Mondinschein und Sein - Rainar Nitzsche - E-Book

Mondinschein und Sein E-Book

Rainar Nitzsche

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Beschreibung

Und weiter geht unsere Reise durch fantastische Nachtwelten. Wandelten wir in den Geschichten der ersten beiden Bänden der Mondintrilogie (Ruf der Mondin, Im Licht der Vollen Mondin) noch halbwegs auf festem Boden, so heben wir nun gänzlich ab in die Traumgefilde von Märchen und Anderswelten. Ja, dorthin träumen wir uns, nach irgendwo und irgendwann. Und kehren nie mehr zurück? Die Texte Die 186 Kürzestgeschichten und Gedichte sind thematisch folgenden Kapiteln zugeordnet: Die dritte Mondin, Prolog im Park, Innenraum 1, Noch Mensch? - Noch Mensch!, Innenraum 2, Irgendanderswo (Mit allen Beinen fest auf dem Boden, Wasser ist unser Leben, In die Lüfte, Feuer und Flamme sein, Von Göttern, Engeln und Dämonen), Traumprogramm, Innenraum 3, Keine Mondin, Wie alles begann, Nachwort. Amok Rasend durchrennst du die Nacht, Raketenleuchten in deinen Augen. RAUS! RAUS!, schrie es in dir. Diesem Ruf konntest du einfach nicht widerstehen. "He du! Hast's aber eilig!", lallt irgendwer an einer Ecke. Nur kurz zuckt deine Hand im Lauf. Etwas blitzt im bunten Silvesterreigen. Schon weit, weit hinter dir sinkt röchelnd irgendwer zu Boden. Grau strömt sein Blut aus zerfetztem Hals. Du aber rennst noch immer durch deine Mutter Nacht. Und nichts hält dich auf in deinem Lauf. So viele begegnen dir. Und alle lässt du sterbend zurück. Wie seltsam, du wirst nicht müde! Oder ist alles nur ein Traum, Rollenspiel, Simulation?, fragst du dich einen winzigen Augenblick lang. Liege ich irgendwo in einem Labor oder einfach nur zuhause, mit dem "Stecker" im Kopf, und tue, was "Amok" befiehlt? Hummelflug Ich fliege!, denkst du. Ich fliege singend aus eigener Kraft, mit meinen Flügeln fliege ich empor. Und du hast Glück. Oder ist es dein lautes Summen? Denn niemand von den Menschen dieser kleinen Stadt und auch nicht die schnappenden Kiefer des Schäferhundes dort auf der Terrasse noch ein Vogel aus leuchtendem Himmel hält dich brummende, summende Hummel auf, die du durch das offenstehende Fenster die kleine Wohnung verlässt und nun aufsteigst ins Blau, ins Licht des Frühlingstages. Ich fliege! Staunen. Das ist Leben, das ist Lust, das ist Himmel und Erde. Jetzt bin ich Frau und eins, zurückgekehrt. Und diese Farben, diese Bilder, dieser Klang, dieser Duft, die ... Da hört das Sprechen und Denken der Menschenseele im Hummelkörper auf. Sie aber fliegt weiter, erinnert sich nicht, denn Hummel ist Hummel ist Hummel.

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Rainar Nitzsche

Mondinschein und Sein

Fantastische Nachtgeschichten

Allen Freunden in Kaiserslautern und den anderen Städten dieser ErdeBookRix GmbH & Co. KG80331 München

Die dritte Mondin

Im Dunkel leben,

im Dunkel tun, was wir können

- das soll sein.

 

Gottfried Benn: Die Stimme hinter dem Vorhang

 

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

weiter geht unsere Reise durch die fantastischen Welten der Nacht, in der unsere Mondin dort oben ewig und unveränderlich rund und voll erstrahlt. Das ist das Sein im Mondinschein.

Eine erste Sammlung von Geschichten erschien am 7.8.92 unter dem Titel Ruf der Mondin. Am 16.11.96 folgte dann die zweite mit dem Titel Im Licht der Vollen Mondin. Nun liegt die dritte Sammlung vor. Es handelt sich um Nachttexte aus 20 Jahren, kurze Prosa sowie auch Lyrik. Angeordnet sind sie grob thematisch in wenigen größeren Kapiteln, innerhalb dieser dann einfach alphabetisch nach Titeln sortiert.

Nun aber zum Inhalt: Seltsame Dinge geschehen da in den Zimmern und auf den Straßen der Stadt, auf den Wiesen und im Wald. Begeben wir uns auf die Reise von innen nach außen ins Irgendwo. Längst haben wir die Menschenwelt verlassen und erwachen in den Körpern von Tieren auf dem Land, im Wasser und in den Lüften der Erde. Andere Wesen aber existieren in unseren Träumen, Sagen, Märchen und Mythen. Da sind Götter und Göttinnen, Engel und Dämonen, Drachen und Elben. Doch wir begegnen auch dem Vampir, Nosferatu, und einem Dichter namens Edgar Allan Poe. Sie alle folgen der Mondin Ruf, und einige von ihnen rufen die Lebenden in den Tod.

Erinnern wir uns an den Rahmen der ersten Mondin-Bände. Einst saß da ein junger Mann auf einer Bank im Park unter ihrem Licht. Träumt nun nicht auch ein Penner, der ihn fand (ATON - Vater Sonn), und wenn ja, wovon? Oder aber erträumt sich der eine die Nacht und der andere den Tag? Und was ist mit den Frauen und Kindern, den Tieren und Pflanzen? Und lebt dieser junge Mann nicht auch zugleich unter anderen Namen andernorts in anderen Körpern? Erträumte ich ihn nicht eins mir selbst?

So viele Wesen und Räume und Zeiten! Und alles entwickelt sich nach überallhin. Ungeheuer sind diese Welten - ja, auch mir! - ungeheuer kompliziert, verschachtelt. Alles hängt mit allem zusammen. Also wollte ich die Geschichten auch verknüpfen, gut gedacht und nicht vollbracht. Denn da blickt so ein kleiner Rainar einfach nicht mehr durch. Und so sind es einfach kurze Geschichten, die alle eins gemeinsam haben: die Nacht, in der eine Volle Mondin scheint. Dies nur und nicht mehr?

 

Prolog im Park

Wenn einer zur Mondin kommt

so fragt ihn diese:

»Wer bist du?«

 

Dann soll er antworten:

»Ich bin du ...«

 

Wenn er so spricht

dann lässt ihn die Mondin

über sich selbst

hinausgelangen

 

Die Upanischaden

 

 

Seltsam. Dort sitzt gar kein junger Mann auf einer Bank im Park. Andererseits, so seltsam ist das auch wieder nicht, denn es sind Jahre vergangen - da wird Mann einfach alt. Doch er sitzt da noch immer - oder aber schon wieder?

Schon lange wächst dort im Zentrum kein Rosendickicht mehr. Jetzt sind es bunte Blumenbeete und ein sich kreuzender Weg aus Pflastersteinen. Auch ist es ja gar kein Park - da sieht man mal wieder, wie die Dichter lügen! -, sondern ein kreisrunder Platz.

Nein, die Bänke sind noch die alten - gut, älter geworden, aber noch dieselben. Abgesägt sind die Platanen, neue Triebe zahlreich emporgeschossen und schon ein wenig grün. Auch die Hecken zwischen den Bäumen wurden gestutzt. Ein warmer Tag im Mai mit Hochsommertemperaturen nach der eisigen Kälte im Frühling, dieses Jahr wieder wie im letzten Jahr. Wahrlich gewandelt haben sich die Zeiten.

Frühlingswetter, an das du dich erinnerst, hat es nie gegeben, glaubst du den Wetterfröschen im Fernsehen, die immer wieder versichern, dass alles schon immer so war - vermutlich auch Schnee im August - und das in der Pfalz, also mitten in Europa. Nein, nicht in der Eiszeit, sondern Ende des 20. Jahrhunderts christlicher Zeitrechnung. Andererseits sollen wir laut Wissenschaft gerade eine Kaltzeit haben, die überdeckt wird von der globalen Erwärmung, verursacht durch vielerlei Gase und Staub.

Oder 30 °C im Schatten an meinem Geburtstag, fällt ihm ein, dem doch noch nicht so alten Mann, der jetzt am späten Nachmittag dort auf einer der vielen Bänke sitzt. Er lächelt und glaubt immer weniger, was andere ihm erzählen. Alles Lüge, denkt er, systemimmanent: Wer rechts ist, schaut nur nach links und umgekehrt. Wer was hat, will es behalten - und mehr, immer mehr haben, haben, haben! Wer nichts hat, will auch was und alles anders machen, bis er endlich selbst was hat. Hast du was, hast du Probleme. Hast du nichts, hast du nur dieses eine Problem. Ach, Lügen gibt es ja gar nicht mehr, »Unwahrheiten« heißt das jetzt in Neudeutsch. Und einer, der gelogen hat, machte nur einen Fehler. Und niemand hat mehr Macht, nur noch Verantwortung, was immer das auch heißen mag. Die trägt er natürlich nur so lange, wie nichts passiert und niemand daran erinnert. Aber das ist ja nur Politik und Alltag der Gegenwart. Das interessiert doch wirklich morgen niemanden mehr.

Warum er lächelt beim Gedanken an Hochsommerwetter am Tag seiner Geburt, willst du wissen?

Nun, weil er am dritten nicht existenten Weihnachtsfeiertag geboren wurde, spät in der Nacht, zwei Wochen und somit ein Jahr zu früh, konnte es wohl gar nicht erwarten, hier auf dieser Welt zu erscheinen. Das war mein erster großer Fehler, fiel ihm später mal ein, dem viele, viele folgen sollten. Deshalb also lächelt er nun und schließt die Augen und öffnet sie wieder und sieht ...

Dort gegenüber auf einer anderen Bank klettert ein kleiner Junge herum, vielleicht 5 Jahre alt. Zu weit entfernt, um sein Gesicht erkennen zu können, aber er kommt ihm irgendwie doch bekannt vor. Und dann sitzt dort rechts auf einer anderen Bank ein alter Mann, so um die sech... - 65, fällt ihm seltsamerweise ein. Weiter links sieht er einen jungen Mann von 15 und einen Greis von 85 und ein schreiendes Baby, 5 Monate alt und ganz allein. Und dort, das bin doch ich als Student, 25 Jahre jung und nicht mehr weit vom Diplom entfernt! Seltsam, denkt er, überall steckt da diese »Vier” im Alter drin, als habe sich das irgendwer ausgedacht, bin ich doch selbst jetzt 55. Nein, das kann wirklich kein Zufall sein!

Dann schauen alle sieben, jung und alt und älter, auf. Sie drehen ihre Köpfe und sehen sich an. Alle stehen sie von den Bänken auf, auch das Baby schwebt da. So erheben sich sieben Menschen, verlassen sieben Bänke jetzt gegen Abend auf einem ansonsten menschenleeren kreisrunden Platz. Sie krabbeln, rennen, gehen, schreiten langsam und bedächtig, streben alle dem Zentrum des Platzes zu. So kommen sich die Sieben einander näher. Staunend berühren sie sich und begreifen, dass sie alle nur einer sind. »Du!”, stammeln, sprechen, rufen die Älteren und nehmen die Jüngeren in ihre Arme. Die antworten nicht, sind ganz still und scheinen doch alles zu verstehen.

Und es herrscht schwarze Nacht über dem Zentrum des Platzes in dieser einen Stadt. Keine Sterne und keine Mondin und auch kein anderes Licht irgendwo. Schwärze ist, als wir alle zu einem werden, das leuchtend und singend emporsteigt.

Andere Menschen gehen zu anderer Zeit vorüber. Sie sehen Sterne funkeln und eine leuchtende Scheibe und warten doch auf die vielen bunten kurzlebigen Lichter des großen Feuerwerks zum Beginn der Maikerwe.

»Guck mal da!«, zeigt ein Mädchen empor, »Mutti, die Mondin ruft!« Sie schließt die Augen und sieht einen Jungen dort oben als Schatten in ihrem Licht stehen und winken, einen Jungen, der Gestalt und Größe blitzschnell - in der Dauer eines Augenzwinkerns - zu wechseln scheint. Er winkt ihr zu und lockt.

Sie aber schüttelt nur den Kopf. Nein, nein, darauf fällt sie nicht rein, sondern öffnet ihre Augen und geht weiter mit Mutti und Vati - anderen Verlockungen entgegen.

Innenraum 1

Alles bewegt sich

nach innen

Immer weiter

näherst du dich dir

 

Einst draußen auf einer Bank im Park

Dann in deinem Zimmer unter dem Dach

Und nun?

 

Hinein in deinen Geist

deine Seele

deine Träume

deine Fantasie

Noch Mensch? - Noch Mensch!

Schau die Volle Mondin

schimmernd durch das Wolkenmeer!

 

Schau uns an

am Waldesrand auf bleichen Wiesen!

 

Still huschen wir dahin

durch Straßen und über leere Plätze

 

Wach auf

Und -

stirb!

 

 

A wie Anfang oder R wie Rahmen?

Du öffnest deine Augen: Wo bin ich?

Schwärze, leuchtende Punkte dort oben und eine Scheibe aus Licht.

Also ist Nacht über der Erde, die Volle Mondin leuchtet über dir, du schaust dich um.

Unter dir, neben dir und überall wachsen Gräser, zirpen Heuschrecken und Zikaden, laufen und lauern Wanzen, Käfer und Spinnen.

Du lauschst, du schaust, du versinkst in der Tiefe der Nacht.

Irgendwo in weiter Ferne heulen Wölfe.

Wölfe!? Wann bin ich überhaupt?, wunderst du dich, wo und wann und wie ...?

Dann endet dein Gedankenstrom. Schwärze fällt aus dunkler Nacht.

Du aber bist nicht tot. Du schläfst. Du träumst von einem jungen Mann in einem kleinen Zimmer unter dem Dach. Schau, dort liegt er auf seinem Bett. Ja, so ergeht es einem, wenn man müde ist und einer Entspannungscassette lauscht, gar noch ein paar Übungen mitmacht! Da schläft man ein, und dann ... kommen die Träume. Einer handelt von einem jungen Mann, von dir selbst auf einer Bank im Park - und von dir, der du auf nassen Straßen im Dunkeln durch eine ausgestorbene Stadt wandelst. Dinge geschehen. Schreie und Stöhnen. Es sind Menschen, die da blutend sterben. Manche Taten geschehen hinter erleuchteten Fenstern in Zimmern oder im Dunkel der Räume dort drinnen, andere aber hier unten auf den Straßen. Du träumst von den Wiesen dort draußen am Rande der Stadt, am Rande des Waldes und jenseits, wo die Wälder enden, wo die Wiese einen anderen Namen trägt - Prärie - und sich endlos erstreckt. Diese Weiten! Du träumst von stillen schlafenden Seen, von anderen Welten, Welten, die es einst gab, die es in anderen Universen gibt, und von denen, die »nur« in den Träumen der Menschen existieren, in Märchen und Geschichten, in Hörspiel, Film und Computerspiel.

 

 

Allein

Nachts allein im Gebirge, im Winter, im Schnee.

Da stehst du also, bewegst dich und schaust noch immer empor ins Licht der Vollen Mondin. Denn so lange sie scheint, ist Licht, also Hoffnung und Leben. Dabei ist dir, als hättest du all dies schon einmal erlebt, und sowas nennt man ja bekanntlich ein Déjà-vu-Erlebnis. Damals aber warst du nicht in den Bergen, sondern bei dir zuhause. Ja, jetzt fällt es dir wieder ein. All das sahst du doch einst einmal im Fernsehen: Ein anderer, jüngerer Mann ging verloren und musste in der Kälte überleben. Und er tat es. Aber das Schlimmste, sagte er dem Notrufteam, war die Zeit, als der Mond (so nannten sie seltsamerweise dort die Mondin) unterging. Vorher war es hell, aber dann nur noch Schwärze. Also stand er zunächst in der Kälte und bewegte sich. Später setzte er sich und blieb so sitzen, verkleinerte so seine Oberfläche. Noch später dann1 fanden und retteten sie ihn.

Du aber weißt, hier in dieser, deiner Welt scheint ewig hell und voll die Mondin. Niemals wird hierher ein Rettungsteam kommen. Hier bist du unter ihrem Licht allein. Hier musst du dich selbst retten, oder alles ist aus.

Also legst du dich in den Schnee. Also entspannst du dich. Also lässt du Prana, die Lebensenergie, durch deine Chakren fließen.

So bleibt nur deine Stirn warm. So liegst du da und träumst.

Wovon?

Du träumst vom Fliegen, vom Schweben.

Und es geschieht: Du steigst auf dem Rücken liegend empor. Sanft treibst du durch die Luft. Auf ihren Strahlen steigst du hinauf, hin zu ihr, die dich ruft, hin zu ihr!

 

 

Amok

Rasend durchrennst du die Nacht, Raketenleuchten in deinen Augen.

RAUS! RAUS!, schrie es in dir.

Diesem Ruf konntest du einfach nicht widerstehen.

»He du! Hast’s aber eilig!«, lallt irgendwer an einer Ecke.

Nur kurz zuckt deine Hand im Lauf. Etwas blitzt im bunten Silvesterreigen. Schon weit, weit hinter dir sinkt röchelnd irgendwer zu Boden. Grau strömt sein Blut aus zerfetztem Hals.

Du aber rennst noch immer durch deine Mutter Nacht. Und nichts hält dich auf in deinem Lauf. So viele begegnen dir. Und alle lässt du sterbend zurück.

Wie seltsam, du wirst nicht müde! Oder ist alles nur ein Traum, Rollenspiel, Simulation?, fragst du dich einen winzigen Augenblick lang. Liege ich irgendwo in einem Labor oder einfach nur zuhause, mit dem »Stecker« im Kopf, und tue, was »Amok« befiehlt?

 

 

Atme ein, atme aus!

Atme ein und schau!

Weiße Schleier wehen dort.

Wo?

In schwarzer Nacht.

In dir!

»In mir?«, fragst du dich verwundert und blickst auf aus deinen Träumen. Deine Musik, einst von dir erschaffene Synthesizerklänge, tönt aus den Boxen der Musikanlage. Das bin ich!, singt deine lauschende Seele wortlos mit.

Aber noch immer wehen weiße Schlei...

Wolken, weiße Wolken treiben dahin unter schwarzen, schwarzen Himmeln und ...

Ich schwebe!

Du bist eine unter ihnen.

Unter dir verblassen die Lichter der Stadt.

Dort oben aber, ja, jetzt ist sie da, so plötzlich, leuchtet hell die Volle Mondin!

Du schaust sie an.

Dann irgendwann schließt du deine Augen.

Du schaust noch immer ihr Licht. Du hörst die Mondin in dir singen, vernimmst ihr Lied. Du schwebst und träumst und siehst und hörst.

Jetzt riechst du auch die Frühlingssommernacht und fühlst die Sterne.

Nachhause!, ruft es in dir, nachhause!

Tränen sind es, die du weinst, Tränenschleier legen sich über deine Träume.

Du atmest aus und - hast losgelassen.

 

    Das Bild

Das ist das Bild, welches ihm immer wieder erscheint, das da heraufsteigt aus ungeheuren Tiefen, das ihn überfällt bei Nacht nach einem Film, der ihn bewegt, beim sehnsuchtsvollen Klang des Synthesizers, beim Dröhnen der Orgel, beim sanften Spiel des Klaviers, das Bild, das immer wieder aus seinem Gestern auftaucht und ihm Tränen in die Augen treibt. »O mein GOTT!«, schreit es in ihm. Meine Liebe, meine große Liebe so abrupt beendet, so blutig zerstört, vernichtet. Nie mehr kehrt sie wieder. Für immer verloren. Tot!

Für alle Ewigkeit?

 

»Wann?, wo? Und vor allem wie war denn das überhaupt?«, könntest du, liebe(r) LeserIn jetzt fragen. Doch tust du es denn?

 

Er erinnert er sich nun auch an die Zeit davor, an die Zigeunerin, der er einst begegnet war. O ja, er erinnert sich gut. Sie sagte ihm alles voraus, und er glaubte ihr nicht.

Und er erinnert sich an die Zeit lange vor der Zeit davor, wie ihm scheint, weit entfernt. Er erinnert sich an sein Verbrechen dort draußen jenseits unserer Zeit und unseres Raumes, dort draußen.

Dann aber ist alles auf einen Schlag auch schon wieder verblasst, und er ist nur noch ein Mensch, wie du und ich, nicht weniger, nicht mehr, der um seine verlorene Liebe weint.

 

 

Club der toten Dichter

Club der toten Dichter. So nennt sich ein Film im Fernsehen, den es jetzt auch auf Video zu kaufen gibt (bald wird es eine DVD sein, dann wird er sicher auch auf einer Blu-ray Disc erscheinen und was auch immer für ein Medium diesen folgen mag).

Und worum geht’s der Geschichte?

Ganz einfach: Er durfte nicht, was er wollte, und wollte nicht, was er sollte.

Das kennen wir doch, wir, die wir die Schönen Künste über alles lieben, dachte ich.

»Vater, hilf mir!«

Aber niemand war für ihn da. Denn sie verstanden ihn nicht.

So kamen die Raben aus seinen Träumen geflogen und riefen ihn krächzend zu sich. So sprang er mit kronenumhülltem Haupt hinab und zugleich zu ihnen hinauf. Ich komme!, dachte er seinen letzten Gedanken.

 

 

Du lächelst mich an

Mein GOTT, du, meine Liebe, die hübscheste Frau auf Erden, lächelst mich an.

Ich frage dich: »Dies alles?«, drehe mich dabei mit ausgestrecktem Zeigefinger des angewinkelten rechten Arms im Kreis. Also meine und markiere ich die ganze Welt um mich und dich herum.

Du stehst noch immer still vor mir und nickst.

Ich zeige auf mich.

Wieder bejahst du meine Frage. Jetzt aber nimmst du mich in deine Arme.

Und hinter mir sehe ich die Welt ins Nichts zerfließen. Dann löse auch ich mich auf. Und so kehren alle und alles zurück zu dir, der Frau, der Großen Mutter allen Lebens.

 

Ich wache auf. Alles war nur ein Traum. GOTT sei Dank, wir existieren noch. Doch irgendwann wird es so geschehen. Darin war ich mir seltsamerweise ganz sicher. Doch dann kam alles doch ganz anders als einst erträumt:

 

Auch diesmal nickst du ein erstes und ein zweites Mal. Auch diesmal nimmst du mich in deine Arme. Dann zerfließen die Welt ins Nichts und - auch du! Ich aber bleibe am Leben. Denn ich schuf all diese Dinge, dich erschuf ich mir in meinen Träumen und die Welt um dich und mich herum. Also fällt nun wieder all dies in mich zurück.

 

Edgar Allan Poe

Nachts

ein tiefer Schrei

 

Das ist die Trauer

um verlor’ne Liebe

 

Und einsam wacht

der Knabe am Grabe

 

Schatten

herab aus Dunkel

aus Todesschwingen

 

Schatten

herauf aus inn’ren Tiefen

 

Schatten

umdunkeln den Geist

 

Und Schönheit

stirbt in seinen Armen

nach Hungerjahren

 

Der Dichter - ein Mensch

siecht leise dahin

So fern, so fern des Lichtes Tanz

So nah dem dunklen Schweigen

 

Einer in der Nacht

Einer geht da einsam durch die Nacht.

Und niemand in der Stadt erwacht.

Halt! Jetzt bleibt er stehen.

Was tut er da?

 

ZOOM RAN

 

Er öffnet seine Augen ... Doch nur die Lider, denn er ist blind.

Also öffnet er seine Augen nicht. Also bleibt er auch nicht stehen. Also geht er nie im Leben, nie und nimmer einsam und alleine in dieser Nacht durch diese Stadt. Also ist alles Lüge, was dieser und andere Dichter sehen und schreiben und reden. Dies sei dir gesagt: Glaube ihnen kein Wort!

Und doch, der eine dort in der Nacht, der seine Augen öffnet oder auch nicht, der blind ist oder auch nicht, dieser eine da schlürft dennoch zitternd weiter durch die leeren Straßen dieser einen Stadt. Und niemand wird jemals erfahren, was ihm geschehen oder auch nicht geschehen mag.

 

Ende und Anfang

Dieser eine Satz nur fällt dir im Warteraum ein:

Überall können sich die Tore öffnen überall zu jeder Zeit!

 

Du wunderst sich ein wenig, schreibst die Worte aber auf. Sehr lyrisch, denkst du, daraus könnte sich durchaus eine Geschichte entwickeln, mal sehn, ob und wann und was es wird.

 

Einige Stunden später. Du liegst, halb sitzt du mit dem Rücken zur Wand auf deinem Bett. Es ist spät in der Nacht. Du siehst mit Kopfhörern auf den Ohren in die Ferne, d. h. in deinen Glotzkasten, auch TV genannt, dort auf dem Schränkchen am Fußende.

Bist du eingeschlafen, dass du gar nichts bemerkst?

Oder schaust du so gebannt in den Kasten dort vor dir, völlig weggetreten, isoliert von der Außenwelt, in der dein Körper ruht?