Morpheus oder Der Schnabelschuh - Katharina Hacker - E-Book

Morpheus oder Der Schnabelschuh E-Book

Katharina Hacker

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Beschreibung

Sisyphos, Ariadne, Morpheus, Charon, der Minotaurus – in Katharina Hackers zarten und raffinierten Erzählungen verschlägt es die Gestalten der antiken Mythologie in unsere Zeit. Da stehen sie dann eher verloren herum: Sisyphos rollt seinen Stein durch ein schäbiges Hotelzimmer, Ariadne steht an der Bushaltestelle, als wäre es der Strand von Naxos, und der Minotaurus irrt hilflos und ängstlich durch das Labyrinth der modernen Straßen und U-Bahnen. Sie alle finden sich als Untote und Heimatlose in neuen, unerwarteten und manchmal auch komischen Zusammenhängen – in einem Niemandsland der Zeit. Erkennen wir die berühmten Sagengestalten noch? Verstehen wir, was sie uns seit zweitausend Jahren sagen wollen?

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Seitenzahl: 129

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Katharina Hacker

Morpheus oder Der Schnabelschuh

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Elpenor

Schon wieder.

Was ich damit sagen will? Was werde ich schon sagen wollen: Es ist immer das Gleiche. Und es wird nicht aufhören. Sie werden nicht einmal der Letzte sein.

Der letzte was? Der Letzte, der mich schubst, der mich aufweckt, der nichts Besseres zu tun hat, als blindlings gerade dahin zu trampeln, wo ich sitze. Als wäre die Welt nicht groß genug. Als gäbe es nicht genug Leute, die man anrempeln und wecken kann. Jetzt stoßen Sie wenigstens nicht auch noch meine Weinflasche um. Ich hätte genug? Woher wollen Sie das denn bitte wissen? Ins Grab trinken? Ha, das versuche ich seit zweitausendfünfhundert Jahren. Nein, schon gut, ich habe nichts gesagt. Und Sie haben es doch sicher eilig. Ich meine, Sie werden doch wohl nicht zum Vergnügen am Bahnhof sein. Nicht gekommen? Wollten jemanden abholen, und ist nicht angekommen? Na, dann gehen Sie doch nach Hause.

Mir ist keine Laus über die Leber gelaufen. Erstens halte ich es für unwahrscheinlich, dass ich eine Leber habe. Zweitens hält Ungeziefer sich von mir fern. Die haben eine gute Nase, die Läuse meine ich, Flöhe auch, genauso wie die Hunde. Der Schäferhund da, bei dem Polizisten, ist neulich fast auf mich draufgeklettert, als ich schlief. Hat mit den Pfoten gezuckt und gescharrt, und als ich hochschreckte, fing er an zu jaulen, als hätte sich der Erdboden aufgetan. Sie hätten die Visage von dem Polizisten sehen sollen! Schreit den Köter an und tritt ihm in die Rippen, dass der einen Meter wegschleudert und quiekt wie eines von Kirkes Schweinen. Das Geräusch – und beim Aufwachen! – widerlich. Musste mich schleunigst davonmachen, sonst wäre ich dran gewesen. Mit dem Quieken in den Ohren. Man denkt, die Zeit vergeht, hofft immer auf ein bisschen Abwechslung, aber nein. Immer wieder die gleichen Visagen und die gleichen Geräusche und Unannehmlichkeiten. Immer dasselbe mit den Hunden; erst sehen sie mich nicht, und dann riechen sie, dass ich längst von der Erdoberfläche verschwunden sein sollte. Quieken! Dabei war es kein Schwein, sondern ein Hund. Und hastige Aufbrüche, aus dem Schlaf schrecken und aufbrechen. Es ist, als würde jeder mit ein paar Unannehmlichkeiten geboren, die zu ihm gehören wie sein eigenes Gesicht, mit einem Missgeschick, das eigens für ihn erfunden ist: dann ist alles erledigt, und das Missgeschick wiederholt sich, solange einem die Haare wachsen. Hastige Aufbrüche, aus dem Schlaf schrecken! Ich weiß, was das ist!

Dabei glaubte ich, ein ruhiges Eckchen gefunden zu haben. Vor ein paar Tagen der Bulle mit seinem Köter, und jetzt Sie. Nun seien Sie nicht gleich beleidigt! Verstehen eh nicht, was ich mir zusammenrede? Und wieso Kirke? Ist mir bloß eingefallen, eine Erinnerung, ein Einfall eben. Unsympathisches Wort übrigens. Man sieht die feindlichen Truppen vor sich, womöglich nachts, im Hinterhalt. Womöglich Schatten. Schatten, die nach Blut gieren. Plötzlicher Lärm, die Rufe. Fürchterlich. Sehen Sie den dort drüben? Er hat einen bösen Husten, behauptet, es sei kalt, ja, der mit der Pappe. Er schnallt sich ein großes Stück Pappe vor die Brust, gegen die Zugluft. Gestern hat er wohl auf einer Baustelle geschlafen, kam jedenfalls mit einem weißen Bauhelm im Arm, guckte so erstaunt, als hätte jemand ihm eine riesige Kaffeetasse in die Hand gedrückt oder einen Eimer, beugte sich darüber, als wollte er kotzen, hat nicht gekotzt, woher auch. Nachts wacht er manchmal auf und brüllt laut: Katerlieschen! Jedes Mal schrecke ich davon hoch. Kalt ist es, murmelt er immer und zittert noch im Sommer. Wahrscheinlich liegt es am Schnaps. Ich? Nie! All diese blassen oder durchsichtigen Flüssigkeiten sind eine zweifelhafte Sache. Katerlieschen! Aber die guten Ecken sind rar, vor allem im Winter, der Winter zwingt einem entsetzliche Geselligkeit auf, alle kriechen in dieselben warmen Ecken, lassen sich von den Zügen oben und unten schütteln, streiten sich um die Plätze auf den Luftschächten. Nichts schützt einen vor den Gewohnheiten der anderen. Davor, dass einer sich mit der Hand am Rücken kratzt und dabei leise summt. Sie sehen, wie die Hand sich hebt, und wissen schon: gleich fängt er an zu summen. Das Schreckliche ist, was man schon weiß, und vor der Wiederholung schützt es einen nicht, und alles schabt die Schädelknochen blank, die Augenlider fehlen, die Ohren sind aus Glas.

Wenn Sie ahnten, wer sich da einfindet! Katerlieschen! Die Wörter und Stimmen hängen sich einem an die Fersen wie hungrige Katzen und schmeicheln, und mit ihren Krallen zerkratzen sie die Haut. Zehnmal versucht man, sie zu ertränken, und elfmal strolchen sie durch den Kopf, Namen und Wörter ohne Herkunft, irgendwo hängt immer ein Gedanken daran wie Hautfetzen. Bliebe man wenigstens im Schlaf unbelästigt. Sehen Sie, jetzt ist die Flasche leer. Haben Sie wohl einen Korkenzieher? Nicht einmal das? Mein Gott. Hören Sie, wenn Sie hier eh rumstehen, dann kaufen Sie doch da drüben in dem Laden einen! Der Wein geht auf meine Rechnung. Keine Sorge, das ist nicht irgendein Fusel. Wird mir immer geklaut. Früher hatte ich eine ganze Sammlung, Korkenzieher, meine ich. Als ich noch mit einem Karren herumgelaufen bin. Es hat Vorteile; Decken, ein paar Bücher vielleicht. Andererseits wird man so leicht schmutzig. Schade um den Anzug. Muss sowieso oft in die Reinigung. Und dann wird man gefragt, ob man Arbeit sucht, mit einem Karren, meine ich. Einkäufe transportieren. Kohle. Friedhofserde. Es ist unsäglich. Schließlich habe ich den Karren irgendwo stehen gelassen. Wollte ihn erst im Wasser versenken, noch lieber von irgendeinem Dach hinunterrollen. Der Aufschlag, dachte ich, könnte mich freuen, die zerschmetterte Achse. Ein kleines, unschuldiges Vergnügen. Dann habe ich es doch gelassen. Ich vermeide Aufsehen. Die Korkenzieher habe ich vergessen. Sie waren in einem kleinen Säckchen aus grauem Wildleder. Fünf Korkenzieher. Die Becher habe ich zum Glück mitgenommen, sehen Sie? Zwei kleine Goldbecher. Angst? Nein, keiner glaubt, dass sie echt sind. Den Karren habe ich wieder gesehen; es hatte ihn einer entdeckt und mitgenommen. Ist tot inzwischen, entweder die Leber oder die Lunge. Immer dasselbe, Organe sind langweilig. Kaufen Sie nun einen Korkenzieher oder nicht?

Das hat aber lange gedauert. Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich ihn behalte? Natürlich, aber ich habe ihn gestern verloren; in der einen Hand die Flasche, in der anderen den Becher und die Decke, man verliert leicht den Überblick, und drum herum all diese hastigen Leute, laufen, stolpern, man möchte sie warnen, wohin? möchte man ihnen zurufen, man kann gar nicht so klein dasitzen, dass sie einen nicht stoßen würden, nicht so hastig, möchte ich rufen, ihr könnt euch den Hals brechen. Aber das kümmert sie nicht. Wieso auch? Sie ahnen ja nicht, wie unangenehm das ist; ein Knacken dicht hinterm Kopf, ein böswilliges Knacken, und Himmel und Erde bekommen einen Sprung. Oh, nur ein Sprung, nicht anders als ein Teller, der in zwei Hälften zerbricht, nicht schlimm, sagen Sie sich, auch von den Tellerhälften kann man essen, nicht schlimm, sagen Sie laut und sehen zu spät, dass die Suppe ausläuft, der Löffel ist zu langsam, da geben Sie den Löffel ab. Dann sind Sie tot, wie der mit seiner Lunge, seiner Leber, eintönig die Organe. Nur das Ungeziefer langweilt sich nicht, und ich langweile mich nicht mehr, denn schließlich vergeht einem selbst die Langeweile. Wozu die Hast? möchte man rufen, auch ihr werdet euch den Hals noch brechen, und presst sich dichter an die Wand. Zweirädrig war der Karren, und manchmal ist es hübsch, wenn Dinge entzwei gehen, absichtlich, erwartet, ein präzises Geräusch, das die kleinen Gesetzmäßigkeiten bestätigt.

Gut, sagen Sie? Das will ich meinen; wenn so vieles lästig ist, dann sollte man sich vor schlechtem Wein in Acht nehmen. Die anderen haben schließlich nicht mehr als ein paar Jahre vor sich, lassen Sie es Jahrzehnte sein – nicht, dass ich es noch bemerken würde. Jahrzehnte vergehen mir längst wie Monate, und spürbar bleiben nur die Jahreszeiten, Sommer, Winter, man schwitzt, schüttelt sich vor Kälte, und wenn man auf der Straße lebt, vergisst sich das nicht leicht. Übrig bleiben Tag und Nacht, ein hartnäckiges Ärgernis. Übrig bleiben immer die Nächte, die Nächte und der Schlaf. Der Schlaf und das Erwachen. Der Schlaf und die Träume und das Erwachen. Es ist eine Zumutung. Schlaf, der erquickende Schlaf – eine dieser boshaften Lügen, die Homer sich ausgedacht hat, und alle reden sie es ihm nach. Sie lachen? Hörten Sie, wie sich seit zweitausendfünfhundert Jahren die immer selbe Lüge wiederholt, dann wäre das Lachen auch Ihnen vergangen. Wovon ich spreche? Und wohltuend das Schlafen, die Träume? »Ihm fiel ein tiefer Schlaf auf die Augenlider, ein unerwecklicher, ganz süßer, dem Tode am nächsten gleichend … da schlief er nun ruhig, vergessend alles, was er gelitten hatte« – leere Behauptungen, die Sie nachplappern! Trinken Sie meinetwegen auf diese Lüge! Ich trinke, damit ich es nicht spüren muss, wenn morgens die ersten Schritte schlingern, weil man zwischen Schlaf und Wachsein herumirrt, als hätte man im Hagelschlag die Schuhe verloren oder müsste auf losen Vogelschnäbeln barfuß gehen, spitze Vogelschnäbel, an denen Blutströpfchen hängen und an einem Blutstropfen das ganze Schattenreich. O nein, noch bin ich nicht betrunken. Ich könnte Ihnen einiges erzählen. Immerhin ist das ein Vorteil, wenn man auf der Straße nächtigt: dass man mit den Schuhen schläft. Die Füße sind schon schlimm genug; aber morgens als Erstes diese aufdringliche Blöße nackter Füße? Jedes Mal, wenn Sie die Augen aufschlagen, sehen Sie in einer gewissen Entfernung zwei gleich aussehende Figuren, bei denen es sich unweigerlich um Ihre Füße handelt. Vielleicht sind Sie noch schlaftrunken und können sie nicht bewegen, aber sie sind schon im Blickfeld. Eine kleine, widerwärtige Entmutigung, die durch die Zehen vervielfacht wird. Bewegliche Fußzehen in solcher Entfernung! Was zu einem gehören will, soll sich in gehöriger Nähe aufhalten. Immer habe ich die Schatten darum beneidet. Eintönig sind Lunge und Leber, aber es ist der Körper, der einem die Bilder und Erinnerungen aufnötigt. Haben Sie nie erwogen, Schnabelschuhe zu tragen? Wenn Sie wollen, werde ich Ihnen von Morpheus erzählen. Vielleicht laden Sie mich zum Essen ein? Ich wüsste ein paar Geschichten.

O nein, dass Sie mich nicht mit Eintopf abspeisen können, müssen Sie sich doch gleich gedacht haben. Wo ich sonst esse? In der Suppenküche jedenfalls nicht. Schließlich habe ich meine letzte Mahlzeit bei Kirke eingenommen, eine hervorragende Küche, glauben Sie mir. Es war ein Fehler aufzuwachen. Wenn ich heute aufwache, liege ich eine Weile still da und behalte die Füße im Auge, sobald ich die Augen geöffnet habe. Und das zögere ich hinaus, presse die Augen sogleich mit aller Kraft wieder zu und so schnell, als müsste ich ein sehr kleines, seltenes Tier fangen, dieser Moment des täuschenden Leichtsinns. Sehen Sie den Mann dort drüben? Er hat sich das Bein gebrochen. Es sei das Ungeziefer gewesen, hat er gesagt. Hat sich gekratzt, die Flöhe weggekratzt, ist hastig aufgesprungen und gestürzt, die Flöhe mit ihm mit und mit ins Krankenhaus. Im Krankenhaus hat man ihn gebadet, da sind die Flöhe ertrunken. Jetzt kratzt er sich schon wieder, die Flöhe sitzen auf den Hautfetzen und segeln davon, und er wird humpeln bis an sein Ende. Wärest besser liegen geblieben, habe ich bei mir gedacht. Es ist alles Täuschung. Sollen die anderen sich daran gewöhnen, wenn sie es möchten – ich werde es nicht tun. Eine ganze Nacht versinken Sie im Schlaf und wachen morgens auf, wollen schon aufspringen und sollen wissen, dass Sie derselbe sind. Ich traue dem nicht mehr. Wohltuend der Schlaf, die Träume? Wer würde es denn dulden, dass man ihn Stunden zwingt, sich Bilderbücher anzuschauen? Ein langer Aufmarsch von Bildern ohne Ende. Eine Karawane, die Sie mitschleppt, ohne Rücksicht auf Zeit und Ort und Ihren Namen. Wachen dann auf, das ist, als ließe man Sie umherirren und sagte plötzlich, Sie hätten sich nie vom Fleck gerührt, zwingt Sie zu reisen und höhnt dann, wenn Sie in Ihrem Bett erwachen, heftet die Bilder fest vor Ihre Augen, Personen, die Sie nicht zu sehen wünschen, Ansichtskarten ohne Ende. Ich sage Ihnen, es sind die Schatten. Haben Sie je versucht, sich Ihres Schattens zu entledigen? Es sind die Schatten und ihre Namen. Die Namen sind der Fluch, lästig wie Zecken oder die Passanten, die einen anrempeln, trinken Blut wie die Schatten, haften am Gehirn und stören einen immer wieder auf. Erinnern Sie sich? – die Schatten trinken Blut! Und was den Lebenden der Körper ist, sind den Schatten die Namen. Laden Sie mich nun zum Essen ein oder nicht? Gut, ich rauche nur die Zigarette zu Ende. Der Kopf ist ein Tummelplatz, diese Bahnhofshalle ist nichts dagegen, erst ein boshaftes Durcheinander und lautes Geschrei, und dann stellen sie sich ordentlich hintereinander auf, warten, die Hände hinterm Rücken verschränkt, und zischeln dabei. Ich meine die Bilder – ist Ihnen das nicht aufgefallen? Sie können das nicht wissen, aber es gibt sie wirklich. Setzen sich in Köpfen fest, und wem es misslingt, der macht sich selber auf den Weg. Neulich bin ich Charon begegnet, dem Fährmann. Er war schlecht gelaunt. Ja, der Husten ist unangenehm, aber auf das Rauchen wollte ich nicht verzichten. All die langen Tage. Das Husten wegen des Rauchens, und das Rauchen des Rauches wegen, für seine langsamen Bewegungen, die zu jedem Luftzug tanzen müssen, bevor sie sich in nichts auflösen. Ich habe Charon geraten, er solle zu rauchen anfangen. Schauen Sie doch, die beiden Wachleute, die sich Katerlieschen vornehmen. Armer Kerl. Obwohl ich nichts gegen eine ruhigere Nacht einzuwenden hätte. Ich wollte ihm neulich von Daedalus erzählen, aber es hat ihn nicht interessiert, obwohl er früher selbst Architekt war. Ja, Daedalus hat das Labyrinth erbaut; Minos hat ihm den Auftrag gegeben. Minos hatte immer große Macht, worum man ihn kaum beneiden wird; König von Kreta, das geht noch an – aber Richter im Totenreich?

Das ist übrigens der Vorteil, wenn man gut gekleidet ist – die Polizisten und Wachleute sind etwas höflicher. Gehen wir jetzt essen? Den Wein nehmen wir mit. Geben Sie zu, dass er vorzüglich ist. Das macht nichts, man kennt mich dort. Wo sollte ich denn sonst leben, in einer Wohnung etwa? Hören Sie, das ist nicht komisch. Vielleicht einen Mietvertrag für die nächsten zweitausendfünfhundert Jahre abschließen? Außerdem vertrage ich es schlecht, Wände vor Augen zu haben. Entweder Sie hängen Bilder auf, dann haben Sie die Bilder vor den Augen, als reichte nicht, was sich an Bildern im Kopf herumtreibt. Oder Sie starren die Wände an und sind ganz ohne Ablenkung und müssen fürchten, geradezu zu hören, was sich unter der Schädeldecke abspielt. Ich kannte einen Mann, der als Mnemon arbeitete. Ein Mnemon? Wenn Sie so wollen, ist er ein lebendes Archiv. Was Sie ihm sagen, merkt er sich, Gerichtsentscheide, Transaktionen jeder Art, all das, was Sie sich vom Notar beglaubigen ließen. Ja, ein seltsamer Beruf, es nimmt nicht Wunder, dass er verrückt geworden ist. Warten Sie, wenn wir beim Essen sitzen, erzähle ich es Ihnen.