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Kapitäne und Ex Lover Mein Name ist Björn Segensdahl. Jawohl, mein Vater stammt aus Norwegen, einer Schifffahrernation, die schon in früheren Jahrhunderten die Welt unsicher gemacht hat. Ich denke da nur an Hägar, den Schrecklichen. Gut, äh, was wollte ich sagen? Ach ja, ich bin Kapitän des Traumschiffs „MS dicke Marie“, ein Kreuzfahrtdampfer, der leider viel kleiner ist als seine Namensvetterin, aber dafür umso feiner. Maximal dreihundert Gäste passen an Bord, wir haben sogar die entsprechende Anzahl an Rettungsbooten parat. Also: ich lenke dieses Schiff jetzt seit fünf Jahren über die Weltmeere, bevorzugt im nördlichen Raum. Nein, keine Karibikkreuzfahrten, sondern bodenständige Städtebesuche, bevorzugt Hamburg und Rotterdam. Warum? Weil es die Reederei so will. Dieses Mal – eine einwöchige Fahrt über die Nordsee mit Halt in besagten Städten – ist alles anders. Warum? Ein Gefühl, das mich gleich zu Beginn der Reise packt… Lederwaren und Steuermänner Ein neues Crewmitglied fängt den‘ krankheitsbedingten‘ Ausfall des Kapitäns auf: Artur Schmidt übernimmt den Posten als Steuermann. Eigentlich dachte ich, die Lovestory der letzten Reise nach Rotterdam würde eine Ausnahme bleiben, aber als ich Franco Mancharo sehe, einen Passagier, und wie Artur ihn anschaut, ist mir klar, dass sich hier ein neues Desaster anbahnt. Ach ja, ich bin Massimo, der Idiot, der sich in den Konservenfabrikanten verknallt hat. Massimos und Dosenfabrikanten Ich bin der Kapitän der ‚MS dicke Marie‘ und stolz darauf. Mein Liebster, Antonio, begleitet mich dieses Mal auf der Fahrt nach Rotterdam. Ich kann einfach keine Minute ohne ihn sein, nachdem wir zehn Jahre… Okay, lassen wir das. Ich gucke also in die Passagierliste und werde schon stutzig, als ich den Namen Hans Versgewanter lese. Antonios Ex auf dem Schiff? Ob das gut geht? Und vor allem: wie geht es meinem Kollegen Massimo dabei, der auf der letzen Fahrt ein Auge auf den Kerl geworfen hat? Oder war es sein Herz? Ich bin mir fast sicher, dass Massimo völlig verschossen in diesen Konservenfabrikanten ist. Kann ich ihm helfen? Massimo hat heute Dienst, lassen wir ihn erzählen…
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Veröffentlichungsjahr: 2024
Inhaltsverzeichnis
Kapitäne und Ex Lover
MS dicke Marie 2 - Lederwaren und Steuermänner
MS dicke Marie 3 - Massimos und Dosenfabrikanten
MS dicke Marie
Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig. Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin. E-Books sind nicht übertragbar und dürfen nicht weiterveräußert werden. Bitte respektieren Sie die Arbeit der Autorin und erwerben eine legale Kopie. Danke!
Text: Sissi Kaiserlos/Kaipurgay
Foto: Shutterstock, Depositphotos_5797970_l-2015
Coverdesign Lars Rogmann
Kontakt: https://www.sissikaipurgay.de/
Sissi Kaiserlos/Kaipurgay
c/o Autorenservice Karin Rogmann
Kohlmeisenstieg 19
22399 Hamburg
Mein Name ist Björn Segensdahl. Jawohl, mein Vater stammt aus Norwegen, einer Schifffahrernation, die schon in früheren Jahrhunderten die Welt unsicher gemacht hat. Ich denke da nur an Hägar, den Schrecklichen. Gut, äh, was wollte ich sagen?
Ach ja, ich bin Kapitän des Traumschiffs „MS dicke Marie“, ein Kreuzfahrtdampfer, der leider viel kleiner ist als seine Namensvetterin, aber dafür umso feiner. Maximal dreihundert Gäste passen an Bord, wir haben sogar die entsprechende Anzahl an Rettungsbooten parat.
Also: ich lenke dieses Schiff jetzt seit fünf Jahren über die Weltmeere, bevorzugt im nördlichen Raum. Nein, keine Karibikkreuzfahrten, sondern bodenständige Städtebesuche, bevorzugt Hamburg und Rotterdam. Warum? Weil es die Reederei so will.
Dieses Mal – eine einwöchige Fahrt über die Nordsee mit Halt in besagten Städten – ist alles anders. Warum? Ein Gefühl, das mich gleich zu Beginn der Reise packt…
Mein Schiff macht seinem Namen alle Ehre. Wie ein gestrandeter Walfisch liegt die ‚MS dicke Marie‘ im Hamburger Hafen und wartet auf Nahrung. Besser gesagt auf ihre kostbare Fracht. Es werden heute zwanzig neue Passagiere an Bord kommen, und ich gucke gerade nachdenklich auf die Liste mit den Namen. Einer davon springt mir sofort ins Auge, denn er ist ebenso ungewöhnlich wie der Kerl, der ihn trägt: Antonio Bandbreite.
„Käpt’n, alles in Ordnung mit dir?“, fragt Massimo, der neben mir steht und einen neugierigen Blick auf die Passagierliste wirft.
Er ist mein erster Steuermann und damit mein Stellvertreter. Wir sind gute Freunde, mehr nicht, auch wenn Massimo schon mehrfach den Versuch unternommen hat, das zu ändern.
„Klar, alles in Ordnung“, antworte ich und drücke ihm das Klemmbrett mit der Liste in die Hand.
„Du bist aber so blass geworden“, sagt er besorgt.
„Ich bin müde, das ist alles.“
Ich lächle ihm zu und verlasse die Brücke. Das Schiff wird heute noch hier liegen bleiben, erst morgen geht es weiter Richtung Rotterdam. Damit habe ich also frei, bis auf meinen Auftritt beim ‚Captains Dinner‘ heute Abend.
Ja, es gibt ihn, den berühmten Kapitänstisch. Jeder Gast möchte gern dort sitzen, aber ich nehme mir das Recht heraus, mir meine Tischnachbarn selbst auszusuchen. Das mag eingebildet klingen – und ist es auch. Dennoch, ich bin der Chef an Bord. Neben der ganzen Verantwortung für Schiff und Crew gönne ich mir eben ein paar Annehmlichkeiten. Dazu gehört auch, dass ich mich bis zum Dinner ausruhen werde.
In meiner luxuriösen Kabine ziehe ich die Uniformjacke aus und werfe mich aufs Bett. Es stimmt, dass ich müde bin, jedoch drehen sich meine Gedanken um Antonio, was mich nicht zur Ruhe kommen lässt.
Wir schreiben das Jahr 2003. Ich, gerade mal fünfundzwanzig geworden, feiere meinen Geburtstag im ‚Goldenen Hirsch‘, einem Club, in dem sich fast ausschließlich homosexuelle Männer herumtreiben. Meine Freunde, vier an der Zahl, trinken und lachen, ich mittendrin. Dann trifft mein Blick auf den eines langhaarigen Kerls. Blaue Augen. Alles um mich herum verschwimmt, es gibt nur noch ihn und mich. Wie in Trance bewegen wir uns aufeinander zu, wobei wir die im Wege stehenden Gäste achtlos wegdrängeln. Endlich stehen wir voreinander. Der Langhaarige grinst.
„Ich habe heute Geburtstag“, sage ich, ohne zu wissen, warum.
„Was wünscht du dir?“, fragt Blauauge.
„Einen Kuss?“
„Den sollst du haben“, flüstert er und legt eine Hand in meinen Nacken, um mich zu sich herunter zu ziehen.
Das Feuerwerk, das sich bei der Berührung unserer Lippen in meinem Bauch entlädt, ist wohl bis zu den Landungsbrücken zu sehen. (Für Nichthamburger: Das ist ziemlich weit vom ‚Goldenen Hirsch‘ entfernt). Ich stöhne in den Kuss hinein und umarme den Kerl, bis sich unsere Becken aneinander reiben. Ihm scheint es ähnlich zu gehen, denn die Beule, die ich an meiner Erektion fühle, ist eindeutig echt.
„Zu dir oder zu mir?“
Ich weiß nicht, wer die Frage zuerst ausgesprochen hat, und wir grinsen uns breit an.
„Zu dir“, sagt mein Küsser schließlich.
„Okay.“ Ich schnappe mir seine Hand, ziehe ihn hinter mir her zum Ausgang.
Vor der Tür angekommen ernüchtert mich die kühle Nachtluft. Ich fummle das Handy aus meiner Hosentasche und erkläre meinem Freund Thomas, dass er mit den anderen allein weiterfeiern soll. Thomas lacht und wünscht mir eine heiße Nacht.
Ich will dem geneigten Leser die Details dieser heißen Nacht ersparen. Nur so viel: es brennt. Wir lassen nichts aus. Antonio – so heißt mein Lover – ist leidenschaftlich und hemmungslos. Als wir voneinander ablassen, graut der Morgen bereits und wir sind schweißüberströmt und klebrig von unseren Säften. Irgendwann in unserem wilden Liebesspiel haben wir uns unsere Liebe geschworen und beschlossen, dass wir zusammenbleiben wollen.
Was soll ich sagen? Antonio ist weg, als ich erwache. Keine Spur von ihm, keine Nachricht. Ich bin verzweifelt, treibe mich jede Nacht im ‚Goldenen Hirsch‘ herum und halte Ausschau. Nach einer Woche taucht er dort auf, doch er ist nicht allein. Ein großer Blonder hat den Arm um seine Taille geschlungen und guckt ihn besitzergreifend an. Ich versuche den ganzen Abend, Antonio allein abzupassen, aber selbst auf die Toilette folgt ihm der Kerl. Er meidet meinen Blick und ignoriert mich, als wäre ich nicht vorhanden. Irgendwann gebe ich auf und gehe frustriert und verletzt nach Hause.
Eine Woche später nehme ich das Angebot an, als erster Steuermann auf einem Luxusliner anzufangen. Seitdem bin ich auf dem Meer unterwegs.
Ich starre an die Decke und fühle wieder den Schmerz, der mich über die ersten Monate stets verfolgt hatte. Nach der Nacht mit Antonio habe ich natürlich Sex mit anderen Männern gehabt, aber es war nie wieder so wie mit ihm. Mein Herz ist immer noch in Hamburg, in dieser einzigartigen Nacht, in der ich den Mann fürs Leben gefunden und gleich wieder verloren habe.
„Björn? Das Dinner beginnt gleich“, ruft Massimo vor der Tür.
Ich schrecke hoch und gucke auf meinen Wecker. Seit drei Stunden liege ich hier mit einer Erektion und träume. Ich muss mich beeilen, wenn ich in meine Anzughose passen will. Schnell krabble ich vom Bett und laufe in die kleine Nasszelle, wo ich selbst Hand anlege und dabei wieder an Antonio denken muss.
***
Die Idee mit der Kreuzfahrt stammt von Hans. Er meint, das würde unsere Beziehung auffrischen. Ich bin nicht seiner Meinung, halte aber den Mund, so wie schon die letzten zehn Jahre. Wieso ich es so lange mit ihm aushalte, obwohl ich ihn nicht liebe? Gewohnheit und Bequemlichkeit. Außerdem gefällt mir natürlich der Luxus, den Hans’ Reichtum uns ermöglicht. Gut, das klingt jetzt wirklich profan.
Vielleicht bin ich es – ich meine, ohne wirkliche Moralvorstellungen und bar der Fähigkeit, Liebe zu empfinden. Nur einmal, vor fast genau zehn Jahren, da hat es mich richtig getroffen. Es war diese besondere Nacht mit Björn, die in mir Gefühle ausgelöst hat, die mich so erschreckt haben, dass ich geflüchtet bin.
Als ich es mir endlich eingestand, war es zu spät: Björn war weg. Seine Wohnung war leer und niemand wusste, wo ich ihn finden konnte. Ich bin damals wochenlang wie ein geprügelter Hund herumgelaufen und habe mich schließlich doch wieder von Hans überreden lassen, mit ihm einen neuen Versuch zu wagen.
„Antonio, sieh nur, der Ausblick“, sagt Hans in diesem Moment.
Ich trete neben ihn und gucke aus dem Fenster. Hamburg. Na toll. Soll mich das jetzt zu euphorischen Begeisterungsschreien reizen?
„Guck nur, der Michel“, murmelt Hans und schlingt einen Arm um meine Schultern.
Ich würde ihn am liebsten wegstoßen, widerstehe aber dem Impuls. Warum sollte ich jetzt anfangen zu zicken? Meine große Liebe ist weg, ich bin nur noch eine leere Hülle.
„Wahnsinn“, sage ich lahm.
„Nicht wahr?“
Hans strahlt, nimmt den Arm weg und wendet sich wieder seinem Koffer zu, den er akribisch gepackt hat und mit derselben Akkuratesse nun auspackt. Ich hasse ihn.
„Ich geh mal an Deck und guck mich um“, murmele ich und laufe zur Tür.
„Mach das, Liebling“, säuselt Hans, wobei er mir einen Luftkuss zuwirft.
Mir wird schlecht. Ich reiße die Tür auf und irre durch die Gänge, bis ich einen Ausgang finde, der zum Deck führt. Die Luft ist noch angenehm warm, klar, es ist ja auch Sommer. In Hamburg keine Garantie für passende Temperaturen, aber dieses Jahr nimmt die Stadt wohl eine Auszeit von Gewohnheiten. Ich atme tief ein und überlege, ob ich nicht einfach über die Reling springen soll. Mein Leben ist ein Desaster und ich bin so müde, dass selbst drei Tage Schlaf nicht reichen würden, um dies zu ändern.
Als Wasserleiche zu enden ist allerdings nicht das, was ich mir für mein Ableben vorstelle. Einen Tod durch Drogenmissbrauch ziehe ich eher in Erwägung, denn er böte immerhin einen fulminanten Abgang mit seinen bunten Bildern, die mein Gehirn vor dem Ende fluten würden. Ja, zugegeben. Ich habe ein wenig experimentiert. LSD ist nicht zu verachten, auch ein wenig Marihuana kann nicht schaden. Leider bin ich zu feige, mein armseliges Leben selbst zu beenden, genauso wie ich zu feige bin, es zu ändern. Warum auch und – vor allem – wofür?
„Ist Ihnen übel?“, fragt mich ein braunlockiger Kerl besorgt.
Erst jetzt merke ich, dass ich weit über die Reling gebeugt dastehe, als würde ich gleich kotzen müssen. Schnell richte ich mich auf und fahre mir durchs Haar.
„Nein. Ich denke nur über einen Freitod nach“, antworte ich überraschend ehrlich.
„Bitte nicht im Hamburger Hafenbecken. Sie könnten sich sonst was an Krankheiten zuziehen“, sagt Braunlocke.
Ich muss lachen.
„Danke für den Hinweis.“
„Immer gern“, meint der Kerl und mustert mich interessiert.
Er ist genauso klein wie ich, oder sollte ich lieber groß sagen? Es würde nicht passen, denn ich bin gerade mal schlappe eins zweiundsiebzig und der Typ neben mir ist auf Augenhöhe.
„Ich bin Massimo, der erste Steuermann“, stellt sich Braunlocke vor und streckt die Hand aus.
„Antonio“, antworte ich und schüttele ihm die Hand.
„War die Sache mit dem Freitod dein Ernst?“
„Es ist immer ein Körnchen Wahrheit dabei, wenn man einen Witz macht.“
„Ist das so?“
Massimo zieht die Brauen hoch. Er ist ein hübscher Mann, aber nicht mein Typ. Ich stehe auf große Kerle mit schwarzem Haar und grauen Augen, in denen ich mich verlieren könnte. Könnte. Da haben wir es wieder.
„Bei mir schon“, sage ich, wobei ich meine Mundwinkel zu einem andeutungsweisen Lächeln hochziehe.
„Gut zu wissen.“ Massimo schlägt mir auf die Schulter und nickt zur Tür. „Lebensmüde Passagiere muss ich leider bitten, das Deck zu verlassen.“
„Aye-aye“, murmele ich und gehe vor ihm her.
Die Tür schlägt hinter uns zu und er legt eine Hand zwischen meine Schulterblätter. Mit sanftem Nachdruck schiebt er mich durch den Gang, bis wir eine Treppe erreicht haben.
„Wenn schon, dann spring von höher. Dann ist der Flug länger“, raunt er in mein Ohr, bevor er sich umdreht und durch den Gang davoneilt.
Ich gucke ihm hinterher und mustere anschließend die Treppe. Nein, heute werde ich nicht sterben. Langsam trotte ich zurück zur Kabine.
„Wir sitzen am Kapitänstisch“, empfängt mich Hans, der gerade seine Fliege vor dem Spiegel richtet.
Eine Fliege. Obwohl ich ihn hasse, muss ich zugeben, dass er attraktiv ist. Okay, ich würde mich kaum von einem ekligen Fettwanst ficken lassen. Allerdings fällt es mir immer schwerer, selbst diesen hübschen Mann an meinen Arsch zu lassen. Überhaupt ist mir die Lust auf Sex seit Jahren vergangen. Seit…
„Willst du dich nicht umziehen?“
Hans lächelt mir im Spiegel zu. Ich weiß, dass er mich liebt. Ich kann es an dem Ausdruck seiner Augen sehen, dennoch, es rührt mich nicht mehr.
„Klar, ich zieh ja schon meinen Pinguindress an“, brumme ich und laufe zum Bett, wo meine Tasche unangetastet liegt.
Schnell wühle ich den Anzug heraus und werfe ihn auf die Bettdecke, bevor ich mich aus meinen Klamotten winde und hastig in das schwarze Ding schlüpfe.