Muschelsommer - Karin König - E-Book

Muschelsommer E-Book

Karin König

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Beschreibung

Wenn Landluft auf Meeresbrise trifft

Für einen Sponsor soll Köchin und Food-Bloggerin Isabella aus Berlin einen Monat auf einem Bauernhof an der Ostsee verbringen und ihren Followern zeigen, dass sie Lebensmittel nicht nur hübsch anrichten, sondern auch ernten kann. Dabei hat sie es bisher nicht mal geschafft, einen Kaktus am Leben zu erhalten. Angekommen auf dem Hof muss Isabella schnell feststellen, dass der junge Landwirt Tim nur wenig Lust auf eine Großstadtpflanze wie sie hat. Aber wenn er glaubt, das kann sie abschrecken, irrt er sich gewaltig. Mit einer Mistgabel in der Hand und Ostseeluft in den Haaren stürzt sich Isabella in die Arbeit auf dem Hof. Und je länger sie in Tims Nähe ist, desto mehr gerät ihr Herz ins Stolpern.

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Seitenzahl: 554

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Zum Buch

Milch spritzt auf den Boden, und ich strahle Tim an. »Ich melke!«

Erst jetzt wird mir bewusst, wie nah wir plötzlich nebeneinanderstehen. Tim hat sich über meine Schulter gebeugt, seine Brust liegt warm an meinem Rücken. Wenn ich ihn ansehe, sind unsere Nasenspitzen nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Seine Augen sind grünbraun gesprenkelt, und auf seiner Nase zeichnen sich feine Sommersprossen ab. Meine Finger kribbeln bei der plötzlichen Vorstellung, sanft über sie zu streichen.

Er räuspert sich und tritt ruckartig einen Schritt zurück. »Genau so weitermachen. Dreimal pro Zitze sollte reichen.«

Der Satz bringt mich mit einem Schlag zurück in die Realität. Hitze steigt mir in die Wangen und ich wende mich ab, bevor er es bemerken kann.

Zur Autorin

Karin König hat Journalistik studiert, für mehrere Lokalzeitungen geschrieben und ein Volontariat beim WDR absolviert. Aktuell arbeitet sie als Journalistin für den WDR. Wenn sie mal nicht hinter ihrem Laptop sitzt, hat sie meistens ein Buch vor der Nase. Außerdem engagiert sie sich ehrenamtlich als Rettungsschwimmerin. Den Sommer verbringt sie am liebsten an der Ostsee. Mehr über Karin König unter www.karin-koenig.com

Lieferbare Titel

WellensommerLove & Lebkuchen

Karin König

Roman

WILHELMHEYNEVERLAGMÜNCHEN

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Originalausgabe 02/2024

Copyright © 2024 by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Michelle Stöger

Umschlaggestaltung: t.mutzenbach design

unter Verwendung von Shutterstock.com (pun photo, Sundra, Anastasiia Skliarova, Long Summer, Daria Ustiugova (3x), Kamrulhkhkhk, Anastasia Lembrik)

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN: 978 - 3-641-31244-2

www.heyne.de

Für Juliane.Wenn ich schon ein Buch über Kühe schreibe, muss ich es dir widmen.

Kapitel 1

»Was meinst du, brauchen wir mehr Licht, oder passt das so?«

Ich schaue mit zusammengekniffenen Augen auf den Teller mit der frisch gebackenen Focaccia, der vor mir auf dem Tisch steht. Die frühe Morgensonne scheint durchs Fenster und taucht den hellen Teig von der rechten Seite in goldenes Licht. Die Deckenlampe unserer WG-Küche gibt ihr Bestes, den Rest auszuleuchten, aber ich bin so müde, dass ich meinen Augen nicht mehr wirklich traue.

»Mach dir keine Sorgen«, antwortet Elif nach einem kritischen Blick auf mein Set-up. »Dieser Teig ist das Schönste, was ich seit Langem gesehen habe. Er ist umwerfend. Sexy. Er könnte mich um ein Date bitten und ich würde sofort Ja sagen.«

»Lass das nur nicht Marek hören.«

»Der würde das verstehen. Er ist der Erste, der für gutes Essen seine Seele verkaufen würde.« Sie nimmt einen weiteren großen Schluck Kaffee, bevor sie sich wieder ihrem Laptop zuwendet.

Ich schmunzele. »Wie viele Tassen hattest du heute Nacht schon?«

»Bei fünf habe ich aufgehört zu zählen.«

Als sie meinen missbilligenden Gesichtsausdruck sieht, deutet sie mit ihrem Kugelschreiber auf mich. »Für dieses Level an Teilchenphysik brauche ich Koffein. Außerdem bist du die Letzte, die mich dafür verurteilen kann, Isabella Köring. Soweit ich weiß, ist das hier auch deine dritte Nachtschicht diese Woche. Deine Augenringe haben bereits Augenringe.«

Dem kann ich nicht widersprechen. Also wende ich mich wieder meiner Focaccia zu. Nachdem ich den Teller ein letztes Mal um wenige Millimeter gedreht habe, positioniere ich mein Handy auf den kleinen Tripod, den Elif mir letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hat, und setze mich an den Tisch. Über das weiße T-Shirt, das ich bei der Arbeit tragen muss, habe ich meinen dunkelroten Lieblingspullover gezogen. Die Arbeitshose habe ich angelassen, aber weil man mich sowieso nur bis zum Bauchnabel sieht, spielt das keine Rolle. Nach einem kritischen Blick auf den Bildschirm drehe ich meine Haare in einen Dutt und trage noch eine Schicht Concealer unter meinen Augen auf. Dann drücke ich auf Aufnahme.

»So sieht das Ganze dann aus, wenn es aus dem Ofen kommt. Ein fluffiges Brot, das sich perfekt als Beilage zum Grillen oder für ein Picknick eignet. Oder als Snack zwischendurch.« Sobald die Kamera läuft, scheint alle Müdigkeit von mir abzufallen. Der Gedanke, dass es da draußen mittlerweile über 31 000 Menschen gibt, die meine Rezepte lieben und sie regelmäßig nachkochen, gibt mir immer wieder neue Energie.

»Wenn ihr die Focaccia statt mit Butter mit Margarine bestreicht, ist sie vegan. An einer guten glutenfreien Variante arbeite ich noch. Wenn ihr das Mehl einfach nur austauscht, wird eure Focaccia nicht fluffig, aber ich bin dran. Und was die Dekoration angeht, könnt ihr eurer Fantasie freien Lauf lassen.«

Das Brot vor mir habe ich mit gelben und roten Tomaten, Zwiebelringen und Thymianzweigen so dekoriert, dass es wie eine Blumenwiese aussieht. Es hat fast eine Stunde gedauert, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war, aber jetzt kann es sich sehen lassen.

»Wenn ihr das Rezept nachbackt, dann schickt mir gerne die Fotos von euren Kreationen. Ich freue mich wirklich über jedes einzelne Bild, das ich von euch kriege. Und jetzt kann ich nur noch sagen: Buon appetito.«

Ich greife nach dem Stückchen Teig, das ich extra vorher abgeschnitten habe, und beiße hinein. Die Kruste ist knusprig, aber der Teig darunter ist weich und immer noch warm. Perfekt. Der Geschmack von Knoblauch, Thymian, Olivenöl und Tomate füllt meinen Mund, und ich schließe für einen Moment genießerisch die Augen.

Als ich sie wieder öffne, grinst Elif mich an.

»Brauchst du einen Moment allein? Das sah fast schon unanständig aus.«

»Gutes Essen ist besser als Sex, wenn du mich fragst.«

Sie legt den Kopf schief. »Wann hattest du das letzte Mal welchen?«

Vor meinem inneren Auge tauchen gleich mehrere Bilder von Clubnächten der letzten Monate auf, die in verschiedenen Betten endeten. Jedes Mal dachte ich, jetzt hätte ich vielleicht mein Match gefunden. Jedes Mal lag ich falsch.

»Völlig unerheblich. Ich bleibe bei meiner Aussage.«

Ich beende die Aufnahme und nehme das Handy wieder in die Hand, um noch ein paar Nahaufnahmen zu filmen. Dann lehne ich mich mit einem tiefen Seufzen in meinem Stuhl zurück.

»Alles im Kasten.«

Elif klappt ihren Laptop zu und klatscht in die Hände. »Sehr gut. Heißt das, wir können das Ding jetzt essen?«

»Du hast es erfasst.«

Sie schiebt einen Stapel schwerer Lehrbücher zur Seite, während ich uns zwei Teller hole. Bevor sie das Messer ansetzt, zögert sie einen Moment. »Es ist eigentlich viel zu schön, um es zu essen.«

»Hat dich das jemals aufgehalten?«

»Gutes Argument.«

Für ein paar Minuten herrscht zufriedenes Schweigen, während wir erst eine, dann noch eine Scheibe der Focaccia genießen. Ich strecke die Beine unter dem Tisch aus und lasse den Blick schweifen. Das Chaos auf dem Tisch vor mir ist ein Sinnbild für unser Leben: Physikbücher, Kaffeetassen, Stifte, lose Blätter und Post-its, die Elif im Lauf der Nacht hinterlassen und vergessen hat, neben meinem Mini-stativ, dem kleinen Ringlicht, das ich letztes Jahr gekauft habe, und einem Brief von unserem Vermieter wegen der Erhöhung der Strompreise. Draußen vor dem Fenster erwacht Berlin langsam zum Leben. Autos brummen, Vögel zwitschern, Partygänger kehren mit dem Tageslicht nach Hause zurück. Irgendjemand entsorgt seinen Glasmüll, anderswo wird gelacht, Hunde bellen. Die typische Geräuschkulisse eines Montagmorgens. Manche mögen New York für die Stadt halten, die niemals schläft, aber für mich passt dieser Ausdruck auf keinen Ort so gut wie auf meine Heimatstadt. Ich liebe Momente wie diese, in denen ich mich einfach nur zurücklehnen und beobachten kann, wie das Leben um mich herum seinen Lauf nimmt.

Die Spätschicht im Restaurant ist vorbei und ich habe noch fünf gloriose Stunden, bis ich wieder losmuss, um eine kranke Kollegin zu vertreten. Mein aktuelles Rezept ist fertig, das Videomaterial im Kasten und bereit für den Schnitt. Die Küche sieht aus wie ein Schlachtfeld. Aber um all das kümmere ich mich später. Jetzt nicke ich nur, als Elif mit dem Messer auf die Focaccia deutet, und nehme dankbar meine dritte Scheibe entgegen. Die Strahlen der Sonne kriechen langsam weiter über das dunkle Holz des Küchentischs, den mein Vater mir zum Einzug geschenkt hat. »Du bist die Tochter eines Zimmermanns, du wirst dir doch keinen IKEA-Tisch in die Küche stellen«, verkündete er im Brustton der Überzeugung, wobei er das Gesicht verzog, als hätte er in etwas Saures gebissen. Dummerweise standen wir in diesem Moment mitten in der Küchenabteilung von IKEA. Das hat uns einige verwirrte Blicke der Mitarbeiter eingebracht, aber ich habe ihm nicht widersprochen und das noch nie bereut. Denn selbst nach sechs Jahren ist der Tisch noch immer das absolute Herzstück des Raums. Er ist breit genug, dass Elif und ich hier gleichzeitig die Nächte durcharbeiten können, ohne dass wir uns in die Quere kommen, aber gleichzeitig auch perfekt geeignet für Spieleabende mit Freunden oder als Büfett-Tisch für eine Hausparty. Mittlerweile befinden sich ein paar dunkle Tassenränder auf der Oberfläche und an einer Ecke ist eine tiefe Kerbe im Holz, weil ich einmal bei einer nächtlichen Kochaktion mit meinem neuen Messer abgerutscht bin. Es war für einen meiner ersten Posts, als ich nicht mal 100 Follower hatte. Nachdenklich zeichne ich mit dem Finger die Einkerbung nach, bis Elif unser Schweigen bricht.

»Du hast dich mal wieder selbst übertroffen. Ganz im Ernst, dein Talent ist verschwendet an dieses Touri-Restaurant.«

Ich werfe ihr ein müdes Lächeln zu. »Sag das mal unserem Vermieter. Der lässt sich leider noch nicht in Backwaren bezahlen.«

»Was ist denn mit deiner Sponsoring-Anfrage bei diesem Gewürzehersteller? Spicy … Spices …«

»Spice up you life? Die haben abgesagt. Meine Community scheint ihnen nicht geeignet für ihre Produkte.«

»Mit anderen Worten: zu klein«, schlussfolgert sie.

»Genau.«

»Du könntest immer noch die Sache mit dieser Fast-Food-Kette machen.«

Ich werfe ihr einen scharfen Blick zu. »Dann kann ich auch gleich meine Seele verkaufen.«

»Okay, okay. Du hast ja recht.« Sie greift über den Tisch nach meiner Hand und drückt sie kurz. »Du bist eine verdammt gute Köchin. Das sage ich jetzt nicht nur, weil ich als deine beste Freundin manchmal davon profitiere. Sondern weil es stimmt. Und irgendwann wird der Rest da draußen es auch merken.«

Damit steckt sie sich ein letztes Stück Focaccia in den Mund und steht auf, um die Teller zusammenzuräumen.

»Willst du zuerst unter die Dusche? Ich muss um neun an der Uni sein, aber ich lasse dir gerne den Vortritt.«

»Weil ich es mal wieder nötig habe?«

»Das hast du jetzt gesagt. Ich persönlich bin ja ein großer Fan von Eau de Knoblauch.«

So unauffällig wie möglich halte ich mir eine Haarsträhne vor die Nase und verziehe das Gesicht. »Das ist die Sache, wenn man in einem italienischen Restaurant arbeitet. Es ist einfach überall Knoblauch drin. Ich habe mich schon so daran gewöhnt, dass es mir gar nicht mehr auffällt. Aber vor dem Duschen muss ich hier noch aufräumen.«

Elif winkt ab. »Du hast schon für unser Frühstück gesorgt. Ich kann aufräumen.«

»Sicher?«

»Na los, geh schon.«

Ich zögere noch einen Moment. »Und dieses Mal stellst du nicht versehentlich meinen Oregano in den Kühlschrank und die Backform zu den Tellern?«

Elifs Augen verengen sich. »Wenn du nicht bei drei im Bad bist, ziehe ich mein Angebot zurück.«

Mit einem Seufzen stemme ich mich hoch und mache mich auf den Weg ins Badezimmer. Ich bin schon auf dem halben Weg zur Tür, als mir etwas auffällt.

»Montags hast du doch normalerweise erst um zehn Uhr dein Tutorium. Oder hat sich da was geändert?«

Elif zuckt mit den Schultern. »Der Dekan will vorher mit mir reden. Es geht um mein Forschungsprojekt, mehr hat er nicht gesagt.«

Ein ungutes Gefühl steigt in mir hoch, wie immer, wenn sie von dem Projekt redet, von dem ihre Doktorarbeit abhängt.

»Vielleicht hat er ja eine Uni in Berlin gefunden, die denselben verrückten Scheiß macht wie die Leute aus München«, scherze ich schwach. »Dann könntest du nämlich hierbleiben und weiterhin seine Tutorien für ihn vorbereiten, während er golfen geht.«

Sie schmunzelt. »Das klingt wie etwas, das er tun würde. Aber die Chancen dafür sehen eher schlecht aus. Die Ludwig-Maximilians-Universität ist in ganz Europa eigentlich die Einzige …«

»Ja, ja, ich weiß«, unterbreche ich sie. »Warten wir es ab. Ich werde die Hoffnung auf jeden Fall nicht aufgeben.«

Allein bei dem Gedanken, dass meine beste Freundin bald über 500 km von mir entfernt wohnen könnte, wird mir ganz anders.

»Ich auch nicht«, versichert sie mir, dann wedelt sie mit einer Hand in Richtung Badezimmer. »Und jetzt ab mit dir, die Zeit läuft.«

Gehorsam schlurfe ich ins Bad und schäle mich aus den Klamotten. Nach einem kurzen Testriecher an meinem Arbeitsshirt werfe ich alles in die Waschmaschine, dann entferne ich mein Make-up. Als ich mich wieder aufrichte, schaut mich aus dem Spiegel ein Geist an. Obwohl ich die hellbraune Haut meiner Mutter geerbt habe, sehe ich blass aus. Elif hat nicht übertrieben, was die Ringe unter meinen Augen angeht. Meine Haare sind trocken und brüchig, weil kein Conditioner der Welt gegen den heißen Wasserdampf ankommt, dem sie jeden Tag in der Restaurantküche ausgesetzt sind. Die Isabella, die gerade in den Spiegel schaut, ist so ganz anders als die Frau, die die Follower von Isa_liebt_Essen jeden Tag auf Instagram sehen. Diese Version von mir ist energiegeladen, motiviert, voller Leidenschaft fürs Kochen und für die Community, die sie sich damit aufgebaut hat. Sie liebt das, was sie tut, und sie ist verdammt gut darin. Ich mag sie wesentlich lieber als die erschöpfte Alternative. Elif hat völlig recht. Es wird Zeit, dass ich endlich das tue, was ich mir schon so lange wünsche: meine eigene Chefin sein. Von dem leben zu können, was ich liebe, selbst wenn ich dafür jede freie Minute Arbeit in meinen Account stecken muss. Schlafen kann ich, wenn ich tot bin.

Ohne dem Spiegel einen weiteren Blick zu gönnen, steige ich in die Dusche und drehe das Wasser auf kalt.

Kapitel 2

»Wir brauchen noch drei Insalata mista, zweimal Spaghetti aglio e olio, einmal die Kalbsleber vom Grill und zweimal Tiramisu.«

Albertos Kopf ist so rot wie die Tomatensoße, in der ich gerade rühre, als er in die Küche stürmt. »Am besten sofort. Und bei einem der Insalata bitte keine Gurken und dafür Mais. Pronto, pronto!«

»Alles klar.« Mein Kollege Pablo nimmt ihm den Stapel an Bestellungen ab und legt ihn zu den anderen, die noch auf uns warten. Sobald unser Chef die Küche wieder verlassen hat, dreht er sich verzweifelt zu mir um. »Wie sollen wir das alles schaffen? Ich weiß nicht mal, wie Kalbsleber aussieht!«

Es ist halb sieben Uhr abends und damit Hochbetriebszeit in dem italienischen Restaurant am Maybachufer, in dem ich seit vier Jahren arbeite. Da Salome krank ist, sind wir heute nur zu dritt in der Küche. Dummerweise ist sie aber außer mir die einzige andere ausgebildete Köchin, sodass mir nur die beiden Aushilfen Pablo und Marc bleiben. Pablo ist erst seit letzter Woche bei uns und Marc sieht immer noch so verkatert aus, dass ich Angst habe, er könnte jeden Moment in die Salatschüssel kotzen.

Ich atme einmal tief durch, dann schiebe ich Pablo an den Topf mit der Tomatensoße und nehme die erste Bestellung vom Stapel.

Die nächsten Stunden bin ich auf Autopilot, arbeite eine Bestellung nach der anderen ab, ohne darüber nachzudenken. Zwiebeln schneiden, Knoblauch anschwitzen, Nudeln kochen, Salat anrichten. Das alles könnte ich mit geschlossenen Augen, aber ich habe nur knapp vier Stunden geschlafen, und selbst mit meiner Routine ist es einfach zu viel. Vor allem, wenn ich Pablo alle fünf Minuten etwas erklären muss und Marc ab zwanzig Uhr regelmäßig auf die Toilette verschwindet, bis ich ihn schließlich nach Hause schicke.

»Wo bleibt die Panna cotta? Und die Gäste an Tisch vierzehn warten jetzt seit einer halben Stunde auf ihre Lasagne.« Alberto marschiert in die Küche, die Hände in die Seiten gestemmt. Er ist einen Kopf kleiner als ich, aber das macht er durch seine polternde Ausstrahlung wieder wett. Wenn er einen Raum betritt, weichen alle automatisch einen Schritt zurück. Es sei denn, sie stehen schon mit dem Rücken zum Herd, so wie ich gerade.

»Wir arbeiten, so schnell wir können. Aber zu zweit geht einfach nicht mehr.«

»Zu zweit?« Er verengt die Augen. »Wo ist der Dritte? Markus, Marius …«

»Marc. Ich habe ihn nach Hause geschickt. Ihm war schlecht.«

Bevor ich den Satz ausgesprochen habe, weiß ich schon, dass das ein Fehler war. Albertos Blick verdunkelt sich. »Wie kommst du dazu, einfach einen meiner Mitarbeiter nach Hause zu schicken?«

»Ihm ging es nicht gut …«

»Na und? Mir geht es auch nicht gut, wenn ich sehe, wie weit wir mit den Bestellungen hinterher sind!« Alberto atmet schwer. »Aber gut, wenn ihr es so wollt. Dann seht zu, dass ihr den Laden zu zweit schmeißt!«

Damit stürmt er wieder nach draußen. Sobald die Tür hinter ihm zufällt, wendet Pablo sich mir zu. »Und jetzt?«

Er sieht aus, als würde er am liebsten anfangen zu weinen.

Da sind wir schon zwei.

Es ist kurz nach halb zwei Uhr nachts, als ich endlich die Küche abschließe. Eigentlich schließt das Restaurant um zwölf, aber weil wir heute so weit hinter dem Zeitplan lagen, hat Alberto uns alles aufholen lassen. Damit ging das letzte Gericht um Mitternacht über den Tisch und wir konnten erst danach anfangen, aufzuräumen. Als Pablo sich vor fünf Minuten verabschiedet hat, hatte er diesen Ausdruck im Gesicht, den ich schon bei vielen Aushilfen gesehen habe. Spätestens nächste Woche wird er seine Kündigung einreichen, da bin ich sicher. Ich kann es ihm nicht verdenken. Durch die halb offene Tür schaue ich in den dunklen Gastraum des Restaurants und versuche, mich an die Begeisterung zu erinnern, mit der ich die ersten Monate hier gearbeitet habe. Ich wollte Köchin sein, Menschen mit meinem Essen glücklich machen und für eine Weile schien es, als könnte ich mir diesen Traum hier erfüllen. Bis mich die Realität eingeholt hat. Bis aus einer Handvoll Überstunden dutzende wurden, Alberto meine Bitte um eine Beförderung zur Sous Chefin zum zweiten Mal abgelehnt hat und die dutzend Bewerbungen in anderen Restaurants niemals auch nur beantwortet wurden.

Ich verlasse das Gebäude durch den Hinterausgang und tauche ein in die Menschenströme auf den Bürgersteigen. Etwa die Hälfte von ihnen strebt in die Clubs, die andere besteht aus Schichtarbeitern wie mir, entweder auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause. Die Nachtluft ist kühl, der Himmel über Berlin ausnahmsweise mal sternenklar, aber es wird nicht mehr lange dauern, bis der Sommer beginnt. In ein paar Wochen ist Juni und mit ihm wird die Hitze zurück in die Stadt kommen. Endlos lange Tage, Straßenzüge wie Backöfen, stickige Luft im Dachgeschoss, Sommergewitter und laue Nächte. Meine absolute Lieblingsjahreszeit. Sie erinnert mich an unsere Sommer bei meiner Nonna in Kalabrien, die Füße im Meer, Sonnencreme auf der Haut und erfrischendes Zitronensorbet auf der Zunge.

An der U-Bahn-Haltestelle warte ich zwischen jungen Männern in glitzernden Bodysuits, Zeitungsausträgern, die jetzt mit ihrer Schicht beginnen und ein paar Studis, die mit bierschwerer Zunge über eine Vorlesung diskutieren. Es fühlt sich gut an, nach den letzten Stunden einfach in der Anonymität zu versinken, eine von vielen zu sein. Niemand hat Erwartungen, niemand verlangt etwas von mir. Ich zücke mein Handy und checke die Nachrichten, die während der Arbeitszeit auf meinem Handy eingegangen sind. Das Video mit der Focaccia hat schon über 2000 Likes, und in meinem Postfach warten bereits die ersten Fotos von Followern, die das Brot nachgebacken haben. Manche sind noch bunter verziert als meine Version, mit essbaren Wildblumen oder Schachbrettmustern aus Tomaten. Auf einem der Bilder strahlen eine Mutter und ihre kleine Tochter in die Kamera, zwischen ihnen das Backblech. Ich und meine kleine Küchenhilfe lieben es! Auf einem anderen sitzt eine Gruppe von Freunden auf einer Picknickdecke, die Focaccia in der Mitte. Das Ding war beim Picknick zuerst weg!

Mit jedem Kommentar wird mein Lächeln breiter. Genau das ist es, was ich als Köchin erreichen möchte. Ich antworte allen, die mir etwas geschrieben haben, bevor ich mich meinen privaten Nachrichten zuwende. Meine Mutter hat ein Foto von einer großen Portion Tiramisu in den Familienchat gestellt. Alles ist vorbereitet. Ich freue mich schon auf euch! Obwohl ich stundenlang von Essen umgeben war, läuft mir beim Anblick des Fotos sofort das Wasser im Mund zusammen. Falls sich irgendjemand fragt, woher ich meine Leidenschaft fürs Kochen habe, dann sollte er Mamas Tiramisu probieren. Es ist quasi eine spirituelle Erfahrung.

Heute Abend kommt Tante Rosa mit ihrer Tochter und ihrem Mann, der gerade beruflich in Berlin zu tun hat, bei uns zum Essen vorbei. Mamas Schwester lebt mit ihrer Familie im Sommer in Köln, im Winter in Italien, und Mama freut sich seit Wochen darauf, sie endlich mal wieder zu sehen. Mein Chef war nicht begeistert, dass ich mitten in der Woche freinehmen wollte. Bevor er eben ging, hat er noch zweimal nachgehakt, ob ich nicht doch arbeiten könnte. Aber ich bin hart geblieben. Heute ist meine Familie dran. Ich antworte Mama mit drei Herz-Smileys, dann öffne ich meinen Chat mit Elif. Sie hat mir um kurz vor zwölf einen Link zu einem Instagram-Profil geschickt.

Könnte das nicht was für dich sein?

Mit gerunzelter Stirn tippe ich auf den Link. Er führt mich zum Account von Betterplate, einem ehemaligen Berliner Start-up-Unternehmen, das sich in den letzten Jahren zu einem der größten Marken für gesunde Ernährung entwickelt hat. Betterplate, nur das Beste auf dem Teller ist ihr Motto, und der Erfolg spricht für sich. Deshalb folge ich dem Account schon lange, genau wie mittlerweile über eine Million Menschen. Zahlreiche große Influencer werben regelmäßig für das Unternehmen, und ein Deal mit Betterplate ist der Traum aller Foodblogger. Wie kommt Elif plötzlich auf die Idee, dass die ausgerechnet mich nehmen würden? Ihr Vertrauen in mich in allen Ehren, aber das wird wohl immer ein Traum bleiben.

Ich will die App gerade wieder schließen, als mein Blick auf den letzten Post von Betterplate fällt. Sie müssen ihn während meiner Schicht hochgeladen haben, denn ich habe ihn noch nicht gesehen. Vor dem markentypischen hellgrünen Hintergrund steht nur ein kurzer Satz: »Wir suchen dich!«

Mit angehaltenem Atem öffne ich den Post.

Wir wollen unsere Betterplate-Familie vergrößern, und dazu brauchen wir Menschen wie dich! Du liebst gutes Essen? Du brennst für Nachhaltigkeit? Du weißt, wie wichtig die richtigen Lebensmittel für unsere Gesundheit sind? Dann bist du bei uns genau richtig.

Während ich lese, werden meine Augen immer größer. Ich lese den Beitrag zweimal, dreimal, aber der Inhalt bleibt der gleiche. Offensichtlich hat Elif recht. Eines der großen Berliner Food-Unternehmen sucht von sich aus nach Kooperationen. Ganz unten im Post steht eine E-Mail-Adresse und der Aufruf, sich so schnell wie möglich zu melden. Wie betäubt lasse ich mein Handy sinken. Vor mir fährt ratternd die U-Bahn ein, aber ich höre es kaum.

Das könnte meine Chance sein. Jeder Gedanke an Schlaf ist vergessen. Es ist Zeit, eine Nachtschicht einzulegen.

Ich habe meiner Mutter versprochen, dass ich um kurz vor achtzehn Uhr da bin, um noch ein bisschen bei den Vorbereitungen zu helfen. Um halb sechs sitze ich immer noch an meinem Schreibtisch und lese zum fünften Mal über meine Mail an Betterplate. Meine Hände zittern und mir steht kalter Schweiß auf der Stirn. Was sicherlich auch etwas mit der vierten Tasse Kaffee, die ich eben noch getrunken habe, und viel zu wenig Schlaf in dieser Nacht zu tun. Aber ich hatte keine Wahl. Diese Mail kann über meine gesamte Karriere entscheiden, da brauche ich jede Unterstützung, die ich kriegen kann. Elif ist immer noch an der Uni, deshalb kann sie mir nicht moralisch zur Seite stehen. Meine ersten Entwürfe, die ich nachts noch aufgesetzt hatte, hat sie zwischen zwei Tutorien per E-Mail mit Anmerkungen wie Untertreib nicht so, du bist viel cooler, als das klingt ! und Schreib es so, als wüsstest du schon, dass es klappt versehen. Was nicht wirklich zu meiner Beruhigung beigetragen hat.

Mit der jetzigen Version bin ich halbwegs zufrieden. Ich habe kurz und prägnant erklärt, wieso ich glaube, dass ich gut ins Betterplate-Portfolio passe, und ein paar besonders beliebte Posts von meinem Account hinzugefügt. Mit dem gesünderen Schoko-Mousse aus nur drei Zutaten und den Cannelloni mit Pistazienfüllung habe ich jeweils über 15 000 Likes gesammelt. Aber was, wenn das nicht reicht?

Der Zeiger der Uhr über der Tür rutscht auf 17:35. Wenn ich jetzt zur Bahn renne, bin ich nur zehn Minuten zu spät bei meinen Eltern. Vielleicht sollte ich lieber noch warten und den Text morgen in Ruhe noch mal lesen. Auf der anderen Seite hat der Post von Betterplate jetzt schon über 200 000 Likes. Je länger ich warte, desto mehr Zeit haben andere, ihre Bewerbungen einzureichen. Ich atme ein letztes Mal tief durch und drücke auf Senden. Stelle mir vor, wie die Mail jetzt durch den Äther wabert, bis sie auf dem Server der Betterplate-Marketingabteilung landet und dort für Begeisterung sorgt.

Träumen wird ja wohl noch erlaubt sein.

Die Zeiger der Uhr rücken auf 17:38. Ich reiße meine Jacke vom Haken und stürme zur Bahn-Haltestelle.

»Isa, mein Mädchen. Wie schön, dich zu sehen.« Mein Vater zieht mich noch an der Türschwelle in seine Arme. Dann tritt er einen Schritt zurück und begutachtet mich. »Wie lange ist das schon wieder her?«

»Drei Wochen, Papa.«

»Groß bist du geworden.« Seine Augen funkeln amüsiert, und ich schmunzele. »Es tut mir leid, dass ich letzte Woche so kurzfristig absagen musste, aber es war einfach so viel los auf der Arbeit und …«

»Mach dir keine Sorgen. Wenn es nach mir geht, könnte ich dich jeden Tag sehen. Aber deine Mama und ich, wir haben auch so keine Langeweile. Sie hat vorletzte Woche mit Yoga angefangen und bei ihrem ersten Kopfstand fast die gute Vase deiner Oma umgerissen. Aber psst, sag ihr nicht, dass ich dir das erzählt habe.«

Mein Vater mag mittlerweile Anfang sechzig sein, die schwarzen Haare von grauen Strähnen durchzogen, aber innerlich ist er immer noch derselbe Spaßvogel, mit dem ich als kleines Mädchen am ersten April Streiche gespielt habe. Zahnpasta unter die Türklinken, Furzkissen auf dem Sofa, mit Senf gefüllte Pralinen – wir waren Streichgenies und fanden uns zum Totlachen. Mama weniger.

Als hätte sie meine Gedanken gelesen, schallt ihre Stimme durch den Flur. »Ist sie das, Josef?«

»Ja, ich schicke sie dir sofort rüber«, ruft er über die Schulter und schiebt mich in den Flur. Zu mir flüstert er: »Es ist gut, dass du da bist. Die ganze Küche sieht aus wie ein Schlachtfeld. Ich fange langsam an, mir Sorgen um sie zu machen.«

Ich klopfe ihm beruhigend auf die Schulter. »Ab hier übernehme ich, Kapitän.«

Obwohl meine Eltern erst seit zwei Jahren in dieser Wohnung in einer beschaulichen Nebenstraße in Tegel wohnen, fühle ich mich bei jedem Besuch zurück in meine Kindheit versetzt. An der Wand im Flur hängen Familienfotos, meistens am Strand in Italien aufgenommen, in fast jeder Ecke steht ein Familienerbstück und selbst das Putzmittel, mit dem Mama vor dem Besuch der Gäste offensichtlich alle Oberflächen gereinigt hat, ist noch dasselbe wie in der engen Zweizimmerwohnung meiner Kindheit.

Ich klopfe behutsam an die Küchentür. »Mamma? Kann ich reinkommen?«

Anstelle einer Antwort reißt sie die Tür auf. »Bambina, da bist du ja endlich! Ich habe mir schon Sorgen gemacht.« Meine Mutter ist eine kleine, zierliche Frau mit schwarzen Locken und sonnengebräunter Haut. Heute hat sie ihre Haare zu einem engen Dutt gebunden und trägt die hellgrüne Schürze mit der Aufschrift Küchenchefin, die Papa ihr vor ein paar Jahren mal zu Weihnachten geschenkt hat. Sie schlingt ihre Arme um meine Schultern und zieht mich an sich. Ich presse meine Nase für einen Moment in ihre Haare und rieche Oregano, Rotwein und Zuhause.

»Sorry, Mama, ich habe irgendwie die Zeit aus den Augen verloren und dann …«

»Ganz egal, mein Kind.« Sie wischt meine Bedenken mit einer großen Handbewegung zur Seite. »Jetzt bist du ja hier. Und gerade rechtzeitig, wir müssen noch die Bruschetta aus dem Ofen holen und das Risotto abschmecken. Ach, und die Nudeln müssen noch in die Minestrone.«

»Schon unterwegs.« Ich schnappe mir einen Löffel und hebe den Deckel des Suppentopfs. Ein köstlicher Duft nach Knoblauch, Zwiebeln und Basilikum weht mir entgegen. Ich rühre ein paarmal im Topf, in dem Kartoffeln, Bohnen, Zucchini und Möhren vor sich hin köcheln, dann gebe ich die Penne rigate hinzu, die Mama schon herausgelegt hat, und stelle den Timer des Herds auf zehn Minuten. In der Zwischenzeit hat Mama mir ein Glas Rotwein eingeschenkt und das Blech mit der Bruschetta aus dem Ofen genommen. Nach einem kritischen Blick auf ihr Werk hält sie mir eins der Ciabatta-Scheibchen hin. »Ist das gut so? Oder fehlt da noch Gewürz?«

Vorsichtig beiße ich hinein. Der Teig ist warm und knusprig, das Trio aus Tomaten, Knoblauch und Olivenöl ergibt die perfekte Mischung. Ich schüttele den Kopf. »Es ist genau richtig.«

Mama strahlt mich an. Ich war schon immer der größte Fan ihrer Kochkunst, dicht gefolgt von Papa, aber seit ich Köchin bin, vertraut sie umso mehr auf meine Meinung. Ich erwidere ihr Lächeln und drücke ihr einen Kuss auf die Wange. »Du bist und bleibst die beste Köchin der Familie.«

»Unsinn«, winkt sie energisch ab, dann hält sie mir einen Löffel Bärlauchrisotto unter die Nase. »Ich glaube, das braucht noch Salz. Was denkst du?«

Ich schließe die Augen, konzentriere mich ganz auf den Geschmack. »Höchstens eine Prise.«

Die nächste halbe Stunde arbeiten wir konzentriert an der Perfektion des Festmahls, während Mama mich auf den neuesten Stand bringt. Die Nachbarn von gegenüber haben einen kleinen Dackel, den Papa die erste Woche nervig fand. Mittlerweile passt er aber seinen morgendlichen Spaziergang an die Gassirunde des Dackels an, in der Hoffnung, ihn streicheln zu können. Cousine Alessia hat ihre Verlobung bekannt gegeben und wird voraussichtlich im nächsten Frühling heiraten, was ich meinem Chef ruhig jetzt schon mal sagen kann, weil ich dann freihaben muss. Mama hat einen neuen Yogakurs in der Volkshochschule begonnen und fühlt sich wie ein neuer Mensch (kein Wort von der Gefährdung der Vase). Zwischendrin löchert sie mich mit Fragen nach meinem Leben.

»Wie geht es Elif? Sucht sie immer noch nach einem Projekt?«

Ich verziehe das Gesicht. »Ja, ihr Dekan ist immer noch überzeugt, dass München ihre beste Wahl ist.«

Mama schnalzt mit der Zunge. »München. Wer will schon nach München?«

»Genau!«

»Wie läuft es bei der Arbeit?«

»Das Übliche«, antworte ich ausweichend. Sie hebt den Blick vom Risotto und mustert mich mit gerunzelter Stirn. »Bist du sicher? Du siehst … müde aus.«

»Wow, danke, Mamma. Welche Frau hört das nicht gerne?«

Sie stupst mich gutmütig mit ihrem Kochlöffel in die Seite, fragt aber nicht weiter nach. Gut so.

»Keine jungen Männer, von denen ich wissen müsste? Oder …«, sie zögert nur kurz, »… junge Frauen?«

Als ich meinen Eltern kurz vor dem Beginn meiner Ausbildung erzählt habe, dass ich bisexuell bin, war Mama sich sicher, das sei nur eine Phase. Aber je mehr Zeit verging, desto weniger wurden diese Kommentare. Letztes Jahr war sie es, die versucht hat, mich mit der Tochter der Nachbarn zu verkuppeln, auch wenn die so hetero ist, wie ein Mensch nur sein kann.

»Weder noch. Bisher noch keine große Liebe in Sicht.« Nicht, dass ich mich nicht bemühen würde, sie zu finden. Dass ich nicht mindestens einmal die Woche nachts an die Decke starre und mich frage, ob es da draußen irgendwo jemanden für mich gibt, wie in den Märchen, die Nonna immer vorgelesen hat. Aber zwischen meinen langen Schichten und der Arbeit für den Account war meine Suche bisher nicht wirklich erfolgreich. »Falls sich das ändert, bist du die Erste, die es erfährt.«

»Das will ich auch hoffen. Was macht deine Webseite?«

Meine Eltern verstehen das Konzept von Instagram nicht wirklich, halten es für eine Mischung aus Rezeptseite und digitalem Fotoalbum. Aber sie waren meine ersten Fans, deshalb macht mir das nichts aus. »Es läuft ganz gut, würde ich sagen. Du hattest recht, die Leute lieben die Focaccia. Und letzte Woche habe ich einen veganen Apfelkuchen gemacht, der richtig gut angekommen ist.«

»Das freut mich, tesoro. Ich sage es ja immer wieder, du wirst noch mal ganz groß rauskommen.«

»Was das angeht …« Ich trete von einem Fuß auf den anderen. »Ich habe da eben eine Mail verschickt, die vielleicht …«

Ein durchdringendes Klingeln lässt mich zusammenzucken. Mama klatscht in die Hände. »Das müssen sie sein!« In Windeseile zieht sie ihre Schürze aus und läuft zur Tür. Als ich ankomme, ist die Begrüßung bereits in vollem Gange.

Das letzte Mal, dass ich Tante Rosa gesehen habe, ist über sechs Jahre her. Damals haben wir ihren fünfundvierzigsten Geburtstag in Cosenza in Kalabrien gefeiert, und ich hatte gerade erst meine Ausbildung zur Köchin begonnen. Als ihr Blick auf mich fällt, weiten sich ihre Augen. »Isabella? Bist du das wirklich?«, fragt sie auf Italienisch.

»Ciao, Zia Rosa«, antworte ich in derselben Sprache. »Wie schön, dich zu sehen!« Meine Zunge braucht einen Moment, um sich wieder an den Klang des Italienischen zu gewöhnen, aber mit jedem Wort wird es einfacher.

»Wie lange ist das schon wieder her?«

»Zu lange«, schaltet meine Mutter sich ein und hakt sich bei ihrer Schwester unter. Die beiden sehen sich auf den ersten Blick nicht besonders ähnlich. Wo Mama klein und schmal ist, ist Rosa groß und kräftig, die Haare zu einer modernen Kurzhaarfrisur geschnitten. Aber sie haben beide die mandelbraunen Augen der Familie Bianchi.

»Na los, herein mit euch«, sagt Mama und zieht ihre Schwester mit in Richtung Wohnzimmer.

Nach Rosa begrüßen wir den Rest der Familie. Ihre Tochter Sara, die von einem schüchternen kleinen Mädchen zu einem Teenie mit grünen Haarsträhnen herangewachsen ist, und Rosas Mann Guido, den sie damals im Auslandssemester an der Uni Köln kennen- und lieben gelernt hat. Sobald wir dicht gedrängt um den Wohnzimmertisch herumsitzen, schenkt Mama Wein ein. Alle reden wild durcheinander, die Frauen auf Italienisch, die Männer auf Deutsch, bis wir die Vorspeise wieder in einer Sprache loben.

»Die Minestrone ist wirklich, wirklich gut«, sagt Rosa zwischen zwei Bissen. »Fast so wie die von Mamma, aber nur fast.«

»Ich würde mir nie anmaßen, mich mit ihr zu vergleichen«, antwortet meine Mutter grinsend. Dann deutet sie mit ihrem Löffel auf mich. »Meine Isabella dagegen? Sie könnte es mit ihr aufnehmen, da bin ich sicher.«

Alle Augen wenden sich mir zu. Ich rutsche verlegen auf meinem Stuhl hin und her. »Nicht doch. Nonna ist unerreichbar.« Obwohl meine Großmutter vor wenigen Wochen neunzig geworden ist, steht sie immer noch jeden Abend am Herd, um für sich und die Pflegekraft, die bei ihr wohnt, zu kochen. Rosa nickt wohlwollend, als hätte ich die einzig akzeptable Antwort gegeben. Dann setzt sie diesen Gesichtsausdruck auf, den ich auch bei Mama manchmal sehe. Der ein nahendes Verhör ankündigt.

In der Hoffnung, dem Unausweichlichen zu entgehen, helfe ich beim Abräumen der Suppenteller und trage den großen Topf mit Risotto an den Esstisch. »Wer ist bereit für den Hauptgang?«

Für einen Moment ist die Aufmerksamkeit von mir abgelenkt. Während die anderen sich bereits die Teller füllen, mache ich ein schnelles Foto vom Kochtopf für meine Story. »Zuhause schmeckt es doch am besten«, schreibe ich auf das Foto, dann veröffentliche ich es. Rosa wirft mir einen verwunderten Blick zu, und ich stecke eilig das Handy wieder weg.

Alle stürzen sich wie ausgehungerte Wölfe auf das Bärlauchrisotto und es herrscht zufriedene Stille. Allerdings nur, bis Rosas Teller leer ist.

»Wie läuft es denn im Moment bei dir, mein Kind?« Sie stützt sich mit dem Ellenbogen auf den Tisch. »Wo arbeitest du mittlerweile? Bestimmt in einem dieser großen Sternehotels, oder?«

Mama und Papa tauschen einen Blick. Ich zucke betont unbekümmert mit den Schultern. »Nein, Zia. Ich arbeite in einem italienischen Restaurant am Maybachufer. Wir machen Pizza, Pasta, Lasagne, Tiramisu, die ganzen italienischen Klassiker.«

»Ah.« Ihr Gesicht fällt. »Das ist wahrscheinlich eine der Stationen, die man hinter sich bringen muss, wenn man ganz nach oben will.«

Ich presse die Lippen zusammen, antworte nicht. Aber Rosa spricht ohnehin schon weiter: »Bei meinem Guido war es ja genauso. Wie lange hat er in dieser kleinen Marketingfirma gearbeitet und Werbung für Hundefutter geschrieben?«

»Es waren schon so drei oder vier Jahre«, murmelt ihr Mann.

»Bis er sich endlich selbstständig machen konnte! Und jetzt, mit seinem PR-Start-up kommen die richtig großen Kunden. Letzten Monat hat er sogar einen Auftrag von VW bekommen.«

Ein beeindrucktes Raunen geht um den Tisch. Guido wird rot. Ich sinke tiefer in meinen Stuhl.

»Sicherlich ist es auch bei dir nur eine Frage der Zeit, bis jemand dein Talent erkennt, Liebes«, sagt Rosa zu mir. »Du darfst nur nicht aufhören, dafür zu kämpfen, hörst du?«

»Aber das tut Isa ja.« Meine Mutter lässt ihren Löffel sinken. »Sie hat in den letzten Jahren dutzende Bewerbungen geschrieben. Berlin ist einfach ein sehr hartes Pflaster.«

Rosas Blick wird mitleidig. »Ich verstehe. Ablehnungen zu bekommen, ist natürlich immer hart.«

»Ich brauche gar keinen neuen Job«, platzt es aus mir heraus. »Denn ich werde mich auch selbstständig machen.«

Meine Tante hebt beeindruckt die Augenbrauen. »Dein eigenes Restaurant? Liebes, sag das doch gleich …«

»Nein, kein Restaurant.« Ich umklammere mein Weinglas. Wünsche mir, es wäre noch voll. »Ich bin Foodbloggerin und habe eine wachsende Zahl an Followern …«

»Du meinst auf Insta?« Es ist das erste Mal, dass Sara sich in die Unterhaltung einbringt. Sie zückt ihr Handy und hält es mir hin. »Wie heißt du? Ich will dir auch folgen.«

Ich werfe ihr ein dankbares Lächeln zu und tippe den Namen meines Accounts ein. Sie scrollt durch meine Bilder und nickt anerkennend. »Sieht ziemlich nice aus.«

Rosa und Guido sind weniger beeindruckt.

»Ich muss ja sagen, ich kann mit diesen ganzen sozialen Medien nichts anfangen«, meint meine Tante, nachdem sie einen Blick auf Saras Handy geworfen hat. »Das ist doch kein richtiger Job.«

Ich beiße die Zähne zusammen. Mama wirft mir über den Tisch einen warnenden Blick zu, aber ich ignoriere sie. »Ganz im Gegenteil. Es ist sogar deutlich mehr Arbeit als so manch ein ›richtiger Job‹, Zia. Ich muss ständig neue Rezepte entwickeln, testen und dann filmen, schneiden und nachbearbeiten. Die Texte schreiben und mir eine gute Vermarktungsstrategie ausdenken. Auf Kommentare antworten und bei anderen kommentieren, um meine Community beständig weiter auszubauen. Und das jeden Tag, auch sonntags oder an Weihnachten.«

Rosa blinzelt, für einen Moment ist sie sprachlos. Dann sagt sie: »Aber kann man damit denn Geld verdienen?«

»Klar, Mama«, schaltet Sara sich nun ein. »Die meisten Influencer machen das mit Sponsorships, Markenkooperationen, Werbung, so was eben.«

»Und ich werde bald vielleicht einen sehr großen Sponsor haben. Betterplate.« Die Worte verlassen meinen Mund, bevor ich noch mal darüber nachdenken kann. Für einen Moment herrscht Schweigen am Tisch. Selbst meine Eltern kennen die Marke, für die in der Stadt auf großen Plakaten geworben wird, und schauen mich mit großen Augen an. Es ist ein berauschendes Gefühl.

»Sind das nicht die mit dem Bio-Skandal am Hals?«

Die Illusion zerplatzt. Guido tippt etwas auf seinem Handy ein und dreht dann den Bildschirm um, sodass wir ihn alle sehen können. »Ja, genau. Ich wusste doch, dass ich die letzten Wochen da etwas gelesen habe.«

Alle lehnen sich über den Tisch, um besser lesen zu können. Ich komme ihnen zuvor, greife nach dem Handy und überfliege den Text mit angehaltenem Atem. Es ist ein Artikel einer Wirtschaftszeitung, der vor vier Wochen erschienen ist. Den Journalisten zufolge hat Betterplate einige Produkte mit einem Bio-Label versehen, obwohl sie gar nicht biologisch produziert wurden. Mit jeder Zeile rutscht mein Herz etwas tiefer in die Hose. Bis ich am Ende des Artikels ankomme.

»Moment! Hier unten steht, dass das Unternehmen die Vorwürfe bestreitet und wegen Verleumdung klagen will.« Triumphierend halte ich den anderen die Textpassage hin. »Das heißt, wahrscheinlich ist an diesen Vorwürfen überhaupt nichts dran.«

Rosa rümpft die Nase. »Sagen die großen Unternehmen das nicht immer?«

»Wittern Journalisten nicht immer überall einen Skandal?«, halte ich dagegen.

Mein Vater legt seine Hand auf meine. »Soweit ich weiß, heißt es ›im Zweifel für den Angeklagten‹. Das sollte auch hier gelten. Lasst uns lieber für unsere Tochter freuen, dass sie ein so bekanntes Unternehmen auf ihrer Seite hat.« Er hebt sein Weinglas. Die anderen folgen ihm etwas zurückhaltender, Gläser klirren aneinander und ich spüle meine verbleibenden Bedenken mit dem letzten Schluck Rotwein herunter.

Als wir die Gläser abstellen, ergreift Rosa wieder das Wort. »Das Berufliche ist die eine Sache, kommen wir zum Privaten. Ihr habt ja wahrscheinlich schon gehört, dass die kleine Alessia heiraten wird. Wie sieht es eigentlich bei dir aus, Isabella?«

Als die Tür um kurz nach zwölf hinter Tante Rosa zufällt, atme ich langsam aus. Mama und Papa sind schon damit beschäftigt, das Wohnzimmer wieder auf Vordermann zu bringen, und ich genieße den ersten ruhigen Moment seit Stunden. Von meinem nicht vorhandenen festen Freund ging es weiter zu Mamas Yogastunden, dem geplanten Urlaub für dieses Jahr und die Inneneinrichtung der Wohnung. Zia Rosa hatte zu allem eine Meinung.

Ich liebe meine Familie, aber manchmal ist sie wirklich anstrengend.

Als ich zurück in die Küche schlendere, lässt Mama gerade heißes Wasser ins Spülbecken.

»Willst du das Zeug nicht eben in die Spülmaschine stellen?«

»Doch nicht das gute Geschirr von Nonna«, erwidert sie mit einem Hauch Entrüstung in der Stimme.

Ich verkneife mir ein Grinsen, schnappe mir ein Handtuch und warte darauf, dass sie mir den ersten nassen Teller reicht. Sie wirft mir einen Seitenblick zu. »Ich weiß, dass meine Schwester manchmal … etwas speziell sein kann. So war sie immer schon.« Lächelnd schüttelt sie den Kopf. »Du kannst dir denken, wie sie mich als Kind manchmal in den Wahnsinn getrieben hat. Aber im Grunde meint sie es nur gut. Sie macht sich eben Sorgen um dich.«

»Ja, das verstehe ich schon. Aber um mich muss sich niemand Sorgen machen. Ich habe alles im Griff.«

Papa betritt die Küche, drei Grappagläser in der Hand. »Damit räumt es sich besser auf, findet ihr nicht? Außerdem wollte ich noch mal richtig auf dich anstoßen, mein Schatz. Diese Sache mit dem Food-Unternehmen, das ist ein richtig großes Ding, oder?«

»Noch steht es ja nicht ganz fest«, wiegele ich ab.

»Wann wolltest du uns eigentlich davon erzählen«, fragt Mama, als sie mir den nächsten Teller reicht.

»Ich habe gestern erst erfahren, dass Betterplate gerade nach Kooperationspartnern sucht. Also habe ich heute meine Bewerbung abgeschickt. Es sollte kein Geheimnis sein, ich bin einfach noch nicht dazu gekommen. Außerdem kann es immer noch sein, dass sie mich ablehnen.«

»Das glaube ich nicht«, sagt Papa voller Überzeugung. »Die müssen dich einfach nehmen, das habe ich im Gefühl.« Er hält inne, runzelt die Stirn. »Sag mal, wenn sie dein Sponsor werden, bekommst du dann auch Gratisprodukte? Ich liebe den veganen Brotaufstrich, den die machen. Sag das nicht dem Heinz von gegenüber, der hat letztens beim Grillabend schon ganz komisch geguckt. Aber er ist eben nicht so fortschrittlich wie ich. Oh, und das Salted-Caramel-Eis. Vielleicht könntest du das auch noch erwähnen.«

Ich tätschele ihm mit der freien Hand den Oberarm. »Gar kein Problem. Wenn sie mich nehmen, dann ist dein Brotaufstrich-Vorrat gesichert.«

Er ballt triumphierend die Faust.

»Gar nicht schlecht dafür, dass es kein richtiger Job ist, oder?«, sage ich leise, mehr zu mir selbst. Meine Eltern wechseln einen Blick. »Nimm dir das nicht so zu Herzen, Kind«, sagt Mama. »Wir sind glücklich, solange du es bist. Ob das jetzt mit einem eigenen Restaurant oder einer Webseite ist, ganz egal.«

»Darauf trinke ich.« Papa hebt sein Glas. Mama und ich legen Spüllappen und Geschirrtuch beiseite und tun es ihm gleich. »Salute.«

Kapitel 3

Der Innenraum des Fifty-Seven ist brechend voll. Elektronische Beats wummern aus den Lautsprechern und es fühlt sich so an, als hätte sich ganz Berlin heute Nacht auf dieser Tanzfläche versammelt, um den Freitag zu feiern und sich den Stress der vergangenen Woche aus der Seele zu tanzen. Überall um mich herum sind Menschen in allen möglichen Outfits – von Jeans und T-Shirt bis zu Glitzertop und Lederrock. Als Elif mich heute vor meiner Schicht gefragt hat, war ich nicht direkt überzeugt. Zu groß war meine Sehnsucht, danach einfach bewusstlos ins Bett zu fallen und alles zu vergessen. Den Stress auf der Arbeit, das Lasagne-Video, das ich noch filmen wollte, mein leeres E-Mail-Postfach, das ich seit meiner Bewerbung am Dienstag fünfmal täglich checke. Einfach alles. Aber je länger sich meine Schicht zog, je häufiger Alberto an mir herumkritisierte, desto verlockender klang die Aussicht nach ohrenbetäubender Musik und Wodka-Shots. Als er uns um kurz vor zwölf endlich gehen ließ, hing ich meine Kochjacke auf und marschierte genau so, wie ich war, in unseren Lieblingsclub.

»Auf uns!«

Elif hat es wie durch ein Wunder geschafft, vier Shots von der Bar bis zu unserer Ecke des Clubs zu manövrieren, ohne etwas zu verschütten. Ein Glas geht an mich, die anderen beiden an Franziska und Gesa, zwei ihrer Studienkolleginnen. Während ich nur dunkle Jeans und ein weißes Shirt trage, haben sie sich dem Anlass entsprechend schick gemacht. Elif trägt ihr dunkelgrünes Lieblingskleid und ihre Freundinnen enge schwarze Jeans und rückenfreie Seidentops. »Auf ein letztes Mal, bevor ihr Verräterinnen mich mit Professor Lüdenhof allein lasst.«

Die Angesprochenen heben mit angemessen schuldbewussten Mienen ihre Gläser. »Wenn ich bleiben könnte, ich würde es tun«, ruft Franziska über den Lärm des Clubs hinweg. »Ganz ehrlich, was soll ich in Heidelberg!?«

»Sehe ich so aus, als würde ich freiwillig nach Gießen gehen?«, fügt Gesa hinzu. »Das ist alles nur der Wissenschaft zuliebe. Warte es ab, deine Zeit wird auch noch kommen.«

Ich lege meinen Arm um Elifs Schultern. »Nicht, wenn ich da noch ein Wörtchen mitzureden habe. Was auch immer ihr da eigentlich den ganzen Tag forscht, das soll sie bitte von Berlin aus machen.«

Elif weicht meinem Blick aus, als sie das Glas hebt. »Weniger reden, mehr trinken!«

Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Die nächste Runde Shots hole ich, danach begeben wir uns auf die Tanzfläche und verschmelzen mit der Menge. Von allen Seiten spüre ich die Wärme der anderen Körper. Das Dröhnen der Musik mitten im Club übertönt alle anderen Geräusche. Es ist genau das, was ich jetzt brauche. Die Arbeit, der Account, Elifs unklare Zukunft, Betterplate – ich lasse alle Gedanken los, falle in die Musik und der Beat fängt mich auf. Ich muss nicht darüber nachdenken, wie ich mich bewege, mein Körper findet den Rhythmus von allein. Mit geschlossenen Augen wiege ich mich hin und her, lasse die Arme kreisen, dann die Hüften. Als ich die Augen wieder öffne, sind Elif, Franziska und Gesa verschwunden und sie sieht mich an. Eine junge Frau, ein paar Meter von mir entfernt, zwischen uns eine seltene Lücke in der tanzenden Masse. Kurze blonde Haare, enges schwarzes Kleid und das schönste Lächeln, das ich seit Langem gesehen habe. Es ist an mich gerichtet. Dann schwappt das Meer aus Menschen wieder zusammen, und sie geht in den Wogen unter. Für einen Moment stehe ich da wie vom Donner gerührt. Dann marschiere ich los. Wie magnetisch angezogen bewege ich mich in ihre Richtung, schiebe mich durch die Menschen auf den Punkt zu, an dem ich sie zuletzt gesehen habe. Jedes neue Gesicht lässt kurz Hoffnung in mir aufflackern. Mit jeder Enttäuschung werde ich hektischer. Vielleicht ist es der Alkohol in meinen Adern, vielleicht die Angst vor meinem leeren Postfach oder die Erinnerung an das letzte Mal, dass mich jemand so angelächelt hat. Vielleicht ist es alles zusammen. Eins ist klar: Ich muss sie finden.

Im nächsten Moment tippt mir jemand auf die Schulter.

Ich wirbele herum und stehe ihr direkt gegenüber. Aus der Nähe betrachtet ist sie noch schöner. Dunkelblaue Augen, silbern schimmernder Lidschatten, Sommersprossen auf der Nase, tiefroter Lippenstift.

»Hey.«

»Hi.«

Ihre Stimme ist weich wie Samt. Meine zittert ein wenig. Für einen Moment stehen wir voreinander, unsicher, was der nächste Schritt sein wird.

»Wollen wir tanzen?«, frage ich atemlos.

Anstelle einer Antwort legt sie ihre Hände an meine Hüften und zieht mich an sich.

Die ersten Schritte sind noch etwas holprig. Mein Körper versucht, ihren Bewegungen zu folgen, sie versucht, sich mir anzupassen. Als ich ihr versehentlich auf den Fuß trete, treffen sich unsere Blicke und wir müssen beide lachen.

»Ich bin Meike«, ruft sie über den Lärm der Musik.

»Isabella.«

»Ein wunderschöner Name.« Ihr Lächeln wird noch wärmer, bringt meine Haut zum Kribbeln und mein Herz ins Straucheln. Könnte es so passieren? Werde ich diese Geschichte irgendwann meinen Kindern erzählen, alt und grau am Kamin? Als ich die Liebe meines Lebens traf, stand ich in meinen Arbeitsklamotten in einem vollen Berliner Club?

Meike schlingt die Arme um meinen Hals und bringt jeden Gedanken an die Zukunft zum Schweigen. Jetzt gibt es nur diesen Moment, ihre Wange an meiner, den Duft nach Vanille in meiner Nase.

Wir tanzen, bis wir nicht mehr können, taumeln zur Bar und bestellen Gin Tonics. Meike erzählt mir von ihrem Job als Grafikdesignerin, ihrer Leidenschaft fürs Geigespielen und ihrer kleinen Dackelhündin Pippa.

»Ein Welpe? Das sagst du jetzt nur, um mich in deine Wohnung zu bekommen, oder?«

Sie zwinkert mir zu. »Würde es denn funktionieren?«

Mein Mund ist plötzlich staubtrocken. Das ist der Moment, in dem ich mich entscheiden muss. Noch diesen Gin Tonic mit ihr trinken, mich verabschieden und mich auf die Suche nach Elif und ihren Freundinnen machen. Oder es riskieren.

Die große Liebe finde ich nur auf einem Weg.

In einem Zug leere ich mein Glas und greife nach ihrer Hand. »Gehen wir.«

Wir schaffen es kaum auf die Straße, bevor sie mich mit dem Rücken an die Hauswand drückt und küsst. Ihre Lippen schmecken nach Gin und ihre Zunge weiß, was sie tut. Es ist die Art von Kuss, die einem den Atem nimmt und die Knie zum Schmelzen bringt. Ich vergrabe meine Hände in ihren weichen Haaren und begegne ihrer Zunge mit meiner.

Sie stöhnt leise und mir wird klar, dass wir das hier nicht auf der Straße fortsetzen können. »Wie weit ist es noch bis zu dir?«

Sie braucht einen Moment, um sich zu besinnen. »Zehn Minuten ungefähr. Acht, wenn wir uns beeilen.«

Wir beeilen uns. Sie nimmt mich an der Hand und führt mich durch das nächtliche Berlin. An jeder Ampel finden unsere Lippen wie von selbst zueinander, bis es grün wird und die Leute um uns herum uns mit sich ziehen.

Ich schaffe es gerade noch, Elif eine kurze Nachricht zu schreiben, bis wir vor der Tür eines vierstöckigen Wohnhauses anhalten. Es gibt keinen Aufzug, also nehmen wir die Treppe, bis wir außer Atem im vierten Stock ankommen. Sie wartet nicht, bis ich mich erholt habe, drückt mich neben der Eingangstür gegen die Wand und küsst mich schwindelig, während sie mit einer Hand nach ihrem Schlüssel kramt. Sobald wir über die Schwelle treten, ertönen tapsende Schritte auf dem Parkett.

»Pippa! Hey, Mädchen!«

Für einen Moment bin ich vergessen, während Meike sich hinkniet und ihre Hündin begrüßt. Die kleine Dackeldame ist so aufgeregt, dass sie immer wieder an ihr hochspringt und versucht, ihr über das Gesicht zu lecken. Mein Herz schmilzt wie Wassereis in der Sonne. Vorsichtig halte ich der Hündin die Hand hin und nach kurzem Zögern schleckt sie mich ebenso begeistert ab wie vorher ihre Besitzerin.

Ich spüre Meikes Blick auf mir. Als ich aufsehe, lächelt sie mich an. Es ist ein anderes Lächeln als das im Club, sanfter, wärmer. Aber nicht weniger verführerisch.

»Sie mag dich«, murmelt sie und streckt die Finger aus, um Pippa über den Kopf zu streicheln.

»Ich sie auch.«

»Mehr als mich?« Ihre Lippen zucken amüsiert. Sie spielt mit mir. Aber das kann ich auch.

»Mal sehen. Sie hat auf jeden Fall schönere Augen als du.«

»Das stimmt«, gibt sie unumwunden zu. Dann greift sie nach meiner Hand und zieht mich in Richtung einer angelehnten Tür, hinter der ich die Umrisse eines Betts erkenne. »Aber dafür habe ich andere Talente.«

Als ich langsam zu mir komme, weiß ich für einen Moment nicht, wo ich bin. Das Laken unter mir ist weich, die Bettdecke warm und schwer. Es wäre leicht, jetzt einfach noch mal einzuschlafen. Aber irgendetwas stimmt nicht. Mein vernebeltes Gehirn braucht einen Moment, um die Puzzlestücke zusammenzusetzen. Das Bett ist weicher als meins. Es riecht anders. Entfernt nach Räucherstäbchen und Vanilleshampoo und … Hund?

Ich blinzele in das vorsichtige Licht der frühen Morgensonne, die durchs Fenster in ein fremdes Zimmer scheint. Ein Zimmer, in dem ziemliches Chaos herrscht. Auf dem Weg zwischen der Tür und dem Bett liegen Klamotten auf dem Boden. Mein T-Shirt, meine Schuhe, meine Hose, meine Unterwäsche, alles wurde achtlos über dem dunkelgrünen Teppich verteilt. Ich wage einen vorsichtigen Blick über meine Schulter und blicke in Meikes schlafendes Gesicht. Mit einem Schlag sind meine Erinnerungen an gestern wieder glasklar. Wie sie mich in der Bar angesehen hat, auf der Straße geküsst, in diesem Raum ausgezogen. Es ist schon eine Weile her, dass ich mit einer Frau zusammen war, aber es hat sich genauso gut angefühlt, wie ich es in Erinnerung hatte. Schon bei dem Gedanken an gestern Nacht werden meine Wangen heiß.

Ich schaue sie an, die Haare vom Schlaf zerzaust, dunkle Make-up-Ränder unter den Augen. Sie kommt mir so fast noch schöner vor als gestern Nacht. Ich widerstehe der Versuchung, ihre Lippen mit meinem Finger nachzuzeichnen und beschränke mich darauf, sie einfach nur anzusehen und meinen Gedanken freien Lauf zu lassen.

Vor meinem inneren Auge formen sich Wochenenden, die genauso beginnen. Sommertage am Wannsee und Winterabende auf dem Weihnachtsmarkt am Potsdamer Platz. Sie und Elif und ich, nachts Tee trinkend an unserem Küchentisch. Meine Eltern würden sie mögen und Pippa lieben. Ich könnte sie mit nach Italien nehmen. Ich bin sicher, es würde ihr gefallen.

Je länger ich wach bin, desto deutlicher erinnert mein Körper mich daran, dass ich gestern getrunken habe. Hinter meinen Schläfen beginnt es zu hämmern, und meine Blase macht sich bemerkbar. Sorgfältig darauf bedacht, Meike nicht zu wecken, schäle ich mich aus dem Bett, greife nach meinen Klamotten und mache mich auf die Suche nach dem Badezimmer. Als ich die Tür hinter mir zuziehe, berührt mich etwas Feuchtes an meinem nackten Unterschenkel. Ich springe zur Seite und kann mir gerade noch einen Schrei verkneifen. Pippa schaut beleidigt zu mir hoch.

»Ach, du bist es. Scheiße, hast du mich erschreckt.« Ich knie mich hin und versuche, sie für eine versöhnliche Streicheleinheit zu mir zu locken. Aber die kleine Hündin marschiert davon und rollt sich wieder in ihrem Körbchen zusammen. Offensichtlich mag ich sie im fahlen Tageslicht doch lieber als sie mich.

Ob das bei ihrer Besitzerin auch so sein wird?

Der Gedanke kommt ungebeten aus dem Nichts. Ich versuche, ihn zu verdrängen, aber er ist wie ein Parasit, der sich durch meine Erinnerung der letzten Nacht frisst und nach Beweisen sucht. Was hat sie wirklich gedacht, als sie mich nackt gesehen hat? Es war zu dunkel im Raum, um ihren Gesichtsausdruck zu lesen. Sie hat nichts gesagt, ist auch danach sofort eingeschlafen. Vielleicht war es für sie nicht so gut wie für mich. Immerhin bin ich etwas aus der Übung. Vielleicht ist das für sie eine typische Freitagnacht gewesen und ich nur eine von vielen?

Ich richte mich wieder auf und stolpere weiter in Richtung Bad. Dabei stellt sich heraus, dass sich das Chaos nicht nur auf Meikes Schlafzimmer beschränkt. Auch in der Wohnküche sieht es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Einzelne Schuhe liegen herum, mehrere leere Tassen stehen auf dem Esstisch, Take-out-Boxen stapeln sich in der Spüle. Der einzige Teil des Raums, der einigermaßen aufgeräumt ist, ist das große Bücherregal, das die gesamte rechte Wand einnimmt. Sie ist offensichtlich weder ein Fan von Ordnung noch vom Kochen, dafür umso mehr von Fantasyromanen. So ziemlich das genaue Gegenteil von mir. Mein Traum von gemeinsamen Sommerurlauben in Italien beginnt zu bröckeln.

Im Badezimmer angekommen gehe ich erst aufs Klo, dann hänge ich mich unter den Wasserhahn und trinke kühles Leitungswasser, als hätte ich gerade eine Wüstenwanderung hinter mir. Es fühlt sich himmlisch an. Im Anschluss wasche ich mir das Gesicht und versuche, mit den Fingern die Knoten aus meinen Haaren zu entfernen, bis ich mich wieder halbwegs wie ein richtiger Mensch fühle. Ich binde meine Haare in einen schnellen Zopf und schlüpfe mit gerümpfter Nase in die verschwitzten Klamotten von gestern Nacht. Mein Handy ist fast leer, aber der Akku reicht gerade noch, um auf Elifs neugierige Und? Wie war es? Wo bist du? Ich muss alles wissen-Nachricht zu antworten.

Erzähle ich dir später.

Als ich zurück in die Wohnküche komme, ist es immer noch vollkommen still in Meikes Schlafzimmer. Ich stehe für einen Moment unschlüssig da. Wenn ich mit jemandem aus dem Club nach Hause gehe, ist das hier normalerweise der Moment, in dem ich noch einen kleinen Zettel schreibe und mich dann leise davonmache. Genau deshalb nehme ich auch nie jemanden mit zu mir. Es gibt kaum eine schlimmere Vorstellung als unangenehmen Small Talk am nächsten Morgen. Dabei ist es nicht unbedingt so, dass der Sex immer schlecht war. Aber irgendetwas hat mir gefehlt, etwas, das ich schwer in Worte fassen kann.

»Ein kleiner Funken reicht mir nicht«, habe ich Elif mal versucht zu erklären. »Ich brauche das Feuer. Die Magie. Die Gewissheit, dass das hier die richtige Person für mich ist.«

Sie glaubt, meine Ansprüche sind zu hoch. Aber sie hat leicht reden: Seit dem zweiten Semester ist sie mit Marek zusammen und so glücklich, dass es fast schon ein bisschen eklig ist.

Könnten Meike und ich so ein Paar werden? Je länger ich darüber nachdenke, desto unsicherer bin ich mir. Wir haben beide anstrengende, zeitaufwendige Jobs, nur dass sie tagsüber arbeitet und ich oft bis spät in den Abend. Sie ist musikalisch, ich bin es nicht. Sie ist offensichtlich eine begeisterte Leserin, und ich habe seit der Schule nicht mehr freiwillig ein Buch in die Hand genommen. Und überhaupt, was weiß ich eigentlich über sie? Wir haben die letzte Nacht nicht wirklich mit Reden verbracht. Vielleicht glaubt sie an Astrologie und hasst Koriander. Vielleicht passen wir am Ende überhaupt nicht zusammen.

»Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden«, murmele ich in die leere Küche. Kaffee kochen und darauf warten, dass sie aufwacht. Den unangenehmen Morgen-danach-Small Talk führen und sie besser kennenlernen. Sich wie eine vernünftige, erwachsene Frau verhalten.

Ich öffne mehrere Schubladen und Schranktüren, bis ich zwei saubere Tassen finde. Dann mache ich mich auf die Suche nach dem Kaffee. Erst nachdem ich dieselben Schränke dreimal geöffnet und nichts außer einer angestaubten Packung Früchtetee gefunden habe, fällt mir auf, dass es in ihrer Küche keine Kaffeemaschine gibt.

Ich stelle die Tassen wieder zurück und schlüpfe in meine Schuhe. Meine Jacke hängt über einem der Küchenstühle und bevor ich hineinschlüpfe, schnappe ich mir einen der Kugelschreiber, die auf dem Tisch liegen, und schreibe auf die Rückseite eines alten Einkaufszettels: Danke für diese Nacht.

Pippa gähnt in ihrem Körbchen, dann schließt sie ihre Augen. Ich winke ihr noch einmal zu, bevor ich die Tür leise hinter mir ins Schloss ziehe.

Kapitel 4

»Das riecht einfach nur unfassbar gut.« Marek steht im Türrahmen unserer Küche, eine Tüte frischer Brötchen in der Hand und gähnt hinter vorgehaltener Hand. Er trägt Jogginghose und ein altes Sportshirt, ist offensichtlich direkt von seiner Nachtschicht auf der Rettungswache zu uns gekommen.

»Wie war die Schicht?«, frage ich, während ich Eier in die Pfanne schlage.

»In etwa so, wie du dir eine Nachtschicht in der Berliner Innenstadt vorstellst.« Er gähnt ein zweites Mal. »Aber zurück zu den wichtigen Fragen: Was muss ich tun, um das probieren zu dürfen?«

Nach meinem morgendlichen Spaziergang von Meikes Wohnung hierher und einer schnellen Dusche, waren die anderen immer noch nicht wach, und ich brauchte eine Ablenkung. Also habe ich getan, was ich in solchen Situationen immer tue: Rezepte testen.

Heute sind es die Pistazienschnecken, für die ich mein altes Zimtschneckenrezept angepasst und die Zimt-Zucker-Mischung mit selbst gemachter Pistaziencreme ersetzt habe. Nach der Nacht fühlte es sich gut an, Teig zu kneten und mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden.

Ich werfe einen schnellen Blick in den Backofen, wo die Schnecken gerade braun werden, dann wende ich mich wieder dem Rührei in der Pfanne zu.

»Brötchen hast du schon mal besorgt, das erhöht deine Chancen. Ansonsten fallen mir noch spontan zwei Dinge ein: Kaffee kochen und dafür sorgen, dass Elif in zehn Minuten am Tisch sitzt, bevor alles kalt wird.«