Mord ist schlecht fürs Geschäft - Jean G. Goodhind - E-Book
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Mord ist schlecht fürs Geschäft E-Book

Jean G. Goodhind

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Beschreibung

Hier geht's um Mord, Mylord! Honey Driver, verwitwet und mit 18-jähriger Tochter, leitet ihr eigenes kleines Hotel in Bath. Zudem ist sie die neue Verbindungsfrau des Hotelverbands zur Polizei. Da verschwindet ein amerikanischer Tourist spurlos. Honey nimmt die Ermittlungen auf, die sie bald auf einen Adelssitz führen, auf dem recht befremdliche Dinge vor sich gehen. Spannend, witzig und very British. "Ein Hit für alle, die die britische Lebensart mögen." Kirkus Review.

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Seitenzahl: 394

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Jean G. Goodhind

Mord ist schlecht fürs Geschäft

Honey Driver ermittelt

Kriminalroman

Aus dem Englischen von Ulrike Seeberger

Aufbau-Verlag

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Impressum

Die Originalausgabe unter dem Titel

»Something in the Blood« erschien 2007

bei Severn House Publishing Ltd., Sutton, Surrey.

ISBN E-Pub 978-3-8412-0152-2

ISBN PDF 978-3-8412-2152-0

ISBN Printausgabe 978-3-7466-2515-7

Aufbau Digital,

veröffentlicht im Aufbau Verlag, Berlin, 2010

© Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin

Die deutsche Erstausgabe erschien erstmals 2009 bei Aufbau Taschenbuch, einer Marke der Aufbau Verlag GmbH & Co. KG

Copyright © 2007 by J. G. Goodhind

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlages zulässig. Das gilt insbesondere für Übersetzungen, die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das öffentliche Zugänglichmachen z.B. über das Internet.

Umschlaggestaltung und Illustration

Mediabureau Di Stefano, Berlin

unter Verwendung von Motiven der Agentur iStockphoto

Konvertierung Koch, Neff & Volckmar GmbH,

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Innentitel

Inhaltsübersicht

Informationen zum Buch

Informationen zum Autor

Impressum

Inhaltsübersicht

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

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|5|Kapitel 1

»Mord, Raub und ähnliche Schrecken sind in unserer schönen Stadt um jeden Preis unter Kontrolle zu bringen, mein liebes Mädchen: Dafür haben wir Sie eingestellt.«

Hannah Driver, von ihren besten Freunden und Bekannten Honey genannt – außer natürlich von ihrer Mutter, die sich etwas darauf einbildete, alles anders zu machen als der Rest der Welt –, schaute Casper St. John Gervais ungläubig an. Elegant, exzentrisch und schrecklich tuntenhaft war er, aber auch ein bisschen verrückt?

»Ich? Wieso ich?«

»Sie haben damit Erfahrung, meine Liebe!«

»Ich bin doch kein Polizist … keine Polizistin«, berichtigte sie sich.

»Wir – also, der Hotelverband – möchten Sie als Verbindungsperson zur Polizei einsetzen. Meine Liebe, Sie wissen doch, wie sehr der schlechte Ruf einer Stadt dem Tourismus schaden kann. Wir müssen dafür sorgen, dass alle Verbrechen schnell bearbeitet und aufgeklärt werden. Sie haben sicher auch ein Interesse daran, dass Ihre Zimmer belegt sind. Außerdem habe ich irgendwo gehört, dass Sie früher mit Kriminellen gearbeitet haben.«

»Ja, ich war beim Bewährungsdienst – allerdings im Büro.«

»Genau.«

»Casper, ich habe da die Berichte der Bewährungshelfer getippt. Das ist im Großen und Ganzen nur eine Zusammenstellung aller Umstände und Entschuldigungen, warum man den jeweiligen Mandanten nicht einlochen und dann den Schlüssel wegwerfen sollte.«

Caspers Adlernase war am Sattel ungeheuer schmal und |6|verbreiterte sich zu den Nasenflügeln hin stark. Wenn er einen anstarrte, schienen seine Augen sehr eng beieinanderzustehen. Gerade blähten sich seine Nasenlöcher gewaltig.

»Aber Sie sind unsere einzige Hoffnung, meine Liebe. Sonst hat niemand im Verband einschlägige Erfahrungen. Denken Sie nur, wie viel Gutes Sie tun könnten … hm?«

Honey erinnerte sich vage daran, dass sie diesem Vorschlag neulich abends zugestimmt hatte. Casper war bei der Jahresversammlung des Hotelverbands von Bath damit an sie herangetreten. Wie üblich hatte sich an den langweiligen Geschäftsteil eine Party angeschlossen – eine ziemlich große Party sogar.

Die Getränke hatte ein bekannter Weinimporteur spendiert, ein örtlicher Restaurantbesitzer das Essen. Honey hatte einen unverzeihlichen Fehler begangen: Sie war zu früh gekommen und hatte die ganze Hauptversammlung durchleiden müssen. Die meisten anderen Mitglieder kamen erst, als der offizielle Teil schon zu Ende war. Ein, zwei Gläser australischer Shiraz hatten ihr die Langeweile ein wenig gemildert. Vielleicht war sie sogar eingeschlafen? Geschnarcht hatte sie wohl nicht – glaubte sie zumindest.

Casper hatte die Lage ausgenutzt. Er hatte ihr ins Ohr geflüstert: »Ich garantiere, dass es nicht zum Schaden des ›Green River Hotel‹ sein wird, wenn Sie meinen Vorschlag annehmen.«

Schwach erinnerte sie sich an dieses Versprechen. Die Renovierung einiger Zimmer im »Green River« hatte ihr Bankkonto gewaltig in die roten Zahlen getrieben. Honey war wirklich nicht auf Rosen gebettet, seit sie in dieser schönen Stadt ein Hotel führte. Zumindest hatten diese Rosen reichlich Dornen. Also klangen ihr Caspers Worte honigsüß in den Ohren. So ein Mist!

Lindsey, ihre Tochter, die ihrer Meinung nach viel zu gesetzt für ihr Alter war, sprach ein paar tröstende Worte, als sie ihr davon erzählte.

|7|»Entspann dich, Mama. Sieh die Sache mal positiv. Das könnte doch deinem Leben ein bisschen Würze geben. Du musst einfach mehr unter die Leute kommen.«

Honey schaute Lindsey zu, die in der Bar aufräumte und dann abschloss.

»Ziehst du morgen Abend durch die Nachtklubs?«, fragte sie.

Donnerstagabend hatte Lindsey immer frei.

Ihre Tochter schüttelte die brünetten Locken. »Nein, ich gehe in ein Konzert in der Abteikirche.«

»Pop?«, erkundigte sich Honey hoffnungsvoll.

»Nein, mittelalterliche Musik für Laute und Leier.«

»Großer Gott, du bist so was von wild, Kind! Als ich achtzehn war …«

»Warst du völlig von der Rolle.«

»Wer hat dir denn das erzählt?«

»Oma.«

»Die hat’s nötig …«

Lindsey drückte ihrer Mutter einen Kuss auf die Stirn. »Ich geh jetzt ins Bett. Mach dir keine Sorgen. Wie gesagt, du könntest ein bisschen Würze in deinem Leben gebrauchen.«

Das bisschen Würze kam genau zur falschen Zeit. Honey liebte Auktionen, besonders wenn es dabei schöne alte Klamotten zu ergattern gab. Und heute waren jede Menge unter den Hammer gekommen.

Ihre Sammlung von Kleidungstücken aus vergangenen Zeiten hielt sie bei Verstand. Wenn sie darüber nachdachte, wer wohl diese Handschuhe, diese Knöpfstiefelchen, dieses spitzenverzierte Hemd getragen haben mochte, vergaß sie eine Zeitlang, dass die Wäscherei zwei Dutzend Tischdecken verlegt hatte oder dass die Flitterwöchner von Zimmer drei die Sprungfedern in ihrem Bett dauerhaft ruiniert hatten.

Honey besaß eine kleine, aber höchst interessante Sammlung von Spitzenhandschuhen, Seidenstrümpfen, Strumpfbändern und einigen sehr aufreizenden Dessous. Heute hatte |8|sie das große Los gezogen. Sie hätte noch mehr ersteigert, hätte nicht Casper angerufen.

»Ihr erster Fall«, sagte er. Seine Stimme am anderen Ende der Leitung klang blechern. Ringsum war die Auktion in vollem Gange.

»In Ordnung«, antwortete sie, ein Auge auf den Auktionator und das viktorianische Korsett gerichtet, das gerade an der Reihe war: Fischbein und Spitze und für eine Wespentaille gemacht, die weniger Umfang hatte als heutzutage ein Oberschenkel.

Honey sabberte beinahe vor Begierde.

»Wo sind Sie? Sind Sie in der Nähe?«

Honey blickte sich verstohlen um. Sollte sie lügen?

»Die Wahrheit, meine Liebe«, sagte Casper, als könne er Gedanken lesen.

»Ich bin in Jolly’s Auktionshaus.«

»Gut. Um spätestens halb zwölf sind Sie hier.«

Mit »hier« meinte er sein Büro. Er legte auf, und das Knacken knallte wie ein Pistolenschuss. Casper ließ sich ungern mit einem »Nein« abspeisen.

Und das Korsett?

»Zum Dritten!«

Verzweifelt winkte sie dem Mann auf dem Podest zu.

»Tut mir leid, gnädige Frau. Zu spät.«

Verdammt! Es war ein so hübsches kleines Korsett gewesen, roter Satin mit schwarzem Spitzenbesatz. Ganz bestimmt französisch. Ganz bestimmt aufreizend.

»Aber nicht für dich bestimmt«, murmelte sie vor sich hin, als sie sich einen Weg durch Händler, Schaulustige und Schnäppchenjäger bahnte.

Auf dem Weg nach draußen blickte sie auf die Uhr.

Erst musste sie noch ihre Rechnung bezahlen und ihre neueste Errungenschaft abholen. Die war riesig, passend zum Preis.

»Die ist aber nicht für Sie, Mädel?« Der Mann an der Kasse grinste.

|9|Alistair war ein bulliger, zotteliger Schotte.

»Doch! Ich mach mir ’n Zelt draus!«

Vor der Tür stopfte sie den viktorianischen Liebestöter in ihre marokkanische Ledertasche. Angeblich hatte diese Riesenunterhose einmal Königin Viktoria gehört – daher der Preis. Die Tasche war geräumig, aber der Liebestöter war geräumiger. Wie ein Fähnchen flatterte ein Zipfel von einem baumwollenen Unterhosenbein aus der offenen Tasche hervor.

Als Honey am Pump Room vorüberging, brach die Sonne durch die Wolken und ließ die elegante Fassade in warmem Honiggold aufleuchten. Drinnen spielte ein Streichquartett den Leuten Händel vor, die da saßen und aus echten Porzellantassen Tee aus echten Teeblättern tranken und echte Schlagsahne aßen, die aus schottischen Scones und pappsüßen Krapfen troff. Die Musik schwebte durch die Luft, aber die Wogen von Honeys aufgewühlten Gefühlen konnte sie nicht glätten.

Die ärgerte sich, dass ihr das Korsett durch die Lappen gegangen war. Roter Satin! Und über hundert Jahre alt! Was für eine Rarität!

Verdammt sollte er sein, dieser Casper St. John Gervais! Wenn er nicht darauf bestanden hätte, dass sie sofort zu ihm käme, Punkt halb zwölf, dann würde das Korsett jetzt ihr gehören!

Es hätte ihr sogar gepasst.

Na ja, vor zehn Jahren vielleicht. Sie lächelte leise vor sich hin. Jetzt musst du dich als wohlgerundet bezeichnen, meine Liebe, nicht mehr als schlank. Doch hatte anderseits heutzutage nicht jede Frau eine Taille jenseits der viktorianischen 18 Zoll?

Im Stadtzentrum von Bath herrschte geschäftiges Treiben. Das war im Juni nicht anders zu erwarten. Vor den Büros, Banken und Läden quollen die Hängekörbe vor prächtigen Geranien über. Ranken von buntblättrigem Efeu und dunklem Blaukissen schmückten die Laternenmasten. Sobald einmal |10|die Sonne herauskam, erstrahlten die elegant geschwungenen Fassaden der Straßen und Plätze aus der Regency-Zeit1beinahe primelgelb.

Monat für Monat kamen Touristen aus aller Welt angereist, bestaunten die römischen Bäderanlagen, verschlangen die gigantischen Buns, die in »Sally Lunn’s Teashop« angeboten wurden, und ließen sich vor der Abteikirche, im Royal Crescent oder am Ende der Pulteney Bridge fotografieren.

Touristen waren das Lebenselixier der Stadt, der Dünger, der zur Blüte der alten und denkmalgeschützten Gebäude geführt hatte, die man in Hotels, Restaurants und Pensionen umgewandelt hatte.

Als Honey beim Hotel »La Reine Rouge« angelangt war, einem eleganten Gebäude oberhalb der Pulteney Bridge, nur wenige Fußminuten von den Römischen Bädern entfernt, hatte sie das Gefühl, sich durch eine Menschenmenge aus aller Herren Länder gepflügt zu haben.

Das »La Reine Rouge« war innen noch eleganter als die Fassade vermuten ließ, hauptsächlich dank des vorzüglichen Geschmacks seines Besitzers und Managers und dank einer eklektischen Mischung von Antiquitäten, Farben und geschmackvoller Beleuchtung.

Honey tätschelte den Arm einer mit Turban bekrönten Statue, einer von zwei in Purpurrot, Schwarz und Gold gefassten Figuren, die den Eingang bewachten.

»Hallo, Jungs! Ist der Boss zu Hause?«

Neville, ein echter, lebendiger Bursche mit wasserstoffblondem Haar und einer burgunderroten Weste mit goldener Uhrkette, beantwortete ihre Frage.

»Er wartet schon auf Sie, Süße. Die Maniküre ist bei ihm drin. Er ist furchtbar aufgeregt, wissen Sie, nach allem, was geschehen ist.«

Sie schnappte nach Luft. »Geschehen? Er wird sich doch nicht einen Fingernagel abgebrochen haben?«

|11|Neville grinste. »Böses Mädchen, Honey.« Er wandte seine ungeteilte Aufmerksamkeit wieder den drei weißen Lilien zu, die er in einer hohen grünen Vase zu arrangieren versuchte. Sie schienen sich nicht so gruppieren zu lassen, wie er das gern gehabt hätte, also fing er noch einmal von vorn an.

»Nur wenn mich die Versuchung übermannt. Ich habe mir sagen lassen, Neville, dass Sie auch ganz schön böse sein können, wenn die Versuchung Sie packt.«

Neville errötete. »Ach, hören Sie auf, mich aufzuziehen, Honey. Das machen Sie doch absichtlich.«

Gerade in diesem Augenblick schlug eine Standuhr auf einem dicken türkischen Läufer die halbe Stunde.

Die Blumen waren wirklich sehr widerspenstig. »Ach, Mist!« Nevilles Wortschatz war so zart wie seine äußere Erscheinung.

Honey zog eine Augenbraue in die Höhe. Neville schien ungeheuer aufgeregt zu sein. Casper war das nie, und außerdem sah er immer aus wie aus dem Ei gepellt, überlegte sie und schnitt eine Grimasse. Sie schaute auf ihre Fingernägel hinunter. Der Lack war abgeblättert. Was hätte man anderes erwarten sollen? Chefin eines Hotels zu sein, das bedeutete, dass man einspringen musste, wenn der Geschirrspüler streikte oder Zimmermädchen einfach nicht zum Dienst erschienen. Sie versteckte die Hände in den Hosentaschen. Dann ging sie über den mit dicken Teppichen ausgelegten Flur und die Treppe hinunter zu Caspers Büro.

Früher einmal hatten sich die Weinkeller unter dem »La Reine Rouge« über die ganze Länge des Hauses erstreckt. Nachdem die Bauarbeiter mit der Grundrenovierung fertig waren, hatte Casper diesen Bereich zu Büros für sich und seine Angestellten umgewandelt und die frisch verputzten Wände mit teurem Rupfen in einem üppigen Siennarot bespannen lassen. Die Einrichtung bestand aus minimalistischen Sitzmöbeln, Bücherschränken mit Glastüren aus georgianischer Zeit und Ethnokunst. Oh, und aus Uhren natürlich. Casper liebte Uhren. Sie waren überall zu finden: Wanduhren, |12|große und kleine Standuhren, ausgefallene Skelettuhren, Kaminuhren, Reiseuhren – und alle tickten fröhlich im Takt. Sie schlugen sogar im Takt. Darauf bestand Casper. Er hasste Unordnung.

»Kommen Sie herein, meine Liebe«, rief Casper mit glockenklarer Stimme.

Als Honey eintrat, polierte die Maniküre Casper St. John Gervais gerade den Nagel am kleinen Finger der rechten Hand. Sobald sie damit fertig war, gab er ihr mit einer Handbewegung zu verstehen, dass sie sich entfernen solle. »Kommt Zeit, kommt ein anderer Finger«, sagte er mit einem gezierten Lächeln.

Die Maniküristin huschte aus dem Zimmer, zweifellos zu Neville, der die Rechnung begleichen würde. Caspers empfindsamer Patriziergeist ließ sich einfach nicht mit etwas so Plebejischem vereinbaren, wie tatsächlich Geld in die Hand zu nehmen.

Er saß auf einem mit honiggelbem Leder bezogenen Stuhl hinter einem Mahagonischreibtisch, der gut und gern einmal Tennyson oder Wordsworth gehört haben mochte. Casper liebte Gegenstände, die eine besondere Herkunft, eine eigene Geschichte und Beziehungen zu Berühmtheiten hatten. Er liebte Auktionen mindestens so sehr wie Honey, wenn er auch Mahagonikommoden den langbeinigen Baumwollunterhosen vorzog, die sie favorisierte.

Honey lächelte ihn an und schaltete auf Schmeichelmodus um. »Blendend sehen Sie aus, Casper, wie immer.«

»Vielen Dank, meine Liebe.« Casper, die Primadonna des Hotelgewerbes, mochte Schmeicheleien. Er sprach wie Noël Coward auf der Höhe seines Ruhmes, sah aber eher wie eine muskulöse Version von Randolph Scott aus.

Während Honey vor ihm stand, zog er einen Staubwedel aus einer Schublade und begann, den imaginären Schmutz wegzufächeln, den die Maniküre hinterlassen hatte. Casper hasste Staub und Schmutz. Sein Hotel, sein Büro und seine Person waren stets makellos sauber.

|13|»Ich nehme an, Sie haben die Neuigkeiten bereits gehört, also werde ich nicht zu sehr ins Detail gehen. Wir werden Ihre Dienste schon viel früher als erwartet in Anspruch nehmen müssen.«

»Eigentlich, äh, hätte ich so viel zu tun …« Sie kam gar nicht dazu, zu erklären, dass der Geschirrspüler wieder einmal Zicken machte oder dass ein Pärchen aus Leicester zum Fenster hinausgeklettert war, ohne die Rechnung zu bezahlen. Verflixt! Hätte sie die beiden doch nur im dritten Stock einquartiert. Da hätten sie ein Problem gehabt!

Casper ignorierte ihren Einwurf und kam noch einmal auf das Treffen des Hotelfachverbands zurück. »Sie werden sich vielleicht erinnern, dass die Versammlung einstimmig beschlossen hat, eine Verbindungsperson einzusetzen, die mit der Polizei Kontakt hält, mit denen auf Augenhöhe reden und uns auf dem Laufenden halten soll. Angesichts Ihrer Erfahrung waren wir uns einig, dass Sie die Richtige für diesen Job wären.«

»Ja, ein bisschen Schreibarbeit, ein paar Treffen mit der Polizei und ein bisschen Information über Zimmerbelegung«, ergänzte sie fröhlich.

»Ich denke, für das Problem, von dem ich heute Morgen erfahren habe, brauchen wir einen etwas praktischeren Ansatz.«

»Praktischer? Was meinen Sie damit?«

Nachdem Casper seinen Staubwedel wieder in der obersten rechten Schreibtischschublade verstaut hatte, schnippte er sich noch mit einem seiner eleganten Finger ein imaginäres Stäubchen von der Schulter – das zu klein war, als dass Honey es hätte wahrnehmen können, obwohl sie angestrengt die Augen zusammenkniff.

»Damit, meine Liebe, meine ich, dass ein wenig Detektivarbeit angeraten scheint. Ich glaube, Sie könnten das sehr gut – besser als die Polizei jedenfalls. Sie wissen doch, wie langsam die oft sind. Aber denen binden ja auch die europäischen Richtlinien und der Menschenrechtsgerichtshof Hände und Füße.« Sein Gesicht wurde vor lauter Ernst ganz starr. |14|»Ich – wir – wollen Ergebnisse sehen, Honey. Schnelle Ergebnisse.«

Sie sah sich vor ihrem geistigen Auge von Tür zu Tür gehen, wie es die Polizei auf der Jagd nach Tatzeugen machte, sah sich Räuber in ihren Höhlen aufstöbern – vielleicht sogar im benachbarten Bristol. Diesen aufregenden Nervenkitzel trübte nur ein Gedanke: Wie sollte sie bulligen Schlägertypen mit gewaltigen Muskelpaketen entgegentreten?

Sie protestierte laut, und dieser unerwartete Wortschwall kam aus tiefster Seele. »Aber, Casper, ich habe schon einen Job … Ich habe ein Hotel zu leiten, und ich glaube nicht …«

»Wie Sie sich vielleicht erinnern«, fuhr Casper unbeirrt fort, »waren wir uns alle einig, dass Verbrechen die größte Bedrohung für unsere Besucherzahlen sind. Diese unsere honigfarbene Stadt, der Aufenthaltsort von Jane Austen, Beau Brummell und … und … und …« Er erhob auf der Suche nach weiteren Berühmtheiten die Augen zur Decke.

»Jane Seymour?«, schlug Honey hilfreich vor.

Er runzelte fragend die Stirn. »Hat die hier gelebt? Ich wusste gar nicht, dass die Tudors uns auch mit ihrer Gegenwart beehrt haben.«

»Nein, nicht die Frau Heinrichs VIII. Ich meine die Schauspielerin – Sie wissen schon: Dr. Quinn, die Ärztin aus Leidenschaft?«

Er glotzte sie an wie Paddington Bär, der Liebling aller Kinder, mit starren, glasigen und verständnislosen Augen. »Wie ich schon sagte, jemand mit Ihrer Erfahrung …«

»Das war aber nicht besonders …«

»Die Sache hat natürlich auch ihre Vorteile. Sie erinnern sich doch daran, dass ich das erwähnt habe?«

Ihr Mund stand offen, die Lippen formten noch ein halb ausgesprochenes Wort.

»Ja. Das haben Sie gesagt.«

Das Herz klopfte ihr im Leib. War dies die Erfüllung all ihrer Träume? Das wollte sie doch hoffen.

»Wie ich Ihnen erklärt habe, ist es natürlich nur recht und |15|billig, dass Sie für die Zeit, die Sie auf diese Aufgabe verwenden, auch irgendwie entschädigt werden.«

Er schlug eine in Leder gebundene Mappe auf, die vor ihm auf dem Tisch lag. »Ich erinnere mich deutlich, dass Sie erwähnten, jemand hätte eine Gruppenbuchung storniert und Sie hätten Kapazitäten frei. Könnten Sie acht Zimmer für mehr oder weniger sofortige Belegung zur Verfügung stellen?«

Jetzt funktionierte ihre Stimme wieder. »Wann?«

»Am zehnten?«

»Augenblick.« Das Atmen fiel ihr schwer. Die Finger versagten ihr den Dienst. Diese Sorte Ergebnis brachte Geld aufs Konto. Ohne die Folgen zu bedenken, wuchtete sie ihre übergroße Schultertasche auf die lederbezogene Schreibtischplatte.

»Sofort runter damit!« Casper sprang hoch, zog die rechte obere Schreibtischschublade auf und brachte erneut den Staubwedel zum Vorschein. Auf seinem Gesicht zeichnete sich gekränkte Empörung ab. »Ist Ihnen klar, dass dieser Schreibtisch einmal Lord Berkeley gehört hat?«

Also nicht Wordsworth oder Thackeray!

Der Staubwedel war robust genug, um ihre Tasche auf den Boden zu fegen, doch zuvor hatte sich bereits die antike Unterhose wie eine Nebelwolke auf dem Schreibtisch ausgebreitet.

Caspers hochgezogene Augenbraue geriet in Gefahr, über die glänzende Stirn noch weiter nach oben zu rutschen. Mit zitterndem Finger deutete er auf den Gegenstand auf seinem Schreibtisch und würgte hervor: »Was – ist – das?«

Honey murmelte vage, das Ding hätte einmal Königin Viktoria gehört und sei ein Sammlerstück und … »Wo zum Teufel ist mein Terminkalender?«

Während sie in der Tasche wühlte, hob Casper die Unterhose hoch. Seine Augen waren tellergroß, er hielt das Taillenband vorsichtig zwischen Daumen und Zeigefinger und schaute mitten durch ein Kleidungsstück, das einmal ungeheuer zugig gewesen sein musste.

|16|»Tut mir leid, Casper, ich kann ihn einfach nicht finden … Ah, da ist er.«

Ihre Gedanken waren aufs Geschäftliche gerichtet. Das hier war eine ernste Angelegenheit – insbesondere, da es um Buchungen ging. Als sie endlich so weit war, schaute sie zu ihm hin.

Sie konnte sich das Lachen kaum verkneifen. Mit einem Gesichtsausdruck zwischen Abscheu und höchstem Respekt ließ Casper den Liebestöter wieder auf den Schreibtisch fallen, behielt aber seine Hände auf Schulterhöhe.

»Was für ein überaus grauenhaftes Kleidungsstück! Das könnte ja mit dieser Größe durchaus als Hauptsegel auf einer anständigen Yacht dienen!«

»Also, wie waren noch gleich die Daten?«

Seufzend, als wäre das Leben plötzlich furchtbar schwierig geworden, wiederholte Casper die Zahlen.

Honey schaute in ihrem Terminkalender nach. Am zehnten verlief ein hässlicher Schrägstrich quer über die ganze Seite. Jemand hatte storniert, und zu dieser Jahreszeit hätte sie dieses Zimmer mehrfach vergeben können. »Kein Problem!« Ihr Gesicht war leicht gerötet. »Wie viele Zimmer, sagten Sie?«

»Acht! Allerdings alles Einzelzimmer.«

Einzelzimmer! Nur zwei Drittel vom normalen Preis, aber he, einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Und sie hatte es wirklich nötig, seit sie das Dachgeschoss ausgebaut hatte und beim Filialleiter ihrer Bank inzwischen nur noch auf taube Ohren stieß.

Casper reichte ihr den Brief und das Reservierungsformular. »Bitte sehr. Wie gesagt, ich finde, es ist nur recht und billig, dass sich diese zusätzlichen Pflichten für Sie irgendwie auszahlen. Wir dürfen einfach nicht zulassen, dass sich das Verbrechen bei uns genauso einnistet wie überall anderswo in der westlichen Welt. Wir müssen unser Image wahren.«

»Ganz zu schweigen von unserem Kontostand und Lebensstandard«, |17|murmelte Honey, die immer noch etwas in ihren Terminkalender kritzelte.

»Genau. Die Leute erwarten einen gewissen Standard. Das Ambiente, den Service und die persönliche Sicherheit, mit denen man rechnen kann, wenn man sich in …«

Wieder schweifte sein Blick zur Zimmerdecke, während er nach dem richtigen Wort suchte.

»Disneyland aufhält?«

»Genau! Deswegen kann eine Verbindungsperson zur Polizei für uns nur nützlich sein!«

»Oh, ich bin ganz Ihrer Meinung.«

Natürlich – zumindest jetzt. Allerdings sah sie die Sache ein bisschen anders. Es war phantastisch, so auf einen Schlag acht Zimmer zu belegen. Die Alternative wäre gewesen, Gäste vom Touristenbüro vermittelt zu bekommen. Die zahlten einen niedrigeren Preis und würden auch nur hereintröpfeln.

Nachdem sie das Anmeldeformular zusammengefaltet und in ihrem Terminkalender verstaut hatte, schnappte sich Honey das entfleuchte Dessousteil und stopfte es wieder in die Tasche. »Also, wer wurde überfallen, übers Ohr gehauen oder mit einem falschen Kanarienvogel beschissen?«

Der Vorsitzende des Hotelfachverbands von Bath schien ein wenig starr vor Staunen. Auf Caspers Prioritätenliste für wünschenswertes Wissen rangierte Straßenslang ziemlich weit unten. Wenn jemand einen von oben herab anschauen und einem das Gefühl vermitteln konnte, man hätte die ganze vergangene Nacht lang seinen Körper auf den Straßen der Stadt feilgeboten, dann war das Casper.

»Ich bin nicht sicher, ob Sie sich des Ernstes der Lage hinreichend bewusst sind.« Seine Stimme klang sonor wie der Stundenschlag der Standuhr am Empfang.

Honey überkam ein wohlig warmes Gefühl. Sie hatte bei der Auktion ein phantastisches Teil ergattert. Wenn sie ins Hotel zurückkehrte, würde wahrscheinlich der Wartungsmann die Spülmaschine repariert haben, und die Zimmer, von denen sie angenommen hatte, sie müssten leerstehen oder billig |18|abgegeben werden, waren nun wieder belegt. Jetzt ging es nur noch darum, diesen Job zu erledigen, den ihr Casper angehängt hatte. All zu schwierig konnte ihr erster Auftrag doch sicher nicht werden?

»Also, wo liegt das Problem?«

Casper senkte die Augen, damit sie seine Gedanken nicht daraus ablesen konnte. Da beschlich sie zum erstenmal ein ungutes Gefühl an diesem ansonsten so fruchtbringenden Morgen. »Leider ist ein amerikanischer Tourist verschwunden. Wohlgemerkt, nicht aus einem unserer eleganteren Etablissements. Aus unerfindlichen Gründen hat er sich entschlossen, in einem Bed & Breakfast an der Lower Bristol Road abzusteigen.« Casper spuckte die Worte »Bed & Breakfast« aus, als wären es faule Zähne.

Egal. Honey war das gleichgültig. Sie klammerte sich weiterhin an das wohlig warme Gefühl und zuckte die Achseln. »Sind wir da sicher? Könnte es nicht einfach sein, dass er früher nach Hause gereist ist oder etwas so Ungewöhnliches wie eine Reise nach Wales gemacht hat?«

»Sein Gepäck ist noch da.«

»Oh.«

»Und sein Pass.«

Casper legte die Finger zu einem spitzen Turm zusammen und beugte sich vor. Er sprach leise, beinahe geheimnisvoll. »Wir wollen uns selbst um diese Sache kümmern, ja? Ehe wir zur Polizei gehen.«

»Das halte ich für keine gute Idee.«

Er warf ihr einen warnenden Blick zu, und schon begannen die acht Personen in den Zimmern sich in Luft aufzulösen.

Sie lächelte so starr, dass ihr die Zähne weh taten. »Bei näherer Betrachtung haben Sie wohl Recht. Ich schau mal, was ich machen kann.«

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|19|Kapitel 2

Casper war damit einverstanden, dass sie zuerst im »Green River Hotel« nach dem Rechten sah, ehe sie sich um den Fall des verschwundenen Touristen kümmerte.

Anna, eine junge Tschechin, hatte Dienst am Empfang.

»Alles in Ordnung?«, fragte Honey.

»Bestens, Mrs. Driver. Geht es Ihnen auch gut?«

»Ja. Ich bin unter die Amateurdetektive gegangen.«

»Das ist aber schön für Sie. Bekommt das Hotel dann einen extra Stern?«

Nein, um ein Qualitätsmerkmal ging es hier nicht, aber Honey hatte keine Lust, ihr das alles zu erklären. »Und ich habe die Unterhose von Königin Viktoria gekauft.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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