher kein Glück in der Liebe. Keine Frau in New York scheint mit dem hochintelligenten und attraktiven Nerd kompatibel zu sein. Doch dann trifft er auf Joanna Cassidy, und das Prickeln, nach dem er sich immer gesehnt hat, ist übermächtig. Schon bald ist Toby sicher: Joanna ist seine Traumfrau. Bei einer genaueren Überprüfung ihrer Kompatibilität stößt er jedoch auf ein ernüchterndes Ergebnis – eine Beziehung zwischen ihnen wird nicht funktionieren. Tobys rationale Seite weiß, dass er diesen unerfüllbaren Traum aufgeben und sich auf andere Dinge konzentrieren sollte, seine geschäftlichen Angelegenheiten beispielsweise. Aber er kann die Gefühle, die Joanna in ihm auslöst, einfach nicht vergessen. Und obwohl Toby sich bisher immer auf die Logik der Zahlen und Formeln verlassen hat, ist er für eine glückliche Zukunft mit Joanna bereit, alles infrage zu stellen, woran er bisher geglaubt hat …

1. KAPITEL

Tobias

Wir alle möchten wegen etwas Großartigem in Erinnerung bleiben. Der Welt unseren Stempel aufdrücken. Wir wünschen uns, dass man uns zu Ehren das Glas hebt und sagt: »Auf Bob, denn er war ein Mordskerl.« Oder: »Erinnerst du dich noch an Bob? Ich schon, denn er war großartig.«

Früher dachte ich, ich sei zu Höherem bestimmt. Immerhin war ich Jahrgangsbester auf der Highschool, hatte ein Vollstipendium für Informatik am MIT, habe jünger als alle meine Nerd-Freunde meine Unschuld verloren und das Studium mit dem perfekten Notendurchschnitt beendet. Und trotzdem bin ich … nicht großartig. Ich bin sicher, ein paar wohlwollende Seelen würden mir widersprechen, aber die Fakten sagen etwas anderes.

Ich erweitere ständig meine Liste Warum der Erfolg auf sich warten lässt, und das hier sind die derzeitigen Spitzenreiter:

1. Ich schöpfe mein volles Potenzial nicht aus. Man könnte jetzt einwenden: »Geht das nicht allen so?«, aber mal im Ernst: Nach dem Studium stand mir die Welt offen. Ich hatte Jobangebote von Topunternehmen, sogar eins von der NASA. Aber ich hab alle abgelehnt. Hätte es meinen Marktwert gesteigert, wenn ich fürs FBI gearbeitet hätte oder Sonden programmiert hätte, mit denen sich – und das ist keine Übertreibung – das Weltall vermessen lässt? Na klar. Ich bin ein Nerd, wie er im Buche steht. Aber kurz vor meinem Abschluss hatte mein Vater einen schweren Unfall. Seitdem sitzt er im Rollstuhl, und vorbei war es mit der Normalität. Ich verabschiedete mich von meinen Träumen, während meine Mutter, meine kleine Schwester und ich um unser Überleben kämpften. Ein Jahr später wurde mir ein Job bei einem Onlinemagazin angeboten, für das ich über Videospiele und die neuesten Technik-Gadgets schreiben sollte, und ich nahm ihn an. Nein, die Welt würde ich damit nicht verändern, aber es war leicht verdientes Geld, und nachdem ich so viele Jahre geschuftet und von Dad die Rolle als Familienoberhaupt übernommen hatte, klang »leicht« zur Abwechslung wie Musik in meinen Ohren.

2. Ich neige dazu, den falschen Menschen zu vertrauen. Von den paar Freundinnen, die ich in den letzten Jahren hatte, haben mich alle bis auf eine auf irgendeine Weise betrogen. Ich verstehe nicht, wieso mir nicht auffällt, wenn mir jemand ins Gesicht lügt, aber am Ende ist es immer wie ein Tritt in die Eier. Daran muss ich noch arbeiten.

3. Ich bin ein netter Kerl. Das ist kein Manko, aber wenn man supererfolgreich sein möchte, braucht man ein gewisses Arschloch-Level, und ich bin mehr der Sag-Bescheid-wenn-ich-dir-irgendwie-helfen-kann-und-wenn-es-das-Letzte-ist-was-ich-tue-Typ. Wahrscheinlich bin ich deshalb auch immer so furchtbar erschöpft, aber dazu kommen wir später.

Natürlich habe ich auch ein paar gute Eigenschaften, die die schlechten ausgleichen. Ich habe einen passablen Sinn für Humor. Ich behandle Tiere gut. Ich kann einen Zauberwürfel in jeder Hand in unter einer Minute lösen. Ich kann mich in so ziemlich jeden Computer auf der Welt einhacken. Und wenn irgendwer einem Menschen, den ich liebe, irgendetwas antut, werde ich denjenigen bis ans Ende der Welt verfolgen und dafür sorgen, dass das Karma ihm so richtig eine reinhaut.

Ach ja, und ich habe eine richtig coole Strickjackensammlung.

Trotz aller Hürden hatte ich wirklich gedacht, dass ich mit fünfundzwanzig das bestmögliche Leben führen würde, aber das ist eindeutig nicht der Fall. Stattdessen sitze ich an einem Samstagabend in einer Bar in Brooklyn zwischen den Stühlen. Der eine Stuhl ist in diesem Fall der riesige Haufen Arbeit, den ich noch vor mir habe, bevor ich mich entspannen kann, und der andere ist ein sehr weicher, attraktiver Frauenkörper.

»Na loooos, Toby. Lass uns gehen. Meine Mitbewohnerin ist nicht da, und wir haben sturmfrei.«

Arme schlingen sich um meine Hüfte, Brüste pressen sich an mich, und auch wenn mich beides normalerweise nicht stört, gehören die Arme und die Brüste zu einer Frau, der ich eigentlich aus dem Weg gehen möchte.

»Jackie …« Ich löse sanft ihre Arme von mir. »Wir hatten das doch geklärt.«

»Genau, wir haben geklärt, dass wir nicht zusammen sind. Und das ist völlig okay.« Sie kommt einen Schritt näher, und ihr Atem und die Art, wie sie sich an mir festhält, verraten mir, dass sie heute Abend schon ungefähr drei Whiskey Sour zu viel hatte.

»Ich sage doch bloß, dass du mit zu mir kommen solltest und …« Sie lässt die Finger über mein Hemd wandern, bis sie eine Brustwarze ertastet. »… dann schauen wir mal, was passiert.«

Mir läuft ein Schauer über den Rücken. Das ist wirklich das Letzte, was ich heute Abend brauche.

Man muss kein Genie sein, um zu verstehen, was Jackie will. Wir haben überhaupt nur deswegen etwas miteinander angefangen, weil sie verdammt heiß wird, wenn sie was getrunken hat. Ursprünglich hatten wir uns auf eine Freundschaft Plus geeinigt – aber das Plus verwandelt sich langsam in ein Minus. Ohne Vorwarnung schaltete Jackie innerhalb von einem Monat von null auf Lass-uns-jede-freie-Minute-miteinander-verbringen-und-vielleicht-auch-eine-Katze-anschaffen. Und jetzt weiß ich nicht, wie ich ihr noch sagen soll, dass ich nicht mit ihr zusammen sein will, ohne dafür eine Fremdsprache zu lernen.

»Jackie …« Ich halte ihre Hände fest, damit sie nicht ohne Erlaubnis irgendwo über meinen Körper streunen. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass du nicht nur auf der Suche nach bedeutungslosem Sex bist, und ich habe dir ganz offen gesagt, dass ich dir mehr nicht bieten kann.«

»Dann lass uns einfach Sex haben«, quengelt sie. »Du bist so gut, Toby, viel besser als die letzten paar Typen, mit denen ich was hatte.« Sie senkt die Stimme. »Ich brauche einen Tobygasmus. Bitte. Ich bin so verspannt. Ich glaube, mit meinen Muskeln könnte man die Aufhängung der Golden Gate Bridge erneuern. Nur noch ein Mal, dann lasse ich dich in Ruhe.«

»Das hast du letzte Woche auch gesagt, und vorletzte Woche, und jetzt geht es schon wieder los.«

»Ja, aber diesmal ist es mir ernst. Versprochen.« Sie will sich wieder an mich drücken, aber ich weiche einen Schritt zurück und schiebe einen Barhocker zwischen uns. Wieso wachsen dieser Frau mehrere zusätzliche Arme, wenn sie etwas getrunken hat?

Ich bedeute Joe, dem Barkeeper, dass er ihr ein Glas Wasser einschenken soll.

Verdammt, wann lerne ich es endlich? Ich wusste, dass es keine gute Idee ist, mit einer Kollegin zu schlafen, und vor allem wusste ich schon vorher ganz genau, wie anstrengend Jackie sein kann. Sie ist die Klatschreporterin bei Pulse, dem Onlinemagazin, für das wir beide arbeiten, und allein das hätte mich warnen sollen. Es ist ihre Spezialität, den kürzesten Blickwechsel zwischen zwei Promis in eine Oper mit drei Akten zu verwandeln, denn sie liebt Drama. Das musste ich auf die harte Tour erfahren, nachdem ich ihr zum ersten Mal gesagt hatte, dass wir es besser lassen sollten. Ich dachte, ich wäre nett gewesen. Sie gab mir das Gefühl, sie habe mich verstanden und sehe es auch so. Doch als ich ein paar Stunden später aus der Mittagspause zurückkam, hatte sie den gesamten Inhalt meines Schreibtisches in ein Urinal gestopft, zusammen mit einem Zettel, auf dem »Fick dich, du Arschloch« stand. Da wurde mir klar, dass sie vielleicht doch geringfügig enttäuschter war, als sie sich hatte anmerken lassen.

Heute Abend muss ich die Sache ein für alle Mal beenden. Das geht schon viel zu lange so.

Am anderen Ende des Tresens steht meine beste Freundin Eden Tate, die mich besorgt ansieht. Ich lege den Kopf schräg, und sie formt mit den Lippen: »Mach Schluss, Loser.« Ich zeige ihr den Mittelfinger, während ich die schwankende Jackie auf den Barhocker bugsiere.

»Toby, ich will mich nicht hinsetzen.« Sie beugt sich vor und flüstert: »Höchstens auf dich.«

Ich lächle nachsichtig. Auch wenn Edens ständige ungebetene Ratschläge manchmal nervig sind, hätte ich auf sie hören sollen, als sie mich vor Jackie gewarnt hat. Sie hat gesagt, es sei ein Fehler, als sie uns zum ersten Mal flirten sah, aber ich habe sie ignoriert. Ich war einsam und hatte lange keinen Sex gehabt, und manchmal ist es besser, mit der falschen Person intim zu werden, als verzweifelt auf die richtige zu warten.

Da an meinem Liebeshorizont weit und breit keine Spur von einer Seelenverwandten zu sehen ist, helfen flüchtige Affären mir dabei, die schreckliche zunehmende Gewissheit zu verdrängen, dass ich einsam sterben werde. Für dieses armselige Bedürfnis nach menschlicher Nähe bekomme ich nun die Quittung. Wenn ich könnte, würde ich die Zeit zurückdrehen und mich anders entscheiden. Zum Teil, damit ich mich jetzt nicht aus Jackies schraubstockartiger Umarmung winden muss, aber vor allem, weil ich merke, dass Jackie genauso einsam ist wie ich. Vielleicht sogar noch einsamer. Und deshalb komme ich mir wie ein absoluter Arsch vor, wenn ich sie ständig abweise.

»Pass auf, Jackie.« Ich nehme ihr das Smartphone aus der Hand. »Du hast mehr verdient, als ich dir bieten kann, und es gibt etwas, das dir dabei vielleicht helfen kann.« Ich tippe eine URL in ihren Browser ein und lade die letzte Beta-Version der App herunter, an der ich gerade arbeite.

»Was machst du da?« Jackie beugt sich vor und schaut aufs Display.

»Du weißt doch, dass ich seit einer Weile nebenbei als Systemadministrator für Romance Central arbeite?«

Sie blinzelt. »Klar. Das ist doch die Agentur, bei der man herrlich unrealistische Dates mit Leuten buchen kann, die dich im wahren Leben keines Blickes würdigen würden.«

Ich muss lächeln. Nicht die allerschmeichelhafteste Beschreibung, aber zutreffend. »Genau.«

»Edens Freund hat sie gegründet.« Sie deutet auf den wahnsinnig gut aussehenden Mann neben Eden. »Wie wird er noch mal genannt? Major Romance?«

Ich muss mir das Lachen verkneifen. »So nennt Eden ihn vielleicht im Schlafzimmer, aber nein, er war als Mister Romance bekannt, und in Wirklichkeit heißt er Max.«

Jahrelang galt Mister Romance in der Stadt als eine Legende. Als Eden herausfand, dass das Fabelwesen, das einsamen Frauen Tausende Dollar für ein Traumdate abknöpft, tatsächlich existierte, wurde ihr Journalistenspürsinn geweckt. Wie ein Fährtenhund schnüffelte sie ihm nach. Sie hielt ihn für einen schmierigen Betrüger und war entschlossen, ihn zu entlarven. Stattdessen verliebte sie sich in ihn. Natürlich.

Daraufhin hängte er seine aktive Escort-Tätigkeit an den Nagel und gründete Romance Central, eine Agentur, bei der Menschen, die sich nach niveauvoller Begleitung sehnen, das perfekte Date buchen können – nur ohne Sex. Als Max mir einen Nebenjob als sein IT-Guru angeboten hat, konnte ich unmöglich ablehnen. Denn obwohl ich es ihm verüble, dass er gut aussehend, witzig und schlau ist und mir meine beste Freundin weggenommen hat, ist er ein total anständiger Kerl, und ich unterstütze seine Mission, den Massen ein wenig Romantik zu schenken.

Ich halte Jackie das Smartphone hin, um ihr zu zeigen, was ich installiert habe. »Daran arbeite ich gerade für Max. Es ist eine Partnervermittlungsapp.«

»So was wie Tinder?«

Ich verschlucke mich fast vor Entrüstung. »Nein, nicht so was wie Tinder. Tinder hat null Raffinesse. Das ist wirklich das Uninspirierteste, was ich jemals gesehen habe. Selbst ein Affe hätte eine App programmieren können, bei der man bei Menschen in der unmittelbaren Umgebung, die man einigermaßen attraktiv findet, nach rechts wischen kann. Du willst flachgelegt werden, aber dir die Taxikosten sparen? Klar, dann nimm Tinder. Du suchst etwas Gehaltvolleres? Dann nimm meine App.«

Jackie nimmt mir das Smartphone ab. »Die heißt HEA?«

»Das steht für Happily Ever After. Pass auf.« Ich tippe aufs Display. »Dieser Fragebogen deckt alle Bereiche deines Lebens ab. Sexuelle Orientierung, was dir an einem Partner wichtig ist, was dich im Bett antörnt, was dir gefällt, was nicht, Hobbys, Musik, Bücher, Filme, Politik, Religion, Essen. Mein Algorithmus analysiert deine Angaben und schlägt dir die Männer vor, die am besten zu dir passen. Männer, die mit dir zusammen sein und nicht nur mit dir ins Bett wollen.«

Sie scrollt durch die Fragen. »Himmel, wie lang ist diese Liste?«

»Länger als die Warteliste für eine Wohnung in Brooklyn. Es sind über dreihundert Fragen. Aber deshalb sind die Vorschläge so passend. Wenn du damit fertig bist, kennt die App dich besser als du dich selbst.«

Und genau darum geht es.

Dating ist ein Albtraum. Und das ist nicht bloß meine persönliche Meinung, sondern die grausame Wahrheit. Das zwanghafte Bedürfnis des Menschen, eine lebenslange Bindung einzugehen, ist eine der lächerlichsten Entwicklungen der Evolution. Welche andere Spezies quält sich schon mit der unmöglichen Aufgabe, die perfekte bessere Hälfte zu finden? Gut, es gibt auch Tierarten, die ihr Leben lang zusammenbleiben, aber sie streiten sich nicht, weil einer von ihnen den heißen Pinguin-Nachbarn bei Facebook anschmachtet oder den sinnlichen Hummer-Freund auf Instagram begehrt. Die angeborene Fähigkeit des Menschen zu Misstrauen und Selbstsabotage ist einfach atemberaubend.

Und da kommt die HEA-App ins Spiel.

Meiner Theorie nach wäre Dating viel erträglicher, wenn man bereits im Vorfeld wüsste, welche Chancen eine Beziehung hat. Würde man ständig an seinem Partner zweifeln, wenn man wüsste, dass er so gut zu einem passt, wie statistisch überhaupt möglich ist? Würde man seine Zeit mit einer Beziehung verschwenden, von der man weiß, dass sie nicht halten wird?

»Im Gegensatz zu diesem beschissenen Tinder«, sage ich, »ist HEA für Leute, die den ganzen oberflächlichen Mist, den Dating mit sich bringt, hinter sich lassen und die wahre Liebe finden wollen.«

Ich scrolle durch die App und zeige Jackie, wie es funktioniert. »Ich habe Tausende Fragebögen von Paaren in erfolgreichen, langen Beziehungen analysiert und einen Algorithmus entwickelt, der die Übereinstimmung von zwei Menschen berechnet. Bei einem geringen Prozentsatz steht die Beziehung unter keinem guten Stern, also solltest du deine Zeit nicht damit verschwenden. Wenn er hoch ist …« Ich lasse sie selbst ihre Schlüsse ziehen, und an ihrem Gesichtsausdruck erkenne ich, dass ich ihr Interesse geweckt habe.

Ich deute auf die zahlreichen Besucher in der Bar. »Das hier sind unsere aktuellen Beta-Tester. Wenn du möchtest, setze ich dich auf die Liste für die nächste Veranstaltung. Wer weiß, vielleicht findest du ja die Liebe deines Lebens?«

Jackie betrachtet die Gesichter in der Menge. »Das sind ja ganz schön viele gut aussehende Menschen.«

Da hat sie recht. In der Menge entdecke ich die umwerfenden Angestellten von Romance Central. Basierend auf Max’ ursprünglicher Idee, Traumdates anzubieten, arbeitet nun ein Team von zwanzig Leuten für ihn. Sie könnten diverser nicht sein, sehen aber alle aus, als kämen sie direkt aus einem Labor, das sich auf genetische Vollkommenheit spezialisiert hat. Jackie ist auch umwerfend, also passt sie perfekt dazu.

Ich gebe ihr das Handy zurück und helfe ihr beim Aufstehen. »Komm jetzt. Du kannst den Fragebogen zu Hause ausfüllen, und dann fügen wir dich in die Datenbank ein.« Ich hoffe, meine sanfte Ermutigung ist der Schubser, den sie braucht, um sich nach einem Mann umzusehen, der besser zu ihr passt als ich. »Wie wäre es, wenn ich dir jetzt ein Taxi rufe?«

Ich lege einen Arm um sie und führe sie zum Ausgang am anderen Ende der Bar.

»Moment mal«, sagt sie und zeigt auf die Typen, an denen wir vorbeikommen. »Ich gehe weder mit einem von diesen hübschen Kerlen noch mit dir nach Hause?«

Als wir auf die Straße hinaustreten, hoffe ich, dass die kühle Nachtluft sie ein wenig ausnüchtern wird.

»Jackie, du hast zu viel getrunken, um eine wohlüberlegte Entscheidung zu treffen. Fahr nach Hause, und schlaf dich aus. Morgen reden wir ausführlicher über HEA.«

Sie starrt an meine Brust und nickt. »Du willst mich loswerden.«

Ich umfasse ihre Wange und hebe ihren Kopf an. »Darum geht es nicht. Ich bin einfach nicht der Richtige für dich. Aber ich helfe dir, ihn zu finden. Versprochen.«

Ihre Augen werden feucht, und für einen Moment denke ich, dass ich ein Arsch bin, weil ich ihr wehtue. Aber dann lächelt sie zögerlich und zieht mich zu einem sanften Kuss zu sich hinab.

»Du bist wirklich ein Guter, Toby Jenner, weißt du? Schade, dass du mich nicht so magst wie ich dich.«

Und da haben wir’s. Egal wie viel höhere Mathematik in die Erstellung meines Algorithmus eingeflossen ist, beim Dating ist die einzige relevante Gleichung, dass eins plus null gleich null ist. Wenn du jemanden magst, bist du die Eins. Und wenn dein Gegenüber dich nicht mag, ist das Ergebnis null. Ganz egal, auf welcher Seite die Null steht, immer bleibt jemand allein und wünschte sich, es wäre anders. Ich habe schon mehr Nullen erhalten, als ich zählen kann, und es tut mir leid, dass ich heute für Jackie die Null bin.

Sie steigt ins wartende Taxi, und ich blicke ihm nach, bis es im dichten New Yorker Verkehr verschwunden ist.

Okay, ein Feuer gelöscht. Bleiben noch ein paar Hundert.

»Hey Tobias, Bruder.« Als ich mich umdrehe, sehe ich meinen Mitarbeiter Raj, der mir die Tür zur Bar aufhält. »Bist du fertig mit dem Frauendrama, Homeboy?« Genau wie ich arbeitet Raj für Pulse und Romance Central. Aber im Gegensatz zu mir hält er sich für einen Gangstarapper im Körper eines kleinen Inders. Was für mich die Leidenschaft für Strickjacken ist, sind für ihn überdimensionierte Trainingsanzüge. Er sieht aus, als hätte ihn ein Schrumpfungsstrahl getroffen, der auf seine Klamotten keine Wirkung gezeigt hat.

»Aaaalso«, sagt Raj und deutete in die Richtung, in der Jackies Taxi verschwunden ist. »Wenn du die heiße Brünette abserviert hast, meinst du, dann könnte ich …«

Ich unterbreche ihn mit einer Handbewegung. »Alter, was habe ich dir gesagt? Rede nicht so über Frauen, sonst muss ich dir eine Kopfnuss verpassen.« Ich gehe an ihm vorbei zurück in die Bar.

»Cool, cool, schon klar, Alter. Hab’s kapiert.« Er folgt mir, und wir gehen zurück an den Tresen, wo mein Laptop steht. Ich rufe die aktuellste Liste von Fehlermeldungen auf und überfliege sie.

»Nur fürs Protokoll«, sagt er und beugt sich ein wenig vor. »Mit euch beiden ist Schluss, richtig?«

»Ja.«

»Cool, cool. Sie ist nämlich genau mein Typ. Lange Beine, ein Ausschnitt, in dem man versinken kann, und ein Hinterteil, für das Beyoncé töten würden.«

Ich seufze und gebe ihm einen Klaps auf den Kopf.

»Aua. Scheiße, Mann!«

»Verdammt, Raj. Frauen sind nicht bloß eine Ansammlung von Körperteilen. Wie wäre es damit: Sie hat an der NYU Journalismus und Wirtschaft studiert. Sie arbeitet einmal im Monat ehrenamtlich im Obdachlosenheim. Und sie kommt die schwerste Wand in der Kletterhalle schneller hoch als alle anderen.«

»Scheiße, Mann, Tobias, wenn sie so toll ist, warum hast du dann mit ihr Schluss gemacht?«

Ich widme mich den ersten paar Fehlern und behebe sie innerhalb von Sekunden. »Habe ich nicht. Wir waren gar nicht richtig zusammen.«

»Aber ich dachte, du suchst eine Freundin.«

»Tu ich auch, aber wir passen einfach nicht zueinander.«

»Das klang aber neulich im Pausenraum ganz anders. Da hat sie ihren Freundinnen erzählt, du hättest einen Zauberstab und wüsstest damit umzugehen.«

Ich reibe mir die Augen. »Raj, ich weiß, das ist für dich schwer zu verstehen, mir ist nicht nur das Äußere wichtig. Ich brauche eine Frau, die mich intellektuell genauso anspricht wie körperlich. Ich suche eine, bei der das Feuer auf allen Ebenen überspringt.«

»Und das hattest du mit Jackie nicht?«

»Nein.«

Völlig verwirrt runzelt er die Stirn. »Aber sie ist heiß. Bei einem Körper wie ihrem, loderst du da nicht auf wie ein kalifornischer Buschbrand?«

Ich verspüre den Drang, den Kopf gegen die Theke aus Mahagoniholz zu schlagen, aber wahrscheinlich wäre es sinnvoller, seinen Kopf dagegen zu schlagen. Wenn es um Frauen geht, ist sein Gehirn aus Titan, und jeder Ratschlag, wie man sie behandelt, haftet bloß für ein paar Sekunden daran wie ein feuchter Wattebausch, bevor er wieder hinunterfällt.

»Scheiße, Raj, du bist mit einem Menschen zusammen, nicht bloß mit einem Körper.«

Er lehnt sich an den Tresen. »Na ja, also mit meinem Körper kann Jackie gern zusammen sein.«

Ich beiße die Zähne zusammen und tippe schneller. »Okay. Gutes Gespräch. Und falls du jetzt nichts Besseres zu tun hast, kümmern wir uns darum, dass heute Abend alles glatt läuft. Du und Ming-Lee übernehmt den technischen Support und erklärt den Testern die App, damit sie den vollen Funktionsumfang verstehen.«

Er streckt mir die erhobenen Daumen entgegen. »Bin schon dran. Wie eine Stripperin an der Stange.« Ich werfe ihm einen vernichtenden Blick zu. »Scheiße, sorry, Mann. Ich meinte, klar, ich kümmere mich darum.«

Er wieselt davon, und ich mache mich daran, die letzten Fehler im System auszubügeln und die neueste Version der App auf den Server hochzuladen.

Offenbar gerade noch rechtzeitig, denn ich sehe, wie Ming-Lee die ganze Gruppe zusammentrommelt, um Max vorzustellen und den Ablauf des Abends zu erläutern.

Ich stürze den letzten Schluck meines widerwärtigen Leichtbiers hinunter, rülpse leise und drücke die Hände zusammen, bis meine Knöchel knacken.

Okay, Toby. Auf geht’s. Spiel den einsamen Amor.

Eine Stunde später scrolle ich so schnell durch die Daten auf meinem Laptop, dass ich einen Krampf in den Fingern bekomme. Während sich die Paare kennenlernen und Feedback zu ihrer Kompatibilität geben, verändern und aktualisieren sich die Datensätze im Hintergrund fortlaufend. Ich schreibe Befehle um und bin entschlossen, in Echtzeit so viele Informationen zu analysieren und einzubeziehen wie möglich. Leider blinken am oberen Rand des Bildschirms jede Menge neuer Fehlermeldungen auf, und bei dem Versuch, den Überblick zu behalten, bekomme ich stechende Kopfschmerzen hinter dem linken Auge.

Ich bin einfach noch viel zu nüchtern.

Weil ich leicht masochistisch veranlagt bin, trinke ich das zweite Leichtbier und schnaube angeekelt. Es ist eine andere Sorte, schmeckt aber trotzdem wie Spülwasser.

»Na, Doctor Love, wie sind die Aussichten?« Eine Frauenhand legt sich auf meine Schulter, und als ich aufblicke, lächelt Eden mich an. »Sind schon alle verkuppelt?«

»Den letzten Nerv, Eden Marigold«, sage ich und wende mich wieder dem Bildschirm zu. »Du raubst mir den letzten Nerv.«

Sie schaut mich geduldig an. »Tja, das ist eine nicht einmal ansatzweise angemessene Antwort auf meine Frage.«

Ich nicke dem Barkeeper zu, damit er Eden ihren üblichen Drink macht, denn den hat sie sich jetzt wirklich verdient. »Die Aussicht ist, wenn du mich weiterhin mit diesem bescheuerten Spitznamen anredest, schießt mein Blutdruck durch die Decke und mir platzen sämtliche Äderchen in den Augen.«

»Was, meinst du etwa Doctor Looooove?«, fragt sie unschuldig. »Was in aller Welt hast du dagegen, Doctor Love genannt zu werden? Jetzt mal im Ernst, das ist liebevoll gemeint.«

Ihr Lächeln wird breiter. Mein Blick finsterer.

»Wenn der Name hängenbleibt, werde ich mich in alle deine Social-Media-Accounts einhacken und den Liebesbrief posten, den du mit dreizehn an Justin Timberlake geschrieben hast.«

Sie erbleicht. »Das würdest du nicht tun.«

»Aber hallo würde ich das.« Ich räuspere mich und deklamiere in meiner besten Teenie-Eden-Interpretation: »Lieber Justin. Du bist so süß. Ich will zwar keinen Freund, aber wenn ich einen wollen würde, dann dich. Immer wenn du tanzt, ist mein Herz glücklich.«

Ihre Wangen glühen rosa. »Er ist ja auch ein hervorragender Tänzer. Das finden viele Leute.« Ich muss lachen, und sie setzt sich auf den Barhocker neben meinem. »Und selbst wenn ich dich nicht mehr so nenne, ist der Name jetzt in der Welt. Er hat ein Eigenleben entwickelt, und es gibt kein Zurück mehr.« Der Barkeeper schiebt ihr ein Glas Rotwein hin, und sie nimmt einen Schluck. »Und wie sollten wir dich denn sonst nennen?«

»Toby? Oder Mr Jenner, wenn du frech bist?«

»Pfff. Langweilig. Wir brauchen etwas Spektakuläreres für den Mann, der die erfolgreichste Dating-App aller Zeiten entwickelt hat.«

»Die möglicherweise erfolgreichste«, berichtige ich und überfliege meine Statistiken. »Wenn ich die Bugs hier nicht behebe, dann wird es die fehlerhafteste App aller Zeiten. Im Moment macht sie noch mehr Mucken als ein Kind in der Trotzphase.« Ich kämpfe mit einer Zeile im Programm, die ich heute schon sechsmal umgeschrieben habe. Ich bin so fest entschlossen, sie zu besiegen, dass es fast schon manisch wirkt.

»Toby, das sind ein paar kleinere Schnitzer. Die kriegst du vor dem Launch noch in den Griff.«

»Vielleicht. Aber ich muss mir auch etwas einfallen lassen, wie ich die völlig unvorhersehbare Lust der Menschen einkalkuliere. Anders als bei der charakterlichen Übereinstimmung gibt es keine Möglichkeit, körperliche Anziehung zu berechnen, also muss ich über den Tellerrand schauen. Wenn ich nur …«

Eden wedelt mit einer Hand vor dem Bildschirm herum. »Ja, okay, du hast noch einiges zu tun. Aber du starrst schon seit Stunden auf dieses Ding. Mach mal Pause.«

»Eden …«

»Eine kleine Pause«, drängt sie. »Lass dieses Wasser mit Biergeschmack stehen und trink etwas Richtiges mit mir. Danach darfst du gern wieder der einzige Mensch hier sein, der keinen Spaß hat. Wegen dieser App haben wir seit Wochen kaum Zeit miteinander verbracht.«

»Tja, dann sprich mal mit deinem Freund über seine Deadlines, er war es doch, der das Programm in Rekordzeit haben wollte.« Klar, das bedeutet, dass ich achtzehn Stunden am Tag arbeite, aber immerhin lenkt mich das von meiner schrecklichen Einsamkeit ab.

»Komm schon, Toby.« Eden zupft am Ärmel meiner Strickjacke. »Nimm dir einen Moment Zeit und erfreu dich an dem, was du schon erreicht hast.« Als ich nicht reagiere, nimmt sie mein Gesicht in die Hände und zwingt mich, meine Umgebung wahrzunehmen. »Schau dir diese Leute an. Die sind alle deinetwegen hier. Deinetwegen plaudern und lachen und flirten sie. Einige von ihnen werden heute Nacht deinetwegen Sex haben, Doctor Love.«

Mit einem frustrierten Schnauben drehe ich mich um und beobachte die Dutzenden Balzrituale in der Bar. »Meinst du nicht, die Leute wären entsetzt, wenn sie wüssten, dass der Architekt hinter ihren perfekten Dates selber nicht in der Lage ist, seine Traumfrau zu finden?«

Eden legt den Kopf schief. »Hör auf. So schlimm ist es doch gar nicht.«

»Oh doch. Im Mengendiagramm meiner Datingerfahrungen gibt es einen Kreis mit den Frauen, die ich attraktiv finde, und einen Kreis mit den Frauen, die mich attraktiv finden, und was soll ich sagen, die beiden haben keinerlei Überschneidung.«

»Dann hattest du wirklich noch nie eine Beziehung, in der beide gleichermaßen voneinander angezogen waren?«

»Noch nie. Mein Liebesleben ist wie ein Memoryspiel: Man versucht, Paare zu finden, aber die Karten stehen in Flammen, der ganze Tisch steht in Flammen, und alle sind in der Hölle. Und deshalb verschwende ich meine Zeit nicht mehr mit Dates, bis ich eine Frau mit dem perfekten Übereinstimmungswert gefunden habe.«

Eden bekommt leuchtende Augen. »Oh, okay. Aber du hast doch bestimmt schon die HEA-Datenbank nach deinen potenziellen Partnerinnen durchsucht und eine Liste deiner Favoritinnen erstellt?«

»Nein.« Ich wende mich wieder meinem Bildschirm zu.

»Also bitte, Tobes, dann mach das. Ich möchte, dass du endlich glücklich wirst.«

»Nein«, sage ich. »Ich habe keine Favoritinnen, weil ich zu keiner der Frauen in der HEA-Datenbank passe.«

Sie schaut mich fassungslos an. »Echt jetzt? Da sind doch inzwischen fast fünfzigtausend Frauen drin.«

Ich gebe eine Formel in ein Datenfeld ein. »Stand gestern: über sechzigtausend, und trotzdem lag die höchste Übereinstimmung bei achtundzwanzig Prozent.« Härter als beabsichtigt haue ich auf die Enter-Taste. »Gottverdammte achtundzwanzig Prozent, Eden. Hunde und Katzen passen besser zueinander. Gluten und Millennials kommen besser miteinander aus. Superman und das Kryptonit haben eine harmonischere Beziehung als ich und sämtliche Singlefrauen in New York und Umgebung.«

»Tobes, das muss ein Fehler sein.«

Ich werfe ihr einen todernsten Blick zu. »Du hast mir doch gerade selbst gesagt, wie präzise meine App ist. Du kannst nicht einfach das Gegenteil behaupten, nur um mich zu trösten.«

Sie wirkt, als wollte sie widersprechen, überlegt es sich aber anders. »Ich möchte dich aber trösten.«

Mein Ziel ist es, diese Partnervermittlungsapp so gut wie möglich zu machen, um anderen Menschen das Gefühl zu ersparen, jeder romantische Weg sei eine Sackgasse. In der Liebe bin ich Experte auf dem Gebiet der Zurückweisung. Ich weiß nicht, wie oft ich mir schon »Es liegt nicht an dir, es liegt an mir« anhören musste. Die Sache ist aber: Wenn du es oft genug hörst, glaubst du irgendwann, dass es eben doch an dir liegt. Du glaubst, wenn du klüger, hübscher oder witziger wärst, dann wärst du nicht mehr allein. Wenn Zurückweisung zum Alltag gehört, gewöhnst du dir an, nichts zu sehr zu wollen, weil du genau weißt, dass du es nicht bekommst.

»Und was ist die Lösung?«, fragt Eden. »Wenn die App online geht, werden sich Frauen aus aller Welt anmelden. Das könnte helfen.«

»Möglich. Aber bei meinem Glück lebt meine perfekte Partnerin in Sibirien.«

Eden verzieht das Gesicht und bedeutet mir, dass sie mich für übermäßig pessimistisch hält. Aber ich habe die Zahlen gesehen. Ich halte das Szenario für realistisch.

»Wie auch immer«, sage ich. »Darüber mache ich mir erst Gedanken, wenn wir den Launch hinter uns haben. Und selbst dann werde ich mich nicht mit weniger als fünfundsiebzig zufriedengeben. Ich bin es leid, mich in anstrengende Verhältnisse zu verstricken, die nirgendwohin führen.«

»Wie mit Jackie?«

»Genau wie mit Jackie.« Ich nehme mir vor, meine Kompatibilität mit Jackie zu überprüfen, sobald sie ihren Fragebogen ausgefüllt hat. Ich bin gespannt, wie niedrig sie ausfallen wird.

Eden beobachtet mich, während ich ein paar Befehle eingebe, aber ich bin so müde, dass ich mich dreimal hintereinander vertippe. Als ich anfange, die Tastatur zu beschimpfen, stößt sie einen missmutigen Laut aus und zieht meine Hände weg.

»Okay, das ist jetzt keine Bitte mehr, das ist eine Intervention. Du hast solche Augenringe, du siehst schon aus wie ein Panda. Ein Drink. Keine Widerrede. Ich bezahle.«

Ich reibe mir die Augen und seufze. Ich kann nicht leugnen, dass ich erschöpft bin. Mit meinem Brotjob bei Pulse, der Arbeit an der App in meiner Freizeit und der gigantischen Grube aus Treibsand, die mein Privatleben darstellt, habe ich das Gefühl, als wäre ich ständig nur drei Sekunden von einer Katastrophe entfernt. Auch wenn ich mich gern für einen Übermenschen halte, der mit einer unendlichen Anzahl von Bowlingkugeln jonglieren kann, weiß ich doch, dass sie in nicht allzu ferner Zukunft auf den Boden krachen werden.

»Na schön.« Ich seufze geschlagen. »Ein Drink.«

»Hervorragend!« Eden strahlt und winkt dem Barkeeper. »Joe! Ein Glas von deinem teuersten Whisky bitte.«

Joe runzelt die Stirn und deutet auf eine schicke Flasche auf dem obersten Regalbrett. »Das wäre der Glenlivet. Fünfzig Dollar das Glas.«

Edens Lächeln verblasst. »Ähm, okay, dann …« Sie holt ihre Geldbörse hervor und zählt einige zerknitterte Scheine ab. »Dann vielleicht eher eins für achtzehn Dollar.«

Joe nickt. »Hast wohl heute die Spendierhosen an. Kommt sofort.«

»Du verwöhnst mich«, sage ich zu Eden und stehe auf, um mich zu dehnen. Ich sitze schon so lange, dass mein Hintern taub geworden ist.

Sie tätschelt mir den Arm. »Nur das Mittelmäßigste für meinen besten Freund.«

Ich lasse den Kopf kreisen und lehne mich mit dem Rücken an die Theke, Eden lehnt sich an mich, und eine Weile betrachten wir schweigend das Geschehen um uns herum.

Mein Magen verknotet sich, wenn ich sehe, wie all diese Verbindungen entstehen. In letzter Zeit fühle ich mich schrecklich isoliert, und nichts unterstreicht das so sehr, wie zu beobachten, wie es zwischen anderen Menschen knistert.

Joe bringt mir meinen Whisky, und ich sehe eine süße Brünette mit einem blonden Typen mit Brille flirten. Sie gehen so unbeschwert miteinander um, dass ich einen Stich der Eifersucht verspüre. Mir fällt der Umgang mit Frauen nicht leicht. Ich habe kein Problem mit unverbindlichem Sex, aber sobald es um eine Beziehung geht, mache ich mir viel zu viele Gedanken und finde jede Menge neue und beeindruckende Möglichkeiten, die Sache vor die Wand zu fahren.

Ein so vertrauensvolles Verhältnis, wie ich es mit Eden habe, wünsche ich mir auch mit meiner zukünftigen Partnerin. Vielleicht stehe ich deswegen auf ihre Schwester Asha. Ash ist ihr ähnlich und doch ganz anders. Aber auch sie ist bloß eine weitere in einer langen Reihe von Frauen, die mich nicht auf die gleiche Weise mögen wie ich sie.

»Wie geht’s Asha eigentlich?«, frage ich. Auch wenn ich die Hoffnung aufgegeben habe, dass aus uns jemals etwas wird, ist sie mir dennoch wichtig.

Eden zuckt mit den Achseln. »Ganz gut. Schuftet im Verlag und zählt die Tage, bis sie zur Lektorin befördert wird.«

»Ist sie immer noch mit dem Typen aus Frankreich zusammen?«

»Ja, aber wir nähern uns mit Riesenschritten ihrer Trennungsdeadline. Wenn es nicht mal mit dem schönen Peter geklappt hat, der vier Blocks entfernt wohnte, dann hält sie es unmöglich lange mit einem Kerl aus, der in Paris lebt.« Sie seufzt. »Verdammt, jetzt fällt mir wieder ein, wie sehr ich Peter mochte.«

»Warum hat sie noch mal mit ihm Schluss gemacht?«

»Er war komplett rasiert.«

Ich nicke. »Okay. Verständlich.«

Zu wenig Behaarung kann man mir bestimmt nicht vorwerfen. Über die letzten Jahre habe ich mir immer mal wieder einen Bart wachsen lassen, und seit der Highschool schneide ich mir die Haare selbst, deshalb fallen sie mir in zotteligen Locken ins Gesicht. Auf Brust und Bauch habe ich keinen nennenswerten Haarwuchs, und die Haare sind so dünn, dass sie fast unsichtbar sind. Ich verstehe wirklich nicht, wieso manche Männer alle vier Wochen zum Friseur rennen müssen oder sich den Sack epilieren lassen, bis sie aussehen wie ein präpubertärer Heranwachsender. Abgesehen davon, dass es seltsam aussieht, muss es doch auch saumäßig wehtun. Vielleicht bin ich feige, aber ich lasse niemandem mit heißem Wachs in die Nähe meiner Eier. Diese Foltermethode überlasse ich Verrückten und Masochisten.

Ich trinke noch einen Schluck. Für einen Achtzehn-Dollar-Whisky ist er gar nicht mal so schlecht.

Als ich wieder zu Eden schaue, sehe ich, dass sie glänzende Augen bekommen hat. Ich folge ihrem Blick durch den Raum zu ihrem Freund, der mit einem der Testpärchen redet. Als hätte er ihren Blick gespürt, dreht Max sich um, und bei seinem Gesichtsausdruck muss ich den Kopf schütteln. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich noch nie eine Frau so angesehen habe. Dabei würde ich es gern.

Wie es wohl ist, derart verliebt zu sein? Zwischen den beiden sprühen die Funken so sehr, dass man sie förmlich sehen kann. Es ist, als wären sie ganz allein in der Bar. Immer, wenn ich die Leidenschaft zwischen Eden und Max erlebe, frage ich mich, ob solche tiefen Gefühle nur ein paar wenigen Glückspilzen vorbehalten sind. Werden wir alle einmal im Leben etwas so Mächtiges empfinden? Oder ist es so etwas wie eine kosmische Lotterie, und nur die wenigsten gewinnen?

»Nur aus Interesse«, sage ich. »Haben Max und du unseren Kompatibilitätsfragebogen ausgefüllt?«

Eden reißt sich von ihrem Typen los und stützt einen Ellenbogen auf den Tresen. »Natürlich. Max wollte ganz sichergehen, dass dein Algorithmus funktioniert.«

»Und was kam raus?«

Sie lächelt mich selbstzufrieden an. »Dreiundneunzig Prozent.«

Ich verschlucke mich fast an meiner eigenen Spucke. »Willst du mich verarschen?«

Sie schaut mich verwirrt an. »Nein. Wieso?«

Ich richte mich ein wenig gerader auf. »Weil ich noch nie einen so hohen Wert gesehen habe. Das ist neuer Rekord.« Bis heute war sechsundachtzig das Höchste, und das Paar war aus meiner Kontrollgruppe und ist seit dreißig Jahren zusammen. »Ist bestimmt ein gutes Gefühl zu wissen, dass ihr die richtige Entscheidung getroffen habt.«

Sie lächelt verlegen in ihr Weinglas. »Ich brauche keine Prozentzahl, um zu wissen, dass Max und ich seelenverwandt sind. Wenn man es weiß, dann weiß man es einfach.«

Ich lasse den Kopf kreisen und versuche, die Verspannung in den Schultern zu lösen. »Das habe ich schon öfter gehört.«

Sie legt mir eine Hand auf den Unterarm, und ich spüre ihr Mitleid. »Toby, du bist ein gut aussehendes, fast zwei Meter großes zerzaustes Genie. Ich habe keine Zweifel, dass du schon bald deine perfekte Partnerin findest.«

Ich schüttele sie ab. »Das ist mir nicht so wichtig.« Was für ein Lügner ich doch bin. Natürlich wünsche ich mir eine Seelenverwandte, so wie jeder andere auch. Ich glaube bloß nicht, dass ich sie jemals finden werde.

Eden schaut einen Moment nachdenklich drein, dann wendet sie sich aufgeregt wieder mir zu. »Ich fasse es nicht, dass ich nicht schon früher daran gedacht habe. Ich habe eine Freundin, die gut zu dir passen würde.«

Oh, Himmel, jetzt kommt’s. »Tja, ich glaube nicht.«

»Hör mir einfach zu. Sie ist umwerfend, intelligent, verdammt schräg …«

»Eden, ich bin hier fürs Verkuppeln zuständig. Wie wäre es, wenn wir die potenziellen Partnerinnen den Experten überlassen, anstatt mich einfach wahllos irgendwelchen Mädchen vorzustellen?«

»Sie ist nicht irgendwer. Sie ist Ashas beste Freundin.«

Ich zucke zusammen. »Redest du etwa von dieser Joanna, die du vor einer Ewigkeit mal erwähnt hast? Die dir überhaupt erst von Mister Romance erzählt hat? Hast du nicht gesagt, sie wäre eine zwanghafte Lügnerin?«

»Das war, bevor ich sie besser kannte. Sie ist eigentlich richtig cool.«

»Bestimmt. Trotzdem kein Interesse. Außerdem habe ich doch klar und deutlich gesagt, bis diese App draußen in der großen, weiten Welt ist, habe ich nicht einmal Zeit, mich zu kratzen, geschweige denn jemanden kennenzulernen.«

Sie nickt verständnisvoll, aber wie ich Eden kenne, wird sie dieses Thema nicht so bald fallenlassen. »Okay, klar, verstehe ich. Aber sei dir sicher, eines Tages wirst du eine wunderbare Frau kennenlernen und vergessen, wie viel du zu tun hast. Wenn deine Traumfrau auftaucht, dann kannst du versuchen, es zu verdrängen oder sie zu ignorieren, aber es wird nicht funktionieren. Sie wird sich in dein Leben schleichen, ob du es willst oder nicht. Das sagt eine Frau, die es wissen muss.«

Ich trinke den letzten Schluck Whisky und stelle das leere Glas auf den Tresen. Ich liebe Eden wie eine Schwester, und ich bin ihr dankbar, dass sie auf mich aufpasst, aber für dieses Gespräch bin ich heute Abend nicht in Stimmung. Sie geht davon aus, dass es für jeden Topf den passenden Deckel gibt, aber je mehr ich mir die Zahlen anschaue, umso sicherer bin ich, dass die meisten von uns dazu verdammt sind, von einer schlechten Beziehung in die nächste zu stolpern, bis wir irgendwann einsam und verzweifelt sterben.

»Na ja, danke für den Drink«, sage ich und gebe ihr einen Klaps auf die Schulter. »Aber ich muss jetzt wirklich weiterarbeiten.« Ohne eine Antwort abzuwarten, setze ich mich wieder vor meinen Laptop und klappe ihn auf.

Sie reibt mir über den Rücken. »Also dann, Doctor Love. Viel Erfolg noch beim Verkuppeln. Ich muss jetzt nach Hause und eine Story fertig machen, aber wir sehen uns Montag bei der Arbeit, okay?«

»Okay, bis dann.«

Sie durchquert die Bar und verabschiedet sich mit einem Kuss von Max. Ich blicke ihr nach, atme tief durch, dann stürze ich mich wieder in das schwindelerregende Labyrinth aus Befehlen auf meinem Bildschirm.

2. KAPITEL

Das Schicksal kann nicht warten

Ich reibe mir das Gesicht und gähne. Ich bin so müde, dass ich nicht mehr geradeaus gucken kann. Am liebsten würde ich den Kopf auf die Theke legen und ein bisschen schlafen, aber ich darf erst in ein paar Stunden an der Matratze lauschen.

Ein großes Glas Whisky erscheint in meinem Blickfeld. Überrascht schaue ich auf und Joe, der Barkeeper, steht vor mir.

»Geht aufs Haus, Kumpel. Ich habe schon lange niemanden mehr gesehen, der dringender einen gebrauchen kann als du.«

»Sehe ich so mies aus?«

»Nicht mies. Erledigt. Wärst du ein Handyakku, hättest du vielleicht noch ein Prozent.«

Könnte hinkommen.

Dankbar nicke ich ihm zu und kippe das halbe Glas hinunter. Das Brennen weckt mich ein wenig auf.

Ich schaue mich um und wische mir über den Bart. Für einige Paare läuft es wirklich gut. Die Tanzfläche ist voller Leute, die sich im langsamen, hypnotischen Beat wiegen, und in den dunkleren Bereichen der Bar sehe ich mindestens drei Paare herumknutschen.

Mission erfüllt, denke ich. Gute Arbeit, Doctor Love.

Scheiße, jetzt nenne ich mich schon selbst so? Das geht zu weit.

Ich schiebe den Laptop weg, stehe auf und winke Raj heran. »Ich muss mal pinkeln. Behalte die Statistiken im Auge, während ich weg bin.«

»Geht klar, Boss.«

Er hebt beide Daumen, und ich schleiche mich durch die verliebten Paare auf der Tanzfläche zu den Toiletten im hinteren Teil.

Als ich die Tür aufstoße, fällt mein Blick auf mein Spiegelbild. Ich sehe aus wie ein Verrückter. Meine Haare sind zerzaust, der Bart ist lang und widerspenstig und hinter meinen Augen lauert der Wahnsinn der Erschöpfung. Außerdem bin ich so dünn wie schon lange nicht mehr. Das passiert, wenn man nur noch zwei Mahlzeiten zu sich nimmt und keine Zeit für Sport hat.

Meine derzeitige Finanz- und Lebenssituation würde ich als suboptimal bezeichnen, aber heute Abend bleibt mir keine Zeit, um darüber nachzudenken.

Ich atme aus und steuere auf die Urinale zu. Danach wasche ich mir die Hände, stütze mich auf dem Waschtisch ab und lasse den Kopf hängen. Ich atme mehrmals tief ein, um die Anspannung zu lösen. Durch den Whisky ist alles verschwommen, aber entspannt hat er mich nicht.

Zu meiner Linken ertönt ein dumpfer Schlag. Die Tür wird aufgerissen und herein stürmt die attraktivste Frau, die ich je gesehen habe. Sie knallt die Tür zu und lehnt sich dagegen.

Bei ihrem Anblick verflüchtigen sich Stress und Apathie, und ich gerate in einen Zustand der Hyperwahrnehmung, wie ich ihn noch nie erlebt habe. Es ist fast so, als würde alles in Zeitlupe ablaufen. Aus dem Nichts setzt mein Herz aus und beschleunigt dann, angetrieben von einem unerwarteten Adrenalinschub.

Himmel. Was geht hier vor?

Sicher, sie ist umwerfend, aber ich bin schon den ganzen Abend von attraktiven Frauen umgeben. Und keine hatte diese Wirkung auf mich.

Ich runzele die Stirn und betrachte sie nachdenklich, während ich zu enträtseln versuche, warum mich dieser unerklärliche Hormonrausch durchflutet.

Die Schönheit blickt mich schwer atmend an. »Hey. Wie geht’s? Bist du beschäftigt? Oder könntest du mir helfen?«

»Dir ist schon klar, dass das hier die Herrentoilette ist?«

»Ja. Ich habe gehofft, einen großen, stämmigen Kerl zu finden, und zum Glück bist du ja da. Darf ich dich kurz ausleihen?«

Sie winkt mich zu sich, und ich zögere, denn wenn eine so hübsche Frau mich um etwas bittet, bestimmt ein ungeschriebenes Gesetz, dass ich in Schwierigkeiten gerate. Trotzdem richte ich mich auf und gehe auf sie zu. Als sie sieht, wie groß ich bin, weiten sich ihre Augen.

»Wow. Du bist tatsächlich ein großer Kerl. Ausgezeichnet.« Sie nimmt meinen Arm und schiebt mich, bis nicht mehr sie, sondern ich mit dem Rücken zur Tür stehe. »Tu mir den Gefallen und lehn dich einfach dagegen, okay?« Sie legt mir die Hand auf die Brust und drückt leicht.

Ich hole scharf Luft, denn bei ihrer Berührung geht mein ganzer Körper in Flammen auf. Ich weiß nicht, wie es ihr geht, aber auch in ihren Augen glitzert etwas, und sie wirkt überrascht. Für einen komischen Moment sehen wir uns nur an, dann gebe ich ihrem Druck auf meine Brust nach und lehne mich an die Tür.

»Danke. Du bist perfekt«, sagt sie atemlos. Dann stutzt sie und schüttelt den Kopf. »Also, deine Position ist perfekt. Nicht bewegen.«

Ich will sie gerade fragen, was das eigentlich soll, als jemand an die Tür hämmert.

»Liza, komm schon. Das war doch bloß ein Witz. Reg dich nicht auf. Lass uns weitertanzen.«

Ich werfe der Göttin einen fragenden Blick zu. »Freund von dir?«

»Eher ein Bekannter. Habe ihn erst heute Abend kennengelernt.«

»Bist du eine der Testerinnen bei der Romance-Central-Veranstaltung?«

Sie zuckt mit den Schultern, als wolle sie sagen: Ich kann nicht glauben, dass ich hier bin. »Ich bin einer Freundin zuliebe hier, und jetzt verstecke ich mich im Herrenklo, um einem betrunkenen, handgreiflichen Widerling zu entkommen. Es läuft also alles wie erwartet.«

»Liza!« Der Typ klopft so heftig, dass die Tür an meinem Rücken vibriert. »Mach dich nicht lächerlich! Lass mich bitte rein!«

Mich durchzuckt ein Anflug von Wut, und ich deute mit dem Daumen auf die Tür. »Bist du sicher, dass ich ihn nicht reinlassen soll? Immerhin hat er höflich gefragt.«

»Oh, klar«, sagt sie und lächelt bitter. »Er war extrem höflich, bis zu dem Punkt, als er mir beim Tanzen an den Po gefasst hat und dann meinte, es sei meine eigene Schuld, schließlich würde mein Kleid geradezu darum betteln.«

Diese Info macht mich so richtig sauer. Solche Arschlöcher bringen die gesamte Männerwelt in Verruf! Wie kann er es wagen, diesen Engel mit seinen dreckigen Pfoten anzufassen?

»Er hat dich begrapscht?« Ich gebe mir Mühe, nicht ganz so entrüstet zu klingen, wie ich mich fühle. »Geht es dir gut?«

Sie nickt, aber mir entgeht nicht der Ausdruck, der über ihr Gesicht huscht.

»Ich sollte mich mittlerweile an so etwas gewöhnt haben«, sagt sie und versucht, zu lächeln. »Und doch bin ich jedes Mal aufs Neue überrascht und enttäuscht.« Sie deutet auf die Tür. »Er ist betrunken und sicher nicht in der Stimmung, mit einem Korb umzugehen, deshalb verstecke ich mich hier. Bestimmt wird es ihm bald zu langweilig, und er zieht weiter. Solche Typen kenne ich.«

Ich auch. Ich weiß genau, was für ein Mann er ist, und das bringt mein Blut zum Kochen.

Es klopft erneut. »Öffne die Scheißtür, Liza! Sei nicht so eine hochnäsige Schlampe. Ich habe mich entschuldigt, verdammt. Was willst du denn noch?«

Als er sie Schlampe nennt, brennt bei mir eine Sicherung durch. Arschlöcher wie ihn kenne ich nur zu gut. Männer, die andere schlecht behandeln, und dann selbst das Opfer spielen. Wie die Jungs auf der Highschool, die mich jeden Tag verprügelt haben. Sie glauben, sie könnten machen, was sie wollen, und damit durchkommen. Aber nicht, wenn ich dabei bin, verdammt.

Ich reiße die Tür auf, und der fragliche Arsch steht mit erhobener Hand davor, im Begriff, erneut gegen das Holz zu hämmern. Er ist groß, aber nicht so groß wie ich, und er sieht mich überrascht an, als ich ihn von oben bis unten mustere.

»Was guckst du so, du Lulatsch?« Er blickt an mir vorbei zu Liza. »Liza, was machst du da? Komm raus, damit wir reden können.«

Er will an mir vorbeigehen, aber ich versperre ihm den Weg.

»Falls du nicht kapiert hast, warum sie sich in der Herrentoilette vor dir versteckt hat: Sie will nicht mir dir reden, Arschloch. Also entschuldige dich gefälligst dafür, dass du sie begrapscht hast, und dann verpiss dich.«

»Und wer zum Teufel bist du?«

»Ein Typ, der einen beschissenen Abend hatte und dem es in den Fingern juckt, etwas Dummes zu tun.«

Zu betrunken, um zu bemerken, dass ich über einen Kopf größer und dreißig Kilo schwerer bin als er, baut er sich vor mir auf. »Ist das so? Na, dann los, Kumpel.«

Er betont das Wort Kumpel, indem er mir in die Brust pikst. Ich beiße die Zähne zusammen und balle die Fäuste. Er versteht nicht, dass es ein Riesenfehler ist, mich heute Abend herauszufordern. Ich glaube nicht, dass ich jemals so geladen war. Zu meinen omnipräsenten Sorgen gesellt sich das unbändige Bedürfnis, die Ehre einer Frau zu verteidigen, die ich gerade erst kennengelernt habe. Und beides zusammen bewirkt, dass ich mich gleich wie ein Wrestler auf ihn stürzen werde.

»Machst du das öfter?« Ich beuge mich vor, bis ich ihm ins Gesicht sehen kann. »Frauen begrapschen und dann sauer werden, wenn sie dich zurückweisen? Soll ich dir noch einmal genau erklären, was einvernehmlich bedeutet?« Vielleicht kapiert er es ja, wenn ich ihn mal ein bisschen begrapsche. Mit der Faust.

»Glaubst du, ich lasse mich von einem Penner in Strickjacke einschüchtern? Ich bitte dich. Ich mache dich fertig.«

Leider weiß er nicht, dass ich wegen der Typen, die mich in der Highschool verprügelt haben, seit meinem vierzehnten Lebensjahr Mixed Martial Arts trainiere. »Versuch’s doch.«

»Okay, Jungs«, schaltet sich Liza hinter mir ein, und ein elektrischer Schlag durchzuckt mich, als ich ihre Hand auf meinem unteren Rücken spüre. »Das ist nicht nötig. Henry, geh nach Hause. Du bist besoffen, kannst deine Hände nicht bei dir behalten, und ich will dich nie wiedersehen. Und wenn du in Zukunft noch einmal eine Frau von einem Date mit dir überzeugen willst, behandle sie nicht wie ein Stück Fleisch. Das ist Grund Nummer eins, warum du immer noch Single bist.«

Er verdreht höhnisch die Augen, und am liebsten würde ich in seine Augenhöhlen greifen und seine Augäpfel nur ein kleines bisschen zerquetschen.

Er deutet auf Liza. »Und du bist immer noch Single, weil du eine besserwisserische, humorlose Schlampe bist.«

Ich bewege mich nicht willkürlich, aber ehe ich mich versehe, habe ich sein Hemd in der Hand und hebe ihn fast hoch.

»Das war’s. Wir sind hier fertig.« Er strampelt mit den Beinen, als ich ihn zurück in den Gastraum schleife, wo ich Max’ besten Freund Dyson entdecke. Er ist fast so groß wie ich und heute Abend für die Sicherheit zuständig.

»Dyson!«

Henry versucht, sich loszureißen, während ich ihn weiterzerre, und kurz bevor Dyson uns erreicht, holt er aus.

»Verdammtes Arschloch!« Seine Faust landet auf meiner Lippe, und ich schmecke Blut. Ich knurre wütend, er erstarrt augenblicklich, und zum Glück reißt Dyson ihn von mir weg, sonst hätte ich ihn mir vorgeknöpft. Ein Teil von mir sehnt sich nach einem Kampf. Ich nehme mir vor, morgen ins Fitnessstudio zu gehen, damit ich etwas von der Anspannung loswerde, die sich sonst auf nicht sehr konstruktive Art Luft machen wird.

Bevor die Situation weiter eskaliert, legt Dyson seine riesige Hand um Henrys Nacken und drückt zu, und schnell sind noch ein paar Jungs von Romance Central zur Stelle und helfen, ihn aus der Bar zu … eskortieren.

Ich schüttele die Anspannung aus meinen Händen und lasse den Kopf kreisen. Ich würde alles dafür geben, jetzt in meine alte Wohnung zurückzukehren, in die hässliche Cord-Couch zu sinken und ein ganzes Blech mit Therapie-Brownies zu verdrücken, doch da ich leider letzten Monat aus der Wohnung geflogen bin und keinen festen Wohnsitz mehr habe, fällt diese Möglichkeit flach.

»Geht es dir gut?«

Ich wische mir den Mund ab, und als ich mich umdrehe, blicke ich in das besorgte Gesicht der Veranstaltungsleiterin, Ming-Lee.

»Ja, alles okay. Aber streich diesen Wichser von unserer Testerliste. Er kommt nicht wieder.« Außerdem beschließe ich, seinen vollen Namen herauszufinden, damit ich ihn auf anderen Dating-Apps aufspüren kann. Grapscher-Henry wird sich bestimmt bald fragen, warum all seine Dating-Profile auf mysteriöse Weise verschwunden sind. Vielleicht postet er ja auch aus Versehen ein Bild von seinem winzigen Pimmel und fragt sich, wieso seine Minderwertigkeitskomplexe dazu führen, dass er Frauen wie Dreck behandelt. Wie sehr ich ihn blamiere, hängt davon ab, wie weit ich mich beruhigen kann, bevor ich mich wieder an meinen Computer setze.

Als ich zur Herrentoilette zurückgehe, steht Liza am Anfang des Korridors und beobachtet mich besorgt. In ihren Augen liegt ein Hauch Panik, und ich bedaure, dass ich Henry ohne eine Ohrfeige habe davonkommen lassen.

Ich gehe zu ihr. »Geht es dir gut?«

Ihr Blick wandert zu meiner Lippe, und ohne nachzudenken, fahre ich mir mit der Zunge über die Platzwunde, die immer noch blutet.

»Er hat dich geschlagen?«

Ich zucke mit den Schultern. »Ein bisschen. Ist nicht schlimm.«

Sie packt mich am Arm und zieht mich zurück in die Herrentoilette. »Ich helfe dir, das sauber zu machen.«

Sie schiebt mich zum Waschbecken, wo sie ein sauberes Taschentuch aus ihrer Tasche zieht und auf meine Lippe drückt.

»Du musst nicht …«

Sie bedeutet mir, zu schweigen, aber so dicht, wie sie vor mir steht, hätte ich sowieso nichts herausgebracht. Ich weiß nicht, wieso sie mich so völlig sprachlos macht, aber so etwas habe ich noch nie erlebt. Ja, sie ist wunderschön, aber daran liegt es nicht. Hinter den blonden Haaren und dem perfekten Gesicht liegt eine Verletzlichkeit, die mich dazu bringt, ihr Bodyguard sein zu wollen. Würde sie mir erlauben, ihr auf Schritt und Tritt zu folgen? Würde es ihr gefallen, wenn ich jedem Kerl, der sie begrapscht, die Finger breche?

Sie hält das Taschentuch unter den Wasserhahn, um das Blut auszuwaschen, und tupft dann noch einmal meine Lippe ab.

»Immerhin blutet es nicht mehr.« Sie ist mir so nah, dass ich ihre Wärme spüren kann. Ich stehe mit offenem Mund da, als sie mir ein letztes Mal über die Lippe wischt.

»Tut es weh?«

»Überhaupt nicht.« Mir geht es fantastisch. Ich fühle mich, als hätte man mir eine geballte Ladung Ecstasy und Oxytocin gespritzt. »Geht es dir gut?«

Sie nickt und lächelt mich zaghaft an. »Ja, es ist traurig und erschreckend, aber ich bin es gewohnt, begrapscht zu werden. Aber das Klopfen und Schreien war ungewohnt. Der Typ hat Probleme.«

»Und die App hat dich mit ihm gematcht?« Ich bin verblüfft, dass mein Algorithmus so einen Fehler gemacht hat. Vielleicht sind meine Berechnungen doch nicht so narrensicher, wie ich dachte.

Sie verdreht die Augen. »Ich bin selbst schuld. Ich hätte hier nicht mitmachen dürfen. Ich meine, wie verzweifelt muss man sein, einer App die Partnerwahl zu überlassen? Ich schäme mich, weil es so lächerlich ist. Hast du gehört, dass sie den Typen, der das Ding entwickelt hat, Doctor Love nennen? Also ehrlich.«

Verdammt, Eden. »Äh, ja, das habe ich gehört. Leider.«

»Was für ein bescheuerter Spitzname …« Stimmt »… und überhaupt, was soll das? Ist ja schön, dass Romance Central denjenigen von uns helfen will, die kein Glück in der Liebe haben, aber berechnen zu wollen, in wen sich jemand verlieben wird, ist, als wolle man Blei in Gold verwandeln. Jeder, der behauptet, das zu können, hat entweder Wahnvorstellungen oder ist ein waschechter Betrüger.«

Ach, verdammt. Das fühlt sich an wie ein Schlag ins Gesicht. Aber ich denke mir das ja nicht alles aus. Ich habe gründlich recherchiert. Ich habe die Marker identifiziert.

»Vielleicht ist der Typ an etwas dran«, sage ich defensiver als beabsichtigt. »Wenn er eine ausreichend große Stichprobe von dauerhaften Beziehungen untersucht und Gemeinsamkeiten herausfiltert, könnte man die Eigenschaften bestimmen, die am wahrscheinlichsten zum Erfolg führen.«

»Ne, oder? Du willst doch nicht etwa behaupten, dass das Geheimnis der Liebe reine Mathematik ist?«

Ich zucke mit den Schultern. »Liebe mag chaotisch sein, aber Mathematik ist einfach.«

»Ja, aber wie kann man ein so unerklärliches Konzept wie die Liebe mit etwas so Starrem berechnen? Die meisten Beziehungen sind ein seltsames Durcheinander aus Zufällen und Hormonen. Den Berechnungen zufolge hatte Henry, der betrunkene Hinterngrapscher, eine sechzigprozentige Chance, mein Seelenverwandter zu sein. Das nenne ich einen Griff ins Klo.«

Dem kann ich nicht widersprechen, und bei dem Gedanken, dass mein Algorithmus sie mit einem so offensichtlichen Loser zusammengebracht hat, wird mir übel. Doch wenn ich die Statistiken der Leute kenne, die mit der App Erfolg hatten, werde ich ihr das Gegenteil beweisen.

»Keine Prognose ist fehlerfrei«, versuche ich, sie zu überzeugen, ohne zu engagiert zu wirken. »Und ich habe gehört, es soll keine genauere App geben. Vielleicht solltest du Henry als Anomalie abtun und es noch einmal mit jemandem versuchen, mit dem du eine höhere Übereinstimmung hast.«

Oder einfach mit mir.

»Was ist mit dir?«, fragt sie.

Kann sie etwa Gedanken lesen?

»Äh … ja, klar. Du könntest es mit mir versuchen.«

Sie lacht, was mir einen Schauer über den Rücken jagt, aber auf eine gute Art. Sie hüpft auf die Ablage neben dem Waschbecken, schlägt die Beine übereinander und lehnt sich mit dem Rücken an den Spiegel.

»Nein, ich meine, ob dein Match heute Abend funktioniert hat. Halte ich dich von deiner Traumfrau fern?«

Nur, wenn du die Toilette verlässt.

»Ich bin kein App-Tester. Dass du hier ins Bad gestürzt bist, ist ehrlich gesagt die faszinierendste Begegnung mit einer Frau seit Langem.«

Sie kneift die Augen zusammen. »Im Ernst?«

Ich bemühe mich, aufrichtig zu wirken, ohne ihr zu verraten, wie faszinierend ich sie finde. »Im Ernst.«

»Ich weiß nicht, ob ich mich geschmeichelt fühlen oder dich bemitleiden soll.«

»Fühl dich geschmeichelt. Das ist weniger demütigend.«

Sie legt den Kopf schief. »Du hast ein schönes Lächeln.«

Das Kompliment kommt dermaßen unerwartet, dass ich lachen muss. »Schön?« Ich runzele die Stirn. »Meinst du nicht eher schief? Oder verwegen?« Ich fahre mir über den Bart. Ich muss ihn dringend stutzen. Bestimmt sehe ich aus wie kerniger Naturbursche mit einer Abneigung gegen Körperpflegeprodukte.

»Nein«, sagt Liza und mustert mich genauer. »Ich meine schön. Die Art, wie deine Augen leuchten. Und die Lachfältchen. Versteckst du etwa Grübchen unter deinem Gesichtspelz?«

Ich berühre meine Wange. »Eigentlich verstecke ich sie nicht. Sie sind nur getarnt.« Früher habe ich meine Grübchen gehasst, weil ich dadurch immer jünger wirkte. Ich habe sie seit Jahren nicht gesehen, also weiß ich nicht, ob das immer noch so ist.

»Jedenfalls«, sage ich, und je länger sie mich anblickt, umso wärmer wird mir. »Was ich sagen will, ist, dass du dich durch das Drama heute Abend nicht davon abhalten lassen solltest, die App zu benutzen. Du findest ganz sicher jemanden, der besser zu dir passt als Henry.«

Sie mustert mich noch ein paar Sekunden. Dann senkt sie den Blick und betrachtet ihre Hände im Schoß. »Ich weiß nicht, ob ich noch die Energie für Verabredungen habe. Mein letztes Date ist ein Jahr her, und es wird nicht einfacher. Vielleicht sind manche Menschen einfach dazu bestimmt, allein zu bleiben.«

»Wenn du dich meinst, muss ich widersprechen. Du solltest definitiv nicht allein sein.«

Sie legt den Kopf schief. »Glaubst du, dass diese HEA-App mir dabei helfen könnte, schlechte Gewohnheiten abzulegen?«

»Was für Gewohnheiten meinst du denn? Rauchen? Fingernägelkauen? Billige Nonnenkostüme aus dem Ramschladen?«

Ich komme ihr vorsichtig etwas näher, damit ich sie in diesem engen Raum nicht einschüchtere. Sie sieht zu mir auf, und mir entgeht nicht, wie sie mein Gesicht betrachtet.

»Eher, mich immer in die Falschen zu verlieben.«

»So etwas machst du?«

Sie blinzelt. »Mit erschreckender Regelmäßigkeit.« In ihrem Ton liegt eine Andeutung, bei der mir das Herz in die Hose rutscht.

Ich verspüre den plötzlichen Drang, sie zu berühren, weiß aber, dass es vor dem Hintergrund, was sie gerade erlebt hat, nicht angebracht ist. Stattdessen halte ich ihr meine Hand hin, damit sie sie nehmen kann, wenn sie will.

»Wir haben uns noch gar nicht richtig vorgestellt. Ich bin …« Noch bevor ich meinen Namen sagen kann, umklammert sie meine Finger, und in der Sekunde, in der wir uns berühren, gibt es einen Kurzschluss in meinem Gehirn. Gänsehaut breitet sich auf meinem Arm aus, mir stockt der Atem. Mir wird ganz heiß, und in ihrem Gesicht spiegelt sich dieselbe Verwirrung wider.

Ich habe viele Filme gesehen, in denen wichtige Momente in Zeitlupe ablaufen. Normalerweise passiert das in einer Actionszene, in der sich jemand vor eine Kugel wirft oder vor einer Explosion wegspringt. Scheiß auf Kugeln und Explosionen, selbst wenn ich wollte, könnte ich mich in diesem Moment nicht bewegen. Auch wenn um mich herum die ganze Welt in Flammen aufginge, könnte ich mich nicht von Lizas Blick lösen.

»Jesus.« Ich weiß erst, dass ich etwas gesagt habe, als ich meine Stimme höre.

Liza nickt. »Schön, dich kennenzulernen, Jesus.«

»Nein.« Ich schüttele den Kopf, um wieder einen klaren Gedanken zu fassen. »Das ist mir so rausgerutscht. Mein Name ist …«

Es klopft dreimal kräftig an die Tür, und ich komme in die Realität zurück.

Das gibt’s doch nicht. Bestimmt ist Arschloch-Henry zurückgekommen.

Ich lasse Lizas Hand los und marschiere zur Tür. »Du hättest aufhören sollen, als du noch vorne lagst, Kumpel. Ich werde dir dermaßen den Arsch versohlen.«

Als ich die Tür einen Spalt öffne, sehe ich Max’ überraschtes Gesicht. »Äh, okay … Steh ich nicht so drauf. Aber könnte ich dich kurz sprechen?«