Mord zur Dinnerparty - Janet Laurence - E-Book

Mord zur Dinnerparty E-Book

Janet Laurence

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Beschreibung

Dinnerparty, Cocktails, Mord – Darina Lisle ermittelt mit klassisch britischem Humor
Ein kulinarischer Cosy-Krimi für Fans von Helena Marchmont

Cocktailparties, festliche Abendessen und Kochvorführungen – Darina Lisle liebt ihren Job als Köchin bei einem renommierten Catering-Service. Zumindest bis ihreKollegin an einer Pilzvergiftung stirbt. War es ein tragischer Unfall oder vorsätzlicher Mord?Als das Personal des Wooden Spoonverdächtigt wird, gehen auch die Aufträge zurück, denn immerhin will niemand einen Mörder auf seine Party einladen. Daher macht sich Darina auf eigene Faustauf die Suche nach dem Täter. Keine leichte Aufgabe – insbesondere als ein zweiter Mord geschieht …

Dies ist die Neuauflage des beliebten Darina Lisle-Krimis Mord gut abgeschmeckt.

Erste Leserstimmen
„britischer Humor trifft auf einen spannenden Mordfall“
„ein spannender Roman mit jeder Menge Witz und sympathischen Charakteren“
„Für alle, die leichte, gut geschriebene Krimis mögen!“
„Darina Lisle begibt sich erneut auf kulinarische Spurensuche“

Weitere Titel dieser Reihe
Mord zum Frühstück (ISBN: 9783968170527)

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Seitenzahl: 442

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Über dieses E-Book

Cocktailparties, festliche Abendessen und Kochvorführungen – Darina Lisle liebt ihren Job als Köchin bei einem renommierten Catering-Service. Zumindest bis ihre Kollegin an einer Pilzvergiftung stirbt. War es ein tragischer Unfall oder vorsätzlicher Mord? Als das Personal des Wooden Spoon verdächtigt wird, gehen auch die Aufträge zurück, denn immerhin will niemand einen Mörder auf seine Party einladen. Daher macht sich Darina auf eigene Faust auf die Suche nach dem Täter. Keine leichte Aufgabe – insbesondere als ein zweiter Mord geschieht …

Dies ist die Neuauflage des beliebten Darina Lisle-Krimis Mord gut abgeschmeckt.

Impressum

Erstausgabe 1991 Überarbeitete Neuausgabe März 2020

Copyright © 2023 dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH Made in Stuttgart with ♥ Alle Rechte vorbehalten

E-Book-ISBN: 978-3-96817-104-3 Hörbuch-ISBN: 978-3-96817-498-3

Copyright © 1991 by Janet Laurence, first published by McMillan London Limited, London Titel des englischen Originals: A Tasty Way to Die

Copyright © 1996, ECON Verlag GmbH

Dies ist eine digitale Neuausgabe des bereits 1996 bei ECON Verlag GmbH, Düsseldorf und München erschienenen Titels Gift für liebe Gäste (ISBN: 978-3-61225-977-6).

Copyright © 2017, ECON Verlag GmbH, Düsseldorf und München Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits 2017 bei ECON Verlag GmbH, Düsseldorf und München erschienenen Titels Mord gut abgeschmeckt (ISBN: 978-3-96087-284-9).

Übersetzt von: Ullstein Buchverlage GmbH Covergestaltung: Miss Ly Design unter Verwendung von Motiven von depositphotos.com: © ES0lex shutterstock.com: © Konmac, © Chansom Pantip Korrektorat: Lennart Janson

E-Book-Version 02.08.2023, 09:17:55.

Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.

Abhängig vom verwendeten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

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Mord zur Dinnerparty

Jetzt auch als Hörbuch verfügbar!

Mord zur Dinnerparty
Janet Laurence
ISBN: 978-3-96817-498-3

Dinnerparty, Cocktails, Mord – Darina Lisle ermittelt mit klassisch britischem HumorEin kulinarischer Cosy-Krimi

Das Hörbuch wird gesprochen von Johanna Zehendner.
Mehr Infos hier

Vorwort

Als ich Mord zum Frühstück schrieb, hatte ich bereits vor, den Roman zu einer Serie auszubauen, die in der kulinarischen Welt spielt. Ein freiberuflicher Cordon-Bleu-Koch würde darin vorkommen. Gute Köche haben eine inoffizielle Lizenz. Meine Köchin, Darina Lisle, würde mit Morden konfrontiert, während sie für viele interessante Leute Speisen zubereitete. Ich hatte die Anziehung zwischen ihr und Detective Sergeant William Pigram nicht geplant, aber irgendwie bestand er darauf, immer wieder aufzutauchen.

Als ich Mord zum Frühstück beendet hatte, nahm ich an einer Pilzjagd teil, die die Guild of Food Writers organisiert hatte. Meine Gruppe wanderte durch Wald und Unterholz, es war ein sonniger Herbsttag und wir füllten unsere Körbe mit einer bunten Pilzauswahl. Dabei vertrauten wir den Experten, die auswählten, welche Pilze zum Verzehr geeignet waren. Mir kamen Knollenblätterpilze in den Sinn, die gefährlichsten und zugleich unscheinbarsten, harmlos aussehenden Pilze.

Da nahm nach und nach der Plot für Mord zur Dinnerparty Gestalt an. Ich entschied mich dafür, die Geschichte auf eine kleine Cateringfirma zu konzentrieren, die leckere Speisen für alle Gelegenheiten anbietet. Darina wäre mit einem der Eigentümer befreundet und sollte in einem Notfall aushelfen. Zu der Zeit hatte ich einige Kochshows, die mir großen Spaß machten. Die Zuhörer hatten viele Fragen, darunter auch ob ich demonstrieren könne, was zu tun sein, wenn alles schief geht. Das kann ich aus verschiedenen Gründen nicht tun, war meine Antwort. Erstens wäre es sehr langweilig, zweitens gehen Dinge gerade dann nicht schief, wenn man es versucht und drittens und letztens misslingt ohnehin so viel, dass ich den Zuschauern genug Desaster vorführen könne.

Am Anfang von Mord zur Dinnerparty misslingt nahezu alles. Ich erdachte eine ganze Reihe unglücklicher Umstände, die mir alle schon passiert waren, doch zum Glück nicht gleichzeitig. Ich wollte wissen, ob Darina in diesem Chaos einen kühlen Kopf bewahren kann. Es hat großen Spaß gemacht, diese kulinarischen Krimis zu schreiben und ich freue mich sehr über ihre Wiederveröffentlichung.

Janet Laurence

Für meine Mutter

und zum Andenken an meinen Vater

Ich möchte mich an dieser Stelle bei einigen Personen für ihre Mühe bedanken, mit der sie mir bei den Recherchen für dieses Buch geholfen haben. Es sind dies in alphabetischer Reihenfolge:Covent Garden Supply Company, Tim Cramp of Party Ingredients (es sollte sich eigentlich von selbst verstehen, aber ich betone trotzdem, dass die Ereignisse, die in diesem Buch geschildert werden, nicht das geringste mit deren Aktivitäten zu tun haben), Dr. Audrey Dunlop, Professor Desmond Laurence, Detective Sergeant Jim Malion von der Avon and Somerset Constabulary und Digby Melier.

Personen und Handlung dieses Buches sind frei erfunden. Ihre Namen und Taten haben keine Ähnlichkeit mit denen lebender oder toter Personen, es sei denn durch Zufall.

Kapitel 1

Die Kochvorführung geriet allmählich außer Kontrolle. Als Darina den Custard-Pudding aus der Mikrowelle nahm, sah sie, dass sich auf seiner Oberfläche eine blasige Haut gebildet hatte. Noch bevor sie den Löffel durch die Masse zog, wusste sie, dass sich das Wasserbad zu sehr erhitzt hatte und der Pudding deshalb käsig geworden war.

»Das ist ein gestockter Custard«, erklärte sie ihrem Publikum mit ernster Miene und hielt die Form so, dass man die Nachspeise in dem Spiegel, der über ihr angebracht war, sehen konnte.

Ein erschrecktes Raunen ging durch die Reihen der ungefähr dreißig Frauen, die vor der Demonstrationsfläche Platz genommen hatten.

»Ich habe diesen Mikrowellenherden noch nie getraut«, schnaubte eine dickliche ältere Frau, wobei die vergoldeten Knöpfe auf ihrem Chanel-Kostüm und die zahlreichen Goldketten um ihren Hals im hellen Licht der Scheinwerfer blitzten und funkelten.

»Ich fürchte, das war mein Fehler und nicht der des Geräts.« Darina musste sich zwingen, ruhig zu bleiben. Was man ihr allerdings nicht ansah, denn so, wie sie dort stand, groß, in einen blütenweißen Overall gekleidet, ihr blondes Haar mit einer weißen Schleife zu einem Zopf gebunden, wirkte sie wie die Verkörperung von Effizienz und Souveränität. Nichts an ihrem makellosen Äußeren verriet, dass ihr Magen vor Aufregung Purzelbäume schlug. Sie hob ihr Kinn noch ein klein wenig höher und sagte ganz ruhig: »Ich habe den Pudding zu heiß werden lassen, das ist alles. Wahrscheinlich ist dieser Herd leistungsstärker als meiner.«

»Und Sie haben während der letzten Backphase auch noch auf die höchste Stufe geschaltet.« In der Stimme dieser Zuschauerin lag ein leicht vorwurfsvoller Ton, und nachdem sie ihren Kommentar abgegeben hatte, wandte sie sich mit einem selbstzufriedenen Lächeln an ihre Nachbarin.

Darina bezwang den Impuls, sie zu fragen, warum sie das nicht gefälligst hätte sagen können, als sie den Herd programmierte. »Zum Glück ist nicht alles verdorben«, meinte sie stattdessen, gab den Pudding in eine Schüssel und rührte ihn kräftig durch. »Sehen Sie, ist das nicht die reinste Zauberei?«

Ein paar Frauen aus dem Publikum stießen kleine Schreie des Entzückens aus, als Darina langsam die nun wieder sämig glatte, blassgelbe Masse in eine zweite Schüssel goss.

»Und was bedeuten diese kleinen schwarzen Flocken?«

Bei der Frage dieser jungen Frau entspannte sich Darina etwas, denn alles, was diese bisher wissen wollte, hatte von ehrlichem Interesse gezeugt.

»Das ist die Vanille.« Mit diesen Worten hob sie eine dünne, fast schwarze Schicht aus der Backform. »Erinnern Sie sich daran, wie sie sich abgesetzt hat, nachdem wir die Milch eingerührt und alles anschließend passiert haben? Daraus entsteht dann im Ofen diese Hülle, die dem Ganzen ein wundervolles Aroma gibt. Man kann sie zwar nicht mehr für einen Custard verwenden, aber sie eignet sich noch gut, um den Feinkristallzucker für Kuchen oder Biskuits zu aromatisieren. Sie brauchen sie nur abzuspülen und können sie dann in einer Dose aufbewahren.« Darina kam wieder in Schwung, und die Verspannung in ihrem Nacken ließ nach.

Plötzlich rief eine Frau aus dem Publikum: »Passen Sie auf, der Savarinkuchen!« Am anderen Ende der Kochinsel floss ein Hefeteig über den Rand seines Backblechs und tropfte langsam auf die Arbeitsplatte. Er sah aus wie Urschleim aus einem Science-Fiction-Roman.

»Aha«, rief Darina, griff in die Ablage unter der Platte und holte eine neue Schüssel hervor. »Ein weiterer Beweis für die Wichtigkeit einer präzisen Zeitplanung.« Dabei ermahnte sie sich innerlich: Ruhig bleiben, nur keine Panik! »Man muss den Teig in den Ofen geben, bevor er diesen Zustand erreicht. Jetzt müssen wir die Masse erst eine Weile stehenlassen, bevor wir sie wieder aufgehen lassen können.« Sie schaufelte den Teig vom Blech in die Schüssel und rührte ihn ein paarmal durch, um den Vorgang zu beschleunigen. Dann, nachdem er wieder die richtige Konsistenz hatte, wurde der Hefeteig zurück auf das Blech gegeben, das ihre Assistentin in der Zwischenzeit kurz abgespült und mit Butter eingefettet hatte. Darina stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als sie sah, dass die Äpfel für das Früchtekompott in der Mitte bereits in Apfelwein gekocht und die kandierten Orangenschalen ebenfalls fertig vorbereitet waren. Es hätte ihr den Rest gegeben, wenn jetzt auch noch die Apfel zerkocht wären oder wenn sie sich beim Schneiden der Orangenschalen verletzt hätte.

Sie goss die Apfelsoße ab, ließ sie zusammen mit Zucker zu einem Sirup kochen und nahm dann aus dem kleinen Kühlschrank ein Biskuitblatt, das mit geschmolzener Schokolade und Kastanieneiscreme bestrichen war: Darina hatte es in den Kühlschrank gelegt, weil das Eis zu weich war, um es einzurollen. Jetzt sank ihr Herz vor Schreck, als sie sah, dass die Schokolade in der Kälte so hart wie Zement geworden war. Es war nicht mehr daran zu denken, daraus eine Rolle zu formen. So ein idiotischer Fehler!

Warum hatte sie sich bloß zu dieser Vorführung überreden lassen? Schließlich hatte sie Eve gewarnt, dass sie in so etwas kaum Erfahrung hatte und es wahrscheinlich nicht schaffen würde.

»Natürlich schaffst du das«, hatte ihre Freundin geantwortet und dabei absolut überzeugt geklungen. »Hör mal, es geht bloß um ein paar nette Kleinigkeiten zum Dessert, nichts Kompliziertes, und die Frauen sind alles andere als anspruchsvoll. Die Hälfte von ihnen schläft nach dem Mittagessen ein, und die übrigen wollen lediglich ein paar Anregungen für ihre nächste Dinnerparty und kein Diplom in Kochkunst. Wir können es jedenfalls nicht mehr absagen. Ich bin im Fernsehstudio, und da Claire krank ist und Jo nun auch ausfällt, bist du unsere einzige Rettung.«

Darina war ziellos durch die South Audley Street in Mayfair geschlendert, als sie mit Eve Tarrant zusammenstieß, die gerade aus der Delikatessen- und Weinhandlung Hobbs & Co. trat. Eve war mit mehreren Einkaufstüten bepackt und hatte sie zunächst ärgerlich angefahren: »Passen Sie doch auf!« Darin erkannte sie ihr Gegenüber und stieß einen Schrei des Entzückens aus. »Na sowas, Darina Lisle! Wo hast du denn die ganze Zeit gesteckt? Komm, lass uns zusammen zu Mittag essen.«

Sie waren in die italienische Trattoria an der nächsten Ecke gegangen, und Darina konnte nicht umhin, Eve für ihre ungezwungene Selbstsicherheit zu bewundern, mit der sie den besten Tisch auswählte und die Kellner freundlich, aber bestimmt kommandierte.

Dabei lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück und betrachtete eingehend die Freundin, die sie seit fast acht Jahren nicht mehr gesehen hatte.

Eve war klein und so zierlich, dass sich Darina mit ihren fast ein Meter achtzig vorkam wie eine Riesin neben einer Elfe. Das einzig Große an Eve waren ihre strahlendblauen Augen, die wie Saphire aus ihrem schmalen Gesicht leuchteten.

Ihre Züge waren fein und leicht asymmetrisch, die Nase saß nicht ganz in der Mitte, und der Mund war etwas schief, was ihrem Gesicht eine überaus aparte Note gab. Eingerahmt wurde es von einer wilden Pracht dunkelblonder Korkenzieherlocken mit goldenen Strähnchen. Ihre Kleidung sah aus, als habe sich ein avantgardistischer und sündhaft teurer Designer eine neue Variante eines Reitanzuges einfallen lassen, den nur eine Frau ohne Hüften tragen konnte.

Eve blätterte durch die Speisekarte, überflog das Angebot und gab sie dem höflich wartenden Kellner mit ihrer Bestellung für beide zurück. Dann spielte sie nervös mit dem Besteck, ordnete Messer und Gabel neu, drehte den Porzellanteller um und studierte den Stempel des Herstellers auf der Rückseite. Als sie damit fertig war, hob sie den Kopf und sah Darina in die Augen. »Ich habe dich seit unseren gemeinsamen Kochkursen nicht mehr gesehen. Du bist doch damals weggegangen, um dich aufs Land zurückzuziehen. Bist du da immer noch?«

»Nein, die letzten Jahre war ich in London. Ich habe einen Catering-Service betrieben, das Geschäft aber vor kurzem an eine Freundin verkauft.«

Darina verspürte keine große Lust, näher auf dieses Thema einzugehen, schließlich ließ sich die Geschichte von dem wertvollen Haus in Chelsea, das ihr ermordeter Cousin ihr vererbt hatte, nicht so nebenher erzählen. »Aber ich habe ein paarmal von dir in der Zeitung gelesen. Gehört dir nicht dieser todschicke Catering-Service, der für die elegantesten und teuersten Cocktailpartys und Festessen verantwortlich ist?«

Eve lachte. »Naja, du weißt doch, dass man viel verlangen muss, damit die Leute glauben, es sei ihr Geld wert. Aber wir bieten jetzt auch noch etwas Neues an, nämlich Schnellkochkurse. Und das läuft wirklich gut, die Interessenten stehen förmlich Schlange bei uns. Natürlich betreiben wir nach wie vor den Catering-Service, das bringt uns schließlich den größten Teil unseres Umsatzes. Jo Parkins kümmert sich hauptsächlich darum, während Claire Montague und ich die Kurse leiten und uns um eine stärkere Präsenz in den Medien bemühen. Allerdings ist das im Moment ziemlich schwierig.« Eve hielt einen Moment lang inne und sah ihre Freundin an. Dann fragte sie: »Hast du nicht gesagt, du hättest dein Geschäft verkauft? Und was machst du jetzt?«

»Ach, ich warte erst mal ab und sehe mich ein bisschen um.« Darina blieb absichtlich vage. »Aber wie kommt’s, dass du heute Mittag Zeit hast? Ich meine, ist da nicht auch ein Kochkurs?«

»Nein, sie finden nicht jeden Tag statt. Unser letzter hat gestern aufgehört, und der nächste beginnt erst am Montag. Ein Fotograf benutzt heute unsere Vorführküche als Kulisse, und ausnahmsweise haben wir am Abend auch keine Veranstaltung. Claire bereitet alles für morgen vor, und ich bin kurz weggegangen, um noch ein paar spezielle Zutaten einzukaufen.«

Nachdem der Kellner das Essen gebracht hatte, meinte Eve beiläufig: »Und du hast also nichts Besonderes vor im Moment. Sag’ mal, könntest du da nicht für ein paar Tage bei uns aushelfen?«

»Kochkurse leiten?« Darina erschrak. »Die einzige Kochvorführung, zu der ich mich bisher habe überreden lassen, war für eine Wohltätigkeitsveranstaltung unserer Gemeinde.« Sie verschwieg, dass sie sich dabei entsetzlich gefühlt hatte. Das Kochen war ihr Leben, sie bereitete mit Leichtigkeit ein Abendessen für zwölf, ein Büffet für fünfzig und Cocktails für hundert Personen zu, aber sie zu bitten, die Zubereitung einiger einfacher Gerichte vor einem Publikum zu demonstrieren, war, als würde man von ihr verlangen, den Sterbenden Schwan in der Oper von Covent Garden zu tanzen.

»Nein, nicht die Vorführungen«, beruhigte sie Eve, während sie mit ihrer Gabel die Spaghetti auf dem Teller hin und her schob. »Ich dachte an den Catering-Service. Jo hat heute Morgen angerufen. Ihr Vater liegt im Sterben, und sie muss deshalb zu ihrer Familie nach Leeds fahren. Morgen steht auf dem Programm ein Brunch für zweihundert, eine kleine Dinnerparty, ein Picknick, das wir für die Pilzwanderung am Samstag vorbereiten müssen, und nicht zu vergessen Lady Waldens Cocktailparty morgen Abend. Am Sonntag geben wir selbst ein Festessen für vierzig geladene Gäste, es ist der erste Geburtstag des Wooden Spoon, so nennen wir unsere Kurse, und am Montag … Aber ich brauche wohl nichtweiterzureden, du kannst dir sicher vorstellen, dass wir unbedingt eine zuverlässige Hilfskraft brauchen, bis Jo wieder zurück ist. Es handelt sich wirklich nur um ein paar Tage, und es gibt niemanden, den ich lieber bei uns hätte als dich.« Sie sah ihr Gegenüber flehend an.

Darina dachte eine Weile nach. Sie hatte das Haus in Chelsea zum Verkauf angeboten, und es hatten sich mehrere Interessenten gemeldet. Außerdem hatte sie geplant, zwei Landhäuser zu besichtigen, die ebenfalls zum Verkauf standen, um zu sehen, ob sie sich möglicherweise zu einem kleinen Hotel umbauen ließen. Aber es sprach nichts dagegen, den Interessenten ihr Haus vom Immobilienmakler vorführen zu lassen, und ihre Reise aufs Land konnte sie ebenso für ein paar Tage verschieben. Eve hatte geklungen, als ob sie wirklich Hilfe brauchte, und Darina hatte auf der Kochschule immer gern mit ihr zusammengearbeitet. Warum zögerte sie also jetzt? Ihr wurde bewusst, dass sie ein wenig mehr Zeit für sich selbst haben und ihre neugewonnene Unabhängigkeit genießen wollte. Sie hatte sich gerade den Luxus eines außergewöhnlich teuren Friseurbesuchs gegönnt. Und sie hatte sich auf einen langen Einkaufsbummel gefreut, mit der Aussicht auf einige weitere erholsame Tage, bis der Alltag sie wieder einholen würde. Aber für Egoismus war jetzt keine Zeit, denn Eve war in Schwierigkeiten – und schließlich ging es nicht darum, vor Publikum zu arbeiten.

Und nun war genau das eingetreten, was sie am meisten gefürchtet hatte: Sie stand vor einer Gruppe von dreißig überkritischen Frauen der gehobenen Mittelklasse – und alles ging schief. Es war ja nicht Claires Schuld, dass sie plötzlich an einer Magen-Darm-Grippe erkrankte, aber sie hätte sich auch kaum eine schlechtere Zeit dafür aussuchen können. Und nun dieses kulinarische Desaster. Was sollte sie bloß tun?

Darina holte tief Luft und legte den mit Schokolade und Eiscreme beschichteten Teig auf die Arbeitsfläche unter dem Spiegel. »Und jetzt habe ich eine kleine Überraschung für Sie«, teilte sie ihren Zuhörerinnen mit. »Wir werden diesen Nachtisch anders zubereiten, als es in Ihren Rezepten steht.«

Darina nahm ein großes Messer und begann, den Kuchen in gleichgroße, rechteckige Scheiben zu zerteilen, die sie anschließend übereinanderschichtete. Dann zerschnitt sie diesen Block in drei schmale Streifen und presste sie wieder aneinander, wobei sie den mittleren Streifen umdrehte.

»Sehen Sie sich bitte dieses Schachbrettmuster an«, sagte sie, indem sie das Endstück von dem Kuchen abschnitt. »Wir geben den Rest wieder zurück in den Kühlschrank, während ich diese Scheibe hier herumgehen lasse.« Sie wickelte den Kuchen in Alufolie, und ihre Assistentin stellte ihn in das Kühlfach.

Darina stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als sie hörte, wie eine Welle anerkennender Kommentare durch die Reihen der Zuschauerinnen ging. Durch diesen Erfolg ermutigt, zeigte sie den Frauen noch, wie man einen gefrorenen Savarinkuchen auftaute, ihn in warmem Sirup einweichte, die pochierten Apfel zusammen mit Orangenscheiben in die Mitte gab und schließlich das Ganze mit kandierten Orangenschalen dekorierte. Dann hatte sie es fast geschafft. Jetzt musste nur noch die Eisbombe zusammengestellt werden.

Die Eismaschine hinter ihr kam zum Stillstand. Darina drehte sich um, um eine Form und die Schüssel mit Schokoraspeln zu holen, deren winzige Kringel sie zuvor so sorgfältig mit einem Kartoffelschäler aus einem Block Schokolade gehobelt hatte. Sie geriet erneut in Panik, als sie bemerkte, dass sie die Schüssel zu nah am Herd hatte stehenlassen und die Schokoraspel schon fast zerschmolzen waren. Es war sicher das Beste, wenn sie diesen Fehler ehrlich zugab.

»Das ist nicht mein Tag heute«, wandte sie sich wieder an ihr Publikum, während sie die kleine Schüssel in die Mikrowelle gab und sie auf die niedrigste Stufe stellte. »Ich hätte die Schokoraspel im Kühlschrank aufbewahren sollen.« Dann bestrich sie das Innere der Form mit etwas Eiscreme, teilte den Rest in zwei Teile, gab die geschmolzene Schokolade dazwischen und zog schwungvoll eine Gabel durch die Masse. »Wenn wir die Torte jetzt aufschneiden, haben wir ein Marmormuster in der Mitte, statt der etwas spektakuläreren Variante, bei der beim Anschneiden die Schokoraspel hervorquellen.«

»Und Sie haben damit zwei Dessertideen in einem«, kommentierte Eve Tarrant, während sie auf die Demonstrationsfläche zuging.

»Ein perfektes Beispiel dafür, wie wichtig es ist, nicht in Panik zu geraten«, fuhr sie fort, während sie sich dem Publikum zuwandte. »Wenn etwas schiefgeht, gibt es fast immer eine Möglichkeit, die Situation zu retten. Allerdings nur, wenn Sie nicht in Panik geraten. Denn falls es wirklich keine Alternativen gibt, hilft Ihnen Panik auch nicht weiter.« Sie lächelte aufmunternd.

»Und jetzt möchte ich Ihnen noch zeigen, was wir heute im Fernsehen präsentiert haben.« Sie setzte die große Platte, die sie getragen hatte, nieder, und als sie das Tuch abhob, kam darunter eine bunte Auswahl belegter Sandwiches zum Vorschein. Die Frauen erhoben sich von ihren Stühlen und kamen nach vorne, um die Köstlichkeiten in Augenschein zu nehmen. Da waren Garnelen auf grünen Salatblättern aufgereiht und mit zwei Ringen aus Zitronenschale garniert – eine Kreation, die man ›Rush Hour‹ nennt, wie Eve erläuterte –, hauchdünne Scheiben aus zartrosa Roastbeef, die wellenförmig auf einer Lage Kartoffelsalat mit Schnittlauch verteilt waren und in einen Fächer aus aufgeschnittenen Gewürzgurken mündeten, Törtchen aus geräuchertem Lachs, gefüllt mit Kräuterrahmkäse und mit Dill bestreut, sowie ein kunstvolles Arrangement aus Hühnerbrust und gekochtem Ei auf Lollo Rosso, dessen bronzefarbene Blattränder den perfekten Hintergrund für das helle Fleisch abgaben.

»Sie werden nicht glauben, wie schwierig es für mich war, das hier für Sie aufzuheben. Die Fernsehleute wollten nämlich sofort alles aufessen. Morgen Vormittag werden wir lernen, wie man solche garnierten Sandwiches zubereitet, und nachmittags befassen wir uns dann mit Cocktailpartys. Abschließend möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass sie alle Küchenmesser, Kasserollen und sonstigen Kochutensilien, die Darina während ihrer Vorführung benutzt hat, in unserem Verkaufsraum erwerben können.« Nach diesen Worten verließen die Frauen fröhlich plaudernd den Vorführraum.

Nachdem Eve sich vergewissert hatte, dass auch die letzte der Zuschauerinnen gegangen war, ließ sie sich auf einen Stuhl fallen. »Gut gemacht, Darina. Ich merke schon, du hast den Bogen in Nullkommanichts heraus.« Ihr Blick fiel auf den Schachbrettkuchen. »Eine neue Erfindung, wie ich sehe.«

Darina berichtete kurz, was passiert war, und fragte dann, wie es im Fernsehen gelaufen sei.

»Gar nicht so schlecht.« Eve konnte ein wenig Selbstzufriedenheit nicht verbergen. »Es war allerdings auch nicht sehr schwierig. Gute Sandwiches sind eine Frage der Zusammenstellung, und ich habe sie mit Absicht ganz einfach belassen, damit es keine Probleme geben konnte.« Darina warf einen Blick auf die Platte mit Eves raffinierten Kreationen. Wenn das einfach war, was würde Eve dann kompliziert nennen? Aber die Arbeit schien sie tatsächlich nicht im mindesten erschöpft zu haben. Sie trug eine smaragdgrüne Taftbluse mit hohem Kragen und weiten Ärmeln zu einem grün und blau karierten Rock, in dem ihre Wespentaille hervorragend zur Geltung kam und sie ungemein schick aussah.

»Der Produzent hat was von ein paar Ideen für weitere Sendungen gemurmelt, deshalb glaube ich, dass wir da jetzt sozusagen einen Fuß in der Tür haben.«

»Wie ist es dir überhaupt gelungen, die erste Sendung zu bekommen?«, fragte Darina neugierig.

»Ich wusste, dass der Produzent auf einer Party sein würde, die wir ausrichten sollten, und habe mich auf die Gästeliste setzen lassen. Dann habe ich ihn einfach angesprochen und ihm von meinen Ideen für eine Kochsendung erzählt. Er hat mich sofort zu einer Vorführung eingeladen.« Eve stand auf und streckte sich. »Jetzt muss ich noch Claire anrufen, um zu fragen, wie es ihr geht. Du hast auch nichts von ihr gehört, nehme ich an? Na ja, wahrscheinlich hat sie sich irgendwo einen Virus eingefangen; es dauert eine Weile, bis das ausgestanden ist. Ich bin gleich wieder zurück und helfe dir bei den Vorbereitungen für die Dinnerparty heute Abend. Du weißt noch, was sie bestellt haben?«

»Einzelne Soufflés aus Spinat mit Sardellenwürze, Fasan an Brombeercoulis, Pistazienpüree, Vichy-Karotten, Kartoffeln mit Wellenschliff, Kiwis in glasierter Sauce Sabayon und Savarinkuchen mit Apfeldekoration.« An dieser Stelle wies Darina zu dem Backblech mit dem nun beinahe vollständig aufgegangenen Teig. »Das war auch eine der Katastrophen heute Nachmittag. Ich hoffe nur, dass es Claire bis morgen besser geht, denn diese Vorführungen sind wirklich nicht meine Stärke.«

»Du brauchst nur ein bisschen Übung, Darina. Und solche kleinen Probleme gibt es doch immer mal wieder. Was zählt, ist, dass du offensichtlich imstande bist, mit ihnen fertig zu werden. Und jetzt deck diese Platte bitte wieder zu und bring sie nach unten. Das wird wohl reichen für unser Mittagessen.« Mit diesen Worten spazierte sie aus der Vorführküche.

Darina sah sich um. Das schmutzige Kochgeschirr war bereits in der Spülmaschine gesäubert und wieder eingeräumt worden. An jedem Ende der Demonstrationsfläche befanden sich vier in die Wand eingelassene Öfen. Dazwischen erstreckte sich eine große Arbeitsfläche mit einer Herdplatte. Die Regalbretter darunter waren mit Geschirr, Pfannen und anderem Kochgerät gefüllt. Vier große und zwei kleine Spülbecken sowie vier Kühlschränke vervollständigten die Einrichtung. In der Mitte des Vorführraumes konnten zwei große Koch- und Arbeitsplatten für Kochkurse installiert werden, die mehreren Stuhlreihen weichen mussten, wenn, wie heute, Kochvorführungen auf dem Programm standen.

An den Wänden hingen Plakate mit den Abbildungen von Kräutern, Pilzen, Weinanbaugegenden in Frankreich und Italien, einige gemalte Stillleben mit Früchten sowie Sträuße aus getrockneten Kräutern und Knoblauch- und Zwiebelzöpfe. In einer Ecke stand ein Gitter aus hellrotem Metall, in dem Löffel, Scheren, Spachtel, kleine Siebe, Schöpfkellen und andere Küchenutensilien aufbewahrt wurden. Es war nicht nur eine funktionelle, sondern auch eine ausgesprochen attraktive Einrichtung, um in die Kochkunst eingeführt zu werden.

Darina nahm das Blech mit dem Savarinteig, balancierte es zusammen mit der Platte, auf der die Sandwiches lagen, die Treppe hinunter, ging an dem kleinen Verkaufsraum vorbei, wo die Frauen gerade Küchenmesser ausprobierten und Eismaschinen kauften, und betrat die Catering-Küche. Es wurde langsam Zeit, die Schrecken der Kochvorführung zu vergessen und mit den Vorbereitungen für die heutige Abendgesellschaft zu beginnen.

Kapitel 2

Eve schloss die Tür zu ihrem Büro und ließ sich auf ihren Schreibtischstuhl sinken. Sie überflog den Stoß von Rechnungen und Briefen, der auf ihrem Schreibtisch lag, und warf dann alles mit einer ungeduldigen Geste in einen bereits überquellenden Ablagekorb. Dann drehte sie sich schwungvoll auf ihrem Stuhl herum. Durch die weißen Jalousien vor dem Fenster konnte sie die Rückseiten der eleganten Stadthäuser sehen, die einen kleinen Hof begrenzten.

Ein fahles Sonnenlicht fiel in den Hof. Die Häuser auf der gegenüberliegenden Hofseite traten in den Hintergrund, als ihr Blick an der langen Reihe Mülltonnen entlangwanderte und an dem Anbau haften blieb, in dem die Catering-Küche lag. Eve dachte mit Befriedigung an die gleichermaßen professionelle und attraktive Einrichtung, an die Öfen, Herde und Spülen aus Edelstahl, an die großzügige Arbeitsfläche und die blendend weiß getünchten Wände. Gleich würde sie wieder hinübergehen und Daisy Delameres Dinnerparty vorbereiten, ein Essen, das mit Sicherheit zum bereits nicht unbeträchtlichen Ruf des Wooden Spoon beitragen würde.

Eve überlegte, wie sie diesen Abend am sinnvollsten organisierte. Sollte sie das Essen servieren und Darina bitten, den Speisen in der Küche den letzten Schliff zu geben, oder sollte sie besser selbst in der Küche bleiben, um sicherzugehen, dass jeder einzelne Menügang so präsentiert wurde, wie sie es wollte?

Sie sah auf ihre Armbanduhr und stellte fest, dass es Zeit war, sich umzuziehen. Aber zunächst musste sie Claire anrufen.

Das Telefon läutete mehrere Male, bevor sich eine schwache Stimme meldete: »Eve, wie nett von dir, dass du anrufst. Ja, es geht mir schon etwas besser. Aber es war wirklich furchtbar. Ich hätte nie gedacht, dass eine simple Magen-Darm-Grippe einen so fertigmacht.«

Eve wickelte sich eine Locke um den Finger. »Eine Freundin von mir hatte vor einigen Wochen das gleiche. Ihr ging es genauso furchtbar wie Dir jetzt – aber sie ist jetzt wieder völlig in Ordnung.«

»Du weißt nicht zufällig, ob noch einer der anderen Gäste am Sonntag krank geworden ist?« Claires Stimme klang zögernd.

Eve runzelte die Stirn und antwortete: »Nein, Monica hat angerufen, um zu sagen, wie sehr es Ralph und ihr gefallen hat – kein Wort davon, dass einem von ihnen das Essen nicht bekommen wäre. Kenneth war heute Vormittag hier, um seine Vorbereitungen für den Fototermin am Donnerstag zu treffen, und hat völlig gesund ausgesehen. Von Elizabeth und den anderen habe ich noch nichts gehört, aber auch Joshua und ich fühlen uns pudelwohl.« Sie hielt einen Moment lang inne und fragte dann entsetzt: »Du glaubst doch nicht etwa, du hast eine Lebensmittelvergiftung, oder?«

»Ich habe mich nur gefragt, ob mit den Pilzen alles in Ordnung war.« Claire äußerte diese Vermutung so vorsichtig, dass ihre Worte kaum hörbar waren.

Eve runzelte erneut die Stirn. »Du meinst, du hättest vielleicht einen giftigen erwischt? Das glaube ich nicht.«

»Na ja, da war schließlich dieser eine, vor dem uns Ralph so besonders gewarnt hat.«

»Aber den hat er doch sofort beseitigt, und außerdem alle anderen, bei denen er auch nur den geringsten Zweifel hatte. Nein«, fuhr sie bestimmt fort, »Ralph Cox ist ein absolut zuverlässiger Pilzkenner. Ich bin ganz sicher, es ist nur eine Magengrippe. Du musst dich warmhalten, reichlich Wasser trinken und erst wieder zur Arbeit kommen, wenn es dir wirklich bessergeht. Darina kommt schon zurecht.«

»Wie macht sie sich denn?«

Eve kicherte. »Erstaunlich gut. Während ihrer Kochvorführung ist zwar so ziemlich alles schiefgelaufen, was nur schieflaufen kann – es war beinahe klassisch –, aber sie war absolut souverän und hat sich sozusagen mit einer neuen Nachtischkreation gerettet. Jetzt muss ich aber Schluss machen, Claire, heute Abend ist Daisys Dinnerparty.«

Sie legte das schnurlose Telefon auf die Ladestation zurück, blieb noch einen Moment lang stillsitzen, sprang dann plötzlich voller Energie auf und öffnete eine Tür in der Ecke des Raumes, hinter der eine kleine Duschkabine zum Vorschein kam. Während sie die Kleider ablegte, drehten sich ihre Gedanken um die Pilzwanderung am letzten Samstag.

Es war ein fantastisch schöner, sonniger Herbsttag gewesen und so warm, dass sie ihre Leinenhose und ein Leinenoberteil in einem warmen Goldton tragen konnte, von dem sie wusste, dass er wunderbar zu ihren Haaren passte. Joshua hatte sie auf eine Art und Weise angesehen, die sie an die Zeit erinnerte, als sie frisch verliebt waren. Ein Schauer lief über ihren Rücken, und der kam keineswegs von dem eiskalten Wasser, das auf sie niederprasselte.

Ralph hatte die Gruppe tief in einen Wald in Sussex geführt und sie dabei auf ungenießbare, schwammförmige Pilze aufmerksam gemacht, die an Baumstämmen wuchsen, und auf den grässlichen Tintenpilz mit seinem spitzen Hut, den nur ein Idiot für essbar halten konnte, wie Eve gedacht hatte, der aber anscheinend ganz harmlos war, jedenfalls, solange es sich um ein junges Exemplar handelte.

Ralph liebte es, die Führung zu übernehmen, die Regeln zu bestimmen und die Leute mit seinem Wissen zu beeindrucken. Er war ein unglaublicher Macho; seine Instinkte waren jederzeit unter der dünnen Decke aus Kultiviertheit spürbar. Als sie ihre Pilzwanderung zum Mittagessen unterbrachen, hatte sie einen Blick von ihm aufgefangen, der ihr Blut in Wallung brachte. Hatte Joshua es bemerkt?

Nein, er war vollauf damit beschäftigt, Claire beim Auspacken der Picknickkörbe zu helfen und die verschiedenen Salate anzurichten, die Darina zubereitet hatte. Er hatte lautstark seine Bewunderung geäußert, und das zu Recht, denn Darina war wirklich eine außerordentlich gute Köchin geworden. Eve hatte ihr nur gesagt, wie viele Personen teilnehmen würden und welche Zutaten eingekauft worden waren, und im Handumdrehen hatte sie die Salate gezaubert. Das Arrangement war nicht so spektakulär wie eines der ihren, aber es sah sehr hübsch aus und schmeckte vorzüglich. Schade, dass sie Darina nicht früher getroffen hatte. Sie wäre die ideale Partnerin. Ausgesprochen einfallsreich – vielleicht sogar zu einfallsreich? Einer von Claires großen Vorzügen war, dass sie nie versucht hatte, die erste Geige zu spielen.

Eve rieb sich kräftig mit einem Badehandtuch ab, bis sich ihre Haut rötete. Wann hatte Ralph noch einmal diesen giftigen Pilz gefunden? War es nach dem Mittagessen? Nein, vorher. Der Pilz hatte so harmlos ausgesehen, aber Ralph hatte ein furchtbares Getue gemacht und darauf bestanden, sich gründlich die Hände zu waschen, nachdem er ihn weggeworfen hatte. Er hatte sogar eine kleine Flasche mit Seifenwasser aus einer geräumigen Tasche in seiner Lederjacke gezogen. Er hatte erklärt, dass der Verzehr sogar dieses kleinen Exemplars absolut tödlich sei, und sie bekam noch jetzt, beim Gedanken an seine Worte, eine Gänsehaut … Sich vorzustellen, dass dieses kleine Ding ein Leben auslöschen könnte!

Aber der Pilz war zerstört worden, und damit war es absolut unmöglich, dass er zusammen mit den anderen Pilzen, die bei ihrer Feier zum einjährigen Bestehen des Wooden Spoon als Vorspeise gereicht wurden, gegessen worden war.

Und was für ein erfolgreiches Festessen war das gewesen. Eve schob den Gedanken an giftige Pilze beiseite und dachte zufrieden an den Beifall, den sie dafür bekommen hatte. Dann schlüpfte sie in eine blauweiß gestreifte Kochhose, knöpfte die kurze weiße Husarenjacke zu, kämmte sich die wilden Locken aus dem Gesicht und bedeckte sie mit einem weißen Kopftuch. Dann warf sie das feuchte Badetuch in den Wäschekorb, prüfte, ob der Schreibtisch aufgeräumt war, und ging in die Küche.

Spät am Abend brachte Darina die letzte der dreißig Servierplatten aus Lady Delameres elegantem Speisesalon in die Küche. Eve stellte eine altmodische Geschirrspülmaschine an und meinte: »Ich fürchte, den Rest müssen wir mit der Hand spülen, es dauert sonst zu lange.« Sie nahm sich einen Apfelschnitz von der Platte mit den Resten des Savarinkuchens, steckte ihn in den Mund und lächelte glückselig. »Himmlisch, meine Liebe, einfach himmlisch.«

Während Darina die schmutzigen Teller neben dem Spülbecken stapelte, sagte sie: »Die Leute waren ganz begeistert von dem Essen.«

»Oh, das ist Musik in meinen Ohren. Was haben sie gesagt? Erzähl schon!« Eve ließ heißes Wasser in das Becken laufen, gab reichlich Spülmittel dazu und begann, das Geschirr abzuwaschen.

Darina lächelte. Eve war wie ein kleines Kind, das genau wusste, dass es seine Sache sehr gut gemacht hatte und trotzdem das Lob der Erwachsenen als Bestätigung brauchte. Also wiederholte sie die Kommentare, die sie gehört hatte, während sie sorgfältig das Silberbesteck abtrocknete. »Und dann hat noch jemand gesagt, er habe Hemmungen, etwas zu essen, weil sein Teller ein wahres Kunstwerk sei«, beendete sie ihren Bericht. »Er hat recht, es ist einmalig, wie du die Speisen komponierst.«

»Es macht mir einfach Spaß«, antwortete Eve schlicht. »Wenn ich ein Essen anrichte, ist das wie eine Meditation für mich. Ich werde absolut ruhig und entspannt dabei, und es ist, als ob das Leben plötzlich perfekt wäre.«

»Und – probierst Du Deine Köstlichkeiten auch?«, fragte Darina neugierig, wobei sie an ihren ständigen Kampf mit den Pfunden dachte und Eve anschaute, die so aussah, als wisse sie gar nicht, was eine richtige Mahlzeit bedeutete.

»Naja, natürlich liebe ich gutes Essen, aber für mich ist der Geschmack eins mit der Optik. Es muss fantastisch aussehen, dann schmeckt es auch fantastisch.«

»Ich glaube, ich werde noch viel von dir lernen.«

»Aber Darina, du bist eine wunderbare Köchin.« Eve klang aufrichtig, und Darina merkte, dass sie sich geschmeichelt fühlte. »Das Essen, das du für das Picknick am Samstag zubereitet hast, war großartig.«

Und du hast kaum etwas davon gegessen, dachte Darina und erinnerte sich, wie Eve herumgestochert und jeden Bissen mit einem Schrei des Entzückens bedacht hatte, was etwas übertrieben wirkte in Anbetracht der winzigen Mengen, die sie tatsächlich zu sich genommen hatte. Aber vielleicht war das eben die Art, wie sie sich ernährte, hier ein wenig, da ein wenig.

»Ich wünschte nur, du hättest an unserem Festessen am Sonntag teilnehmen können, das war wirklich etwas Besonderes. Allein die Pilze waren absolut göttlich.«

Darina musste wieder lächeln. Die Begeisterung ihrer Freundin war einfach entwaffnend, obwohl man sich kaum vorstellen konnte, wie es diese zerbrechliche Gestalt fertigbrachte, ein viergängiges Mittagsmenü für vierzig Personen zu kochen und dabei noch die Gastgeberin zu spielen. Allerdings war Claire ja noch da gewesen, um zu helfen.

»Mit wem hattest du dieses Rendezvous, weswegen du nicht kommen konntest?«, fragte Eve jetzt mit leicht anzüglichem Unterton, und Darina spürte, wie sie errötete.

»Es war nur eine Verabredung mit einem Freund, aber ich konnte ihm unmöglich absagen, denn wir hatten dieses Treffen schon seit Urzeiten geplant.«

»Mir kannst du nichts vormachen, es war doch sicher jemand ganz Spezielles.«

Darina protestierte zwar, aber Eve lächelte nur wissend, während sie frisches Spülwasser in das Becken laufen ließ.

War William Pigram etwa jemand Spezielles, fragte sich Darina, während sie sorgfältig eine Gabel abtrocknete. Sie musste zugeben, dass er Charme hatte. Er war größer als die meisten Männer, die sie kannte, und überragte sie sogar, wenn sie Schuhe mit hohen Absätzen trug. Außerdem hatte er einen scharfen Verstand und war auf erfrischende Weise humorvoll. Aber er war Polizist, ein Kriminalbeamter, der sie einmal beinahe wegen Mordes verhaftet hätte, und wenn sich dieser schreckliche Verdacht schließlich als falsch herausgestellt hatte, dann hatte sie das nicht ihm zu verdanken.

Als er sie angerufen und zum Mittagessen eingeladen hatte, war es ihr erster Impuls gewesen, abzulehnen. Dann hatte er ihr erklärt, dass er für ein paar Urlaubstage aus Somerset nach London komme, und wenn ihr Sonntagmittag nicht passe, dann könnten sie sich doch zu einem Abendessen in der folgenden Woche verabreden. Daraufhin war ihr das Mittagessen am Sonntag als die weniger verfängliche Alternative erschienen, und sie hatte zugesagt. Als sie dann Eve getroffen hatte und zu dem Festessen eingeladen wurde, hätte sie eine perfekte Ausrede gehabt, um William anzurufen und das Treffen abzusagen. Aber sie hatte es nicht getan.

Stattdessen hatte sie ihn am Sonntag in ihrer Wohnung mit dem Gefühl erwartet, dass sie das Ganze nur schnell hinter sich bringen wollte. Und auch als sie ihm die Tür öffnete, tat sie es eher widerstrebend. Als er sie jedoch mit so offensichtlicher Wiedersehensfreude anstrahlte, hatte sie plötzlich gemerkt, wie sich ihre Stimmung hob.

Sie hatte ihn auf einen Drink hereingebeten. Er nahm ein Glas Weißwein und sah sich interessiert in ihrem Wohnzimmer um.

»Das ist also ihr Chelsea-Domizil. Sehr schön. Das hier gefällt mir besonders«, mit diesen Worten legte er eine Hand auf eine der Säulen, auf denen eine Bogenkonstruktion ruhte, die den Raum in zwei Hälften teilte. Dann ging er weiter herum, betrachtete sich die Bilder an den Wänden, nahm eine oder zwei der vielen kleinen Kostbarkeiten in die Hand, die auf den antiken Möbeln verteilt waren, und blieb dann vor den Glastüren stehen, die in den Garten mit einem steinernen Pfad, einigen Blumenbeeten und zwei antiken Statuen führten.

Ein wenig scheu beobachtete sie ihn, während er durch den Raum ging und die Einrichtung studierte, von der sie noch immer nicht ganz glauben konnte, dass sie tatsächlich ihr gehörte. Er bewegte sich absolut frei und sicher und wirkte dabei keineswegs aufdringlich, sondern so, als würde er sich problemlos in diese Umgebung einfügen. Offensichtlich hatte er die erstaunliche Gabe, die Atmosphäre des Hauses in sich aufzunehmen und gleichzeitig widerzuspiegeln.

»Es ist ein besonders schöner Raum, und er passt zu Ihnen. Ich sehe Sie vor mir, wie Sie hier sitzen und ein Buch lesen oder fernsehen.«

»Das stimmt. Ich wohne wirklich gern hier, aber ich fürchte, nicht mehr lange. Ich verkaufe das Haus.«

»Tatsächlich?« Es klang schockiert.

»Ich kann es mir einfach nicht leisten. Haben Sie eine Ahnung, wie hoch die Betriebskosten für so ein Haus sind? Und außerdem war es doch schließlich Ihr Vorschlag, dass ich mit dem Verkauf mein ›Traumhotel‹ finanzieren sollte.«

Er lächelte verschmitzt und sah dabei aus wie ein frecher Schuljunge. »Aha, also alles meine Schuld, ja? Na gut, dann lassen Sie uns jetzt gehen. Ich habe einen Tisch im Connaught reserviert. Sie wollten mir ja nicht sagen, wo man sonntags am besten zu Mittag essen kann, deshalb habe ich meinen Onkel um Rat gebeten.«

Voller Vorfreude – Darina hatte selten die Gelegenheit, Michel Bourdins Kochkünste zu genießen – holte sie ihren Mantel und ließ ihn ein Taxi herbeiwinken.

Es war ein sonniger Tag, beinahe so warm wie der vorangegangene, und während der Fahrt erzählte sie William von der Pilzwanderung. »Ich habe nie gewusst, wie viele Sorten essbarer Pilze in Sussex wachsen. Sie hätten sehen sollen, welche Mengen die Leute gesammelt haben, und das schon vor dem Mittagessen. Ich glaube, hinterher ist es sogar noch viel mehr geworden.«

»Sie haben sich nicht an der Suche beteiligt?« Inzwischen hatten sie das Restaurant betreten, und William hatte sie an ihren Tisch geführt und ihr einen Platz angeboten, von dem aus sie den holzgetäfelten Raum bestens überblicken konnte.

»Nein, ich habe nur die Speisen für das Picknick hingefahren und später die Reste und das Geschirr wieder mitgenommen. So mussten die Gäste am Ende der Wanderung nicht zurücklaufen, und Eve und Claire haben bei ihrer Rückkehr eine saubere Küche vorgefunden.«

»Was ist aus all den Pilzen geworden?«

»Eve hat sie für die Vorspeise des Essens benutzt, das sie heute gibt.« Darina erzählte ihm kurz von dem einjährigen Jubiläum.

William sah sie amüsiert an. »Sie waren doch sicher ebenfalls eingeladen. Ich fühle mich geschmeichelt.« Sie lachte, und er fuhr etwas wehmütig fort: »Naja, ich kann mir denken, dass sie gedacht haben, wenn Sie heute absagen, würde ich Sie mit meiner Einladung zum Abendessen nerven. Nein, sagen Sie nichts, es tut mir leid, dass Sie diesen Eindruck hatten. Aber jetzt erklären Sie mir lieber, wie Sie beim Wooden Spoon gelandet sind. Ich dachte, Sie hätten Ihren eigenen Catering-Service?«

Darina erzählte, wie sie das Unternehmen an ihre Mitarbeiterin übergeben hatte, um sich den Traum von einem eigenen Hotel zu erfüllen, von ihrem zufälligen Zusammentreffen mit Eve, sprach kurz über deren Firma und beschrieb einige der Speisen, bei deren Zubereitung sie am Freitag geholfen hatte.

William zog eine Grimasse. »Das klingt wie die Art von Essen, die ich nicht ausstehen kann. Ein Maximum an Form mit einem Minimum an Substanz. Während dieses hier nicht nur toll aussieht, sondern auch noch ein richtiges Essen ist.« Damit hob er die Gabel mit einem Bissen der Spezialität des Hauses, Beef Wellington, zum Mund und kaute es genüsslich.

»Ja, ich habe Sie bereits als den Rindsbraten-Typ klassifiziert.«

»Und was soll das heißen?«

»Dass Sie etwas kultivierter sind als der Steak-Typ.«

»Aber genauso ein Macho wie der, stimmt’s? Nur keine Ausflüchte, das ist doch das, was Sie von mir denken. Aber das Spiel gefällt mir. Mal sehn, wie ich Sie klassifizieren würde.«

Darina wartete geduldig, während seine grauen Augen sie forschend betrachteten.

»Ich hab’s: Creme brûlée. Man muss sich zuerst durch die verbrannte Kruste beißen, aber dann wird man durch die köstliche Creme darunter reichlich belohnt.«

»Ich gehe mal davon aus, dass das als Kompliment gemeint war.«

»Es ist eine meiner Lieblingsnachspeisen«, sagte er und erhob sein Weinglas. »Und wie ist es mit Ihrer Freundin Eve – mit welcher Speise würden Sie sie vergleichen? Nach allem, was Sie mir über sie erzählt haben, sehe ich sie als eine von diesen komplizierten Vorspeisen mit einem langen französischen Namen, die ungemein schick aussehen und nach nichts schmecken.«

»Offensichtlich habe ich da einen falschen Eindruck von ihr vermittelt. Ihre Art der Kochkunst ist einfach nicht mein Stil, aber ich lerne eine Menge von ihr. Durch Eve wird mir bewusst, wie wenig Fantasie ich beim Kochen habe. Sie wäre niemals damit zufrieden, ein Kotelett lediglich als Kotelett zuzubereiten. Es muss mindestens gefüllt oder in Teig gewickelt oder in einer speziellen Soße gekocht sein. Daneben sieht meine Art, die Speisen auszurichten, wie das Mittagessen in einem Kindergarten aus.«

»Ich erinnere mich daran, dass Sie ganz fabelhaft kochen.«

Darina dachte an die historischen Rezepte, die sie während des traumatischen Wochenendes zubereitet hatte, an dem sie William zum ersten Mal begegnet war. William hatte offensichtlich den gleichen Gedanken, denn er fuhr fort: »Aah, das war ein Essen nach meinem Geschmack. Und ich glaube, das kommt auch wieder in Mode. Die Franzosen nennen es ›cuisine gran mère‹, dabei schmeckt es ganz und gar nicht so wie ›bei Muttern‹ «.

Meine Mutter ist nämlich eine grauenhafte Köchin. Glücklicherweise macht sie sich meistens nicht einmal die Mühe zu kochen – sie ernährt sich und meinen Vater von Tiefkühlkost und sagt, als Politikerin sei sie viel zu beschäftigt, um ihre Zeit in der Küche zu verplempern. Wenn sie Gäste zum Essen hat, engagiert sie jemanden, der kocht. Wahrscheinlich sind es Leute wie meine Mutter, denen Sie und Ihre Freundin ihr Geschäft zu verdanken haben.«

»Auf Ihre Mutter«, sagte Darina und erhob ihr Glas mit dem ausgezeichneten Wein, den William ausgewählt hatte. Sie fühlte sich ungemein wohl. Das Essen war hervorragend, und das Ambiente in seiner Mischung aus Herrenclub und Landhaus ebenso gepflegt wie entspannend. Das Restaurant war angenehm gefüllt mit interessant aussehenden Gästen, und am interessantesten fand sie den, der ihr gegenübersaß. Alle Vorbehalte waren wie weggeblasen. Vielleicht hatte sie sich in letzter Zeit zu sehr auf ihre berufliche Karriere konzentriert und dabei vergessen, wie angenehm es sein konnte, mit einem attraktiven Mann auszugehen.

»Wir sollten das wiederholen«, meinte William, während er sich den Brot-und-Butter-Pudding, eine weitere Spezialität des Hauses, schmecken ließ. »Wie wär’s mit einem Abendessen in der nächsten Woche?«

»Wo wohnen Sie?«

»Bei meinem Onkel und meiner Tante in der Nähe vom Sloane Square – gar nicht weit von Ihnen, übrigens.«

Darina überlegte. Das war offensichtlich der Onkel, der das Connaught vorgeschlagen hatte. Obwohl William behauptete, nicht zu wissen, wohin man in London am Sonntag zum Essen ausging, hatte er keine Hemmungen gezeigt, in einem der exklusivsten Restaurants der Stadt zu speisen und auch angesichts der Preise nicht einmal mit der Wimper gezuckt. Er entsprach ganz und gar nicht ihren Vorstellungen von einem Polizisten. Hatte er ihr damals nicht erzählt, er habe seine berufliche Laufbahn im Außenministerium begonnen und sei dann in der Londoner Geschäftswelt tätig gewesen, bevor er Polizist wurde? Das erklärte wohl seine unaufdringliche Weltgewandtheit.

»Also, wie sieht’s aus mit einem Abendessen?«, drängte er sanft.

Darina zögerte nicht. »Das wäre schön. Ich weiß nicht, wie lange Eve mich noch braucht, aber ich bin sicher, ich kann mir einen der nächsten Abende freihalten.«

»Wunderbar. Dann rufe ich Sie morgen an.«

»Es ist besser, wenn ich Sie anrufe, denn ich arbeite morgen den ganzen Tag und wahrscheinlich auch am Abend.«

Er gab ihr die Nummer seines Onkels und schlug dann einen kleinen Spaziergang über den Grosvenor Square zum Hide Park vor.

»Ach, das ist schön«, rief Darina aus, während sie mit den Füssen die vielen Blätter aufwirbelte, die sich unter den Bäumen angesammelt hatten. »Ich vermisse das Landleben. Was gibt’s Neues in Somerset?«

»Nicht viel«, meinte er lakonisch.

»Wie steht’s mit der Verbrechensbekämpfung? Irgendwelche Morde oder dergleichen?«

»Nein, es gab in letzter Zeit keine besonders dramatischen Vorkommnisse, nur die üblichen Fälle – Diebstahl und jugendlicher Vandalismus.«

»Und damit kommen Ihre Kollegen diese Woche auch ohne Sie zurecht?«

»Naja, gerade so.«

Sie schlenderten angeregt plaudernd von Knightsbridge in die Sloane Street und die King's Road entlang, bis sie vor Darinas Haus ankamen. Seine Gesellschaft war so angenehm, dass sie es ein wenig bedauerte, als er ihre Einladung zum Tee dankend ablehnte.

»Ich würde schrecklich gern, aber ich habe meinem Onkel und meiner Tante versprochen, dass ich sie zu einem Wohltätigkeitskonzert begleite. Ich freue mich aber schon sehr auf unser nächstes Essen.« Er winkte ihr zum Abschied kurz zu und ging dann die Straße zurück.

»Ich wette, es war der, mit dem du auch am Mittwochabend ausgehst«, nahm Eve jetzt ihre Spekulationen wieder auf, nachdem sie den letzten Topf geschrubbt und das Spülwasser abgelassen hatte.

»Bist du auch sicher, dass du mich da nicht brauchst?«

»Das dürfte kein Problem sein, obwohl wir am Mittwoch die Dinnerparty für Monica Cox ausrichten. Sie ist die Frau von Ralph, dem Pilzexperten. Er hat einen Großhandel für Früchte und Gemüse und beliefert die besten Restaurants und Hotels in London. Monica ist äußerst anspruchsvoll, und deshalb bestellt sie das Essen immer bei uns. Aber solange du uns bei den Vorbereitungen helfen kannst, müssten wir am Abend schon klarkommen. Claire sollte dann wieder gesund sein, und vielleicht ist Jo bis dahin auch wieder zurück. Also geh ruhig aus und mach dir einen schönen Abend.«

Kapitel 3

Claire kam am nächsten Morgen. Sie sagte zwar, es ginge ihr besser, aber Darina fand, dass sie schrecklich aussah: Um ihre glanzlosen Augen lagen tiefdunkle Schatten, und ihr rundes Gesicht war eingefallen und bleich. Eve wollte nicht, dass sie gleich mit einer Vorführung begann, sondern ließ sie Darina bei der Zubereitung der Speisen für eine größere Mittagsgesellschaft helfen.

Claire war äußerst geschickt und kompetent in ihrer Arbeit. Sie bereitete zunächst eine Forellenmousse zu und füllte sie in kleine Rouladen aus geräuchertem Lachs. Dann garnierte sie die Mandeltörtchen mit Cremefüllung, die Darina zubereitet hatte, mit wilden Erdbeeren. Sie arbeitete schweigend und war völlig in ihre Aufgabe vertieft, so wie Darina selbst. Was für ein Kontrast, dachte Darina, zu Eves ununterbrochenem Redefluss von Anweisungen, Ratschlägen und Gesellschaftsklatsch, den sie von sich gegeben hatte, als sie gemeinsam das Essen für die gestrige Abendgesellschaft zubereitet hatten.

Claire war sozusagen der Mond neben Eves Sonne, ein Opal neben einem funkelnden Diamanten. Es dauerte eine Weile, bis man erkannte, wie schön sie war. Ihr wohlproportionierter Körper versteckte sich unter ein wenig Babyspeck, und da half es auch nicht gerade, dass sie sich in einen weiten Rock und eine ausgebeulte Strickjacke gehüllt hatte. Ihr hellblondes Haar war zu einem Bubikopf frisiert und mit einem Samtband aus dem Gesicht gehalten. Ihre Augen waren so blau wie die eines Säuglings. Wo Eve vor Aufregung und Ideen sprühte und funkelte wie ein Feuerwerk, war Claire ein Ruhepol aus Charme und Tüchtigkeit.

Während Darina eine schier endlose Reihe von Lammsteaks mit Gänseleberpastete bestrich und in Blätterteig wickelte, begann sie, sich Sorgen zu machen. Ihrer Mitarbeiterin schien es alles andere als gut zu gehen. Etliche Male tat sie einen Fehlgriff und schüttelte verwirrt den Kopf, und dann hielt sie inne und sah sich um, als wäre sie gerade von einem fremden Planeten in diese Küche gebeamt worden. Sie war völlig verändert im Vergleich zu Freitag, als Darina zum ersten Mal mit ihr zusammengearbeitet hatte. Da hatte sie Claire nur neidlos bewundern können für die Geschwindigkeit, mit der sie unglaubliche Mengen von gefüllten Kartoffeln, gehacktem Lammfleisch und Mini-Hamburgern in Babybrötchen produziert und es dabei geschafft hatte, die ganze Zeit ruhig und gelassen zu bleiben.

Jetzt glasierte Claire bedächtig das letzte Erdbeertörtchen und platzierte es vorsichtig auf der Servierplatte. Dann rieb sie sich mit der Hand müde über die Stirn. »Was kommt jetzt? Ich kann gar nicht klar denken.«

»Du setzt dich jetzt sofort hin, und außerdem hättest du gar nicht erst kommen dürfen. Emily und ich können das hier fertigmachen.« Darina schaute zu der jungen Assistentin hinüber, die gerade das Gemüse zubereitete. »Wir müssen doch nicht servieren, oder?«

»Nein, dafür haben sie ihr eigenes Personal. Wir richten das Essen nur an.«

»Na schön, dann sind wir so gut wie fertig damit, und für heute Abend ist auch nichts mehr vorgesehen. Du kannst also wirklich nach Hause gehen, Claire. Und du solltest morgen auch noch im Bett bleiben. Eve und ich schaffen das schon.«

Claire lächelte schwach. »Eve wird sofort alle Hebel in Bewegung setzen, um weitere Aufträge an Land zu ziehen. Sie hält es nicht aus, wenn mal weniger zu tun ist. Aber wenn du und Emily das Essen hier allein zum Kunden bringen könnt«, dabei wies sie auf den Tisch, auf dem in dichter Reihe die Platten standen, »dann werde ich jetzt wirklich nach Hause gehen, ich fühle mich noch ganz schwach. Ich setze nur noch schnell Teewasser auf. Eve braucht nach einer Kochvorführung immer ihre Tasse Kräutertee. Wollt ihr auch welchen?«

»Lass mich das machen«, sagte Darina, nahm Claire den Kessel ab, füllte ihn mit Wasser und stellte ihn auf den Herd. Als sie sich umdrehte, stand Claire vor ihr und hielt ihr eine Schachtel mit kleinen, in Musselin gebundenen Teebeuteln entgegen. Typisch Eve, ihr Kräutertee war natürlich von der exklusivsten Sorte.

Dann holte sie eine Flasche Cognac, der zum Kochen verwendet wurde, goss etwas davon in ein Glas und reichte es Claire. »Hier, trink das.« Sie sah zu, wie Claire das Glas mit leicht zitternder Hand zum Mund hob, einen Schluck von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit nahm und das Gesicht verzog, als sie ihr durch die Kehle rann. Dann sagte Darina: »Ich habe gehört, Eves Festessen war ein Riesenerfolg.«

Claire lächelte fast so strahlend wie sonst. »Oh ja, das Essen war großartig, und alle haben sich bestens unterhalten.«

»Das muss dich völlig erschöpft haben – kein Wunder, dass dich der Virus gleich so umgeworfen hat.«

Claire schloss einen Moment lang die Augen. »Ja, es war alles sehr hektisch, aber Eve hatte es so perfekt organisiert, dass ich hinterher eigentlich gar nicht so müde war. Ich habe mich erst später am Abend so mies gefühlt.«

»Wer war denn alles eingeladen?«

»Ach, es waren viele interessante Gäste da. Hauptsächlich unsere besten Kunden, Freunde und Leute aus der Geschäfts- und Medienwelt.« Claire wirkte wieder lebhafter. »Man hat ja normalerweise nicht die Gelegenheit, mit so bekannten Persönlichkeiten ins Gespräch zu kommen, und das hat mir wirklich Spaß gemacht. Ich hätte zum Beispiel nie gedacht, dass Clive Thompson so charmant ist.«

»Wer ist Clive Thompson?«

»Ein bekannter Geschäftsmann. Eve behauptet, dass es nicht mehr lange dauert, bis sich die gesamte Lebensmittelbranche in seinem Besitz befindet. Als ich sah, dass ich neben ihm sitzen würde, wurde mir ganz mulmig zumute. Worüber unterhält man sich mit einem Mann wie ihm? Wahrscheinlich hätte er auch lieber neben Eve gesessen, aber ich glaube, dann hat er unsere Unterhaltung auch sehr nett gefunden.«

»Und worüber habt ihr euch unterhalten?« Darina bemerkte besorgt, wie sich ihr Gegenüber erneut mit dem Handrücken über die wachsbleiche Stirn strich und leicht den Kopf schüttelte, als sei ihr schwindelig.

»Och, nichts Besonderes, über das Essen und das Leben auf dem Land – er wohnt in der Nähe meiner Eltern.« Nach diesen Worten stöhnte sie leise auf, und ihr Körper krampfte sich zusammen.

Darina sah auf ihre Armbanduhr, dann sagte sie: »Bleib, wo du bist, ich bin in einer Minute zurück.« Dann lief sie in das Büro, wo Jackie, Eves Sekretärin, gerade in rasender Geschwindigkeit Adressen auf Briefumschläge tippte. »Claire ist völlig fertig. Könntest du ihr bitte ein Taxi rufen?«

»Natürlich, sofort. Die Ärmste. Übrigens, Jo hat eben angerufen. Ihr Vater wird heute beerdigt, und sie ist morgen wieder zurück. Ich glaube, sie wollte eigentlich Eve fragen, ob sie noch etwas länger bleiben könnte, aber als sie hörte, dass Claire so krank ist, hat sie gleich gesagt, sie käme morgen wieder.«