Mondfinsternis - Lilly Sauter - E-Book

Mondfinsternis E-Book

Lilly Sauter

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Beschreibung

Lilly Sauter (1913-1972) war eine Persönlichkeit von außergewöhnlicher Vielseitigkeit. Als Kulturjournalistin, Übersetzerin und Schriftstellerin, als Ausstellungskuratorin für das Französische Kulturinstitut in Innsbruck sowie als Kustodin auf Schloss Ambras hat sie dem Tiroler Kulturleben der 1950er und 1960er Jahre entscheidende Impulse gegeben. Mit diesem Band wird eine Auswahl ihrer vergriffenen schriftstellerischen Arbeiten wieder zugänglich: Neben der Novelle Mondfinsternis, einem ihrer schönsten Prosawerke, finden sich darin viele ihrer Gedichte u. a. zur klassischen französischen Moderne, in denen sie Bildende Kunst in Sprache übersetzt hat. Weitere Gedichte und Erzählungen sowie Aufsätze zur Kunst und Literatur ihrer Zeit sind hier zum Teil erstmals veröffentlicht.

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Seitenzahl: 321

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Titel

Lilly Sauter

Mondfinsternis

Ausgewählte Werke

Herausgegeben von Karl Zieger und Walter Methlagl

unter Mitarbeit von Verena Zankl und Christine Riccabona

Mit einem Beitrag von Sir Ernst Gombrich

Mondfinsternis

Novelle

Immer noch vermag ein Wort Beschwörung zu werden, immer noch vermag es, mitten zwischen Telefongesprächen, Zeitungsartikeln und dem Geräusch redender Menschen einen Kreis des Schweigens um sich zu ziehen, den nichts anderes erfüllt als sein eigener Klang. Namen besitzen diese beschwörende Kraft leichter noch als andere Worte, und bei fremden Namen verbindet der Klang sich mit Bildern der Fremde, die aus wirklich Gesehenem und ahnend Geträumtem merkwürdig gemischt sind. Ich weiß nicht, was Fabrizius vor sich sah, als er dreimal hintereinander „Castell’alto“ murmelte. Für mich selbst hat das Wort eine so vielfältige Bedeutung bekommen, daß ich nicht mehr imstande bin zu sagen, wohin es meine Gedanken führte, als ich ihm zum erstenmal begegnete. Ich weiß nur, daß ich mich in den magischen Kreis hineingezogen fühlte und daß auch Fabrizius ungeduldig und ärgerlich die Stirn runzelte, als ich ihm den Hörer hinüberreichte und sagte: „Stuttgart ruft.“ Dabei kam mit diesem Anruf ein Geschäft zum Abschluß, auf das er viel Mühe verwendet hatte aber Fabrizius konnte Geschäfte vergessen, darin lag, so seltsam das klingen mag, seine Stärke. Die Objekte, mit denen er handelte, die Kunstwerke, die seine Galerie füllten, konnten seine Aufmerksamkeit so völlig in Anspruch nehmen, daß es zeitweise unmöglich war, mit ihm über anderes zu sprechen als über die Werte von Farben und Formen. Daß manche kleineren geschäftlichen Vorteile ihm dabei vielleicht entgingen, wurde reichlich wettgemacht durch die Anziehungskraft, die sein Verhalten auf Künstler ausübte. Sie sahen ihn wirklich unter dem Bann ihrer Werke stehen, und zwar von dem Augenblick an, wo er meinte, echte Qualität zu spüren, und sie übergaben ihm ihre Bilder leichter und rascher als den meisten anderen Kunsthändlern.

Auch ich genoß die Freude ungetrübt, Fabrizius auf den Anruf eines Werkes, ja eines einzelnen Wortes reagieren zu sehen. Denn vergaß er dabei absichtslos manche geschäftlichen Angelegenheiten, so gab er mir mit voller Absicht die Möglichkeit, sie zu vergessen, indem er sie nicht näher mit mir besprach. Wir planten dafür die Ausstellung gemeinsam bis in die letzte Einzelheit, und noch während seines Gesprächs mit Stuttgart schob er mir den Brief herüber, der das Wort „Castell’alto“ an diesem Morgen zu uns gebracht hatte. Es war Georg Pracks Handschrift, und der Fetzen schlechten Papiers, irgendwo herausgerissen, wurde durch die Form der Buchstaben, die Stellung der Worte, das Gesicht der Zeilen verwandelt in einen notwendigen, schönen und geordneten Hintergrund.

„Merk Dir’s“, stand auf dem Zettel, „es geht nicht ohne Natur. Nicht die Postkartennatur, die man uns jetzt vor die Nase hält im 3×4-Meter-Format, die richtige, bei der man immer wieder anfangen muß. Nicht bei den (noch dazu schlecht gemalten!) Punkten und Dreiecken, die Du mir gezeigt hast. Aus lauter Protest gegen das andere. Nur Protest ist kein Grund, zu malen. Nicht einmal jetzt. Ich habe keine Farben da, aber ein paar Stifte, und ich zeichne ununterbrochen, sobald ich eine freie Minute habe. Nach der Natur, wie ein braver Schüler. Aber was ist das für eine Natur hier in Castell’alto, was ist das für ein Modell! Ich werde die Blätter hierlassen müssen und sie später einmal holen. Brauchen werde ich sie kaum. Was mir durch die Finger gegangen ist, bleibt mir ohnehin im Kopf hängen. Bis ich zurückkomme, sind wir dann um die Wette „abstrakt (Du wirst sehen, das gilt dann als das einzig Wahre), aber paß auf, ob es sich nicht doch lohnen wird, daß ich weiß, wie ein Ast ansetzt oder die Beuge eines Armes.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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