Mit Schmerzen leben - Annette Auch-Schwelk - E-Book

Mit Schmerzen leben E-Book

Annette Auch-Schwelk

0,0
23,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Übungen für ein besseres Leben trotz Schmerzen Wer über längere Zeit Schmerzen hat, weiß, wie stark sie das Leben beeinträchtigen. Ganz selbstverständliche Aktivitäten werden erschwert oder unmöglich gemacht. Zu den physischen Einschränkungen gesellen sich, besonders bei chronischem Schmerz, erhebliche psychische Belastungen. So vielfältig wie die Schwierigkeiten sind, mit denen Schmerzpatienten lernen müssen umzugehen, so zahlreich sind die Formen und Arten des Schmerzes. Dass man den Schmerz nicht sehen kann, macht es zudem Angehörigen und Freunden häufig schwer, die so wichtige Unterstützung zu geben. In diesem Buch zeigt Ihnen Annette Auch-Schwelk, wie Sie unabhängig von Ihrem spezifischen Schmerz neue Räume für Lebensfreude und Lebenslust für sich schaffen können. Der Schwerpunkt liegt auf einer Vielzahl von Übungen, die Sie direkt umsetzen und in Ihren Alltag integrieren können. Das Spektrum reicht von Kreativitätstechniken über Achtsamkeit, Meditation und Arbeit an inneren Einstellungen bis hin zu Routinen für das tägliche Leben. Alle Übungen können Sie dabei zu unterstützen, mit Schmerzen ein lebenswertes und selbstbewusstes Leben mit mehr Freude zu führen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 309

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Annette Auch-SchwelkMit Schmerzen leben

Über dieses Buch

Mehr Lebensfreude trotz Schmerzen 

Wer über längere Zeit Schmerzen hat, weiß, wie stark sie das Leben beeinträchtigen. Ganz selbstverständliche Aktivitäten werden erschwert oder unmöglich gemacht. Zu den physischen Einschränkungen gesellen sich, besonders bei chronischem Schmerz, erhebliche psychische Belastungen. So vielfältig wie die Schwierigkeiten sind, mit denen Schmerzpatienten lernen müssen umzugehen, so zahlreich sind die Formen und Arten des Schmerzes. Dass man den Schmerz nicht sehen kann, macht es zudem Angehörigen und Freunden häufig schwer, die so wichtige Unterstützung zu geben. 

In diesem Buch zeigt Ihnen Annette Auch-Schwelk, wie Sie unabhängig von Ihrem spezifischen Schmerz neue Räume für Lebensfreude und Lebenslust für sich schaffen können. Der Schwerpunkt liegt auf einer Vielzahl von Übungen, die Sie direkt umsetzen und in Ihren Alltag integrieren können. Das Spektrum reicht von Achtsamkeit, Meditation und Arbeit an inneren Einstellungen über Kreativitätstechniken bis hin zu Routinen für das tägliche Leben. Alle Übungen unterstützen Sie dabei, mit Schmerzen ein lebenswertes und selbstbewusstes Leben mit mehr Freude zu führen.

Annette Auch-Schwelk ist Trainerin, Coach und Autorin des Buches „Erfolgreich mit Selbstbewusstsein“. Seit über 20 Jahren ist sie Schmerzpatientin und weiß, was es heißt, mit Schmerzen zu leben und dennoch Lebensfreude zu spüren.

http://www.auchschwelk.de http://www.mitschmerzenleben.de

Copyright: © Junfermann Verlag, Paderborn 2017

Coverfoto: © Mikhail Kokhanchikov – istockphoto.com

Covergestaltung / Reihenentwurf: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Alle Rechte vorbehalten.

Erscheinungsdatum dieser eBook-Ausgabe: 2017

Satz, Layout & Digitalisierung: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

ISBN der Printausgabe: 978-3-95571-674-5

ISBN dieses E-Books: 978-3-95571-690-5 (EPUB), 978-3-95571-692-9 (PDF), 978-3-95571-691-2 (MOBI).

„Wenn du denkst, es geht nicht mehr,
kommt von irgendwo ein Lichtlein her.“ 

– oft verwendet von Mamuschka Adelheid Auch-Schwelk

Dieses Buch ist allen Menschen gewidmet, die „mit Schmerzen leben“,

und deren Angehörigen

und Ihnen, die Sie das Buch in Ihren Händen halten!

Verzeichnis der Übungen

ABC des Wohlbefindens
Atemübung
Bewusstes Essen
Brief an deinen Schmerz
Brief an dich selbst
Brief an einen geliebten Menschen
Das erste Mal!
Das Gute an deinen Schmerzen
Dein innerer Kritiker
Deine Fähigkeiten und Talente
Deine innere Stimme – der innere weise Ratgeber
Den Atem bewusst wahrnehmen
Den Körper bewusst wahrnehmen
Der innere Helfer und der innere Arzt
Der schwere Rucksack wird leichter
Die Freiheitsstatue – Teil 1
Die Freiheitsstatue – Teil 2
Die Helfer auf deinem Weg!
Eine weitere AtemDer „Countdown“
Fotografiere deinen Schmerz und deine Lebensfreude
Fragen an das innere Kind
Hara-Meditation – Quelle des Lebens13
Heilendes Wasser – vom Loslassen und Lindern
Helden der Kindheit
Im Hier und Jetzt
Ist und Soll
Lebensfreude-Collage
Liebevolle und unterstützende Energie empfangen
Loslassen vom „Ich muss …“
Male deinen Schmerz und deine Lebensfreude
Mandala-Mal-Meditation
Mantra
Mein Kraftplatz
Mein Liebesbrief an dich
Mein Liebesbrief an mich
Mein Notfallkoffer für Schmerzen oder kritische Situationen
Mein zukünftiges Ich
Meine Kraftquellen
Metta-Meditation – liebevolle Güte für sich selbst und andere entwickeln
Mich lieben … lernen
Namenstag
Pflanzen eines Apfelbäumchens!
Reise zu deinem Schmerz
Reise zum inneren Kind
Ritual
Schlaflosigkeit
Schmerz – und was gibt es noch?
Schreibe über deinen Schmerz und deine Lebensfreude
Sich den Schmerz bewusst machen
Singe deinen Schmerz und deine Lebensfreude
Tanze deinen Schmerz und deine Lebensfreude
Vertrauen
Von der getretenen Pflanze zum kraftvollen Baum
Was hörst du? Geräusche bewusst wahrnehmen
Wenn ich ein(e) … wäre, dann wäre ich …
Wie geht es dir, in Form des Wetters ausgedrückt?
Wunder geschehen … wenn du es zulässt

Vorwort

Und dann kam der Tag, an dem es mir größere Schmerzen bereitete, eine verschlossene Knospe zu bleiben, als zu wagen, mich zur Blüte zu öffnen.

– Anaïs Nin

Jeder von uns kennt ihn. Fast keiner von uns will ihn. Es gibt ihn in vielen Arten. Mit vielen Facetten. Es gibt Menschen, die erleben ihn nur kurz. Andere begleitet er ein Leben lang. Für die einen ist er ein Segen, für die anderen ist er „die Hölle auf Erden“! Ihn interessiert weder Alter, Kultur, Geschlecht oder Nationalität. Er kommt, ob wir wollen oder nicht:

Der Schmerz!

Schmerzen sind etwas sehr Persönliches, etwas sehr Intimes. Kein Schmerz ist gleich. Jeder empfindet ihn anders. Schmerzen lassen sich nicht messen oder anfassen. Schmerzen kann niemand sehen. Jedenfalls nicht so, wie man es sehen kann, wenn jemand seinen Fuß gebrochen hat. Bei Schmerzen bekommen Sie keinen Gips oder Verband. Es ist nicht für jeden nach außen sichtbar, dass hier etwas nicht in Ordnung ist. Schmerz ist kein für Außenstehende ersichtliches Zeichen: „Stopp, hier ist etwas nicht in Ordnung. Bitte Rücksicht nehmen!“ Sie können den Schmerz erleben, ihn fühlen! Wenn Sie ihn haben, können Sie sich wehren, ihn bekämpfen oder ihn annehmen. Manchmal geht er schnell wieder weg. Manchmal bleibt er.

Mein eigener Weg hat mich dazu geführt, mich intensiv mit dem Thema Schmerz auseinanderzusetzen – einmal auf der psychischen Ebene, da ich früh mit dem Thema Tod konfrontiert wurde. Dann aber auch auf der physischen Ebene, da ich seit über 20 Jahren eine chronische, sehr schmerzhafte Krankheit habe. Endometriose betrifft nur Frauen. Gewebe, ähnlich dem der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium), tritt dabei im Unterleib auf und siedelt sich dort an den Eierstöcken, Eileitern, Darm, Blase oder dem Bauchfell an. Nach Schätzungen leiden etwa 7 bis 15 Prozent aller Frauen im geschlechtsreifen Alter an Endometriose. Das sind in Deutschland etwa zwei bis sechs Millionen Frauen. Mehr als 30.000 Frauen erkranken jährlich an Endometriose.

In den letzten 20 Jahren habe ich viele Monate schmerzfrei gelebt. Dann gab es wiederum Monate, in denen der Schmerz sehr präsent war. Den bisherigen Schmerzhöhepunkt habe ich erlebt, als ich fast zwei Jahre am Stück extreme Schmerzen hatte. So lange wie noch nie. Ich wurde zur chronischen Schmerzpatientin. Ohne Schmerzmittel bin ich nicht mehr aus dem Haus gegangen. Der Schmerz wurde damals für mich zum täglichen, oft ungeliebten Begleiter.

Ich habe es erlebt, wenn Ärzte, Familie, Freunde und Bekannte sagen: „Ach, du hast immer noch Schmerzen. Ich sehe gar nichts!“; „Kann man da gar nichts machen?“; „Wieso änderst du nicht einfach etwas?“; „So schlimm kann es doch gar nicht sein!“; „Jetzt stellen Sie sich nicht so an!“ – um nur einen Auszug der gut und weniger gut gemeinten Ratschläge, Anmerkungen und Fragen aufzuführen, die ich im Lauf der Jahre bekommen haben.

1988 habe ich angefangen, in der Weiterbildung zu arbeiten. Seit 2004 bin ich selbstständig als Coach, Trainerin und Rednerin. In dieser Zeit habe ich Tausende von Menschen rund um das Thema Persönlichkeitsentwicklung gecoacht und trainiert. Seit ein paar Jahren sind die Themen „Umgang mit Stress“ und „Umgang mit körperlichen und psychischen Schmerzen“ bei meinen Klienten in den Vordergrund gerückt.

Das Buch schreibe ich als Schmerzpatientin und als Coach für Sie. Ich weiß nicht, wie Sie Ihren Schmerz erleben, was Sie empfinden, was Sie erleben mit Ihrem Schmerz. Doch ich weiß, was es für mich bedeutet, mit starken Schmerzen zu leben. Ich habe an mir selbst und an vielen Klienten erlebt, wie bestimmte Dinge, Methoden und Fragen dazu beitragen, dass der Schmerz weniger wird, dass er ganz weggeht oder ein besserer Umgang mit ihm gefunden wird. Wichtig ist herauszufinden, was für Sie passend und möglich ist. Damit Sie auch mit und trotz Schmerzen Lebensfreude spüren!

Dieses Buch ersetzt keine professionelle, medizinische und psychologische Behandlung! Es ist kein Fachbuch, das sich an ein Fachpublikum richtet. Auch ist es kein Buch, das detailliert das Phänomen Schmerz samt Ursachen, Diagnosen und Therapien beschreibt. Dazu gibt es wunderbare Bücher, auf die ich in der Literaturempfehlung hinweise.

Dies ist vielmehr ein Sachbuch, das sich an Sie richtet. Sie, den Menschen mit Schmerzen. Es ist ein Übungsbuch, in dem Sie viele praktische Übungen, Anleitungen und Hinweise zum Umgang mit Ihrem Schmerz finden.

Möge dieses Buch Sie dabei unterstützen, mit Schmerzen ein lebenswertes und friedvolles Leben zu leben, sodass Sie Lebensfreude und Lebenslust auch mit Schmerzen empfinden können. Möge es ein Begleiter sein, um sich seiner selbst bewusst zu sein und mit Schmerzen zu leben! Wichtig ist, dass Sie die für Sie passende Methode, den für Sie passenden Umgang finden. Es kann sein, dass eine Übung nichts für Sie ist. Dann probieren Sie die nächste. Vielleicht ist diese heute nicht passend, dafür in ein paar Wochen. Vielleicht klappt es heute gut und vielleicht morgen nicht. So individuell, wie der Schmerz ist, so individuell ist die Wirkung der Übungen. Mögen Sie die für sich passende finden!

Vielleicht stimmen Sie mit mir oder im Buch erwähnten Punkten nicht überein. Gut so! So individuell, wie der Schmerz ist, so individuell sind wir Menschen. Gehen Sie Ihren eigenen Weg. Machen Sie Ihre eigenen Erfahrungen. Probieren Sie aus und entdecken Sie selbst, was gut für Sie ist, um mit Ihren Schmerzen zu leben. Denn andere können für Sie Begleiter, Unterstützer und Helfer sein, doch Ihr Leben können nur Sie leben. Nehmen Sie es in die Hand, wir haben nur das eine … angeblich!

Wenn ich in meinem Text der Einfachheit halber in der männlichen oder weiblichen Bezeichnung schreibe, so ist auch immer jeweils das andere Geschlecht damit gemeint.

Schmerzen sind sehr persönlich, sehr intim. Aus diesem Grund schreibe ich das Buch ab jetzt in der „Du-Form“ und verzichte auf die Distanz schaffende Anrede mit „Sie“!

TEIL I: DEN SCHMERZ KENNENLERNEN – EINFÜHRUNG

1. Einleitung

„Es gibt Augenblicke, da möchte man sterben. Aber dann geschieht etwas Neues, und man glaubt, man sei im Himmel!“

– Edith Piaf

Jeder Mensch hat im Lauf seines Lebens Schmerz erfahren. Auf der körperlichen Ebene hast du dich vielleicht beim Kochen mit einem Messer geschnitten. Hast deinen Kopf irgendwo angestoßen. Bist beim Laufen umgeknickt. Ein Zahn hat geschmerzt. Meist hören die Schmerzen schnell wieder auf. Doch was ist, wenn sie bleiben? Wenn ein geliebter Mensch stirbt? Du das Gefühl hast, dein Seelenschmerz überwältigt dich? Wenn du einen Unfall hattest und dich nicht mehr bewegen kannst? Wenn du wochenlang, monatelang, vielleicht sogar jahrelang Schmerzen hast?

Warum ich?

Fast jeder, der über einen längeren Zeitraum Schmerzen hat, stellt sich irgendwann Fragen wie: „Warum ich?“; „Warum habe ich diese Schmerzen?“; „Warum leide ich so?“; „Warum musste der geliebte Mensch sterben?“; „Warum habe ich diesen Unfall erlitten?“; „Warum kann ich meine verlorene Liebe nicht loslassen?“; „Warum habe ich diese Krankheit?“; „Warum hören die körperlichen und / oder seelischen Schmerzen nicht auf?“

Manchmal gibt es darauf Antworten und manchmal nicht!

So viele Menschen haben Schmerzen!

Du bist ein Mensch, der das erlebt, was viele andere Menschen auch erleben. Nicht genau dasselbe. So einzigartig, wie jeder Mensch ist, so einzigartig bist du mit deinem Schmerz, mit deinem Erleben, mit deinem Empfinden. Und doch verbindet viele Menschen dasselbe: Sie haben Schmerzen! In Deutschland leiden Millionen Menschen an Schmerzen. Einige an akuten und sehr viele an chronischen Schmerzen.

Jeder Mensch geht anders um mit seinem Schmerz. Manche suchen die Nähe, gehen in Selbsthilfegruppen, um gemeinsam dem Schmerz zu begegnen. Andere suchen die Distanz und ziehen sich zurück. Meiner Erfahrung nach sind alle Wege hilfreich. Nur es gilt immer wieder, aufmerksam und achtsam mit sich selbst zu sein. Es ist wichtig, mir bewusst zu sein, ob ich mich gerade zurückziehe, weil es mir im Moment guttut oder weil ich mich unverstanden, hilflos und allein fühle. Ein dauerhafter Rückzug kann zur Einsamkeit führen, bis hin zu einer Depression.

Aus meiner Sicht ist es gerade bei chronischen Schmerzen sehr wichtig, sich Unterstützung zu holen. Natürlich von Familie und Freunden, doch sei dir bewusst, dass du die Menschen in deinem Umfeld mit deinen Schmerzen auch überfordern kannst. Woher sollen sie denn verstehen, was du empfindest und erlebst, wenn sie es selbst noch nie mitgemacht haben? Sei nachsichtig mit ihnen und sorge gut für dich. Ich empfehle dir, Hilfe von einem guten Arzt für deinen Körper und einem guten Therapeuten oder Coach für deine Psyche zu holen. Vielleicht ist es hilfreich, dich mit Gleichgesinnten auszutauschen, mit Menschen, die wissen, was es heißt, mit Schmerzen zu leben.

Du bist umgeben von Menschen, die dich unterstützen möchten. Dich begleiten auf deinem Weg, um mit Schmerzen zu leben – selbstbewusst zu sein und Lebensfreude zu spüren! Vielleicht kennst du sie schon und vielleicht noch nicht. Wenn du willst, warten sie bereits auf dich. Lasse dich auf deinem Weg begleiten. Lasse dir helfen und dich unterstützen. Lasse dich inspirieren. Eine Möglichkeit ist dieses Buch. Doch es gibt noch viele weitere wunderbare Möglichkeiten. Eine Auswahl davon findest du in diesem Buch im „Informationsteil“ und in den „Literaturempfehlungen“.

Sei bereit, mit offenen Armen, für das, was kommt. Wenn das nicht geht, dann versuche dich zumindest ein kleines bisschen zu öffnen, um zu empfangen! Und vielleicht kannst du dann wie Edit Piaf eines Tages sagen: „Es gibt Augenblicke, da möchte man sterben. Aber dann geschieht etwas Neues, und man glaubt, man sei im Himmel!“

2. Grundlagen

Was ist Schmerz?

Kennst du das? Du stößt deinen Ellenbogen an. Ein kurzer, scharfer Schmerz durchdringt dich. Du hast einen Wadenkrampf. Ein ziehender Schmerz fährt durch deine Wade hindurch. Du hast Kopfschmerzen. Sie sind dumpf und begleiten dich seit ein paar Stunden.

„Jeder kennt Schmerzen, aber es ist schwer zu sagen, was Schmerzen eigentlich sind“, schreibt Martin von Wachter in seinem Buch Chronische Schmerzen. Weiter schreibt er: „Ist Schmerz eine Wahrnehmung wie zum Beispiel Schmecken, Hören oder Riechen oder ein Gefühl wie zum Beispiel Wut, Ärger oder Trauer? Eine moderne Definition sieht beide Aspekte vor. Schmerz ist sowohl eine unangenehme Sinneswahrnehmung, die dem Körper zugeschrieben wird, als auch ein Gefühlserlebnis. Dies kann hervorgerufen werden durch:

eine reale körperliche Verletzung,

einen drohenden Schmerz, zum Beispiel vor dem Zahnarztbesuch,

einen früheren Schmerz über das Schmerzgedächtnis,

eine psychische Verletzung,

die Beobachtung von Schmerzen bei einem anderen, zum Beispiel wenn sich jemand den Finger in der Autotür einklemmt.“

1

Schmerz ist eine unangenehme Sinneswahrnehmung. Wenn du dich zum Beispiel mit heißem Wasser verbrüht hast oder eine Mücke dich gestochen hat, kann es gut sein, dass du einen brennenden Schmerz verspürst. Vielleicht hast du es schon einmal erlebt, dass du Zahnschmerzen hast, und es pocht die ganze Zeit. Oder du hast bohrende Schmerzen in der Hüfte. Das sind unterschiedliche Sinneswahrnehmungen, die jeder anders empfindet, die bei jedem das Gefühlsleben anders beeinflussen!

Unsere Sprache bietet viele Hinweise auf körperlichen Schmerz, in dem oft auch ein seelischer Schmerz verborgen ist. Vielleicht hast du etwas vom Folgenden auch schon einmal gesagt:

Halsschmerzen

„Mir bleiben immer wieder die Worte im Halse stecken.“

„Wenn mein Partner vor mir steht, traue ich mich nicht, das Thema anzusprechen.“

„Ich stecke bis zum Hals im Wasser.“

Herzschmerzen

„Das geht mir so zu Herzen, wenn ich nicht weiß, ob ich meinen Job behalten werde.“

„Das bricht mir das Herz, wenn mein Mann (oder Frau) das zu mir sagt.“

Knieschmerzen

„Das Leben zwingt mich gerade auf die Knie.“

Kopfschmerzen

„Ich zerbreche mir seit Tagen den Kopf über das Thema.“

„Mir brummt der Schädel, wenn ich nur an die Prüfung denke.“

„Ich fühle mich vor den Kopf gestoßen von meinem Chef.“

„Mich quält der Gedanke schon den ganzen Tag. Ich bekomme ihn nicht aus dem Kopf.“

Magenschmerzen

„Mir schlägt es auf den Magen, wenn mein Kind das zu mir sagt.“

„Ich habe eine Wut im Bauch, wenn ich an meinen Nachbarn denke.“

Nackenschmerzen

„Das sitzt mir seit vielen Monaten im Nacken.“

Nasenschmerzen

„Ich habe die Schnauze voll!“

Nierenschmerzen

„Mir geht das so an die Nieren, wenn ich nicht weiß, ob ich die Arbeitsstelle behalten kann.“

Rückenschmerzen

„Meine Chefin fällt mir vor anderen immer in den Rücken.“

„Ich mach mir den Rücken krumm, damit es meiner Familie gut geht.“

„Ich trage eine schwere Last auf meinem Rücken mit der Pflege meiner Eltern.“

Wie entstehen Schmerzen?

Das Schmerzzentrum Berlin gibt dazu folgende Antwort:

Damit man Schmerzen spürt, müssen sogenannte Schmerzfasern gereizt werden. Diese reagieren auf die schmerzauslösenden Einflüsse und leiten den Schmerz über Schmerzsignale weiter zum Rückenmark. Von dort werden die Signale an das Gehirn weitergegeben. Über einen komplizierten Verschaltungsweg wird dem Patienten somit bewusst, wo es ihm wehtut. Falls möglich, versucht der Körper automatisch, sich vor diesem Schmerz zu schützen.

Das Beispiel mit der Hand auf der heißen Herdplatte passt hier wieder sehr schön: Die Nervenfasern der Hand leiten das Signal „die Haut der linken Hand verbrennt gleich“ an das Rückenmark weiter. Direkt auf dieser Ebene wird ein Reflex ausgelöst, der dazu führt, dass die Hand automatisch blitzartig von der Herdplatte genommen wird. Gleichzeitig wird die Information an das Gehirn weitergeleitet und das Geschehen zusätzlich bewusst gemacht.2

Akuter Schmerz

„Akuter Schmerz wird durch äußere (zum Beispiel Verletzung) oder innere Prozesse (zum Beispiel Entzündung, Tumor, Verspannung) ausgelöst. Er ist zeitlich begrenzt, örtlich umschrieben und wird von einer Stressreaktion begleitet (Puls und Blutdruckanstieg, Schwitzen, Muskelanspannung). Der akute Schmerz hat eine Warnfunktion und ist biologisch sinnvoll. Er führt dazu, dass wir die Aufmerksamkeit auf eine Verletzung lenken“, schreibt Dr. Martin von Wachter in seinem Buch Chronische Schmerzen.3

Schmerz als Warnsignal

Jamilah wäre heilfroh, wenn sie Schmerz empfinden könnte. Doch sie gehört zu den wenigen Menschen weltweit, die keinen Schmerz empfinden können. Als Kind hat sie ihre Hand auf die Herdplatte gelegt und dabei keinen Schmerz empfunden. Wenn sie sich heute mit einem Messer in den Finger schneidet, sieht sie das Blut, doch auch hier empfindet sie keinen Schmerz. Sie merkt es nicht, wenn sie sich auf die Zunge beißt. Sie würde es noch nicht einmal merken, wenn sie sich ein Stück davon abbeißt. Das ist gefährlich, da sie nicht den Schmerz als „Warnsignal“ besitzt. „Stopp, höre auf, dir auf die Zunge zu beißen, ansonsten ist bald ein Stück davon weg!“

Jamilah empfindet niemals Schmerzen. Sie hat einen seltenen Gendefekt. Bestimmte Nervenfasern im Rückenmark, die normalerweise Schmerzsignale ans Gehirn senden, funktionieren nicht. Sie will ein ganz normales Leben führen, doch so einfach ist das nicht.4

Das heißt, der akute Schmerz hat eine hilfreiche Funktion. Ohne ihn würde unsere Hand verbrennen, wenn wir sie nicht rechtzeitig von der Herdplatte ziehen. Er warnt uns vor Gefahren. Er kann auch als „Schutzmantel“ dienen. Ich habe es oft nicht verstanden, warum ich nach einer Operation beim Zahnarzt, wenn ich eine Spritze erhalten habe, warten soll, bis die Wirkung der Spritze abgeklungen ist. Doch ein Grund ist, dass wir uns leicht ein Stück Zunge abbeißen können, da wir aufgrund der Spritze in dem Moment keinen Schmerz mehr empfinden. Vielleicht ist gerade alles ein wenig zu viel in deinem Leben, und dein Körper sehnt sich nach Ruhe, doch du erlaubst es dir nicht. Dann kann es gut sein, dass der Rückenschmerz dich vor noch mehr Stress warnen möchte und dich zum Ausruhen auffordern möchte. Immer wieder höre ich, dass mir Menschen sagen, die Grippe mit Magenschmerzen hat mir nicht gefallen, doch das Positive daran war, dass ich mich endlich mal in Ruhe ins Bett legen konnte. Erst bei Schmerz und Krankheit erlauben sich einige Menschen auszuruhen.

Wenn du jahrelang nicht gut mit dir und deinem Körper umgegangen bist, dich nicht bewegt hast, zu viel geraucht und Alkohol getrunken hast, wenn du dir zu viel Stress zugemutet hast, da du unbedingt noch eine „höhere Position“ erreichen wolltest, dann kann es sein, dass der Schmerz dir irgendwann zeigt: „STOPP! Wenn du so weitermachst, tut dir das nicht gut. Ich möchte dir helfen! Ich diene dir als Warnsignal. Ändere etwas, und ich gehe wieder! Ändere nichts, und ich bleibe oder werde stärker!“

Chronischer Schmerz

Schmerzen werden als chronisch bezeichnet, wenn sie nach Wegfall der akuten Ursache weiterbestehen oder länger als sechs Monate anhalten. Durch ständige Schmerzreize können sich die Nervenfasern dauerhaft verändern. Das Schmerzempfinden „brennt“ sich regelrecht in die Nervenbahnen ein. Es bildet sich das sogenannte Schmerzgedächtnis aus. Daraus resultiert, dass selbst schwache Reize als Schmerz empfunden werden. Die Schmerzen sind dann zu einer eigenständigen Erkrankung geworden, die oft schlimmer als die ursprüngliche Krankheit ist. Sie haben ihren Sinn als Warnsignal verloren.5

So das Schmerzzentrum Berlin. Millionen Menschen in Deutschland leiden an Schmerzen! Davon leben 3,25 Millionen mit chronischen Schmerzen, laut der Krankenkasse Barmer GEK im Arztreport 2016. Die Zahl der Schmerzpatienten sei seit 2005 kontinuierlich gestiegen. Damals waren 1,6 Prozent der Bevölkerung betroffen, 2014 waren es laut der Krankenkasse vier Prozent. Frauen leiden häufiger unter chronischen Schmerzen als Männer, Ältere öfter als Jüngere. Zudem gilt die Dunkelziffer von Betroffenen ohne einschlägige Diagnose als hoch.6

Du bist mit deinen Schmerzen nicht allein und musst sie nicht allein bewältigen. Es gibt so viele Menschen, die davon betroffen sind! Adressen von Verbänden, Ärzten und Selbsthilfegruppen findest du im Informationsteil.

Was für Arten von körperlichen Schmerzen gibt es?

Die Liste ist lang. Unter anderem:

Rückenschmerzen

Kopfschmerzen

Migräne

Muskel- und Gelenkschmerzen

Nackenschmerzen

Tumorschmerzen

Magenschmerzen

Endometrioseschmerzen

Regelschmerzen

Herzschmerzen

Knieschmerzen

Nierenschmerzen

Rheumaschmerzen

Ohrenschmerzen

Halsschmerzen

Phantomschmerzen

Nervenschmerzen

Zahnschmerzen

und noch viele mehr …

Der Schmerz wird unterschiedlich beschrieben. Bei manchen Menschen ist er pulsierend, pochend, ziehend, stechend, klopfend, dumpf – bei anderen drückt er, schießt oder brennt er. Er kann als schneidend empfunden werden, drückend, krampfartig oder beißend.

Seelischer Schmerz

Schon der Volksmund spricht vom „schmerzhaften Verlust“ eines geliebten Menschen. Nicht zu Unrecht, wie Messungen von Experten ergaben. Sie fanden heraus, dass bei körperlichen Verletzungen und sozialen Verlusten, z. B. eines wichtigen Menschen, die gleichen Hirnregionen aktiviert werden. Das heißt: Auch „seelischer“ Schmerz ist „echt“ und muss ermittelt werden.7

Selbstzweifel, die Angst zu scheitern, nicht gut genug zu sein, führten den Gitarristen der Band Rammstein, Richard Kruspe, an den Rand der Hölle. Rammstein ist die international erfolgreichste deutsche Band. Doch all der Erfolg machte ihn nicht glücklich!

Umso erfolgreicher wir wurden, umso unglücklicher wurde ich, weil das Problem nicht gelöst ist. Die Äußerlichkeiten betäuben dich und machen dich zu einem gewissen Teil auch glücklich in der Sekunde oder in der Stunde. Doch es hat keine langwierige Bedeutung für dich, für das Glücklichsein. Angst zu Scheitern. Angst, nicht gut genug zu sein, Selbstzweifel. Im Grunde genommen sind wir alle hier, um geliebt zu werden. Ich bin getrieben von der Sucht, wert zu sein. Es ist nie genug. Die Selbstzweifel sind jeden Tag da. Ich glaube, dass ich schon immer versucht habe, diese Aufmerksamkeit, die ich gebraucht hätte von meiner Mutter, diese Liebe, die ich teilweise nicht bekommen habe, dass ich versucht habe, diese Aufmerksamkeit durch andere Dinge zu bekommen. Man kommt immer wieder zurück zu der Zeit, zu der Mutter: Ich bin was wert, bitte beachte mich!

Mutig berichtet Richard Kruspe von seinen seelischen Schmerzen. Jahrelang hat er versucht, diese mit Drogen zu betäuben. Doch es hat nicht geholfen. Eine Therapie hilft ihm, einen besseren Umgang mit seinen seelischen Schmerzen zu finden.8

Schmerz und Psyche sind eng miteinander verbunden. Bei Trennungen höre ich oft Sätze wie: „Sie / er hat mir das Herz gebrochen.“ „Ich habe Herzschmerzen.“ Den Verlust eines geliebten Menschen zu erleben, sei es durch Trennung oder Tod, schmerzt stark.

Vor einiger Zeit war eine Frau in meinem Seminar, die erzählt hat, dass sie von einem Kollegen stark gemobbt wurde. Während sie es erzählt, fängt sie an zu weinen. „Ich dachte, ich würde keine Schmerzen mehr empfinden, doch es ist immer noch so stark, wenn ich nur daran denke.“ Viel Arbeit, ein hoher eigener Anspruch, ohne Vater aufgewachsen und dann auch noch der Kollege. „Er hat bei mir das Fass zum Überlaufen gebracht. Ich wusste nicht, wie ich mich wehren soll“, sagt sie und trocknet sich die Tränen. Das Gefühl des Ausgeliefertseins, diese Hilflosigkeit und Ohnmacht zu spüren haben ihr starken seelischen Schmerz bereitet.

Ein Klient von mir erzählt mir im Coaching, dass er starke Rückenschmerzen hat. Ich frage ihn, seit wann, und er erzählt mir: „Als kleiner Junge musste ich bereits früh auf meine jüngeren Geschwister aufpassen. Ich habe gekocht, Wäsche gewaschen und aufgeräumt. Meine Eltern waren beide arbeiten.“ Früh hat er viel – zu viel – Verantwortung auf sich genommen. Das hat er fortgeführt. Er wurde Führungskraft, hat Verantwortung für viele Mitarbeiter. Er will es allen recht machen und versucht, sich um alle und alles zu kümmern. Nach einer ärztlichen Untersuchung sagte der behandelnde Arzt: „Ich sehe bei Ihnen körperlich nichts.“ Die seelischen Schmerzen, die „Last der Verantwortung“ seit frühester Kindheit, haben sich auf seinen Körper übertragen. Rückenschmerzen waren die Folge.

3. Das schwierige Leben mit dem Schmerz

Für viele Angehörige und Freunde ist es am Anfang einer Krankheit selbstverständlich, sich um den lieben Menschen zu kümmern, der Schmerzen hat. Doch was ist, wenn die Schmerzen sich über Wochen, Monate und sogar Jahre ausdehnen? Wenn du einen Arm gebrochen hast und einen Gips hast, dann sieht dein Umfeld sofort: „Hier ist etwas nicht in Ordnung, dieser Mensch ist gerade nicht voll einsatzfähig – also Rücksicht nehmen.“ Doch wenn du keine „äußerlichen Merkmale“ hast, kann es auf Dauer schwierig für dein Umfeld werden, dies zu verstehen.

In meinen Seminaren berichten mir Teilnehmer mit Schmerzen von Aussagen, die sie gehört haben:

„Hast du das immer noch? Ich sehe gar nichts!“

„Kann man da gar nichts machen?“

„Wieso änderst du nicht einfach etwas?“

„Jetzt stell dich nicht so an!“

„So schlimm kann es doch gar nicht sein, du läufst doch ganz normal!“

„Streng dich doch ein bisschen mehr an, dann wird es schon wieder!“

„Ach, das kenne ich … (es folgt oft ein langer Dialog voll mit Ratschlägen).“

„Reiß dich mal am Riemen!“

„Weißt du, was ein Hypochonder ist?“

„Ach, der will doch nur Aufmerksamkeit!“

„Das bildest du dir doch nur ein!“

„Du bist viel zu sensibel!“

„Es nervt langsam. Du immer mit deinen Schmerzen“

„Vor einer Stunde hattest du doch noch gar keine Schmerzen.“

Wenn du mit Schmerzen lebst, ändert sich dein Leben. Es kommen so viele Einschränkungen in alltäglichen Dingen auf dich zu, die vorher oft selbstverständlich waren, über die du nicht nachgedacht hast. Auch als Angehöriger ist es oft eine große Herausforderung, mit den Schmerzen eines geliebten Menschen umzugehen. Überforderung, Hilflosigkeit und Ohnmacht herrschen oft auf beiden Seiten! Einige Herausforderungen von Menschen mit Schmerzen habe ich im Folgenden aufgeführt.

Bewegungslos – antriebslos – aussichtslos

Er nähert sich dir langsam. Ihr kennt euch. Zwei alte Bekannte, die sich wiederbegegnen. Es ist, als ob du nach Jahren einen Klassenkameraden triffst, der dich schon immer genervt hat, und du hast keine Lust auf ein Wiedersehen. Doch eure Blicke treffen sich. Er kommt dir freudig, unaufhaltsam entgegen. Es ist zu spät, die Straßenseite zu wechseln. Ein flüchtiges „Na, wie geht es dir? Danke, mir auch gut. Ich muss dann mal weiter“ akzeptiert er nicht. Er bleibt einfach stehen. Folgt dir, als du weitergehst. Weicht dir nicht von deiner Seite. Penetrant, ignorant, arrogant! Du rennst. Leicht rennt er hinterher. Du bist außer Atem. Schließt die Augen, bewegst dich nicht in der Hoffnung, dass er weitergeht. Spöttisch lächelnd mit dem Wissen: „Egal, was du tust, ich bleibe bei dir“, schaut er dich an. Du gibst auf. Jede Energie weicht aus dir und mit ihr dein Mut. Antriebslos, mühevoll das Nötigste erledigen, dann wieder ab ins Bett. Bewegungslos bleibst du liegen. Es ist aussichtslos. Der Schmerz hat dich in seinen Klauen und gibt dich nicht wieder frei. Du fühlst dich ohnmächtig. Du erstarrst!

Schlafstörungen

„Seit Wochen schlafe ich keine Nacht mehr durch. Ich bin so verzweifelt. Wenn ich daran denke, dass ich das jetzt vielleicht für immer haben werde, gerate ich in Panik. Ich nehme Schlaftabletten in der Hoffnung, dass ich durchschlafe. Leider ohne Erfolg. Die Schmerzen wecken mich auf. Ich bin tagsüber nervös und müde.“

Der Schmerz entscheidet, was du machst.

„Kommst du in zwei Wochen zu meiner Geburtstagsfeier?“ Wenn diese Frage eine Freundin stellt, ist es für die meisten Menschen einfach, zu antworten. „Ja“, antwortest du, wenn du Lust und Zeit hast, „Nein“, wenn es nicht so ist. Für Menschen mit chronischen Schmerzen kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu: „Wie sind meine Schmerzen an dem Tag?“ Der Schmerz steuert deinen Tag. Er hat dich im Griff!

Was früher ging, geht heute nicht mehr.

„Gejoggt bin ich mindestens dreimal pro Woche. Es hat mir geholfen, mich zu entspannen. Das kann ich jetzt nicht mehr. Für mich das Schlimmste an meiner Krankheit. Viel schlimmer als der Schmerz.“

Planen und vertrauen fällt schwer!

Eine Teilnehmerin erzählte mir, dass sie mit ihrem Mann schon lange eine Reise geplant hat. Sie wollen auf ein Schiff und eine dreiwöchige Kreuzfahrt machen. Es soll die erste in ihrem Leben sein. Wenn die Schmerzen nicht so stark sind, kann sie das gut machen. Doch was ist, wenn die Rückenschmerzen zu stark sind? Dann möchte sie die Reise auf keinen Fall antreten. Seit zwei Jahren quält sie der Gedanke, dass sie niemals ihren Traum und den ihres Mannes erfüllen kann. Die Angst, der Schmerz könnte zu groß werden und sie ist auf dem Boot ohne ihre vertraute ärztliche Betreuung, ist zu groß. Ihr Mann versteht das nicht. „Es gibt an Bord einen Arzt, und du kannst doch genügend Schmerzmittel mitnehmen“, sagt er zu ihr. Doch sie möchte nach einer langen „Ärzte-Odyssee“ und den gefühlten 100 Mal, die sie ihre Geschichte jetzt schon erzählt hat, nicht noch einmal alles erzählen. Viele Ärzte haben sie mit ihren Schmerzen nicht ernst genommen. Seit sie bei der Schmerzärztin ist, fasst sie wieder langsam Vertrauen. „Es gibt niemanden, mit dem ich darüber reden kann.“

„Ohne Schmerzmittel gehe ich nie aus dem Haus.“

Dies teilt mir eine junge Frau mit. „Es kann sein, ich sitze im Büro, und plötzlich geht es los. Wenn ich dann nicht sofort Schmerzmittel nehme, wird es unerträglich. Inzwischen habe ich in jeder Jackentasche, im Auto und in allen Handtaschen welche. Selbst in meiner Sporttasche sind sie. Auch im Büro habe ich immer genügend Schmerzmittel.“

Angehörige pflegen und begleiten oft selbst bis zur eigenen Erschöpfungsgrenze.

„Meine Familie macht alles für mich. Meine Frau und mein Kind sind rund um die Uhr für mich da. Ich mache mir manchmal Sorgen um die beiden. Mein Kind sollte sich mit ihren Freundinnen treffen und nicht ihren Papa zum Arzt begleiten. Meine Frau schläft kaum eine Nacht durch. Doch sie will nicht, dass wir uns Hilfe holen. Sie wirkt sehr erschöpft.“

Selbstmitleid und Opferrolle

„Mit meiner Freundin gibt es kaum ein anderes Thema mehr. Alles dreht sich um ihre Krankheit. Es gibt Momente, da denke ich, es gefällt ihr, ständig im Mittelpunkt zu stehen. Sie bekommt von allen so viel Aufmerksamkeit. Wenn es mal nicht um sie geht, sondern um meine Themen oder die unserer Freunde, fängt sie gleich wieder an, von sich zu erzählen. Dann zerfließt sie vor Selbstmitleid. Doch wehe, wenn jemand dazu was sagt. Dann fängt sie an zu weinen und sagt, sie wünscht niemandem das, was sie erleben muss. Natürlich wünsche ich ihr das auch nicht. Doch der Fokus ist nur noch auf dem Schmerz und der Krankheit. Das hört sich merkwürdig an, doch ich glaube, manchmal möchte sie gar nicht wieder gesund werden. In der Opferrolle bekommt sie mehr Aufmerksamkeit als zuvor.“

Verdrängen

„Keiner soll mir anmerken, dass es mir nicht gut geht. Ich versuche, das zu verdrängen, indem ich mich in meine Arbeit stürze.“

Konzentrationsschwierigkeiten und Nervosität

Da oft die volle Konzentration auf den Schmerz gerichtet ist, fällt es einigen Schmerzpatienten schwer, sich auf anderes zu konzentrieren.

Rückzug – Einsamkeit

Menschen mit chronischen Schmerzen erleben oft nicht nur körperlichen, sondern auch seelischen Schmerz. Sie fühlen sich unverstanden, ziehen sich zurück. Dadurch, dass es wenig soziale Kontakte gibt, fühlen sie sich einsam. Gefühle wie Angst, Trauer, Wut und Aggressionen bis hin zur Depression sind nicht selten. Die Lust am Leben geht verloren. Es wird nur noch das gesehen, was nicht geht, und nicht mehr das, was noch möglich ist. Oft gibt es Konfliktsituationen am Arbeitsplatz und im Privatleben. Unsicherheit und Hilflosigkeit sind oft aufseiten des Schmerzpatienten und deren Angehörigen zu finden.

Zu den genannten Herausforderungen kommen noch weitere hinzu!

Kennst du das? Du hast körperliche Schmerzen. Doch nicht genug damit, es kommen noch zusätzlich Gedanken hinzu, die dir seelische Schmerzen zufügen!

Schmerzverstärkende Gedanken, die bei Schmerzpatienten auftreten, können sein:

„Muss ich das jetzt mein Leben lang ertragen?“

„Was passiert, wenn ich meinen Arbeitsplatz verliere? Ich habe Angst vor sozialem Abstieg.“

„Ich halte das nicht mehr aus.“

„Niemand versteht mich.“

„Ich habe Angst, meinen Partner zu verlieren.“

„Ich kann mit niemandem darüber sprechen.“

„Was, wenn ich mich bald gar nicht mehr bewegen kann?“

So, wie das Schmerzempfinden durch Gedanken verstärkt werden kann, so kann es mit schmerzlindernden Gedanken auch gesenkt werden. Solche schmerzlindernden Gedanken können z. B. sein:

„Ich weiß nicht, was in ein paar Monaten ist. Ich lebe heute und vertraue darauf, dass ich einen Weg finden werde, mit diesen Schmerzen zu leben. Ich sehe auch die Möglichkeit, dass es mir eines Tages besser gehen wird.“

„Ich weiß nicht, ob ich meinen Arbeitsplatz halten werde. Doch ich mache mir darüber heute noch keine Gedanken. Ich vertraue darauf, dass es eine Lösung für mich geben wird.“

„Gerade ist es sehr schmerzhaft, und ich habe Angst, dass ich es nicht mehr aushalte. Doch ich habe auch Hoffnung, dass es besser wird.“

„Meinem Umfeld fällt es schwer, meine Situation zu verstehen. Doch ich weiß, es gibt Menschen, die das tun. Vielleicht finde ich diese in einer Schmerz-Selbsthilfegruppe.“

„Ich habe Angst, meinen Partner zu verlieren. Ich werde ihm dies mitteilen und mir erlauben, dass auch die Möglichkeit besteht, dass er bei mir bleibt.“

„Ich suche mir jetzt einen Schmerzarzt, mit dem ich über meine Krankheit sprechen kann. Vielleicht kennt er eine Schmerz-Selbsthilfegruppe oder eine gute Therapeutin.“

„Heute kann ich mich bewegen. Ich freue mich auf jeden weiteren Tag, an dem es geht!“

Hast du auch schmerzverstärkende Gedanken? Wenn ja, werde dir ihrer bewusst und notiere sie hier:

Wie kannst du diese in schmerzlindernde Gedanken umformulieren?

TEIL II: DEM SCHMERZ BEGEGNEN – ÜBUNGEN ZUM UMGANG MIT SCHMERZEN

4. Diagnose

„Manchmal haben wir die Kraft, ‚Ja‘ zum Leben zu sagen. Dann kehrt Frieden in uns ein und macht uns ganz.“

– Ralph Waldo Emerson

Angenommen, du hast ein Familienmitglied, mit dem du keinen Kontakt mehr hast. Sagen wir, es ist dein Vater. Ihr seid im Streit auseinandergegangen. Selbstverständlich kannst du entscheiden, wie du dich verhältst. Ignorierst du das Problem? Sprichst nicht mehr darüber und begräbst es in deinem Inneren? Oder schaust du es dir an? Fragst dich vielleicht, was zu dem Streit geführt hat? Oder schließt du Frieden, entweder im außen mit dem Vater oder innerlich für dich? Egal, was du machst und wie es ausgeht, er wird immer dein Vater bleiben.

Genauso ist es mit dem Schmerz. Auch hier ist es deine Entscheidung, wie du damit umgehst. Ignorierst du ihn? Betäubst du ihn? Schaust du dir ihn an? Setzt du dich mit ihm auseinander? Fragst dich, was er dir sagen will? Oder versuchst du, Frieden mit ihm zu schließen? Egal, was du machst, er ist da. Wenn er nun einmal da ist, kann es hilfreich sein, ihn sich näher anzuschauen, ihn kennenzulernen. Und vielleicht gibt es etwas dabei zu entdecken.

Kennst du deinen Schmerz? Hast du dir schon einmal Zeit genommen, ihn dir genauer anzuschauen? Im Lauf der Jahre habe ich die Erfahrung gemacht, dass es vielen Menschen hilft, sich mit ihrem Schmerz auseinanderzusetzen. Es lohnt sich, ihn genauer zu beobachten und ihn besser kennenzulernen. Wer ist er? Wie genau fühlt er sich an? Was will er mir mitteilen? Werde dir deiner selbst durch den Schmerz noch bewusster. Da der Schmerz ein Teil von dir ist, ist es hilfreich, ihn anzunehmen und ihn kennenzulernen. Ich sage nicht, dass es immer einfach ist! Doch wenn du es nicht versuchst, wirst du es nicht herausfinden. Eine gute Portion Ausdauer, Neugier, Geduld und Mut sind hilfreich dafür!

Ein guter erster Schritt, um dein Schmerzempfinden besser kennenzulernen, ist die Schmerzskala 0–10: Schmerz können wir nicht messen, und das Schmerzempfinden ist bei jedem Menschen anders. Aus diesem Grund wird in der Medizin seit vielen Jahren mit der „Schmerzskala“ zur subjektiven Schmerzbeurteilung gearbeitet. Hier gibt es verschiedene Modelle. Ich bevorzuge die „Skala 0–10“.

Frage dich: „Wie stark ist mein momentaner körperlicher / seelischer Schmerz auf einer Skala von 0–10?“

Es kann dabei hilfreich ein, körperlichen und seelischen Schmerz zu unterscheiden.

Wenn du magst, schreibe es dir auf. Am Abend schaust du auf den Tag und fragst dich, wie stark der Schmerz am heutigen Tag war. Vielleicht war er morgens bei einer 8 und abends nur bei einer 4. Dann schreibe es auf. Vielleicht war er am ganzen Tag gefühlt bei einer 7. Schreibe es so auf, wie du es empfindest. Am Sonntag schaust du deine Schmerzskala der letzten Woche an. Vielleicht merkst du dann, dass du am Sonntag den Eindruck hast, jeden Tag der Woche auf der 8 gewesen zu sein. Tatsächlich jedoch gab es an vielen Tagen auch Momente, in denen es dir besser ging. So bekommst du im Lauf der Zeit ein Gespür dafür, wie stark dein Schmerz ist.